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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.10.1995
Aktenzeichen: C-482/93
Rechtsgebiete: Verordnung 1408/71/EWG


Vorschriften:

Verordnung 1408/71/EWG Art. 35 Abs. 3
Verordnung 1408/71/EWG Art. 18
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 35 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71, wonach Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen die Gewährung einer Leistung bei Krankheit von Voraussetzungen hinsichtlich des Ursprungs einer Erkrankung abhängig ist, nicht für Arbeitnehmer gelten, die unter diese Verordnung fallen, und zwar ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat sie wohnen, regelt nicht den Fall, in dem die anwendbaren Rechtsvorschriften den Anspruch auf Leistungen bei Krankheit ganz oder teilweise ausschließen, wenn der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das durch diese Rechtsvorschriften eingeführte System arbeitsunfähig war.

2. Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ist im Licht des durch Artikel 51 des Vertrages vorgegebenen Ziels dahin auszulegen, daß, wenn nach den anwendbaren Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Gewährung von Leistungen bei Krankheit davon abhängig ist, daß die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten nicht bereits zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das durch diese Rechtsvorschriften eingeführte System bestanden hat, der zuständige Träger auch die Versicherungszeiten, die der Betreffende nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt hat, so zu berücksichtigen hat, als handelte es sich um Zeiten, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden.

Insoweit hat der Umstand, daß der Arbeitnehmer nach Verlegung seines Wohnorts von einem Mitgliedstaat in einen anderen während eines kurzen Zeitraums im Gebiet des letztgenannten Staates weder eine Beschäftigung ausgeuebt noch sich als Arbeitsuchender gemeldet hat, nicht zur Folge, daß die Kontinuität der von ihm zurückgelegten Versicherungszeiten unterbrochen wird und die Vorschrift über die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten nicht angewandt werden kann.

Es ist nämlich eine notwendig mit der normalen Ausübung des Rechts auf Freizuegigkeit verbundene Tatsache, daß ein Wanderarbeitnehmer während eines kurzen Zeitraums nicht arbeitet, in dem er mit seinem konkreten Umzug von einem Mitgliedstaat in einen anderen befasst ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 26. OKTOBER 1995. - S. E. KLAUS GEGEN BESTUUR VAN DE NIEUWE ALGEMENE BEDRIJFSVERENIGING. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: ARRONDISSEMENTSRECHTBANK AMSTERDAM - NIEDERLANDE. - SOZIALE SICHERHEIT - KRANKHEIT - VORHER BESTEHENDER GESUNDHEITSZUSTAND - ZUSAMMENRECHNUNG DER VERSICHERUNGSZEITEN. - RECHTSSACHE C-482/93.

Entscheidungsgründe:

1 Die Arrondissementsrechtbank Amsterdam hat mit Beschluß vom 15. Oktober 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Dezember 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Artikel 25 Absatz 2, 35 Absatz 3 und 71 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Klaus und der Nieuwe Algemene Bedrijfsvereniging (Neue Allgemeine Wirtschaftsvereinigung) über die Gewährung von Leistungen bei Krankheit.

3 Frau Klaus, eine niederländische Staatsangehörige, arbeitete von Dezember 1985 bis Juli 1987 als Krankenschwester in den Niederlanden und war als solche gemäß der Ziektewet (Gesetz über Leistungen bei Krankheit; im folgenden: ZW) versichert. Im Juli 1987 gab sie diese Tätigkeit wegen Rückenbeschwerden auf, wodurch ihre Versicherung nach der ZW endete.

4 Nachdem sie acht Monate lang an einem Lehrgang über Tourismusmanagement teilgenommen hatte, begab sie sich im Juni 1988 nach Spanien, um dort als Hosteß und Public-Relations-Mitarbeiterin zu arbeiten.

5 Im Dezember 1988 kehrte sie in die Niederlande zurück und war dort kurze Zeit auf verschiedenen Arbeitsplätzen beschäftigt.

6 Von Mai 1989 bis Oktober 1989 arbeitete Frau Klaus erneut als Hosteß und Public-Relations-Mitarbeiterin in Spanien. Danach kehrte sie in die Niederlande zurück und war vom 20. Oktober 1989 an als Zeitarbeitskraft für die Randstad Industrie BV tätig. Aus den dem Gerichtshof übermittelten Akten des nationalen Verfahrens ergibt sich, daß Frau Klaus zwischen der Beendigung ihrer Beschäftigungen in Spanien und der Aufnahme ihrer Tätigkeit als Zeitarbeitskraft, also einige Tage lang, nicht gearbeitet hatte, ohne jedoch dafür beim zuständigen spanischen Träger oder beim zuständigen niederländischen Träger Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu beantragen.

