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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 24.09.2002
Aktenzeichen: C-74/00 P
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Nach Artikel 49 Absatz 2 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes kann ein Rechtsmittel von anderen Streithelfern als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane eingelegt werden, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt. Eine natürliche oder juristische Person, die in einem Verfahren im ersten Rechtszug als Streithelfer nach Artikel 34 Absatz 1 dieser zugelassen worden ist, braucht daher, um gegen eine in diesem Verfahren erlassene Entscheidung des Gerichts ein Rechtsmittel einzulegen, nicht nachzuweisen, dass sie ein Unternehmen im Sinne von Artikel 80 EGKS-Vertrag ist, das gegebenenfalls zur Erhebung einer Klage nach Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag berechtigt wäre.

Jedoch bedeutet der abweichende Wortlaut des besagten Artikels 49 Absatz 2 gegenüber Artikel 34 Absatz 1 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes, wonach natürliche und juristische Personen für ihre Zulassung als Streithelfer nur ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits nachweisen müssen, dass die Erfuellung dieser letztgenannten Voraussetzung und die Zulassung als Streithelfer im ersten Rechtszug noch nicht genügen, um ein Rechtsmittel einlegen zu können, sondern dass der Betreffende darüber hinaus durch die Entscheidung des Gerichts unmittelbar berührt sein muss.

( vgl. Randnrn. 53-55 )

2. Im Stadium der Prüfung, das Artikel 6 Absatz 4 des durch die Entscheidung Nr. 3855/91 geschaffenen Fünften Stahlbeihilfenkodex vorsieht und für das hinsichtlich der Einbeziehung der Beteiligten in das Verfahren ähnliche Regeln gelten wie nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG), hat die Kommission die Beteiligten zur Stellungnahme aufzufordern.

Die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ist ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens. Diese Mitteilung dient dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen. Ein solches Verfahren gibt außerdem den anderen Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen die Gewähr, ihre Auffassung vortragen zu können

Im Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen haben andere Beteiligte als der für die Gewährung der Beihilfe verantwortliche Mitgliedstaat jedoch selbst keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten des Letzteren eingeleitet wird. Für das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen, darunter das Verfahren nach dem Fünften Stahlbeihilfenkodex, besteht keine Vorschrift, die dem Beihilfenempfänger eine besondere Stellung unter den Beteiligten zuwiese, da das Verfahren kein Verfahren gegen ihn ist, das es mit sich brächte, dass er so umfassende Rechte wie die Verteidigungsrechte als solche beanspruchen könnten.

( vgl. Randnrn. 79-80, 82-83 )

3. Anders als Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG), der staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, nur erfasst, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, gilt Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag einfach für sämtliche von Staaten gewährte Beihilfen gleich welcher Art.

Bereits dieser eindeutige Unterschied zwischen den Bestimmungen des EGKS-Vertrags und denen des EG-Vertrags belegt hinreichend, dass die Mitgliedstaaten für staatliche Beihilfen nicht die gleichen Regeln und den gleichen Bereich gemeinschaftlichen Tätigwerdens festlegen wollten, und dass eine Beihilfe, um unter Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag zu fallen, nicht notwendig Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb haben muss.

Dass die Kommission auf der Grundlage von Artikel 95 EGKS-Vertrag mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden Ausschusses Vorschriften für eine Genehmigung bestimmter Beihilfen im Geltungsbereich des EGKS-Vertrags erlassen hat, kann die Definition der Beihilfe im Sinne von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag nicht ändern.

( vgl. Randnrn. 101-103 )

4. Anders als die Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen, die der Kommission die ständige Befugnis verleihen, über deren Zulässigkeit zu entscheiden, erkennen die Stahlbeihilfenkodexe der Kommission diese Befugnis nur für einen jeweils begrenzten Zeitraum zu. Deshalb kann die Kommission, wenn bei ihr Beihilfen, deren Genehmigung nach einem bestimmten Kodex die Mitgliedstaaten wünschen, nicht innerhalb der von diesem Kodex vorgeschriebenen Anmeldungsfrist angemeldet werden, über die Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit diesem Kodex nicht mehr entscheiden. Dass die Kommission oder ihre Dienststellen unter bestimmten Umständen möglicherweise die gegenteilige Auffassung eingenommen haben, steht dem nicht entgegen. Im Übrigen kann die Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt im Zusammenhang mit den Stahlbeihilfenkodexen nur nach den Vorschriften beurteilt werden, die im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Auszahlung gelten.

( vgl. Randnrn. 115-117 )

5. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Gemeinschaft auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, wobei ausnahmsweise anderes dann gelten kann, wenn das angestrebte Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird. Ferner sind die Vorschriften des materiellen Gemeinschaftsrechts, um die Beachtung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu gewährleisten, so auszulegen, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nur gelten, soweit aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist.

Was den Fünften Stahlbeihilfenkodex anbelangt, so sieht keine seiner Bestimmungen seine rückwirkende Geltung vor. Aus der Systematik und den Zwecken der nacheinander erlassenen Beihilfenkodexe lässt sich außerdem schließen, dass jeder der Kodexe Regeln, mit denen die Stahlindustrie auf die in den Artikeln 2, 3 und 4 EGKS-Vertrag niedergelegten Zwecke hin ausgerichtet werden soll, jeweils nach Maßgabe der Bedürfnisse in einem bestimmten Zeitraum aufstellt. Es entspräche daher nicht der Systematik und den Zwecken dieser Art von Regelungen, wenn Vorschriften, die wegen der dann gegebenen Sachlage für einen bestimmten Zeitraum erlassen werden, auf Beihilfen angewandt würden, die schon vorher ausgezahlt wurden.

( vgl. Randnrn. 119-120 )

6. Eine Verjährungsfrist muss, um ihrer Funktion gerecht werden zu können, im Voraus festgelegt sein, und die Festlegung einer solchen Frist und der Einzelheiten ihrer Anwendung fällt in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers. Dieser hat aber auf dem Gebiet der Kontrolle von nach dem EGKS-Vertrag gewährten Beihilfen keine Verjährungsfrist vorgesehen.

Die Kommission ist jedoch auch bei Fehlen entsprechender Vorschriften durch das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit daran gehindert, unbegrenzt lange zu warten, ehe sie von ihren Befugnissen Gebrauch macht.

( vgl. Randnrn. 139-140 )

7. Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) gibt der Kommission, wenn sie die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt feststellt und entscheidet, dass der betreffende Staat sie aufzuheben oder umzugestalten hat, die Befugnis, die Rückforderung der Beihilfe anzuordnen, wenn diese unter Verletzung des Vertrages gewährt wurde; hierdurch wird die praktische Wirksamkeit der Aufhebung oder der Umgestaltung sichergestellt. Die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten staatlichen Beihilfe zwecks Wiederherstellung der früheren Lage kann grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die in keinem Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen stuende.

Die vorherige Lage wird indessen naturgemäß nur dann annähernd wiederhergestellt, wenn der zurückzuzahlende Beihilfenbetrag vom Zeitpunkt der Auszahlung der Beihilfe an zu verzinsen ist und wenn die angewandten Zinssätze den marktüblichen Zinssätzen entsprechen. Andernfalls verbliebe dem Empfänger zumindest ein Vorteil, der der kostenlosen Verfügung über Barmittel oder einem vergünstigten Darlehen entspräche. Die Empfänger von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfen können deshalb nicht geltend machen, sie hätten nicht damit zu rechnen brauchen, dass die Kommission die Rückforderung der Beihilfen mit einer Verzinsung, die so genau wie möglich die auf dem Kapitalmarkt verlangte Zinshöhe widerspiegelt, anordnen würde.

Dabei ist das im nationalen Recht vorgesehene Verfahren für die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge nur anzuwenden, soweit gemeinschaftsrechtliche Vorschriften nicht bestehen. Mit ihrer Befugnis, die Wiederherstellung der vorherigen Lage anzuordnen, verfügt die Kommission - vorbehaltlich der Kontrolle durch die Gemeinschaftsgerichte, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliegt - aber auch über die Befugnis zur Festsetzung eines Zinssatzes, der diese Wiederherstellung ermöglicht.

( vgl. Randnrn. 157, 159-161 )

8. Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen ist aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei deren Erlass verfügte.

Enthält dabei die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Stahlbeihilfenkodex eine hinreichende vorläufige Beurteilung der Kommission, in deren Rahmen die Gründe erläutert sind, aus denen sie Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt hegt, so ist es Sache des betroffenen Mitgliedstaats und gegebenenfalls des Beihilfenempfängers, die Gesichtspunkte vorzutragen, die die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt belegen, sowie gegebenenfalls ferner spezielle Umstände, die die Rückzahlung bereits gewährter Beihilfen betreffen, falls die Kommission deren Rückforderung angeordnet hat.

( vgl. Randnrn. 168, 170 )

9. Wenn ein Unternehmen, das eine Beihilfe erhalten hat, zum Marktpreis verkauft wurde, so spiegelt der Kaufpreis grundsätzlich die Auswirkungen der zuvor gewährten Beihilfe wider, und der Verkäufer dieses Unternehmens bleibt wegen des von ihm erlangten Kaufpreises Nutznießer der Beihilfe. Unter diesen Umständen ist es nicht ungewöhnlich, dass die etwaige Rückzahlung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe, die einem anschließend veräußerten Unternehmen gewährt wurde, letztlich vom Verkäufer zu tragen ist, in Bezug auf den bei dieser Sachlage keine Sanktion vorliegt.

( vgl. Randnrn. 180-181 )


Urteil des Gerichtshofes vom 24. September 2002. - Falck SpA und Acciaierie di Bolzano SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - EGKS-Regelung - Rechte des Beihilfenempfängers - Anwendungsbereich: Kein Erfordernis einer Beeinträchtigung des Handels und des Wettbewerbs - Zeitlicher Anwendungsbereich der verschiedenen Kodexe - Zinssatz bei Rückzahlung rechtswidriger Beihilfen. - Verbundene Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P

Falck SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Prozeßbevollmächtigte: G. Macrì, M. Condinanzi und F. Colussi, avvocati, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

Acciaierie di Bolzano SpA mit Sitz in Bozen (Italien), Prozeßbevollmächtigter: B. Nascimbene, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerinnen

betreffend zwei Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Fünfte erweiterte Kammer) vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T-158/96 (Acciaierie di Bolzano/Kommission, Slg. 1999, II-3927),

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. di Bucci und K.-D. Borchardt als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

und

Italienische Republik, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von D. Del Gaizo, avvocato dello Stato,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric, des Kammerpräsidenten S. von Bahr sowie der Richter D. A. O. Edward, A. La Pergola, J.-P. Puissochet (Berichterstatter), M. Wathelet, V. Skouris und J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: S. Alber

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 4. Dezember 2001, in der die Falck SpA durch G. Macrì und M. Condinanzi, die Acciaierie di Bolzano SpA durch B. Nascimbene, die Italienische Republik durch Herrn Fiorilli, avvocato dello Stato, und die Kommission durch V. Di Bucci vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Februar 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Falck SpA (im Folgenden: Falck) und die Acciaierie di Bolzano SpA (im Folgenden: ACB) haben mit Rechtsmittelschriften, die am 2. März 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T-158/96 (Acciaierie di Bolzano/Kommission, Slg. 1999, II-3927, im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht die Klage von ACB auf Nichtigerklärung der Entscheidung 96/617/EGKS der Kommission vom 17. Juli 1996 über Beihilfen der autonomen Provinz Bozen (Italien) an das Stahlunternehmen Acciaierie di Bolzano (ABl. L 274, S. 30, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) abgewiesen hat.

2 Der Präsident des Gerichtshofes hat die Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P mit Beschluss vom 10. Mai 2000 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

I - Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt

A - Rechtlicher Rahmen

3 Im angefochtenen Urteil wird der rechtliche Rahmen wie folgt erläutert:

1 Artikel 4 EGKS-Vertrag bestimmt:

,Als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl werden innerhalb der Gemeinschaft gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags aufgehoben und untersagt:

...

c) von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen oder von ihnen auferlegte Sonderlasten, in welcher Form dies auch immer geschieht.

2 Artikel 95 Absätze 1 und 2 EGKS-Vertrag lautet:

,In allen in diesem Vertrag nicht vorgesehenen Fällen, in denen eine Entscheidung oder Empfehlung der Kommission erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2, 3 und 4 näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft auf dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß Artikel 5 zu erreichen, kann diese Entscheidung oder Empfehlung mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden Ausschusses ergehen.

Die gleiche, in derselben Form erlassene Entscheidung oder Empfehlung bestimmt gegebenenfalls die anzuwendenden Sanktionen.

3 Um den Erfordernissen einer Umstrukturierung der Eisen- und Stahlindustrie gerecht zu werden, erließ die Kommission auf der Grundlage des Artikels 95 EGKS-Vertrag zu Beginn der achtziger Jahre eine gemeinschaftliche Regelung, mit der in bestimmten, abschließend aufgezählten Fällen staatliche Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie zugelassen wurden. Diese Regelung wurde später mehrfach geändert, um den konjunkturellen Schwierigkeiten der Eisen- und Stahlindustrie zu begegnen. Die verschiedenen in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden gemeinhin als ,Stahlbeihilfenkodexe bezeichnet.

4 Den Ersten Stahlbeihilfenkodex bildet die Entscheidung Nr. 257/80/EGKS der Kommission vom 1. Februar 1980 zur Einführung von gemeinschaftlichen Regeln über spezifische Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 29, S. 5). Dieser Kodex galt bis zum 31. Dezember 1981. Er wurde ersetzt durch die Entscheidung Nr. 2320/81/EGKS der Kommission vom 7. August 1981 zur Einführung gemeinschaftlicher Regeln für Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 228, S. 14) in der Fassung der Entscheidung Nr. 1018/85/EGKS der Kommission vom 19. April 1985 (ABl. L 110, S. 5; im Folgenden: Zweiter Kodex). Dieser Kodex galt bis zum 31. Dezember 1985.

5 Der Dritte Stahlbeihilfenkodex (Entscheidung Nr. 3484/85/EGKS der Kommission vom 27. November 1985 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften für die Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie, ABl. L 340, S. 1; im Folgenden: Dritter Kodex) galt vom 1. Januar 1986 bis 31. Dezember 1988. Der Vierte Stahlbeihilfenkodex (Entscheidung Nr. 322/89/EGKS der Kommission vom 1. Februar 1989 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie, ABl. L 38, S. 8) galt vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1991.

6 Der Fünfte Stahlbeihilfenkodex, der durch die Entscheidung 3855/91/EGKS der Kommission vom 27. November 1991 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 362, S. 57; im Folgenden: Fünfter Kodex) geschaffen wurde, galt vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996. Er wurde am 1. Januar 1997 durch die Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 338, S. 42) abgelöst, die den Sechsten Stahlbeihilfenkodex bildet."

B - Vorgeschichte

4 Zum Sachverhalt lassen sich dem Tatbestand des angefochtenen Urteils und den Akten folgende Angaben entnehmen:

7 Die Klägerin, die Acciaierie di Bolzano..., ist ein Unternehmen, das Spezialstahlerzeugnisse herstellt, die unter der Kennzahl 4400 der Anlage I zum EGKS-Vertrag aufgeführt sind und damit unter dessen Vorschriften fallen. Bis zum 31. Juli 1995 wurde die ACB von dem Stahlkonzern Falck SpA, einer Gesellschaft italienischen Rechts..., kontrolliert. Zu diesem Zeitpunkt wurde die klagende Gesellschaft an die Valbruna Srl veräußert.

