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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.11.2006
Aktenzeichen: C-414/04
Rechtsgebiete: EG, Verordnung (EG) Nr. 1228/2003, Verordnung (EG) Nr. 1223/2004


Vorschriften:

EG Art. 230
Verordnung (EG) Nr. 1228/2003
Verordnung (EG) Nr. 1223/2004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Große Kammer)

28. November 2006

"Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 - Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel - Verordnung (EG) Nr. 1223/2004 - Vorläufige Ausnahmen für Slowenien - Rechtsgrundlage"

Parteien:

In der Rechtssache C-414/04

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG, eingereicht am 23. September 2004,

Europäisches Parlament, vertreten durch A. Baas und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Sack und P. Van Nuffel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. Lopes Sabino und M. Bishop als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Republik Estland, vertreten durch L. Uibo als Bevollmächtigten,

Republik Polen, vertreten durch M. Weglarz, T. Nowakowski und T. Krawczyk als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts, P. Kuris und E. Juhász sowie der Richter K. Schiemann (Berichterstatter), J. Makarczyk, G. Arestis, A. Borg Barthet, A. Ó Caoimh und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2006,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Juni 2006

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit seiner Klageschrift beantragt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2004 des Rates vom 28. Juni 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Zeitpunkts der Anwendung bestimmter Vorschriften auf Slowenien (ABl. L 233, S. 3, im Folgenden: angefochtene Verordnung).

2 Der Vertrag über den Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten, zu denen die Republik Slowenien gehört, zur Europäischen Union wurde am 16. April 2003 unterzeichnet (ABl. 2003, L 236, S. 17, im Folgenden: Beitrittsvertrag von 2003). Nach Artikel 1 Absatz 2 dieses Vertrages sind die Aufnahmebedingungen und die aufgrund der Aufnahme erforderlichen Anpassungen der die Union begründenden Verträge in der diesem Vertrag beigefügten Akte festgelegt, die Bestandteil dieses Vertrages ist (im Folgenden: Beitrittsakte von 2003).

3 Die Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel (ABl. L 176, S. 1) wurde auf der Grundlage von Artikel 95 EG erlassen.

4 Um übergangsweise die Anwendung bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 1228/2003 in Bezug auf die Republik Slowenien aufzuschieben, erließ der Rat der Europäischen Union die angefochtene Verordnung. Diese Verordnung wurde auf der Grundlage von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 erlassen.

5 Zur Stützung seiner Klage macht das Europäische Parlament geltend, dass die angefochtene Verordnung nicht auf der Grundlage des Artikels 57 der Beitrittsakte habe erlassen werden dürfen und dass sie nicht der Begründungspflicht gemäß Artikel 253 EG genüge.

6 Mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofes vom 21. Dezember 2004 und 9. März 2005 sind die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Republik Estland und die Republik Polen als Streithelferinnen im vorliegenden Verfahren zugelassen worden, und zwar die Kommission zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und die beiden anderen Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge des Rates.

Rechtlicher Kontext

Beitrittsvertrag von 2003

7 Artikel 2 Absätze 2 und 3 des Beitrittsvertrags von 2003 bestimmt:

"(2) Dieser Vertrag tritt am 1. Mai 2004 in Kraft ...

(3) Abweichend von Absatz 2 können die Organe der Union vor dem Beitritt die Maßnahmen erlassen, die in Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2, Artikel 6 Absatz 6 Unterabsatz 2 ..., den Artikeln 38, 39, 41, 42 und 55 bis 57 der Beitrittsakte, den Anhängen III bis XIV der Akte, ... vorgesehen sind. Diese Maßnahmen treten nur vorbehaltlich des Inkrafttretens dieses Vertrags und zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens in Kraft."

8 Artikel 20 der Beitrittsakte von 2003 sieht vor:

"Die in Anhang II aufgeführten Rechtsakte werden nach Maßgabe jenes Anhangs angepasst."

9 Artikel 21 der Akte lautet:

"Die infolge des Beitritts erforderlichen Anpassungen der in Anhang III aufgeführten Rechtsakte werden gemäß den dort aufgestellten Leitlinien nach dem Verfahren und unter den Voraussetzungen des Artikels 57 vorgenommen."

10 Artikel 24 der Akte bestimmt:

"Die in den Anhängen V, VI, VII, VIII, IX, X, XI, XII, XIII und XIV zu dieser Akte aufgeführten Maßnahmen finden auf die neuen Mitgliedstaaten unter den in diesen Anhängen festgelegten Bedingungen Anwendung."

