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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.06.2000
Aktenzeichen: C-418/97
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Richtlinie 91/156/EWG vom 18.03.1991


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 177
Richtlinie 91/156/EWG vom 18.03.1991 Art. 1a
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 In Ermangelung einer gemeinschaftlichen Regelung können die Mitgliedstaaten frei wählen, in welcher Form der Beweis für das Vorliegen der verschiedenen Tatbestandsmerkmale, die in den von ihnen umgesetzten Richtlinien aufgestellt werden, zu erbringen ist, soweit dies die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigt.

Die Verwendung von Beweisformen wie gesetzlichen Vermutungen, die dazu führen würden, daß der Geltungsbereich der Richtlinie eingeschränkt würde und Stoffe oder Erzeugnisse, die der Bestimmung des Begriffes "Abfall" im Sinne der Richtlinie entsprechen, nicht erfaßt wären, würde die Wirksamkeit von Artikel 130r des Vertrages (nach Änderung jetzt Artikel 174 EG) und der Richtlinie 75/442 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156 beeinträchtigen.

(vgl. Randnrn. 41-42)

2 Aus dem bloßen Umstand, daß ein Stoff einem Verwertungsverfahren unterzogen wird, das in Anhang II B der Richtlinie 75/442 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156 aufgeführt ist, läßt sich nicht ableiten, daß es sich um ein Sich-Entledigen handelt und daß dieser Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie zu betrachten ist.

(vgl. Randnr. 51 und Tenor)

3 Für die Feststellung, ob die Verwendung eines Stoffes als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, ist der Umstand, daß dieser Stoff auf eine umwelthygienisch vertretbare Weise und ohne eingehende Bearbeitung als Brennstoff verwertet werden kann, unerheblich.

Der Umstand, daß diese Verwendung als Brennstoff eine übliche Methode der Abfallverwertung ist, und der Umstand, daß die Gesellschaft diesen Stoff als Abfall ansieht, können als Anhaltspunkte dafür angesehen werden, daß sein Besitzer sich seiner im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156 entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne dieser Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

(vgl. Randnrn. 72-73 und Tenor)

4 Die Umstände, daß ein als Brennstoff verwendeter Stoff der Rückstand aus dem Herstellungsprozeß eines anderen Stoffes ist, daß keine andere Verwendung dieses Stoffes als seine Beseitigung möglich ist, daß die Zusammensetzung dieses Stoffes seiner Verwendung nicht angepaßt ist oder daß diese Verwendung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen für die Umwelt stattfinden muß, können als Anhaltspunkte dafür angesehen werden, daß ihr Besitzer sich seiner im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156 entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

(vgl. Randnrn. 88 und Tenor)

5 Die Tatsache, daß ein Stoff das Ergebnis eines Verwertungsverfahrens im Sinne von Anhang II B der Richtlinie 75/442 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156 ist, ist nur einer der Umstände, die bei der Feststellung zu berücksichtigen sind, ob es sich bei diesem Stoff noch um Abfall handelt, erlaubt jedoch nicht ohne weiteres eine entsprechende endgültige Schlußfolgerung. Ob es sich um Abfall handelt, ist anhand sämtlicher Umstände nach Maßgabe der Begriffsbestimmung in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie, also danach zu beurteilen, ob der Besitzer sich des betreffenden Stoffes entledigt, entledigen will oder entledigen muß; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

(vgl. Randnrn. 97 und Tenor)


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 15. Juni 2000. - ARCO Chemie Nederland Ltd gegen Minister van Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer (C-418/97) und Vereniging Dorpsbelang Hees, Stichting Werkgroep Weurt+ und Vereniging Stedelijk Leefmilieu Nijmegen gegen Directeur van de dienst Milieu en Water van de provincie Gelderland (C-419/97). Ersuchen um Vorabentscheidung: Raad van State - Niederlande. - Umwelt - Richtlinien 75/442/EWG und 91/156/EWG - Begriff "Abfall". - Verbundene Rechtssachen C-418/97 und C-419/97.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-418/97 und C-419/97

betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom niederländischen Raad van State in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten

ARCO Chemie Nederland Ltd

gegen

Minister van Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer (C-418/97)

und

Vereniging Dorpsbelang Hees,

Stichting Werkgroep Weurt+,

Vereniging Stedelijk Leefmilieu Nijmegen

gegen

Directeur van de dienst Milieu en Water van de provincie Gelderland,

Beteiligte:

Elektriciteitsproductiemaatschappij Oost- en Noord-Nederland NV (Epon) (C-419/97)

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39 ) in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32)

erläßt

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. A. O. Edward sowie der Richter J. C. Moitinho de Almeida, L. Sevón (Berichterstatter), C. Gulmann und J.-P. Puissochet,

Generalanwalt: S. Alber

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Elektriciteitsproductiemaatschappij Oost- en Noord-Nederland NV (Epon), vertreten durch die Rechtsanwälte H. J. Breeman und J. van den Brande, Rotterdam,

- der niederländischen Regierung, vertreten durch J. G. Lammers, stellvertretender Rechtsberater im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,

- der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde, Abteilungsleiter im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,

- der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten,

- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Stix-Hackl, Gesandte im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ridley, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte im Beistand von D. Wyatt, QC,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Ström und H. van Vliet, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Elektriciteitsproductiemaatschappij Oost- en Noord-Nederland NV (Epon), vertreten durch Rechtsanwalt J. van den Brande, der Vereniging Dorpsbelang Hees, vertreten durch G. C. M. van Zijll de Jong-Lodenstein als zu diesem Zweck ermächtigte Bevollmächtigte, der Stichting Werkgroep Weurt+ und der Vereniging Stedelijk Leefmilieu Nijmegen, vertreten durch Rechtsberater F. Scheffer, Deventer, der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra, Leiter der Abteilung für europäisches Recht im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der deutschen Regierung, vertreten durch Regierungsdirektor C.-D. Quassowski als Bevollmächtigten, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch D. Wyatt, und der Kommission, vertreten durch H. van Vliet, in der Sitzung vom 22. April 1999,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Juni 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der niederländische Raad van State hat mit zwei Beschlüssen vom 25. November 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Dezember 1997, in beiden Rechtssachen gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) jeweils zwei Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39 ) in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in Rechtsstreitigkeiten über die Anfechtung von Verwaltungsbescheiden betreffend Stoffe, die als Brennstoff in der Zementindustrie oder bei der Erzeugung elektrischer Energie dienen sollen; das vorlegende Gericht fragt, ob es sich bei diesen Stoffen um Rohstoffe oder Abfälle im Sinne der Richtlinie handelt.

