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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: C-412/04
Rechtsgebiete: Richtlinien 92/50/EWG, Richtlinien 93/37/EWG, Richtlinien 93/38/EWG


Vorschriften:

Richtlinien 92/50/EWG
Richtlinien 93/37/EWG
Richtlinien 93/38/EWG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

21. Februar 2008

"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Öffentliche Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge - Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG, 93/37/EWG und 93/38/EWG - Transparenz - Gleichbehandlung - Aufträge, die aufgrund ihres Wertes nicht diesen Richtlinien unterliegen"

Parteien:

In der Rechtssache C-412/04

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 24. September 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis und K. Wiedner als Bevollmächtigte im Beistand von G. Bambara, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch:

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues als Bevollmächtigten,

Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster und M. de Grave als Bevollmächtigte,

Republik Finnland, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter L. Bay Larsen, K. Schiemann, J. Makarczyk (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. November 2006

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Italienische Republik durch den Erlass

- von Art. 2 Abs. 1 und 5, Art. 17 Abs. 12, Art. 27 Abs. 2, Art. 30 Abs. 6 bis Art. 37ter und Art. 37quater Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109, Rahmengesetz für öffentliche Bauaufträge (Legge quadro in materia di lavori pubblici), vom 11. Februar 1994 (Supplemento ordinario alla GURI Nr. 41 vom 19. Februar 1994) in der durch das Gesetz Nr. 166 vom 1. August 2002 (Supplemento ordinario alla GURI Nr. 181 vom 3. August 2002) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 109/1994) und

- von Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994 in Verbindung mit Art. 188 des Dekrets des Präsidenten der Republik Nr. 554 zur Durchführung des Rahmengesetzes über öffentliche Bauaufträge vom 11. Februar 1994 und seiner späteren Änderungen (Regolamento di attuazione della legge quadro in materia di lavori pubblici, 11 febbraio 1994, n. 109, e successive modificazioni) vom 21. Dezember 1999 (Supplemento ordinario alla GURI Nr. 98 vom 28. April 2000, im Folgenden: DPR Nr. 554/1999) und Art. 3 Abs. 3 des Decreto legislativo Nr. 157 zur Durchführung der Richtlinie 92/50/EWG über öffentliche Dienstleistungsaufträge (Attuazione della direttiva 92/50/CEE in materia di appalti pubblici di servizi) vom 17. März 1995 (Supplemento ordinario alla GURI Nr. 104 vom 6. Mai 1995, im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 157/1995)

gegen ihre Verpflichtungen aus den Richtlinien 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1), 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1), 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 (ABl. L 328, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/37) und 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84) sowie aus den Art. 43 EG und 49 EG wie auch gegen die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung als deren Ausprägung verstoßen hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2 Die Richtlinien 92/50, 93/36, 93/37 und 93/38 wurden im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts erlassen, definiert als Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Mit ihnen sollen Praktiken, die zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen und der Auftragsvergabe an Angehörige anderer Mitgliedstaaten entgegenstehen, unterbunden werden, um insbesondere die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit zu verwirklichen, die in den Art. 43 EG und 49 EG verankert sind.

3 Im 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 92/50 heißt es, dass Dienstleistungsaufträge gelegentlich Bauleistungen mit sich bringen können und dass aus der Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 185, S. 5) folgt, dass ein Vertrag, um als öffentlicher Bauauftrag eingeordnet zu werden, die hauptsächliche Errichtung eines Bauwerks im Sinne der Richtlinie zum Inhalt haben muss. Soweit Bauleistungen jedoch lediglich von untergeordneter Bedeutung sind und somit nicht den Inhalt des Vertrags ausmachen, führen sie nicht zu einer Einordnung des Vertrags als öffentlicher Bauauftrag.

4 Gemäß Art. 8 der Richtlinie 92/50 müssen öffentliche Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs I A sind, nach den Vorschriften der Abschnitte III bis VI der Richtlinie vergeben werden. Abschnitt III ist der Wahl der Verfahren zur Vergabe dieser Aufträge und den Regeln für die Durchführung von Wettbewerben gewidmet.

5 In der Kategorie 12 des Anhangs I A der Richtlinie 92/50 sind insbesondere Architektur, technische Beratung und Planung, Stadt- und Landschaftsplanung, zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung sowie technische Versuche und Analysen aufgeführt.

6 Nach Art. 15 der Richtlinie 93/38 werden Aufträge, deren Gegenstand in Anhang XVI A genannte Dienstleistungen sind, nach den Vorschriften der Abschnitte III bis V vergeben. Abschnitt IV der Richtlinie handelt von den Vergabeverfahren.

7 Die Kategorie 12 des Anhangs XVI A der Richtlinie 93/38 entspricht der Kategorie 12 des Anhangs I A der Richtlinie 92/50.

8 Gemäß Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/37 "gelten als öffentliche Bauaufträge: die zwischen einem Unternehmer und einem unter Buchstabe b näher bezeichneten öffentlichen Auftraggeber [im Folgenden: Auftraggeber] geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge über entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Ausführung und die Planung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang II genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks im Sinne des Buchstabens c oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen".

9 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 präzisiert deren Anwendungsbereich im Hinblick auf den geschätzten Wert der jeweiligen öffentlichen Bauaufträge. Besteht ein Bauwerk aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, muss nach Art. 6 Abs. 3 der Wert eines jeden Loses bei der Errechnung des in Art. 6 Abs. 1 angegebenen Betrags berücksichtigt werden; beläuft sich der kumulierte Wert der Lose auf diesen Betrag oder übersteigt er ihn, so wird Abs. 1 grundsätzlich auf alle Lose angewandt.

Nationales Recht

10 Für öffentliche Bauaufträge gilt das Gesetz Nr. 109/1994, das mit dem DPR Nr. 554/1999 durchgeführt wird.

11 Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109/1994 ist unter öffentlichen Bauaufträgen, wenn sie von den in Art. 2 Abs. 2 genannten Rechtssubjekten vergeben werden, der Bau, der Abriss, die Wiederherstellung, die Neugestaltung, die Renovierung und die Instandhaltung von Bauwerken und Anlagen zu verstehen. Die Bestimmung dehnt den Anwendungsbereich des Gesetzes auf gemischte Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie auf Liefer- und Dienstleistungsaufträge aus, die untergeordnete Bauleistungen umfassen, deren geschätzter Wert mehr als 50 % des gesamten Auftragswerts beträgt.