11 Artikel 55 der Beitrittsakte von 2003 bestimmt:

"Auf ordnungsgemäß substanziierten Antrag eines der neuen Mitgliedstaaten kann der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission vor dem 1. Mai 2004 zeitlich begrenzte Maßnahmen zur Gewährung von Ausnahmen von Rechtsakten der Organe beschließen, die zwischen dem 1. November 2002 und dem Tag der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags angenommen wurden."

12 Artikel 57 der Akte lautet:

"(1) Erfordern vor dem Beitritt erlassene Rechtsakte der Organe aufgrund des Beitritts eine Anpassung und sind die erforderlichen Anpassungen in dieser Akte oder ihren Anhängen nicht vorgesehen, so werden diese Anpassungen nach dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren vorgenommen. Diese Anpassungen treten mit dem Beitritt in Kraft.

(2) Der Rat oder die Kommission, je nachdem, welches Organ die ursprünglichen Rechtsakte erlassen hat, legt zu diesem Zweck die erforderlichen Wortlaute fest; der Rat beschließt dabei mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission."

13 Vorab ist klarzustellen, dass zwar die französische Fassung des Artikels 57 darauf hindeutet, dass die gemäß dieser Bestimmung vorzunehmenden Anpassungen "vor dem Beitritt" vorzunehmen sind, doch bezieht sich diese zeitliche Begrenzung in Wirklichkeit - wie sich aus den anderen sprachlichen Fassungen dieser Bestimmung ergibt - nicht auf die Möglichkeit, auf Artikel 57 Bezug zu nehmen, sondern auf den Zeitpunkt des Erlasses der zu ändernden Rechtsakte (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf die gleichlautende Bestimmung in der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassung der die Europäische Union begründenden Verträge [ABl. 1994, C 241, S. 21, im Folgenden: Beitrittsakte von 1994], Urteil vom 2. Oktober 1997 in der Rechtssache C-259/95, Parlament/Rat, Slg. 1997, I-5303, Randnrn. 12 bis 22).

14 Durch Briefwechsel, der der Schlussakte zum Beitrittsvertrag von 2003 als Anhang beigefügt ist, vereinbarten die Europäische Union und die neuen Mitgliedstaaten ein "Informations- und Konsultationsverfahren für die Annahme bestimmter Beschlüsse und sonstige Maßnahmen in der Zeit vor dem Beitritt" (im Folgenden: Informations- und Konsultationsverfahren), das u. a. vorsieht:

"(1) Zur Gewährleistung einer angemessenen Unterrichtung der [beitretenden Staaten] werden alle Vorschläge, Mitteilungen, Empfehlungen oder Initiativen, die zu Beschlüssen der Organe oder Einrichtungen der Europäischen Union führen können, nach ihrer Übermittlung an den Rat den beitretenden Staaten zur Kenntnis gebracht.

(2) Auf begründeten Antrag eines beitretenden Staates finden Konsultationen statt, der dabei seine Interessen als künftiges Mitglied der Union ausdrücklich darlegt und seine Bemerkungen vorbringt.

...

(4) Die Konsultationen finden in einem Interimsausschuss statt, der sich aus Vertretern der Union und der beitretenden Staaten zusammensetzt.

...

(8) Bestehen nach den Konsultationen noch ernste Schwierigkeiten, so kann die Frage auf Antrag eines beitretenden Staates auf Ministerebene erörtert werden.

..."

Die Verordnung Nr. 1228/2003

15 Ziel der Verordnung Nr. 1228/2003 ist ausweislich ihres Artikels 1 die Festlegung gerechter Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel und somit eine Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Elektrizitätsbinnenmarkt unter Berücksichtigung der Besonderheiten nationaler und regionaler Märkte.

16 Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung lautet:

"Netzengpässen wird mit nicht diskriminierenden marktorientierten Lösungen begegnet, von denen wirksame wirtschaftliche Signale an die Marktteilnehmer und beteiligten Übertragungsnetzbetreiber ausgehen. Netzengpässe werden vorzugsweise durch nichttransaktionsbezogene Methoden bewältigt, d. h. durch Methoden, die keinen Unterschied zwischen den Verträgen einzelner Marktteilnehmer machen."

17 In Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung wird "Engpass" definiert als "eine Situation, in der eine Verbindung zwischen nationalen Übertragungsnetzen wegen unzureichender Kapazität der Verbindungsleitungen und/oder der betreffenden nationalen Übertragungsnetze nicht alle Stromflüsse im Rahmen des von den Marktteilnehmern gewünschten internationalen Handels bewältigen kann".

