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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 20.10.2005
Aktenzeichen: C-6/04
Rechtsgebiete: Richtlinie 92/43/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 92/43/EWG Art. 2 Abs. 1
Richtlinie 92/43/EWG Art. 3 Abs. 1
Richtlinie 92/43/EWG Art. 6
Richtlinie 92/43/EWG Art. 23 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache C-6/04

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 9. Januar 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. van Beek und L. Flynn als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch C. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von K. Smith, Barrister,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie des Richters R. Schintgen, der Richterin R. Silva de Lapuerta und der Richter G. Arestis und J. Klucka (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2005,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 9. Juni 2005

folgendes

Urteil Entscheidungsgründe

1. Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass es diese Richtlinie nicht ordnungsgemäß in sein innerstaatliches Recht umgesetzt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2. Nach ihrem Artikel 2 Absatz 1 hat die Richtlinie zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der EG-Vertrag Geltung hat, beizutragen.

3. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie weisen die Mitgliedstaaten besondere Schutzgebiete aus, um den Fortbestand oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten von gemeinschaftlichem Interesse zu gewährleisten. Diese Gebiete sind in ein europäisches ökologisches Netz mit der Bezeichnung "Natura 2000" einzubeziehen.

4. Artikel 6 der Richtlinie regelt die nötigen Maßnahmen für den Schutz der besonderen Schutzgebiete. Artikel 11 der Richtlinie sieht die Überwachung des Erhaltungszustands der Arten und der natürlichen Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse vor. Die Artikel 12 und 13 haben Schutzmaßnahmen für die Tier- und Pflanzenarten zum Gegenstand. Artikel 14 regelt die Entnahme von Exemplaren der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten aus der Natur. Artikel 15 untersagt den Gebrauch bestimmter nichtselektiver Geräte zum Fangen und Töten von wild lebenden Tieren. Artikel 16 legt die Bedingungen fest, unter denen die Mitgliedstaaten für bestimmte Zwecke von verschiedenen Vorschriften der Richtlinie abweichen dürfen.

5. Nach Artikel 23 Absatz 1 der Richtlinie erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um der Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen, und setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Die Richtlinie wurde den Mitgliedstaaten am 10. Juni 1992 notifiziert.

Innerstaatliches Recht

6. Das Vereinigte Königreich hat zur Umsetzung der Richtlinie im Wesentlichen folgende im vorliegenden Fall einschlägige Rechtsakte erlassen:

- die in England, Wales und Schottland geltenden Conservation (Natural Habitats, c.) Regulations 1994 (Naturschutzverordnung von 1994, im Folgenden: Conservation Regulations 1994);

- die in Nordirland geltenden Conservation (Natural Habitats, c.) Regulations (Northern Ireland) 1995 (Naturschutzverordnung für Nordirland, im Folgenden: Conservation Regulations [Northern Ireland] 1995);

- die in Gibraltar geltende Nature Protection Ordinance 1991 in der Fassung der Nature Protection Ordinance (Amendment) Regulations 1995 (Naturschutzverordnung für Gibraltar in geänderter Fassung, im Folgenden: Nature Protection Ordinance 1991);

- den Conservation of Seals Act 1970 (Robbenschutzgesetz).

7. Nach Regulation 3 (2) der Conservation Regulations 1994 nehmen der Secretary of State, der Minister of Agriculture, Fisheries and Food und die Naturschutzeinrichtungen die Aufgaben, die ihnen von den Rechtsvorschriften über den Naturschutz zugewiesen werden, so wahr, dass die Einhaltung der sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen gewährleistet ist.

8. Unbeschadet dieser Regelung berücksichtigt nach Regulation 3 (4) der Conservation Regulations 1994 jede Behörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen, soweit diese durch die Wahrnehmung der Aufgabe berührt werden können.

Vorgerichtliches Verfahren

9. Am 6. November 2000 richtete die Kommission an das Vereinigte Königreich ein Mahnschreiben, mit dem sie beanstandete, dass das Vereinigte Königreich mehrere Bestimmungen der Richtlinie nicht ordnungsgemäß in sein innerstaatliches Recht umgesetzt habe.

10. Die britischen Behörden beantworteten das Mahnschreiben mit einem Schreiben vom 27. Februar 2001. Sie räumten ein, dass das Mahnschreiben in zwei Punkten, nämlich hinsichtlich der Erdöl- und Erdgasförderung im Meer und hinsichtlich der Erweiterung des Geltungsbereichs der Richtlinie über die Hoheitsgewässer hinaus, begründet sei. Die meisten übrigen Rügen in dem Mahnschreiben wiesen sie zurück.

11. Da der Kommission diese Darlegungen nicht überzeugend erschienen, richtete sie am 18. Juli 2001 an das Vereinigte Königreich eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie ihre Rügen wiederholte und das Vereinigte Königreich aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung nachzukommen.

12. In seinem Antwortschreiben vom 27. November 2001 teilte das Vereinigte Königreich der Kommission mit, dass es, um in mehreren in der mit Gründen versehenen Stellungnahme genannten Punkten eine größere Rechtssicherheit und -klarheit zu erreichen, seine Rechtsvorschriften ändern werde; im Allgemeinen aber werde der Richtlinie durch die geltenden Rechtsvorschriften bereits entsprochen.

13. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 unterrichteten die britischen Behörden die Kommission über den Stand der Rechtsänderungen, die die Umsetzung der Richtlinie verbessern sollten.

14. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Erhebung der vorliegenden Klage beschlossen.

Zur Klage

Zur Art und Weise der Umsetzung der Richtlinie

Vorbringen der Parteien

15. Die Kommission legt dem Vereinigten Königreich zur Last, dass es die Richtlinie nicht ordnungsgemäß in seine innerstaatliche Rechtsordnung umgesetzt habe. Insbesondere habe das Vereinigte Königreich hierfür zu Unrecht eine Generalklausel erlassen, die etwaige Lücken der einzelnen Umsetzungsvorschriften füllen solle.

