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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: C-524/07
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 70/156/EWG, Richtlinie 92/97/EWG


Vorschriften:

EG Art. 28
EG Art. 30
Richtlinie 70/156/EWG
Richtlinie 92/97/EWG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

11. Dezember 2008

"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Art. 28 EG und 30 EG -Zulassung importierter Gebrauchtfahrzeuge, die zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassen waren - Technische Anforderungen hinsichtlich Abgasemissionen und Lärmpegel - Öffentliche Gesundheit - Umweltschutz"

Parteien:

In der Rechtssache C-524/07

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 26. November 2007,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Schima als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl und G. Eberhard als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter A. Ó Caoimh und U. Lõhmus, der Richterin P. Lindh sowie des Richters A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2008

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klage ersucht die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den Gerichtshof darum, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 30 EG verstoßen hat, dass für ältere Gebrauchtwagen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Österreich zugelassen waren und bestimmte technische Anforderungen hinsichtlich Abgasemissionen und Lärm nicht erfüllen, keine Zulassung erteilt wird, obwohl im Inland bereits zugelassene baugleiche Fahrzeuge bei einer neuerlichen Zulassung diesen Anforderungen nicht unterliegen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Die Richtlinie 70/156/EWG

2 Die Gründe, die den Gemeinschaftsgesetzgeber zum Erlass der Richtlinie 70/156/EWG des Rates vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 42, S. 1) in der durch die Richtlinie 2001/116/EG der Kommission vom 20. Dezember 2001 (ABl. 2002, L 18, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 70/156) bewogen haben, sind in ihren Erwägungsgründen wie folgt dargelegt:

"In jedem Mitgliedstaat müssen Kraftfahrzeuge zur Beförderung von Gütern oder Personen bestimmten, zwingend vorgeschriebenen technischen Merkmalen entsprechen; diese Bestimmungen sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden; dadurch wird der Warenverkehr innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft behindert.

Diese Hemmnisse für die Errichtung und das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Marktes lassen sich verringern und sogar beseitigen, wenn alle Mitgliedstaaten in Ergänzung oder an Stelle ihrer derzeitigen Rechtsvorschriften gleiche Vorschriften erlassen.

Die Einhaltung der technischen Vorschriften wird herkömmlicherweise von den Mitgliedstaaten kontrolliert, bevor die Fahrzeuge, für die sie gelten, in den Handel gebracht werden; diese Kontrolle erstreckt sich auf Fahrzeugtypen.

...

Die Kontrolle dieser Vorschriften sowie die Anerkennung der von den anderen Mitgliedstaaten durchgeführten Kontrollen durch jeden Mitgliedstaat erfordern die Einführung eines gemeinschaftlichen Verfahrens für die Betriebserlaubnis für jeden Fahrzeugtyp.

Dieses Verfahren soll es jedem Mitgliedstaat ermöglichen festzustellen, ob jeder Fahrzeugtyp den in den Einzelrichtlinien vorgesehenen und auf dem Betriebserlaubnisbogen angegebenen Kontrollen unterworfen wurde; damit soll den Herstellern ermöglicht werden, eine Übereinstimmungsbescheinigung für alle Fahrzeuge auszustellen, die dem genehmigten Typ entsprechen; ein mit dieser Bescheinigung versehenes Fahrzeug hat in allen Mitgliedstaaten als mit ihrer eigenen Gesetzgebung übereinstimmend zu gelten; es ist angezeigt, dass jeder Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten von der getroffenen Feststellung durch Übersendung einer Abschrift des für jeden genehmigten Fahrzeugtyp ausgestellten Betriebserlaubnisbogens unterrichtet.

Vorübergehend muss die Betriebserlaubnis auf Grund der Gemeinschaftsvorschriften nach Maßgabe des Inkrafttretens der Einzelrichtlinien über die verschiedenen Fahrzeugteile oder -merkmale erteilt werden können, während für die noch nicht erfassten Teile die innerstaatlichen Vorschriften in Kraft bleiben.

...

Der technische Fortschritt macht eine rasche Anpassung der in den Einzelrichtlinien aufgeführten technischen Vorschriften erforderlich ..."

3 Art. 1 der Richtlinie 70/156 bestimmt:

"Diese Richtlinie gilt für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern, die in einer oder mehreren Stufen gefertigt werden, sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten, die für den Anbau an derartigen Kraftfahrzeugen und Anhängern vorgesehen sind.

Sie gilt nicht

- für die Genehmigung von Einzelfahrzeugen. Mitgliedstaaten, die eine solche Genehmigung erteilen, erkennen jedoch gültige Genehmigungen für Systeme, Bauteile, selbständige technische Einheiten oder unvollständige Fahrzeuge an, die gemäß dieser Richtlinie anstelle der jeweiligen nationalen Vorschriften erteilt wurden;

- für vierrädrige Kraftfahrzeuge im Sinne des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/61/EWG [des Rates vom 30. Juni 1992] über die Betriebserlaubnis für zweirädrige oder dreirädrige Kraftfahrzeuge [ABl. L 225, S. 72]."

4 Anhang II der Richtlinie 70/156 enthält einen Abschnitt A mit dem Titel "Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen", in dem es heißt:

"Fahrzeugklassen werden gemäß der folgenden Einteilung festgelegt:

...

1. Klasse M: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern.

Klasse M1: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz.

...