18 Im Anhang dieser Verordnung mit dem Titel "Leitlinien für die Verwaltung und Zuweisung verfügbarer Übertragungskapazität von Verbindungsleitungen zwischen nationalen Netzen" heißt es unter der Überschrift "Allgemeines":

"1. Die von den Mitgliedstaaten angewandte(n) Engpassmanagementmethode(n) muss (müssen) kurzfristige Engpässe auf marktorientierte, wirtschaftlich effiziente Weise bewältigen, und gleichzeitig müssen von ihnen an den richtigen Stellen Signale oder Anreize für effiziente Investitionen in Netz und Erzeugung ausgehen.

2. Die Übertragungsnetzbetreiber oder gegebenenfalls die Mitgliedstaaten müssen nicht diskriminierende und transparente Standards festlegen, in denen angegeben ist, welche Engpassmanagementmethoden sie unter welchen Gegebenheiten anwenden werden. Diese Standards sowie die Sicherheitsstandards müssen in öffentlich zugänglichen Unterlagen dargelegt werden.

3. Eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Arten grenzüberschreitender Transaktionen wird unabhängig davon, ob es sich um konkrete bilaterale Verträge oder Verkaufs- und Kaufangebote auf ausländischen organisierten Märkten handelt, bei der Konzipierung der Regeln für spezielle Methoden des Engpassmanagements auf ein Mindestmaß beschränkt. Die Methode für die Zuweisung knapper Übertragungskapazitäten muss transparent sein. Falls Transaktionen unterschiedlich behandelt werden, ist nachzuweisen, dass dies die Entwicklung des Wettbewerbs weder verzerrt noch behindert.

4. Die von Engpassmanagementsystemen ausgehenden Preissignale müssen von der Übertragungsrichtung abhängig sein.

..."

19 Die Verordnung gilt nach ihrem Artikel 15 ab 1. Juli 2004.

Die angefochtene Verordnung

20 Nachdem die Republik Slowenien im Rahmen des Informations- und Konsultationsverfahrens Kenntnis vom Vorschlag der Kommission erhalten hatte, auf dessen Grundlage die Verordnung Nr. 1228/2003 erlassen wurde, beantragte sie unter Berufung auf Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 mit Schreiben vom 23. Juni 2003 bei der Kommission, ihr eine Übergangszeit bis zum 1. Juli 2007 für die Anwendung der künftigen Verordnung zu bewilligen. Die Verordnung wurde am 26. Juni 2003 erlassen.

21 Nach bilateralen Erörterungen zwischen der Kommission und der Republik Slowenien gab die Letztgenannte der Kommission am 19. November 2003 ergänzende Erläuterungen über die Gründe, die dem erwähnten Antrag auf eine vorübergehende Ausnahme zugrunde lagen.

22 Unter diesen Umständen entwarf die Kommission am 27. April 2004 einen Vorschlag für eine Verordnung, der darauf abzielte, die Anwendung bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 1228/2003 hinsichtlich der Republik Slowenien für eine Übergangszeit aufzuschieben (KOM/2004/309 endg.). Dieser Vorschlag wurde auf Artikel 95 EG gestützt.

23 Am 28. Juni 2004 wurde die angefochtene Verordnung, obwohl sie diesen Vorschlag übernimmt und im Wesentlichen wörtlich wiedergibt, vom Rat auf der Grundlage von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 erlassen.

24 Das Parlament wurde von dem Erlass durch den Generalsekretär des Rates mit Schreiben vom 9. Juli 2004 unterrichtet, in dem es heißt: "[Im Hinblick] auf den engen Zusammenhang zwischen dem Beitrittsvertrag und [diesem] Vorschlag ... und im Hinblick auf die Notwendigkeit zur rechtzeitigen Anpassung [dieses Rechtsakts], auf alle Fälle vor dem 1. Juli 2004, ... dem Zeitpunkt der Anwendung der Verordnung Nr. 1228/2003, hat der Rat beschlossen, Artikel 57 der [Beitrittsakte von 2003] als Rechtsgrundlage zu wählen ...; diese Rechtsgrundlage erfordert nicht die Beteiligung des Europäischen Parlaments am Rechtsetzungsverfahren."

25 Artikel 1 der angefochtenen Verordnung sieht vor, dass dem Artikel 15 der Verordnung Nr. 1228/2003 folgender Unterabsatz angefügt wird:

"Für die Verbindungsleitungen zwischen Slowenien und den benachbarten Mitgliedstaaten gelten Artikel 6 Absatz 1 und die im Anhang im Kapitel 'Allgemeines' unter den Nummern 1 bis 4 aufgeführten Regeln ab dem 1. Juli 2007. Dieser Absatz gilt nur für die Verbindungskapazität, die vom slowenischen Übertragungsnetzbetreiber zugewiesen wird, und nur insoweit, als diese Kapazität die Hälfte der gesamten verfügbaren Verbindungskapazität nicht überschreitet."

