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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.06.2000
Aktenzeichen: C-470/98
Rechtsgebiete: Richtlinie 90/675/EWG
Vorschriften:
Richtlinie 90/675/EWG Art. 3 Ziff. ii | |
Richtlinie 90/675/EWG Art. 4 |
Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen.
(vgl. Randnr. 11)
Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 15. Juni 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Griechenland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Unvollständige Umsetzung der Richtlinie 90/675/EWG. - Rechtssache C-470/98.
Parteien:
In der Rechtssache C-470/98
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Condou-Durande, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Klägerin,
gegen
Hellenische Republik, vertreten durch I.-K. Chalkias, beigeordneter Rechtsberater im Juristischen Dienst des Staates, und N. Dafniou, Referentin im Besonderen Juristischen Dienst - Abteilung Europäisches Recht - des Außenministeriums, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Griechische Botschaft, 117, Val Sainte-Croix, Luxemburg,
Beklagte,
wegen Feststellung, daß die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus der Richtlinie 90/675/EWG des Rates vom 10. Dezember 1990 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (ABl. L 373, S. 1) verstoßen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, daß die Kosten der in den Artikeln 3 Ziffer ii und 4 der Richtlinie 90/675 vorgesehenen Veterinär- und Verwaltungskontrollen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Drittländern mit Ausnahme von Frischfleisch und von Gefluegelfleisch vom Versender, vom Empfänger oder von ihrem Bevollmächtigten getragen werden, ohne daß der Staat eine Entschädigung zahlt,
erläßt
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter), C. Gulmann, J.-P. Puissochet und der Richterin F. Macken,
Generalanwalt: N. Fennelly
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1 Mit Klageschrift, die am 18. Dezember 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, daß die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus der Richtlinie 90/675/EWG des Rates vom 10. Dezember 1990 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (ABl. L 373, S. 1; nachstehend: Richtlinie) verstoßen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, daß die Kosten der in den Artikeln 3 Ziffer ii und 4 der Richtlinie 90/675 vorgesehenen Veterinär- und Verwaltungskontrollen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Drittländern mit Ausnahme von Frischfleisch und von Gefluegelfleisch vom Versender, vom Empfänger oder von ihrem Bevollmächtigten getragen werden, ohne daß der Staat eine Entschädigung zahlt.
2 Artikel 3 der Richtlinie bestimmt:
"Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß die Zollbehörde - unbeschadet der gemäß Artikel 17 festzulegenden besonderen Bestimmungen - die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in dem in Anhang I bezeichneten Gebiet nur zuläßt, wenn folgendes nachgewiesen ist:
...
ii) daß die Gebühren für die veterinärrechtlichen Kontrollen entrichtet wurden und daß gegebenenfalls eine Garantie zur Deckung etwaiger Kosten gemäß Artikel 16 Absatz 3 hinterlegt wurde; die Durchführungsbestimmungen zu vorliegendem Artikel werden erforderlichenfalls nach dem in Artikel 24 genannten Verfahren erlassen."
3 Artikel 4 der Richtlinie bestimmt:
"(1) Bei allen Sendungen von Erzeugnissen mit Herkunft aus Drittländern werden - unabhängig davon, zu welchem Zollverfahren die Sendungen angemeldet werden - eine Dokumentenprüfung und eine Nämlichkeitskontrolle vorgenommen, um
- ihren Ursprung festzustellen,
- ihre weitere Bestimmung festzustellen, insbesondere wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die auf Gemeinschaftsebene noch keinen harmonisierten Handelsvorschriften unterliegen,
- sicherzustellen, daß die Angaben in diesen Dokumenten den von der Gemeinschaftsregelung verlangten Garantien entsprechen; im Falle von Erzeugnissen, die auf Gemeinschaftsebene noch keinen harmonisierten Handelsvorschriften unterliegen, müssen sie der dem jeweiligen Fall nach dieser Richtlinie entsprechenden einzelstaatlichen Regelung genügen.
...
(7) Die Durchführung der in diesem Artikel vorgesehenen Maßnahmen geht zu Lasten des Versenders, des Empfängers oder ihres Bevollmächtigten, ohne daß der Mitgliedstaat eine Entschädigung zahlt."
