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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: C-55/07 (1)
Rechtsgebiete: Richtlinie 97/81/EG


Vorschriften:

Richtlinie 97/81/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

24. April 2008

"Richtlinie 97/81/EG - Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten - Diskriminierung - Hindernis verwaltungstechnischer Natur, das die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten beschränken kann"

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-55/07 und C-56/07

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Landesgericht Bozen (Italien) mit Entscheidungen vom 22. November 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Februar 2007, in den Verfahren

Othmar Michaeler (C-55/07 und C-56/07),

Subito GmbH (C-55/07 und C-56/07),

Ruth Volgger (C-56/07)

gegen

Amt für sozialen Arbeitsschutz, vormals Arbeitsinspektorat der Autonomen Provinz Bozen,

Autonome Provinz Bozen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, A. Ó Caoimh, der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin) und des Richters A. Arabadjiev,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. van Beek und I. Kaufmann-Bühler als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Januar 2008

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9) sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

2 Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Subito GmbH (im Folgenden: Subito) und ihren gesetzlichen Vertretern, Herrn Michaeler und Frau Volgger, auf der einen Seite und dem Amt für sozialen Arbeitsschutz, vormals Arbeitsinspektorat der Autonomen Provinz Bozen, und der Autonomen Provinz Bozen auf der anderen Seite wegen eines Verstoßes gegen die nationale Regelung über die für Teilzeitverträge geltende Übersendungspflicht.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Mit der Richtlinie 97/81 soll die am 6. Juni 1997 zwischen den europäischen Sozialpartnern, also der Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), dem Europäischen Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB), geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, die im Anhang dieser Richtlinie enthalten ist (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), durchgeführt werden.

4 Die ersten beiden Absätze der Präambel der Rahmenvereinbarung lauten:

"Die vorliegende Rahmenvereinbarung ist ein Beitrag zur allgemeinen europäischen Beschäftigungsstrategie. Die Teilzeitarbeit hat in den letzten Jahren einen erheblichen Einfluss auf die Beschäftigungslage gehabt. Aus diesem Grunde haben die Unterzeichner dieser Vereinbarung dieser Form der Arbeit vorrangige Beachtung eingeräumt. Die Parteien beabsichtigen, die Notwendigkeit ähnlicher Abkommen für andere flexible Arbeitsformen in Erwägung zu ziehen.

Diese Vereinbarung legt in Anerkennung der Vielfalt der Verhältnisse in den Mitgliedstaaten und in der Erkenntnis, dass die Teilzeitarbeit ein Merkmal der Beschäftigung in bestimmten Branchen und Tätigkeiten ist, die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für die Teilzeitarbeit nieder. Sie macht den Willen der Sozialpartner deutlich, einen allgemeinen Rahmen für die Beseitigung von Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten zu schaffen und einen Beitrag zur Entwicklung der Teilzeitarbeitsmöglichkeiten auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage zu leisten."

5 Die für die vorliegenden Rechtssachen relevanten Bestimmungen der Rahmenvereinbarung lauten:

"Allgemeine Erwägungen

...

5. Die Unterzeichnerparteien messen denjenigen Maßnahmen Bedeutung zu, die den Zugang zur Teilzeitarbeit für Frauen und Männer erleichtern, und zwar im Hinblick auf die Vorbereitung des Ruhestands, die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben sowie die Nutzung von allgemeinen und beruflichen Bildungsmöglichkeiten zur Verbesserung ihrer Fertigkeiten und ihres beruflichen Fortkommens, im beiderseitigen Interesse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und auf eine Weise, die die Entwicklung der Unternehmen begünstigt.

...

Paragraf 1: Ziel

Diese Rahmenvereinbarung soll

a) die Beseitigung von Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten sicherstellen und die Qualität der Teilzeitarbeit verbessern;

b) die Entwicklung der Teilzeitarbeit auf freiwilliger Basis fördern und zu einer flexiblen Organisation der Arbeitszeit beitragen, die den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Rechnung trägt.

...

Paragraf 4: Grundsatz der Nichtdiskriminierung

1. Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.

3. Die Anwendungsmodalitäten dieser Vorschrift werden von den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten festgelegt.

4. Wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, können die Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten und/oder die Sozialpartner gegebenenfalls den Zugang zu besonderen Beschäftigungsbedingungen von einer bestimmten Betriebszugehörigkeitsdauer, der Arbeitszeit oder Lohn- und Gehaltsbedingungen abhängig machen. Die Zugangskriterien von Teilzeitbeschäftigten zu besonderen Beschäftigungsbedingungen sollten regelmäßig unter Berücksichtigung des in Paragraf 4 Nummer 1 genannten Grundsatzes der Nichtdiskriminierung überprüft werden.