26 Die Begründungserwägungen fünf bis sieben der angefochtenen Verordnung lauten:

"(5) Slowenien hat dargelegt, dass ohne eine Übergangsfrist bestimmte energieintensive slowenische Industrien durch höhere Preise für Importstrom aus Österreich und bestimmte Stromproduzenten durch niedrigere Einnahmen aus dem Export nach Italien beeinträchtigt würden. Dies würde die laufenden Umstrukturierungsanstrengungen der betreffenden Industrien und ihre andauernden Bemühungen um die Einhaltung des für die Stromproduktion geltenden gemeinschaftlichen Besitzstandes behindern.

(6) Die von Slowenien vorgetragenen Gründe rechtfertigen eine Ausnahmeregelung. Darüber hinaus werden wegen der geringen Kapazität der beiden betroffenen Verbindungsleitungen und angesichts der Tatsache, dass sich diese Situation vor dem 1. Juli 2007 voraussichtlich nicht ändern wird, die Auswirkungen einer solchen Ausnahmeregelung auf den Binnenmarkt in der Praxis sehr gering sein.

(7) Die Ausnahmeregelung sollte auf das angesichts des slowenischen Antrags unbedingt erforderliche Maß beschränkt sein. Sie sollte daher nur den Teil der Verbindungskapazität betreffen, der vom slowenischen Übertragungsnetzbetreiber zugewiesen wird, und nur insoweit gelten, als diese Kapazität die Hälfte der verfügbaren Gesamtkapazität nicht überschreitet."

Zur Klage

27 Das Parlament stützt seine Klage auf zwei Gründe, mit denen erstens die Unrichtigkeit der Rechtsgrundlage der angefochtenen Verordnung und zweitens ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht werden.

Zum ersten Klagegrund

28 Mit seinem ersten Klagegrund rügt das Parlament, dass die angefochtene Verordnung, die vorübergehende Ausnahmen in Bezug auf die Anwendung der Verordnung Nr. 1228/2003 einführe, nicht auf der Grundlage von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 habe erlassen werden dürfen und dass sie nach dem gewöhnlichen im EG-Vertrag vorgesehenen Rechtsetzungsverfahren, nämlich im vorliegenden Fall auf der Grundlage von Artikel 95 EG, hätte erlassen werden müssen, der als Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung Nr. 1228/2003 gedient habe. Artikel 57 erlaube nämlich nur Anpassungen, die der vollständigen Anwendbarkeit der Rechtsakte der Organe auf die Beitrittsstaaten dienten, nicht die Bewilligung von vorübergehenden Ausnahmen zu deren Gunsten.

29 Dazu ist zu bemerken, dass, wie das Parlament ausgeführt hat, aus dem Wortlaut von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 hervorgeht, dass diese Bestimmung zum Erlass von "Anpassungen" ermächtigt, die durch den Beitritt "erforderlich" geworden, jedoch in der Beitrittsakte oder ihren Anhängen nicht vorgesehen sind.

30 Wie die Kommission zu Recht geltend macht, ergibt sich aus den Artikeln 20 und 21 der Beitrittsakte von 2003, die zusammen den Titel I ("Anpassungen der Rechtsakte der Organe") des Dritten Teils ("Ständige Bestimmungen") dieser Akte bilden, dass die "Anpassungen", auf die sich die erwähnten Artikel beziehen, grundsätzlich Änderungen entsprechen, die erforderlich sind, um die volle Anwendbarkeit der Rechtsakte der Organe auf die neuen Mitgliedstaaten zu gewährleisten und die unter diesem Gesichtspunkt der dauerhaften Ergänzung dieser Rechtsakte dienen.

31 Zu solchen "Anpassungen" gehören dagegen gewöhnlich nicht die zeitweisen Ausnahmen von der Anwendung von Gemeinschaftsrechtsakten, die ihrerseits Gegenstand von Artikel 24 der Beitrittsakte von 2003 in Titel I ("Übergangsmaßnahmen") des Vierten Teils ("Bestimmungen mit begrenzter Geltungsdauer") dieser Akte sind.