12 Gemäß Art. 3 Abs. 3 des Decreto legislativo Nr. 157/1995 gelten für gemischte Bau- und Dienstleistungsaufträge wie auch für Dienstleistungsaufträge, die untergeordnete Bauleistungen enthalten, die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 109/1994, wenn die Bauleistungen mehr als 50 % des gesamten Auftragswerts ausmachen.

13 Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 109/1994 nimmt unmittelbar durch Private ausgeführte Tätigkeiten, deren Kosten von den für die Baugenehmigungen geschuldeten Beiträgen abgezogen werden können, und die sich aus den Pflichten gemäß Art. 28 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 1150 über die Stadtplanung (Legge urbanistica) vom 17. August 1942 (GURI Nr. 244 vom 16. Oktober 1942) in seiner geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 1150/1942) ergebenden Tätigkeiten vom Anwendungsbereich des Gesetzes aus. Tätigkeiten, die den vorgenannten entsprechen, sind danach ebenfalls ausgenommen. Überschreitet der Wert der Arbeiten - einzeln betrachtet - den vom Gemeinschaftsrecht festgesetzten Schwellenwert, hat derselben Bestimmung zufolge die Vergabe nach den in der Richtlinie 93/37 vorgesehenen Verfahren zu erfolgen.

14 Aus den Art. 1 und 31 des Gesetzes Nr. 1150/1942 sowie den Art. 3 und 11 des Gesetzes Nr. 10 mit Vorschriften über die Bebaubarkeit von Grundstücken (Norme in materia di edificabilità dei suoli) vom 28. Januar 1977 (GURI Nr. 27 vom 29. Januar 1977) in seiner geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 10/1977) ergibt sich, dass der Genehmigungsinhaber selbst die Erschließungsmaßnahmen durchführen und dabei die Kosten ganz oder teilweise auf die geschuldeten Abgaben anrechnen kann.

15 Neben den öffentlichen Bauaufträgen regelt das Gesetz Nr. 109/1994 einige öffentliche Dienstleistungsaufträge.

16 So darf nach Art. 17 Abs. 12 des Gesetzes Nr. 109/1994 der Auftraggeber öffentliche Dienstleistungsaufträge, die Aufgaben der Bauplanung und -leitung zum Gegenstand haben und deren geschätzter Wert 100 000 Euro nicht übersteigt, über den für das Verfahren Verantwortlichen den in Art. 17 Abs. 1 Buchst. d bis g genannten und sein Vertrauen genießenden Rechtssubjekten übertragen, nachdem er deren berufliche Erfahrung und Eignung festgestellt und die Auswahl begründet hat.

17 Gemäß Art. 27 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 109/1994 hat der Auftraggeber die Bauleitung, sofern er sie nicht selbst übernimmt, auf andere öffentliche Verwaltungen, auf den nach Art. 17 Abs. 4 mit der Planung Beauftragten oder auf andere, nach den in der nationalen Regelung zur Umsetzung der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen vorgesehenen Verfahren ausgewählte Personen zu übertragen, wobei in dieser Reihenfolge vorzugehen ist.

18 Nach Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994 werden technische Versuche einer, zwei oder drei Fachkräften übertragen, die je nach Art, Schwierigkeit und Auftragswert hoch und besonders qualifiziert sind. Sie werden vom Auftraggeber aus den eigenen Reihen benannt, es sei denn, der für das Verfahren Verantwortliche stellt fest, dass kein entsprechendes Personal zur Verfügung steht.

19 Art. 30 Abs. 6bis des Gesetzes Nr. 109/1994 eröffnet dieselbe Möglichkeit für die grundsätzlich von den technischen Abteilungen der Auftraggeber oder den in Art. 30 Abs. 6bis Buchst. a genannten Kontrolleinrichtungen wahrzunehmenden Kontrollaufgaben.

20 Aus Art. 188 Abs. 1, 3, 8, 9, 11, 12 und 13 des DPR Nr. 554/1999 ergibt sich ferner, dass der Auftraggeber innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss der Arbeiten oder - im Falle eines laufenden Versuchs - der Erbringung der Leistungen die Kontrollaufgaben je nach Art, Kategorie, Schwierigkeit und Wert der Tätigkeiten sowie anhand zuvor festgelegter Kriterien seinen Mitarbeitern zu übertragen hat.

21 Weist kein Mitarbeiter die verlangten Eigenschaften auf, wird auf externe Fachleute zurückgegriffen, die in Listen des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, der Regionen oder der autonomen Provinzen eingetragen sind.

22 Fehlen solche Listen, kann der Auftraggeber die Kontrollaufgaben nach seinem Ermessen jedem übertragen, der die erforderliche Eignung hat und die festgelegten Voraussetzungen erfüllt.

23 Die Art. 37bis, 37ter und 37quater des Gesetzes Nr. 109/1994 handeln von der Vergabe öffentlicher Bauaufträge, die ganz oder teilweise von Privatpersonen finanziert werden.

24 Art. 37bis ermöglicht es Privatpersonen, Angebote für öffentliche oder gemeinnützige Baumaßnahmen einzureichen und die entsprechenden Verträge, in denen die Finanzierung und die Ausführung übernommen werden, abzuschließen.