4 Gemäß Artikel 32 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 1991 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen.
5 Am 1. Dezember 1994 ersuchte die Kommission die Mitgliedstaaten um Auskunft über den Stand der Anwendung des nationalen Gebührensystems zur Deckung der Kosten der veterinärrechtlichen Inspektion und Kontrolle von Erzeugnissen landwirtschaftlichen Ursprungs gemäß der Richtlinie; dabei stellte sich heraus, daß die griechischen Behörden keine nationale Gebühr erhoben, um die Kosten der Inspektion von anderen Erzeugnissen landwirtschaftlichen Ursprungs als Frischfleisch und Gefluegelfleisch bei ihrer Einfuhr nach Griechenland zu decken.
6 Da die Kommission der Auffassung war, daß dies nicht den Artikeln 3 und 4 der Richtlinie entspreche, wonach bei allen Sendungen von fraglichen Erzeugnissen mit Herkunft aus Drittländern eine Veterinärkontrolle vorzunehmen sei, die zu Lasten des Versenders, des Empfängers oder ihres Bevollmächtigten gehe, forderte sie die Hellenische Republik mit Schreiben vom 27. Dezember 1996 auf, sich binnen zwei Monaten zu äußern.
7 Mit Schreiben vom 14. März 1997 antwortete die Hellenische Republik, daß die Richtlinie durch das Präsidialdekret Nr. 420/93 (FEK A', S. 179) in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sei, daß aber, was insbesondere die Gebühren für die Kontrollen nach der Richtlinie angehe, die zuständigen nationalen Behörden einen Entwurf einer Regelung ausgearbeitet hätten, der nationale Gebühren vorsehe, deren Höhe durch Erlaß des Landwirtschaftsministers bestimmt werde; diesen Entwurf habe sie der Kommission übermittelt.
8 Nachdem die Kommission von den griechischen Behörden keine weiteren Informationen erhalten hatte, richtete sie am 13. März 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Hellenische Republik mit der Aufforderung, innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihren Verpflichtungen aus den Artikeln 3 Ziffer ii und 4 der Richtlinie nachzukommen.
9 Da die Hellenische Republik auf die mit Gründen versehene Stellungnahme nicht reagierte, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.
10 Die Hellenische Republik bestreitet die von der Kommission beschriebene Vertragsverletzung nicht. Sie macht lediglich geltend, ein Entwurf eines Präsidialdekrets, durch das die fraglichen Richtlinienbestimmungen durchgeführt werden sollten, sei vom Staatsrat abgelehnt worden und die für das Inkrafttreten eines neuen Entwurfs erforderlichen Verfahren seien noch nicht abgeschlossen.
11 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. insbesondere Urteil vom 15. Oktober 1998 in der Rechtssache C-326/97, Kommission/Belgien, Slg. 1998, I-6107, Randnr. 7).
12 Da die Richtlinie nicht innerhalb der festgesetzten Frist vollständig umgesetzt worden ist, ist die Klage der Kommission begründet.
13 Daher ist festzustellen, daß die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, daß die Kosten der in den Artikeln 3 Ziffer ii und 4 der Richtlinie 90/675 vorgesehenen Veterinär- und Verwaltungskontrollen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Drittländern mit Ausnahme von Frischfleisch und von Gefluegelfleisch vom Versender, vom Empfänger oder von ihrem Bevollmächtigten getragen werden, ohne daß der Staat eine Entschädigung zahlt.
Kostenentscheidung:
Kosten
14 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr dem Antrag der Kommission gemäß die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 90/675/EWG des Rates vom 10. Dezember 1990 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen verstoßen, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, daß die Kosten der in den Artikeln 3 Ziffer ii und 4 der Richtlinie 90/675 vorgesehenen Veterinär- und Verwaltungskontrollen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Drittländern mit Ausnahme von Frischfleisch und von Gefluegelfleisch vom Versender, vom Empfänger oder von ihrem Bevollmächtigten getragen werden, ohne daß der Staat eine Entschädigung zahlt.
2. Die Hellenische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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