8 Mit Schreiben vom 5. Juli 1982 unterrichtete die Kommission die italienische Regierung von ihrem Beschluss, die Regelung regionaler Beihilfen zu genehmigen, die durch das Gesetz Nr. 25/81 der autonomen Provinz Bozen vom 8. September 1981 über Finanzzuwendungen an die Industrie (im Folgenden: Provinzgesetz Nr. 25/81) eingeführt worden war. In dem Schreiben wies die Kommission jedoch darauf hin, dass sie auch über die sektorielle Anwendung des in diesem Bereich einschlägigen nationalen Gesetzes Nr. 675 vom 12. August 1977 zur Koordinierung der Industriepolitik und zur Restrukturierung, Umwandlung und Entwicklung des Sektors (1/a) (im Folgenden: nationales Gesetz Nr. 675/77) zu entscheiden habe und sich deshalb nach Maßgabe der von ihr auf nationaler Ebene noch zu treffenden Entscheidung eine nähere Festlegung der Bedingungen vorbehalte, die für die Durchführung der Regelung in der Provinz Bozen gelten sollten. Sie wies außerdem darauf hin, dass die Behörden der Provinz Bozen in vollem Umfang die Vorschriften der gemeinschaftlichen Stahlbeihilfenkodexe einzuhalten hätten.

..."

5 Im September 1982 wurde der Kommission ein Plan zur Umstrukturierung von Falck notifiziert. Der Plan sah Industrieinvestitionen in Höhe von 40 Milliarden ITL vor.

6 Mit Schreiben vom 3. November 1982 und vom 5. November 1986 unterrichtete die Provinz Bozen die Kommission über vier Fälle der Gewährung von Beihilfen gemäß dem Provinzgesetz Nr. 25/81 im Textilsektor und fragte an, ob die Einzelfälle der Anwendung dieses Gesetzes notifiziert werden müssten. Die Kommission ließ diese Schreiben unbeantwortet.

7 Mit Beschluss Nr. 784 vom 14. Februar 1983 entschied die Provinz Bozen, ACB auf der Grundlage des Provinzgesetzes Nr. 25/81 ein vergünstigtes Darlehen und einen nicht rückzahlbaren Zuschuss zu gewähren. Diese Entscheidung betraf ein Darlehen von 6,5 Milliarden ITL und einen Zuschuss von 8 Milliarden ITL mit Staffelung über zehn Jahre.

8 Mit einer auf die Notifizierung des Umstrukturierungsplans von Falck hin gemäß dem Zweiten Kodex erlassenen Entscheidung vom 25. Mai 1983 genehmigte die Kommission eine Beihilfe in Höhe von 2 Milliarden ITL in Form einer Zinsverbilligung eines Darlehens in Höhe von 6 Milliarden ITL zugunsten von ACB, das der Finanzierung von Investitionen in Höhe von etwa 23 Milliarden ITL dienen sollte.

9 Mit dem Beschluss Nr. 3082 vom 1. Juli 1985 entschied die Provinz Bozen, ACB auf der Grundlage des Provinzgesetzes Nr. 25/81 ein neues Darlehen in Höhe von 12,941 Milliarden ITL zu gewähren. Mit dem Beschluss Nr. 6346 vom 3. Dezember 1985 gewährte die Provinz dem Unternehmen auf der gleichen Rechtsgrundlage einen Zuschuss in Höhe von 10,234 Milliarden ITL.

10 Mit den Beschlüssen Nrn. 7673, 2429 und 4158 vom 14. Dezember 1987 und 2. Mai und 4. Juli 1988 entschied die Provinz Bozen, ACB weiterhin auf der Grundlage des Provinzgesetzes Nr. 25/81 folgende Zuwendungen zu gewähren:

- ein Darlehen in Höhe von 13,206 Milliarden ITL, wovon 6,321 Milliarden im März 1988 und 987 Millionen im Januar 1989 ausgezahlt wurden;

- einen Zuschuss in Höhe von 6,919 Milliarden ITL, wovon nach der angefochtenen Entscheidung nur 3,750 Milliarden ausgezahlt wurden;

- ein Darlehen und einen Zuschuss, die sich nach der angefochtenen Entscheidung auf 987 und 650 Millionen ITL beliefen.

11 Am 26. Juli 1988 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um Auskunft über ein Darlehen in Höhe von 6 Milliarden ITL, das ACB im Dezember 1987 gewährt worden sei. Mit Schreiben vom 22. März 1989 unterrichtete die Kommission die italienischen Stellen über ihre Entscheidung, das Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Dritten Kodex einzuleiten, und forderte sie zur Stellungnahme auf.

12 Am 25. Juli 1990 erließ die Kommission wegen der im vorgenannten Darlehen enthaltenen Beihilfe die Entscheidung 91/176/EGKS über die von der Provinz Bozen für das Stahlwerk Bozen gewährten Beihilfen (ABl. L 86, S. 28). Artikel 1 dieser Entscheidung bestimmt:

Die Zinsverbilligung eines im Dezember 1987 dem Unternehmen Acciaierie di Bolzano von der Provinz Bozen in Italien in Anwendung des Provinzgesetzes Nr. 25 vom 8. September 1981 gewährten Darlehens ist eine unrechtmäßig gewährte Beihilfe, weil sie ohne vorherige Genehmigung der Kommission durchgeführt worden und außerdem mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne der Entscheidung Nr. 3484/85/EGKS [Dritter Kodex] unvereinbar ist."

13 Die Kommission verlangte in dieser Entscheidung allerdings nicht die Erstattung der bereits gezahlten Beträge, sondern gab den Behörden der Provinz Bozen nur auf, die Zinsverbilligung der Jahresraten des streitigen Darlehens bis zu dessen Auslaufen einzustellen. Nachdem die italienischen Behörden geltend gemacht hatten, dass das Darlehen durch die Entscheidung vom 25. Mai 1983 genehmigt worden sei, räumte die Kommission nämlich ein, dass sie in jener Entscheidung nach dem Zweiten Kodex eine Beihilfe in Höhe von 2 Milliarden ITL in Form eines vergünstigten Darlehens an ACB genehmigt habe. Da diese Beihilfe jedoch nach dem Zweiten Kodex genehmigt worden sei, hätte sie zwingend bis zum 31. Dezember 1985 ausgezahlt werden müssen; da sie aber erst später ausgezahlt worden sei, falle sie nicht mehr unter die genannte Genehmigung. Da die Kommission den Beihilfenkodex anwenden müsse, der im Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens in Kraft gewesen sei, also den Dritten Kodex, sei ihr wegen der Vorschriften des Dritten Kodex eine Genehmigung der fraglichen Beihilfe nicht mehr möglich, und diese sei deshalb unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl (im Folgenden: Gemeinsamer Markt). Die Kommission hob weiterhin hervor, dass sie in ihrer Entscheidung vom 5. Juli 1982 über die Anwendung der mit dem Provinzgesetz Nr. 25/81 eingeführten Regionalbeihilfenregelung klar darauf hingewiesen habe, dass Fälle der Anwendung zugunsten der Stahlindustrie notifiziert werden müssten. Da jedoch die streitige Beihilfe ursprünglich mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen und nur wegen ihrer verspäteten Gewährung, die auf der Zuständigkeitsverteilung zwischen den nationalen Behörden und der Provinz Bozen beruhe, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar geworden sei, erscheine es gerechtfertigt, von einer Anordnung der Rückforderung der bis dahin gewährten Beihilfe abzusehen.

14 Auf eine förmliche Beschwerde ersuchte die Kommission am 21. Dezember 1994 die italienischen Behörden um Auskunft über öffentliche Zuschüsse zugunsten von ACB. Die italienische Regierung antwortete hierauf mit Schreiben vom 6. April und 2. Mai 1995.

15 Mit Schreiben vom 1. August 1995 unterrichtete die Kommission die italienische Regierung, dass sie hinsichtlich aller Maßnahmen aufgrund der oben in den Randnummern 7, 9 und 10 genannten Beschlüsse der Provinz Bozen die Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex beschlossen habe, und ersuchte sie um Stellungnahme. Der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde am 22. Dezember 1995 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 344, S. 8; im Folgenden: Beschluss über die Einleitung des Verfahrens) veröffentlicht; den anderen Mitgliedstaaten und interessierten Dritten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

16 Mit Schreiben vom 18. Januar 1996 beantragte ACB als interessierte Dritte bei der Kommission, in dem eingeleiteten Verfahren hinzugezogen und angehört zu werden. Nachdem dieses Schreiben ohne Antwort geblieben war, bat die Rechtsmittelführerin mit einem zweiten Schreiben vom 28. März 1996 um Auskunft über den Verfahrensstand und insbesondere auch darüber, ob es die Kommission als ihre Pflicht ansehe, die Rechtsmittelführerin anzuhören oder bei ihr Informationen einzuholen.

17 Der Kommission gingen Stellungnahmen von Stahlherstellerverbänden zu, die sie mit Schreiben vom 20. Februar 1996 an die italienischen Behörden weiterleitete. Diese gaben mit Schreiben an die Kommission vom 27. März 1996 ihre eigene Stellungnahme ab. Am 17. Juli 1996 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

18 Im dritten Absatz des Abschnitts I der Begründung der angefochtenen Entscheidung werden die staatlichen Zuwendungen aufgelistet, die ACB im Zeitraum 1982 bis 1990 gemäß dem Provinzgesetz Nr. 25/81 von der Provinz Bozen gewährt worden seien. Die Kommission hat im Verfahren vor dem Gericht richtiggestellt, dass das mit dem Beschluss Nr. 784 der Provinz Bozen vom 14. Februar 1983 gewährte Darlehen 6,5 Milliarden ITL und nicht, wie irrtümlich in der angefochtenen Entscheidung angegeben, 5,6 Milliarden ITL betragen habe. Jedenfalls sei bereits im zweiten Absatz des Abschnitts IV der Begründung der angefochtenen Entscheidung von der Kommission darauf hingewiesen worden, dass dieses Darlehen bereits Gegenstand der Entscheidung 91/176 gewesen und deshalb von der angefochtenen Entscheidung nicht betroffen sei. Im Abschnitt I der Begründung der angefochtenen Entscheidung heißt es weiter, dass die fraglichen Beihilfen zum einen als Darlehen in der Gesamthöhe von 25,849 Milliarden ITL (12,025 Millionen ECU) mit einer Laufzeit von 10 Jahren und zum Zinssatz von 3 % - d. h. zu einer um rund 9 Prozentpunkte unter dem in Italien seinerzeit marktüblichen Satz liegenden Verzinsung - und zum anderen als verlorene, also nicht rückzahlbare Zuschüsse in der Gesamthöhe von 22,634 Milliarden ITL (10,5 Millionen ECU) gewährt worden seien.

19 Die Kommission war der Auffassung, dass die bis zum 31. Dezember 1985 gewährten Beihilfen selbst bei ihrer Prüfung auf der Grundlage des Zweiten Kodex nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten. Nach Artikel 2 Absatz 1 des Zweiten Kodex könnten Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie nur als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar angesehen werden, wenn das begünstigte Unternehmen ein Umstrukturierungsprogramm durchführe, das geeignet sei, seine Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität ohne Beihilfen unter normalen Marktbedingungen wiederherzustellen, und das einen Abbau der Produktionskapazität des Unternehmens bewirke. Im gegebenen Fall sei jedoch keine dieser beiden Bedingungen erfuellt.

20 Die Kommission wies sodann darauf hin, dass der beim Erlass der Entscheidung geltende Fünfte Stahlbeihilfenkodex alle bestehenden Ausnahmen von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag aufführe, nämlich Beihilfen zur Deckung der Kosten von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, Umweltschutzbeihilfen und Schließungsbeihilfen. Diese Ausnahmen griffen aber im zu beurteilenden Fall nicht ein.

21 Jedoch berücksichtigte die Kommission bei den bis zum 31. Dezember 1985 gewährten öffentlichen Zuwendungen besondere Umstände, die bei den italienischen Behörden einen Irrtum über die Regelung, nach der die fraglichen Beihilfen anzumelden gewesen seien, bewirkt haben könnten. Insbesondere berücksichtigte die Kommission, dass sie die Schreiben der Provinz Bozen zur Notifizierung der ersten vier Anwendungsfälle des Provinzgesetzes Nr. 25/81 nicht beantwortet hatte, sowie etwaige Missverständnisse hinsichtlich der Zuständigkeitsverteilung zwischen den nationalen Behörden und den Provinzbehörden im Zusammenhang mit den Notifizierungen der Stahlbeihilfen. Demgemäß verlangte die Kommission keine Rückforderung der bis zum 31. Dezember 1985 gewährten Beihilfen.

22 Die angefochtene Entscheidung bestimmt:

Artikel 1

Die Beihilfemaßnahmen, die das Unternehmen Acciaierie di Bolzano gemäß dem Provinzgesetz Nr. 25/81 in Anspruch genommen hat, wurden unrechtmäßig, da ohne vorherige Notifizierung gewährt und sind nach Artikel 4 Buchstabe c) EGKS-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

Italien fordert die Beihilfen, die dem Unternehmen Acciaierie di Bolzano seit 1. Januar 1986 auf der Grundlage des Provinzgesetzes Nr. 25/81 sowie der Beschlüsse Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987, Nr. 2429 vom 2. Mai 1988 und Nr. 4158 vom 4. Juli 1988 gewährt wurden, gemäß den in Italien geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Einziehung staatlicher Forderungen zurück. Als Ausgleich für die Auswirkungen der fraglichen Beihilfen erfolgt die Rückzahlung einschließlich Zinsen ab dem Zeitpunkt der Gewährung bis zur vollständigen Rückzahlung und in Höhe des Zinssatzes, den die Kommission bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen in dem betreffenden Zeitraum zugrunde gelegt hat.

..."

II - Verfahren, Anträge, Klagegründe vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

A - Verfahren vor dem Gericht

23 Vor diesem Hintergrund hat ACB mit am 12. Oktober 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung beantragt. Mit Beschluss des Präsidenten der Vierten erweiterten Kammer vom 11. Juli 1997 sind Falck und die Italienische Republik zur Unterstützung der Anträge der Klägerin als Streithelferinnen zugelassen worden.

24 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, einige Verfahrensbeteiligte im Wege verfahrensleitender Maßnahmen um schriftliche Beantwortung von Fragen und die Vorlage von Schriftstücken zu ersuchen. Es hat insbesondere die Kommission aufgefordert, in Kopie das ihr zugesandte Schreiben der italienischen Behörden vom 27. März 1996 vorzulegen, mit dem diese auf die Entscheidung der Kommission über die Verfahrenseröffnung reagiert hatten.

25 Die Kommission hat dem Gericht geantwortet, dass dieses Schreiben von den italienischen Behörden stamme und vertrauliche Informationen über den Beihilfenempfänger enthalte. Das Schreiben sei deshalb von oder jedenfalls mit Zustimmung der italienischen Regierung, die sie von dieser einholen werde, vorzulegen. Eine Anlage des Schreibens sei außerdem ein interner Vermerk des Juristischen Dienstes der Kommission. Die Kommission werde nachprüfen, wie dieser Vermerk verbreitet worden sei. Grundsätzlich lehne sie die Vorlage interner Schriftstücke durch Dritte ab, die diese Dokumente nicht ordnungsgemäß erhalten hätten.

26 Daraufhin hat das Gericht die Kommission aufgefordert, das Schreiben vom 27. März 1996 in der mündlichen Verhandlung vorzulegen, und zwar je nach Stellungnahme der italienischen Behörden entweder in der Originalfassung oder in einer nicht vertraulichen Fassung. Allerdings erließ es das Gericht der Kommission, auch den beigefügten Vermerk ihres Juristischen Dienstes vorzulegen.

27 In der Sitzung vom 25. März 1999 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

28 Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hat die Kommission das Schreiben vom 27. März 1996 mit den Anlagen außer Anlage 3, dem Vermerk des Juristischen Dienstes, vorgelegt. Wegen des Umfangs des Dokuments sind zunächst nur das Schreiben und seine Anlage 1 verteilt worden, während die übrigen Seiten in der Kanzlei des Gerichts eingesehen werden konnten. Nach den Plädoyers ist die Sitzung für 20 Minuten unterbrochen worden. Danach ist die Tabelle A der Anlage 5 des Schreibens verteilt worden, und sodann wurde die Sitzung fortgesetzt. Nach einer weiteren Unterbrechung der Sitzung für eine Stunde sind auch die Tabellen B, C und D der Anlage 5 und die Anlagen 6 und 7 verteilt worden. Die Sitzung wurde dann fortgesetzt, bis der Präsident der Fünften erweiterten Kammer das mündliche Verfahren für geschlossen erklärt hat.