2. Klasse N: Für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern.

Klasse N1: Für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 Tonnen.

..."

5 Die Richtlinien 70/157/EWG des Rates vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den zulässigen Geräuschpegel und die Auspuffvorrichtung von Kraftfahrzeugen (ABl. L 42, S. 16) und 70/220/EWG des Rates vom 20. März 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Abgase von Kraftfahrzeugmotoren mit Fremdzündung (ABl. L 76, S. 1) sind beide Einzelrichtlinien betreffend das mit der Richtlinie 70/156 eingeführte Verfahren für die Betriebserlaubnis.

Die Richtlinie 92/97/EWG

6 Die Richtlinie 92/97/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Änderung der Richtlinie 70/157/EWG (ABl. L 371, S. 1) sieht in ihrem Art. 2 vor:

"(1) Ab 1. Juli 1993 dürfen die Mitgliedstaaten aus Gründen, die den zulässigen Geräuschpegel und die Auspuffvorrichtung betreffen,

- einem Kraftfahrzeugtyp weder die EWG-Betriebserlaubnis, die Ausstellung des Dokuments nach Artikel 10 Absatz 1 letzter Gedankenstrich der Richtlinie 70/156/EWG oder die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung verweigern

- noch die erstmalige Inbetriebnahme von Fahrzeugen untersagen,

wenn Lärmpegel und Auspuffvorrichtung dieses Kraftfahrzeugtyps oder dieser Fahrzeuge der Richtlinie 70/157/EWG in der durch die vorliegende Richtlinie geänderten Fassung entsprechen.

(2) Ab 1. Oktober 1995

- dürfen die Mitgliedstaaten die EWG-Betriebserlaubnis oder das Dokument nach Artikel 10 Absatz 1 letzter Gedankenstrich der Richtlinie 70/156/EWG für einen Kraftfahrzeugtyp nicht mehr ausstellen,

- müssen die Mitgliedstaaten die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung für einen Kratfahrzeugtyp verweigern,

dessen Geräuschpegel und Auspuffvorrichtung den Anhängen der Richtlinie 70/157/EWG in der durch die vorliegende Richtlinie geänderten Fassung nicht entsprechen.

(3) Ab 1. Oktober 1996 untersagen die Mitgliedstaaten für Fahrzeuge, deren Geräuschpegel und Auspuffvorrichtung den Anhängen der Richtlinie 70/157/EWG in der durch diese Richtlinie geänderten Fassung nicht entsprechen, die erstmalige Inbetriebnahme."

Die Richtlinie 93/59/EWG

7 Die Richtlinie 93/59/EWG des Rates vom 28. Juni 1993 zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG (ABl. L 186, S. 21) bestimmt in ihrem Art. 2:

"(1) Ab 1. Oktober 1993 dürfen die Mitgliedstaaten aus Gründen der Luftverunreinigung durch Emissionen

- für einen Kraftfahrzeugtyp die EWG-Betriebserlaubnis [,] die Ausstellung des in Artikel 10 Absatz 1 letzter Gedankenstrich der Richtlinie 70/156/EWG vorgesehenen Dokumentes oder die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung nicht verweigern,

- das erstmalige Inverkehrbringen von Fahrzeugen nicht untersagen,

sofern die Emissionen dieses Kraftfahrzeugtyps oder dieser Fahrzeuge der Richtlinie 70/220/EWG, in der Fassung der vorliegenden Richtlinie, entsprechen.

(2) Ab 1. Oktober 1993

- dürfen die Mitgliedstaaten die EWG-Betriebserlaubnis nicht mehr erteilen oder das Dokument nach Artikel 10 Absatz 1 letzter Gedankenstrich der Richtlinie 70/156/EWG für einen Kraftfahrzeugtyp nicht mehr ausstellen,

- müssen die Mitgliedstaaten die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung für einen Kraftfahrzeugtyp verweigern,

wenn dessen Emissionen den Anforderungen der Anhänge der Richtlinie 70/220/EWG, in der Fassung der vorliegenden Richtlinie, nicht entsprechen.

(3) Ab 1. Oktober 1994 untersagen die Mitgliedstaaten das erstmalige Inverkehrbringen von Fahrzeugen, deren Emissionen den Anforderungen der Anhänge der Richtlinie 70/220/EWG, in der Fassung der vorliegenden Richtlinie, nicht entsprechen."

Nationales Recht

8 Die Modalitäten der Zulassung von Kraftfahrzeugen in Österreich bestimmen sich nach dem Kraftfahrgesetz von 1967 (BGBl. 267/1967) in seiner geänderten Fassung (BGBl. I, 117/2005, im Folgenden: KFG).

9 Die Zulassung dieser Fahrzeuge erfolgt demnach auf der Grundlage einer EG-Betriebserlaubnis (§§ 28a und 28b KFG), einer nationalen Typengenehmigung (§ 29 KFG), einer Einzelgenehmigung (§ 31 KFG) oder einer Ausnahmegenehmigung (§ 34 KFG).

10 Für Fahrzeuge, die vor der Umsetzung des in den 90er Jahren eingeführten gemeinschaftlichen Verfahrens für die Betriebserlaubnis in Betrieb genommen worden sind und deshalb nicht über eine EG-Betriebserlaubnis verfügen, gelten für ihre Erstzulassung in Österreich das Einzel- oder das Ausnahmegenehmigungsverfahren.

