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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 30.04.2004
Aktenzeichen: C-446/02
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften Art. 65
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften Art. 78 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften Art. 78 Abs. 3
Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen Art. 3
Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen Art. 4 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen Art. 11 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen Art. 11 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 30. April 2004. - Hauptzollamt Hamburg-Jonas gegen Gouralnik & Partner GmbH. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesfinanzhof - Deutschland. - Artikel 104 § 3 der Verfahrensordnung - Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Ausfuhrerstattungen - Unrichtige Anmeldung - Auswirkungen auf die Gültigkeit der Anmeldung. - Rechtssache C-446/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-446/02

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

gegen

Gouralnik & Partner GmbH

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der für die Ausfuhrerstattungen geltenden Regelung

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie des Richters R. Schintgen und der Richterin N. Colneric,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts von der Absicht des Gerichtshofes, gemäß Artikel 104 § 3 seiner Verfahrensordnung durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

nachdem den in Artikel 23 der Satzung des Gerichtshofes bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben worden ist,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1. Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Dezember 2002, gemäß Artikel 234 EG mehrere Fragen nach der Auslegung der für die Ausfuhrerstattungen geltenden Regelung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Hauptzollamt HamburgJonas und der Gouralnik & Partner GmbH über den Anspruch auf Ausfuhrerstattungen für unter einer falschen Tarifstelle angemeldetes KasselerFleisch.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, nachfolgend: Zollkodex der Gemeinschaften)

3. Artikel 65 des Zollkodex der Gemeinschaften lautet:

Dem Anmelder wird auf Antrag bewilligt, eine oder mehrere Angaben in der Anmeldung zu berichtigen, nachdem diese von den Zollbehörden angenommen worden ist. Die Berichtigung darf nicht zur Folge haben, dass sich die Anmeldung auf andere als die ursprünglich angemeldeten Waren bezieht.

Eine Berichtigung wird jedoch nicht mehr zugelassen, wenn der Antrag gestellt wird, nachdem die Zollbehörden

a) den Anmelder davon unterrichtet haben, dass sie eine Beschau der Waren vornehmen wollen,

b) festgestellt haben, dass die betreffenden Angaben unrichtig sind oder

c) die Waren dem Anmelder bereits überlassen haben.

4. Artikel 78 Absätze 1 und 3 dieses Kodex bestimmt:

(1) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.

...

(3) Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln.

Die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1)

5. In Artikel 3 Absätze 2, 5 und 6 der Verordnung Nr. 3665/87 heißt es:

(2) Der Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung ist maßgebend für

a) den anzuwendenden Erstattungssatz...

...

(5) Das bei der Ausfuhr für die Inanspruchnahme einer Ausfuhrerstattung verwendete Dokument muss alle für die Berechnung des Ausfuhrerstattungsbetrags erforderlichen Angaben enthalten und insbesondere:

a) die Bezeichnung der Erzeugnisse nach der für die Ausfuhrerstattungen verwendeten Nomenklatur,

...

(6) Im Zeitpunkt dieser Annahme oder der Vornahme dieser Handlung werden die Erzeugnisse bis zum Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft unter Zollkontrolle gestellt.

6. Artikel 4 Absatz 1 dieser Verordnung lautet:

Unbeschadet der Artikel 5 und 16 ist die Zahlung der Ausfuhrerstattung von dem Nachweis abhängig, dass die Erzeugnisse, für welche die Ausfuhrerklärung angenommen wurde, spätestens sechzig Tage nach dieser Annahme das Zollgebiet der Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen haben.

7. Artikel 11 Absätze 1 und 3 der Verordnung Nr. 3665/87 in seiner Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 zur Änderung der Verordnung Nr. 3665/87 hinsichtlich Sanktionen und der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge (ABl. L 310, S. 57), die Ausfuhren betrifft, für die die in Artikel 3 der Verordnung Nr. 3665/87 genannten Formalitäten ab dem 1. April 1995 erfuellt werden, bestimmt:

(1) Wird festgestellt, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, so entspricht die für die betreffende Ausfuhr geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe

a) des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung,

b) des doppelten Unterschieds zwischen der beantragten und der geltenden Erstattung, wenn der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat.

Als beantragte Erstattung gilt der Betrag, der anhand der Angaben gemäß Artikel 3 bzw. Artikel 25 Absatz 2 berechnet wird....

...

(3) Unbeschadet der Verpflichtung, gemäß Absatz 1 vierter Unterabsatz einen negativen Betrag zu berücksichtigen, wenn eine Erstattung unrechtmäßig gewährt wird, zahlt der Begünstigte den unrechtmäßig erhaltenen Betrag - einschließlich aller nach Absatz 1 erster Unterabsatz fälligen Sanktionen - zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurück.