B - Die Anträge und Klagegründe im Verfahren vor dem Gericht und das angefochtene Urteil

29 ACB hat in der Sache beantragt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären oder hilfsweise festzustellen, dass eine Rückforderungspflicht für die nach dem 1. Januar 1986 gewährten Beihilfen nicht bestehe. Die Kommission hat beantragt, die Klage abzuweisen. ACB stützte ihre Anträge im Wesentlichen auf sechs Klagegründe.

30 Sie hat erstens eine Verletzung der Rechte der Verteidigung gerügt. So sei ihr trotz ihrer Schreiben vom 18. Januar und 28. März 1996, mit denen sie ihre Hinzuziehung zum Verfahren beantragt habe, diese Möglichkeit von der Kommission nicht eröffnet und insbesondere die Akteneinsicht versagt worden.

31 Das Gericht hat diesen Klagegrund aus den Erwägungen, die in den Randnummern 42 bis 47 des angefochtenen Urteils enthalten sind, zurückgewiesen; es hielt die Verteidigungsrechte für nicht verletzt.

32 Mit ihrem zweiten Nichtigkeitsgrund hat ACB einen Rechtsfehler beanstandet, der in einer rückwirkenden Anwendung von Gemeinschaftsvorschriften liege. Die angefochtene Entscheidung sei, obgleich unklar gefasst, offenbar auf den im Zeitpunkt ihres Erlasses geltenden Stahlbeihilfenkodex gestützt worden, während richtigerweise der im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung, mit der die Beihilfe gewährt worden sei, oder zumindest der bei der tatsächlichen Auszahlung der Beihilfe geltende Stahlbeihilfenkodex anzuwenden gewesen wäre. Es bestehe auch eine Unstimmigkeit zwischen der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung 91/176, die auf den im Zeitpunkt der Beihilfenzahlung geltenden Kodex gestützt worden sei, sowie der Verwaltungspraxis der Kommission, die in Beihilfesachen die bei Gewährung der Beihilfe geltenden Vorschriften anzuwenden pflege. Dies verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. ACB hat weiter im Wesentlichen gerügt, dass die Kommission etliche Jahre nach der Gewährung der Beihilfen nicht mehr deren Rückforderung verlangen dürfe.

33 Das Gericht hat auch diesen Klagegrund zurückgewiesen. Seine Begründung hierfür ist in den Randnummern 59 bis 69 des angefochtenen Urteils enthalten und fußt auf der Erwägung, dass hier, da die Beihilfen nicht angemeldet worden seien, allein der im Zeitpunkt des Erlasses der Kommissionsentscheidung geltende Stahlbeihilfenkodex anwendbar gewesen sei. Diese Auslegung verstoße nicht gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes oder eine etwaige, im gegebenen Fall aber nicht vorhandene Verjährungsfrist.

34 Mit ihrem dritten Klagegrund warf ACB der Kommission vor, sie habe, wie sich aus der Entwicklung des Sachverhalts ergebe, die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit, des guten Glaubens, des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit verletzt. Aus der Haltung der Kommission hätten ACB selbst wie auch die italienischen Behörden zu Recht schließen können, dass eine Anmeldung der Beihilfen nicht erforderlich sei. Überdies sei die Kommission ihrerseits erst verspätet tätig geworden, berücksichtige man die Daten der Beihilfegewährungen und den Umstand, dass auch die Entscheidung 91/176 erst nach Auszahlung sämtlicher Beihilfen erlassen worden sei. Dass so lange Zeit nach der Zahlung der Beihilfen ihre Rückforderung nebst Zinsen angeordnet worden sei, bedeute eine Sanktion, die nicht einfach nur auf eine Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen ziele.

35 Diesen Klagegrund hat das Gericht mit den Darlegungen in den Randnummern 83 bis 98 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen. Da die Beihilfen nicht angemeldet worden seien und da ACB weder das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände noch ein sorgfältiges Handeln ihrerseits, noch einen Verstoß gegen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit und des guten Glaubens belegt habe, verstoße die Anordnung, die Beihilfen verzinst zurückzufordern, nicht gegen die von ACB geltend gemachten Grundsätze und sei auch keine Sanktion.

36 ACB wendet sich viertens gegen die von der Kommission vorgenommene materiell-rechtliche Beurteilung der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt. Sie rügt zunächst, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, da sie nicht nachgeprüft habe, ob die Beihilfen eine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel hätten. Die Beihilfen kompensierten nur partiell jene Beihilfen, die staatlichen Stahlunternehmen gewährt würden. Schließlich sei es ein Beurteilungsfehler, dass die Kommission die ACB gewährten Beihilfen nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt habe, denn mit diesen seien Zwecke der Energieersparnis, des Umweltschutzes und einer Verbesserung der Betriebssicherheit, der Arbeitsbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verfolgt worden.

37 Falck hat ihrerseits ein Gutachten der Firma Arthur Andersen eingereicht, das belege, dass die vorgenommenen Investitionen zum großen Teil mit den Beihilfenkodexen vereinbar seien. Falck hat weiterhin geltend gemacht, dass die Kommission ein weiteres Mal über von der Entscheidung 91/176 bereits erfasste Beihilfen entschieden habe. Dabei handele es sich um die Beihilfen gemäß den Beschlüssen Nrn. 7673 vom 14. Dezember 1987 (Darlehen über 6,321 Milliarden ITL) und 4158 vom 4. Juli 1988 (Darlehen über 987 Millionen ITL); das letztgenannte Darlehen beruhe in Wirklichkeit auf dem Beschluss Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987. Außerdem seien der Kommission Fehler hinsichtlich der Höhe der Beihilfen gemäß den Beschlüssen Nrn. 2429 vom 2. Mai 1988 und 4158 vom 4. Juli 1988 unterlaufen.

38 Das Gericht hat diese Rügen mit der in den Randnummern 111 bis 141 des angefochtenen Urteils enthaltenen Begründung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die Beihilfen, um in den Geltungsbereich von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag zu fallen, nicht Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel zu haben brauchten. Auf der Grundlage der für sie verfügbaren Informationen sei die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die fraglichen Beihilfen nicht mit dem Fünften Kodex vereinbar seien, und habe demgemäß die zurückzufordernden Beihilfen festgelegt.

39 ACB rügt fünftens, dass der Zinssatz für die Rückzahlung der Beihilfen rechtlich fehlerhaft festgesetzt worden sei. Die angefochtene Entscheidung schreibe einen Zinssatz vor, der nicht bestimmbar und ohne Rechtsgrundlage sei, denn es handele sich um den Zinssatz, der bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen im fraglichen Zeitraum zugrunde gelegt werde. Richtigerweise hätte der Zinssatz aber nach nationalem Recht festgesetzt oder nach dem Marktzins für ihre Finanzierung, also nach dem Satz auf dem deutschen Markt, auf dem sie sehr aktiv sei, bemessen werden müssen.

40 Das Gericht hat diesen Klagegrund mit der in den Randnummern 148 bis 161 des angefochtenen Urteils enthaltenen Begründung zurückgewiesen. Nach seiner Auffassung wählte die Kommission zu Recht den in der angefochtenen Entscheidung genannten Zinssatz, der nach den nationalen Gegebenheiten und nicht nach dem deutschen Marktzins bemessen worden sei, nachdem ACB im Verwaltungsverfahren dazu nichts vorgetragen habe.

41 Sechstens hat ACB schließlich gerügt, dass die angefochtene Entscheidung einen Begründungsmangel enthalte. Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung ergebe sich weder, warum die Kommission den 31. Dezember 1985 als Stichtag für eine unterschiedliche Behandlung der vorher und anschließend gewährten Beihilfen gewählt habe, noch, aus welchen Gründen die Kommission den in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Zinssatz gewählt habe, vor allem im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit zwischen diesem Zinssatz und den von ACB erlangten Vorteilen.

42 Das Gericht hat diesen Klagegrund aus den in den Randnummern 167 bis 175 des angefochtenen Urteils niedergelegten Erwägungen zurückgewiesen. Es hielt die angefochtene Entscheidung im Kontext des Verwaltungsverfahrens und angesichts ihres Inhalts für zureichend begründet.

III - Die Rechtsmittel

43 Im Rahmen ihrer Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen, das Wortlautprotokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht zu den Akten des Rechtsmittelverfahrens zu nehmen, das angefochtene Urteil und die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Kommission die Kosten in beiden Rechtszügen aufzuerlegen. Hilfsweise beantragen sie, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und alle sich daraus ergebenden oder vom Gerichtshof für angezeigt erachteten Maßnahmen einschließlich Maßnahmen der Beweiserhebung zu erlassen.

44 Die italienische Regierung beantragt, den Rechtsmitteln stattzugeben und gemäß ihren erstinstanzlichen Anträgen das angefochtene Urteil vollständig aufzuheben sowie der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Hilfsweise beantragt sie, den Hilfsanträgen der Rechtsmittelführerinnen stattzugeben.

45 Die Kommission beantragt, drei von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegte Schriftstücke aus den Akten zu entfernen, die Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.

A - Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels von Falck

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

46 Die Kommission macht geltend, dass gemäß Artikel 49 Absatz 2 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane ein Rechtsmittel nur dann einlegen könnten, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berühre.

47 Zwar habe der Präsident der Vierten erweiterten Kammer durch Beschluss vom 11. Juli 1997 Falck mit der Begründung als Streithelferin beim Gericht zugelassen, dass Falck ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 34 Absatz 1 der EGKS-Satzung habe, weil sie wegen der Garantien, die sie der Valbruna Srl (im Folgenden: Valbruna) bei der Veräußerung von ACB gegeben habe, wegen der nach der angefochtenen Entscheidung zurückzuzahlenden Beihilfebeträge einer Rückgriffsklage von ACB oder Valbruna ausgesetzt sein könnte. Die Kommission meint, dies bedeute aber noch nicht, dass Falck durch die Entscheidung des Gerichts im Sinne von Artikel 49 Absatz 2 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes unmittelbar berührt werde. Nur wenn eine Rückgriffsklage von ACB oder Valbruna wirklich erhoben würde, wäre Falck vom angefochtenen Urteil betroffen. Das Urteil bestätige im Übrigen nur die bereits vorher bestehende Rechtslage und berühre daher als solches Falck nicht. Falck habe auch keinerlei im Verhältnis zu ACB eigenständiges Interesse.

48 Die Kommission führt noch einen zweiten Grund gegen die Zulässigkeit des von Falck eingelegten Rechtsmittels an. Mit bestimmten, hier nicht vorliegenden Ausnahmen könnten nämlich nur stahlerzeugende Unternehmen eine Klage gemäß Artikel 33 EGKS-Vertrag erheben. Da Falck aber kein Stahlunternehmen mehr sei, sei sie nicht mehr zur Anfechtung eines Urteils berechtigt, mit dem eine Nichtigkeitsklage zurückgewiesen worden sei, die sie nur als Streithelferin unterstützt habe.

49 Falck hält dem entgegen, das Gericht habe mit ihrer Zulassung als Streithelferin im ersten Rechtszug anerkannt, dass sie ein konkretes und gegenwärtiges Interesse am Verfahrensausgang habe und damit im Sinne von Artikel 49 Absatz 2 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes unmittelbar berührt sei; sie sei deshalb zur Einlegung des Rechtsmittels befugt.

Würdigung durch den Gerichtshof

50 Es ist zunächst das Argument der Kommission zu prüfen, wonach Falck, um ein Rechtsmittel einlegen zu können, ein klageberechtigtes Unternehmen im Sinne von Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag und damit eines der in Artikel 80 EGKS-Vertrag genannten Unternehmen sein, also noch eine Tätigkeit der Stahlproduktion innerhalb der Gemeinschaft ausüben müsse.

51 Artikel 33 EGKS-Vertrag regelt die Nichtigkeitsklagen gegen Entscheidungen und Empfehlungen der Kommission. Nach Absatz 2 dieses Artikels können Unternehmen im Sinne von Artikel 80 EGKS-Vertrag Klage gegen die sie individuell betreffenden Entscheidungen und Empfehlungen oder gegen die allgemeinen Entscheidungen und Empfehlungen erheben, die nach ihrer Ansicht einen Ermessensmissbrauch ihnen gegenüber darstellen. Gemäß Artikel 34 Absatz 1 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes können sich natürliche und juristische Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits haben, am Streit beteiligen.

52 Der in Artikel 34 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes genannte Personenkreis ist damit weiter als der gemäß Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag, und gegebenenfalls können auch Personen, die gegen eine Entscheidung oder eine Empfehlung der Kommission keine Klage erheben könnten, als Streithelfer in einem solchen Rechtsstreit zugelassen werden.

53 Nach Artikel 49 Absatz 2 der EGKS-Satzung kann ein Rechtsmittel von jeder Partei eingelegt werden, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. Jedoch können nach dieser Bestimmung andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane ein Rechtsmittel nur dann einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt.

54 Eine natürliche oder juristische Person, die in einem Verfahren im ersten Rechtszug als Streithelfer nach Artikel 34 Absatz 1 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes zugelassen worden ist, braucht daher, um gegen eine in diesem Verfahren erlassene Entscheidung des Gerichts ein Rechtsmittel einzulegen, nicht nachzuweisen, dass sie ein Unternehmen im Sinne von Artikel 80 EGKS-Vertrag ist, das gegebenenfalls zur Erhebung einer Klage nach Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag berechtigt wäre. Die Rüge der Kommission, das von Falck eingelegte Rechtsmittel sei unzulässig, weil Falck nicht mehr in der Stahlerzeugung tätig sei, ist deshalb unbegründet.

55 Jedoch können nach Artikel 49 Absatz 2 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes andere Streithelfer im ersten Rechtszug als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane gegen die Entscheidung des Gerichts nur Rechtsmittel einlegen, wenn diese sie unmittelbar berührt. Der abweichende Wortlaut dieser Bestimmung gegenüber Artikel 34 Absatz 1 der EGKS-Satzung, wonach natürliche und juristische Personen für ihre Zulassung als Streithelfer nur ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits nachweisen müssen, bedeutet, dass die Erfuellung dieser letztgenannten Voraussetzung und die Zulassung als Streithelfer im ersten Rechtszug noch nicht genügen, um ein Rechtsmittel einlegen zu können.

56 Es ist deshalb zweitens zu prüfen, ob Falck vom angefochtenen Urteil unmittelbar berührt wird.

57 Wie in Randnummer 34 des angefochtenen Urteils wiedergegeben, hat der Präsident der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts in dem Beschluss vom 11. Juli 1997, mit dem Falck als Streithelferin im ersten Rechtszug zugelassen wurde, festgestellt, dass Valbruna oder ACB wegen der ihnen von Falck bei der Veräußerung von ACB gegebenen Garantien, wenn die Klage abgewiesen [würde] und... es, wie in der Entscheidung der Kommission vorgesehen, zur Rückforderung der der Klägerin als Beihilfen gezahlten Beträge [käme],... nach [den Vereinbarungen über die Übertragung des Gesellschaftskapitals von ACB] gegen die Falck SpA eine Rückgriffsklage erheben" könnten.

58 Nach den gegebenen Umständen hat Falck daher möglicherweise vollständig die Rückzahlung der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannten Beträge zu leisten und muss zumindest, solange die Sache nicht endgültig beigelegt ist, die erforderlichen Dispositionen treffen, um gegebenenfalls diese finanzielle Belastung tragen zu können. Mit dem angefochtenen Urteil, das die Anträge von ACB und Falck zurückgewiesen hat, sind diese Situation und die sich aus ihr für Falck ergebenden Sachzwänge aufrechterhalten worden, während diese Zwänge, hätte das Gericht im gegenteiligen Sinne entschieden, entfallen wären. Falck wird daher von dem angefochtenen Urteil unmittelbar berührt und kann es deshalb mit einem Rechtsmittel anfechten.