32 Nichts erlaubt die Annahme, dass der Begriff "Anpassung" unterschiedlich aufzufassen wäre, je nachdem, ob er im Rahmen der Artikel 20 und 21 der Beitrittsakte von 2003 oder im Rahmen von deren Artikel 57 verwendet wird. Artikel 21 verweist im Übrigen in Bezug auf das Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen die in diesem Artikel vorgesehenen Anpassungen vorgenommen werden, auf Artikel 57, während Artikel 57, der sich auf Anpassungen bezieht, die "in dieser Akte oder ihren Anhängen nicht vorgesehen" sind, wiederum darauf hindeutet, dass die auf dieser Grundlage zu erlassenden Anpassungen von der gleichen Art wie diejenigen sind, die insbesondere die Artikel 20 und 21 dieser Akte vorsehen.

33 Ferner ist die Bewilligung zeitlich begrenzter Ausnahmen im Hinblick auf den bevorstehenden Beitritt, wie das Parlament und die Kommission zu Recht geltend gemacht haben, spezifischer Gegenstand einer anderen Bestimmung der Beitrittsakte von 2003, nämlich des Artikels 55, und in dieser Hinsicht ist schwer vorstellbar, dass die Unterzeichner dieser Akte beabsichtigt hätten, zwei verschiedene Bestimmungen vorzusehen, um den Erlass ein und desselben Rechtsakts zu ermöglichen.

34 Dies gilt umso mehr, als Artikel 55 die Bewilligung solcher zeitlich begrenzter Ausnahmen von deutlich engeren Voraussetzungen abhängig macht, als Artikel 57 für den Erlass von Anpassungsmaßnahmen vorsieht. Zum einen ermächtigt nämlich Artikel 55 nur zu Ausnahmen in Bezug auf Gemeinschaftsrechtsakte, die zwischen dem 1. November 2002 (Zeitpunkt des Abschlusses der Beitrittsverhandlungen) und dem 16. April 2003 (Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags von 2003) erlassen worden sind. Zum anderen ist eine solche Bewilligung vom Erfordernis der Einstimmigkeit im Rat abhängig.

35 Nach allem sind die Maßnahmen, die auf der Grundlage von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 erlassen werden können, grundsätzlich nur Anpassungen, die dazu bestimmt sind, vorher erlassene Gemeinschaftsrechtsakte in den neuen Mitgliedstaaten anwendbar zu machen; jede andere Änderung ist ausgeschlossen (vgl. entsprechend in Bezug auf die gleichlautende Bestimmung in der Beitrittsakte von 1994 Urteil Parlament/Rat, Randnrn. 14 und 19), insbesondere vorläufige Ausnahmen.

36 Vorläufige Ausnahmen wie diejenige, die die angefochtene Verordnung für die Republik Slowenien einführt und deren einziger Gegenstand und Zweck darin besteht, die tatsächliche Anwendung des betreffenden Gemeinschaftsrechtsakts in Bezug auf einen neuen Mitgliedstaat vorübergehend aufzuschieben, können daher nicht als "Anpassungen" im Sinne von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 betrachtet werden.

37 Der Umstand, dass eine Reihe von Rechtsakten, mit denen Ausnahmen von der Art derjenigen eingeführt worden sind, die die angefochtene Verordnung vorsieht, auf der Grundlage der Bestimmung der Beitrittsakte von 1994, die Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 entspricht, erlassen worden sind, kann entgegen der Ansicht des Rates und der polnischen Regierung keinen Einfluss auf die Tragweite der letztgenannten Bestimmung haben. Denn nach ständiger Rechtsprechung kann eine schlichte Praxis des Rates Regeln des EG-Vertrags nicht abändern und folglich auch kein Präjudiz schaffen, das die Organe der Gemeinschaft bei der Bestimmung der zutreffenden Rechtsgrundlage binden würde (vgl. insbesondere Urteil vom 12. November 1996 in der Rechtssache C-84/94, Vereinigtes Königreich/Rat, Slg. 1996, I-5755, Randnr. 19).

38 Somit enthalten der Beitrittsvertrag von 2003 und die Beitrittsakte von 2003, was die nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags erlassenen Gemeinschaftsrechtsakte angeht, keine allgemein anwendbare Bestimmung, die den Erlass vorübergehender Ausnahmemaßnahmen zugunsten der neuen Mitgliedstaaten erlaubte, und Artikel 57 der Beitrittsakte kann folglich grundsätzlich nicht zu diesem Zweck verwendet werden.

