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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 19.04.2005
Aktenzeichen: C-521/04 P(R)
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 Art. 10 Abs. 2
Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 Art. 4 Abs. 1
Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 Art. 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 19. April 2005. - Hans-Martin Tillack gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Beschwerende Maßnahme. - Rechtssache C-521/04 P(R).

Parteien:

In der Rechtssache C521/04 P(R)

betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 57 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 24. Dezember 2004,

Hans-Martin Tillack, Prozessbevollmächtigte: I. Forrester, QC, und Rechtsanwalt C. Arhold,

Rechtsmittelführer,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Docksey und C. Ladenburger als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

International Federation of Journalists (IFJ), Prozessbevollmächtigte: A. Bartosch und T. Grupp, avocats,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES

nach Anhörung des Generalanwalts L. A. Geelhoed

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1. Der Rechtsmittelführer beantragt mit seinem Rechtsmittel die Aufhebung des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2004 in der Rechtssache T193/04 R (Tillack/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem das Gericht einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs aller Maßnahmen im Rahmen der vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) angeblich am 11. Februar 2004 bei den belgischen und deutschen Justizbehörden erstatteten Anzeige und auf Anweisung an das OLAF zurückgewiesen hat, es zu unterlassen, den Inhalt irgendwelcher Unterlagen und Informationen zur Kenntnis zu erlangen, durchzusehen, zu prüfen oder anzuhören, die sich infolge der am 19. März 2004 beim Rechtsmittelführer zuhause und an seinem Arbeitsplatz vorgenommenen Durchsuchung durch die belgischen Justizbehörden in deren Besitz befinden.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die International Federation of Journalists (im Folgenden: IFJ) haben am 31. Januar 2005 Erklärungen zu dem Rechtsmittel eingereicht.

3. Da die schriftlichen Erklärungen der Verfahrensbeteiligten und die Akten sämtliche Informationen enthalten, die für die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel erforderlich sind, besteht kein Anlass, die Verfahrensbeteiligten mündlich anzuhören.

Rechtlicher Rahmen

4. Die Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. L 136, S. 1) regelt die Kontrollen, Überprüfungen und sonstigen Maßnahmen, die die Bediensteten des Amtes in Ausübung ihrer Befugnisse durchführen.

5. Die dreizehnte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1073/1999 lautet wie folgt:

Es obliegt den zuständigen einzelstaatlichen Behörden sowie gegebenenfalls den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, auf der Grundlage des von dem Amt erstellten Berichts Folgemaßnahmen zu den abgeschlossenen Untersuchungen zu beschließen. Der Direktor des Amtes sollte verpflichtet werden, den Justizbehörden des betroffenen Mitgliedstaats unmittelbar alle Informationen zu übermitteln, die das Amt bei internen Untersuchungen über strafrechtlich relevante Sachverhalte zusammengetragen hat.

6. Artikel 10, Übermittlung von Informationen durch das Amt, der Verordnung Nr. 1073/1999 sieht in Absatz 2 vor:

Unbeschadet der Artikel 8, 9 und 11 übermittelt der Direktor des Amtes den Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats die bei internen Untersuchungen vom Amt eingeholten Informationen über gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen. Vorbehaltlich der Untersuchungserfordernisse unterrichtet er gleichzeitig den betreffenden Mitgliedstaat.

Sachverhalt

7. In den Randnummern 3 bis 10 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht den Sachverhalt wie folgt zusammengefasst:

3 Der Antragsteller ist Journalist und beim deutschen Magazin Stern beschäftigt.

4 Er verfasste zwei am 28. Februar und 7. März 2002 im Stern veröffentlichte Artikel über mehrere von einem Beamten der Europäischen Gemeinschaften, Herrn Van Buitenen, festgestellte Unregelmäßigkeiten. Diese Artikel ließen erkennen, dass der Antragsteller eine detaillierte Kenntnis des Inhalts eines von Herrn Van Buitenen erstellten Memorandums vom 31. August 2001 (im Folgenden: Van-Buitenen-Memorandum) und zweier vertraulicher interner Vermerke des OLAF vom 31. Januar und vom 14. Februar 2002 über dieses Memorandum (im Folgenden: interne Vermerke) besaß.