11 In § 1d der KFG-Durchführungsverordnung von 1967 (BGBl. 399/1967) in seiner geänderten Fassung (BGBl. II 334/2006, im Folgenden: KDV), der die Überschrift "Auspuffgase" trägt, heißt es:

"(1) Kraftfahrzeuge müssen den ... jeweils für sie in Betracht kommenden Grenzwerten für Emissionen zur Verhinderung der Verunreinigung der Luft entsprechen. Der genaue Geltungsbereich für einzelne Fahrzeugklassen und die anzuwendenden Grenzwerte sind den jeweils zutreffenden Einzelrichtlinien zu entnehmen. Für Fahrzeuge, die den Einzelgenehmigungsverfahren unterliegen, sind die in den Richtlinien festgelegten Termine für die Zulassung, den Verkauf, die Inbetriebnahme oder die Benutzung neuer Fahrzeuge gültig.

..."

12 § 8 KDV ("Lärmverhütung und Auspuffanlagen") bestimmt:

"(1) Der A-bewertete Schallpegel des Betriebsgeräusches eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers darf die folgend angeführten Grenzwerte, bei Fahrzeugen, die der Fahrzeugklasseneinteilung der Europäischen Union entsprechen, die in den nachstehenden Richtlinien angeführten Grenzwerte, nicht übersteigen:

...

3. für Fahrzeuge der Kategorien M und N gelten die nachstehenden Grenzwerte und Prüfbestimmungen der Richtlinie 70/157/EWG in der Fassung 1999/101/EG ...; ab 1.10.1995 gelten für Typengenehmigungen und ab 1.10.1996 für Einzelgenehmigungen die Grenzwerte idF der Richtlinie 92/97/EWG ...

..."

13 § 22b KDV sieht eine Ausnahme von dem Erfordernis, dass Fahrzeuge den Anforderungen der oben genannten Bestimmungen der KDV entsprechen müssen, für den Fall vor, dass es sich bei ihnen um Übersiedlungsgut oder eine Schenkung oder Erbschaft handelt.

14 Art. III der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, mit der die Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 geändert wird (40. Novelle zur KDV 1967, BGBl. 214/1995), in seiner geänderten Fassung (BGBl. II, 80/1997, im Folgenden: Änderungsverordnung), der die Überschrift "Übergangsbestimmungen" trägt, sieht vor:

"(1) Von den einzelnen Bestimmungen dieser Verordnung sind Fahrzeuge ausgenommen, die vor Inkrafttreten der jeweiligen Bestimmung bereits genehmigt worden sind, sofern die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen. Diese Fahrzeuge müssen aber den bisherigen Bestimmungen entsprechen. ...

(2) Von Art. I Z 3 (§ 1d Abs. 1) sind Fahrzeuge der Kategorie M1 und N1 ausgenommen, wenn sie als Typen vor dem 1. Jänner 1995 genehmigt worden sind, oder einzeln vor dem 1. Jänner 1996 genehmigt und erstmals zum Verkehr zugelassen worden sind. Typengenehmigte Fahrzeuge dürfen nach dem 1. Jänner 1996 aber nur mehr dann erstmals zum Verkehr zugelassen werden, wenn festgestellt worden ist, dass das Fahrzeug der Richtlinie 93/59/EWG entspricht.

...

(5) § 8 Abs. 1 Z 2 (Art. I Z 17) gilt nicht für Fahrzeuge, die vor dem 1. Oktober 1995 genehmigt worden sind. Solche Fahrzeuge müssen aber den bisherigen Bestimmungen entsprechen. § 8 Abs. 1 Z 3 (Art. I Z 17) gilt nicht für Fahrzeuge, die vor dem 1. Oktober 1995 genehmigt worden sind. Solche Fahrzeuge dürfen nach dem 1. Oktober 1996 aber nicht mehr erstmals zum Verkehr zugelassen werden.

(6) Typenscheine (§ 21a), die vor Inkrafttreten dieser Verordnung ausgestellt worden sind, bleiben weiter gültig. Typenscheine und deren Datenblätter auf Basis der vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung erteilten Genehmigungen können weiterhin nach dem bestehenden Muster ausgestellt werden.

..."

Vorverfahren

15 Aufgrund einer Beschwerde richtete die Kommission am 4. Juli 2006 ein Mahnschreiben an die Republik Österreich, in dem sie die Auffassung vertrat, die oben genannten Bestimmungen der KDV seien nicht mit den Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr vereinbar.

16 In ihrer Antwort auf das Mahnschreiben vom 10. Oktober 2006 wies die Republik Österreich die Auffassung der Kommission zurück.

17 In einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 12. Dezember 2006 vertrat die Kommission die Ansicht, es handele sich bei den betreffenden Bestimmungen um eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 28 EG, die nicht durch die Ziele Gesundheitsschutz und Umweltschutz gerechtfertigt sei, und forderte die Republik Österreich auf, ihren Verpflichtungen aus Art. 28 EG binnen zwei Monaten nach Eingang der Stellungnahme nachzukommen.

18 In ihrer Antwort vom 21. Februar 2007 auf die mit Gründen versehene Stellungnahme wiederholte die Republik Östereich den zuvor dargelegten Standpunkt.

19 Da die Republik Österreich der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht nachgekommen ist und die Kommission von ihrer Antwort auf diese Stellungnahme nicht überzeugt war, hat die Kommission die vorliegende Klage eingereicht.