Das anwendbare Gemeinschaftsrecht

3 Die Richtlinie enthält in Artikel 1 folgende Begriffsbestimmungen:

"a) Abfall: alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muß.

Die Kommission erstellt nach dem Verfahren des Artikels 18 spätestens zum 1. April 1993 ein Verzeichnis der unter die Abfallgruppen in Anhang I fallenden Abfälle. Dieses Verzeichnis wird regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls nach demselbem Verfahren überarbeitet;

b) Erzeuger: jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind ("Ersterzeuger"), und/oder jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vorgenommen hat, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;

c) Besitzer: der Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden;

d) Bewirtschaftung: das Einsammeln, die Beförderung, die Verwertung und die Beseitigung der Abfälle, einschließlich der Überwachung dieser Vorgänge sowie der Überwachung der Deponien nach deren Schließung;

e) Beseitigung: alle in Anhang II A aufgeführten Verfahren;

f) Verwertung: alle in Anhang II B aufgeführten Verfahren;

g) Einsammeln: das Einsammeln, Sortieren und/oder Zusammenstellen der Abfälle im Hinblick auf ihre Beförderung."

4 Anhang I der Richtlinie trägt die Überschrift "Abfallgruppen" und zählt sechzehn Abfallgruppen auf. Die letzte, Q16, ist wie folgt festgelegt:

"Stoffe oder Produkte aller Art, die nicht einer der obenerwähnten Gruppen angehören."

5 Die Kommission hat in der Entscheidung 94/3/EG vom 20. Dezember 1993 über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442 (ABl. 1994, L 5, S. 15) ein nicht erschöpfendes harmonisiertes Abfallverzeichnis erstellt, das allgemein als "Europäischer Abfallkatalog" bezeichnet wird.

6 Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

"Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um folgendes zu fördern:

a) in erster Linie die Verhütung oder Verringerung der Erzeugung von Abfällen und ihrer Gefährlichkeit...

...

b) in zweiter Linie

- die Verwertung der Abfälle im Wege der Rückführung, der Wiederverwendung, des Wiedereinsatzes oder anderer Verwertungsvorgänge im Hinblick auf die Gewinnung von sekundären Rohstoffen

oder

- zur Gewinnung von Energie."

7 Nach Artikel 4 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, daß die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne daß die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne daß Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen können.

8 In den Anhängen II A und II B der Richtlinie ist erläutert, was unter Beseitigung oder Verwertung der Abfälle zu verstehen ist.

9 In Anhang II A der Richtlinie sind Beseitigungsverfahren aufgeführt, die in der Praxis angewandt werden. Dieser Anhang enthält Kategorien der folgenden Art:

"D1 Ablagerungen in oder auf dem Boden (d. h. Deponien usw.)

D2 Behandlung im Boden (z. B. biologischer Abbau von fluessigen oder schlammigen Abfällen im Erdreich usw.)

...

D4 Oberflächenaufbringung (z. B. Ableitung fluessiger oder schlammiger Abfälle in Gruben, Teiche oder Lagunen usw.)

...

D10 Verbrennung an Land".

10 In Anhang II B der Richtlinie sind Verwertungsverfahren aufgeführt, die in der Praxis angewandt werden. Er enthält insbesondere die folgenden Gruppen:

"R1 Rückgewinnung/Regenerierung von Lösemitteln

R2 Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden

...

R4 Verwertung/Rückgewinnung anderer anorganischer Stoffe

...

R9 Verwendung als Brennstoff (außer bei Direktverbrennung) oder andere Mittel der Energieerzeugung".

Sachverhalt und Vorlagefragen

Rechtssache C-418/97

11 Die ARCO Chemie Nederland Ltd (im folgenden: ARCO) beantragte beim Minister van Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer (Minister für Wohnungswesen, Raumordnung und Umweltfragen; im folgenden: zuständige Behörde) eine Genehmigung für die Ausfuhr von 15 000 000 kg "LUWA-Bottoms" nach Belgien. ARCO ist zwar der erklärten Ansicht, daß die LUWA-Bottoms keine Abfälle seien, beantragte diese Genehmigung aber dennoch für den Fall, daß die zuständige Behörde sie als solche ansehe.

12 Bei diesen Stoffen handelt es sich um Produkte aus dem von ARCO angewandten Produktionsverfahren. Neben Propylenoxid und Tertiär-Butylalkohol entsteht bei diesem Produktionsverfahren ein Strom von Kohlenwasserstoffen, der Molybdän enthält. Das Molybdän stammt aus Katalysatoren, die für die Produktion des Propylenoxids benutzt werden. Das Molybdän wird in einer dazu bestimmten Anlage aus dem Strom von Kohlenwasserstoffen zurückgewonnen, wodurch der Stoff entsteht, den ARCO als LUWA-Bottoms bezeichnet. Diese LUWA-Bottoms, die einen Heizwert von 25 bis 28 Mj/kg haben, sind zur Verwendung als Brennstoff in der Zementindustrie bestimmt.

13 Die zuständige Behörde erklärte mit Bescheid vom 3. Februar 1995, gegen die Ausfuhr dieser "Abfälle" bis zum 1. Februar 1996 bestuenden keine Einwände. ARCO legte hiergegen bei dieser Behörde Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 20. Juli 1995 wies diese Behörde den Widerspruch als unbegründet zurück. Daraufhin erhob ARCO Klage gegen diesen Bescheid beim vorlegenden Gericht.

14 Dieses wirft die Frage auf, ob die Verbringung der LUWA-Bottoms nach Belgien von der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 30, S. 1) erfaßt werde. Zu diesem Zweck sei daher zu untersuchen, ob dieser Stoff Abfall im Sinne der Richtlinie sei.

15 Der niederländische Raad van State stellt im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des Artikels 1 Buchstabe a der Richtlinie erfuellt sind, fest, daß Anhang I eine Gruppe Q16 enthalte, die Stoffe oder Produkte aller Art erfasse, die nicht einer anderen im selben Anhang erwähnten Gruppe angehörten. Das Gericht fragt sich, ob das Tatbestandsmerkmal des "Sich-Entledigens" als erfuellt gelten könne, da die LUWA-Bottoms einem in Anhang II B der Richtlinie erwähnten Verfahren zur Verwendung als Brennstoff unterzogen würden.