39 Entgegen der Ansicht des Rates ergibt sich daraus in dieser Hinsicht jedoch keine Rechtslücke. Nach erfolgter Unterzeichnung des Beitrittsvertrags von 2003 und vorbehaltlich der Anwendung der besonderen Verfahren, die dieser Vertrag für die Entscheidung über bestimmte Arten von Übergangsmaßnahmen vorsieht, wie sie beispielsweise durch die Artikel 41 oder 42 der Beitrittsakte von 2003 eingeführt werden, besteht nämlich kein grundsätzlicher Einwand dagegen, dass die nach dieser Unterzeichnung und vor dem Inkrafttreten dieses Beitrittsvertrags erlassenen Gemeinschaftsrechtsakte, die zeitlich begrenzte Ausnahmen zugunsten eines künftigen Beitrittsstaats enthalten, unmittelbar auf der Grundlage der Bestimmungen des EG-Vertrags erlassen werden.

40 Denn solche Ausnahmebestimmungen, die nur vorbehaltlich des tatsächlichen Inkrafttretens des Beitrittsvertrags von 2003 und mit Wirkung von diesem Zeitpunkt gelten könnten, können entgegen der Ansicht des Rates weder gegen die Artikel 249 Absätze 2 und 3 EG und 299 EG verstoßen, wonach die von den Organen erlassenen Rechtsakte in den Mitgliedstaaten gelten, noch gegen Artikel 2 Absätze 2 und 3 des Beitrittsvertrags.

41 Zum einen finden solche spezifischen Bestimmungen wie der Rest der Rechtsakte, in denen sie enthalten sind und/oder von denen sie abweichen, für die Beitrittsstaaten erst zu dem Zeitpunkt Anwendung, zu dem der Beitritt wirksam wird und sie die Eigenschaft eines Mitgliedstaats erwerben.

42 Zum anderen greift der Umstand, dass der Beitrittsvertrag von 2003 nach seinem Artikel 2 Absatz 2 erst am 1. Mai 2004 in Kraft getreten ist und dass Artikel 2 Absatz 3 vorsieht, dass abweichend von diesem Grundsatz einige Bestimmungen dieses Vertrages vorab Anwendung finden können, nicht der Möglichkeit vor, in Rechtsakten, die nicht im Rahmen dieses Vertrages, sondern auf der Grundlage des EG-Vertrags selbst erlassen werden, die Voraussetzungen vorzusehen, unter denen zwischen der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags und dessen Inkrafttreten erlassene Rechtsakte auf die zukünftigen Mitgliedstaaten nach Wirksamwerden des Beitritts Anwendung finden.

43 Vielmehr ist festzustellen, dass sich die Gemeinschaftsorgane bei den Rechtsakten, die auf diese Weise in der Zeit zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags und dem Zeitpunkt, zu dem dieser Beitritt wirksam wird, erlassen werden müssen, des bevorstehenden Beitritts der neuen Mitgliedstaaten bewusst sind, während diese die Möglichkeit haben, gegebenenfalls ihre Interessen insbesondere im Informations- und Konsultationsverfahren zur Geltung zu bringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 1982 in den Rechtssachen 39/81, 43/81, 85/81 und 88/81, Halyvourgiki und Helleniki Halyvourgia/Kommission, Slg. 1982, 593, Randnr. 10).

44 Daher können die künftigen Mitgliedstaaten, sobald sie vom künftigen Erlass neuer Gemeinschaftsrechtsakte unterrichtet worden sind, im Rahmen des erwähnten Verfahrens wie auch unter Wahrnehmung des Beobachterstatus, über den sie im Rat verfügen, und unter Ausnutzung der Möglichkeiten des Dialogs und der Kooperation, die diese besonderen Mechanismen eröffnen, ihr Interesse an den notwendigen vorübergehenden Ausnahmen unter Berücksichtigung beispielsweise dessen geltend machen, dass es ihnen unmöglich wäre, die sofortige Anwendung dieser Rechtsakte im Zeitpunkt des Beitritts zu gewährleisten, oder dass eine solche Anwendung größerer Probleme sozioökonomischer Art hervorrufen könnte.

45 Durch diese Mechanismen werden die so geltend gemachten Einzelinteressen insbesondere in geeigneter Weise gegen das allgemeine Interesse der Gemeinschaft abgewogen werden können und werden Erwägungen in Bezug auf die von der polnischen Regierung angeführten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Loyalität oder der Solidarität zwischen den gegenwärtigen und zukünftigen Mitgliedstaaten gegebenenfalls eine Rolle spielen.

46 Das Vorhandensein dieser dem bereitgestellten Beitrittsverfahren eigenen besonderen Mechanismen bestätigt daher, dass ein Rechtsakt wie die angefochtene Verordnung in dem vom Vertrag vorgesehenen gewöhnlichen Rechtsetzungsverfahren und nicht im Rahmen des in Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 vorgesehenen besonderen Verfahrens hätte erlassen werden müssen.