Paragraf 5: Teilzeitarbeitsmöglichkeiten

1. Im Rahmen des Paragrafen 1 dieser Vereinbarung und im Einklang mit dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten,

a) sollten die Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten Hindernisse rechtlicher oder verwaltungstechnischer Natur, die die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten beschränken können, identifizieren und prüfen und sie gegebenenfalls beseitigen;

b) sollten die Sozialpartner innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches durch tarifvertraglich vorgesehene Verfahren Hindernisse, die die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten beschränken können, identifizieren und prüfen und sie gegebenenfalls beseitigen.

..."

Nationales Recht

6 Art. 2 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61 zur Durchführung der Richtlinie 97/81/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (decreto legislativo n. 61, attuazione della direttiva 97/81/CE relativa all'accordo-quadro sul lavoro a tempo parziale concluso dall'UNICE, dal CEEP e dalla CES) vom 25. Februar 2000 (GURI Nr. 66 vom 20. März 2000, S. 4, im Folgenden: Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 61/2000) verpflichtete den Arbeitgeber, innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss eines Teilzeitvertrags eine Ablichtung des Vertrags an die zuständige Provinzialdirektion des Arbeitsinspektorats zu übersenden.

7 Eine Verletzung dieser Pflicht wurde nach Art. 8 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61/2000 mit einer Verwaltungsstrafe in Höhe von 15 Euro für jeden betroffenen Arbeitnehmer und jeden Tag der Verspätung geahndet.

8 Die Übersendungspflicht des Art. 2 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61/2000 wurde mit Gesetzesvertretendem Dekret Nr. 276 vom 10. September 2003 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 159 vom 9. Oktober 2003) abgeschafft.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

9 Mit Entscheidungen vom 25. März und 29. April 2003 verhängte das Amt für sozialen Arbeitsschutz, vormals Arbeitsinspektorat der Autonomen Provinz Bozen, Geldstrafen in Höhe von insgesamt 233 550 Euro gegen Subito sowie gegen ihre gesetzlichen Vertreter, Herrn Michaeler und Frau Volgger, da sie unter Verstoß gegen Art. 2 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61/2000 mehrere Teilzeitverträge nicht an das Arbeitsinspektorat gesandt hatten.

10 Diese Entscheidungen wurden von Subito und ihren gesetzlichen Vertretern vor dem Landesgericht Bozen angefochten.

11 In seinen Vorlageentscheidungen äußert das Landesgericht Bozen Zweifel an der Vereinbarkeit der Pflicht zur Übersendung von Teilzeitverträgen mit der Richtlinie 97/81. Während die Richtlinie die Teilzeitarbeit fördern solle, verfolgten die fraglichen nationalen Bestimmungen das entgegengesetzte Ziel, denn die obligatorische Übersendung von Teilzeitarbeitsverträgen stelle ein bürokratisches Hindernis für diese Art der Arbeitsorganisation dar. Da die Bestimmungen die Teilzeitarbeit verteuerten, hätten sie auch eine Ungleichbehandlung und eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten von Unternehmen zur Folge, die Vollzeitbeschäftigte einstellten.

12 Das vorlegende Gericht führt ferner aus, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung indirekt zu einer Ungleichbehandlung von Männern und Frauen führe, da von Teilzeitarbeit häufiger Frauen betroffen seien (Urteile vom 13. Mai 1986, Bilka-Kaufhaus, 170/84, Slg. 1986, 1607, vom 7. März 1996, Freers und Speckmann, C-278/93, Slg. 1996, I-1165, vom 17. Juni 1998, Hill und Stapleton, C-243/95, Slg. 1998, I-3739, und vom 15. September 1998, Ansaldo Energia u. a., C-279/96 bis C-281/96, Slg. 1998, I-5025).

13 Unter diesen Umständen hat das Landesgericht Bozen das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die nationalen Bestimmungen (Art. 2 und 8 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61/2000), welche zulasten des Arbeitgebers die Pflicht, innerhalb von 30 Tagen ab Abschluss des Teilzeitvertrags eine Ablichtung desselben an die zuständige Provinzialdirektion des Arbeitsinspektorats zu übersenden, und für den Fall der Unterlassung der Übersendung die Auferlegung einer Geldbuße in Höhe von 15 Euro für jeden betroffenen Arbeitnehmer und jeden Tag der Verspätung vorsehen, und zwar ohne Festsetzung einer Obergrenze für die Verwaltungsstrafe, mit den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen und mit der Richtlinie 97/81 vereinbar?

