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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.06.1995
Aktenzeichen: C-56/94
Rechtsgebiete: Verordnung 668/93/EWG
Vorschriften:
Verordnung 668/93/EWG Art. 1 Abs. 2 |
1. Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 zur Begrenzung der Produktionsbeihilfe für Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten ist dahin auszulegen, daß im Falle der von einem Verarbeitungsunternehmen in einem Wirtschaftsjahr vorgenommenen Übertragung frischer Tomaten von der Kategorie "geschälte Tomaten" auf die Kategorie "Konzentrat" oder "andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten" nur die von diesem Unternehmen in jeder Kategorie unter Berücksichtigung dieser Übertragung tatsächlich erzeugten Mengen im nachfolgenden Wirtschaftsjahr bei der Aufteilung der Hoechstmengen durch den betreffenden Mitgliedstaat auf die Verarbeitungsunternehmen zu berücksichtigen sind.
Diese Auslegung, die dem Umstand Rechnung trägt, daß die Übertragungsmöglichkeiten lediglich einem Erfordernis flexibler Bewirtschaftung auf Unternehmensebene entsprechen, um es diesem u. a. zu erlauben, etwaigen Nachfrageänderungen Rechnung zu tragen, ist im übrigen die einzige, die mit dem Hauptzweck der Regelung, eine Überproduktion auf dem Gebiet zu vermeiden, vereinbar ist.
2. Der Umstand, daß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 zur Begrenzung der Produktionsbeihilfe für Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten den Verarbeitungsunternehmen nicht die Möglichkeit einräumt, einen Teil der Quoten für "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" auf die Quoten für "geschälte Tomaten" zu übertragen, während in umgekehrter Richtung eine derartige Möglichkeit besteht, stellt keine durch Artikel 40 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrages verbotene diskriminierende Unterscheidung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern dar.
Zum einen findet diese Beschränkung der Übertragungsbefugnis nämlich eine sachliche Erklärung in der Notwendigkeit, bei der Herstellung von geschälten Tomaten frische Tomaten von hoher Qualität und in hervorragendem Zustand zu verwenden, während die für die Herstellung von Konzentrat und anderen Erzeugnissen verwendeten Tomaten von geringerer Qualität sein können. Zum anderen begründen die Übertragungsmöglichkeiten keinen unverhältnismässigen Vorteil zugunsten der Erzeuger von geschälten Tomaten, da ihre Quoten von den im Bezugszeitraum tatsächlich erzeugten Mengen abhängig sind und die ihnen für das folgende Wirtschaftsjahr gewährte Quote für geschälte Tomaten sich in einem angemessenen Verhältnis verringert, wenn sie Tomaten auf die Mengen für "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" übertragen, es sei denn, die Gemeinschaftsorgane beschließen, die nationale Quote zu erhöhen.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 29. JUNI 1995. - SCAC SRL GEGEN ASSOCIAZIONE DEI PRODUTTORI ORTOFRUTTICOLI. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNALE DI PIACENZA - ITALIEN. - GEMEINSAME MARKTORGANISATION - VERARBEITUNGSERZEUGNISSE AUS TOMATEN - GRENZE FUER DIE GEWAEHRUNG DER PRODUKTIONSBEIHILFE - FESTSETZUNG DER QUOTEN - GUELTIGKEIT DER VERORDNUNG (EWG) NR. 668/93. - RECHTSSACHE C-56/94.
Entscheidungsgründe:
1 Das Tribunale Piacenza hat mit Beschluß vom 5. Februar 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Februar 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 668/93 des Rates vom 17. März 1993 zur Begrenzung der Produktionsbeihilfe für Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten (ABl. L 72, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der SCAC Srl (im folgenden: Antragstellerin) und der Associazione dei Produttori Ortofrutticoli (im folgenden: Antragsgegnerin) über die Erfuellung eines am 31. März 1993 geschlossenen Vertrages, durch den sich letztere verpflichtet hatte, an die Antragstellerin im Wirtschaftsjahr 1993/94 frische, zur Verarbeitung zu anderen Konservenerzeugnissen als Konzentrat und geschälte Tomaten in einer dem arithmetischen Durchschnitt der von der Antragstellerin in den Wirtschaftsjahren 1990/91 und 1991/92 hergestellten Mengen entsprechenden Menge derselben Erzeugnisse zu liefern.
