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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: C-438/04
Rechtsgebiete: Richtlinie 2002/21/EG, Richtlinie 2002/22/EG


Vorschriften:

Richtlinie 2002/21/EG Art. 4 Abs. 1
Richtlinie 2002/22/EG Art. 30 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)

13. Juli 2006

"Telekommunikationssektor - Universaldienst und Nutzerrechte - Übertragbarkeit von Telefonnummern - Einrichtungskosten bei Übertragung einer Mobiltelefonnummer - Artikel 30 Absatz 2 der Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) - Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit - Kostenorientierung der Preise - Regulierungsbefugnis der nationalen Regulierungsbehörde - Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) - Effektiver Rechtsschutz - Schutz vertraulicher Daten"

Parteien:

In der Rechtssache C-438/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Cour d'appel Brüssel (Belgien) mit Entscheidung vom 14. Oktober 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 2004, in dem Verfahren

Mobistar SA

gegen

Institut belge des services postaux et des télécommunications (IBPT),

Beteiligte:

Belgacom Mobile SA,

Base SA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter R. Schintgen, P. Kuris (Berichterstatter), G. Arestis und J. Klucka,

Generalanwalt: C. Stix-Hackl,

Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der Mobistar SA, vertreten durch F. Louis und A. Vallery, avocats,

- des Institut belge des services postaux et des télécommunications (IBPT), vertreten durch S. Depré, C. Janssens und S. Adam, avocats,

- der Belgacom Mobile SA, vertreten durch D. Van Liedekerke, avocat,

- der Base SA, vertreten durch A. Verheyden und Y. Desmedt, avocats,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

- der zyprischen Regierung, vertreten durch D. Lysandou als Bevollmächtigten,

- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriauciunas als Bevollmächtigten,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Bethell als Bevollmächtigten im Beistand von K. Smith und G. Peretz, Barristers,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Maidani und M. Shotter als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 23. März 2006

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33, im Folgenden: Rahmenrichtlinie) und der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51, im Folgenden: Universaldienstrichtlinie).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mobistar SA (im Folgenden: Mobistar) und dem Institut belge des services postaux et des télécommunications (IBPT), einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, über dessen Entscheidung vom 16. September 2003, mit der die vom aufnehmenden Mobilfunkbetreiber bei der Übertragung einer Nummer von einem Betreiber auf einen anderen zu zahlenden Einrichtungskosten für den Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 1. Oktober 2005 festgelegt wurden (im Folgenden: streitige Entscheidung).

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP) (ABl. L 199, S. 32) in der Fassung der Richtlinie 98/61/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 (ABl. L 268, S. 37, im Folgenden: Richtlinie 97/33) wurde durch die Rahmenrichtlinie mit Wirkung vom 25. Juli 2003 aufgehoben. Nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 legte die Richtlinie 97/33 einen ordnungspolitischen Rahmen für die Sicherstellung der Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen und insbesondere der Interoperabilität von Diensten in der Gemeinschaft sowie in Bezug auf die Sicherstellung eines Universaldienstes in einem Umfeld von offenen, wettbewerbsorientierten Märkten fest.

4 Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie definierte den Begriff "Zusammenschaltung" als "die physische und logische Verbindung von Telekommunikationsnetzen, die von derselben oder einer anderen Organisation genutzt werden, um Benutzern einer Organisation die Kommunikation mit Benutzern derselben oder einer anderen Organisation oder den Zugang zu den von einer anderen Organisation angebotenen Diensten zu ermöglichen".

5 Artikel 7 der Richtlinie legte die Grundsätze für Zusammenschaltungsentgelte fest und regelte die Kostenrechnungssysteme im Bereich der Zusammenschaltung. Anhang IV der Richtlinie enthielt eine "Liste mit Beispielen von Elementen für Zusammenschaltungsentgelte". Er bestimmte u. a., dass "Zusammenschaltungsentgelte ... nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einen angemessenen Anteil an gemeinsamen Kosten, Gemeinkosten und an den Kosten beinhalten [können], die durch die Gewährung eines gleichwertigen Zugangs und der Übertragbarkeit von Nummern sowie die Erfüllung grundlegender Anforderungen entstehen (Erhaltung der Netzintegrität, Netzsicherheit in Notsituationen, Interoperabilität der Dienste und Datenschutz)".