B - Zu dem Antrag, bestimmte von ACB und Falck vorgelegte Schriftstücke aus den Akten zu entfernen

Vorbringen der Verfahrensbeteiligen

59 Die Kommission beantragt, drei von ACB und Falck als Anlagen zu ihren Rechtsmittelschriften vorgelegte Schriftstücke (Schriftstücke B6, B3 und B5) aus den Akten zu entfernen. Dabei handelt es sich um den (dem Schreiben der italienischen Behörden vom 27. März 1996 beigefügten) Vermerk des Juristischen Dienstes der Kommission, dessen Vorlage das Gericht der Kommission letztlich erließ, und um zwei Vermerke ohne Briefkopf, die ACB und Falck den Dienststellen der Kommission zuschreiben, während die Kommission behauptet, sie könne deren Natur und Urheberschaft nicht verifizieren. Die Kommission macht geltend, dass diese drei Vermerke schon im ersten Rechtszug als Anlagen zur Antwort von Falck auf die Fragen des Gerichts eingereicht worden seien und dass es sich - falls diese Vermerke ohne Briefkopf tatsächlich von ihren Dienststellen stammen sollten - um interne Dokumente handele, die außerhalb der Kommission nicht verbreitet werden dürften. Mit der Begründung, die Kommission habe ein Interesse am Schutz der Vertraulichkeit ihrer Entscheidungsfindung und es bleibe zweifelhaft, welcher Art zwei der drei Schriftstücke seien und ob sie mit rechtmäßigen Mitteln erlangt worden seien, beantragt die Kommission, diese Schriftstücke und daraus entnommene Zitate in den Rechtsmittelschriften aus den Akten zu entfernen.

Würdigung durch den Gerichtshof

60 Tatsächlich wurden die Schriftstücke, deren Entfernung aus den Akten die Kommission begehrt, im ersten Rechtszug von ACB als Anlagen ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts eingereicht. Zwar hat die Kommission der Aufforderung des Gerichts widersprochen, das Schreiben der italienischen Behörden vom 27. März 1996 vorzulegen, dem eines der fraglichen Schriftstücke - nämlich der Vermerk des Juristischen Dienstes der Kommission - beigefügt war, und weiterhin angekündigt, sie werde nachforschen, wie dieses Schriftstück in den Besitz der italienischen Behörden gelangt sei, sie hat aber beim Gericht nicht beantragt, die drei streitigen Schriftstücke nach ihrer Vorlage durch ACB aus den Akten zu entfernen.

61 Die fraglichen Schriftstücke gehören deshalb zu den dem Gerichtshof gemäß Artikel 111 § 2 seiner Verfahrensordnung übermittelten erstinstanzlichen Akten, und die Kommission kann nicht ihre Entfernung mit der Begründung verlangen, dass sie im Rahmen der Rechtsmittel erneut vorgelegt und geltend gemacht worden seien. Ein solcher Antrag ist unzulässig.

C - Zur Begründetheit der Rechtsmittel

62 ACB und Falck werfen dem Gericht einen Verfahrensfehler vor, durch den ihre Interessen verletzt worden seien. Sie machen im Wesentlichen außerdem geltend, das Gericht habe mit seiner Entscheidung, dass die Verteidigungsrechte von ACB im Verwaltungsverfahren gewahrt worden seien, einen Rechtsfehler und einen Beurteilungsfehler begangen und das angefochtene Urteil in dieser Frage widersprüchlich begründet. Hinsichtlich der Einstufung und Beurteilung der fraglichen Maßnahmen rügen ACB und Falck, dass auch insoweit dem Gericht mehrere Rechtsfehler unterlaufen seien und es sein Urteil nur unzureichend begründet habe. Gleichartige Rügen erheben die Rechtsmittelführerinnen gegen die vom Gericht vorgenommene Prüfung der angefochtenen Entscheidung im Zusammenhang mit der Rückforderung bestimmter ACB gewährter Beihilfen und mit den dafür geltenden Modalitäten.

1. Zum Rechtsmittelgrund eines die Interessen der Rechtsmittelführerinnen verletzenden Verfahrensfehlers

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

63 ACB und Falck machen geltend, dass die Bedingungen, unter denen das Schreiben der italienischen Behörden vom 27. März 1996 nebst Anlagen in die mündliche Verhandlung eingeführt worden sei, den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzten. Wie das Sitzungsprotokoll belege, hätten ihre Prozessbevollmächtigten keine Zeit gehabt, diese mit vielen und umfangreichen Anlagen versehenen Schriftstücke zu prüfen und dazu mit ihnen Rücksprache zu nehmen. Die Möglichkeit, die Schriftstücke am Sitzungstag in der Kanzlei einzusehen, sei nicht geeignet gewesen, den sich aus den Verteidigungsrechten ergebenden Anforderungen gerecht zu werden. Dennoch habe das Gericht eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach Artikel 62 seiner Verfahrensordnung nicht für zweckmäßig gehalten.

64 Im angefochtenen Urteil werde auch nichts dazu gesagt, unter welchen Bedingungen dieses Schreiben vorgelegt worden sei, und die knappe Fassung des Sitzungsprotokolls könne diesen Mangel nicht beheben. ACB und Falck beantragen daher, dass das vollständige Wortlautprotokoll der mündlichen Verhandlung zu den Akten des Rechtsmittelverfahrens genommen wird.

65 Die Kommission meint, dieser Rechtsmittelgrund sei konstruiert. Den Rechtsmittelführerinnen seien alle in Frage stehenden Dokumente, die ihnen wahrscheinlich von den italienischen Behörden übermittelt worden seien, sehr wohl bekannt; darauf deute hin, dass der dem Schreiben vom 27. März 1996 beigefügte Vermerk des Juristischen Dienstes der Kommission von ACB vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden sei.

66 Die Rechtsmittelführerinnen hätten auch weder in der Sitzung noch danach, als sie die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hätten beantragen können, jemals eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte gerügt. Jedenfalls müssten sie nachweisen, dass die Vorlage der Schriftstücke den Verfahrensausgang entscheidend hätte beeinflussen können und dass sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht keine Gelegenheit gehabt hätten, die maßgebenden Gesichtspunkte vorzutragen.

Würdigung durch den Gerichtshof

67 Nach Artikel 51 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes kann ein Rechtsmittel auf einen Verfahrensfehler beim Gericht gestützt werden, durch den die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt worden sind.

68 Im vorliegenden Fall rügen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen, dass die Verteidigungsrechte und der Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch die verspätete Vorlage umfangreicher Schriftstücke in der mündlichen Verhandlung und die Bedingungen, unter denen ihre Prozessbevollmächtigten diese Schriftstücke am Sitzungstag hätten prüfen müssen, verletzt worden seien.

69 Es ist vorab der Antrag der Rechtsmittelführerinnen zurückzuweisen, das gesamte Wortlautprotokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht zu den Akten des Rechtsmittelverfahrens zu nehmen. Die Umstände, unter denen die in der vorstehenden Randnummer genannten Schriftstücke von der Kommission vorgelegt und von dem Prozessbevollmächtigten der Rechtsmittelführerinnen geprüft worden sind, sind nicht streitig. Diese oben in der Randnummer 28 beschriebenen Umstände können jedenfalls dem Sitzungsprotokoll hinreichend entnommen werden. Es ist ebenfalls unstreitig, dass die Rechtsmittelführerinnen in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt haben, dass sie auf die Vorlage der Schriftstücke nicht sachgerecht reagieren könnten. Die Beiziehung des Wortlautprotokolls der mündlichen Verhandlung zu den Akten wäre daher für die Beurteilung des ersten Rechtsmittelgrundes ohne Nutzen.

70 In der Sache tragen die Rechtsmittelführerinnen nichts dazu vor, wie die Vorlage der Schriftstücke in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht den Verfahrensausgang beeinflusst haben könnte, und vor allem nennen sie keinen mit dem Inhalt dieser Schriftstücke zusammenhängenden Gesichtspunkt, dessen Darlegung im erstinstanzlichen Verfahren Einfluss auf dessen Ausgang hätte haben können. Die Rechtsmittelführerinnen legen damit nicht dar, dass durch den behaupteten Verfahrensfehler ihre Interessen beeinträchtigt worden wären; der Rechtsmittelgrund ist deshalb zurückzuweisen.

2. Zur Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Kommission im Verwaltungsverfahren

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

71 Falck und ACB machen geltend, dass ACB während des Verwaltungsverfahrens bei der Kommission zweimal beantragt habe, an diesem Verfahren beteiligt zu werden, dass aber die Kommission diesen Anträgen nicht stattgegeben habe. Hierdurch seien die Verteidigungsrechte verletzt worden. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Randnummern 42 bis 47 des angefochtenen Urteils sei die bloße Behandlung als Beteiligter" bei der Verfahrenseröffnung gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex, die dem Empfänger einer von diesem Verfahren betroffenen staatlichen Beihilfe noch kein Anhörungsrecht gewähre, nicht ausreichend, um dessen Verteidigungsrechte zu gewährleisten.

72 Die italienische Regierung macht insoweit geltend, dass sich die Anforderung, die Beteiligten zur Stellungnahme aufzufordern, nicht darin erschöpfen könne, dass diese Aufforderung in die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichte Entscheidung über die Verfahrenseröffnung aufgenommen werde. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs müsse tatsächlich eingehalten werden, und wenn der Beihilfenempfänger seine Anhörung beantrage, müsse die Kommission auf den Antrag zumindest eine Antwort erteilen.

73 Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden weiter, dass die Begründung des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Wahrung der Verteidigungsrechte Widersprüche enthalte. So verweise das Gericht auf das Erfordernis, die Beteiligten zur Stellungnahme aufzufordern, aber lasse es unsanktioniert, dass die Kommission dies versäumt habe. Das Gericht postuliere einen Anspruch des Beihilfenempfängers darauf, an dem Verfahren so weit beteiligt zu werden, wie es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen sei, es habe aber nicht nachgeprüft, ob dies hier auch der Fall gewesen sei. Hätte es dies getan, so hätte es festgestellt, dass die Kommission, weil sie ACB nicht am Verfahren beteiligt habe, dieselben Beihilfen in zwei verschiedenen Entscheidungen geprüft und nicht erforscht habe, wie diese Beihilfen verwendet worden seien; so sei die Kommission zu einer fehlerhaften Entscheidung gelangt. Das Gericht hätte zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Kommission ihrer Pflicht zur sorgfältigen und unparteiischen Prüfung aller Umstände des Einzelfalls nicht nachgekommen sei. Weiterhin enthielten die Gründe des angefochtenen Urteils folgende Widersprüche:

- ACB werde zur Last gelegt, dass sie bestimmte Gesichtspunkte nicht im Verwaltungsverfahren vorgetragen habe, obgleich ihr dazu keine Gelegenheit gegebenen worden sei;

- das Gericht habe die Beweisangebote von ACB hinsichtlich der Verwendung der Beihilfen akzeptiert, aber im angefochtenen Urteil heiße es, dass jedenfalls nur die Kommission eine Ausnahme vom Beihilfeverbot gemäß Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag gewähren könne.

74 Die Kommission macht zunächst geltend, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte erstinstanzlich nur im Fall von ACB gerügt worden sei, weshalb die Rechtsmittel in dieser Hinsicht unzulässig seien, soweit es um Falck gehe.

75 Jedenfalls werde das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen gegenüber dem betroffenen Mitgliedstaat durchgeführt. Die Kommission sei darum nicht zu einer streitigen Erörterung mit den beteiligten Unternehmen, seien sie Beihilfenempfänger oder Beschwerdeführer, verpflichtet. Ihnen gegenüber besitze die Kommission nur die Pflicht, sie im Fall der Verfahrenseröffnung zur Stellungnahme aufzufordern, was hier durch Veröffentlichung der verfahrenseinleitenden Entscheidung geschehen sei. Insoweit sei zu verweisen auf die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1), in die die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Kontrolle staatlicher Beihilfen übernommen worden seien.

76 Hervorzuheben sei die in Randnummer 46 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung, dass ACB Gelegenheit gegeben worden sei, anlässlich der Verfahrenseröffnung eine Stellungnahme abzugeben, dass sie aber hiervon nicht Gebrauch gemacht habe. Diese Tatsachenfeststellung könne nicht mit einem Rechtsmittel in Frage gestellt werden. Unter diesen Umständen lasse sich der Kommission nicht zur Last legen, sie habe etwaige tatsächliche oder rechtliche Umstände nicht beachtet, die ihr im Verwaltungsverfahren hätten dargelegt werden können, aber nicht dargelegt worden seien, denn die Kommission brauche nicht von sich aus Mutmaßungen über Umstände anzustellen, die ihr hätten vorgetragen werden können; insoweit sei zu verweisen auf Randnummer 60 des Urteils vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P (Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719).

Würdigung durch den Gerichtshof

77 Es werden gleichzeitig ein Rechtsfehler, eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts und Widersprüche in der Begründung des angefochtenen Urteils gerügt.

78 Der gerügte Rechtsfehler soll in der Erwägung liegen, dass die Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme in der Entscheidung der Kommission über die Verfahrenseröffnung gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex auch dann dafür genüge, die Verteidigungsrechte des Empfängers der vom Verfahren betroffenen Beihilfe zu gewährleisten, wenn dieser ausdrücklich seine Anhörung durch die Kommission beantragt und die Kommission diesen Antrag nicht eigens beschieden hat.

79 Im Stadium der Prüfung, das Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex vorsieht und für das hinsichtlich der Einbeziehung der Beteiligten in das Verfahren ähnliche Regeln gelten wie nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG), hat die Kommission die Beteiligten zur Stellungnahme aufzufordern.

80 Der Gerichtshof hat zu Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag entschieden, dass die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens ist (Urteil vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 17). Diese Mitteilung dient dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen (Urteil vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnr. 19). Ein solches Verfahren gibt außerdem den anderen Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen die Gewähr, ihre Auffassung vortragen zu können (Urteil vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82, Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13). Die gleichen Grundsätze gelten im Rahmen des Fünften Kodex.

81 Das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen, darunter das Verfahren nach dem Fünften Kodex, ist jedoch nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren, das gegenüber dem kraft seiner gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird. Um die Verteidigungsrechte zu wahren, darf die Kommission deshalb in ihrer Entscheidung gegen diesen Staat nicht Informationen heranziehen, hinsichtlich deren sie ihm nicht Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (Urteil vom 10. Juli 1984 in der Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission [Meura"], Slg. 1986, 2263, Randnr. 29).

82 Im Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen haben andere Beteiligte als der betroffene Mitgliedstaat nur die oben in Randnummer 80 genannte Stellung und selbst keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten des Mitgliedstaats eingeleitet wird (Urteil Kommission/Sytraval und Brink's France, Randnr. 59).

83 Für das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen besteht keine Vorschrift, die dem Beihilfenempfänger eine besondere Stellung unter den Beteiligten zuwiese. Das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist kein Verfahren gegen" den oder die Beihilfenempfänger, das es mit sich brächte, dass diese so umfassende Rechte wie die Verteidigungsrechte als solche beanspruchen könnten.

84 Das Gericht konnte deshalb fehlerfrei zu dem Schluss gelangen, dass die Kommission kein Recht des Beihilfenempfängers verletzt hat, wenn sie die oben in Randnummer 80 genannte Veröffentlichung durchgeführt und damit den Beihilfenempfänger zur Stellungnahme aufgefordert hat, aber dieser, wie oben in Randnummer 46 festgestellt, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte.

85 Dass ACB von der Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch machte, ist eine Frage der Sachverhaltsermittlung, die der Gerichtshof, sofern der dem Gericht unterbreitete Sachverhalt nicht verfälscht wurde, im Rechtsmittelverfahren nicht nachzuprüfen hat (u. a. Urteil vom 15. Juni 2000 in der Rechtssache C-13/99 P, TEAM/Kommission, Slg. 2000, I-4671, Randnr. 63). Im vorliegenden Fall ist eine solche Verfälschung aus den Prozessakten nicht ersichtlich.