25 Art. 37ter legt das Verfahren bei der Auswahl des Promotors fest. Danach hat der Auftraggeber die Machbarkeit der eingereichten Angebote unter verschiedenen Gesichtspunkten zu bewerten: Bauweise, Städtebauwesen, Umweltschutz, Qualität der Planung, Funktionalität, Nutzbarkeit des Bauwerks, Zugänglichkeit für die Benutzer, Leistungsfähigkeit, Verwaltungs- und Unterhaltungskosten, Dauer der Konzession, Fristen für die Ausführung der in Konzession gegebenen Arbeiten, Tarife, Methode für deren Änderung, wirtschaftlicher Wert der Pläne und Inhalt des Vertragsentwurfs. Der Auftraggeber hat sich zu vergewissern, dass kein Faktor die Ausführung dieser Angebote verhindert, und, nachdem er diese geprüft und verglichen und die Promotoren, die dies wünschen, angehört hat, anzugeben, welches Angebot im Allgemeininteresse liegt.

26 In diesem Fall wird gemäß Art. 37quater Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109/1994 ein nicht offenes Verfahren durchgeführt, das der Erlangung von zwei weiteren Angeboten dient. Die Konzession wird anschließend im Wege eines Verhandlungsverfahrens erteilt, in dem das Angebot des ursprünglich ausgewählten Promotors sowie die beiden anderen Angebote geprüft werden. Im Laufe dieses Verfahrens kann der Promotor sein Angebot an dasjenige anpassen, das der Auftraggeber für das geeignetste hält. In diesem Fall erhält er den Zuschlag.

Vorverfahren

27 Nachdem die Kommission Beschwerden über die Wirkungen des Gesetzes Nr. 109/1994 in seiner ursprünglichen Fassung erhalten hatte, verfolgte sie das Verfahren zur Annahme des Gesetzesentwurfs zur Änderung des betreffenden Gesetzes.

28 Nach Erlass des Gesetzes Nr. 166 vom 1. August 2002 zur Änderung des Gesetzes Nr. 109/1994 richtete die Kommission am 19. Dezember 2002 ein Mahnschreiben an die Italienische Republik, in dem sie diese darauf hinwies, dass einige Bestimmungen des Gesetzes Nr. 109/1994 ihr noch mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar schienen.

29 Mit Schreiben vom 26. Juni 2003 räumte die Italienische Republik ein, dass die meisten Vorwürfe der Kommission zuträfen, und setzte sie von ihrer Absicht in Kenntnis, die anwendbaren Rechtsvorschriften dementsprechend zu ändern.

30 Da die Italienische Republik die angekündigten Änderungen jedoch nicht vornahm, ließ ihr die Kommission am 15. Oktober 2003 eine mit Gründen versehene Stellungnahme zukommen mit der Aufforderung, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

31 Da die Kommission den Standpunkt, den die Italienische Republik in einem Schreiben vom 22. April 2004 einnahm, für nicht vertretbar hielt, hat sie gemäß Art. 226 Abs. 2 EG die vorliegende Klage erhoben.

32 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 6. April 2005 sind die Französische Republik, das Königreich der Niederlande und die Republik Finnland in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Italienischen Republik zugelassen worden. Nur das Königreich der Niederlande und die Republik Finnland haben Streithilfeschriftsätze eingereicht.

Zur Klage

33 Die vorliegende Klage wird auf sechs Rügen gestützt.

Zur ersten Rüge

34 Die erste Rüge betrifft die Regelung der gemischten Aufträge, wie sie sich aus dem Gesetz Nr. 109/1994 ergibt.

35 Nach seinem Art. 2 Abs. 1, der den Begriff der öffentlichen Bauaufträge umschreiben soll, betrifft dieses Gesetz den Bau, den Abriss, die Wiederherstellung, die Neugestaltung, die Renovierung und die Instandhaltung von Bauwerken und Anlagen, wenn diese Aufträge von den in Art. 2 Abs. 2 genannten Rechtssubjekten vergeben werden. Gemäß Art. 2 Abs. 1 unterliegen gemischte Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Liefer- und Dienstleistungsaufträge, die untergeordnete Bauleistungen umfassen, den Bestimmungen des Gesetzes Nr. 109/1994, wenn ihr Wert mehr als 50 % des gesamten Auftragswerts beträgt.

36 Desgleichen gelten gemäß Art. 3 Abs. 3 des Decreto legislativo Nr. 157/1995 für gemischte Bau- und Dienstleistungsaufträge wie auch für Dienstleistungsaufträge, die untergeordnete Bauleistungen enthalten, die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 109/1994, wenn die Bauleistungen mehr als 50 % des gesamten Auftragswerts ausmachen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

37 Die Kommission vertritt die Ansicht, dass es vom Hauptgegenstand des Auftrags abhängen müsse, welche Regelung Anwendung finde; der Hauptgegenstand werde u. a., aber nicht ausschließlich, vom Wert der einzelnen Leistungen bestimmt.

38 Dadurch, dass nach den italienischen Rechtsvorschriften Aufträge, bei denen die Bauleistungen wirtschaftlich am stärksten ins Gewicht fielen, aber gegenüber den anderen Leistungen gleichwohl untergeordneter Art seien, den Regelungen über öffentliche Bauaufträge unterworfen seien, würden viele Dienstleistungs- und Lieferaufträge, deren geschätzter Wert die Schwellen für die Anwendung der Richtlinien 92/50 und 93/36 überschreite, aber unterhalb des Schwellenwerts der Richtlinie 93/37 liege, von der Anwendung der einschlägigen Gemeinschaftsregelung ausgeschlossen.

39 Die Italienische Republik entgegnet, dass in Erwartung der Änderung der nationalen Vorschriften, die sie auf die Einwände der Kommission hin vorgenommen habe, das Rundschreiben Nr. 2316 des Ministeriums für Infrastruktur und Transporte zur Regelung der gemischten Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge (Disciplina dei contratti misti negli appalti pubblici di lavori, forniture e servizi) vom 18. Dezember 2003 (GURI Nr. 79 vom 3. April 2004, S. 26) ergangen sei, mit dem die Auftraggeber aufgefordert worden seien, den Grundsatz zu beachten, dass bei einem gemischten Autrag für die Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften der Hauptgegenstand des Auftrags zu berücksichtigen sei, damit der wirtschaftliche Aspekt insoweit nicht mehr das vorrangige Kriterium sei.

