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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.07.2004
Aktenzeichen: C-424/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 geänderten Fassung, Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986


Vorschriften:

Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 geänderten Fassung Art. 3 Abs. 1
Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 Art. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 15. Juli 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Vereinigtes Königreich Grossbritannien und Nordirland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 75/439/EWG - Altölbeseitigung - Vorrang der Altölaufbereitung. - Rechtssache C-424/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-424/02

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch M. Bethell als Bevollmächtigten im Beistand von M. Demetriou, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

wegen Feststellung, dass das Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung (ABl. L 194, S. 23) in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 (ABl. 1987, L 42, S. 43) geänderten Fassung verstoßen hat, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie nachzukommen, wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür treffen müssen, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird, oder dass es jedenfalls die betreffenden Vorschriften der Kommission nicht mitgeteilt hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Rosas und S. von Bahr, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und des Richters K. Lenaerts,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 4. März 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom

1. April 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 22. November 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass das Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung (ABl. L 194, S. 23) in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 (ABl. 1987, L 42, S. 43) geänderten Fassung (nachfolgend: Richtlinie) verstoßen hat, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie nachzukommen, wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür treffen müssen, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird, oder dass es jedenfalls die betreffenden Vorschriften der Kommission nicht mitgeteilt hat.

Rechtlicher Rahmen

2. Artikel 3 der Richtlinie lautet:

(1) Sofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.

(2) Erfolgt aufgrund der in Absatz 1 genannten Sachzwänge keine Aufbereitung des Altöls, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jegliches Verbrennen von Altölen nach umweltfreundlichen Verfahren gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie erfolgen kann, soweit dieses Verbrennen technisch, wirtschaftlich und organisatorisch durchführbar ist.

(3) Erfolgt aufgrund der in den Absätzen 1 und 2 genannten Sachzwänge weder die Aufbereitung noch das Verbrennen von Altölen, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um ihre schadlose Vernichtung oder kontrollierte Lagerung oder Ablagerung zu gewährleisten.

3. Nach Artikel 2 der Richtlinie 87/101 mussten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um den in dieser Richtlinie aufgestellten Verpflichtungen zum 1. Januar 1990 nachzukommen.

Vorverfahren

4. Da die Kommission der Ansicht war, dass Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt worden sei, leitete sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Vereinigte Königreich ein. Nachdem sie den Mitgliedstaat gemahnt hatte, sich zu äußern, richtete sie am 21. Dezember 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an ihn.

5. In Beantwortung dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme bekräftigten die Behörden des Vereinigten Königreichs mit Schreiben vom 20. Februar 2002 ihren Willen, Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie vollständig nachzukommen. In einem zweiten Schreiben vom 15. Mai 2002 wiesen sie auf Hindernisse für die Altölaufbereitung hin, nämlich auf die Bedeutung des Marktes für wiederverwertete und als Brennstoff verwendete Altöle und auf die schwache Nachfrage nach aufbereitetem Basisöl.

6. Unter diesen Umständen hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

Zur Klage

Vorbringen der Parteien

7. Die Kommission macht geltend, das Vereinigte Königreich räume ein, dass es noch Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie treffen und dafür Sorge tragen müsse, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt werde.

8. Nach Ansicht der Kommission kann die bloße Zusage, im Rahmen der verschiedenen möglichen Optionen unter Berücksichtigung der Hindernisse für die Aufbereitung effektive, auf eine vorrangige Altölaufbereitung abzielende Maßnahmen zu treffen, allein keine Maßnahme zur Förderung der Aufbereitung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie darstellen.

9. Die bloße Prüfung dieser verschiedenen Optionen und die Identifizierung von Hindernissen für die Aufbereitung seien nicht die Maßnahmen, die die Richtlinie fordere. Es handele sich nur um notwendige Vorbedingungen für die Ermittlung der Anwendbarkeit dieser Bestimmung beim Rückgriff auf die Aufbereitung.

10. Es sei keine konkrete Maßnahme zur Sicherstellung des Vorrangs der Behandlung von Altölen getroffen worden. Das Vereinigte Königreich habe nämlich nur geprüft, welche Maßnahmen künftig ergriffen werden könnten, um dieses Ziel zu erreichen. Obwohl es finanzielle Sachzwänge festgestellt habe, die der Förderung der Behandlung von Altölen entgegenstuenden, habe es nicht von der Möglichkeit nach den Artikeln 13 und 14 der Richtlinie Gebrauch gemacht, Zuschüsse als Ausgleich für die Kosten dieser Behandlung zu gewähren. Außerdem werde mit der in diesem Sektor geltenden Steuerbefreiung in Wirklichkeit der Verbrennung der Vorrang eingeräumt, was mit dem Ziel der Richtlinie unvereinbar sei.

11. Die Regierung des Vereinigten Königreichs ist der Auffassung, sie habe nicht gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie verstoßen. Sie trägt vor, sie habe eine Reihe von Hindernissen für die Förderung der Altölaufbereitung festgestellt und untersucht. Unter Berücksichtigung dieser Hindernisse prüfe sie, welche Maßnahmen am geeignetsten sein könnten, um der Altölaufbereitung Vorrang einzuräumen.

12. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie erlege den Mitgliedstaaten keine absolute Verpflichtung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um der Altölaufbereitung Vorrang einzuräumen. Die Verpflichtung, solche Maßnahmen zu ergreifen bestehe nur, [s]ofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen. Der Umfang der Verpflichtung aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie unterscheide sich also je nach den Umständen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten herrschten. Die Maßnahmen, mit denen man sich um Lösungen bemüht habe, die einen Anstieg der Altölaufbereitung förderten, seien konkrete und geeignete Maßnahmen, um dieser Art von Behandlung Vorrang einzuräumen.

13. Auch Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Richtlinie belege den begrenzten Umfang der Verpflichtung nach Absatz 1 dieses Artikels. Diese Bestimmungen erlegten den Mitgliedstaaten andere Verpflichtungen auf, wenn sie durch Sachzwänge daran gehindert seien, der Altölaufbereitung Vorrang einzuräumen.

14. Die zuständigen Behörden hätten festgestellt, dass es ihnen eine Reihe von Hindernissen verwehre, der Altölaufbereitung Vorrang einzuräumen. Die identifizierten Sachzwänge seien hauptsächlich wirtschaftlicher Art, nämlich die Bedeutung des Marktes für als Brennstoff verwendetes Altöl und der begrenzte Markt für aufbereitetes Basisöl sowie die Betriebs und Beförderungskosten und die Probleme bei der Vermarktung dieses Erzeugnisses.

15. Ferner hätten die nationalen Behörden verschiedene Maßnahmen im Hinblick auf einen Anstieg der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung geprüft. Insbesondere hätten sie Untersuchungen angestellt, um ein Lastenheft für eine Altölaufbereitungsanlage im Vereinigten Königreich aufzustellen, um alternative Absatzwege für die Aufbereitungserzeugnisse zu identifizieren und um die besten Mittel für die Vermarktung von Altöl herauszufinden.

16. Die Regierung des Vereinigten Königreichs sehe sich nunmehr in der Lage, einen strukturierten Plan zur Förderung der Altölaufbereitung durchzuführen. Ein solches Aktionsprogramm stelle ein Bündel geeigneter und verhältnismäßiger Maßnahmen zur Erfuellung der Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie dar.

Würdigung durch den Gerichtshof

17. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. September 1999 in der Rechtssache C102/97 (Kommission/Deutschland, Slg. 1999, I5051, Randnr. 35) entschieden hat, bestand eines der Hauptziele der Richtlinie darin, der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang einzuräumen. Dieses Ziel, das in der zweiten Begründungserwägung dieser Richtlinie genannt ist, ist dadurch motiviert, dass die Aufbereitung wegen der damit verbundenen Energieeinsparungen die rationellste Altölnutzung darstellt.

18. In Randnummer 36 dieses Urteils hat der Gerichtshof ferner ausgeführt, dass, wenn in einem Mitgliedstaat technische, wirtschaftliche und organisatorische Sachzwänge verhindern, dass der Behandlung im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird, die in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie aufgestellte subsidiäre Verpflichtung gilt, nämlich die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit jegliches Verbrennen von Altölen nach umweltfreundlichen Verfahren gemäß den Bestimmungen der Richtlinie erfolgen kann. Diese Verpflichtung ist ihrerseits von der Voraussetzung des Artikels 3 Absatz 2 a. E. der Richtlinie abhängig, dass dieses Verbrennen technisch, wirtschaftlich und organisatorisch durchführbar ist.

19. Nur wenn aufgrund der in Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie genannten Sachzwänge weder eine Aufbereitung noch ein Verbrennen von Altölen erfolgt, unterliegen die Mitgliedstaaten der wiederum subsidiären Verpflichtung aus Artikel 3 Absatz 3, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die schadlose Vernichtung der Öle oder ihre kontrollierte Lagerung oder Ablagerung zu gewährleisten (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 37).

20. Was die vorrangige Modalität, also die Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung, anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof in den Randnummern 38 und 39 des Urteils Kommission/Deutschland ausgeführt hat, die Bezugnahme auf die in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie genannten technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge Teil einer Vorschrift ist, die insgesamt die den Mitgliedstaaten auferlegte Verpflichtung zum Ausdruck bringt, und dass der Gemeinschaftsgesetzgeber damit keine begrenzten Ausnahmen von einem normativen Grundsatz aufstellen, sondern den Geltungsbereich und den Inhalt einer positiven Verpflichtung festlegen wollte, nämlich der, den Vorrang der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung zu gewährleisten.

21. Daraus folgt, wie der Gerichtshof ebenfalls ausgeführt hat, dass die Definition dieser Sachzwänge nicht in das ausschließliche Ermessen der Mitgliedstaaten fallen kann. Denn außer dass eine Auslegung allein durch die Mitgliedstaaten dem Grundsatz der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts zuwiderliefe, hätte sie auch zur Folge, dass aus der Vereinbarkeit der Behandlung im Wege der Aufbereitung mit technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwängen eine Voraussetzung würde, deren Erfuellung ganz von einer Zweckmäßigkeitsbeurteilung des betreffenden Mitgliedstaats abhinge (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 40).