Zur Klage

Vorbringen der Parteien

20 Der Kommission zufolge sind die von der Republik Österreich für die Einzelgenehmigung von Kraftfahrzeugen vorgeschriebenen Grenzwerte für verunreinigende Emissionen und Lärm hinsichtlich der Abgase die der Richtlinie 93/59 und hinsichtlich des Lärms die der Richtlinie 92/97.

21 Jedoch sehe keine nationale Bestimmung vor, dass Fahrzeuge, die bereits zum Verkehr in Österreich zugelassen seien und die betreffenden Grenzwerte nicht erfüllten, aus dem Verkehr gezogen werden müssten. Außerdem ergebe sich aus Art. III der Änderungsverordnung ("Übergangsbestimmungen"), dass diese Fahrzeuge nach einem Halterwechsel erneut in Österreich zugelassen werden könnten, ohne dass sie die erwähnten Grenzwerte zu erfüllen brauchten.

22 Die Kommission führt ferner aus, dass vor allem bei der Zulassung so genannter Youngtimer, d. h. von Liebhaberstücken, die in den siebziger und achtziger Jahren hergestellt worden seien, Schwierigkeiten hinsichtlich der Einhaltung der Abgas- und Lärmschutzwerte aufträten, da die österreichische Regelung die Erfüllung von Grenzwerten vorschreibe, die auf Gemeinschaftsebene Anfang bis Mitte der neunziger Jahre eingeführt worden seien und von Fahrzeugen, die vor diesem Zeitpunkt hergestellt worden seien, in der Regel nicht eingehalten würden.

23 Die streitigen Bestimmungen der KDV seien an Art. 28 EG zu messen. Die Anwendbarkeit der Vorschriften des Vertrags über den freien Warenverkehr sei im vorliegenden Fall nicht durch spezifische Regelungen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts im Bereich der Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Emissionen und den zulässigen Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen. Die Richtlinien 93/59 und 92/97 wirkten nicht zurück und fänden keine Anwendung auf Fahrzeuge, die bereits in einem Mitgliedstaat zum Verkehr zugelassen worden seien. Indem die Republik Österreich die streitigen Grenzwerte vorgeschrieben habe, habe sie daher nicht im Rahmen der Umsetzung einer aus dem Gemeinschaftsrecht folgenden Verpflichtung gehandelt.

24 In Entgegnung auf eines der von der Republik Österreich im Vorverfahren vorgebrachten Argumente macht die Kommission geltend, dass sich Österreich nicht auf Punkt 1 des Anhangs II des am 2. Mai 1992 unterzeichneten Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen), der Kraftfahrzeuge betreffe, berufen könne, um sich seinen gemeinschaftsrechtlichen Pflichten zu entziehen. Die Einfuhr eines Kraftfahrzeugs aus einem anderen Mitgliedstaat nach Österreich zu einem Zeitpunkt, zu dem sowohl die Republik Österreich als auch der betreffende andere Mitgliedstaat der Gemeinschaft angehörten, falle ausschließlich unter das Gemeinschaftsrecht. Die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1) enthalte keine Bestimmung, wonach die Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den freien Warenverkehr in Bezug auf einen solchen Sachverhalt ausgeschlossen wäre.

25 Eine Regelung eines ersten Mitgliedstaats, die die Erstzulassung von zuvor in einem zweiten Mitgliedstaat zugelassenen Gebrauchtwagen von der Einhaltung strengerer Abgas- und Lärmgrenzwerte abhängig mache, sei geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu beschränken, da Fahrzeuge, die in anderen Mitgliedstaaten zum Verkehr zugelassen seien, im ersten Mitgliedstaat nicht oder nur nach bestimmten Veränderungen, wie beispielsweise dem Einbau einer Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung, zugelassen werden könnten. Der Einbau einer solchen Vorrichtung wiederum sei mit einem erhöhten Zeit- und Geldaufwand verbunden und führe damit ebenfalls zu einer spezifischen Belastung des Imports.

26 Die in § 22b KDV vorgesehene Ausnahme stelle dieses Ergebnis nicht in Frage, da sie begrenzt und in der spezifischen Situation des Fahrzeugeigentümers begründet sei. Sie erfasse also gerade nicht den Fall des grenzüberschreitenden Handels, dessen Effektivität Art. 28 EG gewährleisten solle.

27 Darüber hinaus liege eine Diskriminierung importierter Gebrauchtwagen vor, da die strengeren Lärm- und Abgaswerte nicht von Fahrzeugen erfüllt werden müssten, die bereits in Österreich zum Verkehr zugelassen seien und nach einem Halterwechsel erneut in Österreich zugelassen würden.

28 Insgesamt liege daher eine diskriminierende Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne von Art. 28 EG vor.

29 Diese Beschränkung sei nicht gerechtfertigt. Maßnahmen, die der Beschränkung von Lärmemissionen dienten, die von Fahrzeugen ausgingen, könnten durch Erwägungen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit oder des Umweltschutzes gerechtfertigt sein. Dagegen gehörten Maßnahmen, die durch die Verminderung von Abgasemissionen auf die Gewährleistung der Luftqualität abzielten, primär zum Schutz der Umwelt. Jedoch seien die Bestimmungen der KDV im Verhältnis zu diesem Ziel weder erforderlich noch angemessen und stellten eine willkürliche Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Art. 30 EG dar.