5 Am 12. März 2002 leitete das OLAF eine interne Untersuchung nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 ein, um festzustellen, welche Beamten oder sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften für die Indiskretion verantwortlich waren, durch die das Van-Buitenen-Memorandum und die internen Vermerke bekannt geworden waren.

6 In einer Pressemitteilung vom 27. März 2002, mit der die Einleitung dieser Untersuchung angekündigt wurde, erklärte das OLAF: Wegen des Verdachts der Weitergabe von vertraulichen Informationen, die aus einem (vorläufigen) Bericht von OLAF stammen, hat das Amt entschieden, gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 eine interne Untersuchung einzuleiten. Diese Untersuchung wird auch dem Vorwurf nachgehen, dass dieses Dokument durch die Bezahlung eines Beamten erhalten wurde.

7 Der Stern veröffentlichte am 28. März 2002 eine Pressemitteilung, in der er bestätigte, im Besitz des Van-Buitenen-Memorandums und der internen Vermerke zu sein, aber bestritt, dass einer seiner Mitarbeiter einem Beamten oder sonstigen Bediensteten der Kommission für die Beschaffung der Unterlagen Geld gezahlt habe.

8 Nachdem der Antragsteller das OLAF aufgefordert hatte, die gegen ihn erhobenen Bestechungsvorwürfe zurückzunehmen, wandte er sich am 22. Oktober 2002 an den Europäischen Bürgerbeauftragten. Dieser übermittelte am 18. Juni 2003 dem OLAF einen Empfehlungsentwurf, in dem er die Auffassung vertrat, dass die Behauptung von Bestechungsvorwürfen ohne faktische Grundlage in der Pressemitteilung vom 27. März 2002 einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstelle und das OLAF in Erwägung ziehen sollte, die in der Mitteilung genannten Bestechungsvorwürfe zurückzuziehen. In Beantwortung dieser Empfehlung veröffentlichte das OLAF am 30. September 2003 eine Pressemitteilung mit der Überschrift Klarstellung von OLAF zu dem Verdacht auf Weitergabe von Informationen, von der es den Europäischen Bürgerbeauftragten in Kenntnis setzte. Dieser traf seine Entscheidung am 20. November 2003 und machte in seinen Schlussfolgerungen eine kritische Anmerkung.

9 Am 11. Februar 2004 übermittelte das OLAF auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 Informationen über die Ergebnisse der am 12. März 2002 eingeleiteten internen Untersuchung an die Staatsanwaltschaften Brüssel (Belgien) und Hamburg (Deutschland) [im Folgenden: streitige Übermittlung].

10 Infolge dieser Informationsübermittlung wurde in Belgien ein Verfahren wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses eingeleitet. Am 19. März 2004 durchsuchte die belgische Bundespolizei auf Anordnung des Untersuchungsrichters in Brüssel die Wohnung und das Büro des Antragstellers. Zahlreiche Unterlagen und andere ihm gehörende Gegenstände wurden beschlagnahmt. Am 23. März 2004 legte der Antragsteller gegen diese Beschlagnahme Beschwerde beim zuständigen Untersuchungsrichter ein, der diese zurückwies. Der Antragsteller legte im April 2004 gegen diese Entscheidung Berufung vor der Chambre des mises en accusation (Anklagekammer) ein.

Verfahren vor dem Gericht

8. Der Rechtsmittelführer hat mit Klageschrift, die am 1. Juni 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage erhoben auf Nichtigerklärung der streitigen Übermittlung und auf Ersatz des aufgrund dieser Übermittlung und der vom OLAF insoweit vorgenommenen Handlungen erlittenen Schadens.

9. Mit gesondertem Schriftsatz, der am 4. Juni 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat der Rechtsmittelführer gemäß Artikel 243 EG beantragt,

- die vollständige oder teilweise Aussetzung des Vollzugs aller Maßnahmen oder Handlungen im Rahmen der streitigen Übermittlung anzuordnen;

- dem OLAF aufzugeben, es zu unterlassen, den Inhalt irgendwelcher Unterlagen und Informationen zur Kenntnis zu erlangen, durchzusehen, zu prüfen oder anzuhören, die sich infolge der am 19. März 2004 bei ihm zuhause und an seinem Arbeitsplatz vorgenommenen Durchsuchung durch die belgischen Justizbehörden, die zur Beschlagnahme dieser Unterlagen, seines Computers und anderer Dinge geführt hat, in deren Besitz befinden;

- bis zur Fortsetzung des Verfahrens und bis zum Eingang der Erklärungen des OLAF diesem mit sofortiger Wirkung aufzugeben, vorbehaltlich der Entscheidung des Präsidenten des Gerichts über die beiden vorstehenden Anträge von jeder Maßnahme in Bezug auf die streitige Übermittlung abzusehen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und

- jede andere für sachdienlich gehaltene Maßnahme anzuordnen.

