Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: C-8/06 P
Rechtsgebiete: Statut der Beamten


Vorschriften:

Statut der Beamten Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

29. November 2007(*)

"Rechtsmittel - Beamte - Dienstbezüge - Auslandszulage - Voraussetzung gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts - Begriff 'Dienst für einen anderen Staat'"

Parteien:

In der Rechtssache C-8/06 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 5. Januar 2006,

Anna Herrero Romeu, Prozessbevollmächtigte: R. García-Gallardo Gil-Fournier, D. Domínguez Pérez und A. Sayagués Torres, abogados,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Currall als Bevollmächtigten im Beistand von J. Gutiérrez Gisbert, J. Rivas Andrés und M. Canal, abogados, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Juni 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Frau Herrero Romeu die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005, Herrero Romeu/Kommission (T-298/02, Slg. ÖD 2005, I-A-295 und II-1349, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Juni 2002 über die Versagung der Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) und der damit verbundenen Zulagen (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Nach Art. 69 Satz 1 des Statuts in der zum Zeitpunkt der streitigen Entscheidung geltenden Fassung beträgt die Auslandszulage 16 v. H. des Gesamtbetrags des Grundgehalts sowie der dem Beamten zustehenden Haushaltszulage und der ihm zustehenden Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder.

3 Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts sieht vor, dass die Auslandszulage gewährt wird:

"a) Beamten, die

- die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben und

- während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben. Bei Anwendung dieser Vorschrift bleibt die Lage unberücksichtigt, die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt.

..."

Sachverhalt

4 Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Randnrn. 3 bis 8 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst:

"3 Die Klägerin, eine spanische Staatsangehörige, übte von Januar 1993 bis November 2001 aufgrund eines Vertrages mit dem Patronat Català Pro Europa (im Folgenden: Patronat Català) vom 15. Januar 1993 in dessen Brüsseler Vertretung ihre Berufstätigkeit aus. Das Patronat Català ist damit betraut, die Interessen der Regierung der Autonomen Gemeinschaft Katalonien (Comunidad Autónoma de Cataluña) bei den Gemeinschaftsorganen in Brüssel zu vertreten.

4 Am 16. November 2001 trat die Klägerin als Beamtin in den Dienst der Kommission. Der für die Gewährung der Auslandszulage maßgebliche Fünfjahreszeitraum im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts, der so genannte 'Bezugszeitraum', erstreckte sich in ihrem Fall vom 16. Mai 1996 bis zum 15. Mai 2001.

5 Am 19. November 2001 hatte die Klägerin ein Gespräch mit den Dienststellen der Generaldirektion (GD) Personal und Verwaltung zum Zweck der Feststellung ihrer Rechte und der Ergänzung ihres zum Dienstantritt erstellten Personalbogens. Im Laufe dieses Treffens wurde ihr mündlich mitgeteilt, dass ihr die Auslandszulage vorläufig nicht gewährt werden könne. In dem am selben Tag angefertigten Personalbogen war ebenfalls vermerkt, dass ihr die Auslandszulage verweigert werde.

6 Am 18. Januar 2002 sandte die Klägerin dem Leiter des Referats Verwaltung der individuellen Rechte der GD Personal und Verwaltung ein Schreiben, in dem sie ihn um Mitteilung der Bestimmungen über Zulagen für neu eingestellte Beamte bat, die zuvor für Vertretungen der Regionen in Brüssel gearbeitet haben. Da dieses Schreiben von der Kommission nicht beantwortet wurde, wiederholte die Klägerin ihre Bitte mit Schreiben vom 14. Februar 2002.

7 Am 14. Februar 2002 legte die Klägerin gegen die Entscheidung vom 19. November 2001 Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts ein.

8 Mit [der streitigen] Entscheidung ... wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde der Klägerin zurück. Aus dieser Entscheidung geht hervor, dass die Auslandszulage und die damit verbundenen Zulagen der Klägerin nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts versagt wurden, weil sie während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren ihren ständigen Wohnsitz in Brüssel gehabt und dort ihre berufliche Tätigkeit ausgeübt habe. Insbesondere führte die Anstellungsbehörde aus, dass die berufliche Tätigkeit der Klägerin im Dienst des Patronat Català nicht als 'Dienst für einen anderen Staat' im Sinne der in dem betreffenden Artikel 4 vorgesehenen Ausnahme angesehen werden könne und daher nicht berücksichtigt werden könne."