6 Artikel 12 Absatz 5 der Richtlinie 97/33 sah vor:

"Die nationalen Regulierungsbehörden fördern die frühestmögliche Einführung der Übertragbarkeit von Nummern, bei der der Teilnehmer auf Antrag seine Nummer(n) im festen öffentlichen Telefonnetz und dem diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetz (ISDN) - im Fall geografisch gebundener Nummern an einem bestimmten Standort und im Fall aller anderen Nummern an einem beliebigen Standort - beibehalten kann, und zwar unabhängig von der Organisation, die den Dienst erbringt; sie stellen sicher, dass dieses Leistungsmerkmal spätestens ab dem 1. Januar 2000 oder, in denjenigen Ländern, denen eine zusätzliche Übergangsfrist eingeräumt wurde, so bald wie möglich danach, spätestens jedoch zwei Jahre nach einem für die vollständige Liberalisierung der Sprachtelefondienste vereinbarten späteren Zeitpunkt, zur Verfügung steht.

Um sicherzustellen, dass die Gebühren für die Verbraucher angemessen sind, sorgen die nationalen Regulierungsbehörden dafür, dass für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Erbringung dieser Dienstleistung eine angemessene Gebühr festgelegt wird."

7 Für alle Übertragungsnetze und -dienste wurde ein neuer rechtlicher Rahmen in Form von vier Richtlinien geschaffen, zu denen neben der Rahmenrichtlinie und der Universaldienstrichtlinie die Richtlinie 2002/19/EG des Parlaments und des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7, im Folgenden: Zugangsrichtlinie) und die Richtlinie 2002/20/EG des Parlaments und des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21, im Folgenden: Genehmigungsrichtlinie) gehören.

8 Artikel 30 der Universaldienstrichtlinie bestimmt:

"(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Teilnehmer öffentlich zugänglicher Telefondienste, einschließlich mobiler Dienste, die dies beantragen, ihre Nummer(n) unabhängig von dem Unternehmen, das den Dienst anbietet, wie folgt beibehalten können:

a) im Fall geografisch gebundener Nummern an einem bestimmten Standort und

b) im Fall geografisch nicht gebundener Nummern an jedem Standort.

Dieser Absatz gilt nicht für die Übertragung von Nummern zwischen Netzen, die Dienste an festen Standorten erbringen, und Mobilfunknetzen.

(2) Die nationalen Regulierungsbehörden sorgen dafür, dass die Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit kostenorientiert sind und etwaige direkte Gebühren für die Verbraucher diese nicht abschrecken, diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.

(3) Die nationalen Regulierungsbehörden schreiben Endnutzertarife für die Nummernübertragung nicht auf eine Weise vor, die den Wettbewerb verfälscht, etwa durch Festlegung besonderer oder gemeinsamer Endnutzertarife."

9 Artikel 4 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie lautet:

"Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder -dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann. Diese Stelle, die auch ein Gericht sein kann, muss über den angemessenen Sachverstand verfügen, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Umständen des Falles angemessen Rechnung getragen wird und wirksame Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind. Bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens bleibt der Beschluss der nationalen Regulierungsbehörde in Kraft, sofern nicht die Beschwerdeinstanz anders entscheidet."

Nationales Recht

10 Mit der streitigen Entscheidung, die gemäß dem belgischen Gesetz über den Status der Regulierungsbehörde für die belgische Post und Telekommunikation vom 17. Januar 2003 (Moniteur belge vom 24. Januar 2003, im Folgenden: Gesetz vom 17. Januar 2003) und der Königlichen Verordnung über die Übertragbarkeit der Nummern von Endnutzern öffentlich angebotener Mobilfunkdienste vom 23. September 2002 (Moniteur belge vom 1. Oktober 2002, im Folgenden: Königliche Verordnung vom 23. September 2002) erging, legte das IBPT, die nationale Regulierungsbehörde im Sinne des Artikels 2 Buchstabe g der Rahmenrichtlinie, die Einrichtungskosten für jede erfolgreich von einem Betreiber auf einen anderen übertragene Mobiltelefonnummer für den Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 1. Oktober 2005 auf 3,86 Euro für eine einfache Anlage und auf 23,41 Euro für eine komplexe Anlage fest. Nach Artikel 19 der Königlichen Verordnung wurden diese Kosten auf der Grundlage des Konzepts der "fiktiven Kosten eines effektiven Mobilfunkbetreibers" festgelegt. Aus Nummer 4 der streitigen Entscheidung ergibt sich, dass dieser Referenzbetreiber nicht zwangsläufig derjenige ist, dessen Kosten am niedrigsten sind, sondern derjenige, der innerhalb der Gruppe mit vergleichbarem Umfeld als wettbewerbsfähig anzusehen ist. Beim Erlass der streitigen Entscheidung berücksichtigte das IBPT die Angaben der drei in Belgien tätigen Mobilfunkbetreiber, d. h. der Mobistar, der Belgacom Mobile SA (im Folgenden: Belgacom Mobile) und der Base SA (im Folgenden: Base).