22. Zum Argument der Regierung des Vereinigten Königreichs, dass sich der Umfang der Verpflichtung aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie danach unterscheide, welche Umstände in den einzelnen Mitgliedstaaten herrschten und ob in einem Mitgliedstaat ungünstige Bedingungen gegeben seien, die solche Sachzwänge darstellen könnten, dass überhaupt keine Verpflichtung bestehe, der Altölaufbereitung Vorrang einzuräumen, ist, wie der Gerichtshof in Randnummer 43 des Urteils Kommission/Deutschland ausgeführt hat, zu bemerken, dass, wenn man davon ausginge, dass die in einem Mitgliedstaat bestehenden technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Verhältnisse zwangsläufig Sachzwänge darstellen, die Maßnahmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie entgegenstehen, dies darauf hinausliefe, dass dieser Vorschrift jede praktische Wirksamkeit genommen würde, da die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten durch die Wahrung des Status quo begrenzt wäre, so dass es keine tatsächliche Verpflichtung gäbe, die erforderlichen Maßnahmen für eine Behandlung von Altöl im Wege der Aufbereitung zu treffen.

23. Außerdem ist auf das Argument der Regierung des Vereinigten Königreichs, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Mitgliedstaaten mit der Bezugnahme auf die technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge einen Ermessensspielraum zuerkannt habe, zu antworten, dass diese Bestimmung über die Sachzwänge als Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu verstehen ist, und dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zu treffen haben, die zu dem Ziel, der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang einzuräumen, in einem angemessenen Verhältnis stehen, in dem Sinne, dass das Bestehen der in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie genannten technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge die Grenze dieser positiven Verpflichtung darstellt (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 42).

24. Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass nicht er festzustellen hat, welche Maßnahmen ein Mitgliedstaat hätte treffen müssen, um Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie umzusetzen, dass er aber im Rahmen der Feststellung, ob Sachzwänge im Sinne dieser Bestimmung bestehen, zu prüfen hat, ob Maßnahmen mit dem Ziel, der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang einzuräumen, hätten erlassen werden können, die dem Kriterium der technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Durchführbarkeit genügen (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 48).

25. Auch wenn es also akzeptabel ist, dass die Mitgliedstaaten zunächst Studien durchführen und Berichte erstellen, um die Modalitäten der Altölbeseitigung zu bestimmen, so müssen diesen vorbereitenden Schritten doch konkrete, auf die vorrangige Aufbereitung gerichtete Maßnahmen folgen, damit der Verpflichtung aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie nachgekommen wird.

26. Im vorliegenden Fall ist aber festzustellen, dass das Vereinigte Königreich keine konkreten Maßnahmen getroffen hat, um den Vorrang der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung sicherzustellen, und sich darauf beschränkt hat, Sachzwänge zu identifizieren, den Markt zu erforschen und die möglicherweise zu ergreifenden Maßnahmen zu prüfen.

27. Hinzu kommt, dass die Mitgliedstaaten den Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie zum 1. Januar 1990 nachkommen mussten. Im Übrigen sah Artikel 3 der Richtlinie 75/439 in seiner ursprünglichen Fassung von 1975 bereits vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür treffen, dass die Beseitigung von Altölen soweit wie möglich durch Wiederverwendung (Aufbereitung und/oder Verbrennung zu anderen Zwecken als denen der Vernichtung) erfolgt. Diese Maßnahmen mussten ab 1977 getroffen werden.

28. Auch steht fest, dass das Vereinigte Königreich während eines verlängerten Zeitraums, nämlich vom Ablauf der Umsetzungsfrist (1. Januar 1990) bis zum Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 20. Dezember 2001 gesetzten Zweimonatsfrist, nichts unternommen hat, um ein Verfahren mit dem Ziel einzuleiten, die erforderlichen Maßnahmen dafür zu erlassen, dass die Behandlung von Altölen gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie vorrangig im Wege der Aufbereitung erfolgt.

29. Zum Vorbringen des Vereinigten Königreichs, mit dem das Bestehen wirtschaftlicher Hindernisse insbesondere aufgrund der Struktur des Altölmarkts dargetan werden soll, ist festzustellen, dass erst 2002 ein Abfallverwertungsplan erlassen wurde, um dieser Lage zu begegnen.

30. In Anbetracht der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in dem betreffenden Bereich stellt dieses Vorgehen keine Erfuellung der Verpflichtung aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie dar.

31. Jedenfalls ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde (u. a. Urteile vom 15. März 2001 in der Rechtssache C147/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I2387, Randnr. 26, vom 4. Juli 2002 in der Rechtssache C173/01, Kommission/Griechenland, Slg. 2002, I6129, Randnr. 7, und vom 10. April 2003 in der Rechtssache C114/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2003, I3783, Randnr. 9).

32. Demnach ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass es nicht gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie die erforderlichen Maßnahmen dafür getroffen hat, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.

Kostenentscheidung:

Kosten

33. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Vereinigten Königreichs beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 geänderten Fassung verstoßen, dass es nicht gemäß Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie die erforderlichen Maßnahmen dafür getroffen hat, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.

2. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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