30 Die Gemeinschaft habe mit der gemeinschaftlichen Betriebserlaubnis für Fahrzeuge ein System eingeführt, durch das die Übereinstimmung jedes Fahrzeugtyps, der die betreffende Genehmigung erhalten habe, mit den festgelegten technischen Anforderungen überprüft werde. Handele es sich dagegen um Fahrzeuge, die nicht über eine solche, im Anschluss an diese Genehmigung erteilte Übereinstimmungsbescheinigung verfügten, seien die Mitgliedstaaten weiterhin befugt, ihre Übereinstimmung anhand ihres nationalen Genehmigungssystems zu überprüfen.

31 Allerdings seien die Mitgliedstaaten nach Art. 4 der Richtlinie 1999/37/EG des Rates vom 29. April 1999 über Zulassungsdokumente für Fahrzeuge (ABl. L 138, S. 57) verpflichtet, die in einem anderen Mitgliedstaat bereits ausgestellten Zulassungsbescheinigungen bei der erneuten Zulassung anzuerkennen. Insofern seien sie auch verpflichtet, bei der Prüfung, ob der Fahrzeugtyp den technischen Anforderungen des Einfuhrmitgliedstaats entspreche, sowohl das Datum der vorangegangenen Zulassung als auch die zu diesem Zeitpunkt angewandten technischen Vorschriften zu berücksichtigen. Sofern bauartgleiche oder bauartverwandte Typen der zu untersuchenden eingeführten Fahrzeuge im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung erhalten hätten und über eine gültige nationale Übereinstimmungsbescheinigung verfügten, müssten diese Bescheinigungen bei der Begutachtung der eingeführten Fahrzeuge herangezogen werden. Deren nationale Gültigkeit bedeute nämlich, dass die zuständigen nationalen Behörden zu der Wertung gelangt seien, dass der genehmigte Fahrzeugtyp eine Gefährdung weder für die Verkehrssicherheit noch für andere im Allgemeininteresse geschützte Rechtsgüter, wie die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, darstelle. Wenn die erneute Zulassung von Gebrauchtwagen, die bereits in diesem Mitgliedstaat zugelassen seien, nicht aus Gründen des Gesundheits- oder des Umweltschutzes versagt werde, könne sich der Mitgliedstaat auch nicht auf diese Gründe berufen, um die Zulassung baugleicher importierter Fahrzeuge zu verweigern.

32 Im Übrigen stünden weniger restriktive Maßnahmen zur Erreichung der oben genannten Ziele zur Verfügung, wie beispielsweise die Einführung eines nichtdiskriminierenden Steuersystems, das auf dem Alter oder den Emissionen der Fahrzeuge aufbaue, oder eines Mautsystems für bestimmte Fahrzeuge mit höherem Abgasausstoß oder auch eines Fahrverbots für bestimmte Regionen. Entsprechende Ersatzmaßnahmen seien in anderen Mitgliedstaaten bereits ergriffen worden.

33 Schließlich fügt die Kommission hinzu, dass der Gerichtshof im Urteil vom 14. Juli 1998, Aher-Waggon (C-389/96, Slg. 1998, I-4473), zwar eine Maßnahme für gerechtfertigt erachtet habe, die die Erstzulassung von Flugzeugen in einem Mitgliedstaat von der Einhaltung strengerer als der gemeinschaftsrechtlichen Lärmgrenzwerte abhängig gemacht habe, im Inland vor der Umsetzung der betreffenden Gemeinschaftsvorschriften zugelassene Flugzeuge jedoch davon freigestellt habe. Die im Urteil Aher-Waggon streitige Maßnahme habe das Umweltschutzziel jedoch insoweit kohärenter verfolgt, als auch in dem betreffenden Mitgliedstaat bereits zugelassene Flugzeuge nach technischen Änderungen oder Stilllegung die strengeren Normen hätten erfüllen müssen. Die von der Behandlung im Inland zugelassener Flugzeuge leicht abweichende Behandlung eingeführter Flugzeuge sei insofern nicht willkürlich gewesen.

34 So lägen die Dinge im vorliegenden Fall jedoch nicht. Nach den nationalen Rechtsvorschriften gelte die ursprüngliche Typengenehmigung für ein Kraftfahrzeug weiter, auch wenn genehmigungspflichtige Teile oder Ausrüstungsgegenstände ausgetauscht worden seien, soweit dadurch die Betriebseigenschaften des Fahrzeugs nicht wesentlich verändert würden. Auch durch eine vorübergehende Stilllegung verliere die Genehmigung nicht ihre Geltung. Ein Fahrzeug, das in Österreich bereits zugelassen gewesen sei, könne daher jederzeit erneut dort zugelassen werden, ohne die geltenden strengeren Anforderungen zu erfüllen.

35 Die Republik Österreich trägt vor, um eine erstmalige österreichische Zulassung erwirken zu können, müssten eingeführte Kraftfahrzeuge die Abgasgrenzwerte der Richtlinie 91/441/EWG des Rates vom 26. Juni 1991 zur Änderung der Richtlinie 70/220 (ABl. L 242, S. 1) und der Richtlinie 93/59 einhalten.