11 Die Königliche Verordnung vom 23. September 2002 enthält u. a. Bestimmungen über die Aufteilung von Kosten, die den Netzbetreibern im Zusammenhang mit der Übertragung von Mobilfunknummern entstehen. Sie unterscheidet vier Arten von Kosten: durch die Einrichtung der Übertragbarkeit hervorgerufene Kosten, Einrichtungskosten je Leistung oder Nummer (im Folgenden: Einrichtungskosten), Kosten im Zusammenhang mit der zentralen Referenzdatenbank und Verkehrskosten im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit (im Folgenden: Verkehrskosten).

12 Artikel 18 dieser Königlichen Verordnung definiert die Einrichtungskosten als "die einmaligen Mehrkosten infolge der Übertragung einer oder mehrerer Mobilfunknummern gegenüber den ohne Nummernübertragbarkeit anfallenden Kosten für den Wechsel von Kunden zu einem anderen Betreiber oder Erbringer von Mobilfunkdiensten oder für die Beendigung der Leistungserbringung".

13 Nach Artikel 19 der Königlichen Verordnung werden "die Einrichtungskosten je Leitung oder Nummer ... vom [IBPT] auf der Grundlage der fiktiven Kosten eines effizienten Mobilfunkbetreibers festgelegt. Die vom [IBPT] festgelegten Beträge zur Deckung der Einrichtungskosten je Leitung oder Nummer ... orientieren sich an den Kosten."

14 Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass es nur um die Einrichtungskosten geht, die dem Mobilfunkbetreiber entstehen, von dem aus eine Mobilfunknummer übertragen wird (im Folgenden: abgebender Betreiber). Der abgebende Betreiber kann dem Mobilfunkbetreiber, auf den die Mobilfunknummer übertragen wird (im Folgenden: aufnehmender Betreiber), die Einrichtungskosten in der vom IBPT festgelegten Höhe in Rechnung stellen. Dabei handelt es sich um einen Höchstbetrag, so dass die Mobilfunkbetreiber untereinander auch einen niedrigeren Betrag aushandeln dürfen. Andererseits kann ein abgebender Betreiber den von der IBPT festgelegten Deckungsbetrag prinzipiell auch dann verlangen, wenn seine tatsächlichen Einrichtungskosten geringer sind.

15 Gemäß Artikel 11 der Königlichen Verordnung vom 23. September 2002 darf der abgebende Betreiber von einem Endnutzer, der seine Nummer übertragen lässt, keine Entschädigung verlangen. Der aufnehmende Betreiber darf vom Endnutzer jedoch eine Entschädigung von höchstens 15 Euro für die Nummernübertragung verlangen.

16 Bei den Verkehrskosten schließlich handelt es sich gemäß Artikel 18 der Königlichen Verordnung um "die zusätzlichen Kosten, die durch Anrufe zu übertragenen Nummern im Vergleich zu Anrufen zu nicht übertragenen Nummern für das Netz verursacht werden". Diese Kosten sind dem abgebenden Betreiber von dem Betreiber, aus dessen Netz der Anruf getätigt wird und der den Anruf dem Endnutzer in Rechnung stellt, anteilig zu ersetzen.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17 Die Mobistar erhob bei der Cour d'appel Brüssel Klage gegen die streitige Entscheidung mit dem Vorbringen, die darin festgelegten Kosten seien zu hoch. Diese Klage ist gegen das IBPT, die Belgacom Mobile und die Base gerichtet. Anders als die Mobistar hält die Belgacom Mobile diese Kosten für nicht hoch genug angesetzt, während die Base, die die Anträge der Mobistar unterstützt, die Rechtswidrigkeit der Königlichen Verordnung vom 23. September 2002 und der darauf gestützten streitigen Entscheidung rügt und vor allem einen Verstoß gegen Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie geltend macht.

18 Die Cour d'appel Brüssel stellt fest, dass die streitige Entscheidung die Wirkungen einer Maßnahme habe, mit der ein gemeinsamer Höchstpreis für die Übertragung einer Nummer vorgeschrieben werde, von dem mit Zustimmung des abgebenden Betreibers nur nach unten abgewichen werden dürfe, und meint, dass die Begründetheit der Klage davon abhänge, wie verschiedene Fragen zur Rechtmäßigkeit der Königlichen Verordnung vom 23. September 2002, der Rechtsgrundlage der streitigen Entscheidung, zu beantworten seien.