7 Das erwähnte Zeitarbeitsbüro setzte Frau Klaus in einer Betriebskantine in den Niederlanden als Catering-Mitarbeiterin ein. Am 7. November 1989 musste sie diese Tätigkeit jedoch wegen Rückenbeschwerden aufgeben.

8 Aus einem im Rahmen der Beweisaufnahme im Ausgangsverfahren vorgelegten Gutachten vom 16. September 1991 geht hervor, daß Frau Klaus wegen Veränderungen an ihrer Wirbelsäule bereits am 20. Oktober 1989, dem Zeitpunkt, zu dem ihre Versicherung nach der ZW erneut begann, arbeitsunfähig war. Ausserdem wurde festgestellt, daß die Rückenbeschwerden von Frau Klaus zum ersten Mal im Dezember 1986 aufgetreten und während ihrer Tätigkeiten 1989 in Spanien schlimmer geworden seien.

9 Mit Schreiben vom 24. April 1990 unterrichtete die Nieuwe Algemene Bedrijfsvereniging, die mit der Durchführung des Krankenversicherungssystems betraut ist, Frau Klaus von ihrer Entscheidung, ihr die Zahlung von Krankengeld nach der ZW mit Wirkung vom 7. November 89 zu versagen, weil sie bereits zu Beginn ihrer Krankenversicherung, d. h. am 20. Oktober 1989, arbeitsunfähig gewesen sei.

10 Die ZW ist die Grundlage der allgemeinen niederländischen Krankenversicherung. Um Anspruch auf Krankengeld nach diesem Gesetz zu haben, muß der Versicherte wegen Krankheit unfähig sein, seine Arbeit (in der Regel die zuletzt ausgeuebte) zu verrichten (Artikel 19). Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Versicherungsschutz über das Ende der Versicherung hinaus bestehen bleiben, als wäre der Betreffende weiterversichert geblieben, wenn die Arbeitsunfähigkeit innerhalb kurzer Zeit (ein Monat oder acht Tage je nach Lage des Falles) nach dem Ende der Versicherung eintritt (Artikel 46).

11 Die Bedrijfsvereniging kann die Zahlung von Krankengeld ganz oder teilweise ablehnen, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns bestand (Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 1). Mit dieser Bestimmung sollen Mißbräuche verhindert werden, da die niederländischen Rechtsvorschriften über die Arbeitsunfähigkeit keine Prüfung vorsehen, durch die zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns bestimmte Risiken von der Versicherung ausgeschlossen werden können.

12 Unter Berufung auf die letztgenannten Vorschriften versagte die Nieuwe Algemene Bedrijfsvereniging Frau Klaus mit Entscheidung vom 24. April 1990 das Krankengeld gemäß der ZW.

13 Frau Klaus klagte gegen diese Entscheidung bei der Arrondissementsrechtbank Amsterdam, die zu der Auffassung gelangte, daß die Lösung des Rechtsstreits Fragen nach der Auslegung der Artikel 25 Absatz 2, 35 Absatz 3 und 71 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 aufwerfe.

14 Artikel 25 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt: Ein vollarbeitsloser Arbeitnehmer, auf den Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a) Ziffer ii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) Satz 1 Anwendung findet, erhält Sach- und Geldleistungen [bei Krankheit], gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, nach den Rechtsvorschriften [und zu Lasten] des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er wohnt, als ob diese Rechtsvorschriften während seiner letzten Beschäftigung für ihn gegolten hätten... Darunter fallen die vollarbeitslosen Arbeitnehmer, die während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt haben.

15 Das vorlegende Gericht schließt insoweit nicht aus, daß sich Frau Klaus kurz vor dem Beginn ihrer letzten Beschäftigung in den Niederlanden am 20. Oktober 1989 während einer Anzahl von Tagen in der Lage eines Arbeitslosen (der kein Grenzgänger sei) in Spanien befunden habe, der seinen Wohnort in den Niederlanden behalten habe und folglich unter Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii Satz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 falle.