47 Auch kann dem Vorbringen des Rates in Bezug auf die Dringlichkeit nicht gefolgt werden, die für den Erlass der angefochtenen Verordnung auf der Grundlage dieses Artikels 57 noch vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1228/2003, von der abgewichen wird, anstatt unter Befolgung des Rechtsetzungsverfahrens der Mitentscheidung, das eine viel längere Zeitspanne benötige, bestanden habe, um zu verhindern, dass eine Rechtsunsicherheit geschaffen werde und die berechtigten Interessen der Wirtschaftsteilnehmer, die sich auf dem slowenischen Strommarkt betätigten, beeinträchtigt würden.

48 Zum einen kann nämlich, wie in den Randnummern 43 bis 45 des vorliegenden Urteils ausgeführtž das Informations- und Konsultationsverfahren dann, wenn die Gemeinschaft den Erlass eines Rechtsakts in der Zeit zwischen der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags von 2003 und dessen Inkrafttreten beabsichtigt, zur Bewilligung von vorübergehenden Ausnahmen für einen Beitrittsstaat in Bezug auf die Anwendung der Bestimmungen des Rechtsakts führen, dessen Erlass beabsichtigt wird.

49 Insoweit hat im Übrigen keine Partei Angaben gemacht, die die Annahme erlauben, dass das Informations- und Konsultationsverfahren nicht ordnungsgemäß befolgt worden ist und dass die slowenische Regierung nicht in der Lage war, ihre Interessen in Bezug auf den Verordnungsvorschlag, der zum Erlass der Verordnung Nr. 1228/2003 geführt hat, geltend zu machen, wie dies in diesem Verfahren vorgesehen ist (vgl. entsprechend Urteil Halyvourgiki und Helleniki Halyvourgia/Kommission, Randnr. 15).

50 Zum anderen verfügt, wie das Parlament ausgeführt hat, der Rat, sobald er mit einem Vorschlag der Kommission befasst ist, gegebenenfalls über die Möglichkeit, das Parlament auf die Dringlichkeit aufmerksam zu machen, die für den Erlass eines bestimmten Rechtsakts bestehen kann. Das in Artikel 251 EG vorgesehene Mitentscheidungsverfahren schließt nämlich nicht den verhältnismäßig schnellen Erlass eines Rechtstextes aus, insbesondere dann, wenn keine bedeutenden Meinungsunterschiede zwischen Parlament und Rat bestehen.

51 Was die Rechtsunsicherheit angeht, die sich aus dem Ablauf der Zeitspanne ergeben könnte, die mit dem gewöhnlichen Rechtsetzungsverfahren naturgemäß verbunden ist, so könnte diese, wie die Kommission zu Recht ausführt, nur durch die Anordnung einer Rückwirkung für die beantragte vorübergehende Ausnahmeregelung beseitigt werden, wenn diese beschlossen wird.

52 Zwar verbietet es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Grundsatz der Rechtssicherheit im Allgemeinen, den Beginn der Geltung eines Rechtsakts der Gemeinschaft auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, doch gilt dies ausnahmsweise dann nicht, wenn das angestrebte Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist (vgl. Urteile vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88, Fedesa u. a., Slg. 1990, I-4023, Randnr. 45, und Parlament/Rat, Randnr. 21).

53 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass es, wie insbesondere die polnische Regierung geltend macht, zwar rückblickend als nicht zufrieden stellend erscheint, dass die Beitrittsakte von 2003 keine allgemeine Bestimmung enthält, die es erlaubt, vorübergehende Ausnahmen in Bezug auf die Anwendung von zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags von 2003 und dem Zeitpunkt von dessen Inkrafttreten erlassenen Rechtsakten auf die neuen Mitgliedstaaten zu beschließen, und dass zu diesem Zweck nur das Informations- und Konsultationsverfahren zur Verfügung steht. Auch mag es sein, dass dieser Umstand dazu geführt hat, dass Artikel 55 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht (ABl. 2005, L 157, S. 203), auf den sich verschiedene Verfahrensbeteiligte berufen haben und der einen ähnlichen Gegenstand wie Artikel 55 der Beitrittsakte von 2003 hat, ausdrücklich vorsieht, dass sich die Zuständigkeit des Rates für den Erlass zeitlich begrenzter Ausnahmen auch auf Rechtsakte der Organe erstreckt, die zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags und demjenigen des Beitritts erlassen wurden. Etwaige Unzulänglichkeiten, die die Beitrittsakte von 2003 in dieser Hinsicht aufweisen sollte, können jedoch nicht zur Verwendung einer falschen Rechtsgrundlage ermächtigen.