10. Die Kommission hat unter Berufung insbesondere auf die offensichtliche Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage des Rechtsmittelführers beantragt, den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen.

11. Die IFJ hat beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rechtsmittelführers zugelassen zu werden.

Der angefochtene Beschluss

12. Der Präsident des Gerichts hat im angefochtenen Beschluss zunächst dem Streithilfeantrag der IFJ stattgegeben und dann in Randnummer 32 darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung, wenn die offensichtliche Unzulässigkeit der Klage, mit der der Antrag auf einstweilige Anordnung zusammenhänge, geltend gemacht werde, festgestellt werden müsse, ob Anhaltspunkte vorlägen, aus denen auf den ersten Blick auf die Zulässigkeit einer solchen Klage geschlossen werden könne.

13. Er hat insoweit in Randnummer 47 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass in diesem Stadium des Verfahrens keine Anhaltspunkte bestünden, die die Annahme erlaubten, dass die Nichtigkeitsklage auf den ersten Blick zulässig sei.

14. In Randnummer 46 des angefochtenen Beschlusses hat er der Entscheidung des OLAF, die streitige Übermittlung vorzunehmen, verbindliche Rechtswirkungen und deshalb den Charakter einer anfechtbaren Handlung abgesprochen.

15. In Randnummer 38 des angefochtenen Beschlusses hat er daran erinnert, dass Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage gegeben sei, nur diejenigen Maßnahmen seien, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugten, die die Interessen des Klägers beeinträchtigten, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise veränderten, und er hat insoweit in Randnummer 43 desselben Beschlusses ausgeführt, dass die streitige Übermittlung gegenüber den belgischen und deutschen Behörden keinerlei verbindliche Rechtswirkungen erzeuge und diese frei über das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit den Untersuchungen des OLAF entscheiden könnten.

16. Schließlich hat er in Randnummer 44 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass die Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit nach Artikel 10 EG die nationalen Behörden nicht zu bestimmten Schritten zwinge, wenn sie der Auffassung seien, dass die vom OLAF übermittelten Informationen diese Schritte nicht rechtfertigten. Auch hat er in Randnummer 45 desselben Beschlusses zur Berufung auf den Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz festgestellt, dass der Rechtsmittelführer nicht dargelegt habe, weshalb er daran gehindert wäre, die Anordnung einer Durchsuchung seiner Wohn- und Arbeitsräume durch die genannten Behörden anzufechten.

17. In Randnummer 48 des angefochtenen Beschlusses ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass er nur das Vorbringen des Rechtsmittelführers zur Stützung seiner Schadensersatzklage prüfen werde, und er hat in Randnummer 62 desselben Beschlusses entschieden, dass der Rechtsmittelführer nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass dieses Klagebegehren nicht offensichtlich unbegründet sei.

18. Unter diesen Umständen hat er in Randnummer 63 des angefochtenen Beschlusses den bei ihm gestellten Antrag zurückgewiesen.

Das Rechtsmittel

19. Der Rechtsmittelführer beantragt mit seinem Rechtsmittel, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und seinen im Verfahren der einstweiligen Anordnung gestellten Anträgen in vollem Umfang stattzugeben.

20. Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt sie, den Antrag auf einstweilige Anordnungen zurückzuweisen. Außerdem beantragt sie, dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

21. Die IFJ beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die vom Rechtsmittelführer beantragten einstweiligen Anordnungen zu erlassen.