16. Das Vereinigte Königreich meint, es habe die Richtlinie ordnungsgemäß dadurch umgesetzt, dass es eine Regelung erlassen habe, die nicht nur spezielle Anforderungen, sondern auch allgemeine Pflichten und Verwaltungsverfahren festlege. Diese allgemeinen Pflichten seien in Zusammenschau mit den speziellen Anforderungen zu sehen und ergänzten sie. Dadurch sei eine ordnungsgemäße und wirksame Umsetzung der Richtlinie sichergestellt.

17. Die britischen Behörden verweisen insbesondere auf Regulation 3 (2) und (4) der Conservation Regulations 1994, Regulation 3 (2) und (4) der Conservation Regulations (Northern Ireland) 1995 und, für Gibraltar, Section 17A der Nature Protection Ordinance 1991. Diese untereinander gleichwertigen Bestimmungen erlegten den Ministern, den Naturschutzeinrichtungen und allen zuständigen Behörden die Verpflichtung auf, ihre Aufgaben so wahrzunehmen, dass die Einhaltung der sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen sichergestellt sei.

18. Die Kommission hält dagegen diese allgemeinen Bestimmungen für zu ungenau, um die in der Richtlinie festgelegten speziellen Verpflichtungen in das innerstaatliche Recht umzusetzen.

19. Denn danach müssten die Beteiligten, um den Umfang ihrer Rechte und Pflichten festzustellen, jedes Mal in der Richtlinie nachschauen, was weder den Anforderungen der Rechtssicherheit noch denen der Konkretheit, Bestimmheit und Klarheit genüge, die der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aufgestellt habe.

20. Würde der Gerichtshof der Sichtweise des Vereinigten Königreichs folgen, so hätte sich die Richtlinie vermutlich insgesamt durch eine Generalklausel umsetzen lassen, was jedoch der Anforderung der Konkretheit, die die Rechtsprechung zur Umsetzung von Richtlinien wiederholt betont habe, widerspräche.

Würdigung durch den Gerichtshof

21. Nach Artikel 249 Absatz 3 EG ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Umsetzung einer Richtlinie zwar nicht unbedingt eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche spezifische Rechtsvorschrift, sondern kann ihr durch einen allgemeinen rechtlichen Kontext Genüge getan werden, jedoch muss dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleisten (vgl. u. a. Urteile vom 9. April 1987 in der Rechtssache 363/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 1733, Randnr. 7, vom 30. Mai 1991 in der Rechtssache C-361/88, Kommission/Deutschland, Slg. 1991, I-2567, Randnr. 15, und vom 7. Januar 2004 in der Rechtssache C-58/02, Kommission/Spanien, Slg. 2004, I-621, Randnr. 26).

22. Dabei ist, um den Umfang der den Mitgliedstaaten obliegenden Umsetzungspflicht beurteilen zu können, in jedem Einzelfall die Art der in einer Richtlinie enthaltenen Vorschrift zu bestimmen, auf die sich die Vertragsverletzungsklage bezieht (Urteil vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C-233/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2003, I-6625, Randnr. 77).

23. Es kann nicht dem Argument des Vereinigten Königreichs gefolgt werden, dass die am besten geeignete Art und Weise, die Richtlinie umzusetzen, darin bestünde, den für den Naturschutz zuständigen Stellen bestimmte Einzelbefugnisse zu übertragen und ihnen die allgemeine Pflicht aufzuerlegen, ihre Aufgaben so wahrzunehmen, dass die Einhaltung der sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

24. Denn insoweit ist erstens daran zu erinnern, dass vorhandene innerstaatliche Bestimmungen die Umsetzung einer Richtlinie durch den Erlass von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften nur dann überflüssig machen können, wenn diese Bestimmungen die vollständige Anwendung der Richtlinie tatsächlich gewährleisten.

25. Zweitens sind, wie aus der vierten und elften Begründungserwägung der Richtlinie hervorgeht, die bedrohten Lebensräume und Arten Teil des Naturerbes der Gemeinschaft und ist die Bedrohung, der sie ausgesetzt sind, oft grenzübergreifend, weshalb der Erlass von erhaltenden Maßnahmen eine gemeinsame Verantwortung aller Mitgliedstaaten bildet. Folglich kommt, wie die Generalanwältin in Nummer 11 ihrer Schlussanträge betont hat, der Genauigkeit der Umsetzung in einem Fall wie dem vorliegenden insofern besondere Bedeutung zu, als die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut ist (vgl. zur Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten [ABl. L 103, S. 1] entsprechend Urteile vom 8. Juli 1987 in der Rechtssache 262/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 3073, Randnr. 39, und vom 7. Dezember 2000 in der Rechtssache C-38/99, Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-10941, Randnr. 53).

26. Demgemäß sind die Mitgliedstaaten im Bereich der Richtlinie, die komplexe und technische Regelungen des Umweltschutzrechts enthält, in besonderer Weise gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass ihre zur Umsetzung der Richtlinie bestimmten Rechtsvorschriften klar und bestimmt sind, und zwar auch hinsichtlich wesentlicher Überwachungs- und Kontrollpflichten, wie sie den nationalen Behörden in den Artikeln 11, 12 Absatz 4 und 14 Absatz 2 der Richtlinie auferlegt werden.

27. Die vom Vereinigten Königreich angeführten Regelungen sind jedoch bei näherer Betrachtung so allgemein gehalten, dass sie keine Durchführung der Bestimmungen der Richtlinie mit der Bestimmtheit und Klarheit darstellen, deren es bedarf, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit voll zu genügen (vgl. entsprechend Urteil vom 17. September 1987 in der Rechtssache 291/84, Kommission/Niederlande, Slg. 1987, 3483, Randnr. 15), und sie schaffen auch keinen eindeutigen gesetzlichen Rahmen auf dem in Frage stehenden Gebiet, der die vollständige Anwendung der Richtlinie gewährleistete und eine harmonisierte und effiziente Durchführung der in ihr aufgestellten Regelungen ermöglichte (vgl. entsprechend Urteil vom 10. März 2005 in der Rechtssache C-531/03, Kommission/Deutschland, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19).