16 Ausserdem bestimmt Artikel 35 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71, daß Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen die Gewährung einer Leistung [bei Krankheit] von Voraussetzungen hinsichtlich des Ursprungs einer Erkrankung abhängig ist,... nicht für Arbeitnehmer oder Selbständige und deren Familienangehörige [gelten], die unter diese Verordnung fallen, und zwar ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat sie wohnen.

17 Die Arrondissementsrechtbank Amsterdam hat daher beschlossen, dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1) Ist Artikel 35 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, daß diese Vorschrift ° auch unter Berücksichtigung von Artikel 48 EWG-Vertrag ° es ausschließt, daß aufgrund einer nationalen Risikoauslesebestimmung im Sinne von Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 1 ZW Leistungen bei Krankheit einem Arbeitnehmer versagt werden, der (nahezu) anschließend an einen Zeitraum, in dem für ihn die Rechtsvorschriften über Leistungen bei Krankheit galten, in dem EG-Mitgliedstaat versichert wird, dessen nationale Rechtsvorschriften eine Risikoauslesebestimmung wie die obengenannten enthalten?

2) Wenn die Frage 1 bejaht wird, gilt diese Auslegung dann auch für den Fall, daß die Arbeitseinschränkungen, die zur Anwendung einer nationalen Risikoauslesebestimmung geführt haben, während einer Versicherung gegen die finanziellen Krankheitsfolgen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats entstanden sind, zu denen auch die Risikoauslesebestimmung gehört?

3) Macht es unter Berücksichtigung von Artikel 25 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 für die Beantwortung der ersten Frage einen Unterschied, ob sich ein Arbeitnehmer, bevor er im zuständigen EG-Mitgliedstaat eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, in der in Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii oder Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 beschriebenen Lage befunden hat?

4) Wenn die Frage 3 bejaht wird, ist dann Artikel 25 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, daß unter einem von dieser Vorschrift erfassten Arbeitnehmer (auch) ein Arbeitnehmer zu verstehen ist, der alle Tatbestandsvoraussetzungen des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii oder Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 erfuellt hat, auch wenn ihm niemals nach den genannten Bestimmungen vom Träger seines Wohnlandes Leistungen bei Arbeitslosigkeit gewährt worden sind, weil ein Antrag auf solche Leistungen niemals gestellt worden ist?

18 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob Artikel 35 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71 für die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gilt, die den Anspruch auf Leistungen bei Krankheit ganz oder teilweise ausschließen, wenn der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das durch diese Rechtsvorschriften eingeführte System arbeitsunfähig war.

19 Insoweit genügt die Feststellung, daß Artikel 35 Absatz 3 der Verordnung den Fall regelt, daß nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für einen Arbeitnehmer oder seinen Familienangehörigen eine Voraussetzung hinsichtlich des Ursprungs der Erkrankung gilt. Er betrifft dagegen nicht den Fall, daß, was hier vorliegt, die anwendbaren Rechtsvorschriften den Anspruch auf die Leistungen bei Krankheit von der Voraussetzung abhängig machen, daß die Arbeitsunfähigkeit als solche nicht bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in das System bestanden hat.

20 Folglich ist die erste Frage zu verneinen. Unter diesen Umständen braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden. Wegen der Notwendigkeit, zu einer für das nationale Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, sind aber ausserdem folgende Erwägungen angebracht.

21 Artikel 51 des Vertrages hat dem Rat die Aufgabe übertragen, die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizuegigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu beschließen. Daher sind die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 im Licht dieses Zieles auszulegen (vgl. u. a. Urteil vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-406/93, Reichling, Slg. 1994, I-4061 , Randnr. 21).

22 Zu diesen Bestimmungen gehört Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung, wonach [d]er zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungs-, Beschäftigungs- oder Wohnzeiten abhängig ist,... soweit erforderlich, die Versicherungs-, Beschäftigungs- oder Wohnzeiten nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats [berücksichtigt], als handelte es sich um Zeiten, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.

23 Wie die Kommission ausgeführt hat, hindert diese Bestimmung den zuständigen Träger im vorliegenden Fall daran, den Zeitpunkt, zu dem nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften die Versicherung begonnen hat, als den Anfang der Versicherungszeiten anzusehen, die für den Erwerb des Anspruchs auf die Leistungen bei Krankheit zu berücksichtigen sind.