3 Dieser Durchschnitt überstieg die der Antragstellerin vom italienischen Ministerium für Landwirtschaft und Forsten durch das Schreiben Nr. E-318 vom 25. März 1993 für das Wirtschaftsjahr 1993/94 im Rahmen der Aufteilung der Quoten auf die italienischen Verarbeitungsunternehmen gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 zugeteilte Quote um 622 400 kg. Der genannte Vertrag enthielt die ausdrückliche Feststellung, daß die Antragstellerin sich durch das in dieser Verordnung vorgesehene Verfahren der Quotenzuteilung zu Unrecht benachteiligt fühlte und eine Entscheidung des Gerichtshofes über deren Gültigkeit erwartete.
4 Bei der Ausführung des Vertrages erfuellte die Antragsgegnerin ihre Lieferverpflichtung nur bis zur Höhe der in dem Aufteilungsplan des Ministeriums festgesetzten Quote.
5 Die Antragstellerin beantragte am 6. Dezember 1993 beim Tribunale Piacenza den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin mit dem Ziel, die Erfuellung des mit dieser am 31. März 1993 geschlossenen Vertrages einerseits und die Anrufung des Gerichtshofes zwecks Auslegung der Tragweite und Prüfung der Rechtmässigkeit des Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 des Vertrages andererseits zu erreichen.
6 Das Tribunale Piacenza gab dem Antrag statt und gab der Antragsgegnerin auf, 622 400 kg frische Tomaten an die Antragstellerin zu liefern; gleichzeitig legte es dem Gerichtshof folgende Fragen vor:
1) Ist Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 668/93 des Rates dahin auszulegen, daß sich in dem Falle, daß ein Unternehmen, das Tomaten verarbeitet und dem eine bestimmte Quote für die Erzeugung von geschälten Tomaten erteilt wurde, 25 v. H. der frischen Tomaten von der Quote "geschälte Tomaten" auf die Quote "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" überträgt, die Folgen dieser Übertragung auf die folgenden Wirtschaftsjahre in der Weise auswirken, daß diesem Unternehmen weiterhin die ihm für das vorangegangene Wirtschaftsjahr erteilte Quote frischer Tomaten für den Verwendungszweck "geschälte Tomaten" erteilt wird, jedoch erhöht um eine Quote frischer Tomaten für die Verarbeitung zu "Konzentrat" oder "anderen Erzeugnissen", entsprechend dem Prozentsatz der aufgrund der genannten Übertragung in Höhe von 25 v. H., wie sie im vorangegangenen Wirtschaftsjahr erfolgte, tatsächlich zu "Konzentrat" oder "anderen Erzeugnissen" verarbeiteten frischen Tomaten, was zu einer entsprechenden Verringerung des Prozentsatzes der den anderen Verarbeitungsunternehmen gewährten Quoten frischer Tomaten (für den Verwendungszweck "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse") führt?
2) Im Falle einer Bejahung der ersten Frage: Ist Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 668/93 des Rates vom 17. März 1993 ° unter Berücksichtigung der Feststellungen des Gerichtshofes in seinem Urteil vom 21. Februar 1991 in den verbundenen Rechtssachen 143/88 und C-92/89 (Zuckerfabrik) sowie in Anbetracht dessen, daß schwerwiegende Zweifel an der Gültigkeit dieses Artikels bestehen und daß der Antragstellerin ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden droht ° dadurch, daß er aufgrund des in der ersten Frage dargestellten Mechanismus eine schrittweise Erhöhung der den Erzeugern von "geschälten Tomaten" gewährten Verarbeitungsquote für frische Tomaten auf Kosten der Erzeuger von "Konzentrat" oder "anderen Erzeugnissen" bewirkt, wegen Verstosses gegen das in der Gemeinschaftsrechtsordnung und insbesondere in Artikel 40 Absatz 3 EWG-Vertrag niedergelegte Diskriminierungsverbot rechtswidrig?