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5 Mit Klageschrift, die am 1. Oktober 2002 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

6 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage abgewiesen, die die Rechtsmittelführerin auf vier Klagegründe - Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts, fehlerhafte Tatsachenwürdigung, Verstoß gegen die Begründungspflicht und Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz - gestützt hatte.

7 Zum ersten Klagegrund hat das Gericht in Randnr. 26 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass sich die Frage stelle, ob die Arbeit, die die Rechtsmittelführerin in der Vertretung des Patronat Català in Brüssel verrichtet habe, als Dienst für einen anderen Staat im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII anzusehen sei.

8 Zur Begründung der Zurückweisung dieses Klagegrundes hat das Gericht zunächst in Randnr. 29 des angefochtenen Urteils daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus der allgemeinen Systematik des EG-Vertrags und des EAG-Vertrags eindeutig hervorgehe, dass der Begriff des Mitgliedstaats im Sinne der institutionellen Bestimmungen nur die Regierungsbehörden der Mitgliedstaaten erfasse und nicht auf die Regierungen von Regionen oder Autonomen Gemeinschaften erstreckt werden könne, welchen Umfang die ihnen zuerkannten Befugnisse auch haben möchten.

9 In Randnr. 30 des angefochtenen Urteils hat es dann im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bestimmungen des Statuts durch eine präzise Ausdrucksweise gekennzeichnet seien, die ihre analoge Anwendung auf nicht ausdrücklich geregelte Fälle ausschließe. Schließlich hat es in Randnr. 31 des genannten Urteils darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber den Ausdruck "Staat" gewählt habe, obwohl es bereits bei Erlass des Statuts Mitgliedstaaten mit föderaler oder regionaler Struktur wie etwa die Bundesrepublik Deutschland gegeben habe und nicht nur Staaten mit zentralistischer Struktur. Daraus hat es gefolgert, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber, wenn er politische Untereinheiten oder Gebietskörperschaften in den betreffenden Artikel hätte aufnehmen wollen, dies ausdrücklich getan hätte.

10 Das Gericht hat daraus in Randnr. 32 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass der Begriff "Staat" in Art. 4 des Anhangs VII des Statuts nur auf den Staat als juristische Person und einheitliches Völkerrechtssubjekt sowie auf seine Regierungsorgane abstelle.

11 In Randnr. 33 des angefochtenen Urteils hat es daraus abgeleitet, dass der Ausdruck "Dienst für einen anderen Staat" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts dahin zu verstehen sei, dass er sich nicht auf den Dienst für Regierungen der politischen Untereinheiten der Staaten beziehe.

12 In den Randnrn. 35 bis 42 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch weitere Argumente der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen.

13 In Randnr. 35 ist es dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht gefolgt, dass es im Gemeinschaftsrecht einen autonomen Staatsbegriff gebe, der die dezentralisierten Einheiten umfasse. In den Randnrn. 36 und 37 ist es den Argumenten entgegengetreten, die auf die eigenen Zuständigkeiten der Autonomen Gemeinschaften in der spanischen Rechtsordnung und den Wortlaut einer Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts vom 26. Mai 1994 gestützt waren. In den Randnrn. 38 bis 40 ist es den Argumenten nicht gefolgt, dass die Rechtsmittelführerin demselben Krankenversicherungssystem und derselben Besteuerung unterlegen habe wie die Bediensteten der Ständigen Vertretung des Königreichs Spanien bei der Europäischen Union in Brüssel. In den Randnrn. 41 und 42 schließlich hat es das auf die Beteiligung der Vertreter der Autonomen Gemeinschaften an den Beratenden Ausschüssen der Kommission gestützte Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen.

14 Zur Begründung der Zurückweisung des zweiten, auf eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung der Kommission gestützten Klagegrundes hat das Gericht in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerin im Bezugszeitraum ständig in Brüssel gewohnt und ihre hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt habe und sich dort auch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befunden habe. In Randnr. 59 des Urteils hat es ausgeführt, dass diese Schlussfolgerung auch nicht durch die Anhaltspunkte in Frage gestellt werde, mit denen die Klägerin beweisen wolle, dass sich der Mittelpunkt ihrer Interessen während des fraglichen Zeitraums in Spanien befunden habe.

15 Den auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gestützten dritten Klagegrund hat das Gericht mit dem Hinweis in den Randnrn. 68 bis 70 des angefochtenen Urteils darauf zurückgewiesen, dass die Rechtsmittelführerin vollständige Kenntnis von den Gründen gehabt habe, aus denen die Anstellungsbehörde ihr die Auslandszulage versagt habe.