86 Die Rechtsmittelgründe, mit denen ein Rechtsfehler und eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts gerügt werden, sind deshalb zurückzuweisen.

87 Weiterhin sind die von den Rechtsmittelführerinnen behaupteten Widersprüche in der Urteilsbegründung nicht feststellbar.

88 Entgegen dem Vorbringen von Falck und ACB hat das Gericht keineswegs das Erfordernis, die Beteiligten zur Stellungnahme aufzufordern, hervorgehoben und sodann ein entsprechendes Versäumnis der Kommission unsanktioniert gelassen, denn es weist in Randnummer 46 des angefochtenen Urteils vielmehr darauf hin, dass ACB Gelegenheit gegebenen worden sei, gegenüber der Kommission Stellung zu nehmen.

89 Ebenso wenig trifft es zu, dass das Gericht den Anspruch des Beihilfenempfängers, an dem Verfahren so weit beteiligt zu werden, wie es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen sei, erwähnt und anschließend nicht geprüft habe, ob dies auch wirklich der Fall gewesen sei, denn in Randnummer 46 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch festgestellt, dass gerade diese Anforderung erfuellt worden sei.

90 Da das Gericht festgestellt hat, dass ACB Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe, entsteht auch aus Randnummer 117 des angefochtenen Urteils, wonach ACB nicht die Beweiselemente dafür beigebracht habe, dass die fraglichen Beihilfen unter die Ausnahmen gemäß dem Fünften Kodex gefallen seien, kein Widerspruch in den Urteilsgründen.

91 Ebenso wenig schließlich begründet es einen Widerspruch im angefochtenen Urteil, dass das Gericht einerseits geprüft hat, ob die ihm vorgetragenen Darlegungen der Rechtsmittelführerinnen zur angeblichen Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt den Schluss trügen, dass die Kommission dies fehlerhaft beurteilt habe (Randnrn. 120 bis 132 des angefochtenen Urteils), und dass es andererseits im Wesentlichen darauf hingewiesen hat, dass eine dem nationalen Recht entsprechende Ausweisung der Ausgaben für Sachanschaffungen unter verschiedenen Bilanzposten für Investitionen keine Bindungswirkung für die Kommission habe, die die Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in einem gemeinschaftlichen Kontext zu prüfen habe (Randnr. 135 des angefochtenen Urteils).

92 Die Rügen einer Verletzung der Verteidigungsrechte sind deshalb insgesamt zurückzuweisen.

3. Zur Einstufung und Beurteilung der fraglichen Maßnahmen

93 Falck und ACB machen geltend, dass das angefochtene Urteil in verschiedener Hinsicht Rechtsfehler und Begründungsmängel aufweise.

a) Zur Auswirkung der fraglichen Beihilfen auf den innergemeinschaftlichen Handel und auf den Wettbewerb

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

94 Die Rechtsmittelführerinnen meinen, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass staatliche Maßnahmen, um unter das Verbot gemäß Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag zu fallen, nicht notwendig Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel und auf den Wettbewerb haben müssten. Wie die Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen ziele diese Bestimmung des EGKS-Vertrags aber nur auf Beihilfen, die solche Auswirkungen hätten. Damit habe das Gericht die vom Gerichtshof im Urteil vom 22. Februar 1990 in der Rechtssache C-221/88 (Busseni, Slg. 1990, I-495) formulierte Leitlinie verkannt, dass die Gemeinschaftsverträge anhand der Ziele und des Geistes, die ihnen gemeinsam seien, auszulegen seien.

95 Die italienische Regierung betont außerdem, dass Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag von Beihilfen in welcher Form... auch immer" spreche, bedeute nicht, dass die Bestimmung auch Beihilfen erfasse, die sich auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb weder tatsächlich noch potenziell auswirkten. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt IV, erster Absatz, der Begründung) erwähnt, dass die gemeinschaftlichen Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie... notwendig [seien], um gravierende Wettbewerbsverzerrungen infolge staatlicher Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar [seien],... zu verhindern", und sie habe deshalb bei ihrer Entscheidung, ob einem Stahlunternehmen gewährte Beihilfen rechtmäßig seien und ob sie zurückgefordert werden müssten, zu prüfen, ob überhaupt Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel vorlägen.

96 Dass das Verbot staatlicher Beihilfen durch Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag zwingenden Charakters sei, worauf sich das Gericht in erster Linie gestützt habe, werde außerdem dadurch widerlegt, dass seit 1980 sechs Stahlbeihilfenkodexe erlassen worden seien, mit denen Ausnahmen vom Grundsatz des Verbots der Stahlbeihilfen eingeführt worden seien. Da die Mitgliedstaaten nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen solche Beihilfen gewähren dürften, falle dieser Bereich künftig unter Artikel 67 EGKS-Vertrag, der aber nur eingreife, wenn die fraglichen Maßnahmen eine fühlbare Auswirkung auf die Wettbewerbsbedingungen haben könnten. Da das Tätigwerden der Kommission nach Artikel 67 EGKS-Vertrag den Wettbewerb wiederherstellen solle, hätte das Gericht demgemäß prüfen müssen, ob die fraglichen Beihilfen irgendeine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel gehabt hätten und ob ihre Rückforderung, berücksichtige man den langen Zeitraum seit ihrer Gewährung, den Wettbewerb noch zu beeinflussen vermöge. Im Übrigen habe das Gericht anerkannt, dass Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag nicht absoluten Charakters sei; insoweit sei zu verweisen auf das Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1997 in der Rechtssache T-239/94 (EISA/Kommission, Slg. 1997, II-1839, Randnr. 62).

97 Die Kommission macht geltend, die im angefochtenen Urteil gewählte Auslegung werde gestützt durch den Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 3. Mai 1996 in der Rechtssache C-399/95 R (Deutschland/Kommission, Slg. 1996, I-2441), der veranschauliche, wie streng die Beihilfenregelung im Rahmen des EGKS-Vertrags sei, und durch das Urteil EISA/Kommission.

98 Einer Gleichstellung der Regelungen des EGKS-Vertrags und des EG-Vertrags für staatliche Beihilfen stehe außerdem Artikel 232 EG-Vertrag (jetzt Artikel 305 EG) entgegen, wonach der EG-Vertrag auf dem EGKS-Vertrag unterliegende Erzeugnisse nur angewandt werden dürfe, soweit die zu prüfenden Fragen nicht Gegenstand von Regelungen des EGKS-Vertrags seien. Das Urteil Busseni, in dem der dort fragliche Grundsatz sehr weitgehend angewandt worden sei, sei eine isolierte Entscheidung, während der Gerichtshof eine Argumentation zugunsten eines Primats des EG-Vertrags wiederholt zurückgewiesen habe; insoweit sei zu verweisen auf die Urteile vom 28. Juni 1984 in der Rechtssache 36/83 (Mabanaft, Slg. 1984, 2497), vom 13. April 1994 in der Rechtssache C-128/92 (Banks, Slg. 1994, I-1209) und vom 2. Mai 1996 in der Rechtssache C-18/94 (Hopkins u. a., Slg. 1996, I-2281).

Würdigung durch den Gerichtshof

99 Artikel 232 Absatz 1 EG-Vertrag lautet:

Dieser Vertrag ändert nicht die Bestimmungen des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten, der Befugnisse der Organe dieser Gemeinschaft und der Vorschriften des genannten Vertrags für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl."

100 Hieraus ergibt sich für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, dass die Bestimmungen des EGKS-Vertrags und alle zu seiner Durchführung erlassenen Bestimmungen trotz des Inkrafttretens des EG-Vertrags in Kraft geblieben sind (Urteil vom 24. Oktober 1985 in der Rechtssache 239/84, Gerlach, Slg. 1985, 3507, Randnr. 9). Zwar können, soweit eine Frage nicht Gegenstand von Bestimmungen des EGKS-Vertrags oder der auf seine Grundlage erlassenen Regelungen ist, der EG-Vertrag und die zu seiner Durchführung ergangenen Vorschriften auf Erzeugnisse anwendbar sein, die unter den EGKS-Vertrag fallen (Urteil vom 15. Dezember 1987 in der Rechtssache 328/85, Deutsche Babcock, Slg. 1987, 5119, Randnr. 10).

101 Die Frage der Gewährung staatlicher Beihilfen ist aber Gegenstand von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag. Anders als Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG), der staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, nur erfasst, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, gilt Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag einfach für sämtliche von Staaten gewährte Beihilfen gleich welcher Art.

102 Bereits dieser eindeutige Unterschied zwischen dem Wortlaut des Artikels 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag und dem des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag belegt hinreichend, dass die Mitgliedstaaten für staatliche Beihilfen nicht die gleichen Regeln und den gleichen Bereich gemeinschaftlichen Tätigwerdens festlegen wollten, und dass eine Beihilfe, um unter Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag zu fallen, nicht notwendig Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb haben muss (Urteil vom 21. Juni 2001 in den verbundenen Rechtssachen C-280/99 P bis C-282/99 P, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 2001, I-4717, Randnrn. 32 und 33).

103 Dass die Kommission auf der Grundlage von Artikel 95 EGKS-Vertrag mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden Ausschusses Vorschriften für eine Genehmigung bestimmter Beihilfen im Geltungsbereich des EGKS-Vertrags erlassen hat, kann die Definition der Beihilfe im Sinne von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag nicht ändern.

104 Das Gericht hat daher in Randnummer 114 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die Kommission nicht zu prüfen brauchte, ob die von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Beihilfen Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und auf den Wettbewerb hatten. Der Rechtsmittelgrund, wonach hierin ein Rechtsfehler liege, ist deshalb zurückzuweisen.

b) Zur Frage des anwendbaren Stahlbeihilfenkodex

Vorbringen der Verfahrensbeteiligen

105 Nach Auffassung der Rechtsmittelführerinnen hat das Gericht mit seiner Feststellung, dass die Kommission nach Ablauf der Geltungszeit eines Stahlbeihilfenkodex eine nicht angemeldete Beihilfe nach diesem Kodex nicht mehr genehmigen könne und den im Zeitpunkt des Erlasses ihrer Entscheidung geltenden Kodex anzuwenden habe, einen Rechtsfehler begangen.

106 Falck führt aus, sie und ACB hätten im ersten Rechtszug darauf hingewiesen, dass auf diese Weise Vorschriften auf Vorgänge angewandt würden, die zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Wirkungen dieser Vorgänge erschöpft hätten, nicht in Kraft gewesen seien; dies widerspreche aber dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Satz Tempus regit actum". ACB argumentiert in ihrer Rechtsmittelschrift ebenso, wobei der vom Gericht eingenommene Standpunkt nach ihrer Ansicht auch den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt. Im Wesentlichen machen Falck und ACB geltend, dass durch die einander ablösenden Kodexe eine dauerhafte Regelung für Ausnahmen vom Beihilfenverbot geschaffen worden sei und dass der zu einem bestimmten Zeitpunkt geltende Kodex der Kommission die Befugnis zur Genehmigung von Beihilfen zu diesem Zeitpunkt gebe, dass aber die Kommission bei der Ausübung dieser Befugnis die materiellen Vorschriften des bei Gewährung der Beihilfen geltenden Kodex anzuwenden haben. Andernfalls werde materielles Recht rückwirkend angewandt.

107 Falck und ACB führen ferner aus, dass das Urteil vom 3. Oktober 1985 in der Rechtssache 214/83 (Deutschland/Kommission, Slg. 1985, 3053), auf das sich das Gericht gestützt habe, nicht die Frage der zeitlichen Anwendung der nacheinander erlassenen Kodexe, besonders ihrer materiellen Vorschriften betreffe. Falck hebt zudem hervor, dass die vom Gericht vertretene Auffassung durch die Entscheidung 91/176 widerlegt werde, in deren Rahmen die Kommission den im Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung der Beihilfe geltenden Kodex angewandt habe. Auch diese Lösung sei fehlerhaft, weil allein der bei der Entscheidung über die Gewährung der Beihilfen geltende Kodex anzuwenden sei, aber hierdurch werde zumindest eine zu große Ungewissheit über die anwendbaren Vorschriften vermieden, während die vom Gericht gewählte Lösung der Kommission erlaube, sich die geltende Regelung je nach dem Zeitpunkt des Erlasses ihrer Entscheidung auszusuchen.

108 ACB legt weiterhin dar, es lasse sich den Anlagen 3, 4, 5 und 6 zu ihrer Antwort auf die Fragen des Gerichts, insbesondere dem Vermerk des Juristischen Dienstes der Kommission, entnehmen, dass sich die Kommission und ihre Dienststellen bereits auf den Standpunkt gestellt hätten, dass der im Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe selbst geltende Beihilfenkodex angewandt werden müsse (wie dies auch in verschiedenen Entscheidungen der Kommission anerkannt worden sei). Das Gericht habe dies aber überhaupt nicht berücksichtigt, um sich im vorliegenden Fall für die Anwendbarkeit des Fünften Kodex auszusprechen.

109 Das Urteil sei insoweit auch unzureichend begründet. Das Gericht habe nämlich einfach nur festgestellt, dass die Kommission die anwendbaren Bestimmungen klar angegeben habe.

110 Die italienische Regierung meint, das Gericht habe, wie auch die Kommission, die Gesichtspunkte, die für die Rechtmäßigkeit nicht angemeldeter Beihilfen maßgebend seien, mit jenen vermengt, die die Vereinbarkeit solcher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt beträfen. Die letztere Frage sei nach den Vorschriften zu beurteilen, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beihilfen zu gewähren seien, gälten, selbst wenn die Beihilfen mangels ihrer rechtzeitigen Anmeldung als rechtswidrig zu betrachten seien. Denn der Grundsatz der Rechtssicherheit verbiete es, Beihilfen einem Kodex zu unterwerfen, der erst nach ihrer Gewährung in Kraft getreten sei.

111 Die Kommission hält die Ausführungen des Gerichts in den Randnummern 59 bis 65 des angefochtenen Urteils hingegen für zutreffend. Es sei bezeichnend, dass die Kodexe eine mögliche Genehmigung nicht angemeldeter Beihilfen nicht einmal erwähnten, und nach dem bereits zitierten Urteil des Gerichtshofes vom 3. Oktober 1985 in der Rechtssache Deutschland/Kommission dürfe die Kommission Stahlbeihilfen nicht genehmigen, wenn das Vorhaben ihrer Einführung oder Änderung bei ihr nicht innerhalb der von den jeweiligen Kodexen vorgesehenen Fristen angemeldet worden sei. Die alleinige Rechtsgrundlage für die Prüfung solcher Beihilfen sei deshalb der im Zeitpunkt des Erlasses der Kommissionsentscheidung geltende Kodex. Die Unterscheidung der Rechtsmittelführerinnen zwischen Zuständigkeits- und materiellen Vorschriften entbehre jeder Grundlage, denn die Zuständigkeit könne nur wahrgenommen werden, um über die Vereinbarkeit der Beihilfen mit den materiellen Vorschriften zu entscheiden.

112 Das Gericht habe auch weder die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes noch den Satz Tempus regit actum" verkannt. Was den Grundsatz der Rechtssicherheit anbelange, so habe das Gericht in den Randnummern 64 und 65 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass im Fall nicht angemeldeter Beihilfen weder der Mitgliedstaat noch das begünstigte Unternehmen verlangen könnten, dass die Kommission ihre Rechtmäßigkeitsprüfung auf der Grundlage eines aufgehobenen Kodex vornehme. Hinsichtlich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes sei daran zu erinnern, dass durch eine Beihilfe begünstigte Unternehmen im Allgemeinen auf die Rechtmäßigkeit einer Beihilfe nur dann schutzwürdig vertrauen könnten, wenn die Beihilfe unter Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens gewährt worden sei. Dieser in der Regelung nach dem EG-Vertrag niedergelegte Grundsatz müsse noch strenger im Rahmen der vom EGKS-Vertrag vorgesehenen Regelung gelten. Was den Satz Tempus regit actum" angehe, so werde durch ihn allenfalls bekräftigt, dass sich die Kommission bei dem Erlass eines Rechtsakts nur auf die im Zeitpunkt des Erlasses geltenden Vorschriften stützen dürfe.

