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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 20.03.1990
Aktenzeichen: C-62/89
Rechtsgebiete: Verordnung 2057/82/EWG, Verordnung 6/85/EWG, Verordnung 170/83/EWG, EWGV


Vorschriften:

Verordnung 2057/82/EWG Art. 10 Abs. 2
Verordnung 6/85/EWG Art. 1
Verordnung 170/83/EWG Art. 5 Abs. 2
EWGV Art. 169
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Da das Fischereiabkommen zwischen der Gemeinschaft einerseits und der Regierung Dänemarks und der Landesregierung der Färöer andererseits über den Zugang zu den Fischereiressourcen und über deren Erhaltung eine Fangbeschränkung für die Fischer der Gemeinschaft in den Meeresgewässern der Färöer festlegt und infolgedessen für die einzelnen Mitgliedstaaten Quoten festgesetzt werden, sind die einschlägigen Vorschriften, die die Einhaltung dieser Quoten sicherstellen sollen - etwa Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 zur Festlegung bestimmter Kontrollmaßnahmen -, auch beim Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises in der Verordnung zur Aufteilung der Fangquoten auf die Mitgliedstaaten anzuwenden, weil sonst die Einhaltung des Abkommens und insbesondere die Beachtung der Obergrenze für die der Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Fänge gefährdet würde.

Ein Mitgliedstaat kann sich nicht unter Berufung auf die blosse Aussicht, nach Abschluß der mit einem anderen Mitgliedstaat geführten Verhandlungen im Wege des Quotenaustauschs eine Erhöhung der Quote zu erreichen, der ihm gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 obliegenden Pflicht entziehen, den Fischfang durch Fahrzeuge, die seine Flagge führen oder in seinem Hoheitsgebiet registriert sind, zu dem Zeitpunkt, zu dem die nationale Quote aufgrund der einer Quotenregelung unterliegenden Fänge als ausgeschöpft gilt, bis auf weiteres zu untersagen. Jede Verzögerung bei der vorläufigen Einstellung des Fischfangs bringt nämlich die Gefahr einer Quotenüberschreitung mit sich, sofern die Verhandlungen, deren Ergebnis stets ungewiß ist, scheitern oder zu einer Quotenerhöhung führen, die zur Deckung der zwischenzeitlich durchgeführten Fänge nicht ausreicht. Jede Vereinbarung über einen Quotenaustausch mit einem anderen Mitgliedstaat zwecks Erhöhung einer Quote muß daher entweder vor Ausschöpfung der ursprünglichen Quote oder nach der vorläufigen Untersagung des Fischfangs getroffen werden.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 20. MAERZ 1990. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN FRANZOESISCHE REPUBLIK. - FISCHEREI - VERWALTUNG DER QUOTEN - VERPFLICHTEN DER MITGLIEDSTAATEN. - RECHTSSACHE C-62/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 3. März 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen ( ABl. L 24, S. 1 ) und den Artikeln 1 Absätze 1 und 2, der Artikel 6 bis 9 und 10 Absätze 1 und 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten ( ABl. L 220, S. 1 ) in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 6/85 des Rates vom 19. Dezember 1984 zur Aufteilung der Fangquoten für in den Gewässern der Färöer fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten ( ABl. L 1, S. 62 ) verstossen hat, daß sie die Einhaltung der ihr für das Jahr 1985 zugeteilten Quoten für den Fang von Rotbarsch und Plattfisch in den Gewässern der Färöer nicht sichergestellt hat.

2 Der Fischfang in den Gewässern der Färöer wird durch das Fischereiabkommen zwischen der EWG einerseits und der Regierung Dänemarks und der Landesregierung der Färöer andererseits geregelt, das der Verordnung ( EWG ) Nr. 2211/80 des Rates vom 27. Juni 1980 ( ABl. L 226, S. 11 ) als Anhang beigefügt ist. Gemäß den von der Gemeinschaft und den Färöer im Rahmen dieses Abkommens getroffenen Vereinbarungen legte die vorgenannte Verordnung Nr. 6/85, deren Geltung durch die Verordnung ( EWG ) Nr. 97/85 des Rates vom 14. Januar 1985 ( ABl. L 13, S. 5 ) verlängert wurde, für das Jahr 1985 fest, daß der Fischfang durch Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitgliedstaates führen, in den Gewässern, die der Fischereihoheit der Färöer unterliegen, auf die in ihrem Anhang festgelegten Quoten beschränkt blieb. In diesem Anhang wurden die Fangquoten für Frankreich auf 450 t Rotbarsch und auf 160 t Plattfisch festgelegt.