16 Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 81 und 82 des angefochtenen Urteils entschieden, dass dem vierten, auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Klagegrund der Rechtsmittelführerin kein Erfolg beschieden sein könne, weil ein Verstoß gegen diesen Grundsatz nicht nachgewiesen worden sei.

17 Den Antrag auf Gewährung der mit der Auslandszulage verbundenen Zulagen hat das Gericht in Randnr. 84 des angefochtenen Urteils unter Hinweis auf die zuvor getroffene Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin keinen Anspruch auf die Auslandszulage habe, zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelanträge der Verfahrensbeteiligten

18 Die Rechtsmittelführerin beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und

- der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

19 Die Kommission beantragt,

- das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen;

- der Rechtsmittelführerin die Kosten des vorliegenden Rechtszugs aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

20 Mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es die Wendung "Lage ..., die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat ... ergibt", in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts falsch ausgelegt habe. Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile.

21 Die Rechtsmittelführerin macht erstens geltend, das Gericht habe die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Ausnahme eng ausgelegt. Damit sei es aber von seiner früheren Rechtsprechung, und zwar konkret von seinem Urteil vom 30. März 1993, Vardakas/Kommission (T-4/92, Slg. 1993, II-357, Randnr. 34), abgewichen, in dem es entschieden habe, dass diese Bestimmung als Ausnahme von einer Ausnahme weit auszulegen sei.

22 Zweitens liege der Grund für diese Ausnahme darin, dass bei den von ihr erfassten Personen aufgrund der zeitlichen Begrenztheit ihrer Abordnung in den Dienststaat nicht angenommen werden könne, dass sie ein dauerhaftes Band zu diesem Staat geknüpft hätten.

23 Durch den Ausschluss des Dienstes für den betreffenden Mitgliedstaat, der über die Autonomen Gemeinschaften geleistet werde, vom Anwendungsbereich dieser Ausnahme werde aber im angefochtenen Urteil der Grund für diese Bestimmung außer Acht gelassen und außerdem eine Diskriminierung eingeführt zwischen denjenigen Beamten, die den Dienst für diesen Staat im Rahmen einer Ständigen Vertretung über die Zentralverwaltung geleistet hätten, denen der Anspruch auf die Auslandszulage zuerkannt werde (Urteil des Gerichts vom 13. September 2005, Hosman-Chevalier/Kommission, T-72/04, Slg. 2005, II-3265, Randnr. 40), und den Beamten, die diesen Dienst über die Verwaltung einer Autonomen Gemeinschaft geleistet hätten. In beiden Fällen habe der Beamte nämlich vor seinem Eintritt in den Dienst der Gemeinschaften aufgrund der zeitlichen Begrenztheit seiner Abordnung in den Dienststaat kein dauerhaftes Band zu diesem Staat geknüpft. Worauf es letztlich ankomme, sei, ob das Band, das der Beamte zu seinem Dienststaat geknüpft habe, dauerhaft sei oder nicht.

24 Diese weite Auslegung führe schließlich entgegen den Ausführungen des Gerichts in Randnr. 32 des angefochtenen Urteils nicht dazu, dass alle öffentlichen Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit als "Staat" angesehen würden. Von einer solchen Auslegung würden nur die Einrichtungen erfasst, die - wie im Fall der Autonomen Gemeinschaften - über Befugnisse auf gemeinschaftlichem Gebiet verfügten, und sie habe den Vorteil, mit anderen Bestimmungen des EG-Vertrags wie denjenigen über die staatlichen Beihilfen oder die öffentlichen Aufträge in Einklang zu stehen.

25 Die Kommission trägt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung erstens vor, dass das Gericht die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Ausnahme nicht eng, sondern, unter Vorbehalt des Erfordernisses unmittelbarer rechtlicher Beziehungen zwischen dem Betroffenen und dem jeweiligen Mitgliedstaat, weit ausgelegt habe. Im vorliegenden Fall habe die Rechtsmittelführerin jedoch keine solchen rechtlichen Beziehungen zum Königreich Spanien gehabt.

26 Zweitens macht sie geltend, das Vorbringen der Rechtsmittelführerin gründe auf einer falschen Prämisse, die sich durch die ganze Argumentation ziehe. Die Rechtsmittelführerin bringe zwei Konzepte durcheinander, nämlich zum einen die ratio legis der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts geregelten Ausnahme und zum anderen die ratio legis der Verwendung des Begriffs "Staat" in dieser Ausnahme. Es sei aber nur die Auslegung des Begriffs "Staat", die vor dem Gericht erörtert worden sei und auf die es ankomme.