28. Im Ergebnis sind die in der Regelung des Vereinigten Königreichs festgelegten allgemeinen Pflichten somit nicht geeignet, eine angemessene Umsetzung der von der Kommission im Rahmen ihrer Klage benannten Bestimmungen der Richtlinie zu gewährleisten, und können daher etwaige Lücken der Einzelvorschriften, die die Umsetzung der Richtlinie gewährleisten sollen, nicht ausgleichen. Soweit das Vorbringen des Vereinigten Königreichs auf die in seiner Regelung festgelegten allgemeinen Pflichten gestützt ist, braucht es deshalb bei der Behandlung der einzelnen Rügen der Kommission nicht mehr geprüft zu werden.

Zu den Rügen der Kommission

Zur Rüge einer unvollständigen Umsetzung von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie

29. Angesichts verschiedener Erläuterungen des Vereinigten Königreichs hat die Kommission in ihrer Erwiderung und in der mündlichen Verhandlung auf die Rüge eines Verstoßes gegen Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie für England, Wales, Schottland und Nordirland verzichtet, erhält sie aber für Gibraltar aufrecht.

30. Die Kommission rügt, das Vereinigte Königreich habe die vollständige Umsetzung von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie in Gibraltar nicht sichergestellt, weil es den Schutz der betroffenen Gebiete auf eine Unterbindung von störenden Tätigkeiten beschränkt habe, ohne auch für die Vermeidung von Verschlechterungen Sorge zu tragen, die aus Unachtsamkeit oder Unterlassen entstünden.

31. Die Regierung des Vereinigten Königreichs bestreitet das Vorbringen der Kommission in Wirklichkeit nicht, aber meint, dass nur unnatürliche Verschlechterungen vermieden werden müssten.

32. Überdies sei durch die Nature Protection Ordinance 1991 ein vollständiges und strenges Überwachungssystem geschaffen worden, durch das, insbesondere in Verbindung mit der allgemeinen Regelung der Section 17A dieser Ordinance, die Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt werde.

33. Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass Artikel 6 Absatz 2 den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt, Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume und Habitate zu vermeiden.

34. Wie die Generalanwältin in Nummer 19 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kann es für die Umsetzung von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie offenkundig erforderlich sein, sowohl Abwehrmaßnahmen gegenüber externen, vom Menschen verursachten Beeinträchtigungen und Störungen als auch Maßnahmen zu ergreifen, um natürliche Entwicklungen zu unterbinden, die den Erhaltungszustand von Arten und Lebensräumen in den besonderen Schutzgebieten verschlechtern können.

35. Zweitens ist festzustellen, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist die Regelung des Artikels 6 Absatz 2 der Richtlinie in den einschlägigen Bestimmungen Gibraltars nicht förmlich umgesetzt worden war. Denn die einzige in Gibraltar anwendbare Bestimmung zur Vermeidung etwaiger Verschlechterungen ist offensichtlich Section 17G der Nature Protection Ordinance 1991, die den zuständigen Behörden den Abschluss von Vereinbarungen mit den Eigentümern oder Besitzern über die Pflege eines Gebietes erlaubt.

36. Diese Bestimmung enthält aber nur eine Ermächtigung der zuständigen Behörden ohne zwingenden Charakter und erscheint entgegen den Anforderungen des Artikels 6 Absatz 2 der Richtlinie nicht geeignet, Verschlechterungen zu vermeiden.

37. Da es keine ausdrückliche innerstaatliche Vorschrift gibt, die die zuständigen Behörden verpflichtet, Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten zu vermeiden, weist das innerstaatliche Recht hinsichtlich der von den Behörden einzuhaltenden Verpflichtungen einen Faktor der Rechtsunsicherheit auf.

38. Demnach ist Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie jedenfalls für Gibraltar nicht hinreichend klar, bestimmt und vollständig umgesetzt worden.

39. Die Rüge einer unvollständigen Umsetzung von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie in Gibraltar ist daher als begründet anzusehen.

Zur Rüge einer unvollständigen Umsetzung von Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Richtlinie

40. Nach Auffassung der Kommission wird Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Richtlinie durch das geltende Recht des Vereinigten Königreichs in drei speziellen Bereichen nicht ordnungsgemäß umgesetzt, nämlich hinsichtlich Plänen und Projekten der Wasserentnahme, hinsichtlich Landnutzungsplänen und, im Fall Gibraltars, hinsichtlich der Überprüfung bereits erteilter Baugenehmigungen.

- Zu Plänen und Projekten der Wasserentnahme

41. Nach Auffassung der Kommission schreibt keine innerstaatliche Rechtsvorschrift vor, dass für die Genehmigung von Wasserentnahmen gemäß Part II Chapter II des Water Resources Act 1991 (Gewässergesetz) die in Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie normierte Verpflichtung einzuhalten ist, etwaige erhebliche Auswirkungen von Wasserentnahmen auf Standorte in einem besonderen Schutzgebiet zu berücksichtigen. Auch für Nordirland und Gibraltar fehle eine solche Vorschrift. Damit würden Wasserentnahmen, die ein besonderes Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnten, von den geltenden Umsetzungsvorschriften des Vereinigten Königreichs weder vollständig noch ordnungsgemäß erfasst.

42. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass das Vereinigte Königreich in seinem Schreiben vom 27. November 2001 eine Änderung der einschlägigen Vorschriften der Conservation Regulations 1994 angekündigt habe, um die Regelung über Wasserentnahmen eindeutiger zu fassen.

43. Das Vereinigte Königreich meint dagegen, es habe, berücksichtige man auch die Generalklauseln, ein Regelungssystem geschaffen, das für jedes Gebiet eine vorherige Feststellung potenziell schädlicher Tätigkeiten ermögliche.

44. Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie alle Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die das Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen erfordern.

45. Im vorliegenden Fall ist jedoch unstreitig, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist keine Rechtsvorschrift für Pläne oder Projekte der Wasserentnahme ausdrücklich eine solche Verträglichkeitsprüfung vorschrieb.