36 Österreich habe schon zu Zeiten seines Beitritts zum Europäischen Wirtschaftsraum eine Vorreiterrolle in Bezug auf die Bekämpfung der durch den innergemeinschaftlichen Verkehr hervorgerufenen Umweltbelastung durch Lärm und Abgas innegehabt. Deshalb sei in Punkt 1 des Anhangs II des EWR-Abkommens auch eine entsprechende Regelung aufgenommen worden, wonach der freie Handel ab 1. Jänner 1995 nur für diejenigen Fahrzeuge zugelassen werde, die den zu diesem Zeitpunkt geltenden Richtlinien entsprächen.

37 In Fortsetzung dieser Bestrebungen, ein besonderes Augenmerk auf den Umweltschutz zu richten, werde die Republik Österreich keine Maßnahmen erlassen, die eine Verschlechterung der Umweltqualität bewirken könnten.

38 In diesem Zusammenhang sei die Nichtgenehmigung zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassener Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten hätten, notwendig, um eine Verschlechterung der Umweltqualität zu verhindern. Eine Öffnung des Marktes würde angesichts des vielfach günstigen Preises, zu dem sie angeboten würden, zu einem unkontrollierten Import von Fahrzeugen ohne jegliche Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung aus anderen Mitgliedstaaten führen, in denen solche Fahrzeuge zum Teil noch zugelassen seien. Sie hätte - anders als die Kommission meine - nicht nur den Import einer geringen Menge von Liebhaberstücken zur Folge. Von der Republik Österreich erstellte Statistiken, die ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme angefügt seien, zeigten, dass die Zahl der in Österreich in Betrieb genommenen Gebrauchtwagen ansteige, dass es ihr aber gleichwohl gelungen sei, die Anzahl der im Inland im Verkehr befindlichen Fahrzeuge ohne jegliche Vorrichtung zur Verminderung der Abgasemissionen und des Lärms beträchtlich zu reduzieren.

39 In der Forderung nach Mindeststandards für Lärm und Abgasemissionen sei keine Einschränkung des freien Warenverkehrs zu sehen. Jedenfalls sei die Vorgangsweise der Republik Österreich beim Import von Fahrzeugen, die nicht über eine Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung verfügten, zum einen durch Art. 30 EG, wonach Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen zulässig seien, und zum anderen durch Erwägungen des Gesundheitsschutzes und des Umweltschutzes gerechtfertigt.

40 Die Verpflichtung zur Einhaltung strengerer Normen sei besonders geeignet, zur Reduzierung verschmutzender Emissionen beizutragen. Entgegen der Auffassung der Kommission seien diese strengeren Normen erforderlich und angemessen, was auch aus den oben erwähnten Statistiken hervorgehe. Ersatzmaßnahmen zu ergreifen, wie sie die Kommission befürworte, verlange sehr viel Zeit und sei zu kostspielig und im Hinblick auf die geringe Zahl der betroffenen Fahrzeuge demnach ungerechtfertigt.

41 Schließlich macht die Republik Österreich geltend, dass die Aufgabe der verfahrensgegenständlichen Bestimmungen einen Rückschritt im Bereich des Gesundheits- und Umweltschutzes darstellen würde, während es umso wichtiger sei, an Umweltstandards weiterhin festzuhalten und keinesfalls eine den Bemühungen der Union, beispielsweise im Rahmen der CO2-Reduktion, zuwiderlaufende Gesetzesänderung durchzuführen.

Würdigung durch den Gerichtshof

42 Der Klageschrift zufolge wirft die Kommission der Republik Österreich vor, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen zu haben, dass sie in § 1d Abs. 1 und § 8 Abs. 1 KDV in Verbindung mit Art. III der Änderungsverordnung ("Übergangsbestimmungen") vorschreibe, dass für ihre Erstzulassung in Österreich zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten hätten und deshalb in Österreich einer Einzelgenehmigung bedürften, strengere Abgas- und Lärmgrenzwerte einhalten müssten als die, denen sie ursprünglich hätten genügen müssen, u. a. die der Richtlinien 93/59 und 92/97, während baugleiche Fahrzeuge, die dort bereits zum Verkehr zugelassen seien, diese Anforderungen bei ihrer erneuten Zulassung in Österreich nicht zu erfüllen brauchten (im Folgenden: streitige Maßnahme).

43 Vorab ist zu bemerken, dass die Republik Österreich nicht bestreitet, dass zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten haben, für ihre Erstzulassung in Österreich die in den genannten Richtlinien vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten müssen.

44 Zu prüfen ist jedoch, ob sich die Republik Österreich mit ihrer zur Einhaltung der betreffenden Grenzwerte erlassenen Regelung darauf beschränkt hat, den Verpflichtungen aus den Richtlinien 92/97 und 93/59 nachzukommen.

45 Hierzu ist festzustellen, dass Art. 2 dieser beiden Richtlinien in erster Linie den jeweiligen Zeitpunkt festlegt, ab dem die Mitgliedstaaten die Genehmigung von Fahrzeugen, die den Vorgaben der jeweiligen Richtlinie genügen, nicht mehr verweigern oder deren erstmalige Inbetriebnahme nicht mehr untersagen dürfen, und in zweiter Linie den jeweiligen Zeitpunkt, ab dem sie Fahrzeuge, die den Vorgaben der jeweiligen Richtlinie nicht genügen, nicht mehr genehmigen dürfen und deren erstmalige Inbetriebnahme untersagen müssen.

