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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 01.06.1995
Aktenzeichen: C-467/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 177
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Verordnungen Nrn. 3841/86, 1828/87, 3747/87, 1779/88, 3696/88, 1656/89 und 3393/89 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für einige industrielle Waren sind dahin auszulegen, daß die Beschreibung der Ware der Tarifstelle ex 85.21 D II, später ex 8542 11 99, die als Analog-Digital-Umsetzer in einem Gehäuse mit den Abmessungen von nicht mehr als 18 x 10 mm definiert wird, auch Umsetzer in runden Gehäusen mit einem Durchmesser von nicht mehr als 10 mm erfasst. Da diese Verordnungen nämlich eine Ware in einem Gehäuse bezeichnen, das nicht Gegenstand eines besonderen Schutzes im Hinblick auf die Gemeinschaftsproduktion sein soll, dessen Form nicht genau angegeben ist und das nur anhand seiner höchstzulässigen Abmessungen beschrieben wird, erfassen sie sowohl runde Gehäuse als auch rechteckige Gehäuse.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 1. JUNI 1995. - HAUPTZOLLAMT MUENCHEN-WEST GEGEN ANALOG DEVICES GMBH. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESFINANZHOF - DEUTSCHLAND. - GEMEINSAMER ZOLLTARIF - ZOLLAUSSETZUNG - ANALOG-DIGITAL-UMSETZER ZUR BERECHNUNG DES DURCHSCHNITTSWERTS VARIABLER WELLENFORMEN. - RECHTSSACHE C-467/93.

Entscheidungsgründe:

1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 4. November 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Dezember 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Verordnungen (EWG) des Rates Nr. 3841/86 vom 8. Dezember 1986 (ABl. L 362, S. 1), Nr. 1828/87 vom 15. Juni 1987 (ABl. L 177, S. 1), Nr. 3747/87 vom 8. Dezember 1987 (ABl. L 358, S. 1), Nr. 1779/88 vom 9. Juni 1988 (ABl. L 164, S. 1), Nr. 3696/88 vom 18. November 1988 (ABl. L 329, S. 1), Nr. 1656/89 vom 29. Mai 1989 (ABl. L 167, S. 1) und Nr. 3393/89 vom 16. Oktober 1989 (ABl. L 332, S. 1) zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für einige industrielle Waren zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Hauptzollamt München-West (im folgenden: HZA) und der Analog Devices GmbH (im folgenden: Analog Devices) über die Anwendbarkeit der genannten Verordnungen auf bestimmte Analog-Digital-Umsetzer zur Berechnung des Durchschnittswerts variabler Wellenformen.

3 Diese Verordnungen sahen die Aussetzung der Zollsätze für folgende Ware der Tarifstelle ex 85.21 D II (1987), später ex 8542 11 99 (1988 bis 1990), vor:

"Analog-Digital-Umsetzer zur Berechnung des Durchschnittswerts variabler Wellenformen, in Form einer monolithischen integrierten Schaltung, in einem Gehäuse mit nicht mehr als 14 Anschlußstiften und den Abmessungen von nicht mehr als 10 x 18 mm.

Das Gehäuse trägt

° eine Kennzeichnung, die aus der nachstehend aufgeführten Zahlen/Buchstabenkombination besteht oder diese Kombination als Bestandteil enthält:

AD 536 A

oder

° eine andere Kennzeichnung, die sich auf Analog-Digital-Umsetzer der vorstehenden Beschreibung bezieht."

4 Diese Beschreibung wurde danach durch die Verordnung (EWG) Nr. 1419/90 des Rates vom 25. April 1990 (ABl. L 139, S. 1) im Hinblick auf die Merkmale des Gehäuses teilweise geändert und ergänzt, die folgendermassen festgelegt wurden:

"... in einem Gehäuse mit... den Abmessungen von nicht mehr als 10 x 21 mm oder einem Durchmesser von nicht mehr als 10 mm."

5 Da Analog Devices der Auffassung war, daß diese Regelung auf monolithische integrierte Schaltungen in runden Gehäusen mit einem Durchmesser von 9,4 mm anwendbar sei, für die sie in der Zeit vom 1. Januar 1987 bis 31. Januar 1990 Zoll entrichtet hatte, beantragte sie beim HZA die Erstattung dieses Zolles. Nach Ablehnung ihres Antrags erhob die Firma Klage beim Finanzgericht München, das das HZA zur Erstattung des betreffenden Zolles verurteilte. Daraufhin legte das HZA Revision zum Bundesfinanzhof ein.