46. Im Übrigen ist festzustellen, dass das durch die Vorschriften des Vereinigten Königreichs eingeführte System, wonach im Wesentlichen sämtliche Pläne und Projekte der Wasserentnahme, die die in Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllen, von vornherein als für das betroffene Gebiet potenziell schädlich eingestuft werden, nicht geeignet erscheint, den sich aus dieser Richtlinienbestimmung ergebenden Anforderungen zu genügen.

47. Denn wie die Generalanwältin in Nummer 33 ihrer Schlussanträge dargelegt hat, kann sich eine solche Vorabprüfung potenzieller Risiken zwar hinsichtlich des Gebietes auf konkrete Tatsachen stützen, nicht jedoch hinsichtlich der Projekte, wie es aber Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie vorschreibt, wonach die Auswirkungen des Projektes auf das in Frage stehende Gebiet zu prüfen sind. Die bloße Definition potenziell beeinträchtigender Tätigkeiten für jedes Gebiet bringt daher die Gefahr mit sich, dass bestimmte Vorhaben, die das Gebiet wegen ihrer spezifischen Eigenschaften ebenfalls beeinträchtigen können, nicht erfasst werden.

48. Insoweit kann auch nicht das Argument des Vereinigten Königreichs durchgreifen, wonach im Fall Schottlands durch den Water Environment and Water Services Act 2003 (Gesetz über die Wasserumwelt und -verwaltung) im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327, S. 1) ein völlig neues System der Wasserentnahmen geschaffen worden sei, zu dem auch bestimmte Kontrollen gehörten, die denen nach Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie entsprächen.

49. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und können später eingetretene Veränderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (vgl. u. a. Urteile vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache C-103/00, Kommission/Griechenland, Slg. 2002, I-1147, Randnr. 23, und vom 30. Mai 2002 in der Rechtssache C-323/01, Kommission/Italien, Slg. 2002, I-4711, Randnr. 8).

50. Demnach ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Richtlinie hinsichtlich der Pläne und Projekte der Wasserentnahme nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.

- Zu den Landnutzungsplänen

51. Die Kommission ist der Auffassung, dass das geltende Recht des Vereinigten Königreichs keine eindeutige Verpflichtung begründe, Landnutzungspläne einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die besonderen Schutzgebiete gemäß Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Richtlinie zu unterwerfen.

52. Die Kommission meint, dass die Landnutzungspläne, auch wenn mit ihnen als solche keine Entwicklungsvorhaben genehmigt würden und diese noch einer im üblichen Verfahren zu erteilenden Genehmigung bedürften, doch die Genehmigungsentscheidungen erheblich beeinflussten. Daher seien auch Landnutzungspläne einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf das betroffene Gebiet zu unterwerfen.

53. Das Vereinigte Königreich ist der Ansicht, dass Landnutzungspläne zwar als Pläne und Projekte im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie angesehen werden könnten, sie aber nicht geeignet seien, sich bereits als solche auf die geschützten Gebiete nennenswert auszuwirken. Sie erlaubten allein keine Verwirklichung eines bestimmten Vorhabens, so dass die fraglichen Gebiete nur durch eine spätere Genehmigung beeinträchtigt werden könnten. Folglich brauche nur die Genehmigung selbst dem für die Pläne und Projekte geltenden Verfahren unterworfen zu werden.

54. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, hängt nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie das Erfordernis einer Prüfung von Plänen oder Projekten auf ihre Verträglichkeit davon ab, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips ist der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Plan oder Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2004 in der Rechtssache C-127/02, Waddenvereniging und Vogelbeschermingsvereniging, Slg. 2004, I-7405, Randnrn. 43 und 44).

55. Wie die Kommission zutreffend hervorgehoben hat, wird jedoch durch Section 54A des Town and Country Planning Act 1990 (Raumordnungsgesetz), wonach Baugenehmigungen im Licht der einschlägigen Landnutzungspläne zu prüfen sind, zwingend impliziert, dass diese Pläne die entsprechenden Entscheidungen und damit die betroffenen Gebiete erheblich beeinflussen können.

56. Demnach ist Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Richtlinie insoweit nicht hinreichend klar und bestimmt in die Rechtsordnung des Vereinigten Königreichs umgesetzt worden, als die Landnutzungspläne keiner Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die besonderen Schutzgebiete unterworfen worden sind. Insoweit ist die Klage der Kommission daher als begründet anzusehen.

- Zur Prüfung der in Gibraltar bereits bestehenden Baugenehmigungen

57. Nach Auffassung der Kommission sind die zuständigen Stellen im Fall Gibraltars den Anforderungen von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie auch insoweit nicht nachgekommen, als für sie keine Verpflichtung bestehe, zu überprüfen, ob die bereits bestehenden Baugenehmigungen die nach der Richtlinie geschützten Gebiete beeinträchtigten.

58. Wie jedoch die Generalanwältin in Nummer 55 ihrer Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, kann zwar eine Verpflichtung zur nachträglichen Prüfung auf Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie gestützt werden, enthält aber Artikel 6 Absatz 3 keine Bestimmung, die die Mitgliedstaaten zur Durchführung derartiger Überprüfungen verpflichtete.

59. Nach dem Wortlaut von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie ist das dort vorgesehene Verfahren vielmehr anzuwenden, bevor die Mitgliedstaaten der Verwirklichung von Plänen oder Projekten zustimmen, die ein Gebiet beeinträchtigen könnten.

60. Dieser Teil der Rüge einer unvollständigen Umsetzung von Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Richtlinie greift daher nicht durch.

Zur Rüge der Nichtumsetzung der Artikel 11 und 14 Absatz 2 der Richtlinie

61. Die Kommission legt dem Vereinigten Königreich zur Last, dass es die in diesen Bestimmungen normierten Überwachungspflichten nicht in sein innerstaatliches Recht umgesetzt habe. Solange diese Verpflichtungen den zuständigen Behörden nicht klar auferlegt worden seien, könne die Kommission nicht feststellen, ob die erforderliche Überwachung wirklich durchgeführt werde.