27 Es gebe auch keine Diskriminierung zwischen den Beamten, die den Dienst für den betreffenden Mitgliedstaat dadurch geleistet hätten, dass sie ihn im Rahmen einer zur Zentralverwaltung dieses Staates gehörenden Ständigen Vertretung erbracht hätten, und denjenigen, die ihren Dienst über eine Autonome Gemeinschaft geleistet hätten. Die beiden Fälle seien nämlich hinsichtlich der ausgeübten Aufgaben nicht vergleichbar, weil, wie Randnr. 37 des angefochtenen Urteils zu entnehmen sei, die Vertretungen der Autonomen Gemeinschaften den Auftrag hätten, die Interessen der von ihnen vertretenen Verwaltungen wahrzunehmen, und diese Interessen weder mit denjenigen der anderen Autonomen Gemeinschaften noch mit denen des Königreichs Spanien als Staat zwangsläufig zusammenfielen.

28 Jedenfalls müsse man sich an die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers halten, der nicht die Absicht gehabt habe, die politischen Untereinheiten eines Staates wie die Regierungen der Regionen, der Autonomen Gemeinschaften oder anderer Gebietskörperschaften in die genannte Ausnahme mit einzubeziehen.

29 Außerdem wären, wie vom Gericht in Randnr. 32 des angefochtenen Urteils ausgeführt, nach der von der Rechtsmittelführerin vorgeschlagenen Auslegung "sämtliche öffentlichen Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, denen eine Zentralregierung interne Befugnisse übertragen hat, einschließlich der Gemeinden und sämtlicher Einrichtungen, denen die Verwaltung Aufgaben übertragen hat, als Staaten anzusehen".

30 Was das Vorbringen betreffe, dass "es letztlich [darauf] ankommt, ..., ob das Band, das der Beamte zu seinem Dienststaat geknüpft hat, dauerhaft ist oder nicht", so handele es sich um eine neue Frage, die zumindest nicht in dieser Weise vor dem Gericht aufgeworfen worden sei und deren Zulässigkeit folglich zweifelhaft sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Zulässigkeit

31 Nach Ansicht der Kommission stellt das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass "es letztlich [darauf] ankommt, ..., ob das Band, das der Beamte zu seinem Dienststaat geknüpft hat, dauerhaft ist oder nicht", möglicherweise eine neue Frage oder zumindest eine Frage dar, die nicht in dieser Weise vor dem Gericht aufgeworfen worden sei.

32 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass sich aus Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs in Verbindung mit Art. 113 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ergibt, dass der Rechtsmittelführer im Rahmen eines Rechtsmittels jedes erhebliche Argument vortragen darf, sofern das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändert (Urteil vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C-229/05 P, Slg. 2007, I-439, Randnr. 66).

33 Es ist festzustellen, dass das erwähnte Vorbringen zur Stützung des Rechtsmittelgrundes vorgetragen wird, mit dem ein Verstoß des Gerichts gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts gerügt wird. Auch wenn dieses Argument daher vor dem Gericht nicht genauso formuliert wurde, wie in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils wiedergegeben, verändert es doch nicht den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand und stellt somit kein neues Angriffsmittel im Sinne des Art. 42 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs dar.

34 Der einzige von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Rechtsmittelgrund ist demnach in vollem Umfang zulässig.

Zur Begründetheit

35 Die Entscheidung über den von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Rechtsmittelgrund hängt davon ab, ob das Gericht die Wendung "Dienst für einen anderen Staat" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts rechtsfehlerhaft ausgelegt hat.

36 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission der Begriff "Staat" nicht aus der Wendung, deren Bestandteil er ist, herausgelöst werden kann, um gesondert ausgelegt zu werden. Um die Bedeutung eines gemeinschaftsrechtlichen Begriffs wie desjenigen des Dienstes für einen anderen Staat zu ermitteln, ist dieser Begriff in seiner Gesamtheit zu betrachten und nach Maßgabe der Systematik und der Ziele der Regelung auszulegen, deren Teil er ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Mai 2000, KVS International, C-301/98, Slg. 2000, I-3583, Randnr. 21, vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C-156/98, Slg. 2000, I-6857, Randnr. 50, vom 14. Juni 2001, Kvaerner, C-191/99, Slg. 2001, I-4447, Randnr. 30, und vom 16. Mai 2002, Schilling und Nehring, C-63/00, Slg. 2002, I-4483, Randnr. 24).