3 Aus dem vom französischen Staatssekretariat für Seefragen der Kommission am 6. Februar 1986 übermittelten Anlandungsverzeichnis, das als Anhang zur Klageschrift vorgelegt worden ist, ergibt sich, daß die Frankreich 1985 zugeteilten Quoten für die Gewässer der Färöer bei Plattfisch zwischen dem 18. und dem 21. Juni 1985 und für Rotbarsch zwischen dem 7. und dem 13. Juli 1985 ausgeschöpft waren.

4 Infolge eines von den französischen Behörden mit anderen Mitgliedstaaten vereinbarten Quotenaustauschs gemäß Artikel 5 Absatz 1 der vorgenannten Verordnung Nr. 170/83 erhöhte sich die Fangquote Frankreichs für Rotbarsch auf 970 t. Das Anlandungsverzeichnis zeigt indessen, daß diese nach der Ausschöpfung der ursprünglichen Quote ausgehandelte und der Kommission im November 1985 mitgeteilte Quote zwischen dem 2. und dem 30. Oktober 1985 wiederum überschritten wurde. Für das Jahr 1985 beliefen sich die von Frankreich für die Gewässer der Färöer gemeldeten Gesamtfangmengen für Rotbarsch auf 984,7 t. Bei Plattfisch erreichte die Gesamtfangmenge Frankreichs in den Gewässern der Färöer im Jahre 1985 708,4 t.

5 Im übrigen ist unbestritten, daß die französischen Behörden ihren Fischern erst im November 1985 Anweisung erteilt haben, den Fang von Rotbarsch und Plattfisch in den Gewässern der Färöer einzustellen.

6 Durch die am 16. November 1985 in Kraft getretene Verordnung ( EWG ) Nr. 3220/85 ( ABl. L 303, S. 43 ) verfügte die Kommission auf der Grundlage von Informationen, die sie selbst eingeholt hatte, gemäß Artikel 10 Absatz 3 der vorgenannten Verordnung Nr. 2057/82 von sich aus die Einstellung des Rotbarschfangs in den Gewässern der Färöer durch Schiffe unter französischer Flagge. Ebenso verfügte die Kommission mit der am 7. Dezember 1985 in Kraft getretenen Verordnung ( EWG ) Nr. 3448/85 ( ABl. L 328, S. 20 ) die Einstellung des Plattfischfangs durch französische Schiffe in den Gewässern der Färöer.

7 Die Kommission leitet aus den festgestellten Quotenüberschreitungen ab, daß die Französische Republik es unterlassen hat, für das Jahr 1985 die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der ihr zugeteilten Fangquoten für Rotbarsch und Plattfisch in den Gewässern der Färöer sicherzustellen.

8 Zur Begründung ihres Standpunktes macht die Kommission im wesentlichen geltend, daß die Quotenüberschreitungen auf einen Verstoß der Französischen Republik gegen die den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 obliegende Pflicht zurückzuführen seien, rechtzeitig für die vorläufige Einstellung des Fangs Sorge zu tragen.

9 Die Kommission macht ferner geltend, daß die Quotenüberschreitungen auch das Ergebnis einer Verletzung der Verpflichtungen zur Überwachung und Registrierung der Fangmengen nach den Artikeln 6 bis 9 der Verordnung Nr. 2057/82, zur Kontrolle der Fischereifahrzeuge und zur Ahndung der festgestellten Verstösse gemäß Artikel 1 Absätze 1 und 2 dieser Verordnung sowie der Verpflichtung sein könnten, alle Fänge von Fischereifahrzeugen unter französischer Flagge nach Artikel 10 Absatz 2 dieser Verordnung von der Quote in Abzug zu bringen. Weiterhin könnten diese Überschreitungen auch auf das Versäumnis der französischen Behörden zurückgeführt werden, gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 die notwendigen Maßnahmen zur Festlegung der Einzelheiten für die Nutzung der Frankreich zugeteilten Fangquoten zu treffen.