16 Das vorlegende Gericht fragt sich weiter, welche Bedeutung Kriterien, die es im Rahmen der Rechtsprechung zur Afvalstoffenwet (niederländisches Abfallgesetz) und zur Wet chemische afvalstoffen (niederländisches Gesetz über chemische Abfälle) anwende, für die Frage hätten, ob die Verwendung der LUWA-Bottoms als Brennstoff als Sich-Entledigen zu betrachten sei; nach diesen Kriterien gelte ein Stoff, der aus einem Produktionsverfahren hervorgehe und der ohne weitere Bearbeitung auf umwelthygienisch vertretbare Weise als Brennstoff eingesetzt werden könne, nicht als Abfall.

17 Der niederländische Raad van State wirft auch die Frage auf, welche Bedeutung dem ursprünglich im Indicatief Meerjarenprogramma Chemische Afvalstoffen 1985-1989 (Mehrjahresleitprogramm chemische Abfälle) aufgestellten und später in dem Schreiben der zuständigen Behörde an den Präsidenten der Zweiten Kammer der Staten-Generaal (niederländisches Parlament) vom 18. Mai 1994 wiederholten Kriterien zukomme. Nach diesen Kriterien würden Stoffe nicht als Abfälle betrachtet, wenn

- die betreffenden Stoffe unmittelbar von demjenigen abgegeben würden, bei dem sie entstuenden, und zwar

- an einen anderen, der die Stoffe ohne jede vorherige Bearbeitung (durch die die Art, die Eigenschaften oder die Zusammensetzung der Stoffe geändert würden) zu 100 % in einem Produktions- oder Aufbereitungsverfahren verwende, z. B. zum Ersatz bis dahin verwendeter Grundstoffe, jedoch

- ohne daß diese Verwendung mit üblichen Methoden der Abfallverwertung vergleichbar sei.

18 Da der Begriff "Abfallbeseitigung" im nationalen Recht sowohl die endgültige Beseitigung als auch die Verwertung von Abfällen im Sinne der Richtlinie umfasse, laufe die Verwendung von LUWA-Bottoms als Brennstoff im Sinne der Gruppe R9 des Anhangs II B der Richtlinie stets auf ein Sich-Entledigen hinaus.

19 Schließlich stellt der niederländische Raad van State fest, daß die zuständige Behörde im angefochtenen Bescheid dem Umstand Bedeutung beigemessen habe, daß es sich um einen Rückstand handele.

20 Aufgrund dieser Erwägungen hat der niederländische Raad van State das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Läßt sich aus dem bloßen Umstand, daß LUWA-Bottoms einem Verfahren unterzogen werden, das in Anhang II B der Richtlinie 75/442/EWG aufgeführt ist, ableiten, daß dies ein Sich-Entledigen ist und daß der Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie 75/442/EWG zu betrachten ist?

2. Falls die erste Frage zu verneinen ist: Hängt die Beantwortung der Frage, ob der Einsatz von LUWA-Bottoms als Brennstoff als Sich-Entledigen anzusehen ist, davon ab, ob

a) LUWA-Bottoms nach den gesellschaftlichen Auffassungen Abfall sind, wobei insbesondere erheblich ist, ob LUWA-Bottoms ohne eingehende Bearbeitung und auf umwelthygienisch vertretbare Weise als Brennstoff verwertet werden können?

b) der Einsatz von LUWA-Bottoms als Brennstoff mit einer üblichen Methode der Verwertung von Abfällen vergleichbar ist?

c) der Einsatz eines Haupterzeugnisses oder eines Nebenerzeugnisses (eines Rückstands) vorliegt?

Rechtssache C-419/97

21 Am 25. Januar 1993 beantragte die Elektriciteitsproductiemaatschappij Oost- en Noord-Nederland NV (Epon) (Stromerzeugungsaktiengesellschaft östliche und nördliche Niederlande; im folgenden: Epon) gemäß der Hinderwet (Emissionsschutzgesetz) in Verbindung mit der Wet inzake de luchtverontreiniging (Gesetz betreffend die Luftverunreinigung) und der Wet geluidhinder (Lärmschutzgesetz) die Genehmigung zur Änderung der Arbeitsweise ihres Kraftwerks Centrale Gelderland in Nimwegen (Niederlande).

22 Dieser Antrag betraf ein Vorhaben zur Verwendung von Holzresten in Form von Spänen aus Bau- und Abbrucharbeiten. Diese Späne sollten nach Zerkleinerung zu Sägemehl als Brennstoff für die Erzeugung von Elektrizität verwendet werden.

23 In dem Antrag wurden diese Stoffe nicht als Abfälle bezeichnet, und er war nicht auf eine Genehmigung nach dem Abfallgesetz gerichtet.

24 Die Gedeputeerde Staten van Gelderland (Provinzausschuß Gelderland) erteilten Epon mit Bescheid vom 11. Februar 1994 die beantragte Änderungsgenehmigung.

25 Nach dieser Genehmigung ist es verboten, im Betrieb Abfälle zu verbrennen oder zu lagern, in den Boden oder in das Grundwasser gelangen zu lassen, sofern der Antrag sich nicht auf diese Tätigkeiten bezog.

26 Nach Nummer 2.1 der Genehmigung sind die Qualitätsanforderungen (Annahmebedingungen) für die Holzspäne mit den Lieferanten zu vereinbaren und dem Direktor der Umwelt- und Wasserverwaltung (im folgenden: Direktor) zur Genehmigung vorzulegen.

27 Epon legte diese Anforderungen dem Direktor mit Schreiben vom 17. Juli 1995 vor, der sie mit Schreiben vom 18. Juli 1995 genehmigte.

28 Buchstabe c der Annahmebedingungen lautet:

"Die Holzspäne dürfen weder Sand noch Farbteile, Stein, Glas, Kunststoffteile, Textil- und Faserteile oder lose Metallteile enthalten.

Ein Container Holzspäne darf enthalten:

- höchstens 20 % Spanplatten;

- höchstens 10 % Hartfaserplatten.

Im Rahmen der vorstehenden Qualitätsanforderungen sind in begrenztem Umfang Eisenbahnschwellen, Unterwasserholz und haltbar gemachtes (mit Kreosot behandeltes) Holz zulässig."

29 Die Vereniging Dorpsbelang Hees u. a. legten am 18. Juli 1995 Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid ein. Der Direktor wies diese Widersprüche als unzulässig oder unbegründet zurück, woraufhin die Verenigung Dorpsbelang Hees u. a. beim vorlegenden Gericht Klage erhoben.

