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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: C-415/04
Rechtsgebiete: Sechste Richtlinie 77/388/EWG
Vorschriften:
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g | |
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. h | |
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Dritte Kammer)
9. Februar 2006
"Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Befreiungen - Dienstleistungen, die mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung sowie der Erziehung von Kindern und Jugendlichen verbunden sind"
Parteien:
In der Rechtssache C-415/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 24. September 2004, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Verfahren
Staatssecretaris van Financiën
gegen
Stichting Kinderopvang Enschede
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský, A. La Pergola, A. Borg Barthet (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: F. G. Jacobs,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Stichting Kinderopvang Enschede, vertreten durch Steuerberater W. Rouwenhorst,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und C. ten Dam als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und A. Weimar als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. September 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g bis i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Stichting Kinderopvang Enschede (im Folgenden: Stiftung) gegen den Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär der Finanzen), bei dem es um die Erstattung der Mehrwertsteuer geht, die die Stiftung im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1998 entrichtet hat.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3. Artikel 13 Teil A Absätze 1 Buchstaben g bis i und 2 der Sechsten Richtlinie lautet wie folgt:
"A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten
(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
...
g) die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen;
h) die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen;
i) die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder anderer Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;
...
(2) a) ...
b) Von der in Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i), l), m) und n) vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn
- sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;
- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden."
Nationales Recht
4. Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f des Gesetzes von 1968 über die Umsatzsteuer (Wet op de omzetbelasting 1968) vom 28. Juni 1968 (Staatsblad 1968, Nr. 329) in seiner auf das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuerjahr anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz von 1968) bestimmt:
"Artikel 11
1. Von der Steuer befreit sind unter den durch Verordnung festgelegten Voraussetzungen:
...
f. durch Verordnung zu bestimmende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen mit sozialem oder kulturellem Charakter, sofern der Unternehmer keinen Gewinn anstrebt und keine schwere Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen gegenüber den Unternehmen vorliegt, die Gewinn anstreben."
5. Artikel 7 Absatz 1 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung von 1968 (Uitvoeringsbesluit omzetbelasting 1968) vom 12. August 1968 (Staatsblad 1968, Nr. 423) in ihrer in dem im Ausgangsverfahren fraglichen Steuerjahr geltenden Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung) sieht vor:
"Als Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen mit sozialem oder kulturellem Charakter im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f des [Gesetzes von 1968] werden die in Anhang B dieser Verordnung aufgeführten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen bezeichnet."
6. Anhang B Buchstabe b Nummer 6 der Durchführungsverordnung erwähnt insbesondere:
"Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen im Sinne von Artikel 7 der Verordnung, die als solche von den im Folgenden aufgeführten Einrichtungen durchgeführt werden, wenn diese keinen Gewinn anstreben:
...
6. Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen für Kinder, die lange Zeit krank sind".
Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage
7. Die Stiftung ist eine Einrichtung ohne Gewinnerzielungszweck, die an verschiedenen Orten die Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern durchführt und für Schulkinder eine Betreuung außerhalb der Schulstunden anbietet. Sie führt ferner eine Kartei von Tageseltern, die Kinder bei sich zu Hause betreuen, nachdem sie von dieser Einrichtung geprüft worden sind. Die Tageseltern können auf Kosten der Stiftung eine Ausbildung erhalten. Eltern, die sich für die Betreuung ihres Kindes bei einem Tageselternteil entscheiden, werden von der Stiftung mit Tageseltern in Kontakt gebracht, die in ihrer Kartei verzeichnet sind und weitestmöglich ihren Wünschen entsprechen. Sodann dient die Stiftung als Vermittlerin für den Abschluss eines schriftlichen Vertrages zwischen den Eltern des Kindes und den Tageseltern. Wünscht eine der Vertragsparteien nach einer gewissen Zeit keine Fortsetzung des Vertrages oder wird dieser nicht eingehalten, so können sich die Eltern des Kindes erneut der Dienste der Stiftung bedienen. Die Stiftung haftet nicht für Schäden, die aus der Nichteinhaltung des Vertrages entstehen. Sie garantiert auch nicht dafür, dass die Tageseltern die Betreuung während der gewünschten Stunden tatsächlich erbringen.