113 Der Vermerk des Juristischen Dienstes schließlich behandele die Frage nach dem zeitlich anwendbaren Recht nicht, während die anderen Dienststellen der Kommission zugeschriebenen Vermerke sich auf Entscheidungen bezögen, die mit dieser Frage nichts zu tun hätten, weil sie zu ordnungsgemäß angemeldeten Beihilfevorhaben im Rahmen des EGKS-Vertrags oder zu Beihilfevorhaben im Rahmen des EG-Vertrags erlassen worden seien. Auch die Entscheidung 91/176 bestätige nicht den Standpunkt der Rechtsmittelführerinnen, da im Abschnitt V ihrer Begründung die Anwendung des bei Gewährung der Beihilfen geltenden Kodex ausdrücklich ausgeschlossen werde. Die Entscheidung enthalte allerdings einen Mangel, weil darin der im Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung der Beihilfen geltende Kodex als anwendbar betrachtet werde, nicht aber der im Zeitpunkt der Entscheidung der Kommission über die Beihilfen geltende Kodex. Dieser Irrtum sei indessen folgenlos geblieben, weil beide Kodexe, wie in der Entscheidung 91/176 selbst ausgeführt werde, die gleiche Regelung enthalten hätten.

114 Zur Kritik von ACB an den im angefochtenen Urteil enthaltenen Ausführungen zu der Frage, welcher Kodex anwendbar sei, sei darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Randnummern 170 und 171 des Urteils erwähnt habe, dass die Kommission ihre Gründe für die Anwendung des Fünften Kodex dargelegt habe. Jedenfalls sei der Rechtsmittelgrund unerheblich, weil in der angefochtenen Entscheidung auch die Unvereinbarkeit der Beihilfen mit dem Zweiten Kodex aufgezeigt werde.

Würdigung durch den Gerichtshof

115 Das Gericht hat in Randnummer 61 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass die Beihilfenkodexe anders als die Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen, die der Kommission die ständige Befugnis verleihen, über deren Zulässigkeit zu entscheiden, der Kommission diese Befugnis nur für einen jeweils begrenzten Zeitraum zuerkennen.

116 Deshalb kann die Kommission, wenn bei ihr Beihilfen, deren Genehmigung nach einem bestimmten Kodex die Mitgliedstaaten wünschen, nicht innerhalb der von diesem Kodex vorgeschriebenen Anmeldungsfrist angemeldet werden, über die Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit diesem Kodex nicht mehr entscheiden (Urteile vom 3. Oktober 1985 in der Rechtssache Deutschland/Kommission, Randnrn. 40 bis 47, und vom 13. Juli 2000 in der Rechtssache C-210/98 P, Salzgitter/Kommission, Slg. 2000, I-5843, Randnrn. 49 bis 55). Dass die Kommission oder ihre Dienststellen unter bestimmten Umständen möglicherweise die gegenteilige Auffassung vertreten haben, steht dem nicht entgegen.

117 Im Übrigen kann die Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt im Zusammenhang mit den Stahlbeihilfenkodexen nur nach den Vorschriften beurteilt werden, die im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Auszahlung gelten.

118 Werden die Vorschriften des Kodex angewandt, der zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem die Kommission über die Zulässigkeit von Beihilfen entscheidet, die unter der Geltung eines vorangegangenen Kodex ausgezahlt wurden, so bedeutet dies entgegen der vom Gericht in Randnummer 65 des angefochtenen Urteils und von der Kommission vertretenen Auffassung durchaus eine rückwirkende Anwendung von Gemeinschaftsvorschriften.

119 Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es jedoch im Allgemeinen, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Gemeinschaft auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, wobei ausnahmsweise anderes dann gelten kann, wenn das angestrebte Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird (Urteil vom 25. Januar 1979 in der Rechtssache 98/78, Racke, Slg. 1979, 69, Randnr. 20). Ferner sind die Vorschriften des materiellen Gemeinschaftsrechts, um die Beachtung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu gewährleisten, so auszulegen, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nur gelten, soweit aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (z. B. Urteile vom 29. Januar 1985 in der Rechtssache 234/83, Gesamthochschule Duisburg, Slg. 1985, 327, Randnr. 20, und vom 15. Juli 1993 in der Rechtssache C-34/92, GruSa Fleisch, Slg. 1993, I-4147, Randnr. 22).

120 Was den Fünften Kodex anbelangt, so sieht keine seiner Bestimmungen seine rückwirkende Geltung vor. Aus der Systematik und den Zwecken der nacheinander erlassenen Beihilfenkodexe lässt sich außerdem schließen, dass jeder der Kodexe Regeln, mit denen die Stahlindustrie auf die in den Artikeln 2, 3 und 4 EGKS-Vertrag niedergelegten Zwecke hin ausgerichtet werden soll, jeweils nach Maßgabe der Bedürfnisse in einem bestimmten Zeitraum aufstellt. Es entspräche daher nicht der Systematik und den Zwecken dieser Art von Regelungen, wenn Vorschriften, die wegen der dann gegebenen Sachlage für einen bestimmten Zeitraum erlassen werden, auf Beihilfen angewandt würden, die schon vorher ausgezahlt wurden.

121 Deshalb konnte der Fünfte Kodex auf die von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Beihilfen nicht rückwirkend angewandt werden, und da, wie oben in Randnummer 116 festgestellt, auch der Zweite Kodex nicht anwendbar war, konnte die Kommission die Beihilfen jedenfalls nach keinem der Kodexe mehr für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären. Damit fielen die Beihilfen unter das Verbot aus Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag.

122 Die Rechtsfehler, die die angefochtene Entscheidung und das angefochtene Urteil in dieser Hinsicht enthalten, haben daher keine Auswirkung auf deren Rechtmäßigkeit. Auch ohne diese Rechtsfehler wäre nämlich hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt der Tenor der angefochtenen Entscheidung ebenso ausgefallen, und das Gericht hätte die Entscheidung insoweit gleichfalls bestätigen müssen. Der Rechtsmittelgrund einer rechtlich fehlerhaften Wahl des anwendbaren Beihilfenkodex greift daher nicht durch (in diesem Sinne Urteile vom 23. April 1986 in der Rechtssache 150/84, Bernardi/Parlament, Slg. 1986, 1375, Randnr. 28, und Kommission/Sytraval und Brink's France, Randnrn. 47 bis 49 und 78).

123 Der gerügte, oben in Randnummer 109 genannte Begründungsmangel des angefochtenen Urteils ist hingegen nicht feststellbar. Entgegen dem Vorbringen von ACB hat das Gericht nämlich nicht einfach nur festgestellt, dass die Kommission den anwendbaren Beihilfenkodex eindeutig angegeben habe, sondern es hat in den Randnummern 59 bis 68 des angefochtenen Urteils eine bestimmte rechtliche Gedankenführung entwickelt, die zum Ergebnis hatte, dass die Kommission die früheren Beihilfenkodexe nicht heranzuziehen brauchte.

c) Zum Umfang der der Kommission obliegenden Verpflichtung, für ihre Entscheidung über die Zulässigkeit der Beihilfen den Sachverhalt zu ermitteln

124 Im Rahmen eines allgemeiner gefassten Rechtsmittelgrunds, wonach die Kommission einen Grundsatz des Verbotes von Entscheidungen mit Sanktionscharakter verletzt habe, machen Falck und ACB u. a. geltend, dass das angefochtene Urteil noch einen dritten Rechtsfehler aufweise, soweit es nämlich darin heiße, dass sich die Kommission für ihre Entscheidung über die Zulässigkeit der Beihilfen nur auf die Tatsachen stützen dürfe, die ihr im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung zugänglich gewesen seien.

125 Dieser Rechtsmittelgrund ist, ohne dass über seine Stichhaltigkeit entschieden zu werden braucht, als unerheblich zurückzuweisen, da die Kommission, wie oben in Randnummer 121 ausgeführt, die fraglichen Beihilfen jedenfalls nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären konnte.

4. Zur Entscheidung der Kommission, die Rückforderung bestimmter an ACB gezahlter Beihilfen anzuordnen, und zu den Modalitäten der Rückforderung

a) Zur Einhaltung der Grundsätze des Vertrauensschutzes, des guten Glaubens und der loyalen Zusammenarbeit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

126 Falck und ACB tragen vor, das Gericht habe, indem es trotz der im ersten Rechtszug dargelegten Umstände des Sachverhalts ein berechtigtes Vertrauen von ACB nicht anerkannt habe, die Grundsätze des Vertrauensschutzes, des guten Glaubens und der loyalen Zusammenarbeit verkannt, die einer Rückforderung der Beihilfen entgegenstuenden.

127 Die Rechtsmittelführerinnen verweisen insoweit auf verschiedene Aspekte des Sachverhalts, die ein berechtigtes Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der gewährten Beihilfen begründet hätten. Besonders gelte dies für die langen Zeiträume, die zwischen den einzelnen Vorgängen verstrichen seien. Dazu habe das Gericht aber einfach nur ausgeführt, dass eine Rückforderung auch dann rechtmäßig sei, wenn sie erst lange nach Bewilligung der Beihilfe durchgeführt werde.

Würdigung durch den Gerichtshof

128 Wie oben in Randnummer 85 ausgeführt, hat der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren nicht die vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen zu überprüfen, es sei denn, der dem Gericht unterbreitete Sachverhalt wäre verfälscht worden.

129 Mit Ausnahme der Rüge, das Gericht habe sich nicht einfach auf die Feststellung beschränken dürfen, dass die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe auch noch lange nach deren Bewilligung rechtmäßig sei - diese Rüge betrifft eine Rechtsfrage, die nachstehend zusammen mit dem Rechtsmittelgrund eines verspäteten Tätigwerdens der Kommission zu prüfen ist -, sind alle anderen Rügen von Falck und ACB, mit denen ein Verstoß des Gerichts gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, des guten Glaubens und der loyalen Zusammenarbeit beanstandet wird, gegen Tatsachenfeststellungen des Gerichts gerichtet. Da sich aber aus den Prozessakten nichts für eine Verfälschung der fraglichen Tatsachen ergibt, sind diese Rügen als unzulässig zurückzuweisen.

b) Zum verspäteten Tätigwerden der Kommission

Vorbringen der Verfahrensbeteiligen

130 Falck und ACB machen geltend, das Gericht habe, indem es die Entscheidung der Kommission über die Anordnung der Rückforderung bestimmter Beihilfen bestätigt habe, die Vorschriften über die Verjährung verletzt und damit einen Rechtsfehler begangen. In dieser Hinsicht beruhe das angefochtene Urteil ausschließlich auf dem - teilweise stillschweigenden - Umkehrschluss, es lasse sich aus dem Umstand, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber eine Verjährungsfrist im Bereich staatlicher Beihilfen nur in der am 16. April 1999 in Kraft getretenen Verordnung Nr. 659/1999 festgelegt habe, die Folgerung ableiten, dass es in einem Fall, der vom sachlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht erfasst werde, für die Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe keine Verjährung geben könne.

131 Der Verweis auf die Verordnung Nr. 659/1999 gehe aber fehl, weil diese im Anwendungsbereich des EG-Vertrags liege. Sie sei jedenfalls nur eine Kodifizierung bereits vorher bestehender Regeln und nenne in ihrer vierzehnten Begründungserwägung als Rechtfertigung für die in ihr normierte Verjährung den Grundsatz der Rechtssicherheit, der den Anwendungsbereichen des EG-Vertrags und des EGKS-Vertrags indessen gemeinsam sei.

132 Wenn auch in manchen Bereichen präzise Verjährungsfristen durch Rechtsvorschriften festgelegt worden seien, habe der Gerichtshof doch entschieden, dass auch bei Fehlen solcher Vorschriften die Kommission durch das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit daran gehindert sei, unbegrenzt lange zu warten, ehe sie von ihrer Befugnis zur Verhängung von Geldbußen Gebrauch mache (Urteil vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 52/69, Geigy/Kommission, Slg. 1972, 787, Randnrn. 20 und 21). Ebenfalls zu berücksichtigen sei das Urteil des Gerichts vom 27. Januar 2000 in den verbundenen Rechtssachen T-194/97 und T-38/98 (Branco/Kommission, Slg. 2000, II-69, Randnrn. 90 und 91), mit dem entschieden worden sei, dass die Überschreitung einer angemessenen Frist zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der Kommission bestimmte Tatsachen bekannt geworden seien, und dem Zeitpunkt, zu dem wegen dieser Tatsachen eine Entscheidung erlassen werde - im dortigen Fall mehr als 16 Monate -, zur Nichtigerklärung dieser Entscheidung wegen Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit führen könne.

133 Um im vorliegenden Fall im Wege der Analogie eine Verjährungsfrist zu bestimmen, sei abzustellen auf die Verjährungsfristen von drei oder fünf Jahren gemäß Artikel 1 der Entscheidung Nr. 715/78/EGKS der Kommission vom 6. April 1978 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Geltungsbereich des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (ABl. L 94, S. 22), nicht aber auf die in der Verordnung Nr. 659/1999 genannte Frist von zehn Jahren.

134 Die Rechtsmittelführerinnen unterstreichen, dass sie diese Argumente schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorgetragen hätten und dass der Kommission die Maßnahmen zugunsten von ACB bereits seit 1983, d. h. seit der Anmeldung des Umstrukturierungsplans für ACB bei der Kommission, bekannt gewesen seien. Es überrasche, dass im angefochtenen Urteil diese Argumente keine Erwähnung fänden; dies sei ein Mangel oder eine Lücke der Urteilsgründe. Es erscheine angezeigt, dass der Gerichtshof, wenn die Prozessakten ihm dies ermöglichten, über den Rechtsstreit selbst endgültig entscheide und eine Verjährungsfrist von fünf Jahren anwende.

135 Die italienische Regierung schließt sich dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen an.

136 Die Kommission macht zunächst geltend, es sei kein Grund ersichtlich, warum eine Heranziehung der Entscheidung Nr. 659/1999, auch wenn sie gewiss für Beihilfen nach dem EGKS-Vertrag nicht gelte, unberechtigt sein sollte.

137 Die Gemeinschaftsrechtsordnung kenne zwar Verjährungsfristen unterschiedlicher Dauer und aufgrund unterschiedlicher Regelungen, aber es gebe kein Beispiel für die Festlegung einer Verjährungsfrist durch den Gemeinschaftsrichter. So werde das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen durch das Urteil Geigy/Kommission nicht nur nicht bestätigt, sondern durch die in dessen Randnummer 21 enthaltene Feststellung entkräftet, dass eine Verjährungsfrist, um ihrer Funktion gerecht werden zu können, im Voraus festgelegt sein müsse, wobei die Festlegung dieser Frist und der Einzelheiten ihrer Anwendung in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers falle. Erlasse der Gesetzgeber solche Vorschriften ex ante, so gewährleisteten sie die Rechtssicherheit, statuiere sie aber der Gemeinschaftsrichter ex post, so seien sie in keiner Weise vorhersehbar, so dass die Beteiligten sie für die Festlegung ihres eigenen Vorgehens nicht berücksichtigen könnten; in diesem Fall schadeten solche Regeln der Rechtssicherheit.

138 Schließlich sei eine analoge Anwendung der Entscheidung Nr. 715/78 abzulehnen. Diese Entscheidung regele die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern in den vom EGKS-Vertrag vorgesehenen Fällen. Da die Rückforderung von Beihilfen ihrem Wesen nach keine Sanktion sei, rechtfertige nichts eine analoge Heranziehung dieser Entscheidung. Die Entscheidung lege außerdem drei verschiedene Verjährungsfristen fest und enthalte zwei verschiedene Regelungen für die Unterbrechung und das Ruhen der Verfolgungsverjährung. Es sei nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien zwischen diesen beiden verschiedenen Regelungen ausgewählt werden solle, von denen keine für die Rückforderung von Beihilfen passe.