37 Die Auslandszulage nach Art. 69 des Statuts, die nach den Modalitäten des Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts gewährt wird, der die Wendung "Dienst für einen anderen Staat" enthält, soll nach ständiger Rechtsprechung die besonderen Belastungen und Nachteile ausgleichen, die der Dienstantritt bei den Gemeinschaften für die Beamten mit sich bringt, die hierdurch gezwungen sind, von ihrem Wohnstaat in den Dienststaat umzuziehen und sich in eine neue Umgebung zu integrieren. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage vorliegen, hängt auch von der subjektiven Situation des Beamten ab, d. h. vom Grad seiner Integration in die neue Umgebung, wie er sich beispielsweise aus seinem ständigen Wohnsitz oder der Ausübung einer hauptberuflichen Tätigkeit ergibt (vgl. Urteile vom 15. September 1994, Magdalena Fernández/Kommission, C-452/93 P, Slg. 1994, I-4295, Randnr. 20, und vom 21. Juni 2007, Kommission/Hosman-Chevalier, C-424/05 P, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 35).

38 Durch die Gewährung der Auslandszulage sollen somit die faktischen Ungleichheiten ausgeglichen werden, die zwischen Beamten, die in die Gesellschaft des Dienststaats integriert sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, bestehen (Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 36).

39 In einer solchen Auslandssituation im Sinne der Auslandszulage befindet sich auch ein Beamter, der zwar während eines sechs Monate vor seinem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren im europäischen Hoheitsgebiet des Staates, in dem sein Dienstort liegt, seinen Wohnsitz gehabt oder eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat, aber im Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation gestanden hat (Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 37).

40 Der Dienst "für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation" hat nämlich zur Folge, dass das spezifische Band des Betreffenden zu diesem anderen Staat oder dieser internationalen Organisation bestehen bleibt und so verhindert, dass ein dauerhaftes Band zum Dienststaat geknüpft wird und es dadurch zu einer hinreichenden Integration des Betreffenden in die Gesellschaft dieses Staates kommt (Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 38).

41 Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts ist nicht zu entnehmen, dass der Dienst "für einen anderen Staat" zwangsläufig ein Dienst für einen Mitgliedstaat der Europäischen Union sein müsste. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Praxis die späteren Unionsbeamten ihren Dienst in den meisten Fällen für einen Mitgliedstaat und nicht für einen Drittstaat ausüben.

42 Da es auch um die Drittstaaten geht, ist für die Auslegung des Begriffs "Staat" im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts das Völkerrecht heranzuziehen, das die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten regelt.

43 Auch wenn sich die innerstaatliche Kompetenzverteilung je nach dem institutionellen Aufbau der einzelnen Staaten unterscheidet, ist unter einem Staat im Völkerrecht ein einheitliches Rechtssubjekt zu verstehen. Bei Zugrundelegung dieser Konzeption ist es erforderlich, dass der Staat bei den anderen Staaten und den internationalen Organisationen durch ein einheitliches System der diplomatischen Vertretung vertreten wird, das ein Reflex der Einheitlichkeit des Staates auf internationaler Ebene ist.

44 Der Gerichtshof hat insoweit bereits entschieden, dass zwar nicht nur dann davon ausgegangen werden kann, dass der betreffende Beamte im Dienst für "einen anderen Staat" gestanden hat, wenn er bei der Zentralverwaltung dieses anderen Staates beschäftigt war, dass aber seine funktionelle Eingliederung in die Ständige Vertretung dieses Staates ein entscheidender Gesichtspunkt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 42).

45 In Randnr. 43 des Urteils Kommission/Hosman-Chevalier hat der Gerichtshof nämlich ausgeführt, dass der besondere Status der betreffenden Person als Mitglied des Personals einer Ständigen Vertretung ihr spezifisches Band zu dem fraglichen Mitgliedstaat begründet habe. Dieser privilegierte Status, der es ihr ermöglicht habe, in den Genuss verschiedener Vorrechte und Befreiungen nach dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen zu gelangen, errichte als solcher ein Hindernis dafür, dass sie ein dauerhaftes Band zum Dienststaat knüpfen und sich damit hinreichend in die Gesellschaft dieses Staates integrieren könne.