62. Die Kommission stützt sich insoweit auf das Schreiben des Vereinigten Königreichs vom 27. November 2001, in dem zum einen erklärt worden sei, dass den zuständigen Behörden eine solche Überwachungspflicht implizit übertragen worden sei, und zum anderen Änderungen der Conservation Regulations 1994, der Conservation Regulations (Northern Ireland) 1995 und der Nature Protection Ordinance 1991 angekündigt worden seien, um durch eine präzisere Neufassung dieser Bestimmungen die Rechtssicherheit zu stärken.

63. Das Vereinigte Königreich macht geltend, dass die Artikel 11 und 14 Absatz 2 der Richtlinie die Mitgliedstaaten nur zur Durchführung einer Überwachung verpflichteten, ohne jedoch präzise Anforderungen an die Art und Weise zu stellen, in der diese Überwachung auszuführen und in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu regeln sei. Die Liste der nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften ausgeführten Überwachungstätigkeiten belege überdies, dass im Vereinigten Königreich im Einklang mit den Artikeln 11 und 14 Absatz 2 der Richtlinie eine wirksame Überwachung gewährleistet sei.

64. Die Kommission hebt hervor, sie habe niemals behauptet, dass im Vereinigten Königreich keine Überwachung des Erhaltungszustands der Arten und der natürlichen Lebensräume stattfinde. Jedoch werde die Überwachungspflicht im Vereinigten Königreich weder in eindeutiger Weise befolgt noch sei sie dort einer bestimmten Behörde zugewiesen worden.

65. Insoweit ist, wie bereits oben in Randnummer 26 ausgeführt, erstens daran zu erinnern, dass die Überwachungspflicht für die Wirksamkeit der Richtlinie wesentlich ist und dass sie umfassend, klar und bestimmt in das innerstaatliche Recht umgesetzt werden muss.

66. Insoweit ist jedoch festzustellen, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist keine innerstaatliche Rechtsvorschrift den nationalen Behörden eine Pflicht zur Überwachung der Arten und natürlichen Lebensräume auferlegte.

67. Zweitens kann auch das Argument des Vereinigten Königreichs, wonach die Auflistung der ausgeführten Überwachungstätigkeiten das Bestehen einer wirksamen Überwachung belege, nicht durchgreifen. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, kann nämlich die Übereinstimmung einer Praxis mit den Schutzgeboten einer Richtlinie kein Grund dafür sein, diese Richtlinie nicht in der innerstaatlichen Rechtsordnung des betreffenden Mitgliedstaats umzusetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Mai 1991 in der Rechtssache Kommission/Deutschland, Randnr. 24).

68. Da das innerstaatliche Recht des Vereinigten Königreichs unstreitig keine Rechtspflicht der nationalen Behörden zur Überwachung des Erhaltungszustands der Arten und der natürlichen Lebensräume vorsieht, weist es insoweit einen Faktor der Rechtsunsicherheit auf. Es ist damit nicht gewährleistet, dass eine systematische und fortlaufende Überwachung des Erhaltungszustands stattfindet.

69. Demnach sind die Artikel 11 und 14 Absatz 2 der Richtlinie im Vereinigten Königreich nicht vollständig, klar und bestimmt umgesetzt worden.

70. Die Rüge der Nichtumsetzung der Artikel 11 und 14 Absatz 2 der Richtlinie ist daher als begründet anzusehen.

Zur Rüge der fehlerhaften Umsetzung von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie

71. Nach Auffassung der Kommission ist das Vereinigte Königreich nicht ordnungsgemäß seiner Verpflichtung nachgekommen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um ein strenges Schutzsystem für bestimmte Tierarten einzuführen, das jede Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Tierarten verbiete. Während die Richtlinie in ihrer englischen Fassung in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d den Begriff "deterioration" verwende, enthalte die innerstaatliche Regelung nur das Verb "to damage".

72. Dazu hat die Kommission in ihrer Klageschrift ausgeführt, dass erstens das Verb "to damage" nicht Beschädigungen erfasse, die aus einer Vernachlässigung durch die zuständigen Behörden oder aus ihrer Inaktivität resultierten. In ihrer Erwiderung hat die Kommission dieses Argument indessen zurückgenommen und eingeräumt, dass eine Anforderung, Fortpflanzungs- und Ruhestätten vor Schädigungen durch behördliche Vernachlässigung oder Inaktivität zu schützen, Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie nicht entnommen werden könne. Über diesen Punkt ist daher nicht mehr zu entscheiden.

73. Zweitens wirft die Kommission dem Vereinigten Königreich insoweit vor, es habe dadurch, dass es nur Handlungen ahnde, die eine Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der in Frage stehenden Tierarten verursachten, ohne ihre Verschlechterung zu verbieten, in seinen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie eine in deren Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d nicht vorgesehene Voraussetzung der Vorsätzlichkeit der schädigenden Handlung festgelegt.

74. Das Vereinigte Königreich bestreitet nicht, dass nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie Handlungen zu untersagen seien, die eine Verschlechterung oder Zerstörung der fraglichen Stätten zur Folge hätten. Die Kommission habe jedoch seine innerstaatlichen Umsetzungsvorschriften, außer im Fall Gibraltars, fehlerhaft dahin ausgelegt, dass sie auf vorsätzliche oder absichtliche Handlungen beschränkt seien.

75. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Artikel 226 EG der Kommission obliegt, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen, ohne dass sie sich hierfür auf Vermutungen gleich welcher Art stützen könnte (vgl. u. a. Urteile vom 25. Mai 1982 in der Rechtssache 96/81, Kommission/Niederlande, Slg. 1982, 1791, Randnr. 6, und vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-194/01, Kommission/Österreich, Slg. 2004, I-4579, Randnr. 34).

76. Da das Vereinigte Königreich geltend macht, sein innerstaatliches Recht stehe mit Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie in Einklang, ist es für den Nachweis, dass diese Bestimmung nicht vollständig umgesetzt wurde, Sache der Kommission, gegenüber dem Gerichtshof die erforderlichen Angaben zu machen, damit er das Vorliegen einer Vertragsverletzung feststellen kann.