14 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 18. April 2007 sind die Rechtssachen C-55/07 und C-56/07 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zur Vorlagefrage

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

15 Die italienische Regierung macht geltend, dass das Gesetzesvertretende Dekret Nr. 61/2000 das gleiche Ziel verfolge wie die mit ihm in die nationale Rechtsordnung umgesetzte Richtlinie 97/81, nämlich den Schutz und die Förderung der Teilzeitarbeit. Vor diesem Hintergrund sei die Pflicht zur Übersendung von Teilzeitverträgen ein Mittel, das es ermögliche, die Tätigkeiten aller in Italien mit der Arbeitsinspektion befassten Stellen zu koordinieren. Es handle sich um eine Maßnahme, die zur Bekämpfung der Schwarzarbeit beitrage und den verschiedenen Dienststellen der Arbeitsinspektion die Möglichkeit gebe, sich anhand einer Datenbank über die marktübliche Praxis zu informieren.

16 Diese Maßnahme schaffe kein bürokratisches Hindernis, sondern gewährleiste Transparenz für die Arbeitgeber und diene der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung. Eine solche Formalität führe zudem nicht zu einer Ungleichbehandlung oder Wettbewerbsverzerrung unter den Unternehmen.

17 Nach Ansicht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften wird durch die mit einer Geldbuße bewehrte Pflicht, die fraglichen Verträge dem Arbeitsinspektorat zu übersenden, die Zielsetzung der Richtlinie 97/81 verkannt.

18 Diese Richtlinie solle zum einen Diskriminierungen teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer beseitigen und zum anderen die Entwicklung von Teilzeitarbeit fördern, u. a. durch die Beseitigung von Hindernissen, die die Unternehmen davon abhalten könnten, diese Arbeitsform zu wählen. Nach der Richtlinie 97/81 sei die Teilzeitbeschäftigung sowohl hinsichtlich der Arbeitsbedingungen als auch hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung mit der Vollzeitbeschäftigung gleichzustellen. Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung stehe deshalb der Schaffung von sachlich nicht gerechtfertigten Hindernissen entgegen. In den Erwägungsgründen dieser Richtlinie würden die Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Beseitigung von Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten und die Entwicklung von Teilzeitarbeitsmöglichkeiten angeführt. Nach Nr. 5 der Allgemeinen Erwägungen der Rahmenvereinbarung solle der Zugang zur Teilzeitarbeit für Frauen und Männer erleichtert werden.

19 Zwar obliege die Prüfung der Frage, ob die betreffende Regelung sachlich gerechtfertigt sei, dem nationalen Gericht, doch sei eine solche Rechtfertigung im vorliegenden Fall zweifelhaft. Hierbei seien nach den Urteilen vom 12. Dezember 1989, Messner (C-265/88, Slg. 1989, 4209, Randnr. 14), und vom 29. Februar 1996, Skanavi und Chryssanthakopoulos (C-193/94, Slg. 1996, I-929, Randnr. 36), die mit der fraglichen nationalen Maßnahme verknüpfte Sanktionsregelung und insbesondere deren Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Diese Sanktionsregelung sei im vorliegenden Fall sehr streng, weil es keine Obergrenze für die Geldbußen gebe.

20 Schließlich hält die Kommission es nicht für erforderlich, darauf einzugehen, ob die betreffende nationale Maßnahme Frauen diskriminiere, da diese Frage keinen ausreichend engen Bezug zum Ausgangsverfahren aufweise.

Antwort des Gerichtshofs

21 Die Richtlinie 97/81 und die Rahmenvereinbarung sollen die Teilzeitarbeit fördern und die Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beseitigen.