8. Für die Dienstleistungen, die sie als Vermittlerin erbringt, stellte die Stiftung den Eltern in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zeit einen Betrag von 3,45 NLG je Kind und Stunde in Rechnung, wenn sie die Dienste eines Tageselternteils in Anspruch nahmen. Die Eltern zahlten zudem an die Tageseltern einen Betrag von 5 NLG je Kind und Stunde.
9. Für diese Dienstleistungen entrichtete die Stiftung entsprechend ihrer Steuererklärung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1998 6 424 NLG an Mehrwertsteuer. Sie legte jedoch bei dem zuständigen Inspecteur Einspruch ein und beantragte die Erstattung dieser Steuer gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f des Gesetzes von 1968 in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 der Durchführungsverordnung und Anhang B Buchstabe b Nummer 6 dieser Verordnung mit der Begründung, aus diesen Bestimmungen gehe hervor, dass diese Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit seien. Der Inspecteur wies den Einspruch zurück.
10. Die Stiftung erhob gegen den ablehnenden Bescheid Klage beim Gerechtshof Arnhem, der ihrer Klage mit Urteil vom 9. April 2001 stattgab und den Bescheid aufhob. Der Staatssecretaris van Financiën legte gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht ein.
11. Der Hoge Raad der Nederlanden hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g, h und i der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass die in der Vorlageentscheidung beschriebene Dienstleistung, die in der Vermittlung der Betreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder und schulpflichtiger Kinder außerhalb der Schulstunden durch Tageseltern besteht, als eine Dienstleistung im Sinne einer oder mehrerer dieser Bestimmungen anzusehen ist?
Zur Vorlagefrage
12. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Dienstleistungen als Vermittler zwischen den Eltern eines betreuten Kindes und den Tageseltern als Leistung von Diensten, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung und/oder der Erziehung von Kindern und Jugendlichen verbunden sind, von der Mehrwertsteuer befreit sind.
13. Einleitend ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung die Steuerbefreiungen in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. u. a. Urteile vom 26. Mai 2005 in der Rechtssache C-498/03, Kingscrest Associates und Montecello, Slg. 2005, I-4427, Randnr. 29, und vom 1. Dezember 2005 in den Rechtssachen C-394/04 und C-395/04, Ygeia, Slg. 2005, I-0000, Randnr. 15). Diese Steuerbefreiungen sind autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteile vom 11. Januar 2001 in der Rechtssache C-76/99, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-249, Randnr. 21, und Ygeia, Randnr. 15).
14. Durch Artikel 13 Teil A der Sechsten Richtlinie sollen bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Durch diese Vorschrift werden jedoch nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind (Urteile vom 20. November 2003 in der Rechtssache C-8/01, Taksatorringen, Slg. 2003, I-13711, Randnr. 60, und Ygeia, Randnr. 19).
15. Die von der Stiftung als Vermittlerin erbrachten Dienstleistungen können nur dann gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g Ziffer i der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sein, wenn sie eng mit einer der in diesen Bestimmungen aufgeführten Tätigkeiten verbunden sind.
16. Es ist daher erstens zu prüfen, ob sich die Kinderbetreuung durch die Tageseltern, auf die sich die von der Stiftung als Vermittlerin erbrachten Dienstleistungen beziehen, einer der in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g bis i der Sechsten Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten zuordnen lässt, nämlich solcher der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung sowie der Erziehung von Kindern und Jugendlichen.
17. Unbestritten kann die Kinderbetreuung durch Tageseltern als eine Dienstleistung der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit wie auch der Kinder- und Jugendbetreuung im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h der Sechsten Richtlinie betrachtet werden.
18. Die niederländische Regierung vertritt jedoch die Ansicht, dass die Kinderbetreuung keine Dienstleistung sei, die zur Erziehung von Kindern und Jugendlichen gehöre, so dass Absatz 1 Ziffer i für die Entscheidung eines Rechtsstreits wie des Ausgangsverfahrens nicht berücksichtigt werden könne.
19. Die Angaben, über die der Gerichtshof verfügt, erlauben es ihm nicht, mit Gewissheit festzustellen, ob Erziehung als Bestandteil der von den Tageseltern durchgeführten Kinderbetreuung vorgesehen ist. In Anbetracht der Ausführungen in Randnummer 17 dieses Urteils braucht diese Frage nicht entschieden zu werden.