19 Die Cour d'appel Brüssel hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Zu dem in Artikel 30 der Universaldienstrichtlinie vorgesehenen Leistungsmerkmal der Nummernübertragbarkeit:

a) Betrifft Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie, wonach die nationalen Regulierungsbehörden dafür zu sorgen haben, dass die Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit kostenorientiert sind, nur die Kosten im Zusammenhang mit dem Verkehr zu der übertragenen Nummer hin, oder erfasst er auch die Preisfestlegung für die Kosten, die den Betreibern für die Erledigung der Anträge auf Übertragung der Nummer entstehen?

b) Falls Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie nur die Kosten für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit dem Verkehr zu der übertragenen Nummer hin betrifft, ist er dann dahin auszulegen,

i) dass er den Betreibern die Freiheit lässt, die Geschäftsbedingungen für dieses Leistungsmerkmal auszuhandeln, und dass er es den Mitgliedstaaten verbietet, den Unternehmen, die das Leistungsmerkmal der Nummernübertragbarkeit anbieten müssen, Geschäftsbedingungen in Bezug auf die Leistungen im Zusammenhang mit der Erledigung eines Übertragungsantrags im Voraus aufzuerlegen;

ii) dass er es den Mitgliedstaaten nicht verbietet, den Betreibern, die als solche mit beträchtlicher Macht auf einem bestimmten Markt ausgemacht worden sind, Geschäftsbedingungen für das betreffende Leistungsmerkmal im Voraus aufzuerlegen?

c) Falls Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass danach alle Betreiber verpflichtet sind, die Entgelte für die Übertragung der Nummer an den Kosten auszurichten, ist er dann dahin auszulegen, dass er folgenden Maßnahmen entgegensteht:

i) einer nationalen Regelung, mit der für die Ermittlung der Kosten eine bestimmte Berechnungsmethode vorgeschrieben wird;

ii) einer nationalen Maßnahme, mit der die Aufteilung der Kosten zwischen den Betreibern im Voraus festgelegt wird;

iii) einer nationalen Maßnahme, mit der die nationale Regulierungsbehörde ermächtigt wird, für alle Betreiber und für einen bestimmten Zeitraum den Höchstbetrag der Gebühren, die der abgebende Betreiber vom aufnehmenden Betreiber verlangen darf, im Voraus festzulegen;

iv) einer nationalen Maßnahme, mit der dem abgebenden Betreiber das Recht eingeräumt wird, die von der nationalen Regulierungsbehörde festgelegten Preise zu verlangen, und nach der er von der Verpflichtung befreit ist, nachzuweisen, dass sich die von ihm geforderten Preise an seinen eigenen Kosten ausrichten?

2. Zu dem in Artikel 4 der Rahmenrichtlinie vorgesehenen Rechtsbehelf:

Ist Artikel 4 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen, dass die für die Entscheidung über Rechtsbehelfe zuständige Stelle über sämtliche Informationen verfügen können muss, die erforderlich sind, damit die Begründetheit des Rechtsbehelfs sachgemäß geprüft werden kann, einschließlich der vertraulichen Angaben, auf deren Grundlage die nationale Regulierungsbehörde die Entscheidung erlassen hat, die Gegenstand des Rechtsbehelfs ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Zum ersten Teil der ersten Frage

20 Mit dem ersten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Festsetzung der Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit nach Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie neben den Verkehrskosten auch die Einrichtungskosten betrifft.

21 Die Mobistar, die Belgacom Mobile und das IBPT, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sowie die zyprische und die litauische Regierung machen geltend, dass Artikel 30 Absatz 2 nur die Kosten im Zusammenhang mit dem Verkehr zu der übertragenen Nummer hin und nicht die Kosten für die Erledigung eines Antrags auf Nummernübertragung zwischen Mobilfunkbetreibern erfasse.

22 Die Base sowie die italienische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten hingegen die Auffassung, dass die Preise für die Zusammenschaltung nach Artikel 30 Absatz 2 alle Dienste im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit erfassten, für die die Betreiber eine Entschädigung verlangen könnten.

23 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es bei dem Begriff der Nummernübertragbarkeit darum geht, dass ein Mobilfunkabonnent bei einem Wechsel des Betreibers seine Rufnummer behalten kann.