Zum Rechtsmittel

22. Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf drei Gründe: In dem angefochtenen Beschluss seien erstens die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage und zweitens der Kausalzusammenhang zwischen der streitigen Übermittlung und dem von ihm behaupteten Schaden fehlerhaft gewürdigt worden, und drittens liege eine Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz vor.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

23. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, dem Präsidenten des Gerichts sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als er die Nichtigkeitsklage für offensichtlich unzulässig gehalten habe.

Zum ersten, zweiten und dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

24. Der erste, der zweite und der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes beziehen sich sämtlich auf die Frage der Rechtsnatur von Maßnahmen nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1073/1999. Sie sind deshalb zusammen zu prüfen.

25. Der Rechtsmittelführer macht zunächst geltend, es gebe keine Entscheidung des Gerichtshofes oder des Gerichts über die Auslegung von Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 und über die Rechtsnatur von Maßnahmen, die das OLAF auf der Grundlage dieser Bestimmung ergreife.

26. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Möglichkeit, wie in Randnummer 47 des angefochtenen Beschlusses geschehen, das Bestehen von Anhaltspunkten zu verneinen, die die Annahme erlauben, dass die Nichtigkeitsklage auf den ersten Blick zulässig ist, nicht davon abhängt, ob es zu den in der Klage aufgeworfenen Rechtsfragen eine Gemeinschaftsrechtsprechung gibt oder nicht. Das Vorliegen einer solchen Rechtsprechung kann zwar eine solche Entscheidung erleichtern, doch die offensichtliche Unzulässigkeit einer Klage kann sich auch aus Anhaltspunkten ergeben, zu denen (noch) keine Gemeinschaftsrechtsprechung vorliegt. Folglich ist das Vorbringen des Rechtsmittelführers zum Fehlen von Präzedenzfällen in der Rechtsprechung nicht geeignet, zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu führen.

27. Der Rechtsmittelführer wendet sich sodann gegen die in dem angefochtenen Besc hluss vorgenommene Auslegung, wonach Maßnahmen nach der Verordnung Nr. 1073/1999, insbesondere nach ihrem Artikel 10 Absatz 2, keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugten. Die nationalen Behörden hätten auf die streitige Übermittlung hin Schritte einleiten müssen, was sie im Übrigen auch getan hätten. Im angefochtenen Beschluss sei diese Übermittlung unzutreffend als bloße Informationsmaßnahme qualifiziert worden, obwohl es sich in Wirklichkeit um einen rechtlichen Schritt handele, der erforderlich sei, um das OLAF in eine Rechtslage zu versetzen, die es ihm erlaube, für die Zwecke seiner eigenen internen Untersuchung Zugang zu den von den nationalen Polizeidienststellen beschlagnahmten Unterlagen zu erhalten.

28. In Randnummer 43 des angefochtenen Beschlusses habe der Präsident des Gerichts die streitige Übermittlung rechtlich gewürdigt und sei gestützt sowohl auf die Verordnung Nr. 1073/1999 als auch auf den Wortlaut des Schreibens vom 11. Februar 2004, mit dem das OLAF die Informationen an die nationalen Justizbehörden weitergegeben habe, zu dem Ergebnis gekommen, dass eine solche Übermittlung diesen gegenüber keinerlei verbindliche Rechtswirkungen habe.

29. Wie die IFJ geltend macht, heißt es zwar in dem Zwischenbericht, der dem genannten Schreiben beigefügt und deshalb Teil der streitigen Übermittlung war, auch, dass die Übermittlung von Informationen an die beiden Justizbehörden [Strafverfolgungsbehörden Brüssel und Hamburg]... sich als erforderlich [erweist], um unabhängige, aber koordinierte Verfahren einzuleiten, und - unter der Überschrift Dringlichkeit -, dass ein schnelles Vorgehen... in Anbetracht dessen wünschenswert [ist], dass Herr Tillack nach unseren Informationen Brüssel im März dieses Jahres verlassen wird, um Korrespondent des Stern in Washington (USA) zu werden. Mit seinem Weggang aus Brüssel könnten wichtige Beweisstücke endgültig verschwinden.

30. Es steht jedoch fest, dass das OLAF die Entscheidung, ob und welche Schritte auf die streitige Übermittlung hin einzuleiten sind, in das Ermessen der zuständigen nationalen Behörden gestellt hat. Wie sich schon aus dem Wortlaut des genannten Berichtes ergibt, hat das OLAF diese Behörden nicht um bestimmte Maßnahmen gegen den Rechtsmittelführer ersucht.