10 Wegen einer eingehenderen Darstellung des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Rüge der verspäteten Einstellung des Fischfangs

11 Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Französischen Republik vor, die ihr gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 obliegenden Pflichten dadurch verletzt zu haben, daß sie es unterlassen habe, den Fang der betreffenden Fischbestände bis auf weiteres einzustellen, sobald die Ausschöpfung der Quoten bevorzustehen schien. Nach Auffassung der Kommission macht es diese Bestimmung allen Mitgliedstaaten zur Pflicht, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen über die Fangmengen den voraussichtlichen Zeitpunkt der Ausschöpfung der Quoten festzusetzen und rechtzeitig die geeigneten Maßnahmen zur Einstellung der Fangtätigkeit zu diesem Zeitpunkt zu ergreifen. Die von den französischen Behörden am 8. November 1985 erteilte Anweisung zur Einstellung des Fangs sei jedoch offenkundig unangemessen gewesen, da sie fast vier Monate nach Ausschöpfung der betreffenden Quoten erfolgt und jedenfalls rechtlich nicht verbindlich gewesen sei. Die Pflicht der Mitgliedstaaten, den Fang vorläufig zu untersagen, sobald eine Ausschöpfung der Quote vorhersehbar sei, könne nicht von den Zufälligkeiten einer blossen Aussicht auf einen Quotenaustausch abhängen, der entweder vor dem Zeitpunkt, zu dem die ursprüngliche Quote als ausgeschöpft gelte, oder aber nach der von den staatlichen Behörden verfügten vorläufigen Einstellung des Fangs erfolgen müsse.

12 Zur Beurteilung der Frage, ob der Standpunkt der Kommission berechtigt ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 bestimmt : "Jeder Mitgliedstaat setzt den Zeitpunkt fest, an dem aufgrund der Fänge aus einem Bestand oder einer Bestandsgruppe, die einer Quotenregelung unterliegen, durch Fischereifahrzeuge, welche die Flagge dieses Mitgliedstaats führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, die diesem für den Bestand oder die Bestandsgruppe zugeteilte Quote als ausgeschöpft gilt. Er untersagt von diesem Zeitpunkt an bis auf weiteres den Fang von Fischen dieses Bestands oder dieser Bestandsgruppe durch diese Fischereifahrzeuge sowie die Aufbewahrung an Bord, das Umladen und die Anlandung von Fängen, die nach diesem Zeitpunkt gemacht worden sind, und legt einen Zeitpunkt fest, bis zu dem das Umladen und die Anlandungen oder die letzten Mitteilungen über die Fänge noch möglich sind. Diese Maßnahme wird unverzueglich der Kommission mitgeteilt, welche die anderen Mitgliedstaaten hiervon unterrichtet."

13 Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 ist nicht ausdrücklich unter den Bestimmungen aufgeführt, die bei der Bewirtschaftung der unter den Mitgliedstaaten aufgeteilten Fangquoten für die in den Gewässern der Färöer fischenden Fischereifahrzeuge zu beachten sind. Artikel 2 der Verordnung Nr. 6/85 bestimmt lediglich, daß die Mitgliedstaaten und die Kapitäne von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats beim Fischfang in den Gewässern der Färöer die Vorschriften der Artikel 3 bis 9 der Verordnung Nr. 2057/82 zu beachten haben.