40 Das Gesetz Nr. 62 mit Bestimmungen zur Erfüllung der Verpflichtungen infolge der Zugehörigkeit Italiens zu den Europäischen Gemeinschaften - Gemeinschaftsgesetz 2004 (Disposizioni per l'adempimento di obblighi derivanti dall'appartenenza dell'Italia alle Communità europee, Legge comunitaria 2004) vom 18. April 2005 (Supplemento ordinario alla GURI Nr. 96 vom 27. April 2005, im Folgenden: Gemeinschaftsgesetz 2004) habe diesen Ansatz bestätigt.

41 Die Republik Finnland ist der Ansicht, dass der wirtschaftliche Wert ein entscheidendes Kriterium bei der Frage nach dem Hauptgegenstand des Auftrags sei und als solches nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden dürfe, nämlich wenn das Kriterium des wirtschaftlichen Wertes herangezogen werde, um die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu verhindern.

Würdigung durch den Gerichtshof

42 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde (vgl. u. a. Urteile vom 10. April 2003, Kommission/Frankreich, C-114/02, Slg. 2003, I-3783, Randnr. 9, und vom 14. Juli 2005, Kommission/Deutschland, C-433/03, Slg. 2005, I-6985, Randnr. 32).

43 Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die nach Ablauf der von der Kommission in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist erlassen worden sind, können insoweit nicht berücksichtigt werden.

44 Daher ist bei der Entscheidung über die im Rahmen der vorliegenden Rüge behauptete Vertragsverletzung auf die Rechtsvorschriften abzustellen, die am 15. Dezember 2003 in Kraft waren, dem Tag, an dem die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 15. Oktober 2003 gesetzte Frist von zwei Monaten ablief; zu diesem Zeitpunkt war weder das in Randnr. 39 des vorliegenden Urteils genannte Rundschreiben ergangen noch das in Randnr. 40 angeführte Gesetz erlassen worden.

45 Zum Begriff der öffentlichen Bauaufträge im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/37 ist festzustellen, dass darunter die zwischen einem Unternehmer und einem unter Art. 1 Buchst. b näher bezeichneten öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge über entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Ausführung und die Planung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang II dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks im Sinne des Art. 1 Buchst. c oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen zu verstehen sind.

46 Außerdem ergibt sich aus dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 92/50 in Verbindung mit Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/37, dass ein Vertrag nur dann als öffentlicher Bauauftrag eingeordnet werden kann, wenn sein Gegenstand der Definition in der vorhergehenden Randnummer entspricht, und dass Bauleistungen, die lediglich von untergeordneter Bedeutung sind und nicht den Inhalt des Vertrags ausmachen, nicht zu dessen Einordnung als öffentlicher Bauauftrag führen.

47 Ferner bestimmt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wenn ein Vertrag zugleich Elemente eines öffentlichen Bauauftrags und Elemente eines öffentlichen Auftrags anderer Art aufweist, der Hauptgegenstand des Vertrags, welche Gemeinschaftsrichtlinie über öffentliche Aufträge grundsätzlich Anwendung findet (vgl. Urteil vom 18. Januar 2007, Auroux u. a., C-220/05, Slg. 2007, I-385, Randnr. 37).

48 Demnach knüpft der Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 insbesondere an den Hauptgegenstand des Vertrags an, der im Rahmen einer objektiven Prüfung des Gesamtvorhabens zu bestimmen ist, auf das sich dieser Vertrag bezieht.

49 Dabei ist auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Auftrag als solche prägen, und nicht auf die Verpflichtungen bloß untergeordneter oder ergänzender Art, die zwingend aus dem eigentlichen Gegenstand des Vertrags folgen; der jeweilige Wert der dabei erbrachten Einzelleistungen ist insoweit nur ein Kriterium unter anderen, die bei der Ermittlung des Hauptgegenstands zu berücksichtigen sind.

50 Hieraus lässt sich, wie der Generalanwalt dies in den Nrn. 38 und 74 seiner Schlussanträge getan hat, schließen, dass der Wert der Bauleistungen nicht unter allen Umständen ein hinreichendes Kriterium ist, um das Gesetz Nr. 109/1994 auf einen gemischten Auftrag anzuwenden, obwohl die betreffenden Leistungen nur untergeordnet sind; darin liegt vielmehr ein Verstoß gegen die Anforderungen aus der Richtlinie 93/37.

51 Die Regelung in Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109/1994 führt auch zu einem Verstoß gegen die Anforderungen der Richtlinien 92/50 und 93/36, da ihre Anwendung dazu führen kann, dass von den in diesen Richtlinien vorgesehenen Verfahren bestimmte gemischte Aufträge ausgenommen werden, und zwar diejenigen, bei denen die Bauleistungen, obwohl sie untergeordnet sind, mehr als 50 % des Gesamtwerts ausmachen und der Gesamtwert unterhalb des in der Richtlinie 93/37 festgelegten Schwellenwerts bleibt, die Schwellenwerte der Richtlinien 92/50 und 93/36 aber erreicht werden.

52 Daher ist festzustellen, dass die Italienische Republik durch den Erlass von Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109/1994 gegen ihre Verpflichtungen aus den Richtlinien 92/50, 93/36 und 93/37 verstoßen hat.

Zur zweiten Rüge

53 Die zweite Rüge betrifft die direkte Vergabe von Bauleistungen oder -werken an den Inhaber einer Baugenehmigung oder den durch einen genehmigten Erschließungsplan Berechtigten, wenn der Wert dieser Leistungen oder Werke unterhalb der Schwelle für die Anwendung der Richtlinie 93/37 liegt.

54 Nach Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 109/1994 fallen unmittelbar durch Private ausgeführte Tätigkeiten, deren Kosten von den für die Baugenehmigungen geschuldeten Beiträgen abgezogen werden können, die sich aus den Pflichten gemäß Art. 28 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 1150/1942 ergebenden Tätigkeiten und die diesen beiden vorgenannten Kategorien von Tätigkeiten entsprechenden Tätigkeiten nicht unter das Gesetz Nr. 109/1994. Derselben Vorschrift zufolge muss jedoch, wenn der Wert der Arbeiten - einzeln betrachtet - die in den anwendaren Gemeinschaftsregeln festgesetzten Schwellenwerte überschreitet, die Vergabe nach den in der Richtlinie 93/37 vorgesehenen Verfahren erfolgen.