30 Die Kläger des Ausgangsverfahrens machen geltend, die Annahmebedingungen erlaubten u. a. die Annahme von Holz, das krebserregende Stoffe, Dioxine oder Stoffe enthalte, bei deren Verbrennung Dioxin frei werde. Namentlich erlaube die Bearbeitung des Holzes nicht, von seiner Einreihung als "Abfall" abzusehen, denn es könne Stoffe wie Farbe, Imprägniermittel, Leim, Kunststoffe und Lösungsmittel enthalten.

31 Die Entscheidung über die Klage erfordert die Prüfung der Vereinbarkeit der Qualitätsanforderungen für Holzspäne (Annahmebedingungen), die mit dem Bescheid vom 18. Juli 1995 genehmigt wurden, mit der Änderungsgenehmigung vom 11. Februar 1994.

32 Aus den gleichen Gründen wie in der Rechtssache C-418/97 hat der niederländische Raad van State beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Läßt sich aus dem bloßen Umstand, daß Holzspäne einem Verfahren unterzogen werden, das in Anhang II B der Richtlinie 75/442/EWG aufgeführt ist, ableiten, daß dies ein Sich-Entledigen ist und daß der Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie 75/442/EWG zu betrachten ist?

2. Falls die erste Frage zu verneinen ist: Hängt die Beantwortung der Frage, ob der Einsatz von Holzspänen als Brennstoff als Sich-Entledigen anzusehen ist, davon ab, ob

a) in bezug auf den Bau- und Abbruchabfall, aus dem die Späne hergestellt werden, bereits vor der Verbrennung Verfahren stattgefunden haben, die als ein Sich-Entledigen anzusehen sind, d. h. Verfahren, die dazu dienen, diesen Abfall zur Wiederverwendung (den Einsatz als Brennstoff) geeignet zu machen (Recyclingverfahren)?

Falls dies bejaht wird: Ist ein Verfahren, das dazu dient, Abfall zur Wiederverwendung geeignet zu machen (ein Recyclingverfahren), nur dann als Verfahren zur Verwertung eines Abfalls zu betrachten, wenn es ausdrücklich in Anhang II B der Richtlinie 75/442/EWG erwähnt ist, oder auch dann, wenn es einem in Anhang II B erwähnten Verfahren entspricht?

b) Holzspäne nach den gesellschaftlichen Auffassungen Abfall sind, wobei insbesondere erheblich ist, ob Holzspäne ohne eingehende Bearbeitung und auf umwelthygienisch vertretbare Weise als Brennstoff verwertet werden können?

c) der Einsatz von Holzspänen als Brennstoff mit einer üblichen Methode der Verwertung von Abfällen vergleichbar ist?

33 Mit Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. Januar 1998 sind die beiden Rechtssachen gemäß Artikel 43 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Würdigung durch den Gerichtshof

34 Nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie sind Abfall alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muß.

35 Die Gruppe Q16 des Anhangs I ist jedoch eine Auffanggruppe, in die alle Stoffe oder Produkte aller Art eingereiht werden können, die nicht einer der anderen Gruppen angehören.

36 Somit hängt der Anwendungsbereich des Begriffes "Abfall" von der Bedeutung des Ausdrucks "sich entledigen" ab (Urteil vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-129/96 (Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, I-7411, Randnr. 26).

37 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist dieser Begriff unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie auszulegen (insbesondere Urteil vom 28. März 1990 in den Rechtssachen C-206/88 und C-207/88, Vessoso und Zanetti, Slg. 1990, I-1461, Randnr. 12).

38 Nach der dritten Begründungserwägung der Richtlinie 75/442 muß "[j]ede Regelung der Abfallbeseitigung... als wesentliche Zielsetzung den Schutz der menschlichen Gesundheit sowie der Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen der Sammlung, Beförderung, Behandlung, Lagerung und Ablagerung von Abfällen haben".

39 Im übrigen zielt nach Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 174 Absatz 2 EG) die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau ab und beruht auf den Grundsätzen namentlich der Vorsorge und Vorbeugung.

40 Folglich kann der Begriff "Abfall" nicht eng ausgelegt werden.

41 In Ermangelung einer gemeinschaftlichen Regelung können die Mitgliedstaaten frei wählen, in welcher Form der Beweis für das Vorliegen der verschiedenen Tatbestandsmerkmale, die in den von ihnen umgesetzten Richtlinien aufgestellt werden, zu erbringen ist, soweit dies die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigt (vgl. insbesondere Urteile vom 21. September 1983 in den Rechtssachen 205/82 bis 215/82, Deutsche Milchkontor u. a., Slg. 1983, 2633, Randnrn. 17 bis 25 und 35 bis 39, vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, 1651, Randnrn. 17 bis 21, und vom 8. Februar 1996 in der Rechtssache C-212/94, FMC u. a., Slg. 1996, I-389, Randnrn. 49 bis 51).

42 Die Verwendung von Beweisformen wie gesetzlichen Vermutungen, die dazu führen würden, daß der Geltungsbereich der Richtlinie eingeschränkt würde und Stoffe oder Erzeugnisse, die der Bestimmung des Begriffes "Abfall" im Sinne der Richtlinie entsprechen, nicht erfaßt wären, würde die Wirksamkeit von Artikel 130r des Vertrages und der Richtlinie beeinträchtigen.

43 Die vom nationalen Gericht vorgelegten Fragen sind im Licht dieser Erwägungen zu untersuchen.

Zur ersten Frage in den beiden Rechtssachen

44 Das vorlegende Gericht möchte mit seiner ersten Frage in den beiden Rechtssachen wissen, ob sich aus dem bloßen Umstand, daß LUWA-Bottoms oder Holzspäne einem Verfahren unterzogen werden, das in Anhang II B der Richtlinie aufgeführt ist, ableiten läßt, daß es sich um ein Sich-Entledigen handelt und daß der Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie zu betrachten ist.

45 Alle Beteiligten, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, schlagen vor, diese Frage zu verneinen. Die Anhänge II A und II B beschrieben Methoden zur Beseitigung und Verwertung von Stoffen. Jedoch seien nicht alle Stoffe, die nach diesen Methoden behandelt würden, zwangsläufig Abfälle.

46 Zunächst ergibt sich, worauf bereits in Randnummer 36 dieses Urteils hingewiesen worden ist, aus Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie, daß der Anwendungsbereich des Begriffes "Abfall" von der Bedeutung des Begriffes "sich entledigen" abhängt.

47 Sodann geht aus Artikel 4 sowie den Anhängen II A und II B der Richtlinie hervor, daß dieser Begriff insbesondere die Beseitigung und die Verwertung eines Stoffes oder Gegenstands erfaßt.