14 Hierzu ist festzustellen, daß zwar die Verordnung Nr. 6/85 nicht ausdrücklich auf Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 verweist, daß aber die Mitgliedstaaten gleichwohl diese Bestimmung, deren Anwendbarkeit im übrigen vorliegend von der Französischen Republik nicht in Abrede gestellt worden ist, als eine allgemeine Regel unbedingt beachten müssen, die unentbehrlich ist, um die Wirksamkeit jedweder Regelung zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen zu gewährleisten, die auf der Aufteilung der der Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Fangmenge in Form der Zuteilung von Quoten an die Mitgliedstaaten aufbaut. Da nämlich das Fischereiabkommen mit der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer über die Bewirtschaftung und die Erhaltung der Fischereiressourcen eine Fangbeschränkung für die Fischer der Gemeinschaft in den Meeresgewässern der Färöer festlegt und infolgedessen für die einzelnen Mitgliedstaaten Quoten festgesetzt werden, sind die einschlägigen Vorschriften, die die Einhaltung dieser Quoten sicherstellen sollen, auch beim Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises in der Verordnung zur Aufteilung der Fangquoten auf die Mitgliedstaaten anzuwenden, weil sonst die Einhaltung des Abkommens und insbesondere die Beachtung der Obergrenze für die der Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Fänge gefährdet würde. Unter diesen Umständen ist Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 vorliegend anzuwenden.

15 Die Französische Republik hält die Rüge der Kommission für unbegründet und erhebt insoweit vier Einwände.

16 Die Französische Republik macht zunächst geltend, daß sie, um die Ausschöpfung der betreffenden Quoten zu verhindern, rechtzeitig und in geeigneter Weise tätig geworden sei, indem sie zum einen eine Erhöhung der Quote für Rotbarsch im Wege des Quotenaustauschs mit einem anderen Mitgliedstaat ausgehandelt habe und zum anderen Anweisung an ihre Fischer gegeben habe, vom 8. November 1985 an jegliche Fangtätigkeit bezueglich der Rotbarsch - und Plattfischbestände einzustellen. Sie betont, daß diese Anweisung zur Einstellung der Fangtätigkeit eine wirksame Maßnahme gewesen sei, da nach dem 30. Oktober keine Fänge der betreffenden Bestände mehr angelandet worden seien.

17 Zu diesem Einwand ist festzustellen, daß gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, zu dem Zeitpunkt, zu dem aufgrund der einer Quotenregelung unterliegenden Fänge durch Fischreifahrzeuge, die die Flagge dieser Mitgliedstaaten führen oder in diesen Mitgliedstaaten registriert sind, die betreffende Quote als ausgeschöpft gilt, den Fang bis auf weiteres zu untersagen. Aus dieser Bestimmung folgt, daß die Mitgliedstaaten gehalten sind, rechtzeitig alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Überschreitung der betreffenden Quoten zu verhindern, damit die Einhaltung der den Mitgliedstaaten zwecks Erhaltung der Fischereiressourcen zugeteilten Quoten sichergestellt wird.

18 Die Französische Republik war somit verpflichtet, schon vor der Ausschöpfung der Quoten verbindliche Maßnahmen zu ergreifen, um jede Fangtätigkeit bis auf weiteres zu untersagen. Die französischen Behörden hätten daher die vorläufige Einstellung des Plattfischfangs spätestens am 21. Juni 1985 und die des Rotbarschfangs spätestens am 13. Juli 1985 verfügen müssen.

19 Demnach ist die am 8. November erteilte Anweisung zur Einstellung jeglicher Fangtätigkeit bezueglich der fraglichen Bestände, deren Verbindlichkeit die Französische Republik im übrigen nicht hat nachweisen können, zu spät erfolgt, um die Überschreitung der betreffenden Quoten zu verhindern.

20 Was insbesondere den Umstand betrifft, daß sich die Französische Republik bei Rotbarsch darauf beschränkt hat, Verhandlungen über eine Erhöhung der Quote im Wege des Quotenaustauschs mit einem anderen Mitgliedstaat zu führen, so hat die Kommission zu Recht darauf aufmerksam gemacht, daß sich die Mitgliedstaaten nicht auf die blosse Aussicht eines Quotenaustauschs berufen dürfen, um sich den ihnen gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 obliegenden Pflichten zu entziehen. Solche Verhandlungen, deren Ausgang ungewiß ist, können die Fortsetzung des Fangs nach Ausschöpfung der Quote nicht rechtfertigen, weil beim Scheitern des Versuchs der Erhöhung der Quote durch Quotenaustausch oder bei Erhalt von Quotenmengen, die zur Deckung der durchgeführten Fänge nicht ausreichen, jede Verzögerung bei der vorläufigen Einstellung des Fischfangs die Gefahr einer Ausweitung der Quotenüberschreitung mit sich bringt. Hieraus folgt, daß jede Vereinbarung über einen Quotenaustausch mit einem anderen Mitgliedstaat zwecks Erhöhung einer Quote entweder vor Ausschöpfung der ursprünglichen Quote oder nach der vorläufigen Untersagung des Fischfangs getroffen werden muß.