55 Aus den Art. 1 und 31 des Gesetzes Nr. 1150/1942 sowie den Art. 3 und 11 des Gesetzes Nr. 10/1977 ergibt sich ferner, dass der Genehmigungsinhaber selbst die Erschließungsmaßnahmen durchführen und dabei die Kosten ganz oder teilweise auf die geschuldeten Abgaben anrechnen kann.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

56 Die Kommission trägt zum einen vor, dass die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 109/1994 in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften der Gesetze Nr. 1150/1942 und Nr. 10/1977 die direkte Vergabe von Bauleistungen oder -werken, die öffentliche Bauaufträge im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/37 darstellten, an den Inhaber einer Baugenehmigung oder den aus einem genehmigten Erschließungsplan Berechtigten zuließen, ohne dass die Anwendung der im EG-Vertrag aufgestellten Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung ausdrücklich garantiert werde, die selbst dann zu beachten seien, wenn der geschätzte Wert die Schwellenwerte für die Anwendung dieser Richtlinie unterschreite.

57 Zum anderen führt sie aus, um festzustellen, ob die betreffende Schwelle erreicht werde, sei der Gesamtwert aller Bauleistungen und/oder Bauwerke zu berechnen, die von der Vereinbarung zwischen dem Privaten und der Verwaltung erfasst würden, wobei die jeweiligen Leistungen und/oder Werke als verschiedene Lose ein und desselben Auftrags anzusehen seien. Dass die Ausschreibungsverfahren nach den nationalen Vorschriften nur anwendbar seien, wenn sich diese Vereinbarung auf Arbeiten beziehe, deren geschätzter Wert - einzeln betrachtet - den Schwellenwert für die Anwendung der einschlägigen Gemeinschaftsregelungen überschreite, stelle daher einen Verstoß gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/37 dar, denn damit würden vom Anwendungsbereich der nationalen Bestimmungen, mit denen diese Gemeinschaftsregelungen umgesetzt worden seien, Aufträge, deren Gesamtwert über dem genannten Schwellenwert liege, aufgrund des zu niedrigen Wertes der mit ihnen verbundenen Einzelleistungen ausgenommen.

58 Die Italienische Republik macht erstens in Bezug auf die Erschließungsmaßnahmen, deren Wert unterhalb der Schwelle für die Anwendung der Gemeinschaftsregelung liegt und die von dem Inhaber einer Baugenehmigung oder dem durch einen genehmigten Erschließungsplan Berechtigten ausgeführt werden, geltend, es sei nicht erforderlich, bei der Umsetzung ausdrücklich auf die Bekanntmachungsvorschriften und die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags sowie die Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Bereich hinzuweisen.

59 Zweitens hebt die Italienische Republik die Besonderheiten im Bereich der Stadtplanung, bei der die Bauunternehmer an die Stelle der örtlichen Behörden träten, und die besonderen Merkmale der Erschließungsverträge zwischen diesen Behörden und den betreffenden Bauunternehmern hervor.

60 Solche Verträge seien für die betroffene örtliche Behörde lediglich mit der Pflicht verbunden, Baugenehmigungen zu erteilen, sofern der Bauunternehmer auf der Grundlage von Entwürfen, deren Genehmigung sich die Behörde vorbehalte, die Arbeiten zur Erschließung des betreffenden Gebiets zum Abschluss bringe.

61 Der Umstand, dass ein und derselbe Bauunternehmer mit der Errichtung mehrerer, ihrer Art nach unterschiedlicher Bauwerke betraut worden sei, könne nicht schon deshalb die Verpflichtung mit sich bringen, diese Bauwerke zum Zweck der Anwendung der Richtlinie 93/37 zusammenzufassen, weil der erwähnte Bauunternehmer Eigentümer der betroffenen Grundstücke sei. Die Italienische Republik hebt insoweit hervor, dass der Gerichtshof im Urteil vom 12. Juli 2001, Ordine degli Architetti u. a. (C-399/98, Slg. 2001, I-5409), über einen anderen als den hier vorliegenden Fall entschieden habe, da es um die Errichtung eines offensichtlich einheitlichen Bauwerks gegangen sei.

62 Das Königreich der Niederlande vertritt die Auffassung, dass für öffentliche Aufträge, deren Wert unterhalb der in den einschlägigen Richtlinien vorgesehenen Schwellenwerte liege, nicht das Transparenzgebot gelte. Außerdem sähen diese Richtlinien selbst ausdrücklich bestimmte Ausnahmen vor; der Gemeinschaftsgesetzgeber habe sich demnach entschieden, in diesen Fällen anderen Belangen als der Transparenz den Vorrang einzuräumen.

63 Die Republik Finnland meint, dass die Aufträge, deren Wert unterhalb der in den betreffenden Richtlinien festgelegten Schwellenwerte liege, zwar aus diesem Grund von deren Anwendungsbereich ausgenommen, von Rechts wegen aber den Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit unterworfen seien.

64 Folglich müssten die nationalen Rechtsvorschriften für die genannten Aufträge keine ausdrückliche Pflicht zur Bekanntmachung oder Ausschreibung vorsehen.

Würdigung durch den Gerichtshof

65 Erstens ist festzustellen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber ausdrücklich die Grundsatzentscheidung getroffen hat, Aufträge unterhalb eines bestimmten Schwellenwerts von der von ihm eingeführten Bekanntmachungsregelung auszunehmen, und folglich keinerlei spezifische Verpflichtung für sie angeordnet hat.