20. Somit kann die Kinderbetreuung durch Tageseltern zumindest unter die beiden Befreiungstatbestände in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h der Sechsten Richtlinie fallen.
21. Zweitens ist zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens unstreitig, dass es sich bei einer Stiftung um eine vom betreffenden Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h der Sechsten Richtlinie handelt. Die niederländische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vertreten die Ansicht, es sei notwendig, dass die Tageseltern diesem Kriterium ebenfalls entsprächen. Die Dienstleistungen, die von der Stiftung als Vermittlerin erbracht würden, könnten nur dann von der Steuer befreit werden, wenn die Dienstleistungen, mit denen sie eng verbunden seien, selbst alle notwendigen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllten.
22. Hierfür beruft sich die niederländische Regierung zu Recht auf den Wortlaut von Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie, wo es heißt: "Von der in Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i), l), m) und n) vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn ... sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind." Aus diesen Bestimmungen geht hervor, dass die Haupttätigkeit, mit der die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen eng verbunden sein muss, auch selbst eine befreite Tätigkeit sein muss. Im Ausgangsverfahren setzt die Steuerbefreiung der Dienstleistungen, die die Stiftung in ihrer Eigenschaft als Vermittlerin zwischen den Eltern des betreuten Kindes und den Tageseltern erbringt, daher voraus, dass der von den Tageseltern geleistete Kinderbetreuungsdienst selbst von der Mehrwertsteuer befreit ist.
23. Da es sich bei den Tageseltern um Selbständige handelt, die nicht als Einrichtungen des öffentlichen Rechts betrachtet werden können, können die Dienstleistungen der Kinderbetreuung nur insoweit gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g oder h der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit werden, als sie durch "von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" erbracht werden. Die nationalen Behörden verfügen in Bezug darauf über ein Ermessen, das sie entsprechend dem Gemeinschaftsrecht ausüben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kingscrest Associates und Montecello, Randnrn. 48 bis 53). Der Gerichtshof hat hierzu u. a. entschieden, dass die Wendung "andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Sechsten Richtlinie natürliche Personen, die ein Unternehmen, im konkreten Fall eine privatrechtliche Gesellschaft mit Gewinnerzielungsabsicht, betreiben, nicht von der Steuerbefreiung ausschließt (Urteil Kingscrest Associates und Montecello, Randnr. 36). Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob die von den Tageseltern erbrachten Betreuungsdienstleistungen die in den erwähnten Bestimmungen aufgestellten Voraussetzungen für die Steuerbefreiung insbesondere im Hinblick auf den "sozialen Charakter" erfüllen, der dem Erbringer der Dienstleistung zuerkannt sein muss.
24. Drittens können die von der Stiftung als Vermittlerin erbrachten Dienstleistungen nur dann gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g bis i der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit werden, wenn sie eng mit der Kinderbetreuung verbunden sind. Die Kommission und die niederländische Regierung bestreiten das Bestehen einer solchen Verbindung und stützen sich hierfür insbesondere auf das Urteil vom 20. Juni 2002 in der Rechtssache C-287/00 (Kommission/Deutschland, Slg, 2002, I-5811), wonach entgeltliche Forschungstätigkeiten staatlicher Hochschulen nicht gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe i der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit werden können. Der Gerichtshof hat in Randnummer 49 dieses Urteils festgestellt, dass die Erbringung solcher Dienstleistungen nicht als mit dem Hochschulunterricht eng verbunden anzusehen ist, nachdem er in Randnummer 48 dieses Urteils festgestellt hatte, dass "die Durchführung derartiger Vorhaben, auch wenn sie als für den Hochschulunterricht sehr nützlich angesehen werden kann, ... zur Erreichung des mit diesem angestrebten Zweckes ... nicht unverzichtbar" ist.
25. Unabhängig davon, wie die Wendung "eng verbunden" im Rahmen von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h der Sechsten Richtlinie auszulegen ist, macht Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe b dieser Richtlinie die Steuerbefreiung jedenfalls von der Voraussetzung abhängig, dass die betreffenden Lieferungen oder Dienstleistungen zur Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeiten unerlässlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Ygeia, Randnr. 26). Folglich können im Ausgangsverfahren die von der Stiftung als Vermittlerin erbrachten Dienstleistungen nur dann von der Steuer befreit werden, wenn nachgewiesen ist, dass sie für den Kinderbetreuungsdienst unerlässlich sind.
