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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.02.2002
Aktenzeichen: C-46/01
Rechtsgebiete: Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT)


Vorschriften:

Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) Art. 1
Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) Art. 4 Abs. 1
Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) Art. 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 27. Februar 2002. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Abfallbewirtschaftung - Richtlinie 96/59/EG - Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle. - Rechtssache C-46/01.

Parteien:

In der Rechtssache C-46/01

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbaek und R. Amorosi als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 11 und 4 Absatz 1 der Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) (ABl. L 243, S. 31) verstoßen hat, dass sie bis zum 16. September 1999 nicht den Plan, die Grundzüge einer Regelung und die Zusammenfassungen der Bestandsaufnahmen im Sinne dieser Vorschriften erstellt und der Kommission mitgeteilt hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. von Bahr sowie der Richter D. A. O. Edward und C. W. A. Timmermans (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Léger

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Dezember 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit Klageschrift, die am 2. Februar 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 226 EG Klage auf Feststellung erhoben, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 11 und 4 Absatz 1 der Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) (ABl. L 243, S. 31) verstoßen hat, dass sie bis zum 16. September 1999 nicht den Plan, die Grundzüge einer Regelung und die Zusammenfassungen der Bestandsaufnahmen im Sinne dieser Vorschriften erstellt und der Kommission mitgeteilt hat.

2 Artikel 1 der Richtlinie 96/59 lautet:

"Diese Richtlinie dient der Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die kontrollierte Beseitigung der PCB, die Dekontaminierung oder Beseitigung PCB-haltiger Geräte und/oder die Beseitigung von PCB-Abfall und zielt auf ihre vollständige Beseitigung auf der Grundlage dieser Richtlinie ab."

3 Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 96/59 bestimmt:

"Um Artikel 3 nachzukommen, sorgen die Mitgliedstaaten für eine Bestandsaufnahme der Geräte mit mehr als 5 dm3 PCB und übermitteln der Kommission spätestens drei Jahre nach Annahme dieser Richtlinie eine Zusammenfassung der Bestandsaufnahmen. Bei elektrischen Kondensatoren gilt der Grenzwert von 5 dm3 für die Gesamtheit der einzelnen Bestandteile einer Anordnung mit mehreren Kondensatoren."

4 Artikel 11 der Richtlinie 96/59 bestimmt:

"(1) Die Mitgliedstaaten erstellen binnen drei Jahren nach Annahme dieser Richtlinie

- einen Plan zur Dekontaminierung und/oder Beseitigung der in das Bestandsverzeichnis aufgenommenen Geräte und der darin enthaltenen PCB;

- die Grundzüge einer Regelung für die Einsammlung und spätere Beseitigung von Geräten, die nicht der Bestandsaufnahmepflicht nach Artikel 4 Absatz 1 unterliegen, gemäß Artikel 6 Absatz 3.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen diesen Plan und diese Grundzüge unverzüglich der Kommission mit."

5 Da die Kommission der Auffassung war, dass die Italienische Republik den Plan, die Grundzüge einer Regelung und die Zusammenfassungen der Bestandsaufnahmen gemäß den Artikeln 11 und 4 Absatz 1 der Richtlinie 96/59 nicht erstellt und ihr nicht mitgeteilt habe, leitete sie das Verfahren gemäß Artikel 226 EG ein. Nachdem sie die Italienische Republik aufgefordert hatte, sich hierzu zu äußern, gab sie am 3. August 2000 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um der Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Da sie von der italienischen Regierung keine Antwort auf diese Stellungnahme erhielt, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

6 In ihrer Klageschrift vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 11 und 4 Absatz 1 der Richtlinie 96/59 verstoßen habe, dass sie nicht spätestens am 16. September 1999 den Plan, die Grundzüge einer Regelung und die Zusammenfassungen der Bestandsaufnahmen im Sinne dieser Vorschriften erstellt und ihr mitgeteilt habe.

7 Die italienische Regierung macht zunächst geltend, dass die Richtlinie 96/59 durch das Decreto legislativo Nr. 209 vom 22. Mai 1999 (GURI Nr. 151 vom 30. Juni 1999, S. 23) in italienisches Recht umgesetzt worden sei. Artikel 3 dieses Dekrets lege den Besitzern von Geräten, einschließlich elektrischen Kondensatoren, die ein Volumen von mehr als 5 dm3 PCB enthielten, eine zweijährliche Mitteilungspflicht auf. Die betreffenden Mitteilungen stellten die Grundlage für die Erstellung der Bestandsaufnahmen und der Zusammenfassung im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie dar. Die italienische Regierung räumt jedoch ein, dass sie ihrer Mitteilungspflicht bislang noch nicht nachgekommen ist.