54 Nach allem ist der Klage des Parlaments stattzugeben, und die angefochtene Verordnung ist für nichtig zu erklären.

Zum zweiten Klagegrund

55 Da die angefochtene Verordnung wegen ihrer falschen Rechtsgrundlage für nichtig zu erklären ist, braucht der zweite Klagegrund, mit dem ein Begründungsmangel dieser Verordnung geltend gemacht wird, nicht geprüft zu werden.

Zu den zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung

56 Für den Fall, dass der Gerichtshof die angefochtene Verordnung für nichtig erklären sollte, beantragt der Rat, darin unterstützt durch die estnische Regierung und die Kommission, unter Berufung auf Artikel 231 Absatz 2 EG und die Notwendigkeit, für die Wirtschaftsteilnehmer und Investoren im Elektrizitätssektor in Slowenien sowie für die betroffenen Arbeitnehmer eine Situation der Ungewissheit zu vermeiden, die Wirkungen dieses Rechtsakts bis zum Erlass einer neuen Verordnung aufrechtzuerhalten.

57 Das Parlament führt aus, seine Klage betreffe nicht die sachliche Begründetheit des von der Republik Slowenien gestellten Antrags auf eine Ausnahmeregelung, sondern nur die Rechtsgrundlage, auf der die angefochtene Verordnung erlassen worden sei, und erklärt, zu diesem Antrag des Rates nicht Stellung nehmen zu wollen.

58 Insoweit geht sowohl aus dem Vorschlag der Kommission, der zum Erlass der angefochtenen Verordnung durch den Rat geführt hat, als auch aus der fünften Begründungserwägung dieser Verordnung hervor, dass sie in Erwägung des Umstands erlassen wurde, dass die Republik Slowenien nach Ansicht dieser Organe dargelegt hatte, dass im Fall einer sofortigen vollständigen Anwendung der Verordnung Nr. 1228/2003 und ohne Gewährung der von diesem neuen Mitgliedstaat beantragten Übergangsfrist die laufenden Anstrengungen bestimmter energieintensiver slowenischer Industrien und bestimmter Stromproduzenten im Hinblick auf ihre Umstrukturierung und die Einhaltung des für die Stromproduktion geltenden gemeinschaftlichen Besitzstandes schwerwiegend beeinträchtigt würden. In der sechsten und der siebten Begründungserwägung dieser Verordnung wird außerdem darauf hingewiesen, dass die der Republik Slowenien für diese Zwecke bewilligte Ausnahmeregelung auf das angesichts des Antrags dieses neuen Mitgliedstaats unbedingt erforderliche Maß beschränkt worden sei und dass ihre Auswirkungen auf den Binnenmarkt sehr gering sein werden.

59 Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof der Ansicht, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und insbesondere der Notwendigkeit, zu verhindern, dass die Unternehmen, deren Umstrukturierung oder Anpassung an den für die Stromproduktion geltenden gemeinschaftlichen Besitzstand die angefochtene Verordnung erlauben soll, schwerwiegende nachteilige Folgen zu erleiden hätten, die sich daraus ergeben würden, dass die zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung, die für diese Zwecke in der angefochtenen Verordnung vorgesehen ist, in Frage gestellt und aufgehoben würde, die Wirkungen dieser Verordnung bis zu dem Zeitpunkt aufrechtzuerhalten sind, zu dem ein neuer Rechtsakt innerhalb angemessener Frist auf einer geeigneten Rechtsgrundlage entsprechend dem vorliegenden Urteil erlassen wird, ohne dass diese Wirkungen jedoch über den 1. Juli 2007, den Zeitpunkt, zu dem die erwähnte Ausnahmeregelung abgelaufen wäre, hinaus fortdauern können.

Kostenentscheidung:

Kosten

60 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament die Verurteilung des Rates beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung tragen die Republik Polen, die Republik Estland und die Kommission, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Verordnung (EG) Nr. 1223/2004 des Rates vom 28. Juni 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Zeitpunkts der Anwendung bestimmter Vorschriften auf Slowenien wird für nichtig erklärt.

2. Die Wirkungen der Verordnung Nr. 1223/2004 werden bis zu dem innerhalb einer angemessenen Frist erfolgenden Erlass einer neuen Verordnung, die auf eine geeignete Rechtsgrundlage gestützt ist, aufrechterhalten, ohne dass diese Wirkungen jedoch über den 1. Juli 2007 hinaus fortdauern können.

3. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

4. Die Republik Polen, die Republik Estland und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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