24 Dafür ist erforderlich, dass die Plattformen der Betreiber kompatibel sind, dass die Nummer des Abonnenten von dem einen Betreiber auf den anderen übertragen wird und dass die Weiterleitung der Telefonanrufe zur übertragenen Nummer technisch ermöglicht wird.

25 Die Nummernübertragbarkeit soll Hindernisse für die freie Wahl der Verbraucher insbesondere zwischen Mobilfunkbetreibern beseitigen und damit die Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt für Telefondienste sicherstellen.

26 Zur Erreichung dieser Ziele hat der Gemeinschaftsgesetzgeber in Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie vorgesehen, dass die nationalen Regulierungsbehörden dafür sorgen, dass die Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit kostenorientiert sind und etwaige direkte Gebühren für die Verbraucher diese nicht abschrecken, diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.

27 Die Auslegung, nach der die Einrichtungskosten von dieser Bestimmung nicht erfasst sein sollen, widerspräche dem Sinn und Zweck der Universaldienstrichtlinie und könnte deren praktische Wirksamkeit im Hinblick auf die Nummernübertragbarkeit einschränken.

28 Die Einrichtungskosten machen nämlich einen erheblichen Teil der Kosten aus, die vom aufnehmenden Betreiber unmittelbar oder mittelbar auf den Abonnenten, der von der Möglichkeit der Übertragung seiner Mobiltelefonnummer Gebrauch machen möchte, abgewälzt werden können.

29 Erstreckte sich die in Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie verankerte Überwachungspflicht nicht auf diese Kosten, bestünde die Gefahr, dass die abgebenden Betreiber, insbesondere die auf dem Markt bereits etablierten, die über einen großen Kundenstamm verfügen, diese Kosten zu hoch ansetzen und damit die Verbraucher davon abschrecken, die Übertragungsmöglichkeit zu nutzen, oder diese Möglichkeit sogar faktisch weitgehend illusorisch machen.

30 Auf den ersten Teil der ersten Frage ist daher zu antworten, dass die Festsetzung der Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit nach Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie die Verkehrskosten der übertragenen Nummern und die Einrichtungskosten betrifft, die den Mobilfunkbetreibern durch die Erledigung der Anträge auf Nummernübertragung entstehen.

Zum zweiten und zum dritten Teil der ersten Frage

31 In Anbetracht der Antwort auf den ersten Teil der ersten Frage bleibt nur der dritte Teil dieser Frage zu beantworten.

32 Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob die nationalen Regulierungsbehörden im Voraus anhand eines theoretischen Kostenmodells Höchstbeträge für alle Mobilfunkbetreiber festlegen können.

33 Nach Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie müssen die nationalen Regulierungsbehörden dafür sorgen, dass die Betreiber die Preise kostenorientiert bestimmen und dass die Preise die Verbraucher nicht abschrecken.

34 Nachdem sie sich davon überzeugt haben, dass sich die Preise an den Kosten orientieren, verfügen die nationalen Regulierungsbehörden nach Artikel 30 Absatz 2 über einen gewissen Spielraum bei der Bewertung der Situation und der Bestimmung der Methode, die ihnen zur Erreichung der vollen Wirksamkeit der Nummernübertragbarkeit und damit dazu am besten geeignet erscheint, die Verbraucher nicht davon abzuschrecken, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

35 Es ist festzustellen, dass die nationale Regulierungsbehörde diesen Spielraum im vorliegenden Fall nicht überschritten hat. Denn eine Methode, mit der ein Höchstbetrag bestimmt wird, wie die hier von den belgischen Behörden festgelegte kann unter der Voraussetzung als mit Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie vereinbar angesehen werden, dass die neuen Betreiber die Anwendung der Höchstbeträge durch die bereits am Markt befindlichen Betreiber wirksam beanstanden können, indem sie nachweisen, dass diese Beträge im Verhältnis zur Kostenstruktur dieser Betreiber zu hoch sind.

36 Aus dem Vorstehenden ergibt sich daher, dass es die Universaldienstrichtlinie grundsätzlich nicht verbietet, dass die zuständigen nationalen Behörden im Voraus anhand eines theoretischen Kostenmodells Höchstbeträge für alle Mobilfunkbetreiber festlegen.