...

Nationales Recht

8....

Der Ausgangsrechtsstreit und die Vorlagefragen

9. Die Gouralnik & Partner GmbH (nachfolgend: Klägerin) meldete am 21. Juni 1994, am 10. Oktober 1994 und am 9. Juni 1995 knochenlose Kochhinterschinken von Hausschweinen unter der Marktordnungswarenlistennummer 1602 4110 2100 zur Ausfuhr nach Russland an und beantragte zugleich die Zahlung von Ausfuhrerstattungen, die ihr vom Hauptzollamt HamburgJonas (nachfolgend: Beklagter) mit Bescheiden vom 26. August 1994, 9. März 1995 und 25. August 1995 in Höhe von insgesamt 35 999,06 DM gewährt wurden. Bei einer im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation bei der Zulieferfirma der Klägerin durchgeführten Prüfung wurde festgestellt, dass es sich bei einem Teil der von der Klägerin angemeldeten Waren um KasselerFleisch (Marktordnungswarenlistennummer 1602 4911 1900) handelte.

10. Daraufhin forderte der Beklagte von der Klägerin mit Rückforderungsbescheid vom 17. März 1998 die Rückzahlung der Ausfuhrerstattungen entsprechend den von der Zollprüfungsstelle festgestellten Kasseleranteilen in Höhe von insgesamt 8 069,22 DM. Er war der Ansicht, dass die Klägerin keinen Ausfuhrerstattungsanspruch für das in den fraglichen Sendungen enthaltene KasselerFleisch habe. Da die Klägerin insoweit keine Anmeldung abgegeben habe, seien diese Waren nicht unter Zollkontrolle gestellt worden, so dass es keinen Ausfuhrnachweis gebe.

11....

12....

13....

14....

15. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hängt seine Entscheidung davon ab, ob auch das in den ausgeführten Sendungen enthaltene Kasseler als zur Ausfuhr angemeldet angesehen werden könne und die Ausfuhrerstattung jedenfalls unter Anwendung des dafür geltenden Erstattungssatzes an die Klägerin zu zahlen sei....

16. Keine Zweifel hat es hinsichtlich der Rechtsgrundlage einer Pflicht zur Rückzahlung der Erstattungen. Insoweit habe das Finanzgericht zutreffend ausgeführt, dass in Bezug auf die Bescheide vom 26. August 1994 und 9. März 1995 in Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung die nationale Bestimmung des § 10 Absatz 1 Satz 1 [des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1986] Anspruchsgrundlage für Rückforderungen der für Kasseler gewährten Ausfuhrerstattungen sei. Richtig sei auch, dass die entsprechende Anspruchsgrundlage in Bezug auf den Bescheid vom 25. August 1995 der für Ausfuhren ab dem 1. April 1995 geltende Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3665/87 sei.

17. Es stelle sich die Frage, ob für den nach den Feststellungen des Prüfungsberichts der Zollbehörden in den verschiedenen fraglichen Sendungen enthaltenen KasselerAnteil, wie der Beklagte meine, überhaupt kein Anspruch auf Zahlung einer Ausfuhrerstattung bestehe oder ob, wie das Finanzgericht ausgeführt habe, ein solcher Anspruch wenigstens nach dem für Kasseler geltenden Erstattungssatz zu bemessen sei. Das hänge davon ab, ob das Kasseler die Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 erfuelle. Da davon auszugehen sei, dass die streitigen Sendungen rechtzeitig im Sinne dieser Bestimmung ausgeführt worden seien, stelle sich allein die Frage, ob der KasselerAnteil in den verschiedenen Sendungen von der Ausfuhranmeldung nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 erfasst werde. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist dies der Fall.

18. Nach Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung Nr. 3665/87 müsse die Ausfuhranmeldung die Bezeichnung der Erzeugnisse nach der für die Ausfuhrerstattungen verwendeten Nomenklatur enthalten. Das bedeute, dass die angegebene Bezeichnung richtig sein müsse. Ihre Unrichtigkeit habe aber nicht zwangsläufig zur Folge, dass die angemeldete Sendung nicht von der Ausfuhranmeldung erfasst werde. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die tatsächlich in der betreffenden Sendung enthaltene Ware nicht völlig von der Bezeichnung in der Ausfuhranmeldung abweiche. Wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt habe, handele es sich hier um einen solchen Fall. Denn sowohl der angemeldete Kochhinterschinken als auch das Kasseler seien Schweinefleisch derselben Position 1602 des Harmonisierten Systems und unterschieden sich nur durch ihre Einreihung in unterschiedliche Unterpositionen dieses Systems. Dass jeweils ein anderer Erstattungssatz gelte, rechtfertige jedenfalls nicht die Annahme, dass sich die Ausfuhranmeldung nicht auf das Kasseler bezogen habe.