48 In den in den Anhängen II A und II B sind nach den Vorbemerkungen zu den in ihnen genannten Gruppen Beseitigungs- und Verwertungsverfahren aufgeführt, die in der Praxis angewandt werden.

49 Allerdings führt der Umstand, daß in diesen Anhängen Beseitigungs- oder Verwertungsverfahren für Abfälle beschrieben sind, nicht notwendigerweise dazu, daß jeder nach einer dieser Methoden behandelte Stoff als Abfall zu betrachten wäre.

50 Zwar beziehen sich die Beschreibungen einiger Methoden ausdrücklich auf Abfälle, doch sind andere abstrakter formuliert, so daß sie auf Grundstoffe angewandt werden können, bei denen es sich nicht um Abfälle handelt. So kann die Gruppe R9 des Anhangs II B "Verwendung als Brennstoff... oder andere Mittel der Energieerzeugung") Heizöl, Gas oder Kerosin erfassen, während in die Gruppe R10 ("Aufbringung auf den Boden zum Nutzen der Landwirtschaft oder der Ökologie") Kunstdünger fallen kann.

51 Daher ist auf die erste Frage in den beiden Rechtssachen zu antworten, daß sich aus dem bloßen Umstand, daß ein Stoff wie LUWA-Bottoms oder Holzspäne einem Verfahren unterzogen wird, das in Anhang II B der Richtlinie aufgeführt ist, nicht ableiten läßt, daß es sich um ein Sich-Entledigen handelt und daß dieser Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie zu betrachten ist.

Zur zweiten Frage in beiden Rechtssachen

52 Die zweite Frage in beiden Rechtssachen betrifft ebenfalls die Bestimmung des Begriffes "sich entledigen" in bezug auf die Einstufung eines bestimmten Stoffes als Abfall.

53 Diese Frage besteht aus drei Teilen: Die Fragen 2a und 2b in der Rechtssache C-418/97 sowie 2b und 2c in der Rechtssache C-419/98 betreffen im wesentlichen die Art der Verwendung eines Stoffes und wurden deshalb gemeinsam behandelt. Frage 2c in der Rechtssache C-418/97 bezieht sich auf die Art der Herstellung des Stoffes. Frage 2a in der Rechtssache C-419/97 schließlich betrifft die Wiederverwendungsverfahren.

Zu den Fragen 2a und 2b in der Rechtssache C-418/97 und 2b und 2c in der Rechtssache C-419/97

54 Das vorlegende Gericht möchte mit den Fragen 2a in der Rechtssache C-418/97 und 2b in der Rechtssache C-419/97 wissen, ob für die Beantwortung der Frage, ob die Verwendung von Stoffen wie LUWA-Bottoms oder Holzspänen als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, zu berücksichtigen ist, daß diese Stoffe nach den gesellschaftlichen Auffassungen Abfall sind oder daß sie ohne eingehende Bearbeitung und auf umwelthygienisch vertretbare Weise als Brennstoff verwertet werden können.

55 Mit den Fragen 2b in der Rechtssache C-418/97 und 2c in der Rechtssache C-419/97 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Beantwortung der Frage, ob die Verwendung von LUWA-Bottoms oder Holzspänen als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, davon abhängt, ob diese Verwendung als Brennstoff mit einer üblichen Methode der Verwertung von Abfällen vergleichbar ist.

56 Nach Ansicht von ARCO ist der Umstand, daß ein Stoff auf umwelthygienisch vertretbare Weise und ohne eingehende Bearbeitung verwertet werden kann, ein wichtiger Anhaltspunkt für die Feststellung, daß es sich bei diesem Stoff nicht um Abfall handele. Die LUWA-Bottoms, deren Heizwert mit demjenigen von Mischungen von Kohle erster Qualität verglichen werden könne, könnten ohne zusätzliche Bearbeitung zu 100 % als Brennstoff verwendet werden. Ihre Verwendung in der Zementindustrie sei eine umwelthygienisch vertretbare Option, denn in diesem Fall schade das Molybdän nicht der Umwelt, sondern werde im Laufe des Verfahrens sofort und vollständig unwirksam gemacht und im Zement gebunden.

57 Dagegen komme es nicht darauf an, ob die Verwendung mit einer üblichen Methode der Abfallverwertung vergleichbar sei.

58 Epon vertritt ebenfalls die Ansicht, daß Stoffe, die zur Verwendung in einem Produktionsverfahren bestimmt seien, der demjenigen, dem die Rohstoffe unterzogen würden, gleiche oder mit ihm vergleichbar sei, nicht als Abfälle betrachtet werden dürften, wenn die Verwendung auf umwelthygienisch vertretbare Weise geschehe, wenn also, verglichen mit der Verwendung der Rohstoffe, die Verwendung der betreffenden Stoffe keine nachteiligeren Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die Umwelt habe.

59 Der Hinweis auf Gruppe R9 des Anhangs II B ("Verwendung als Brennstoff... oder andere Mittel der Energieerzeugung") sei nicht relevant, denn wegen der weiten Definition dieser Gruppe könne sie nicht als Unterscheidungskriterium für die Frage benutzt werden, ob es sich um Abfall handele.

60 Die dänische und die österreichische Regierung sowie die Kommission führen aus, daß diese Umstände unerheblich seien und daß der Abfallbegriff nicht davon abhänge, welcher Behandlung der Gegenstand oder der Stoff unterzogen würden. Die Kommission macht weiter geltend, es dürfe nicht darauf abgestellt werden, wie der Abfallbegriff von der Gesellschaft verstanden werde, da sonst die Auffassungen von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich sein könnten.

61 Nach Ansicht der deutschen Regierung fällt ein Nebenprodukt, das in einem Produktionsverfahren anfalle, ohne daß der Zweck oder Nebenzweck des Verfahrens darauf gerichtet sei, nicht unter den Abfallbegriff, wenn es ohne weitere Behandlung umweltverträglich verwendet werden könne. Besitze der Stoff einen positiven Marktwert, so spreche dies dafür, daß die Entstehung des Stoffes zumindest Nebenzweck gewesen sei und der Erzeuger sich dieses Stoffes nicht im abfallrechtlichen Sinne entledigen wolle.