37 Nach alledem ist auf den dritten Teil der ersten Frage zu antworten, dass Artikel 30 Absatz 2 der Universaldienstrichtlinie dem Erlass einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, mit der anhand eines theoretischen Kostenmodells die Höchstbeträge festgelegt werden, die der abgebende Betreiber vom aufnehmenden Betreiber für Einrichtungskosten verlangen kann, soweit sich diese Preise an den Kosten orientieren und so festgelegt werden, dass die Verbraucher nicht davon abgeschreckt werden, von der Möglichkeit der Nummernübertragung Gebrauch zu machen.

Zur zweiten Frage

38 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob sich aus Artikel 4 der Rahmenrichtlinie ergibt, dass eine unabhängige Stelle im Sinne dieser Bestimmung, wie das vorlegende Gericht, über sämtliche für die Prüfung der Begründetheit des bei ihr anhängigen Rechtsbehelfs erforderlichen Angaben verfügen muss, einschließlich der Angaben, die nach den Rechtsvorschriften über die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen vertraulich sind.

39 Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass sich das IBPT auf die sich aus seinem Status, wie er im Gesetz vom 17. Januar 2003 definiert sei, ergebende Verschwiegenheitspflicht beruft.

40 Die Stelle, die nach Artikel 4 der Rahmenrichtlinie über Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde befinden soll, muss über sämtliche Informationen verfügen können, die erforderlich sind, um über die Begründetheit dieser Rechtsbehelfe in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können, also auch über vertrauliche Informationen. Der Schutz dieser Informationen und von Geschäftsgeheimnissen muss jedoch sichergestellt und so ausgestaltet sein, dass er mit den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes und der Wahrung der Verteidigungsrechte der am Rechtsstreit Beteiligten im Einklang steht.

41 Aus Artikel 4 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie geht ausdrücklich hervor, dass sich das Recht der Nutzer und Anbieter, gegen die sie betreffenden Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde einen Rechtsbehelf einzulegen, auf wirksame Einspruchsmöglichkeiten stützen muss, die es erlauben, den Umständen des Falles angemessen Rechnung zu tragen.

42 Ferner sieht Artikel 5 Absatz 3 dieser Richtlinie vor, dass die von den nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen des Informationsaustauschs zwischen ihnen und der Kommission als vertraulich angesehenen Informationen der Kommission übermittelt werden können, die allerdings eine entsprechende vertrauliche Behandlung sicherstellen muss.

43 Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 4 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die Stelle, die zur Entscheidung über Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde berufen ist, über sämtliche für die Prüfung der Begründetheit eines Rechtsbehelfs nötigen Informationen verfügen muss, einschließlich etwaiger vertraulicher Informationen, die die Regulierungsbehörde beim Erlass der Entscheidung, die Gegenstand des Rechtsbehelfs ist, berücksichtigt hat. Diese Stelle hat jedoch die vertrauliche Behandlung der betreffenden Angaben zu gewährleisten und dabei die Erfordernisse eines effektiven Rechtsschutzes zu beachten und die Wahrung der Verteidigungsrechte der am Rechtsstreit Beteiligten sicherzustellen.

Kostenentscheidung:

Kosten

44 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Festsetzung der Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit nach Artikel 30 Absatz 2 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) betrifft die Verkehrskosten der übertragenen Nummern und die Einrichtungskosten, die den Mobilfunkbetreibern durch die Erledigung der Anträge auf Nummernübertragung entstehen.

2. Artikel 30 Absatz 2 der Richtlinie 2002/22 steht dem Erlass einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegen, mit der anhand eines theoretischen Kostenmodells die Höchstbeträge festgelegt werden, die der abgebende Betreiber vom aufnehmenden Betreiber für Einrichtungskosten verlangen kann, soweit sich diese Preise an den Kosten orientieren und so festgelegt werden, dass die Verbraucher nicht davon abgeschreckt werden, von der Möglichkeit der Nummernübertragung Gebrauch zu machen.

3. Artikel 4 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass die Stelle, die zur Entscheidung über Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde berufen ist, über sämtliche für die Prüfung der Begründetheit eines Rechtsbehelfs nötigen Informationen verfügen muss, einschließlich etwaiger vertraulicher Informationen, die die Regulierungsbehörde beim Erlass der Entscheidung, die Gegenstand des Rechtsbehelfs ist, berücksichtigt hat. Diese Stelle hat jedoch die vertrauliche Behandlung der betreffenden Angaben zu gewährleisten und dabei die Erfordernisse eines effektiven Rechtsschutzes zu beachten und die Wahrung der Verteidigungsrechte der am Rechtsstreit Beteiligten sicherzustellen.



Ende der Entscheidung

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