Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 13.12.2000
Aktenzeichen: C-44/00 P
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Der Kläger kann nur dann unter Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Präklusion wegen Versäumung der Frist für die Erhebung einer Untätigkeitsklage entgehen, wenn er auf Erwartungen verweisen kann, die sich auf genaue Zusicherungen oder ein Verhalten der Gemeinschaftsverwaltung gründen, durch das bei einem gutgläubigen Bürger, der die erforderliche Sorgfalt eines durchschnittlich informierten Wirtschaftsteilnehmers an den Tag legt, eine verständliche Verwirrung hervorgerufen werden konnte. Dies trifft weder auf allgemeine öffentliche Erklärungen eines Kommissionsmitglieds zu noch auf wiederholte Kontakte zwischen dem Betroffenen und der Kommission nach einer an diese gerichteten Aufforderung zur Stellungnahme.

Da sich aus der sehr allgemeinen Formulierung eines Schreibens des für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissionsmitglieds an den Autor einer gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 eingereichten Beschwerde ergibt, dass dem Betroffenen durch diese Mitteilung keine genauen Zusicherungen gemacht wurden und die Mitteilung nicht geeignet war, bei ihm eine verständliche Verwirrung hervorzurufen und dadurch begründete Erwartungen zu wecken, die geeignet wären, ein gerichtlich zu schützendes berechtigtes Vertrauen zu begründen, hat das Gericht zu Recht ausgeführt, dass der Betroffene nicht unter Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes den Ablauf der Klagefristen heilen könne, die zwingenden Rechts seien, so dass es nicht Sache der Parteien sei, sie nach Belieben festzusetzen.

(vgl. Randnrn. 50-52)

2 Die in Artikel 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG) eröffnete Klagemöglichkeit beruht auf der Vorstellung, dass die beanstandete rechtswidrige Untätigkeit des Gemeinschaftsorgans die Anrufung des Gerichtshofes ermöglicht, um dessen Feststellung zu erwirken, dass die Unterlassung, soweit das betroffene Organ sie nicht abgestellt hat, gegen den EG-Vertrag verstößt. Diese Feststellung hat nach Artikel 176 EG-Vertrag (jetzt Artikel 233 EG) zur Folge, dass das beklagte Organ die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen zu treffen hat; daneben kann sie zu Klagen aus außervertraglicher Haftung Anlass geben. Wurde die Handlung, deren Unterlassung Gegenstand des Rechtsstreits ist, nach Klageerhebung, aber vor Verkündung des Urteils vorgenommen, so könnte eine die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Unterlassung feststellende Entscheidung des Gerichtshofes die in Artikel 176 EG-Vertrag bezeichneten Rechtsfolgen nicht mehr auslösen. In einem solchen Fall ist der Rechtsstreit daher ebenso wie in dem Fall, in dem das beklagte Organ der Aufforderung, tätig zu werden, innerhalb der Zweimonatsfrist entsprochen hat, gegenstandslos geworden und hat sich in der Hauptsache erledigt. Die Tatsache, dass die genannte Stellungnahme des Organs den Kläger nicht zufrieden gestellt hat, ist insoweit ohne Bedeutung, denn Artikel 175 EG-Vertrag meint die Untätigkeit durch Nichtbescheidung oder Nichtstellungnahme, nicht dagegen den Erlass einer anderen als der von der betroffenen Partei gewünschten oder für notwendig erachteten Handlung.

Im Zusammenhang mit einer Beschwerde wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln bildet ein dem Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 entsprechendes Schreiben der Kommission an den Autor einer gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 eingereichten Beschwerde eine Stellungnahme im Sinne von Artikel 175 Absatz 2 EG-Vertrag, die die Untätigkeit der Kommission beendet und die Untätigkeitsklage des Beschwerdeführers gegenstandslos werden lässt.

(vgl. Randnrn. 83-84)

3 Ein Rechtsmittelgrund, der die Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung des Gerichts betrifft, ist nach Artikel 51 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, wonach ein Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung unzulässig ist, als unzulässig zurückzuweisen, wenn alle anderen Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind.

(vgl. Randnr. 93)


Beschluss des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 13. Dezember 2000. - Société de distribution mécanique et d'automobiles gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Vertrieb von Kraftfahrzeugen - Beschwerde - Untätigkeits-, Nichtigkeits- und Schadensersatzklage - Unzulässigkeit - Teilweise offensichtlich unzulässiges und teilweise offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel. - Rechtssache C-44/00 P.

Ende der Entscheidung

Zurück