62 Die Regierung des Vereinigten Königreichs vertritt die Ansicht, ein Stoff, der als Brennstoff für die Energieerzeugung in einem bestimmten Verfahren in gleicher Weise wie jeder andere nicht aus Abfällen stammende Brennstoff verwendet werden könne, ohne daß besondere Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit oder der Umwelt ergriffen werden müßten, sei nicht allein deshalb Abfall, weil er zu den besonderen in Anhang I der Richtlinie in Verbindung mit der Entscheidung 94/3 aufgeführten Abfallgruppen gehöre und die typischen Merkmale von Abfall aufweise.

63 Nach Auffassung der niederländischen Regierung ist in jedem Einzelfall nach Prüfung der Umstände zu entscheiden, ob ein in einem industriellen Produktionsverfahren verwendeter Stoff Abfall im Sinne der Gemeinschaftsregelung oder Sekundärrohstoff sei. Insbesondere seien das Verfahren zur Verwendung des Stoffes, seine Herkunft und seine Art oder Zusammensetzung zu untersuchen.

64 Wie bereits festgestellt worden ist, sind die Methoden der Behandlung oder die Art der Verwendung eines Stoffes nicht entscheidend dafür, ob dieser Stoff als Abfall einzustufen ist. Was in Zukunft mit einem Gegenstand oder einem Stoff geschieht, ist ohne Einfluß auf seine Abfalleigenschaft, die gemäß Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie daran anknüpft, daß sich der Besitzer des Gegenstands oder des Stoffes seiner entledigt, entledigen will oder enledigen muß.

65 Ebensowenig wie der Abfallbegriff dahin verstanden werden darf, daß er Stoffe und Gegenstände nicht erfaßt, die zur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind (Urteil Vessoso und Zanetti, Randnr. 9), darf er auch nicht dahin verstanden werden, daß er Stoffe und Gegenstände nicht erfaßt, die in umwelthygienisch vertretbarer Weise und ohne eingehende Bearbeitung als Brennstoff verwertet werden können.

66 Die Auswirkung der Behandlung dieses Stoffes auf die Umwelt ist nämlich für seine Einstufung als Abfall unerheblich. Ein gewöhnlicher Brennstoff kann ohne Einhaltung von Umweltnormen verbrannt werden, ohne daß er zu Abfall würde, während Stoffe, deren man sich entledigt, in umwelthygienisch vertretbarer Weise und ohne eingehende Behandlung verwertet werden können, ohne daß sie ihre Abfalleigenschaft verlören.

67 Wie der Gerichtshof im übrigen in Randnummer 30 des Urteils Inter-Environnement Wallonie festgestellt hat, enthält die Richtlinie keinen Hinweis darauf, daß sie nicht die Beseitigungs- oder Verwertungsverfahren, die Bestandteil eines industriellen Produktionsprozesses sind, betrifft, wenn diese keine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen.

68 Der Umstand, daß diese Stoffe als Brennstoff in einer umwelthygienisch verantwortlichen Weise und ohne tiefgreifende Verarbeitung verwertet werden können, ist gewiß von Bedeutung für die Frage, ob die Verwendung eines Stoffes genehmigt oder gefördert werden kann, oder für die Frage, wie intensiv die Kontrolle sein muß.

69 Ebenso ist zwar die Methode der Bearbeitung eines Stoffes ohne Einfluß auf seine Abfalleigenschaft, doch läßt sich nicht ausschließen, daß sie als Anhaltspunkt dafür berücksichtigt wird, ob es sich um Abfall handelt. Ist nämlich die Verwendung eines Stoffes als Brennstoff eine übliche Methode der Abfallverwertung, so kann diese Verwendung ein Anhaltspunkt für die Feststellung sein, daß der Besitzer sich dieses Stoffes im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie entledigt, entledigen will oder entledigen muß.

70 In Ermangelung spezifischer gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen für den Nachweis, daß es sich um Abfall handelt, ist es Sache des nationalen Gerichts, insoweit die Bestimmungen seines eigenen Rechtssystems anzuwenden, wobei es darauf zu achten hat, daß die Zielsetzung und die Wirksamkeit der Richtlinie nicht beeinträchtigt werden.

71 Die gesellschaftlichen Auffassungen sind in Anbetracht der Formulierung des Abfallbegriffs in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie ebenfalls nicht erheblich, können jedoch auch ein Anhaltspunkt dafür sein, daß es sich um Abfall handelt.

72 Daher ist auf die Fragen 2a und 2b in der Rechtssache C-418/97 sowie 2b und 2c in der Rechtssache C-419/97 zu antworten, daß für die Feststellung, ob die Verwendung eines Stoffes wie LUWA-Bottoms oder Holzspäne als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, der Umstand, daß diese Stoffe auf eine umwelthygienisch vertretbare Weise und ohne eingehende Bearbeitung als Brennstoff verwertet werden können, unerheblich ist.

73 Der Umstand, daß diese Verwendung als Brennstoff eine übliche Methode der Abfallverwertung ist, und der Umstand, daß die Gesellschaft diese Stoffe als Abfälle ansieht, können als Anhaltspunkte dafür angesehen werden, daß ihr Besitzer sich ihrer im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Zur Frage 2c in der Rechtssache C-418/79

74 Mit der Frage 2c in der Rechtssache C-418/97 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es für die Feststellung, ob die Verwendung von LUWA-Bottoms als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, darauf ankommt, ob es sich dabei um die Verwendung eines Haupterzeugnisses oder eines Nebenerzeugnisses (eines Rückstands) handelt.

75 Nach Ansicht von ARCO und von Epon kann die Verwendung eines Stoffes als Brennstoff nicht allein wegen seiner Herkunft als ein Sich-Entledigen angesehen werden. Epon fügt hinzu, Sekundärrohstoffe könnten nicht als Abfälle angesehen werden, da sie sich in einem identischen oder vergleichbaren Produktionsprozeß wie Rohstoffe verwenden ließen.

76 Die dänische Regierung macht geltend, der vorangegangene Produktionsprozeß sei nicht maßgebend dafür, ob ein Stoff Abfall sei. Ein Haupterzeugnis sei in der Regel kein Abfall, könne dies jedoch in bestimmten Situationen sein, etwa wenn es nicht die internen Qualitätsanforderungen des Unternehmens erfuelle und man beschließe, sich seiner zu entledigen.

77 Nach dem Vorbringen der deutschen Regierung ist der Wille zur Entledigung dann anzunehmen, wenn ein Stoff in einem Produktionsverfahren anfalle, ohne daß der Zweck oder Nebenzweck des Verfahrens darauf gerichtet sei, diesen Stoff herzustellen. Dabei seien die Auffassung des Erzeugers und die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen. Wie im Rahmen der vorhergehenden Frage ausgeführt, sei dabei auch zu berücksichtigen, ob das Nebenprodukt ohne weitere Vorbehandlung umweltverträglich eingesetzt werden könne.