77. Den Akten kann aber nicht entnommen werden, dass die Kommission geeignete Angaben machte, die eine Beschränkung der Umsetzung von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie auf vorsätzliche oder absichtliche Handlungen belegten. Vielmehr scheint es sich bei der innerstaatlichen Strafvorschrift des Vereinigten Königreichs, die Handlungen der Beschädigung oder Zerstörung der in Frage stehenden Stätten ahndet, um einen Straftatbestand zu handeln, der keineswegs voraussetzt, dass die Beschädigung oder Zerstörung vorsätzlich oder absichtlich vorgenommen werden muss.

78. Demnach hat die Kommission nicht bewiesen, dass das Vereinigte Königreich außerhalb Gibraltars seinen Verpflichtungen aus Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie nicht nachgekommen ist. Dieser Teil der Rüge ist daher zurückzuweisen.

79. Im Fall Gibraltars genügt der Hinweis, dass das Vereinigte Königreich eingeräumt hat, dass die in Gibraltar geltenden Rechtsvorschriften Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie deshalb nicht genügen, weil sie nur die vorsätzliche Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der in Frage stehenden Tierarten verbieten. Dieser Teil der Rüge ist daher als begründet anzusehen.

80. Die Kommission trägt drittens vor, dass die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs in ihrer geltenden Fassung die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten nur gegen Handlungen schützten, die sich unmittelbar auf sie auswirkten, ohne jedoch, wie es Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie vorschreibe, auch mittelbar schädigende Handlungen zu erfassen.

81. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Die Kommission hat nichts vorgetragen, was eine Vertragsverletzung des Vereinigten Königreichs in diesem Punkt belegen könnte.

82. Die Rüge einer fehlerhaften Anwendung von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie ist daher teilweise begründet.

Zur Rüge der unvollständigen Umsetzung der Artikel 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 der Richtlinie

83. Die Kommission ist der Ansicht, dass die nationalen Regelungen zur Umsetzung des Verbotes, Exemplare der geschützten Tier- und Pflanzenarten zu besitzen, zu transportieren, mit ihnen zu handeln oder sie auszutauschen, nicht den in den genannten Artikeln vorgesehenen zeitlichen Geltungsrahmen beachteten.

84. Wie insoweit als Hinweis genügt, hat das Vereinigte Königreich im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die in seinem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Ausnahmetatbestände weiter sind als nach der Richtlinie und dass damit die genannten Bestimmungen der Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden.

85. Die Rüge der unvollständigen Umsetzung der Artikel 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 der Richtlinie ist daher als begründet anzusehen.

Zur Rüge der fehlerhaften Umsetzung von Artikel 12 Absatz 4 der Richtlinie

86. Die Kommission macht geltend, dass die zur Umsetzung erlassenen Regelungen des Vereinigten Königreichs keine Vorschrift enthielten, die die Einführung eines Systems zur Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens bestimmter Tierarten gemäß Artikel 12 Absatz 4 der Richtlinie vorschreibe. Mangels genauerer Informationen könne die Kommission nicht feststellen, dass diese Überwachung tatsächlich gewährleistet sei.

87. Auch insoweit genügt der Hinweis, dass das Vereinigte Königreich zum einen eingeräumt hat, dass das innerstaatliche Recht keine Vorschrift über die Einführung eines solchen Überwachungssystems enthält, und zum anderen in seinem Schreiben vom 27. November 2001 anerkannt hat, dass die innerstaatliche Regelung im Sinne der ausdrücklichen Schaffung einer solchen Überwachung geändert werden müsse.

88. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass eine solche Maßnahme bis zum Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist erlassen worden wäre.

89. Die Rüge der fehlerhaften Umsetzung von Artikel 12 Absatz 4 der Richtlinie ist daher als begründet anzusehen.

Zur Rüge der fehlerhaften Umsetzung von Artikel 15 der Richtlinie

90. Die Kommission wirft dem Vereinigten Königreich vor, es sei seinen Verpflichtungen aus Artikel 15 der Richtlinie nicht nachgekommen. So habe das Vereinigte Königreich nur die in Anhang VI Buchstaben a und b der Richtlinie ausdrücklich aufgeführten Methoden verboten, ohne den Einsatz von nichtselektiven Methoden generell zu untersagen. Zweitens werde durch die Sections 1 und 10 des Conservation of Seals Act 1970 nur der Einsatz von zwei Tötungsmethoden verboten, wobei überdies vom Secretary of State zu genehmigende Ausnahmen vorgesehen seien, die über die nach der Richtlinie zulässigen Ausnahmen hinausgingen.

- Zum Fehlen eines generellen Verbotes aller nichtselektiven Methoden

91. Die Kommission trägt vor, dass die Regelung des Vereinigten Königreichs kein generelles Verbot aller nichtselektiven Methoden enthalte, die geeignet seien, das örtliche Verschwinden von Populationen der in Frage stehenden Arten wild lebender Tiere hervorzurufen oder sie schwer zu stören. Die nationale Regelung beuge daher nicht dem Auftauchen noch unbekannter nichtselektiver Fang- und Tötungsmethoden vor.

92. Das Vereinigte Königreich meint, Artikel 15 der Richtlinie sei durch Regulation 41 der Conservation Regulations 1994, Regulation 36 (2) der Conservation Regulations (Northern Ireland) 1995 und Section 17V (2) der Nature Protection Ordinance 1991 umgesetzt worden. Diese Bestimmungen führten alle derzeit im Vereinigten Königreich bekannten nichtselektiven Fang- und Tötungsmethoden der geschützten Tierarten auf und würden, soweit erforderlich, fortlaufend aktualisiert.

93. Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Artikel 15 der Richtlinie die Mitgliedstaaten in Bezug auf den Fang oder das Töten der in Anhang V Buchstabe a der Richtlinie genannten wild lebenden Tierarten sowie in den Fällen, in denen Ausnahmen gemäß Artikel 16 für die Entnahme, den Fang oder die Tötung der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie genannten Arten gemacht werden, den Gebrauch aller nichtselektiven Geräte zu verbieten haben, durch die das örtliche Verschwinden von Populationen dieser Tierarten hervorgerufen werden könnte oder sie schwer gestört werden könnten.

94. Wie dem Wortlaut dieser Bestimmung zu entnehmen ist, normiert sie eine allgemeine Verpflichtung zum Verbot sämtlicher nichtselektiver Methoden zum Fang oder zum Töten der fraglichen Arten wild lebender Tiere.

95. Im vorliegenden Fall ist jedoch unstreitig, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist das innerstaatliche Recht ein solches allgemeines Verbot nicht enthielt.

96. Im Übrigen ist, wie die Generalanwältin in Nummer 89 ihrer Schlussanträge hervorgehoben hat, die Möglichkeit der Aktualisierung einer Liste verbotener Methoden weniger effektiv als ein allgemeines Verbot. Verzögerungen bei der Aktualisierung dieser Listen führen zwangsläufig zu Schutzlücken, die Artikel 15 der Richtlinie durch das allgemeine Verbot gerade verhindern soll. Diese Erwägung ist umso stichhaltiger, als das innerstaatliche Recht keine Rechtspflicht zur Überprüfung der Listen begründet.

97. Unter diesen Umständen ist es keineswegs gewährleistet, dass alle nichtselektiven Methoden, die geeignet sind, das örtliche Verschwinden von Populationen der betroffenen Tierarten hervorzurufen oder sie schwer zu stören, im Vereinigten Königreich tatsächlich verboten sind.

98. Demnach hat das Vereinigte Königreich Artikel 15 der Richtlinie hinsichtlich des Verbotes aller nichtselektiven Methoden des Fangs und des Tötens der in Frage stehenden Arten wild lebender Tiere nicht ordnungsgemäß umgesetzt.

- Zum Conservation of Seals Act 1970

99. Wie zunächst festzustellen ist, hat die Kommission in ihrer Erwiderung die Rüge betreffend den Conservation of Seals Act 1970 zurückgenommen, da das Vereinigte Königreich in seiner Klagebeantwortung in diesem Punkt eine Rechtsänderung zugesagt hatte. Dem Vereinigten Königreich erschien es aber angezeigt, die Kommission in seiner Gegenerwiderung darauf hinzuweisen, dass es, was die Vornahme dieser Rechtsänderung angeht, den Ausgang des vorliegenden Verfahrens abwarten werde. Daraufhin hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie wolle die Rüge aufrechterhalten, ohne dass das Vereinigte Königreich dem widersprochen hätte.

100. Die Kommission macht geltend, der Conservation of Seals Act 1970 stehe mit Artikel 15 der Richtlinie deshalb nicht in Einklang, weil er nur zwei Methoden des Tötens von Robben verbiete und Ausnahmegenehmigungen unter Voraussetzungen zulasse, die über die in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen hinausgingen.

101. Das Vereinigte Königreich hält diese Auslegung des Conservation of Seals Act 1970 für unzutreffend. Dieses Gesetz ergänze nur Regulation 41 der Conservation Regulations 1994, durch die Artikel 15 der Richtlinie umgesetzt werde, und biete damit einen zusätzlichen Schutz der verschiedenen Robbenarten.

102. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass Artikel 41 der Conservation Regulations 1994, wie oben in Randnummer 98 festgestellt, keine ordnungsgemäße Umsetzung von Artikel 15 der Richtlinie gewährleistet. Dem Argument des Vereinigten Königreichs, dass der Conservation of Seals Act 1970 nur Regulation 41 der Conservation Regulations 1994 ergänze, kann daher nicht gefolgt werden.

103. Zweitens könnte der Conservation of Seals Act 1970 auch dann, wenn er als eine Ergänzung der Conservation Regulations 1994 anzusehen wäre, dahin ausgelegt werden, dass nur die beiden in seinem Wortlaut ausdrücklich genannten Methoden untersagt sind. 104. Damit weist der Conservation of Seals Act hinsichtlich der im Vereinigten Königreich verbotenen Methoden des Tötens von Robben einen Faktor der Rechtsunsicherheit auf und ist damit nicht geeignet, Artikel 15 der Richtlinie ordnungsgemäß umzusetzen.

105. Demnach greift die Rüge der fehlerhaften Anwendung von Artikel 15 der Richtlinie durch.

Zur Rüge der fehlerhaften Umsetzung von Artikel 16 der Richtlinie

106. Die Kommission ist insoweit erstens der Auffassung, dass die Gesamtheit der nationalen Bestimmungen zur Regelung der Ausnahmen von den Artikeln 12 bis 15 Buchstaben a und b der Richtlinie, so Regulation 40 der Conservation Regulations 1994, Regulation 35 der Conservation Regulations (Northern Ireland) 1995 und Section 17U der Nature Protection Ordinance 1991, nicht den beiden in Artikel 16 der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen genügten. Nach Artikel 16 der Richtlinie dürften solche Ausnahmen nur zugelassen werden, wenn es keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gebe, und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen könnten.

107. Wie insoweit als Hinweis genügt, hat das Vereinigte Königreich eingeräumt, dass jede Ausnahme im Sinne von Artikel 16 der Richtlinie zwingend die beiden dort festgelegten Voraussetzungen erfüllen muss, und ist weiterhin, obwohl diese Voraussetzungen in den nationalen Bestimmungen nicht enthalten sind, bis zum Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist keine Rechtsänderung zur Behebung dieses Mangels ergangen.

108. Dieser Teil des Klagegrundes greift daher durch.

109. Die Kommission ist zweitens der Ansicht, dass die Einzelausnahmen nach den Regulations 40 (3) (c) und 43 (4) der Conservation Regulations 1994 und den entsprechenden Bestimmungen der Conservation Regulations (Northern Ireland) 1995 und der Nature Protection Ordinance 1991 über den Geltungsbereich von Artikel 16 der Richtlinie hinausgingen. So griffen die der Umsetzung der Artikel 12, 13 und 16 der Richtlinie dienenden Verbotstatbestände nicht ein, wenn die in Frage stehende Handlung in Zusammenhang mit einer rechtmäßigen Tätigkeit vorgenommen werde.