7 Vorab ist daran zu erinnern, daß die Verordnung (EWG) Nr. 516/77 des Rates vom 14. März 1977 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. L 73, S. 1) mit späteren Änderungen und die Verordnung (EWG) Nr. 426/86 des Rates vom 24. Februar 1986 (ABl. L 49, S. 1), die an die Stelle der Verordnung Nr. 516/77 getreten ist, eine Regelung für eine Produktionsbeihilfe eingeführt haben, um den Preisunterschied zwischen einigen Verarbeitungserzeugnissen aus in der Gemeinschaft geerntetem Obst und Gemüse und den aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen gleicher Art auszugleichen.
8 Die vierte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 426/86 verweist in diesem Zusammenhang auf die doppelte Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaftserzeugnisse zu erhöhen, um ihre Herstellung zu einem niedrigeren Preis zu ermöglichen als dem, der sich bei Zahlung eines einträglichen Preises an die Erzeuger frischer Erzeugnisse ergäbe, und die regelmässige Versorgung der Verarbeitungsindustrie durch einen Mindestpreis zu gewährleisten, den die Verarbeiter den Erzeugern zu zahlen haben.
9 Um jedoch eine beträchtliche Ausweitung der Erzeugung und dadurch möglicherweise entstehende Absatzschwierigkeiten zu vermeiden, sieht Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 426/86 die Möglichkeit vor, daß der Rat die Gewährung der Produktionsbeihilfe auf eine bestimmte Menge beschränkt.
10 Diese Beschränkung ist mit Wirkung vom Wirtschaftsjahr 1993/94 durch die Verordnung Nr. 668/93 vorgenommen worden.
11 Sie beruht auf einem doppelten Mechanismus.
12 Zum einen setzt Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 668/93 für jede Kategorie von Verarbeitungserzeugnissen aus Tomaten, d. h. "Konzentrat", "geschälte Tomaten" und "andere Erzeugnisse", die in Tonnen frische Tomaten ausgedrückten Mengen fest, für die die Beihilfe gewährt werden kann. Für Italien sind diese Mengen wie folgt aufgeteilt: "Tomatenkonzentrat": 1 655 000 Tonnen; "ganze geschälte Tomaten in Konserven": 1 185 000 Tonnen; "andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten": 453 998 Tonnen.
13 Zum anderen werden die vorstehend genannten Mengen gemäß Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 668/93 "von den Mitgliedstaaten auf die Verarbeitungsunternehmen proportional zum Durchschnitt der von diesen in den drei letzten Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr, für das die Beihilfe festgesetzt wird, tatsächlich erzeugten Mengen aufgeteilt".
14 Die Verordnung Nr. 668/93 bewirkt insoweit eine Flexibilität bei der Quotenverwaltung, als sie für die betroffenen Unternehmen die Möglichkeit vorsieht, sich vom Staat die Übertragung einer Quote auf eine andere Quote für die drei genannten Kategorien von Verarbeitungserzeugnissen aus Tomaten genehmigen zu lassen.
15 Hierzu bestimmt Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2:
"Auf Antrag des betreffenden Unternehmens genehmigen die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats eine einzige von drei möglichen Übertragungen:
° Übertragung von höchstens 25 v. H. der Mengen geschälter Tomaten, ausgedrückt in Gewicht frischer Tomaten, auf die für Tomatenkonzentrat oder andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten zugeteilten Mengen,
° Übertragung von höchstens 5 v. H. der Mengen Tomatenkonzentrat, ausgedrückt in Gewicht frischer Tomaten, auf die für andere Erzeugnisse zugeteilten Mengen,
° Übertragung von höchstens 5 v. H. der für andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten vorgesehenen Mengen, ausgedrückt in Gewicht frischer Tomaten, auf die für Tomatenkonzentrat zugeteilten Mengen."
16 Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung Nr. 668/93 bestimmt weiter:
"Sind die in Absatz 1 genannten Mengen nicht voll zugeteilt worden, so wird die Restmenge unter besonderer Berücksichtigung der Unternehmen, die neue Produktionsverfahren anwenden, in angemessener Weise auf die in Absatz 2 genannten Verarbeitungsunternehmen aufgeteilt."
17 Schließlich bestimmt Artikel 2 der Verordnung Nr. 668/93, daß während der drei ersten Wirtschaftsjahre der Anwendung dieser Verordnung die im Wirtschaftsjahr 1992/93 erzeugten Mengen für die Berechnung des Durchschnitts der erzeugten Mengen nicht berücksichtigt werden.