6 Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Zollaussetzungen für Analog-Digital-Umsetzer zur Berechnung des Durchschnittswerts variabler Wellenformen in Form einer monolithischen integrierten Schaltung, in einem Gehäuse mit... Abmessungen von nicht mehr als 10 x 18 mm... ex Tarifstelle 85.21 D II bzw. Unterposition 8542 11 99 des Gemeinsamen Zolltarifs (1987 bzw. 1988 bis 1990) ° Zollaussetzungen nach den Verordnungen (EWG) des Rates Nr. 3841/86 vom 8. Dezember 1986 (ABl. der EG, L 362, S. 1, 49), Nr. 1828/87 vom 15. Juni 1987 (ABl. der EG, L 177, S. 1, 42), Nr. 3747/87 vom 8. Dezember 1987 (ABl. der EG, L 358, S. 1, 47), Nr. 1779/88 vom 9. Juni 1988 (ABl. der EG, L 164, S. 1, 48), Nr. 3696/88 vom 18. November 1988 (ABl. der EG, L 329, S. 1, 50 f.), Nr. 1656/89 vom 29. Mai 1989 (ABl. der EG, L 167, S. 1, 50) und Nr. 3393/89 vom 16. Oktober 1989 (ABl. der EG, L 332, S. 1, 53) ° dahin auszulegen, daß die jeweilige Warenbeschreibung auch entsprechende Umsetzer in nichteckigen Gehäusen mit einem Durchmesser von 9,4 mm erfasste?

7 Diese Frage ist, wie Analog Devices und die Kommission vortragen, zu bejahen.

8 Die spätere Änderung der Beschreibung eines Erzeugnisses, das Gegenstand einer Zollaussetzung ist, kann nicht rückwirkend die Auslegung der früher zu diesem Zweck verwendeten Beschreibung beeinflussen (Urteil vom 18. März 1986 in der Rechtssache 58/85, Ethicon, Slg. 1986, 1131, Randnr. 13). Im übrigen muß eine Bestimmung, wenn sie mehrdeutig ist, nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung, zu der sie gehört, ausgelegt werden (Urteil vom 31. März 1992 in der Rechtssache C-338/90, Hamlin Electronics, Slg. 1992, I-2333, Randnr. 12).

9 Die streitigen Verordnungen bezwecken insoweit die zeitweilige Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Waren, die in der Gemeinschaft nicht oder nur in unzureichender Menge hergestellt werden, um den Bedarf der verarbeitenden Industrien decken zu können. Sie beziehen sich vorliegend auf eine Ware in einem Gehäuse, dessen Form nicht genau angegeben ist und das nur anhand seiner höchstzulässigen Abmessungen beschrieben wird. Wie Analog Devices geltend macht, ergibt sich aus keiner Stelle dieser Verordnungen, daß das Gehäuse, dessen Form offenbar keinen Einfluß auf die Funktion der Ware hat, Gegenstand eines besonderen Schutzes im Hinblick auf die Gemeinschaftsproduktion sein soll.

10 Ausserdem kann aufgrund der Entstehungsgeschichte der streitigen Bestimmung festgestellt werden, daß diese Bestimmung von Anfang an sowohl runde Gehäuse als auch rechteckige Gehäuse erfasst hat. Diese Bestimmung, die die Ware ausdrücklich durch die Zahlen- und Buchstabenkombination AD 536 A kennzeichnet, geht nämlich, worauf die Kommission hinweist, in ihrer ursprünglichen Fassung auf einen Antrag der Delegation des Vereinigten Königreichs zurück. Aus der Beschreibung des Herstellers, die diesem Antrag beigefügt war, ergibt sich, daß das Gerät AD 536 A in drei verschiedenen Ausführungen hergestellt wird, die entweder in rechteckigen Gehäusen mit 14 Anschlußstiften oder in runden Gehäusen mit 10 Anschlußstiften erhältlich sind.

11 Auf die Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, daß die Verordnungen Nrn. 3841/86, 1828/87, 3747/87, 1779/88, 3696/88, 1656/89 und 3393/89 dahin auszulegen sind, daß die Beschreibung der Ware der Tarifstelle ex 85.21 D II, später ex 8542 11 99, die als Analog-Digital-Umsetzer in einem Gehäuse mit den Abmessungen von nicht mehr als 18 x 10 mm definiert wird, auch Umsetzer in runden Gehäusen mit einem Durchmesser von nicht mehr als 10 mm erfasst.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluß vom 4. November 1993 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Die Verordnungen (EWG) des Rates Nr. 3841/86 vom 8. Dezember 1986, Nr. 1828/87 vom 15. Juni 1987, Nr. 3747/87 vom 8. Dezember 1987, Nr. 1779/88 vom 9. Juni 1988, Nr. 3696/88 vom 18. November 1988, Nr. 1656/89 vom 29. Mai 1989 und Nr. 3393/89 vom 16. Oktober 1989 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für einige industrielle Waren sind dahin auszulegen, daß die Beschreibung der Ware der Tarifstelle ex 85.21 D II, später ex 8542 11 99, die als Analog-Digital-Umsetzer in einem Gehäuse mit den Abmessungen von nicht mehr als 18 x 10 mm definiert wird, auch Umsetzer in runden Gehäusen mit einem Durchmesser von nicht mehr als 10 mm erfasst.

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