110. Das Vereinigte Königreich verweist darauf, dass es wegen der Umsetzung der sich aus den Artikeln 12 und 13 der Richtlinie ergebenden Erfordernisse durch Straftatbestände notwendig gewesen sei, von diesen Tatbeständen die Fälle auszunehmen, in denen die Handlung nicht mit Vorsatz begangen sei.

111. Insoweit ist festzustellen, dass Artikel 16 der Richtlinie die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten von den Artikeln 12 bis 15 Buchstaben a und b der Richtlinie abweichen dürfen, genau festlegt und daher restriktiv auszulegen ist.

112. Ferner bilden, wie die Generalanwältin in Nummer 113 ihrer Schlussanträge dargelegt hat, die Artikel 12, 13 und 16 der Richtlinie gemeinsam ein geschlossenes Schutzsystem, so dass jede mit der Richtlinie unvereinbare Ausnahme zu den Artenschutzbestimmungen sowohl die Verbote der Artikel 12 oder 13 als auch die Ausnahmebestimmung des Artikels 16 verletzt.

113. Es ist jedoch festzustellen, dass nach der fraglichen Ausnahmeregelung Handlungen, die den Tod von Tieren der geschützten Arten oder die Beschädigung oder Zerstörung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten verursachen, zulässig sind, wenn diese Handlungen als solche rechtmäßig sind. Eine solche Ausnahme, die auf der Rechtmäßigkeit der Handlung beruht, läuft jedoch dem Geist und Zweck der Richtlinie und dem Buchstaben von Artikel 16 der Richtlinie zuwider.

114. Demnach ist die Klage in diesem Punkt als begründet anzusehen.

Zur fehlenden Anwendung der Richtlinie außerhalb der Hoheitsgewässer des Vereinigten Königreichs

115. Die Kommission legt dem Vereinigten Königreich zur Last, es habe die räumliche Geltung seiner innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie auf sein Hoheitsgebiet und seine Hoheitsgewässer beschränkt. Die Mitgliedstaaten müssten jedoch auch in ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone dem Gemeinschaftsrecht in den Bereichen nachkommen, in denen sie ihre Hoheitsrechte ausübten. Damit sei die Richtlinie auch außerhalb der Hoheitsgewässer anzuwenden. Das Vereinigte Königreich sei in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone insbesondere nicht seinen Verpflichtungen nachgekommen, besondere Schutzgebiete gemäß Artikel 4 der Richtlinie zu bezeichnen und den Artenschutz nach Artikel 12 der Richtlinie zu gewährleisten.

116. Das Vereinigte Königreich bestreitet nicht die Begründetheit der Rüge, verweist aber darauf, dass es für die Ölindustrie entsprechende Vorschriften, nämlich die Offshore Petroleum Activities (Conservation of Habitats) Regulations 2001 (Naturschutzverordnung für die Offshore-Ölförderung), schon erlassen und für die Ausweitung der Geltung der Richtlinie auf die Meereszone außerhalb seiner Hoheitsgewässer eine Regelung bereits vorbereitet habe.

117. Wie die Generalanwältin dazu in den Nummern 131 und 132 ihrer Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass das Vereinigte Königreich Hoheitsrechte im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone und auf dem Kontinentalschelf ausübt und dass die Richtlinie insoweit außerhalb der Hoheitsgewässer der Mitgliedstaaten anwendbar ist. Folglich muss die Richtlinie in der ausschließlichen Wirtschaftszone umgesetzt werden.

118. Es steht weiterhin fest, dass das Vereinigte Königreich die in seinem Schreiben vom 27. November 2001 genannte Regelung, mit der der Geltungsbereich der Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie über die Hoheitsgewässer des Vereinigten Königreichs hinaus ausgeweitet werden soll, bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist noch nicht erlassen hatte.

119. Zu diesem Zeitpunkt waren somit als einzige innerstaatliche Regelung nur die Offshore Petroleum Activities (Conservation of Habitats) Regulations 2001 in Kraft. Diese betreffen aber nur die Ölindustrie und können daher allein die Umsetzung der Richtlinie außerhalb der Hoheitsgewässer des Vereinigten Königreichs nicht gewährleisten.

120. Daher ist die Klage der Kommission insoweit als begründet anzusehen.

121. Nach alledem hat das Vereinigte Königreich dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen, dass es nicht fristgemäß alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um die sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen, insbesondere gemäß

- Artikel 6 Absatz 2 im Fall Gibraltars,

- Artikel 6 Absätze 3 und 4 hinsichtlich Plänen und Projekten der Wasserentnahme und Landnutzungsplänen,

- Artikel 11,

- Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d im Fall Gibraltars,

- Artikel 12 Absatz 2,

- Artikel 12 Absatz 4,

- Artikel 13 Absatz 1,

- Artikel 14 Absatz 2,

- Artikel 15,

- Artikel 16

- und außerhalb seiner Hoheitsgewässer der Richtlinie insgesamt,

vollständig und ordnungsgemäß umzusetzen.

Kostenentscheidung:

Kosten

122. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Vereinigte Königreich mit seinem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen verstoßen, dass es nicht fristgemäß alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um die sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen, insbesondere gemäß

- Artikel 6 Absatz 2 im Fall Gibraltars,

- Artikel 6 Absätze 3 und 4 hinsichtlich Plänen und Projekten der Wasserentnahme und Landnutzungsplänen,

- Artikel 11,

- Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d im Fall Gibraltars,

- Artikel 12 Absatz 2,

- Artikel 12 Absatz 4,

- Artikel 13 Absatz 1,

- Artikel 14 Absatz 2,

- Artikel 15,

- Artikel 16

- und außerhalb seiner Hoheitsgewässer der Richtlinie insgesamt ,

vollständig und ordnungsgemäß umzusetzen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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