26. Hierzu macht die Stiftung geltend, dass die Eltern zu dem von den Tageseltern geleisteten Kinderbetreuungsdienst nur dann Zugang haben könnten, wenn sie auf die von ihr als Vermittlerin erbrachten Dienstleistungen zurückgriffen, während die niederländische Regierung und die Kommission ausführen, dass der Kontakt zwischen den Eltern der betreuten Kinder und den Tageseltern auf anderem Weg, wie über Anzeigen oder gewerbliche Agenturen, hergestellt werden könne.
27. Wie der Generalanwalt in den Randnummern 55 bis 57 seiner Schlussanträge zu Recht ausgeführt hat, kann es nicht als unerlässliche Dienstleistung eingestuft werden, dass eine Liste aller Personen, von denen bekannt ist, dass sie Kinder betreuen, geführt und den Eltern zur Verfügung gestellt wird. Wenn es jedoch die Prüfung der Vorgeschichte der Tageseltern und deren Ausbildung durch die Stiftung ermöglichen, nur solche Tageseltern auszuwählen, die fähig, zuverlässig und in der Lage sind, einen höherwertigen Kinderbetreuungsdienst zu gewährleisten, als ihn die Eltern ohne die Leistungen dieser Einrichtung hätten erhalten können, dann könnten diese Leistungen als für die Durchführung einer hochwertigen Kinderbetreuung unerlässlich betrachtet werden.
28. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob in Anbetracht des Sachverhalts des bei ihm anhängigen Rechtsstreits der Kinderbetreuungsdienst, den die Eltern aufgrund der Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die die Stiftung als Vermittlerin zwischen ihnen und den Tageseltern erbringt, von einer solchen Art und Qualität ist, dass davon auszugehen ist, dass ohne Mitwirken eines Vermittlungsdienstes, wie ihn die Stiftung anbietet, ein gleichwertiger Dienst nicht zur Verfügung steht.
29. Ferner macht die niederländische Regierung hilfsweise geltend, dass die fraglichen Dienstleistungen von der Steuerbefreiung gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie auszuschließen seien, weil sie im Wesentlichen dazu bestimmt seien, der Stiftung zusätzliche Einkünfte durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten mehrwertsteuerpflichtiger gewerblicher Unternehmen durchgeführt würden. Da jedoch die Prüfung dieses Vorbringens im Wesentlichen die Beurteilung von Tatsachenfragen erfordert, für die der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht zuständig ist, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, dessen Begründetheit unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter Umstände des Ausgangsverfahrens zu prüfen.
30. Demnach ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h der Sechsten Richtlinie in Verbindung mit Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe b dahin auszulegen ist, dass Dienstleistungen, die eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung als Vermittler zwischen Personen, die einen Kinderbetreuungsdienst suchen, und Personen, die einen solchen Dienst anbieten, erbringt, nur dann nach diesen Bestimmungen von der Mehrwertsteuer befreit werden können, wenn
- der Kinderbetreuungsdienst selbst die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach diesen Bestimmungen erfüllt;
- dieser Dienst von einer solchen Art oder Qualität ist, dass für die Eltern ein gleichwertiger Dienst ohne Mitwirken eines Vermittlungsdienstes, wie er Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, nicht gewährleistet ist;
- diese Vermittlungsdienste nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sind, ihrem Erbringer zusätzliche Einkünfte durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit mehrwertsteuerpflichtigen gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
Kostenentscheidung:
Kosten
31. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 ist dahin auszulegen, dass Dienstleistungen, die eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung als Vermittler zwischen Personen, die einen Kinderbetreuungsdienst suchen, und Personen, die einen solchen Dienst anbieten, erbringt, nur dann nach diesen Bestimmungen von der Mehrwertsteuer befreit werden können, wenn
- der Kinderbetreuungsdienst selbst die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach diesen Bestimmungen erfüllt;
- dieser Dienst von einer solchen Art oder Qualität ist, dass für die Eltern ein gleichwertiger Dienst ohne Mitwirken eines Vermittlungsdienstes, wie er Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, nicht gewährleistet ist;
- diese Vermittlungsdienste nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sind, ihrem Erbringer zusätzliche Einkünfte durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit mehrwertsteuerpflichtigen gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
Ende der Entscheidung
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Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.