78 Die Regierung des Vereinigten Königreichs fügt hinzu, daß Erzeugungsrückstände, die nutzbringende Nebenerzeugnisse darstellten und ohne weitere Bearbeitung und in gleicher Weise wie jeder andere nicht von Abfällen herrührende Rohstoff als Rohstoff behandelt werden könnten, sich im Wirtschaftskreislauf befänden und keine Abfälle darstellten.

79 Nach Ansicht der niederländischen Regierung gehört die Herkunft des Stoffes oder des Gegenstands zu den Umständen, die bei der Feststellung, ob es sich um Abfall handele, berücksichtigt werden müßten.

80 Auch nach Ansicht der österreichischen Regierung ist u. a. der Umstand zu berücksichtigen, daß ein Stoff von einem Unternehmen hergestellt werde, dessen Betriebszweck nicht die Erzeugung dieses Stoffes sei. Die LUWA-Bottoms seien weder ein Haupterzeugnis noch ein Nebenerzeugnis, sondern der Rückstand aus der Behandlung eines Teilstroms.

81 Für die Kommission stellt der Umstand, daß ein Stoff ein Nebenerzeugnis (ein Rückstand) eines Produktionsprozesses sei, der der Herstellung eines anderen Erzeugnisses diene, einen Anhaltspunkt dafür dar, daß es sich um Abfall im Sinne der Richtlinie handeln könne.

82 Wie bereits in Randnummer 51 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, kann aus dem Umstand, daß ein Stoff einem in Anhang II B der Richtlinie aufgeführten Verfahren wie der Verwendung als Brennstoff unterzogen wird, nicht geschlossen werden, daß ein Sich-Entledigen vorliegt und daß es sich daher bei diesem Stoff um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt.

83 Hingegen können bestimmte Umstände Anhaltspunkte dafür darstellen, daß der Besitzer sich dieses Stoffes im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie entledigt, entledigen will oder entledigen muß.

84 Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der verwendete Stoff ein Produktionsrückstand ist, d. h. ein Erzeugnis, das nicht als solches zum Zweck seiner Verwendung als Brennstoff angestrebt worden ist.

85 Denn die Verwendung eines Stoffes wie der LUWA-Bottoms als Brennstoff anstelle eines gewöhnlichen Brennstoffs ist ein Umstand, der vermuten läßt, daß sein Verwender sich seiner entledigt, entweder weil er dies wünscht oder weil er hierzu verpflichtet ist.

86 Als weiterer Anhaltspunkt kann der Umstand betrachtet werden, daß es sich bei dem Stoff um einen Rückstand handelt, für den als einzige Verwendung die Beseitigung in Betracht kommt. Dieser Umstand legt die Annahme nahe, daß der Besitzer des Stoffes ihn nur zu dem Zweck erworben hat, sich seiner zu entledigen, entweder weil er dies wünscht oder weil er hierzu, etwa aufgrund einer Vereinbarung mit dem Erzeuger des Stoffes oder mit einem anderen Besitzer, verpflichtet ist.

87 Das gleiche gilt, wenn es sich bei dem Stoff um einen Rückstand handelt, dessen Zusammensetzung seiner Verwendung nicht angepaßt ist, oder wenn diese Verwendung wegen der Gefährlichkeit seiner Zusammensetzung für die Umwelt unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen stattfinden muß.

88 Somit ist auf die Frage 2c in der Rechtssache C-418/97 zu antworten, daß die Umstände, daß ein als Brennstoff verwendeter Stoff der Rückstand aus dem Herstellungsprozeß eines anderen Stoffes ist, daß keine andere Verwendung dieses Stoffes als seine Beseitigung möglich ist, daß die Zusammensetzung dieses Stoffes seiner Verwendung nicht angepaßt ist oder daß diese Verwendung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen für die Umwelt stattfinden muß, als Anhaltspunkte dafür angesehen werden können, daß ihr Besitzer sich seiner im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Zur Frage 2a in der Rechtssache C-419/97

89 Mit der Frage 2a in der Rechtssache C-419/97 möchte das nationale Gericht wissen, ob die Beantwortung der Frage, ob die Verwendung von Holzspänen als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, davon abhängt, ob die Bau- und Abbruchabfälle, aus denen die Holzspäne hergestellt werden, bereits vor der Verbrennung Verfahren unterzogen worden sind, die als ein Sich-Entledigen zu betrachten sind, also Verfahren, die dazu dienen, sie als Brennstoff wiederverwendbar zu machen (Recyclingverfahren), und wenn ja, ob dieses Verfahren nur dann als Verfahren zur Verwertung eines Abfalls angesehen werden kann, wenn es ausdrücklich in Anhang II B der Richtlinie erwähnt ist, oder auch dann, wenn es einem in diesem Anhang erwähnten Verfahren entspricht.

90 Nach dem Vorbringen der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind die von Epon als Brennstoff verwendeten Hölzer mit sehr giftigen Stoffen imprägniert und müßten als gefährliche Abfälle behandelt werden. Die Verarbeitung dieser Hölzer zu Holzspänen und deren Zerkleinerung zu Sägemehl änderten nichts am Charakter und der Zusammensetzung des Stoffes, in dem die giftigen Wirkstoffe erhalten blieben.

91 Epon ist der Meinung, daß ein Stoff, der einem Recyclingverfahren unterzogen worden sei, nicht als Abfall angesehen werden könne, wenn seine Verwendung in umwelthygienisch vertretbarer Weise geschehe, d. h., wenn seine Verwendung verglichen mit der Verwendung eines Rohstoffs keine nachteiligeren Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und auf die Umwelt habe.

92 Zum zweiten Teil der Frage führt Epon aus, die Aufzählung in Anhang II B der Richtlinie sei nicht erschöpfend und es müsse möglich sein, neue Recyclingmethoden zu berücksichtigen. Jedoch seien die Bau- und Abbruchabfälle bereits einem in der Gruppe R2 des Anhangs II B der Richtlinie ("Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden") vorgesehenen Verwertungsverfahren unterzogen worden.