24 Ist daher nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats die Gewährung der Leistungen bei Krankheit davon abhängig, daß die Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns noch nicht bestanden hat, so hat der zuständige Träger gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung auch die Versicherungszeiten, die der Versicherte nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt hat, so zu berücksichtigen, als handelte es sich um Zeiten, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden.

25 Nach dem Vorlagebeschluß sind die dritte und die vierte Frage für den Fall gestellt, daß davon auszugehen ist, daß sich die Klägerin vor dem 20. Oktober 1989 einige Tage in der in Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii Satz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 beschriebenen Lage befunden hat.

26 Insoweit genügt die Feststellung, daß die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71, die den arbeitslosen Arbeitnehmer oder Selbständigen betreffen, insbesondere Artikel 71, im vorliegenden Fall nicht anwendbar sind, da sich Frau Klaus nirgends als Arbeitsuchende gemeldet hatte.

27 Die dritte und die vierte Frage können jedoch so verstanden werden, daß mit ihnen geklärt werden soll, ob ein Zeitraum von einigen Tagen zwischen der Rückkehr von Frau Klaus in ihr Herkunftsland und der Wiederaufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in diesem Staat eine Unterbrechung der Kontinuität der Versicherungszeiten, die gemäß den Gemeinschaftsvorschriften über die Zusammenrechnung berücksichtigt werden können, zur Folge hat.

28 Dazu ist, wie der Generalanwalt in Nummer 13 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zu bemerken, daß die Tatsache, daß ein Wanderarbeitnehmer während eines kurzen Zeitraums nicht arbeitet, in dem er mit seinem konkreten Umzug von einem Mitgliedstaat in einen anderen befasst ist, notwendig mit der normalen Ausübung des Rechts auf Freizuegigkeit verbunden ist.

29 Überdies hat der Vertreter der Nieuwe Algemene Bedrijfsvereniging dem Gerichtshof in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, daß diese Unterbrechung nicht als Rechtfertigung für die Versagung der beantragten Leistung herangezogen worden wäre, wenn die gesamte Versicherungslaufbahn von Frau Klaus in den Niederlanden stattgefunden hätte.

30 Nach alledem ist auf die Fragen des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung dahin auszulegen ist, daß, wenn nach den anwendbaren Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Gewährung von Leistungen bei Krankheit davon abhängig ist, daß die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten nicht bereits zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das durch diese Rechtsvorschriften eingeführte System bestanden hat, der zuständige Träger auch die Versicherungszeiten, die der Betreffende nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt hat, so zu berücksichtigen hat, als handelte es sich um Zeiten, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden. Der Umstand, daß der Arbeitnehmer nach Verlegung seines Wohnorts von einem Mitgliedstaat in einen anderen während eines kurzen Zeitraums im Gebiet des letztgenannten Staates weder eine Beschäftigung ausgeuebt noch sich als Arbeitsuchender gemeldet hat, hat nicht zur Folge, daß die Kontinuität der von ihm zurückgelegten Versicherungszeiten unterbrochen wird und die in Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 enthaltene Vorschrift über die Zusammenrechnung nicht angewandt werden kann.

Kostenentscheidung:

Kosten

31 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm von der Arrondissementsrechtbank Amsterdam mit Beschluß vom 15. Oktober 1992 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Artikel 35 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung gilt nicht für die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die den Anspruch auf Leistungen bei Krankheit ganz oder teilweise ausschließen, wenn der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das durch diese Rechtsvorschriften eingeführte System arbeitsunfähig war.

2) Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ist dahin auszulegen, daß, wenn nach den anwendbaren Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Gewährung von Leistungen bei Krankheit davon abhängig ist, daß die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten nicht bereits zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das durch diese Rechtsvorschriften eingeführte System bestanden hat, der zuständige Träger auch die Versicherungszeiten, die der Betreffende nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt hat, so zu berücksichtigen hat, als handelte es sich um Zeiten, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden.

3) Der Umstand, daß der Arbeitnehmer nach Verlegung seines Wohnorts von einem Mitgliedstaat in einen anderen während eines kurzen Zeitraums im Gebiet des letztgenannten Staates weder eine Beschäftigung ausgeuebt noch sich als Arbeitsuchender gemeldet hat, hat nicht zur Folge, daß die Kontinuität der von ihm zurückgelegten Versicherungszeiten unterbrochen wird und die in Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 enthaltene Vorschrift über die Zusammenrechnung nicht angewandt werden kann.

Ende der Entscheidung

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