8 Zweitens sei die eingetretene Verspätung hinsichtlich der in den Artikeln 4 Absatz 1 und 11 der Richtlinie 96/59 festgesetzten Fristen für die Zusendung der dort vorgesehenen Unterlagen auf die Schwierigkeiten bei der Erstellung einer vollständigen Bestandsaufnahme der vorhandenen PCB wegen des Fehlens standardisierter Methoden zur analytischen Bestimmung des Vorkommens von PCB zurückzuführen. Die standardisierten Methoden zur Durchführung von Analysen, die für eine einheitliche Bewertung des Vorkommens von unter die gemeinschaftsrechtliche Definition der PCB nach Artikel 2 der Richtlinie fallenden Substanzen, unerlässlich seien, seien erst durch die Entscheidung 2001/68/EG der Kommission vom 16. Januar 2001 zur Festlegung von zwei Referenzmethoden zur Bestimmung des PCB-Gehalts gemäß Artikel 10 Buchstabe a) der Richtlinie 96/59 (ABl. L 23, S. 31) eingeführt worden.

9 Die Kommission erwidert, dass gemäß Artikel 10 Buchstabe a der Richtlinie 96/59 die Messungen nach den auf nationaler Ebene oder in den Vereinigten Staaten bestehenden Analysemethoden durchzuführen gewesen seien, bevor sie die Referenzmethoden zur Bestimmung des PCB-Gehalts von kontaminiertem Material festgelegt habe. Dank der bis dahin von den Mitgliedstaaten angewandten bestehenden Methoden habe das Fehlen einer Referenzmethode auf europäischer Ebene die Mitgliedstaaten somit nie daran gehindert, die nach der Richtlinie 96/59 erforderliche Dokumentation zu erstellen. Die italienische Regierung sei folglich in der Lage gewesen, ebenso zu verfahren.

10 Vorab ist festzustellen, dass die italienische Regierung selbst einräumt, dass sie der Verpflichtung, die Zusammenfassung der Bestandsaufnahmen im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie 96/59 und den Plan zur Dekontaminierung und/oder Beseitigung der in das Bestandsverzeichnis aufgenommenen Geräte und der darin enthaltenen PCB sowie die Grundzüge einer Regelung für die Einsammlung und spätere Beseitigung von Geräten, die nicht der Bestandsaufnahmepflicht unterliegen, im Sinne des Artikels 11 Absatz 1 der Richtlinie spätestens am 16. September 1999 zu erstellen und der Kommission mitzuteilen, nicht nachgekommen ist. Denn sie hat in ihrer am 30. März 2001 eingegangenen Klagebeantwortung anerkannt, dass diese Verpflichtung noch nicht erfuellt worden ist.

11 Es ist jedoch zu untersuchen, ob die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung, wie die italienische Regierung vorträgt, damit gerechtfertigt werden kann, dass es am 16. September 1999 keine Referenzmethoden auf europäischer Ebene gab, da solche Methoden erst am 16. Januar 2001 festgelegt wurden.

12 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Artikel 10 Buchstabe a der Richtlinie 96/59 die vor der Festlegung dieser Referenzmethoden durchgeführten Messungen ihre Gültigkeit behielten.

13 Die Richtlinie 96/59 ermächtigte somit die Mitgliedstaaten ausdrücklich, bis auf weiteres ihre eigenen Messmethoden zur Bestimmung des PCB-Gehalts anzuwenden, so dass es nicht erforderlich war, zur Durchführung der notwendigen Analysen die Einführung einer Referenzmethode auf europäischer Ebene abzuwarten. Die von der italienischen Regierung vorgebrachte Rechtfertigung kann somit nicht anerkannt werden.

14 Folglich hat die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 4 Absatz 1 und Artikel 11 der Richtlinie 96/59 verstoßen, dass sie nicht spätestens am 16. September 1999 die Zusammenfassung der Bestandsaufnahmen im Sinne der erstgenannten Vorschrift sowie den Plan und die Grundzüge einer Regelung im Sinne der letztgenannten Vorschrift erstellt und der Kommission mitgeteilt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

15 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Italienische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 4 Absatz 1 und Artikel 11 der Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) verstoßen, dass sie nicht spätestens am 16. September 1999 die Zusammenfassung der Bestandsaufnahmen im Sinne der erstgenannten Vorschrift sowie den Plan und die Grundzüge einer Regelung im Sinne der letztgenannten Vorschrift erstellt und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mitgeteilt hat.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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