93 Nach Ansicht der Regierungen, die sich am Verfahren beteiligt haben, und der Kommission genügt der Umstand, daß die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Abfälle zuvor sortiert und zu Holzspänen verarbeitet worden seien, nicht, um ihnen die Abfalleigenschaft zu nehmen. Derartige Vorgänge seien keine Verwertungsverfahren im Sinne von Anhang II B der Richtlinie, sondern eine bloße Vorbehandlung der Abfälle. Ein Stoff verliere nur dann die Abfalleigenschaft, wenn er einem vollständigen Verwertungsverfahren im Sinne des Anhangs II B der Richtlinie unterzogen worden sei, d. h., wenn er in gleicher Weise wie ein Rohstoff behandelt werden könne oder wenn, wie im vorliegenden Fall, das stoffliche oder das energetische Potential des Abfalls bei der Verbrennung genutzt worden sei.

94 Hierzu ist vorab festzustellen, daß auch dann, wenn Abfall einem vollständigen Verwertungsverfahren unterzogen worden ist, das zur Folge hat, daß der betreffende Stoff die gleichen Eigenschaften und Merkmale wie ein Rohstoff angenommen hat, dieser Stoff noch als Abfall angesehen werden kann, wenn sein Besitzer sich gemäß der Definition des Artikels 1 Buchstabe a der Richtlinie seiner entledigt, entledigen will oder entledigen muß.

95 Die Tatsche, daß der Stoff das Ergebnis eines vollständigen Verwertungsverfahrens im Sinne von Anhang II B der Richtlinie ist, ist nur einer der Umstände, die bei der Feststellung zu berücksichtigen sind, ob es sich um Abfall handelt, erlaubt jedoch nicht ohne weiteres eine entsprechende endgültige Schlußfolgerung.

96 Wenn schon ein vollständiges Verwertungsverfahren einem Gegenstand nicht notwendigerweise die Abfalleigenschaft nimmt, so gilt dies erst recht für einen reinen Sortier- oder Vorbehandlungsvorgang in bezug auf diese Gegenstände wie die Verarbeitung mit giftigen Stoffen imprägnierter Holzabfälle zu Holzspänen oder deren Zerkleinerung zu Sägemehl, die das Holz nicht von den giftigen Stoffen reinigt, mit denen es imprägniert ist, und daher nicht die Verarbeitung dieser Gegenstände zu einem einem Rohstoff entsprechenden Erzeugnis bewirkt, das die gleichen Merkmale wie dieser Rohstoff besitzt und unter den gleichen Vorsichtsmaßnahmen für die Umwelt benutzt werden kann.

97 Daher ist auf die Frage 2a in der Rechtssache C-419/97 zu antworten, daß die Tatsache, daß ein Stoff das Ergebnis eines Verwertungsverfahrens im Sinne von Anhang II B der Richtlinie ist, nur einer der Umstände ist, die bei der Feststellung zu berücksichtigen sind, ob es sich bei diesem Stoff noch um Abfall handelt, jedoch nicht ohne weiteres eine entsprechende endgültige Schlußfolgerung erlaubt. Ob es sich um Abfall handelt, ist anhand sämtlicher Umstände nach Maßgabe der Begriffsbestimmung in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie, also danach zu beurteilen, ob der Besitzer sich des betreffenden Stoffes entledigt, entledigen will oder entledigen muß; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Kostenentscheidung:

Kosten

98 Die Auslagen der niederländischen, der dänischen, der deutschen und der österreichischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

auf die ihm niederländischen Raad van State mit Beschlüssen vom 25. November 1997 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Rechtssache C-418/97

1. Aus dem bloßen Umstand, daß ein Stoff wie LUWA-Bottoms einem Verfahren unterzogen wird, das in Anhang II B der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 aufgeführt ist, läßt sich nicht ableiten, daß es sich um ein Sich-Entledigen handelt und daß dieser Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie zu betrachten ist.

2. Für die Feststellung, ob die Verwendung eines Stoffes wie LUWA-Bottoms als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, ist der Umstand, daß dieser Stoff auf eine umwelthygienisch vertretbare Weise und ohne eingehende Bearbeitung als Brennstoff verwertet werden kann, unerheblich.

Der Umstand, daß diese Verwendung als Brennstoff eine übliche Methode der Abfallverwertung ist, und der Umstand, daß die Gesellschaft diesen Stoff als Abfall ansieht, können als Anhaltspunkte dafür angesehen werden, daß ihr Besitzer sich seiner im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Die Umstände, daß ein als Brennstoff verwendeter Stoff der Rückstand aus dem Herstellungsprozeß eines anderen Stoffes ist, daß keine andere Verwendung dieses Stoffes als seine Beseitigung möglich ist, daß die Zusammensetzung dieses Stoffes seiner Verwendung nicht angepaßt ist oder daß diese Verwendung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen für die Umwelt stattfinden muß, können als Anhaltspunkte dafür angesehen werden, daß ihr Besitzer sich seiner im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Rechtssache C-419/97

1. Aus dem bloßen Umstand, daß ein Stoff wie Holzspäne einem Verfahren unterzogen wird, das in Anhang II B der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 aufgeführt ist, läßt sich nicht ableiten, daß es sich um ein Sich-Entledigen handelt und daß dieser Stoff als Abfall im Sinne der Richtlinie zu betrachten ist.

2. Die Tatsache, daß ein Stoff das Ergebnis eines Verwertungsverfahrens im Sinne von Anhang II B der Richtlinie ist, ist nur einer der Umstände, die bei der Feststellung zu berücksichtigen sind, ob es sich bei diesem Stoff noch um Abfall handelt, erlaubt jedoch nicht ohne weiteres eine entsprechende endgültige Schlußfolgerung. Ob es sich um Abfall handelt, ist anhand sämtlicher Umstände nach Maßgabe der Begriffsbestimmung in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156, also danach zu beurteilen, ob der Besitzer sich des betreffenden Stoffes entledigt, entledigen will oder entledigen muß; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Für die Feststellung, ob die Verwendung eines Stoffes wie Holzspäne als Brennstoff als ein Sich-Entledigen anzusehen ist, ist der Umstand, daß dieser Stoff auf eine umwelthygienisch vertretbare Weise und ohne eingehende Bearbeitung als Brennstoff verwertet werden kann, unerheblich.

Der Umstand, daß diese Verwendung als Brennstoff eine übliche Methode der Abfallverwertung ist, und der Umstand, daß die Gesellschaft diesen Stoff als Abfall ansieht, können als Anhaltspunkte dafür angesehen werden, daß ihr Besitzer sich seiner im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Ob es sich tatsächlich um Abfall im Sinne der Richtlinie handelt, ist jedoch anhand sämtlicher Umstände zu prüfen; dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird.

Ende der Entscheidung

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