46 Die vorstehenden Ausführungen finden im Übrigen Bestätigung in einem damit in Einklang stehenden Argument, das sich aus einem der Aktenstücke ergibt. Das Königreich Spanien hat nämlich auf die im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellte Frage des Gerichts insoweit unwidersprochen erklärt, dass die Beamten aufgrund ihrer Eingliederung in die spanische Ständige Vertretung und ihrer Akkreditierung bei den belgischen Behörden ihren gesetzlichen Wohnsitz in ihrem Herkunftsmitgliedstaat beibehielten und die zuständigen Behörden sie, da sie bei den Gemeinden des Königreichs Belgien nicht gemeldet seien, nicht so behandelten, als hätten sie ihren Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat.

47 Auch solche Umstände sind aber geeignet, zu verhindern, dass sich diese Beamten hinreichend in den Dienstmitgliedstaat integrieren, und können daher dazu beitragen, dass sich die Beamten in einer Auslandssituation im Sinne der Auslandszulage befinden.

48 Die Rechtsmittelführerin rügt insoweit, wie in Randnr. 23 des vorliegenden Urteils erwähnt, dass das Gericht eine Diskriminierung einführe zwischen denjenigen Beamten, die den Dienst für den Staat im Rahmen einer Ständigen Vertretung über die Zentralverwaltung geleistet hätten, denen der Anspruch auf die Auslandszulage zuerkannt werde, und den Beamten, die einen solchen Dienst über die Verwaltung einer Autonomen Gemeinschaft geleistet hätten.

49 Die Frage, ob der Dienst für den Staat über dessen Zentralverwaltung oder über die Verwaltung einer Autonomen Gemeinschaft erbracht wurde, ist jedoch entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht das für die Gewährung der Auslandszulage maßgeblich zu berücksichtigende Abgrenzungskriterium.

50 Sowohl bei den Bediensteten, die den Dienst für den Staat über die Zentralverwaltung erbringen, als auch bei denjenigen, die für eine Autonome Gemeinschaft über deren Verwaltung Dienst leisten, ist nämlich davon auszugehen, dass sie sich in einer Auslandssituation im Sinne der Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts befinden, vorausgesetzt allerdings, dass die Bediensteten förmlich in die Ständige Vertretung dieses Staates eingegliedert sind.

51 Im vorliegenden Fall steht aber fest, dass die Rechtsmittelführerin im Bezugszeitraum nicht im Dienst der spanischen Zentralverwaltung stand und auch nicht förmlich in die Ständige Vertretung des Königreichs Spanien bei der Europäischen Union eingegliedert war.

52 Unter diesen Umständen ist das auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützte Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen.

53 Außerdem ist beispielsweise darauf hinzuweisen, dass nach der am 9. Dezember 2004 von der spanischen Regierung im Rahmen der Conferencia para Asuntos con las Comunidades Europeas erlassenen Regelung über die Abteilung für Angelegenheiten der Autonomen Gemeinschaften in der Ständigen Vertretung des Königreichs Spanien bei der Europäischen Union und über die Beteiligung der Autonomen Gemeinschaften an den Arbeitsgruppen des Rates der Europäischen Union - auch wenn es diese Regelung in dem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebenden Zeitraum noch nicht gab und sie deshalb auf ihn keine Anwendung findet - in Spanien bei der genannten Ständigen Vertretung mindestens zwei Stellen für Berater in den autonomen Angelegenheiten mit Beamten der Autonomen Gemeinschaften besetzt werden, die auf innerstaatlicher Ebene über Kompetenzen verfügen, aber in die Ständige Vertretung eingegliedert sind.

54 Da also für die Auslegung der Wendung "Dienst für einen anderen Staat" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts allein die Tatsache, dass der Dienst bei der Ständigen Vertretung eines Staates ausgeübt wird, relevant ist, hat das Gericht die betreffende Wendung in Randnr. 33 des angefochtenen Urteils somit rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass sie sich nicht auf den Dienst für die Regierungen der politischen Untereinheiten der Staaten bezieht.

55 Aus alledem folgt, dass das Rechtsmittel zurückzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

56 Nach Art. 69 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 70 der Verfahrensordnung tragen in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst. Nach Art. 122 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verfahrensordnung findet jedoch Art. 70 keine Anwendung, wenn das Rechtsmittel von einem Beamten oder sonstigen Bediensteten eines Organs gegen dieses eingelegt worden ist. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Frau Herrero Romeu trägt die Kosten.

Ende der Entscheidung

Zurück