66 Steht fest, dass ein solcher Auftrag eine bestimmte grenzüberschreitende Bedeutung hat, liegt außerdem in seiner ohne jede Transparenz erfolgenden Vergabe an ein im Mitgliedstaat des öffentlichen Auftraggebers niedergelassenes Unternehmen eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen, die an diesem Auftrag interessiert sein könnten. Eine solche Ungleichbehandlung, die durch den Ausschluss aller in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen hauptsächlich diese benachteiligt, stellt, sofern sie nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt ist, eine nach den Art. 43 EG und 49 EG verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf die Richtlinie 92/50 Urteil vom 13. November 2007, Kommission/Irland, C-507/03, Slg. 2007, I-0000, Randnrn. 30 und 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67 Da zum einen, wie der Generalanwalt in Nr. 56 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nach Art. 249 EG die Richtlinien für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sind, und zum anderen der Gemeinschaftsgesetzgeber u. a. durch die Festlegung von Schwellenwerten bestimmte Aufträge vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 ausgenommen hat, sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, in ihre Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie Bestimmungen aufzunehmen, die auf die Pflicht zur Beachtung der Art. 43 EG und 49 EG hinweisen, die nur unter den in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufenen Bedingungen zur Anwendung kommt.

68 Der Umstand, dass der italienische Gesetzgeber für öffentliche Aufträge betreffend Erschließungsarbeiten, deren Wert unterhalb der Schwelle für die Anwendung der Richtlinie 93/37 liegt und die von dem Inhaber einer Baugenehmigung oder dem durch einen genehmigten Erschließungsplan Berechtigten durchgeführt werden, keine derartigen Bestimmungen für den Fall vorgesehen hat, dass die Aufträge erwiesenermaßen eine bestimmte grenzüberschreitende Bedeutung haben, stellt gleichwohl die Anwendbarkeit der Art. 43 EG und 49 EG auf diese Aufträge nicht in Frage.

69 Daher ist die zweite Rüge, soweit mit ihr ein Verstoß gegen die Grundregeln des Vertrags geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

70 Was zweitens den Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 109/1994 im Hinblick auf die Vorschriften der Richtlinie 93/37 angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Tatsache, dass sich eine nationale Rechtsvorschrift, die die unmittelbare Erstellung einer Erschließungsanlage durch den Inhaber einer Baugenehmigung oder den durch einen genehmigten Erschließungsplan Berechtigten unter Abzug des ganzen oder eines Teils des wegen der Baugenehmigung geschuldeten Beitrags vorsieht, in einen städtebaurechtlichen Regelungszusammenhang mit besonderen Merkmalen und einem spezifischen, von der Richtlinie 93/37 verschiedenen Zweck einfügt, nicht genügt, um die unmittelbare Erstellung der Anlage dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie zu entziehen, wenn deren Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (vgl. Urteil Ordine degli Architetti u. a., Randnr. 66).

71 Erschließungsarbeiten sind daher den in der Richtlinie 93/37 vorgesehenen Verfahren zu unterwerfen, wenn sie die dort aufgeführten Merkmale eines öffentlichen Bauauftrags erfüllen und insbesondere das in Art. 1 Buchst. a der Richtlinie verlangte vertragliche Element vorliegt und wenn der Wert der Arbeiten die in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie festgelegte Schwelle erreicht oder überschreitet.

72 Außerdem ergibt sich aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 93/37 für den Fall, dass ein Bauwerk aus mehreren Losen besteht, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, dass der Wert eines jeden Loses bei der Errechnung des Betrags berücksichtigt werden muss, der in Art. 6 Abs. 1 angegeben ist und nach dem sich richtet, ob die Richtlinie auf alle Lose anwendbar ist oder nicht. Ferner dürfen gemäß Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 93/37 Bauwerke oder Bauaufträge nicht in der Absicht aufgeteilt werden, sie der Anwendung dieser Richtlinie zu entziehen.

73 Erfüllt die Vereinbarung zwischen einem privaten Eigentümer von Baugrundstücken und der Kommunalverwaltung die in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils angeführten Tatbestandsmerkmale eines "öffentlichen Bauauftrags" im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/37, kann, wie der Generalanwalt in Nr. 88 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der geschätzte Wert, auf den bei der Prüfung, ob der in dieser Richtlinie festgelegte Schwellenwert erreicht ist und demnach bei der Auftragsvergabe die dort aufgestellten Regeln zu beachten sind, abzustellen ist, folglich nur als der Gesamtwert der verschiedenen Bauleistungen und -werke, ermittelt durch Addition der Werte der einzelnen Lose, aufgefasst werden.

74 Indem die italienischen Rechtsvorschriften nur für den Fall, dass der geschätzte Wert jedes Loses - einzeln betrachtet - die Schwelle für die Anwendung der Richtlinie 93/37 überschreitet, ein den Vorschriften dieser Richtlinie entsprechendes Vergabeverfahren vorsehen, verstoßen sie gegen diese Richtlinie.

75 Folglich verstößt Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 109/1994 dadurch gegen die Richtlinie 93/37, dass er die Anwendung der in ihr vorgesehenen Verfahren ungerechtfertigt begrenzt.

Zur dritten Rüge

76 Die dritte Rüge betrifft die Übertragung der Aufgaben der Planung, der Leitung und der Kontrolle der Bauleistungen im Rahmen öffentlicher Dienstleistungsaufträge, deren Wert unterhalb der Schwellenwerte der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen liegt.

77 Nach Art. 17 Abs. 12 und Art. 30 Abs. 6bis des Gesetzes Nr. 109/1994 dürfen öffentliche Dienstleistungsaufträge, die Aufgaben der Bauplanung oder -leitung oder der Kontrolle der Ausführung dieser Leistungen zum Gegenstand haben und deren geschätzter Wert unterhalb der Schwelle für die Anwendung der Richtlinie 92/50 liegt, Personen übertragen werden, die das Vertrauen des Auftraggebers genießen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

78 Die Kommission beanstandet die genannten Bestimmungen, die die Vergabe der betreffenden öffentlichen Dienstleistungsaufträge ohne jede Bekanntmachung zulassen, mit der Begründung, dass diese Aufträge zwar nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 fielen, aber den Regelungen des EG-Vertrags über die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit sowie dem Diskriminierungsverbot, den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit wie auch dem Transparenzgebot unterworfen blieben.