Würdigung durch den Gerichtshof

139 Wie der Gerichtshof in Randnummer 21 des Urteils Geigy/Kommission festgestellt hat, muss eine Verjährungsfrist, um ihrer Funktion gerecht werden zu können, im Voraus festgelegt sein, und die Festlegung einer solchen Frist und der Einzelheiten ihrer Anwendung fällt in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers. Dieser hat aber auf dem Gebiet der Kontrolle von nach dem EGKS-Vertrag gewährten Beihilfen keine Verjährungsfrist vorgesehen.

140 Wie der Gerichtshof an derselben Stelle im Urteil Geigy/Kommission aber auch festgestellt hat, ist die Kommission durch das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit daran gehindert, unbegrenzt lange zu warten, ehe sie von ihren Befugnissen Gebrauch macht.

141 Es bildet daher einen Rechtsfehler, dass das Gericht seine Prüfung der gerügten Verspätung im Tätigwerden der Kommission auf die Feststellung beschränkte, dass im fraglichen Bereich keine Verjährungsfrist existiere, und nicht prüfte, ob die Kommission nicht mit übermäßiger Verspätung tätig geworden war. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben.

142 Gemäß Artikel 54 Absatz 1 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

143 Hier ist der Rechtsstreit in der fraglichen Hinsicht zur Entscheidung reif, und die Rüge eines verspäteten Tätigwerdens der Kommission ist dementsprechend in der Sache zu prüfen, um festzustellen, ob deshalb den erstinstanzlichen Anträgen von ACB stattzugeben ist und ob, falls die Rüge zurückzuweisen ist, auch die weiteren Rechtsmittelgründe zu prüfen sind.

144 Wie eine Prüfung der Prozessakten ergibt, ist diese im ersten Rechtszug erhobene Rüge eines übermäßig verspäteten Tätigwerdens der Kommission zurückzuweisen. Die frühesten Beihilfen, deren Rückforderung verlangt wird, waren nämlich Gegenstand eines Beschlusses der Provinz Bozen vom Dezember 1987 und wurden von ihr erst im März 1988 und im Januar 1989 ausgezahlt. Die Kommission hatte die italienischen Behörden aber bereits seit Juli 1988 um Auskunft über eine ähnliche Beihilfe gebeten, die demselben Unternehmen im Dezember 1987 gewährt worden war. Sie leitete wegen dieser Beihilfe im März 1989 das Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Dritten Kodex ein und stellte sodann im Juli 1990 in der Entscheidung 91/176 klar fest, dass diese Beihilfe rechtswidrig sei, da sie ohne vorherige Genehmigung durchgeführt und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei; von der Anordnung ihrer Rückforderung wurde nur wegen ganz spezieller Umstände abgesehen. Was die im vorliegenden Fall fraglichen Beihilfen anbelangt, so ersuchte die Kommission die italienischen Behörden seit Dezember 1994 um Auskunft, nachdem sie von der Existenz dieser Beihilfen durch eine Beschwerde erfahren hatte. Sie eröffnete im August 1995 das Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex und erließ am 17. Juli 1996 die angefochtenen Entscheidung. Aus all diesen Umständen ergibt sich, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht auf der Grundlage des Grundsatzes der Rechtssicherheit geltend machen können, die Kommission sei mit übermäßiger Verspätung tätig geworden.

145 Da der Rechtsmittelgrund, wonach die Kommission die Rückforderung der Beihilfen mit übermäßiger Verspätung angeordnet habe, nicht durchgreift, sind die übrigen Rechtsmittelgründe zu prüfen.

c) Zur Berechnungsgrundlage der festzusetzenden Zinsen

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

146 Falck und ACB tragen vor, dass das Gericht zu Unrecht die Berechnungsgrundlage für die Zinshöhe bei der Rückzahlung bestätigt habe, die in Wirklichkeit rechtswidrig sei. Die Kommission habe nämlich willkürlich Zinsen in Höhe des Zinssatzes, den die Kommission bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen in dem betreffenden Zeitraum zugrunde gelegt hat", festgesetzt und sich damit auf ihre Mitteilung über regionale Beihilferegelungen (ABl. 1979, C 31, S. 9) bezogen, nach deren Anhang (Nr. 14) dies im Fall der Italienischen Republik der durchschnittliche Bezugssatz für von der Zentralregierung an Kreditanstalten gewährte Zinsermäßigungen" sei.

147 In einem Fall wie dem vorliegenden solle der angewandte Zinssatz aber lediglich die sich aus der Beihilfe ergebenden finanziellen Vorteile beseitigen, was das Gericht in Randnummer 149 des angefochtenen Urteils auch anerkannt habe. Der in der angefochtenen Entscheidung gewählte Zinssatz sei aber nicht der Marktzinssatz, durch den die finanziellen Vorteile aus den ACB gewährten Beihilfen einfach nur beseitigt würden. Die Kommission verwende, wie verschiedene ihrer Mitteilungen und Entscheidungen belegten, je nach Fall unterschiedliche Zinssätze, jedoch gestatte die Mitteilung 95/C 156/05 der Kommission an die Mitgliedstaaten (ABl. C 156 vom 22. Juni 1995, S. 5), die die Mitteilung an die Mitgliedstaaten Nr. SG(91) D/4577 vom 4. März 1991 über die Modalitäten für die Notifizierung von Beihilfen sowie über das Vorgehen im Fall von Beihilfen, die unter Verletzung von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt wurden, ergänze, die Anwendung des Marktzinses des Referenzmarktes, hier also des deutschen Markts, auf dem sich ACB refinanziere.

148 Da die Kommission etliche verschiedene Zinssätze verwende, sei in keiner Weise vorhersehbar, welchen Satz sie wählen werde. So heiße es in Randnummer 155 des angefochtenen Urteils fälschlicherweise und ohne Erläuterung, dass der angewandte Zinssatz auf Angaben der Banca Italia beruhe, während er in Wirklichkeit keineswegs von den italienischen Behörden festgesetzt worden sei. Vielmehr hätten diese, wären sie wirklich an der Festsetzung des Zinssatzes beteiligt gewesen, eine gewisse Vorhersehbarkeit gewährleisten können. Nach der in den Randnummern 96 bis 98 des angefochtenen Urteils zitierten Rechtsprechung und insbesondere nach dem Urteil des Gerichts vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-459/93 (Siemens/Kommission, Slg. 1995, II-1675) sei die Kommission zwar zuständig für die Festsetzung des Anfangsdatums der Verzinsung, für die Bestimmung des Zinssatzes selbst aber seien die nationalen Behörden zuständig. Das Gericht habe damit ohne jede Begründung für die Festsetzung des Zinssatzes eine Methode gebilligt, die rechtlich fehlerhaft, da willkürlich und nicht vorhersehbar sei. Die Kommission selbst habe die Wahl des Zinssatzes in der angefochtenen Entscheidung auch nicht begründet.

149 Die italienische Regierung macht ebenfalls geltend, dass das Gericht die Heranziehung der Mitteilung der Kommission zur Regelung von Regionalbeihilfen zur Bestimmung eines angemessenen Zinssatzes in keiner Weise begründet habe. Ob die in diesem Bereich für Beihilfen nach dem EGKS-Vertrag angeführten Vorschriften einschlägig seien, lasse sich in keiner Hinsicht nachprüfen.

150 Die Rechtsmittelführerinnen und die italienische Regierung rügen weiter, dass das Gericht zu Unrecht entschieden habe, der Kommission könne, weil ACB sie nicht aus eigener Initiative über ihre Refinanzierung auf dem deutschen Markt unterrichtet habe, nicht zur Last gelegt werden, dass sie diesen Umstand nicht berücksichtigt habe.

151 Die Kommission wendet ein, dass die Rüge ihrer Unzuständigkeit für die Festsetzung des geltenden Zinssatzes von der italienischen Regierung erstmals in der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug erhoben worden sei, was für die Feststellung ihrer Unzulässigkeit genüge und erkläre, warum das Gericht sie nicht geprüft habe.

152 Wegen des Ziels, die Lage wiederherzustellen, die ohne die Beihilfen bestuende, hänge der Zinssatz vom Umfang der von dem betroffenen Unternehmen im Wettbewerb erlangten Vorteile ab, weshalb seine Festsetzung der Kommission und nicht den nationalen Behörden obliege. Dieser Streitpunkt habe sich im Übrigen erledigt, weil die Zinsen gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 659/99 nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz zu berechnen seien.

153 Die verschiedenen Mitteilungen der Kommission zur Rückforderung staatlicher Beihilfen seien auch nicht widersprüchlich, auch wenn seit der Mitteilung vom 22. Februar 1995 über den für die Rückforderung rechtswidriger und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbarer Beihilfen anzuwendenden Zinssatz als Grundlage für den Marktzins, um die von den Beteiligten erlangten wirtschaftlichen Vorteile besser widerzuspiegeln, der Referenzsatz, den die Kommission bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen zugrunde lege, und nicht mehr, wie vorher, der Satz für Verzugszinsen auf staatliche Forderungen herangezogen werde. Diese Gesichtspunkte bestätigten die in den Randnummern 154 bis 157 des angefochtenen Urteils enthaltenen Erwägungen, wonach der Zinssatz sicherstellen müsse, dass der vom Unternehmen rechtswidrig erlangte Vorteil beseitigt werde; dieses Ergebnis werde erzielt durch die Anwendung des Referenzzinssatzes, der im Wesentlichen dem Marktzinssatz entspreche und den die Kommission der italienischen Regierung vorzugeben berechtigt sei.

154 Die angefochtene Entscheidung sei hinsichtlich der Wahl des Zinssatzes auch hinreichend begründet, denn sie füge sich in einen ihrem Adressaten, der italienischen Regierung, wohlbekannten Kontext ein und entspreche einer langjährigen Entscheidungspraxis.

155 Auch zur Nichtanwendung des deutschen Marktzinssatzes habe das Gericht in den Randnummern 158 bis 160 des angefochtenen Urteils fehlerfrei festgestellt, dass ACB, nachdem sie sich hierzu vorher nicht geäußert hätte, der Kommission nicht zur Last legen könne, dass sie ihre Tätigkeit auf dem deutschen Markt nicht geprüft habe. Zutreffend sei auch die in Randnummer 161 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung, dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission nicht dargetan worden sei. Selbst wenn die Kommission den auf dem deutschen Markt bestehenden Zinssatz angewandt hätte, wäre dies im Übrigen zum Nachteil von ACB gewesen, berücksichtige man die Entwicklung des Wechselkurses zwischen der deutschen und der italienischen Währung im fraglichen Zeitraum.

Würdigung durch den Gerichtshof

156 Es ist zunächst die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen, die die Kommission darauf stützt, dass ihre angebliche Unzuständigkeit für die Festsetzung des Zinssatzes für die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung angeordnete Rückforderung von der italienischen Regierung erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht erhoben worden sei. ACB hat nämlich seit ihrer im ersten Rechtszug eingereichten Klageschrift geltend gemacht, dass dieser Zinssatz der Rechtsgrundlage entbehre. Dem Streithelfer ist außerdem die Geltendmachung eigener Argumente nicht verwehrt, da es in Artikel 34 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes lediglich heißt, dass der Streithelfer mit seinen Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützen oder deren Abweisung verlangen kann (Urteil vom 23. Februar 1961 in der Rechtssache 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Slg. 1961, 1, 41). Im vorliegenden Fall soll die von der italienischen Regierung erhobene Rüge der Unzuständigkeit der Kommission den bereits zuvor von ACB vorgetragenen Rechtsmittelgrund einer fehlenden Rechtsgrundlage für den gewählten Zinssatz unterstützen. Diesen Rechtsmittelgrund darf der Streithelfer in allen Stadien des Verfahrens weiterentwickeln.

157 In der Sache ist Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes dahin auszulegen, dass die Kommission, wenn sie die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt feststellt und entscheidet, dass der betreffende Staat sie aufzuheben oder umzugestalten hat, die Rückforderung der Beihilfe anordnen kann, wenn diese unter Verletzung des Vertrages gewährt wurde; hierdurch wird die praktische Wirksamkeit der Aufhebung oder der Umgestaltung sichergestellt (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 13). Die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten staatlichen Beihilfe zwecks Wiederherstellung der früheren Lage kann grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die in keinem Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen stuende (Urteil vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission [Tubemeuse"], Slg. 1990, I-959, Randnr. 66).

158 In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Kommission die potenziellen Empfänger staatlicher Beihilfen in einer im Jahr 1983 veröffentlichten Mitteilung (ABl. C 318, S. 3) darauf hinwies, dass ihnen gewährte rechtswidrige Beihilfen ihrem Wesen nach unsicher seien, da sie sie möglicherweise zurückzuzahlen hätten.

159 Die vorherige Lage wird indessen naturgemäß nur dann annähernd wiederhergestellt, wenn der zurückzuzahlende Beihilfenbetrag vom Zeitpunkt der Auszahlung der Beihilfe an zu verzinsen ist und wenn die angewandten Zinssätze den marktüblichen Zinssätzen entsprechen. Andernfalls verbliebe dem Empfänger zumindest ein Vorteil, der der kostenlosen Verfügung über Barmittel oder einem vergünstigten Darlehen entspräche.

160 Die Empfänger von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfen können deshalb nicht geltend machen, sie hätten nicht damit zu rechnen brauchen, dass die Kommission die Rückforderung der Beihilfen mit einer Verzinsung, die so genau wie möglich die auf dem Kapitalmarkt verlangte Zinshöhe widerspiegelt, anordnen würde.

161 Dabei ist das im nationalen Verfahren vorgesehene Verfahren für die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge nur anzuwenden, soweit gemeinschaftsrechtliche Vorschriften nicht bestehen. Mit ihrer Befugnis, die Wiederherstellung der vorherigen Lage anzuordnen, verfügt die Kommission - vorbehaltlich der Kontrolle durch die Gemeinschaftsgerichte, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliegt - aber auch über die Befugnis zur Festsetzung eines Zinssatzes, der diese Wiederherstellung ermöglicht.

162 Die Rechtsmittelführerinnen und die italienische Regierung rügen deshalb zu Unrecht, dass die Kommission nicht zur Festsetzung des Zinssatzes befugt gewesen wäre, der für die Rückzahlung von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen anzuwenden ist.

163 Auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung einen nicht vorhersehbaren, willkürlichen und nicht im Verhältnis zu den marktüblichen Zinssätzen stehenden Satz gewählt, greift nicht durch.

164 Die Berechnungsgrundlage für den Zinssatz, der für die in der angefochtenen Entscheidung angeordneten Rückzahlungen von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen gilt, ist nämlich nacheinander in den Mitteilungen der Kommission an die Mitgliedstaaten Nr. SG(91) D/4577 vom 4. März 1991 und vom 22. Februar 1995, auf die in der Mitteilung 95/C 156/05 Bezug genommen wird, dargelegt worden.

165 In der erstgenannten Mitteilung hat die Kommission die Mitgliedstaaten darauf hingewiesen, dass die Rückforderung gemäß den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zu ergehen [hat] und... die Zahlung der für staatliche Forderungen geltenden Verzugszinsen einbeziehen muss, die ab dem Zeitpunkt der Gewährung der rechtswidrigen Beihilfe fällig werden". In der zweiten Mitteilung hat die Kommission den Mitgliedstaaten erklärt, sie habe festgestellt, dass die Zinsen in der Praxis nach Maßgabe des gesetzlichen Zinssatzes festgesetzt [würden], der vom marktüblichen Zinssatz meistens stark [abweiche]". Sie hat hinzugefügt, dass die Anwendung des letztgenannten Zinssatzes eine genauere Bemessung des vom Beihilfenempfänger rechtsgrundlos erlangten Vorteils [ermögliche], um den Status quo ante wiederherzustellen". Weiterhin unterrichtete die Kommission die Mitgliedstaaten darüber, dass sie in ihren Entscheidungen über die Anordnung der Rückforderung rechtswidriger und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbarer Beihilfen den Referenzsatz anwenden [werde], der bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen zugrunde gelegt [werde], um auf dieser Grundlage den marktüblichen Zinssatz zu bestimmen". Die Rüge eines Begründungsmangels hinsichtlich der Anwendung des letztgenannten Zinssatzes ist deshalb nicht stichhaltig.

