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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.05.1991
Aktenzeichen: C-45/89
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Richtlinie 75/130/EWG


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 169
Richtlinie 75/130/EWG Art. 2
Richtlinie 75/130/EWG Art. 6
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Der kombinierte Beförderungsvorgang Schiene/Strasse im Sinne der Richtlinie 75/130 wird von seinem Ausgangspunkt bis zum Ziel als Einheit angesehen. Deshalb kann bei nicht begleiteten Beförderungen - bei denen die Beförderung auf der Eisenbahn ohne Zugmaschine erfolgt - die letzte Wegstrecke von dem der Entladestelle nächstgelegenen Bahnhof bis zu dieser Stelle, auch wenn sie ausschließlich innerhalb eines Mitgliedstaats liegt, nicht als rein inländische und von der Geltung der Liberalisierungsmaßnahmen nach der Richtlinie ausgenommene Beförderung angesehen werden.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 7. MAI 1991. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN ITALIENISCHE REPUBLIK. - NICHTEINHALTUNG EINER RICHTLINIE - KOMBINIERTER GUETERVERKEHR SCHIENE/STRASSE. - RECHTSSACHE C-45/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 20. Februar 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/130/EWG des Rates vom 17. Februar 1975 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr Schiene/Strasse zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 48, S. 31, nachstehend: Richtlinie), insbesondere deren Artikel 2 verstossen hat, daß sie ein System der Genehmigung und/oder Kontingentierung der Beförderungen im kombinierten Verkehr Schiene/Strasse zwischen Mitgliedstaaten aufrechterhält und Privaten, die derartige Beförderungen durchführen möchten, die Genehmigung versagt.

2 In Artikel 7 eines Dekrets der italienischen Regierung vom 4. Juli 1985 (GURI Nr. 197 vom 22. 8. 1985) war für 1985 das Kontingent der Sondergenehmigungen für einzelne Zugmaschinen, die ausschließlich zur Beförderung von im grenzueberschreitenden kombinierten Verkehr eingesetzten Anhängern und Sattelanhängern verwendet werden, festgesetzt. Im Hinblick auf die Richtlinie legte ein anderes Dekret der italienischen Regierung vom 16. September 1986 (GURI Nr. 219 vom 20. 9. 1986) in seinem einzigen Artikel fest, daß die Beförderungen im kombinierten Verkehr zwischen Mitgliedstaaten von jeder Form der Kontingentierung ausgenommen sind. Wenig später wurde das Dekret vom 16. September 1986 durch ein Dekret vom 24. Oktober 1986 (GURI Nr. 263 vom 12. 11. 1986) aufgehoben.

3 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

4 Die Kommission macht geltend, jedes System der Kontingentierung oder auch nur der Genehmigung von Beförderungen im kombinierten Verkehr falle unter das Verbot nach Artikel 2 der Richtlinie. Diese Vorschrift lautet:

"Jeder Mitgliedstaat befreit die Beförderungen im kombinierten Verkehr im Sinne des Artikels 1 spätestens bis zum 1. Oktober 1975 von jeder Kontingentierung und Genehmigungspflicht."

5 Die italienische Regierung macht geltend, die in dieser Vorschrift angeordnete Liberalisierung müsse unterschiedlich erfolgen, je nachdem, ob die Beförderung im kombinierten Verkehr mit oder ohne Beförderung der Zugmaschine auf der Eisenbahn erfolge. Im zweiten Fall gelte, wenn die letzte Wegstrecke im Gebiet nur eines Mitgliedstaats zurückgelegt werde, die Regelung dieses Mitgliedstaats im Einklang mit Artikel 6 der Richtlinie teilweise fort. Nach Artikel 6 werden die "in den Mitgliedstaaten geltenden Bedingungen für die Zulassung zum Beruf des Strassenverkehrsunternehmers und für den Zugang zum Verkehrsmarkt... von dieser Richtlinie nicht berührt".

6 Zunächst ist festzustellen, daß, wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 75/130 in der Fassung der Richtlinie 79/5/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 (ABl. 1979, L 5, S. 33) ergibt, zu den Beförderungen im kombinierten Verkehr Schiene/Strasse im Sinne dieser Richtlinie nicht nur begleitete Beförderungen - bei denen die Zugmaschine auf der Eisenbahn befördert wird -, sondern auch nicht begleitete Beförderungen - bei denen die Beförderung auf der Eisenbahn ohne Zugmaschine erfolgt - gehören.

7 Wie der Gerichtshof schon in dem Urteil vom 28. März 1985 in der Rechtssache 2/84 (Kommission/Italien, Slg. 1985, 1127, Randnr. 16) entschieden hat, wird der kombinierte Beförderungsvorgang von seinem Ausgangspunkt bis zum Ziel als Einheit angesehen.

8 Bei nicht begleiteten Beförderungen kann die letzte Wegstrecke von dem der Entladestelle nächstgelegenen Bahnhof bis zu dieser Entladestelle, auch wenn sie ausschließlich innerhalb eines Mitgliedstaats liegt, folglich nicht als rein inländische Beförderung angesehen werden.

9 Artikel 6 der Richtlinie steht dem nicht entgegen.

10 Insoweit genügt, wie die Kommission zu Recht betont hat, die Feststellung, daß sich diese Vorschrift zum einen auf die Voraussetzungen für die Zulassung zum Beruf des Strassenverkehrsunternehmers - zu denen unter anderem die finanzielle Leistungsfähigkeit, die Zuverlässigkeit und die fachliche Eignung gehören - und zum anderen auf die Voraussetzungen für den Zugang zum Verkehrsmarkt bezieht, was die Befähigung zur Ausübung des Berufs und die Regelung der Erteilung von Genehmigungen für die Ausübung des Berufs des Strassenverkehrsunternehmers umfasst. Dagegen will Artikel 6 nicht die Frage der Kontingentierung und Genehmigungspflicht regeln, die ausschließlich in Artikel 2 der Richtlinie im Sinne einer völligen Liberalisierung spätestens bis zum 1. Oktober 1975 geregelt ist.

11 Nach alledem ist die Vertragsverletzung im Sinne des Antrags der Kommission festzustellen.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Italienische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Streithelfers, aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/130/EWG des Rates vom 17. Februar 1975 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr Schiene/Strasse zwischen Mitgliedstaaten, insbesondere deren Artikel 2, verstossen, daß sie ein System der Genehmigung und/oder Kontingentierung der Beförderungen im kombinierten Verkehr Schiene/Strasse zwischen Mitgliedstaaten aufrechterhält und Privaten, die derartige Beförderungen durchführen möchten, die Genehmigung versagt.

2) Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers.

Ende der Entscheidung

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