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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 23.05.2007
Aktenzeichen: C-438/06
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, EG


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 71 Abs. 1 Buchst. b
EG Art. 234
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

23. Mai 2007

"Vorabentscheidungsersuchen - Offensichtliche Unzulässigkeit"

Parteien:

In der Rechtssache C-438/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Sozialgericht Würzburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 28. September 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Oktober 2006, in dem Verfahren

Otmar Greser

gegen

Bundesagentur für Arbeit,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten R. Schintgen sowie der Richter A. Tizzano und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 71 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits von O. Greser gegen die Bundesagentur für Arbeit über die Gewährung von Leistungen gemäß der Verordnung Nr. 1408/71 an einen arbeitslosen Arbeitnehmer, der bei seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnte.

3 Das Sozialgericht Würzburg ist der Ansicht, dass für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits die Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs des Grenzgängers erforderlich sei, um zu bestimmen, ob dieser auf den Kläger des Ausgangsverfahrens anwendbar ist.

4 Das Sozialgericht Würzburg hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Für den vorliegenden Rechtsstreit ist es vorgreiflich, wie Art. 71 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 1408/71 auszulegen ist. Muss nach dieser Vorschrift ein Arbeitnehmer an seinen Wohnort zurückkehren oder genügt es, dass der Arbeitnehmer einmal wöchentlich an einen anderen Ort des Mitgliedsstaats zurückkehrt?

Zur Zulässigkeit der Vorabentscheidungsfrage

5 Nach ständiger Rechtsprechung ist das mit Art. 234 EG eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen (vgl. u. a. Beschluss vom 9. August 1994, La Pyramide, C-378/93, Slg. 1994, I-3999, Randnr. 10, Urteil vom 5. Februar 2004, Schneider, C-380/01, Slg. 2004, I-1389, Randnr. 20, und Beschluss vom 13. Juli 2006, Eurodomus, C-166/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 4).

6 Im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist es Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, das allein den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt unmittelbar kennt und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 38, vom 6. Dezember 2001, Clean Car Autoservice, C-472/99, Slg. 2001, I-9687, Randnr. 13, und Schneider, Randnr. 21).

7 Eine dem nationalen Gericht dienliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist jedoch nur möglich, wenn dieses den Sachverhalt und die Rechtslage, in denen sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (vgl. u. a. Urteile vom 23. März 1995, Saddik, C-458/93, Slg. 1995, I-511, Randnr. 12, und vom 13. April 2000, Lehtonen und Castors Braine, C-176/96, Slg. 2000, I-2681, Randnr. 22, Beschlüsse vom 28. Juni 2000, Laguillaumie, C-116/00, Slg. 2000, I-4979, Randnr. 15, und Eurodomus, Randnr. 9).

8 Daher hat der Gerichtshof entschieden, dass es unerlässlich ist, dass das nationale Gericht in der Vorlageentscheidung den Sachverhalt und die Rechtslage des Ausgangsverfahrens eindeutig darlegt und ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den nationalen Rechtsvorschriften herstellt, die auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anzuwenden sind (Beschlüsse vom 7. April 1995, Grau Gomis u. a., C-167/94, Slg. 1995, I-1023, Randnr. 9, und Eurodomus, Randnr. 8).

9 Im vorliegenden Fall enthält die Entscheidung des vorlegenden Gerichts keine solchen Erläuterungen. Dieses Gericht beschreibt weder den nationalen rechtlichen Rahmen noch die genauen Gründe, die es zur Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts veranlasst haben, und es beschreibt insbesondere nicht den Zusammenhang, den es zwischen diesem Recht und den nationalen Rechtsvorschriften herstellt, die auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anzuwenden sind. Folglich genügt diese Vorlageentscheidung nicht den in den Randnrn. 7 und 8 des vorliegenden Beschlusses genannten Anforderungen.

10 Dieser Mangel kann im Übrigen nicht dadurch abgeschwächt werden, dass die nationalen Akten, die am selben Tag wie der Vorlagebeschluss bei der Kanzlei eingegangen sind, es in gewissem Umfang erlauben, den Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens zu bestimmen (vgl. Beschluss Eurodomus, Randnr. 9). In diesem Zusammenhang ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Angaben in den Vorlageentscheidungen nicht nur dazu dienen, dem Gerichtshof sachdienliche Antworten zu ermöglichen, sondern es auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den sonstigen Betroffenen ermöglichen sollen, gemäß Art. 23 des Statuts des Gerichtshofs Erklärungen abzugeben. Der Gerichtshof hat darauf zu achten, dass diese Möglichkeit gewahrt wird; dabei ist zu berücksichtigen, dass den Beteiligten nach dieser Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (vgl. Beschluss vom 6. Oktober 2006, De Graaf und Daniels, C-436/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 11).

11 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die dem Gerichtshof vorgelegte Frage gemäß Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung offensichtlich unzulässig ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) beschlossen:

Das vom Sozialgericht Würzburg mit Entscheidung vom 28. September 2006 vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen ist offensichtlich unzulässig.



Ende der Entscheidung

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