79 Die Italienische Republik macht geltend, dass jede Regelung des abgeleiteten Rechts anhand der allgemeinen Grundsätze des EG-Vertrags auszulegen und jede Auslegung, die sich davon entferne, rechtswidrig sei. Jedenfalls könne sich ein möglicher Rechtsverstoß nicht aus einer falschen Anwendung der Regelung im Einzelfall ergeben. Es bestehe daher bei der Umsetzung von Gemeinschaftsvorschriften keine Pflicht, ausdrücklich auf die Bestimmungen des EG-Vertrags zu verweisen.

80 Zudem habe ein ministerielles Rundschreiben die Auftraggeber auf die Pflicht aufmerksam gemacht, das Diskriminierungsverbot, den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot einzuhalten, und die direkte Übertragung der betreffenden Aufträge an Vertrauenspersonen dürfe jedenfalls nur erfolgen, nachdem deren berufliche Erfahrung und Eignung festgestellt worden sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

81 Wie in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils ausgeführt, steht fest, dass für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 fallen und erwiesenermaßen eine bestimmte grenzüberschreitende Bedeutung haben, die Grundfreiheiten des EG-Vertrags gleichwohl gelten, und zwar unter den Voraussetzungen, wie sie die in der betreffenden Randnummer angeführte Rechtsprechung präzisiert hat.

82 Da die im Primärrecht gründenden Gebote der Gleichbehandlung und der Transparenz somit für die betreffenden Aufträge, auch wenn sie angesichts ihres Wertes vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 ausgenommen sind, ohne Weiteres gelten, sofern die in der erwähnten Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, kann nicht verlangt werden, dass die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich auf die angeführten Gebote verweisen.

83 Daher ist die dritte Rüge zurückzuweisen.

Zur vierten und zur fünften Rüge

84 Die vierte Rüge betrifft Art. 27 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 109/1994, wonach der Auftraggeber die grundsätzlich seiner technischen Abteilung obliegende Bauleitung, wenn er sie nicht selbst übernehmen kann, auf den nach Art. 17 Abs. 4 dieses Gesetzes mit der Planung Beauftragten überträgt.

85 Die fünfte Rüge bezieht sich auf die Übertragung der technischen Versuche und der Aufgaben im Zusammenhang mit der Kontrolle öffentlicher Bauaufträge, wie sie in Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994 und Art. 188 des DPR Nr. 554/1999 geregelt ist. Aus der Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen ergibt sich, dass die betreffenden Aufgaben zwar grundsätzlich von den technischen Abteilungen der Auftraggeber wahrzunehmen sind, dass aber, wenn der für das Verfahren Verantwortliche feststellt, dass kein entsprechendes Personal zur Verfügung steht, die Verwaltung die Aufgaben Dritten übertragen kann, die in zu diesem Zweck vom Ministerium für öffentliche Arbeiten aufgestellten Listen genannt sind, ohne dass die Ausschreibungsverfahren angewandt zu werden brauchen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

86 Die Kommission ist der Ansicht, dass Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994, indem sie es zuließen, die betreffenden Dienstleistungsaufträge ohne Ausschreibung direkt zu vergeben, je nach Wert der jeweiligen Aufträge entweder gegen die Richtlinien 92/50 und 93/38 oder gegen die Art. 43 EG und 49 EG verstießen.

87 Die Italienische Republik entgegnet, dass sie die von der Kommission geäußerte Kritik zur Kenntnis genommen und dementsprechend ihre Rechtsvorschriften durch den Erlass des Gemeinschaftsgesetzes 2004 geändert habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

88 Vorab ist zu betonen, dass nach der in Randnr. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nur die nationalen Rechtsvorschriften, die am 15. Dezember 2003 in Kraft waren, im Rahmen der Prüfung der von der Kommission erhobenen Rügen zu berücksichtigen sind.

89 Festzustellen ist erstens, dass von der Anwendung der Richtlinien 92/50 und 93/38 nur die Ausnahmen zulässig sind, die in ihr selbst ausdrücklich und abschließend aufgeführt sind (vgl. analog Urteile vom 18. November 1999, Teckal, C-107/98, Slg. 1999, I-8121, Randnr. 43, und vom 11. Mai 2006, Carbotermo und Consorzio Alisei, C-340/04, Slg. 2006, I-4137, Randnr. 45).

90 Wie der Generalanwalt in Nr. 101 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, fallen die Bauleitung und die mit der Kontrolle der Bauleistungen verbundenen Aufgaben unter die Kategorie 12 sowohl des Anhangs I A der Richtlinie 92/50 als auch des Anhangs XVI A der Richtlinie 93/38.

91 Zum einen ist Art. 8 der Richtlinie 92/50 zu entnehmen, dass Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs I A sind, nach den Vorschriften insbesondere des Abschnitts III dieser Richtlinie vergeben werden, der der Wahl der Vergabeverfahren gewidmet ist, und zum anderen geht aus Art. 15 der Richtlinie 93/38 hervor, dass Liefer- und Bauaufträge sowie Aufträge, deren Gegenstand in Anhang XVI A genannte Dienstleistungen sind, nach den Vorschriften u. a. des Abschnitts IV dieser Richtlinien, der die Vergabeverfahren betrifft, vergeben werden.

92 Da die Übertragung der Bauleitung nach den in den Richtlinien 92/50 und 93/38 aufgeführten Regeln erfolgen muss, verstößt die direkte Übertragung an den mit der Planung Beauftragten, wie sie sich aus Art. 27 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 109/1994 ergibt, folglich gegen diese Richtlinie, soweit es um Aufträge geht, die aufgrund ihres Wertes in deren Anwendungsbereich fallen.

93 Ebenso verstößt die Vergabe der mit der Kontrolle der Bauleistungen verbundenen Tätigkeiten an Dritte unter den in Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994 und Art. 188 des DPR Nr. 554/1999 genannten Bedingungen, da sie nach den Regeln der Richtlinien 92/50 und 93/38 vorzunehmen ist, gegen diese Richtlinien, soweit es die in ihren Anwendungsbereich fallenden Aufträge betrifft.