46 Folglich gelten die Richtlinien 92/97 und 93/59 nur für die Fälle der erstmaligen Inbetriebnahme von Fahrzeugen, die in zeitlicher Hinsicht in ihren Anwendungsbereich fallen, nicht aber für Fahrzeuge, die bereits zum Verkehr in den Mitgliedstaaten zugelassen sind. Die Prüfung dieser Richtlinien ergibt also nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit hätte nehmen wollen, zuvor erteilte Genehmigungen für die Zulassung von Fahrzeugen, die nicht die Vorgaben der betreffenden Richtlinien einhalten, bestehen zu lassen.

47 Indem die Republik Österreich in Bezug auf zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten haben, bei ihrer Erstzulassung in Österreich verlangt, dass sie die Vorgaben der Richtlinien 92/97 und 93/59 einhalten, geht es ihr demnach nicht um die Umsetzung der Verpflichtungen aus diesen Richtlinien. Daher ist zu prüfen, ob die streitige Maßnahme mit dem in den Art. 28 EG ff. verankerten freien Warenverkehr vereinbar ist.

48 Nach ständiger Rechtsprechung erfasst das in Art. 28 EG aufgestellte Verbot der Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen jede Maßnahme der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2005, Kommission/Österreich, C-320/03, Slg. 2005, I-9871, Randnr. 67, vom 26. Oktober 2006, Kommission/Griechenland, C-65/05, Slg. 2006, I-10341, Randnr. 27, und vom 5. Juni 2008, Kommission/Polen, C-170/07, Randnr. 43).

49 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass, wie die Kommission - von der Republik Österreich nicht bestritten - erklärt hat, zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten haben, wegen dieses Alters in der Regel nicht den Vorgaben der Richtlinien 92/97 und 93/59 genügen. Damit ihnen die Zulassung in Österreich nicht verweigert wird, müssen technische Verbesserungen an ihnen vorgenommen werden, wie z. B. der Einbau einer Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung.

50 Ein solcher Einbau ist mit hohen Kosten verbunden, die die Inhaber von Fahrzeugen, die zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassen waren und nicht den Vorgaben der streitigen Maßnahme, nämlich den durch die beiden oben genannten Richtlinien vorgeschriebenen Grenzwerten, entsprechen, aufwenden müssen, bevor die betreffenden Fahrzeuge rechtmäßig in Österreich genutzt werden können.

51 Da die Republik Österreich nicht bestritten hat, dass Fahrzeuge, die bereits in Österreich zum Verkehr zugelassen sind, bei ihrer erneuten Zulassung in Österreich nicht die genannten Grenzwerte einzuhalten brauchen, behandelt die streitige Maßnahme diese Fahrzeuge anders als die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils erwähnten Fahrzeuge.

52 Folglich handelt es sich bei der streitigen Maßnahme um eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen, die grundsätzlich mit den Verpflichtungen aus Art. 28 EG unvereinbar ist, sofern sie nicht objektiv gerechtfertigt werden kann.

53 Dieser Befund wird auch nicht durch die von der Republik Österreich vertretene Auslegung von Punkt 1 des Anhangs II des EWR-Abkommens entkräftet. Insoweit genügt die Feststellung, dass die vorliegende Klage gegen einen Mitgliedstaat der Union erhoben worden ist und die Feststellung einer Vertragsverletzung zum Gegenstand hat, so dass sich die Republik Österreich nicht auf die Bestimmungen des EWR-Abkommens berufen kann, um sich ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag zu entziehen. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge in Bezug auf die Republik Österreich keine Übergangs- oder Ausnahmebestimmung hinsichtlich der von Punkt 1 des betreffenden Anhangs II erfassten Sachverhalte enthält.

54 Was die von der Republik Österreich angeführten Rechtfertigungen angeht, kann nach ständiger Rechtsprechung eine nationale Regelung oder Praxis, die eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen darstellt, nur durch einen der in Art. 30 EG genannten Gründe des Allgemeininteresses oder durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Februar 2004, Kommission/Italien, C-270/02, Slg. 2004, I-1559, Randnr. 21, und vom 20. September 2007, Kommission/Niederlande, C-297/05, Slg. 2007, I-7467, Randnr. 75). In beiden Fällen muss die nationale Maßnahme geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2003, ATRAL, C-14/02, Slg. 2003, I-4431, Randnr. 64, vom 15. März 2007, Kommission/Finnland, C-54/05, Slg. 2007, I-2473, Randnr. 38, und vom 24. April 2008, C-286/07, Kommission/Luxemburg, Randnr. 36).

55 In dieser Hinsicht trägt die Republik Österreich vor, dass die streitige Maßnahme aus in Art. 30 EG vorgesehenen Gründen, nämlich zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, sowie aus Gründen des Umweltschutzes gerechtfertigt sei. Im Wesentlichen führt sie aus, das Ziel dieser Maßnahme bestehe darin, die Zahl der in Österreich verkehrenden Fahrzeuge ohne Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung auf ein Minimum zu reduzieren. Eine solche Reduzierung sei außerdem schon festgestellt worden.

56 Hierzu ist festzustellen, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverunreinigung und Lärmbelästigung durch Fahrzeuge zwar dem Schutz der Gesundheit dienen, dieses Ziel aber schon unter das mit den betreffenden Maßnahmen ebenfalls verfolgte Ziel des Umweltschutzes fällt, das in einem weiteren Sinne den Schutz der Gesundheit bezweckt. Denn die genannten Maßnahmen sollen die Gefahren für die Gesundheit eindämmen, die mit einer Verschlechterung der Umwelt verbunden sind. Im vorliegenden Fall sind daher die Ausführungen der Republik Östereich zum Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht getrennt von denen zum Umweltschutz zu prüfen.