18 Die Durchführungsbestimmungen zur der Verordnung Nr. 668/93 wurden mit der Verordnung (EWG) Nr. 1794/93 der Kommission vom 30. Juni 1993 (ABl. L 163, S. 23) erlassen.
Zur ersten Frage
19 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht im wesentlichen dahin, ob Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 dahin auszulegen ist, daß einem Verarbeitungsunternehmen, das in einem Wirtschaftsjahr frische Tomaten von der Kategorie "geschälte Tomaten" auf die Kategorie "Konzentrat" oder "andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten überträgt", im folgenden Wirtschaftsjahr die für das vorangegangene Wirtschaftsjahr erteilte Quote "geschälte Tomaten" zugute kommt, erhöht um eine Quote "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" entsprechend den tatsächlich erzeugten Mengen "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse".
20 Die Antragstellerin geht von dieser Auslegung aus, behauptet jedoch sodann, diese begünstige das vorstehend beschriebene Unternehmen zum Nachteil der Verarbeitungsunternehmen, die nur "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" herstellten und die damit konfrontiert würden, daß sich die ihnen erteilte Quote in jedem Wirtschaftsjahr zunehmend verringere.
21 Die Prämisse, von der das vorlegende Gericht bei seiner ersten Frage ausgeht, ist unzutreffend. Die von der Antragstellerin vertretene Auslegung des Artikels 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 und die Folgen, die sie daraus ableitet, sind nämlich offensichtlich fehlerhaft.
22 Unterabsatz 2 des Artikels 1 Absatz 2 ist in Verbindung mit Unterabsatz 1 des Absatzes 2 zu verstehen. Aus der letztgenannten Vorschrift ergibt sich jedoch, daß die den Mitgliedstaaten gewährten Quoten auf die Verarbeitungsunternehmen proportional zum Durchschnitt der von diesen in den drei letzten Wirtschaftsjahren vor dem Bezugszeitraum tatsächlich erzeugten Mengen aufgeteilt werden.
23 Unter diesen Bedingungen und vorbehaltlich der besonderen Vorschriften des Artikels 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 668/93 für neue Unternehmen sowie des Artikels 1 Absatz 4 für den Fall, daß die dem betreffenden Mitgliedstaat zugeteilte Hoechstmenge nicht ausgeschöpft worden ist, können nur die tatsächlich erzeugten Mengen als Referenz für die Quotenzuteilung in einer bestimmten Kategorie von Erzeugnissen dienen. Folglich dürfen die Möglichkeiten für eine Übertragung zwischen den Kategorien "Konzentrat", "geschälte Tomaten" und "andere Erzeugnisse" nicht dazu führen, daß die Verarbeitungsunternehmen eine Produktionsbeihilfe für grössere Mengen verlangen können als in der Vergangenheit tatsächlich verarbeitet wurden. Jede andere Auslegung würde im übrigen den Hauptzweck der Regelung, eine Überproduktion auf dem Gebiet zu vermeiden, zunichte machen.
24 Wie der Rat und die Kommission zu Recht vortragen, entsprechen die Übertragungsmöglichkeiten lediglich einem Erfordernis flexibler Bewirtschaftung auf Unternehmensebene, um es diesem u. a. zu erlauben, etwaigen Nachfrageänderungen Rechnung zu tragen.
25 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 dahin auszulegen ist, daß im Falle der von einem Verarbeitungsunternehmen in einem Wirtschaftsjahr vorgenommenen Übertragung frischer Tomaten von der Kategorie "geschälte Tomaten" auf die Kategorie "Konzentrat" oder "andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten" nur die von diesem Unternehmen in jeder Kategorie unter Berücksichtigung dieser Übertragung tatsächlich erzeugten Mengen im nachfolgenden Wirtschaftsjahr bei der Aufteilung der Hoechstmengen durch den betreffenden Mitgliedstaat auf die Verarbeitungsunternehmen zu berücksichtigen sind.