166 Die Mitgliedstaaten, an die die Entscheidungen der Kommission auf dem Gebiet staatlicher Beihilfen gerichtet sind, waren damit über die Entwicklung des von der Kommission angewandten Zinssatzes vollständig unterrichtet, und die Kommission durfte die Berechnungsgrundlage des Satzes ändern, um ihn der Marktentwicklung anzupassen oder um diese besser widerzuspiegeln. Aus diesen und den oben in Randnummer 160 genannten Gründen greift die Rüge, der in der angefochtenen Entscheidung angewandte Zinssatz sei nicht vorhersehbar gewesen, somit nicht durch.

167 Was die weitere Rüge angeht, dass der Referenzsatz, der bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen Italiens zugrunde gelegt wird, willkürlich sei und in keinem Zusammenhang mit den marktüblichen Zinssätzen in Italien stehe, so haben sowohl die italienische Regierung als auch die Rechtsmittelführerinnen in erster Instanz und vor dem Gerichtshof nichts vorgetragen, was diese Behauptung stützen könnte. Denn das einzige erstinstanzlich geäußerte Argument zur angeblichen Verfehltheit des gewählten Zinssatzes geht dahin, dass die Kommission den Zinssatz auf dem deutschen Markt, auf dem ACB sich refinanziere, hätte heranziehen müssen. Den Akten lässt sich auch nicht entnehmen, dass die italienische Regierung bei der Kommission, nachdem ihr deren Mitteilung vom 22. Februar 1995 zugegangen war, die Berechnungsgrundlage für den Zinssatz bei der Rückforderung von Beihilfen, die in Italien ansässigen Unternehmen gewährt werden, beanstandet hätte. Im Rahmen des Rechtsmittels rügen die Rechtsmittelführerinnen und die italienische Regierung nur einen angeblichen Rechtsfehler, der in der Feststellung des Gerichts liegen soll, dass der Kommission, da ACB zu ihrer Refinanzierung auf dem deutschen Markt nichts vorgetragen habe, auch nicht vorgeworfen werden könne, dass sie dies nicht berücksichtigt habe.

168 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen jedoch aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei deren Erlass verfügte (Urteile Meura, Randnr. 16, und vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I-4551, Randnr. 33).

169 Dazu ist festzustellen, daß es, wenn die Kommission das Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex eröffnet hat und ihr für ihre Beurteilung relevante Informationen nur vom betroffenen Mitgliedstaat übermittelt worden sind, während der Beihilfenempfänger von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, allen Beteiligten möglich war, der Kommission alle etwaig relevanten Angaben vorzutragen (vgl. oben, Randnrn. 77 bis 84).

170 Enthält dabei die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex eine hinreichende vorläufige Beurteilung der Kommission, in deren Rahmen die Gründe erläutert sind, aus denen sie Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt hegt, so ist es Sache des betroffenen Mitgliedstaats und gegebenenfalls des Beihilfenempfängers, die Gesichtspunkte vorzutragen, die die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt belegen, sowie gegebenenfalls ferner spezielle Umstände, die die Rückzahlung bereits gewährter Beihilfen betreffen, falls die Kommission deren Rückforderung angeordnet hat. Im ersten Rechtszug haben aber weder ACB noch Falck und die Italienische Republik, die ACB als Streithelferinnen unterstützt haben, geltend gemacht, dass die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung zu dürftig begründet sei, um ihnen die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen.

171 Dem Gericht ist deshalb in dieser Hinsicht kein Rechtsfehler unterlaufen. Die Rechtsmittelführerinnen und die italienische Regierung haben nach den vorgenannten Umständen nicht belegt, dass das Gericht einen willkürlichen und mit dem marktüblichen Zins nicht in Zusammenhang stehenden Zinssatz gebilligt hätte.

172 Die Rüge der Heranziehung einer verfehlten Berechnungsgrundlage ist deshalb zurückzuweisen.

d) Zur Verhängung einer Sanktion und zur Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

173 Falck und ACB tragen weiter vor, dass das Gericht gegen einen Grundsatz des Verbotes von Entscheidungen mit Strafcharakter und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe. Sie erheben in diesem Zusammenhang mehrere Rügen: Erstens sei in dem angefochtenen Urteil nicht auf das Argument von ACB eingegangen worden, dass die Anordnung der Rückforderung angesichts der Entwicklung der Rechts- und Sachlage seit Gewährung der Beihilfen inzwischen den Charakter einer Sanktion angenommen habe, mit der hier Falck belastet werde. Zweitens habe das Gericht der Kommission damit, dass es von ihr nicht verlangt habe, die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt auch wirklich nachzuprüfen, und diese Nachprüfung auch nicht selbst vorgenommen habe, den Erlass einer Entscheidung gestattet, die allein auf die Sanktionierung eines etwaigen Versäumnisses der Anmeldung ziele. Drittens habe das Gericht den Sanktionscharakter der angefochtenen Entscheidung auch dadurch gutgeheißen, dass es weder die Doppelbeurteilung derselben Beihilfe durch zwei widersprüchliche Entscheidungen noch den Umstand berücksichtigt habe, dass die zurückzufordernden Beträge überhöht seien. Falck macht viertens geltend, dass das Gericht, indem es die Modalitäten für die Festsetzung des Zinssatzes bei der Rückforderung dieser Beträge gebilligt habe, einen übermäßigen, sanktionsartigen Zinssatz zugelassen habe. Diese Argumente sind nacheinander auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen.

i) Zu der Rüge, die Entwicklung der Sachlage habe die Anordnung der Rückforderung in eine Sanktion umgewandelt

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

174 Zu dieser ersten Rüge führen ACB und Falck aus, dass es letztlich Falck sei, die wegen der von ihr gegenüber ACB und Valbruna eingegangenen Verpflichtungen die Rückzahlungen zu tragen habe. Zur Wiederherstellung des Wettbewerbs werde damit nichts beigetragen, da Falck inzwischen nicht mehr in der Stahlbranche tätig sei. Die angefochtene Entscheidung sei deshalb für Falck eine Sanktion. Diese Argumente seien auch schon in erster Instanz vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung vertieft worden. Dennoch habe es das Gericht einfach unterlassen, über sie zu entscheiden, und damit rechtswidrig eine Sanktion bestätigt.

175 Die Kommission hält dem entgegen, dass das Gericht über Argumente zu dem angeblichen Sanktionscharakter, wie sie im Abschnitt VI (Buchstabe e) der Klageschrift von ACB im ersten Rechtszug dargelegt und in Randnummer 78 des angefochtenen Urteils aufgegriffen worden seien, durchaus entschieden habe. Das Argument, dass die angefochtene Entscheidung deshalb eine Sanktion darstelle, weil Falck nicht mehr in der Stahlbranche tätig sei, sei dem Gericht nicht vorgetragen worden, sondern ACB habe in ihrer Klageschrift nur erwähnt, dass sich die Sach- und selbst die Rechtslage (geltende Rechtsvorschriften, Rechtssubjekte) geändert" hätten. Selbst wenn dieses Argument in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden wäre, wäre es als verspätet zurückgewiesen worden, womit es gemäß Artikel 113 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes im Rechtsmittelverfahren unzulässig sei.

176 In der Sache sei festzuhalten, dass die Kommission jedenfalls etwaige Vereinbarungen zwischen Privatpersonen bei einer Veräußerung nicht berücksichtigen müsse, denn andernfalls könnte jeder Versuch der Rückforderung von Beihilfen bereits dadurch vereitelt werden, dass ein Unternehmen, das rechtswidrige Beihilfen erhalten habe, durch Vereinbarungen, wie sie hier geschlossen worden seien, veräußert würde. Die Existenz der von Falck mit ACB und Valbruna geschlossenen Vereinbarung sei der Kommission im Übrigen beim Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht bekannt gewesen.

Würdigung durch den Gerichtshof

177 Es ist zunächst festzustellen, dass die Rüge zulässig ist. Zwar kann gemäß Artikel 113 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern, so dass die Befugnisse des Gerichtshofes auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt sind (Urteil vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C-136/92 P, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., Slg. 1994, I-1981, Randnr. 59).

178 Im vorliegenden Fall hat ACB allerdings in ihrer beim Gericht eingereichten Klageschrift tatsächlich geltend gemacht, dass die angeordnete Rückforderung, berücksichtige man die Entwicklung der Marktbedingungen und der Sach- und Rechtslage seit Gewährung der Beihilfen, nicht das Ziel verfolgt habe, das Gleichgewicht auf dem Markt wiederherzustellen und den Wettbewerb verzerrende Auswirkungen zu beseitigen, sondern Sanktionscharakter habe. Das Argument, dass sich die Rückforderung deshalb auf den Wettbewerb nicht mehr auswirke, weil Falck, die sie letztlich zu tragen hätte, nicht mehr ein in der Stahlbranche tätiges Unternehmen sei, dient dazu, dieses in der Klageschrift formulierte Angriffsmittel zu veranschaulichen. Es konnte deshalb ohne Verstoß gegen Artikel 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts gegebenenfalls noch in einem späteren, der Einreichung der Klageschrift beim Gericht nachfolgenden Verfahrensstadium geltend gemacht werden, und da es sich einem im ersten Rechtszug vorgetragenen Angriffsmittel einfügt, kann es nicht von vornherein als im Rechtsmittelverfahren unzulässig betrachtet werden. Das Versäumnis, über ein Argument wie das hier von Falck vorgetragene zu entscheiden, gäbe dem Gerichtshof im Übrigen Veranlassung, dem Rechtsmittel stattzugeben (Urteil vom 17. Dezember 1992 in der Rechtssache C-68/91 P, Moritz/Kommission, Slg. 1992, I-6849, Randnrn. 21 bis 25 und 37 bis 39).

179 Allerdings brauchen die Fragen, ob dieses Argument in der mündlichen Verhandlung klar vorgetragen worden ist und ob das Gericht seine spezielle Beurteilung zu Unrecht versäumt hat, hier nicht geprüft zu werden, da dieses Argument dem Gericht jedenfalls nicht Anlass geboten hätte, dem Klagegrund des Vorliegens einer Sanktion stattzugeben.

180 Wenn nämlich ein Unternehmen, das eine Beihilfe erhalten hat, zum Marktpreis verkauft wurde, so spiegelt der Kaufpreis grundsätzlich die Auswirkungen der zuvor gewährten Beihilfe wider, und der Verkäufer dieses Unternehmens bleibt wegen des von ihm erlangten Kaufpreises Nutznießer der Beihilfe (in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2001 in der Rechtssache C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-6117, Randnrn. 77 und 78).

181 Es ist unter diesen Umständen nicht ungewöhnlich, dass die etwaige Rückzahlung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe, die einem anschließend veräußerten Unternehmen gewährt wurde, letztlich vom Verkäufer zu tragen ist, gegen den bei dieser Sachlage keine Sanktion vorliegt.

182 Im vorliegenden Fall haben Falck und ACB nichts vorgetragen, was belegen könnte, dass ACB nicht zu einem ihr Aktivvermögen reflektierenden Preis veräußert worden wäre, und jedenfalls erklärte sich Falck bereit, die Folgen etwaiger rechtlicher Schwierigkeiten zu tragen, die vor der Veräußerung entstanden waren und bei dieser nicht offenbart oder berücksichtigt wurden. Die Rüge, dass das Gericht über das Vorliegen einer Sanktion nicht entschieden habe, obgleich die Rückzahlung von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen möglicherweise von Falck zu tragen sei, ist deshalb nicht stichhaltig.

ii) Zu der Rüge, durch das Versäumnis einer wirklichen Prüfung, ob die Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, sei die Anordnung der Rückforderung in eine Sanktion umgewandelt worden

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

183 Die zweite von den Rechtsmittelführerinnen erhobene Rüge, mangels einer echten Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt liege eine Sanktion vor, entspricht der oben in Randnummer 124 wiedergegebenen Argumentation zu dem angeblichen Rechtsfehler, der in der Feststellung liege, dass die Kommission bei ihrer Entscheidung über die Vereinbarkeit der Beihilfen zu Recht nur von den Informationen ausgegangen sei, die ihr bereits vorgelegen hätten.

Würdigung durch den Gerichtshof

184 Da die Kommission, wie oben in Randnummer 121 dargelegt, die fraglichen Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklären musste, ist diese Rüge als unbeachtlich zurückzuweisen, ohne dass ihre Stichhaltigkeit geprüft zu werden braucht.

iii) Zu der Rüge, wonach die Irrtümer und Verwechslungen hinsichtlich der verschiedenen Beihilfen und der zurückzufordernden Beträge die Anordnung der Rückforderung in eine Sanktion umgewandelt hätten

185 Die dritte von den Rechtsmittelführerinnen erhobene Rüge, das Gericht habe den in einer Doppelbeurteilung derselben Beihilfe liegenden Sanktionscharakter verkannt, ist ersichtlich gegen die vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen gerichtet. Wie oben in Randnummer 85 erwähnt, obliegt dem Gerichtshof im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens jedoch nicht eine Überprüfung der vom Gericht vorgenommenen Würdigung des Sachverhalts, es sei denn, der dem Gericht unterbreitete Sachverhalt wäre verfälscht worden. Die Rüge ist deshalb im Rechtsmittelverfahren unzulässig.

iv) Zu der Rüge, dass die Anwendung eines übermäßigen Zinssatzes für die Rückzahlung der Beihilfen die Anordnung der Rückforderung in eine Sanktion umgewandelt habe

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

186 Die Rüge, wegen der Anwendung eines übermäßigen Zinssatzes auf die zurückzuzahlenden Beträge liege eine Sanktion vor, ist auf die gleiche von Falck vorgetragene Argumentation gestützt wie die oben in den Randnummern 146 bis 150 referierte Argumentation zum Rechtsmittelgrund einer rechtswidrigen Berechnungsgrundlage der Zinsen und eines diesbezüglichen Begründungsmangels.

Würdigung durch den Gerichtshof

187 Die Argumentation von Falck, wonach der in Nummer 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung genannte Zinssatz rechtswidrig sei, ist im Wesentlichen bereits oben in den Randnummern 156 bis 171 zurückgewiesen worden; wie dort ausgeführt, hat die Anwendung dieses Zinssatzes keinen Sanktionscharakter.

188 Der Rechtsmittelgrund des Verstoßes gegen einen Grundsatz des Verbotes von Entscheidungen mit Sanktionscharakter und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist deshalb zurückzuweisen.

189 Nach alledem ist den Rechtsmitteln nur stattzugeben, soweit das Gericht infolge eines Rechtsfehlers das Vorbringen von ACB, dass die von der Kommission erlassene Anordnung der Rückforderung wegen ihrer Verspätung den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt habe, zurückgewiesen hat. Im Übrigen sind die Rechtsmittel zurückzuweisen.

190 Jedoch hat der Gerichtshof, der gemäß Artikel 54 Absatz 1 seiner EGKS-Satzung den Rechtsstreit insoweit selbst endgültig entscheidet, festgestellt, dass das Tätigwerden der Kommission nach den Umständen des vorliegenden Falls nicht verspätet war und deshalb der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht verletzt wurde. Die Klage von ACB ist deshalb abzuweisen.

Kostenentscheidung:

IV - Kosten

191 Gemäß Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Jedoch kann der Gerichtshof nach Artikel 69 § 3 die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist. Nach Artikel 69 § 4 tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

192 Da beide Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen; die Italienische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T-158/96 (Acciaierie di Bolzano/Kommission) wird aufgehoben, soweit darin der Klagegrund, wonach die von der Kommission erlassene Anordnung der Rückforderung wegen Verspätung den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt, zurückgewiesen wird.

2. Im Übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.

3. Die von der Acciaierie di Bolzano SpA beim Gericht erhobene Nichtigkeitsklage wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens werden in der Rechtssache C-74/00 P von der Falck SpA und in der Rechtssache C-75/00 P von der Bolzano SpA getragen.

5. Die Italienische Republik trägt in den Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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