31. Diese Vorgehensweise des OLAF verstößt nicht gegen Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1073/1999. Denn diese Bestimmung sieht nur vor, dass der Direktor des Amtes den Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats die bei internen Untersuchungen eingeholten Informationen über gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen übermittelt. Weder im Wortlaut dieser Bestimmung noch im Wortlaut der dreizehnten Begründungserwägung dieser Verordnung findet sich auch nur der geringste Anhaltspunkt für die Annahme, dass eine solche Übermittlung von Informationen gegenüber den Empfängern verbindliche Rechtswirkungen entfaltet.

32. Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 geht davon aus, dass eine Maßnahme wie die streitige Übermittlung selbst nicht beschwerend sein kann, sondern gegebenenfalls zur Einleitung von Verwaltungs- oder Strafverfahren durch die zuständigen nationalen Behörden führen kann. Wie diese auf die ihnen übermittelten Informationen hin verfahren, fällt deshalb allein und vollständig in ihren Verantwortungsbereich.

33. Diese Auslegung des Artikels 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 steht auch nicht im Widerspruch zur Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit nach Artikel 10 EG. Denn nach dieser Bestimmung kann zwar nicht jede Verpflichtung der nationalen Behörden zur Prüfung der vom OLAF übermittelten Informationen verneint werden, doch schreibt sie keine Auslegung vor, die einer Maßnahme wie der streitigen Übermittlung in dem Sinne zwingenden Charakter verliehe, dass die genannten Behörden zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet wären, weil eine solche Auslegung die Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung, wie sie für die Umsetzung der Verordnung Nr. 1073/1999 vorgesehen ist, ändern würde.

34. Folglich ist die Schlussfolgerung des Präsidenten des Gerichts, dass die streitige Übermittlung keine anfechtbare Handlung darstelle, nicht rechtsfehlerhaft, so dass der erste, der zweite und der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes nicht durchgreifen.

Zum vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

35. Mit dem vierten Teil seines ersten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, dass die Feststellung der offensichtlichen Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage durch den Präsidenten des Gerichts gegen den Grundsatz eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstoße.

36. Die Kommission bringt insoweit vor, auf nationaler Ebene gebe es ausreichenden Rechtsschutz. Es sei Sache der nationalen Gerichte, den Rechtsschutz für den Einzelnen sicherzustellen, wenn die einzige anfechtbare Handlung eine auf nationaler Ebene ergriffene Maßnahme sei oder wenn diese Maßnahme auf der Grundlage einer Gemeinschaftshandlung ergangen sei, die gemäß Artikel 230 EG nicht vor den Gemeinschaftsgerichten angefochten werden könne.

37. Die IFJ bestreitet nicht, dass der Rechtsmittelführer die Möglichkeit gehabt habe, vor den nationalen Gerichten gegen die Maßnahmen der belgischen Behörden zu klagen. Sie weist jedoch darauf hin, dass diese, selbst als sie mit der Sache befasst worden seien, niemals die Richtigkeit der vom OLAF übermittelten Informationen geprüft hätten. Der angefochtene Beschluss führe somit zu einer Rechtsverweigerung gegenüber dem Rechtsmittelführer.

38. Insoweit ist daran zu erinnern, dass, wie oben in Randnummer 32 festgestellt, die Verfahrensweise der nationalen Behörden auf die Übermittlung der Informationen durch das OLAF hin allein und vollständig in deren Verantwortungsbereich fällt. Somit ist es Sache dieser Behörden, selbst zu prüfen, ob solche Informationen eine strafrechtliche Verfolgung rechtfertigen oder erforderlich machen. Folglich muss der Rechtsschutz vor solcher Verfolgung auf nationaler Ebene mit allen innerstaatlich vorgesehenen Garantien einschließlich derjenigen sichergestellt werden, die sich aus den Grundrechten ergeben, die als integrierender Bestandteil der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts von den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung einer Gemeinschaftsregelung ebenfalls beachtet werden müssen (vgl. u. a. Urteile vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 5/88, Wachauf, Slg. 1989, 2609, Randnr. 19, und vom 10. Juli 2003 in den Rechtssachen C20/00 und C64/00, Booker Aquaculture und Hydro Seafood, Slg. 2003, I7411, Randnr. 88).