Zur zweiten Frage
26 Angesichts der Antwort auf die erste Frage bedarf die zweite Frage, so wie sie vom vorlegenden Gericht formuliert ist, grundsätzlich keiner Beantwortung. Um dem Tribunale Piacenza jedoch eine sinnvolle Antwort zu geben, bleibt noch zu prüfen, ob Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93, wie oben ausgelegt, mit dem Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 des Vertrages vereinbar ist.
27 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist dieses Diskriminierungsverbot nur der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes des Gemeinschaftsrechts, wonach vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, sofern eine Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist (siehe u. a. Urteil vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 26).
28 Was dies angeht, so kann der Umstand, daß eine im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation getroffene Maßnahme für bestimmte Erzeuger je nach der individuellen Ausrichtung ihrer Erzeugung unterschiedliche Auswirkungen haben kann, nicht als eine Diskriminierung angesehen werden, wenn diese Maßnahme auf objektiven, den Erfordernissen des gesamten Funktionierens der gemeinsamen Marktorganisation angepassten Kriterien beruht (siehe Urteil vom 19. März 1992 in der Rechtssache C-311/90, Hierl, Slg. 1992, I-2061, Randnr. 19).
29 Im vorliegenden Fall verfolgt die Begrenzung der Produktionsbeihilfe für Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten, wie bereits oben ausgeführt, mit ihrem Bestreben, Marktverzerrungen zu vermeiden, eines der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, nämlich dasjenige des Artikels 39 Absatz 1 Buchstabe c des Vertrages. Die durch Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 eingeräumten Übertragungsmöglichkeiten bewirken insoweit eine Flexibilität bei der Bewirtschaftung der Quoten der gemeinsamen Marktorganisation.
30 Der Umstand, daß die Verordnung Nr. 668/93 den Unternehmen nicht die Möglichkeit einräumt, einen Teil der Quoten für "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" auf die Quoten für "geschälte Tomaten" zu übertragen, während in umgekehrter Richtung eine derartige Möglichkeit besteht, findet eine sachliche Erklärung in der Notwendigkeit, bei der Herstellung von geschälten Tomaten frische Tomaten von hoher Qualität und in hervorragendem Zustand zu verwenden. Dagegen können, wie die Kommission ausgeführt hat, die für die Herstellung von Konzentrat und anderen Erzeugnissen verwendeten Tomaten von geringerer Qualität sein.
31 Überdies begründen die Übertragungsmöglichkeiten, wie der Generalanwalt in Nr. 17 seiner Schlussanträge festgestellt hat, keinen unverhältnismässigen Vorteil zugunsten der Erzeuger von geschälten Tomaten, da ihre Quoten von den im Bezugszeitraum tatsächlich erzeugten Mengen abhängig sind und die ihnen für das folgende Wirtschaftsjahr gewährte Quote für geschälte Tomaten sich in einem angemessenen Verhältnis verringern, wenn sie Tomaten auf die Mengen für "Konzentrat" oder "andere Erzeugnisse" übertragen, es sei denn, die Gemeinschaftsorgane beschließen, die nationale Quote zu erhöhen.
32 Aus diesen Gründen ist auf die zweite Frage zu antworten, daß die Prüfung des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Vorschrift beeinträchtigen könnte.
Kostenentscheidung:
Kosten
33 Die Auslagen des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
auf die ihm vom Tribunale Piacenza mit Beschluß vom 5. Februar 1994 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1) Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 668/93 des Rates vom 17. März 1993 zur Begrenzung der Produktionsbeihilfe für Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten ist dahin auszulegen, daß im Falle der von einem Verarbeitungsunternehmen in einem Wirtschaftsjahr vorgenommenen Übertragung frischer Tomaten von der Kategorie "geschälte Tomaten" auf die Kategorie "Konzentrat" oder "andere Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten" nur die von diesem Unternehmen in jeder Kategorie unter Berücksichtigung dieser Übertragung tatsächlich erzeugten Mengen im nachfolgenden Wirtschaftsjahr bei der Aufteilung der Hoechstmengen durch den betreffenden Mitgliedstaat auf die Verarbeitungsunternehmen zu berücksichtigen sind.
2) Die Prüfung des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 668/93 hat nichts ergeben, was die Gültigkeit dieser Vorschrift beeinträchtigen könnte.
Ende der Entscheidung
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