19. Dem Umstand, dass das in den ausgeführten Sendungen enthaltene Kasseler fälschlicherweise als Kochschinken angemeldet worden sei, sei hier dadurch Rechnung zu tragen, dass die streitige Anmeldung im Rahmen einer von Amts wegen durchgeführten Überprüfung durch die Zollbehörden nach Artikel 78 Absatz 3 des Zollkodex der Gemeinschaften berichtigt und der zu Unrecht gezahlte Teil der Ausfuhrerstattungen zurückgefordert werde. Die Berichtigung der Anmeldung sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c des Zollkodex der Gemeinschaften eine Berichtigung nicht mehr zugelassen werden könne, nachdem die Zollbehörden die Waren dem Anmelder bereits überlassen hätten. Denn die Überprüfung und die Berichtigung der Ausfuhranmeldung seien nach Artikel 78 Absatz 3 des Zollkodex jederzeit möglich.

20. Unter Berücksichtigung des vom Beklagten angeführten Urteils vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C54/95 (Deutschland/Kommission, Slg. 1999, I35, Randnr. 75) kann das vorlegende Gericht Zweifel an der Richtigkeit seiner Auffassung nicht ganz ausschließen. Werde die in Randnummer 75 dieses Urteils aufgestellte Regel auf den Ausgangsrechtsstreit angewendet, bedeute das, dass die Klägerin hier keinen Anspruch auf Zahlung der Ausfuhrerstattung auf der Grundlage des für Kasseler geltenden Erstattungssatzes habe, wenn ihr die fehlerhafte Anmeldung zuzurechnen sei.

21. Nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist den Ausführungen in Randnummer 75 des genannten Urteils allerdings zu entnehmen, dass diese Regel nur gelte, wenn die Anmeldung weder vom Begünstigten noch von den Zollbehörden berichtigt worden sei. Da aber im Ausgangsverfahren eine Überprüfung der Anmeldung durch die Zollbehörden im Sinne des Artikels 78 des Zollkodex der Gemeinschaften stattgefunden habe und in diesem Rahmen die Zusammensetzung der zur Ausfuhr angemeldeten Sendungen festgestellt worden sei, habe es Zweifel, ob im vorliegenden Fall die vollständige Versagung von Ausfuhrerstattungen für das Kasseler mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Diese Zweifel würden dadurch verstärkt, dass die Regelung des Artikels 11 der Verordnung Nr. 3665/87 ein Sanktionssystem für Fälle vorsehe, in denen ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt habe. Diese Regelung könne auch Sachverhalte wie den vorliegenden, jedenfalls hinsichtlich des Erstattungsbescheids vom 25. August 1995, erfassen, ohne dass die Erstattung für das falsch angemeldete Erzeugnis ganz zu versagen sei.

22. Das vorlegende Gericht hat es daher für erforderlich gehalten, folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Besteht ein Anspruch auf Zahlung der Ausfuhrerstattung wenigstens nach dem für das tatsächlich ausgeführte Erzeugnis anwendbaren Erstattungssatz, wenn im Rahmen einer zollamtlichen Überprüfung festgestellt wird, dass die angemeldete und ausgeführte Sendung nicht vollständig aus dem angemeldeten Erzeugnis bestand, sondern zu einem bestimmten Teil ein anderes Erzeugnis enthielt, für das ein niedrigerer Erstattungssatz galt?

2. Ist es entscheidungserheblich, ob es sich bei dem unzutreffend angemeldeten Erzeugnis um eine ähnliche Ware wie die tatsächlich angemeldete handelt?

3. Falls die Frage 2 bejaht wird: Nach welchen Kriterien ist zu bestimmen, ob die Anmeldung auch die unzutreffend angemeldete Ware umfasst?

Zu den Vorlagefragen

Vorbringen der Beteiligten

23....

24....

25....

26....

27....

28. [Nach Ansicht der Kommission ist] Artikel 78 des Zollkodex der Gemeinschaften anwendbar, nach dem die Zollbehörden die Anmeldung hinsichtlich der nicht geschuldeten Erstattungen berichtigen könnten, mangels zusätzlicher Rechtsgrundlage jedoch keine Sanktionen wie die Streichung jeglicher Erstattung für die fraglichen Erzeugnisse verhängen dürften.