94 Was zweitens die Aufträge angeht, bei denen der Wert der betreffenden Dienstleistungen unterhalb der Schwelle für die Anwendung der Richtlinien 92/50 und 93/38 liegt, bedeutet der Umstand, dass in den anwendbaren nationalen Vorschriften ein ausdrücklicher Hinweis auf die Anwendung der Pflichten aus dem EG-Vertrag fehlt, wie in den Randnrn. 68 und 82 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot bei der Auftragvergabe nicht zu beachten wären; Voraussetzung ist nur, dass die in der in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils erwähnten Rechtsprechung aufgestellten Bedingungen erfüllt sind.

95 Daher sind die vierte und die fünfte Rüge, soweit mit ihnen ein Verstoß gegen die Art. 43 EG und 49 EG geltend gemacht wird, zurückzuweisen, sind aber im Übrigen begründet.

Zur sechsten Rüge

96 Die sechste Rüge betrifft die Art. 37bis ff. des Gesetzes Nr. 109/1994, aufgrund deren die Behörden Außenstehenden in einem besonderen Vergabeverfahren die Ausführung öffentlicher Bauwerke, die kommerziell nutzbar sind, gestatten können. In einem ersten Abschnitt werden die betreffenden Personen aufgefordert, als Promotoren Angebote für die Erlangung von Konzessionen einzureichen, wobei sie die Kosten ganz oder teilweise übernehmen. Nach Prüfung der Angebote werden in einem zweiten Abschnitt diejenigen ausgewählt, die im öffentlichen Interesse liegen; in diesem Abschnitt wird für jedes ausgewählte Angebot ein nicht offenes Vergabeverfahren eröffnet, das darauf gerichtet ist, zwei Angebote auszuwählen.

97 Anschließend eröffnet der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren mit dem Promotor und den anderen Privatpersonen, die im Rahmen des erwähnten Vergabeverfahrens die beiden besten Angebote eingereicht haben, wobei der Promotor sein Angebot an dasjenige anpassen kann, das der Auftraggeber für das geeignetste hält.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

98 Nach Auffassung der Kommission verletzt diese Regelung den Grundsatz der Gleichbehandlung.

99 Die Modalitäten der Konzessionsvergabe verschafften dem Promotor nämlich einen doppelten Vorteil gegenüber allen anderen potenziellen Wettbewerbern.

100 So werde der Promotor ohne Weiteres zur Teilnahme an dem Verhandlungsverfahren zur Vergabe der Konzession aufgerufen, ohne dass sein Angebot mit den Angeboten der Teilnehmer der Ausschreibung verglichen werde.

101 Zum anderen habe der Promotor die Möglichkeit, sein Angebot im Laufe des Verhandlungsverfahrens zu ändern, um es an dasjenige anzupassen, das der Auftraggeber für das geeignetste halte. Tatsächlich komme dieser Vorteil einem Vorrang des betreffenden Promotors bei der Konzessionsvergabe gleich.

102 Die Italienische Republik trägt vor, dass in dem in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils erwähnten Gemeinschaftsgesetz 2004 die Einwände der Kommission berücksichtigt worden seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

103 Aus Art. 38 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs und der einschlägigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss und dass diese Angaben so klar und deutlich sein müssen, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglichen. Folglich müssen sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben, und die Anträge der Klageschrift müssen eindeutig formuliert sein, damit der Gerichtshof nicht ultra petita entscheidet oder eine Rüge übergeht (Urteil vom 26. April 2007, Kommission/Finnland, C-195/04, Slg. 2007, I-3351, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104 Hier genügt die Klage der Kommission in Bezug auf die sechste Rüge nicht diesen Anforderungen.

105 Mit ihrer Klage begehrt die Kommission nämlich die Feststellung, dass die Italienische Republik gegen bestimmte Verpflichtungen aus den Richtlinien 92/50, 93/36, 93/37 und 93/38 sowie den Art. 43 EG und 49 EG verstoßen hat. Im Rahmen dieser Rüge gibt sie jedoch nicht an, welche dieser Richtlinien und/oder Bestimmungen des Vertrags die Italienische Republik durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Einzelnen verletzt haben soll.

106 Was die Art. 43 EG und 49 EG angeht, so statuieren diese im Übrigen kein allgemeines Gebot der Gleichbehandlung, sondern enthalten, wie sich aus der in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Die Ausführungen der Kommission im Rahmen der vorliegenden Rüge enthalten jedoch keinerlei Hinweis darauf, dass eine solche Diskriminierung vorliegt.

107 Daher ist die sechste Rüge für unzulässig zu erklären.

108 Nach alledem ist festzustellen, dass die Italienische Republik

- durch den Erlass von Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109/1994 gegen ihre Pflichten aus den Richtlinien 92/50, 93/36 und 93/37,

- durch den Erlass von Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 109/1994 gegen ihre Pflichten aus der Richtlinie 93/37 und

- durch den Erlass von Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994 gegen ihre Pflichten aus den Richtlinien 92/50 und 93/38 verstoßen hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

109 Nach Art. 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da die Kommission mit einem Teil der zweiten, der vierten und der fünften Rüge sowie mit der dritten Rüge unterlegen ist und die sechste Rüge zudem für unzulässig erklärt worden ist, während die Italienische Republik in Bezug auf die erste Rüge sowie auf einen Teil der zweiten, der vierten und der fünften Rüge unterlegen ist, haben beide Parteien jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen.

110 Nach Art. 69 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Italienische Republik hat

- durch den Erlass von Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 109, Rahmengesetz für öffentliche Aufträge (Legge quadro in materia di lavori pubblici), vom 11. Februar 1994 in der durch das Gesetz Nr. 166 vom 1. August 2002 geänderten Fassung gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, der Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in ihrer durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 geänderten Fassung,

- durch den Erlass von Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 109/1994 in seiner geänderten Fassung gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/37 in ihrer geänderten Fassung und

- durch den Erlass von Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 109/1994 in seiner geänderten Fassung gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50 und der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor verstoßen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Italienische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

4. Die Französische Republik, das Königreich der Niederlande und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.



Ende der Entscheidung

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