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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.06.2001
Aktenzeichen: C-473/99
Rechtsgebiete: Richtlinie 95/30/EWG, Richtlinie 89/391/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 95/30/EWG
Richtlinie 89/391/EWG Art. 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 14. Juni 2001. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 95/30/EG - Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist. - Rechtssache C-473/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-473/99

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Bogensberger als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagte,

wegen Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie 95/30/EG der Kommission vom 30. Juni 1995 zur Anpassung der Richtlinie 90/679/EWG des Rates über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit an den technischen Fortschritt (Siebte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 155, S. 41) nachzukommen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter J.-P. Puissochet und J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter),

Generalanwalt: L. A. Geelhoed

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. April 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 10. Dezember 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie 95/30/EG der Kommission vom 30. Juni 1995 zur Anpassung der Richtlinie 90/679/EWG des Rates über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit an den technischen Fortschritt (Siebte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 155, S. 41, im Folgenden: Richtlinie) nachzukommen.

2 Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um der Richtlinie spätestens am 30. November 1996 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich hiervon informieren.

3 Da die Kommission von der österreichischen Regierung keine Mitteilung über die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie erhalten hatte, forderte sie die Republik Österreich mit Schreiben vom 30. Mai 1997 auf, dazu binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen.

4 In ihrer Antwort vom 29. Juli 1997 wiesen die österreichischen Behörden darauf hin, dass die genannten Maßnahmen wahrscheinlich im Dezember 1997 erlassen würden.

5 Am 2. Juli 1998 richtete die Kommission an die Republik Österreich eine mit Gründen versehene Stellungnahme mit der Aufforderung, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie binnen zwei Monaten nach Zustellung dieser Stellungnahme nachzukommen.

6 Mit Schreiben vom 3. September 1998 teilte die österreichische Regierung der Kommission mit, dass entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie zum Teil bereits ergriffen worden seien und zum Teil gerade vorbereitet würden. Mit Schreiben vom 4. und 15. September, 16. Oktober und 23. November 1998 sowie 10. Februar, 8. und 9. April 1999 teilte die österreichische Regierung der Kommission mit, dass weitere Vorschriften erlassen worden seien, um die Umsetzung der Richtlinie in das innerstaatliche Recht zu gewährleisten.

7 Die Kommission weist in ihrer Klageschrift darauf hin, dass die Republik Österreich die Richtlinie immer noch nicht vollständig in das österreichische Recht umgesetzt habe. In zahlreichen Bereichen, insbesondere auf der Ebene der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, sei nämlich eine Vielzahl von Maßnahmen noch nicht erlassen worden.

8 Die Kommission schließt daraus auf einen klaren Verstoß der Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag, weil sie nicht innerhalb der durch die Richtlinie vorgeschriebenen Frist alle Maßnahmen ergriffen habe, um ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie nachzukommen.

9 Die Republik Österreich weist zunächst darauf hin, dass die Regelungskompetenz zur Umsetzung der Richtlinie aufgrund der bundesverfassungsgesetzlichen Kompetenzverteilung durch ein besonders hohes Maß an Zersplitterung zwischen Bund und Ländern gekennzeichnet sei. Diese Situation werde durch die besondere Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des Schulwesens und des Dienstrechts der Länder und Gemeinden noch verstärkt. Außerdem sei auch ein abgestimmtes Vorgehen der verschiedenen Gesetzgeber notwendig, um ein einheitliches Schutzniveau zu garantieren.

10 Die österreichische Regierung führt sodann verschiedene Maßnahmen auf, die erlassen worden seien, um die Umsetzung der Richtlinie in das innerstaatliche Recht zu gewährleisten.

11 In ihrer Gegenerwiderung nennt die österreichische Regierung weitere Maßnahmen, die nach Klageerhebung ergriffen worden seien, und weist darauf hin, dass die noch ausständigen Maßnahmen bis zum Sommer 2000 getroffen würden, was im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu berücksichtigen sei.

12 Hinsichtlich des Vorbringens der österreichischen Regierung ist daran zu erinnern, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung einschließlich solcher, die sich aus seinem bundesstaatlichen Aufbau ergeben, berufen kann, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (u. a. Urteile des Gerichtshofes vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-298/95, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-6747, Randnr. 18, und vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache C-236/99, Kommission/Belgien, Slg. 2000, 5657, Randnr. 23).

13 Außerdem hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war, und dass der Gerichtshof spätere Veränderungen nicht berücksichtigen kann (u. a. Urteil vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-266/99, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-1781, Randnr. 38).

14 Sowohl aus der Klagebeantwortung und der Gegenerwiderung als auch aus der Antwort der österreichischen Regierung auf eine Frage des Gerichtshofes geht hervor, dass die Republik Österreich einräumt, vor Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist von zwei Monaten nicht die zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie in das innerstaatliche Recht erforderlichen Maßnahmen getroffen zu haben. Nach der in der vorstehenden Randnummer zitierten Rechtsprechung sind die verschiedenen Maßnahmen, die die Republik Österreich gemäß ihrem Vortrag nach Ablauf dieser Frist erlassen hat, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens unbeachtlich, selbst wenn sie eine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie darstellen sollten.

15 Die Klage der Kommission ist daher als begründet anzusehen.

16 Es ist somit festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

17 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Die Kommission hat die Verurteilung der Republik Österreich zur Tragung der Kosten beantragt. Da die Republik Österreich mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 95/30/EG der Kommission vom 30. Juni 1995 zur Anpassung der Richtlinie 90/679/EWG des Rates über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit an den technischen Fortschritt (Siebte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) verstoßen, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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