22 Diese zweifache Zielsetzung ergibt sich aus Paragraf 1 der Rahmenvereinbarung (vgl. Randnr. 5 des vorliegenden Urteils) und den Erwägungsgründen der Richtlinie 97/81. Nach dem fünften Erwägungsgrund dieser Richtlinie sind "[e]ntsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Essen ... Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung und Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern sowie Maßnahmen zur Steigerung der Beschäftigungsintensität des Wachstums, insbesondere durch eine flexiblere Organisation der Arbeit, die sowohl den Wünschen der Arbeitnehmer als auch den Erfordernissen des Wettbewerbs gerecht wird, erforderlich". Aus dem elften Erwägungsgrund der Richtlinie geht außerdem hervor, dass die Unterzeichnerparteien der Rahmenvereinbarung "ihren Willen bekundet [haben], einen allgemeinen Rahmen für die Beseitigung der Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten zu schaffen und einen Beitrag zur Entwicklung der Teilzeitarbeitsmöglichkeiten auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage zu leisten". Im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es, dass die Kommission "ihren Richtlinienvorschlag unter Berücksichtigung des Artikels 2 Absatz 2 des Abkommens über die Sozialpolitik [ABl. 1992, C 191, S. 91] ausgearbeitet [hat] [das zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland abgeschlossen und dem Protokoll (Nr. 14) über die Sozialpolitik im Anhang des Vertrags über die Europäische Union beigefügt wurde], wonach die Richtlinien im Bereich der Sozialpolitik 'keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben (sollen), die der Gründung oder Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen'".

23 Dem Ziel der Förderung der Teilzeitarbeit entsprechend sieht Paragraf 5 Abs. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung die Pflicht der Mitgliedstaaten vor, "Hindernisse rechtlicher oder verwaltungstechnischer Natur, die die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten beschränken können, [zu] identifizieren und [zu] prüfen und sie gegebenenfalls [zu] beseitigen".

24 Es ist festzustellen, dass Art. 2 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61/2000 dadurch, dass er die Unternehmen dazu verpflichtet, den zuständigen Behörden eine Abschrift jedes Teilzeitvertrags zu übersenden, ein Hindernis verwaltungstechnischer Natur im Sinne von Paragraf 5 Abs. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung schafft, das die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten beschränken kann.

25 Den Akten, die das vorlegende Gericht dem Gerichtshof übermittelt hat, lässt sich nicht entnehmen, dass es bei Abschluss eines Vollzeitarbeitsvertrags eine vergleichbare Übersendungspflicht gibt.

26 Das Vorbringen der italienischen Regierung, diese Übersendungspflicht sei durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Schwarzarbeit zu bekämpfen und die Verwaltung über die Praxis der Arbeitgeber zu informieren, kann nicht überzeugen. Solche Anliegen können nämlich die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme nur rechtfertigen, wenn diese in einem angemessenen Verhältnis zu dem zu erreichenden Ziel steht. Wie der Generalanwalt in den Nrn. 46 bis 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gibt es andere, weniger belastende Maßnahmen, mit denen die italienische Regierung dieselben Ergebnisse bei der Betrugs- und Schwarzarbeitsbekämpfung erzielen kann, einem Bereich, in dem die nationalen Behörden bereits über Überwachungs-, Inspektions- und polizeiliche Mittel verfügen.

27 Abgesehen von der finanziellen Belastung, die den Unternehmen durch diese Verwaltungsformalität der Übersendung unmittelbar auferlegt wird, wird Art. 2 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 61/2000 von einer Sanktionsregelung flankiert, die eine Geldstrafe von 15 Euro für jeden fraglichen Arbeitsvertrag und jeden Tag der Verspätung bei der Übersendung dieses Vertrags, aber keine Obergrenze für den Gesamtbetrag der Geldstrafe vorsieht.

28 Das Zusammentreffen dieser Verwaltungsformalität und dieser Sanktionsregelung trägt dazu bei, die Arbeitgeber davon abzuhalten, auf Teilzeitbeschäftigung zurückzugreifen.

29 Zudem kann die Pflicht zur Übersendung von Teilzeitverträgen an die Verwaltung aufgrund der damit verbundenen Kosten und Sanktionen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen belasten. Da diese nicht über so umfangreiche Ressourcen verfügen wie große Unternehmen, können sie sich dazu veranlasst sehen, auf Teilzeitbeschäftigung als Form der Arbeitsorganisation, die mit der Richtlinie 97/81 gefördert werden soll, zu verzichten.

30 Ohne dass über die Auslegung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen entschieden zu werden braucht, ist daher auf die Frage des Landesgerichts Bozen zu antworten, dass Paragraf 5 Abs. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die verlangt, dass innerhalb von 30 Tagen ab dem Abschluss eines Teilzeitvertrags eine Ablichtung desselben an die Verwaltung übersandt wird.

Kostenentscheidung:

Kosten

31 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Paragraf 5 Abs. 1 Buchst. a der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, die im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die verlangt, dass innerhalb von 30 Tagen ab dem Abschluss eines Teilzeitvertrags eine Ablichtung desselben an die Verwaltung übersandt wird.



Ende der Entscheidung

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