21 Der erste Einwand der Französischen Republik ist daher zurückzuweisen.

22 Die Französische Republik verweist zweitens auf praktische Schwierigkeiten, die sie gehindert hätten, die bevorstehende Ausschöpfung der betreffenden Quoten vorauszusehen. Sie macht hierzu geltend, daß die Verordnung ( EWG ) Nr. 2807/83 der Kommission vom 22. September 1983 zur Festlegung der Einzelheiten der Aufzeichnung von Informationen über den Fischfang durch die Mitgliedstaaten ( ABl. L 276, S. 1 ), die die Einrichtung eines Fischereilogbuchs vorsehe, erst am 1. April 1985 in Kraft getreten sei, so daß es schwierig gewesen sei, rechtzeitig verläßliche Informationen zu erhalten, auf deren Grundlage der Fischfang hätte untersagt werden können. Im übrigen müsse man berücksichtigen, daß 1985 die Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Fischereiressourcen noch neu und unerprobt gewesen sei. Die Französische Republik weist unter anderem darauf hin, daß das Schwanken der Fangmengen zu Schwierigkeiten geführt habe, zumal wenn, wie bei Plattfisch, die Quote niedrig gewesen sei. Insoweit macht die Französische Republik geltend, daß ein plötzlicher Anstieg der Plattfischanlandungen im Juni und Juli 1985 nach dem schwachen Fangergebnis zuvor in der Praxis dazu geführt habe, den Zeitpunkt der Quotenausschöpfung unvorhersehbar zu machen.

23 Diesem Einwand der Französischen Republik kann nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechtsprechung ( vgl. das Urteil vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 262/87, Niederlande/Kommission, Slg. 1989, 225, Randnr. 15 ) kann sich ein Mitgliedstaat zur Rechtfertigung eines Versäumnisses bei der Einführung eines wirkungsvollen Kontrollmechanismus nicht auf praktische Schwierigkeiten berufen. Vielmehr obliegt es nach dieser Rechtsprechung den im Rahmen der gemeinschaftlichen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse mit der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen betrauten Mitgliedstaaten, diese Schwierigkeiten durch den Erlaß geeigneter Maßnahmen zu überwinden.

24 Die Französische Republik kann sich zur Rechtfertigung ihres Versäumnisses insbesondere nicht auf die angebliche Neuheit der Quotenregelung der Gemeinschaft berufen. Die Verordnung Nr. 170/83 ist nämlich am 27. Januar 1983, die Verordnung Nr. 2057/82 am 1. August 1982 in Kraft getreten, so daß die in diesen Verordnungen vorgesehenen Überwachungsmaßnahmen lange vor den streitigen Geschehnissen anwendbar waren. Unter diesen Umständen hätten die Überwachungsmahnahmen, wenn sie vorliegend ordnungsgemäß beachtet und angewandt worden wären, den französischen Behörden ausreichende Informationen liefern müssen, die sie in die Lage versetzt hätten, die Ausschöpfung der betreffenden Quoten vorauszusehen und entsprechend tätig zu werden.