39. Im Rahmen einer auf nationaler Ebene erhobenen Klage hat das angerufene Gericht die Möglichkeit, den Gerichtshof, gegebenenfalls auf Anregung der Parteien, im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens nach Artikel 234 EG um die Auslegung der Gemeinschaftsrechtsbestimmungen zu ersuchen, die es für den Erlass seines Urteils für erforderlich hält.

40. Folglich trifft die Auffassung, der im angefochtenen Beschluss vertretene Standpunkt führe dazu, dass kein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz bestehe, nicht zu. Der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes greift deshalb nicht durch.

41. Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

42. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer zum einen geltend, dem Präsidenten des Gerichts sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als er entschieden habe, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen der Übermittlung von Informationen an die nationalen Behörden durch das OLAF und dem vom Rechtsmittelführer behaupteten Schaden gebe. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nur noch um die streitige Übermittlung als mögliche Ursache für den behaupteten Schaden geht, da die Veröffentlichung von zwei Pressemitteilungen durch das OLAF als Begründung für den Schadensersatzantrag des Rechtsmittelführers nicht mehr in Rede steht. Zum anderen beanstandet der Rechtsmittelführer, der angefochtene Beschluss sei in diesem Punkt nicht hinreichend begründet.

43. Aus Randnummer 54 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass der Präsident des Gerichts gestützt auf eine ständige Rechtsprechung der Auffassung war, dass es sich beim Kausalzusammenhang um einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem angeblichen Fehler des betreffenden Organs und dem geltend gemachten Schaden handeln müsse und dass das fehlerhafte Verhalten dieses Organs die ausschlaggebende Ursache für diesen Schaden sein müsse.

44. Unter Berufung auf diese Rechtsprechung hat er in Randnummer 58 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass es keinen solchen Kausalzusammenhang zwischen der bloßen Übermittlung von Informationen an die nationalen Behörden durch das OLAF und dem vom Rechtsmittelführer behaupteten Schaden gebe. Denn es sei klar, dass dieser den behaupteten Schaden nicht erlitten hätte, wenn diese Behörden kein Ermittlungsverfahren eingeleitet hätten.

45. Der Rechtsmittelführer macht jedoch geltend, die von der Rechtsprechung in Bezug auf die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs aufgestellten Kriterien seien in dem angefochtenen Beschluss falsch dargestellt und angewandt worden. Das wesentliche Kriterium liege darin, ob die streitige Übermittlung die ausschlaggebende Ursache für den Schaden sei, und nicht, ob diese Übermittlung die letzte Handlung in einer Kausalkette sei.

46. Insoweit genügt die Feststellung, dass aus Randnummer 58 des angefochtenen Beschlusses klar hervorgeht, dass der Entscheidung der nationalen Behörden, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, die ihr gegebene Bedeutung nicht deshalb beigemessen wird, weil sie die letzte Handlung in einer Kausalkette darstellt, sondern deshalb, weil sie die ausschlaggebende Ursache für den angeblich erlittenen Schaden ist.

47. Unter diesen Bedingungen ist nicht ersichtlich, dass der Präsident des Gerichts die Rechtsprechung zum Kausalzusammenhang falsch angewandt oder seine Entscheidung insoweit unzureichend begründet hätte.

48. Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund

49. Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, der Präsident des Gerichts habe sein Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verletzt.

50. In Anbetracht dessen, dass das Vorbringen zur angeblichen Missachtung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz bereits im Rahmen des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes geprüft worden ist und dass der Rechtsmittelführer im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelgrundes keine zusätzlichen Anhaltspunkte vorgetragen hat, die die bei der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes getroffenen Feststellungen erschüttern könnten, ist der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

51. Da keiner der drei Rechtsmittelgründe, auf die der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel stützt, durchgreift, ist dieses zurückzuweisen.

Kosten

52. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Rechtsmittelführers beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als ein Mitgliedstaat oder ein Organ seine eigenen Kosten trägt. Demgemäß ist zu entscheiden, dass die IFJ ihre eigenen Kosten trägt.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Präsident des Gerichtshofes beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Der Rechtsmittelführer trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

3. Die International Federation of Journalists trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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