29. Die Kommission macht außerdem Verhältnismäßigkeitsüberlegungen geltend und bringt vor, eine Verweigerung jeglicher Erstattung bei fehlerhaften Angaben erscheine zur Erreichung des konkret verfolgten Ziels einer Eindämmung von Betrügereien nicht erforderlich. Es verdiene vielmehr den Vorzug - wie mit der Verordnung Nr. 2945/94 geschehen - Sanktionen vorzusehen, die sich am erhaltenen Mehrbetrag und an der Schwere der Schuld orientierten.

30. Diese Auslegung stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Ausfuhrerstattungen....

31....

32....

Antwort des Gerichtshofes

33. Da die Beantwortung der Vorlagefragen keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, hat der Gerichtshof nach Artikel 104 § 3 seiner Verfahrensordnung das vorlegende Gericht von seiner Absicht, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, unterrichtet und den in Artikel 23 der Satzung des Gerichtshofes bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben.

34....

35. Die oben in den Randnummern 18 bis 21 wiedergegebenen Ausführungen des vorlegenden Gerichts geben die Antwort auf die Vorlagefragen vor. Sie werden durch die Erklärungen der Kommission vor dem Gerichtshof bestärkt.

36. Randnummer 75 des Urteils Deutschland/Kommission kann nicht auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens übertragen werden, sondern ist vor dem Hintergrund des Sachverhalts der betreffenden Rechtssache zu verstehen. Wie der Gerichtshof nämlich in Randnummer 77 desselben Urteils ausgeführt hat, wäre eine Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen in Höhe des für Schlachtvieh vorgesehenen Satzes möglich gewesen, wenn die Zollanmeldungen für die Ausfuhr von reinrassigen Zuchtrindern auf Vorlage der nach der Gemeinschaftsregelung für die Ausfuhr von Schlachtvieh erforderlichen Unterlagen (tierärztliche Bescheinigungen, Beförderungspapiere, Zolldokumente des Einfuhrlandes usw.) nachträglich berichtigt worden wären. Auch schien eine Berichtigung der Zollanmeldungen nach Artikel 78 des Zollkodex der Gemeinschaften nicht stattgefunden zu haben, während sich nach Angabe des vorlegenden Gerichts im Fall des Ausgangsverfahrens die Frage einer solchen Berichtigung stellt.

37. Deshalb ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass

- für vor dem 1. April 1995 beantragte Erstattungen Artikel 78 Absatz 3 des Zollkodex der Gemeinschaften und Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung Nr. 3665/87 dahin auszulegen sind, dass ein Anspruch auf Zahlung der Ausfuhrerstattung wenigstens nach dem für das tatsächlich ausgeführte Erzeugnis anwendbaren Erstattungssatz besteht, wenn im Rahmen einer zollamtlichen Überprüfung festgestellt wird, dass die angemeldete und ausgeführte Sendung nicht vollständig aus dem angemeldeten Erzeugnis bestand, sondern zu einem Teil ein anderes Erzeugnis enthielt, für das ein niedrigerer Erstattungssatz galt, und die Zollbehörden die Anmeldung gemäß Artikel 78 Absatz 3 des Zollkodex der Gemeinschaften berichtigt haben;

- es nicht entscheidungserheblich ist, ob es sich bei der unzutreffend angemeldeten Ware um eine ähnliche Ware wie die tatsächlich angemeldete handelt;

- für ab dem 1. April 1995 beantragte Erstattungen Artikel 11 der Verordnung Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung Nr. 2945/94 gilt.

Kostenentscheidung:

Kosten

38....

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 29. Oktober 2002 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Für vor dem 1. April 1995 beantragte Erstattungen sind Artikel 78 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften und Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen dahin auszulegen, dass ein Anspruch auf Zahlung der Ausfuhrerstattung wenigstens nach dem für das tatsächlich ausgeführte Erzeugnis anwendbaren Erstattungssatz besteht, wenn im Rahmen einer zollamtlichen Überprüfung festgestellt wird, dass die angemeldete und ausgeführte Sendung nicht vollständig aus dem angemeldeten Erzeugnis bestand, sondern zu einem Teil ein anderes Erzeugnis enthielt, für das ein niedrigerer Erstattungssatz galt, und die Zollbehörden die Anmeldung gemäß Artikel 78 Absatz 3 des Zollkodex der Gemeinschaften berichtigt haben.

2. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob es sich bei der unzutreffend angemeldeten Ware um eine ähnliche Ware wie die tatsächlich angemeldete handelt.

3. Für ab dem 1. April 1995 beantragte Erstattungen gilt in einem solchen Fall Artikel 11 der Verordnung Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 zur Änderung der Verordnung Nr. 3665/87 hinsichtlich Sanktionen und der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge.

Ende der Entscheidung

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