25 Zu dem Einwand im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Regelung über das Fischereilogbuch der Gemeinschaften am 1. April 1985 ist darauf hinzuweisen, daß die Verordnung Nr. 2807/83 lediglich ein vereinheitlichtes Modell des Logbuchs eingeführt hat, das die Kapitäne der Fischereifahrzeuge zu führen haben. Die Verpflichtung, ein Logbuch zu führen, das die Fangmengen für jeden Bestand sowie Zeitpunkt und Ort dieser Fänge ausweist, ist demgegenüber bereits in Artikel 3 der Verordnung Nr. 2057/82 vorgesehen. Im übrigen ist zwar die Verordnung Nr. 2807/83 erst am 1. April 1985 in Kraft getreten, jedoch ergibt sich aus dem der Kommission von den französischen Behörden übermittelten Anlandungsverzeichnis, daß Fischereifahrzeuge unter französischer Flagge in den Gewässern der Färöer gefangenen Rotbarsch oder Plattfisch vor dem 14. Mai 1985 nicht angelandet haben.

26 Was das angebliche Schwanken der Fangmengen von Plattfisch betrifft, ergibt eine Überprüfung des der Kommission übermittelten Anlandungsverzeichnisses, daß zwar die Gesamtmenge der Anlandungen im Juni ( 280,5 t ) und Juli 1985 ( 264,7 t ) bei weitem höher lag als im Mai 1985 ( 8,2 t ), die im Juni durchgeführten Anlandungen indessen sowohl hinsichtlich ihres Rhythmus als auch mengenmässig der Regel entsprachen. Hieraus folgt, daß die französischen Behörden am 21. Juni 1985 die Ausschöpfung der Quote für Plattfisch voraussehen konnten.

27 Die Französische Republik macht drittens geltend, es sei nicht mit Sicherheit nachgewiesen, daß tatsächlich eine Überschreitung der betreffenden Quoten vorliege. Die Umrechnungsköffizienten, mit deren Hilfe die Lebendfangtonnage anhand der aus ausgenommenen Fischen bestehenden Anlandungen errechnet werden könne, seien nämlich in der Gemeinschaft nicht harmonisiert und bärgen daher eine erhebliche Unsicherheitsmarge. Zum anderen sei ein beträchtlicher Teil der betreffenden Fangmenge in Gewässern gefischt worden, die zwischen dem Vereinigten Königreich und den Färöer umstritten seien, so daß nicht sicher sei, ob die betreffenden französischen Fänge tatsächlich in Gewässern der Färöer getätigt worden seien.

28 Zu der angeblichen Unsicherheitsmarge bei der Anwendung der Umrechnungsköffizienten ist vorab festzustellen, daß die französischen Behörden selbst diesen Koeffizienten herangezogen haben, um die der Kommission gemeldeten Fangzahlen zu ermitteln. Unter diesen Umständen kann die Französische Republik jetzt nicht die Verläßlichkeit dieser Berechnungsart in Zweifel zu ziehen. Eine Unsicherheitsmarge wäre, selbst wenn sie bestehen sollte, ohnehin begrenzt und könnte mit Sicherheit eine so beträchtliche Quotenüberschreitung nicht erklären, wie sie vorliegend bei Plattfisch festgestellt wurde.

29 Was schließlich die angeblichen Hoheitsstreitigkeiten zwischen dem Vereinigten Königreich und den Färöer betrifft, ist ebenfalls darauf hinzuweisen, daß die Französische Republik der Kommission lediglich die Zahlen bezueglich der Fänge französischer Schiffe "in den Gewässern der Färöer" mitgeteilt hat, ohne auf das Problem der Abgrenzung der Gewässer der Gemeinschaft und der der Färöer einzugehen.