57 Nach ständiger Rechtsprechung können zwingende Erfordernisse des Umweltschutzes nationale Maßnahmen rechtfertigen, die geeignet sind, den Handel in der Gemeinschaft zu behindern, sofern diese Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile Aher-Waggon, Randnrn. 19 und 20, sowie vom 14. Dezember 2004, Kommission/Deutschland, C-463/01, Slg. 2004, I-11705, Randnr. 75, und Radlberger Getränkegesellschaft und S. Spitz, C-309/02, Slg. 2004, I-11763, Randnr. 75).

58 Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Umweltschutz eines der wesentlichen Ziele der Gemeinschaft ist (vgl. Urteile vom 7. Februar 1985, ADBHU, 240/83, Slg. 1985, 531, Randnr. 13, vom 20. September 1988, Kommission/Dänemark, 302/86, Slg. 1988, 4607, Randnr. 8, vom 2. April 1998, Outokumpu, C-213/96, Slg. 1998, I-1777, Randnr. 32, und vom 13. September 2005, Kommission/Rat, C-176/03, Slg. 2005, I-7879, Randnr. 41). In diesem Sinne heißt es in Art. 2 EG, dass es u. a. Aufgabe der Gemeinschaft ist, "ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität ... zu fördern", und zu diesem Zweck sieht Art. 3 Abs. 1 Buchst. l EG "eine Politik auf dem Gebiet der Umwelt" vor.

59 Es lässt sich nicht leugnen, dass die Begrenzung der Abgase und des Lärms von Fahrzeugen ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Luftverunreinigung und der Lärmbelästigung ist. Die sich aus der streitigen Maßnahme ergebenden Anforderungen tragen dazu bei, dass die Zahl der in Österreich verkehrenden Fahrzeuge ohne Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung nicht durch die Einfuhr solcher Fahrzeuge steigt.

60 Die Republik Österreich bestreitet jedoch nicht, dass diese Anforderungen - mit Ausnahme einiger weniger Fälle, in denen aufgrund bestimmter technischer Veränderungen an den Fahrzeugen, deren technische Eigenschaften nicht mehr den in der Übereinstimmungsbescheinigung erwähnten entsprechen - nicht für Fahrzeuge gelten, die bereits in Österreich zum Verkehr zugelassen sind. In der mündlichen Verhandlung hat die Republik Österreich erläutert, dass die Verringerung des nationalen Bestands an Fahrzeugen ohne Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung auf dem Alter dieser Fahrzeuge beruhe, durch das diese nach und nach fahruntüchtig würden, und nicht auf irgendeiner staatlichen Maßnahme.

61 Die Republik Österreich legt gleichwohl nicht dar, dass das Ziel, die Zahl der Fahrzeuge ohne Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung zu verringern, nicht durch nichtdiskriminierende, weniger restriktive Maßnahme erreicht werden könnte, die zudem geeignet wären, aktiv zu Verringerung des nationalen Bestands an diesen Fahrzeugen beizutragen, wie z. B. die Einführung einer steuerlichen Regelung, die auf das Alter der Fahrzeuge oder die von ihnen verursachte Verunreinigung abstellt, und von Anreizen zur Verschrottung alter Fahrzeuge. Die Republik Österreich erklärt lediglich, dass die Einführung solcher Maßnahmen zu teuer und folglich im Hinblick auf die geringe Zahl der Fahrzeuge ohne Vorrichtung zur Abgas- und Lärmverminderung nicht gerechtfertigt sei und dass sie es deshalb vorgezogen habe, schlicht die Einfuhr dieser Fahrzeuge zu begrenzen.

62 Die Republik Österreich hat somit nicht nachgewiesen, dass die streitige Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel des Umweltschutzes steht.

63 Nach alledem ist die Klage der Kommission begründet.

64 Daher ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen hat, dass sie vorschreibt, dass für ihre Erstzulassung in Österreich zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten haben, strengere Abgas- und Lärmgrenzwerte einhalten müssen als die, denen sie ursprünglich genügen mussten, u. a. die der Richtlinien 93/59 und 92/97, während baugleiche Fahrzeuge, die in Österreich bereits zum Verkehr zugelassen sind, diese Anforderungen bei ihrer erneuten Zulassung dort nicht zu erfüllen brauchen.

Kostenentscheidung:

Kosten

65 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Österreich mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen, dass sie vorschreibt, dass für ihre Erstzulassung in Österreich zuvor in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Alters keine gemeinschaftliche Betriebserlaubnis erhalten haben, strengere Abgas- und Lärmgrenzwerte einhalten müssen als die, denen sie ursprünglich genügen mussten, u. a. die der Richtlinie 93/59/EWG des Rates vom 28. Juni 1993 zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen und der Richtlinie 92/97/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Änderung der Richtlinie 70/157/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den zulässigen Geräuschpegel und die Auspuffvorrichtung von Kraftfahrzeugen, während baugleiche Fahrzeuge, die in Österreich bereits zum Verkehr zugelassen sind, diese Anforderungen bei ihrer erneuten Zulassung dort nicht zu erfüllen brauchen.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten.



Ende der Entscheidung

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