30 Darüber hinaus ist daran zu erinnern, daß in der Präambel des Fischereiabkommens zwischen der EWG einerseits und der Regierung Dänemarks und der Landesregierung der Färöer andererseits der "Beschluß", angeführt wird, "mit Wirkung vom 1. Januar 1977 um die Färöer eine Fischereizone von 200 Seemeilen zu errichten, in der die Färöer Hoheitsrechte zum Zweck der Erforschung, Nutzung, Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden Meeresschätze ausüben können ". Gemäß Artikel 2 Buchstabe b dieses Abkommens setzen die Behörden der Färöer jedes Jahr "die Fangquoten für die Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft sowie die Gebiete, die im Rahmen dieser Fangquoten abgefischt werden dürfen", fest. Das Verzeichnis der Quoten und Fanggebiete wird der Kommission übermittelt und dient als Grundlage für die Aufteilung der Quoten unter die Mitgliedstaaten. Angesichts des Fehlens jeglichen Vorbehalts wegen einer angeblichen Hoheitsstreitigkeit zwischen dem Vereinigten Königreich und den Färöer in diesem Fischereiabkommen oder irgendeines Einspruchs gegen das von den Behörden der Färöer mitgeteilte Gebiet seitens des angeblich betroffenen Mitgliedstaats muß festgestellt werden, daß es der Französischen Republik nicht gelungen ist, Zweifel daran zu begründen, daß die gesamten von der Kommission in diesem Verfahren berücksichtigten Fangmengen in dem zur Fischereihoheit der Färöer gehörenden Gebiet gefischt worden sind. Unter diesen Umständen kann sich die Französische Republik zur Rechtfertigung der Nichteinhaltung der betreffenden Quoten nicht auf dieses Vorbringen stützen.

31 Mit dem vierten Einwand macht die Französische Republik geltend, daß jedenfalls die Gesamtquote der Gemeinschaft für die betreffenden Bestände in den Gewässern der Färöer im Jahre 1985 nicht ausgeschöpft worden sei, so daß die französischen Quotenüberschreitungen weder andere Mitgliedstaaten hätten schädigen noch das Fischereiabkommen mit der Regierung Dänemarks und der Landesregierung der Färöer hätten gefährden können.

32 Insoweit genügt der Hinweis, daß die Gesamtfangmenge der Gemeinschaft in den Gewässern der Färöer für das Jahr 1985, deren Umfang erst nach Ende dieses Jahres feststand, die Verpflichtungen eines Mitgliedstaates unberührt lässt, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausschöpfung lediglich der einzelstaatlichen Quote zu verhindern, über die dieser Mitgliedstaat innerhalb der der Gemeinschaft zugeteilten zulässigen Gesamtfangmenge verfügen konnte.

33 Hieraus ergibt sich, daß auch der vierte Einwand der Französischen Republik zurückzuweisen ist.

34 Da keinem der Einwände, die die Französische Republik gegen die von der Kommission erhobene Rüge vorgebracht hat, gefolgt werden konnte, ist festzustellen, daß die Französische Republik ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung Nr. 6/85 dadurch verletzt hat, daß sie die Einhaltung der ihr für das Jahr 1985 zugeteilten Quoten für den Fang von Rotbarsch und Plattfisch in den Gewässern der Färöer nicht sichergestellt hat.

Zu den Nebenrügen

35 In ihrer Klageschrift wirft die Kommission der Französischen Republik ferner vor, sie habe ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 1 Absätze 1 und 2, 6 bis 9 und 10 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2057/82 und aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 verletzt.

36 Hierzu ist festzustellen, daß die Kommission sich auf das Vorbringen beschränkt hat, allein schon die Quotenüberschreitung lasse erkennen, daß die genannten Bestimmungen nicht beachtet worden seien. Dagegen hat sie zur Stützung ihrer Klage keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die die Feststellung tragen könnten, daß die Französische Republik die ihr nach den genannten Vorschriften obliegenden Verpflichtungen nicht erfuellt habe.

37 Nach ständiger Rechtsprechung ( vgl. das Urteil vom 5. Oktober 1989 in der Rechtssache 290/87, Kommission/Niederlande, Slg. 1989, 0000 ) ist die Kommission im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 169 EWG-Vertrag verpflichtet, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen, und kann sich nicht auf irgendeine Vermutung stützen, um das Vorliegen der Verletzung gemeinschaftsrechtlicher Pflichten durch einen Mitgliedstaat zu belegen.

38 Unter diesen Umständen sind die Nebenrügen der Kommission zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

39 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 6/85 des Rates vom 19. Dezember 1984 zur Aufteilung der Fangquoten für in den Gewässern der Färöer fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten verstossen, daß sie die Einhaltung der ihr für das Jahr 1985 zugeteilten Quoten für den Fang von Rotbarsch und Plattfisch in den Gewässern der Färöer nicht sichergestellt hat.

2 ) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3 ) Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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