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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.02.1996
Aktenzeichen: C-8/94
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, RiLi 79/7 EWG


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
RiLi 79/7 EWG Art. 4 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, daß eine nationale gesetzliche Sozialhilferegelung für ältere oder teilweise arbeitsunfähige Langzeitarbeitslose, die eine Versorgung in Höhe des Existenzminimums vorsieht, die für die Zuerkennung der Leistung das Vermögen unberücksichtigt lässt und den Anspruch auf die Leistung von der vorausgegangenen Erwerbstätigkeit des Betroffenen und von seinem Alter abhängig macht, keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts enthält, selbst wenn feststeht, daß wesentlich mehr Männer als Frauen in dieser Regelung eine Möglichkeit finden, der Voraussetzung betreffend das Vermögen zu entgehen, die im Rahmen einer anderen Regelung gilt, die weniger günstig ist, obwohl sie eine gleichartige Versorgung bietet, da der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise davon ausgehen konnte, daß die Regelung erforderlich war, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat.

Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber den Arbeitslosen, die nach Ablauf der höchstzulässigen Bezugsdauer der allein nach Maßgabe ihres eigenen Einkommens bestimmten individuellen Leistung noch arbeitslos sind, vor der Gefahr schützen will, ein Vermögen aufzehren zu müssen, das sie aus den Ersparnissen des Erwerbseinkommens während ihres gesamten Berufslebens gebildet haben, angesichts der sehr geringen Wahrscheinlichkeit, daß sie ihr Vermögen durch Aufnahme einer bezahlten Berufstätigkeit ersetzen können, und wenn er die Voraussetzungen für den Bezug dieser Leistung so formuliert, daß sie nur dieser Gruppe von Arbeitslosen zugute kommt.


Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 8. Februar 1996. - C. B. Laperre gegen Bestuurscommissie beroepszaken in de provincie Zuid-Holland. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Raad van State - Niederlande. - Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit - Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG - Gesetzliches Sozialhilfesystem für ältere und/oder teilweise arbeitsunfähige Langzeitarbeitslose - Zuerkennungsvoraussetzungen betreffend die vorausgegangene Erwerbstätigkeit und das Lebensalter. - Rechtssache C-8/94.

Entscheidungsgründe:

1 Der niederländische Raad van State hat mit Urteil vom 14. Dezember 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Januar 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Laperre und der Bestuurscommissie beröpszaken in de provincie Zuid-Holland (Verwaltungsausschuß für Rechtsbehelfsverfahren in der Provinz Süd-Holland; im folgenden: Bestuurscommissie) über die Ablehnung eines Antrags auf eine Leistung nach dem Wet inkomensvoorziening oudere en gedeeltelijk arbeidsongeschikte werkloze werknemers (Gesetz über die Versorgung älterer und teilweise arbeitsunfähiger arbeitsloser Arbeitnehmer; im folgenden: IOAW).

3 Aus den Akten geht hervor, daß die Fragen zwei Sozialhilferegelungen in den Niederlanden betreffen, die für Arbeitslose ein Einkommen in Höhe des Existenzminimums sicherstellen.

4 Die erste, allgemeine Regelung wurde durch die Rijksgröpsregeling werklose werknemers (Reichsgruppenregelung für arbeitslose Arbeitnehmer; im folgenden: RWW) getroffen. Diese auf der Grundlage des Algemene Bijstandswet (Allgemeines Sozialhilfegesetz) erlassene Regelung sieht die Gewährung einer Leistung an arbeitslose Arbeitnehmer vor, die nicht über ausreichende Mittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verfügen. Die Zuerkennung und die Beibehaltung des Leistungsanspruchs nach der RWW unterliegen insbesondere der Voraussetzung, daß das Vermögen des Betroffenen das in den niederländischen Rechtsvorschriften vorgesehene "geringe Vermögen" nicht übersteigt.

5 Die zweite, spezielle Regelung wurde durch das IOAW getroffen, das die Gewährung einer Leistung an ältere und teilweise arbeitsunfähige Langzeitarbeitslose vorsieht. Die Gewährung dieser Leistung hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab, die die vorausgegangene Erwerbstätigkeit des Betroffenen, sein Alter oder seine mögliche Arbeitsunfähigkeit betreffen. Im Unterschied zur RWW macht das IOAW die Gewährung der von ihm vorgesehenen Leistung nicht von einer das Vermögen des Betroffenen betreffenden Voraussetzung abhängig.

6 So ist gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a IOAW für die Anwendung dieses Gesetzes unter einem arbeitslosen Arbeitnehmer eine Person zu verstehen, die

"1. arbeitslos ist und noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat;

2. nach Vollendung des 50. Lebensjahres, jedoch vor Erreichen des Alters von 57,5 Jahren arbeitslos geworden ist, und

3. seitdem während der vollen Leistungszeit im Sinne der Artikel 42 Absätze 1 und 2, 43 Absatz 2 und 49 Absatz 1 sowie, soweit anwendbar, 76 der Werkloosheidswet [Gesetz über die Arbeitslosigkeit] eine Leistung wegen Lohnausfalls und eine Folgeleistung aufgrund dieses Gesetzes erhalten hat."

7 Bis 31. Mai 1989 bezog Frau Laperre Arbeitslosenunterstützung nach dem RWW. Am 1. Juni 1989 stellte die zuständige Behörde, die Gemeinde Den Haag, die Zahlung dieser Leistung mit der Begründung ein, daß ihr Vermögen das gesetzlich vorgesehene "geringe Vermögen" übersteige.

8 Am 20. Juni 1989 stellte Frau Laperre bei dieser Gemeinde einen Antrag auf eine Leistung nach dem IOAW. Es ist unstreitig, daß sie zu dieser Zeit 52 Jahre alt und voll arbeitsfähig war.

9 Die beantragte Leistung wurde mit der Begründung verweigert, daß Frau Laperre nicht als arbeitslose Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a IOAW angesehen werden könne.

10 Durch Entscheidung vom 25. Juni 1991 bestätigte die mit einer Beschwerde gegen die Entscheidung der Gemeinde Den Haag befasste Bestuurscommissie diese Ablehnung. Frau Laperre legte hiergegen Berufung beim Raad van State ein. Sie machte insbesondere geltend, die Anforderungen des IOAW an vorausgegangene Erwerbstätigkeit und Alter enthielten eine mittelbare Diskriminierung von Frauen, da Frauen sehr viel seltener als Männer diese Voraussetzungen erfuellen könnten. Demnach verstießen diese Voraussetzungen gegen Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie, in dem es heisst:

"Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im besonderen betreffend:

° den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,

..."

11 Der Raad van State verweist in seinem Vorlageurteil auf Statistiken des Centraal Bureau voor de Statistiek (Zentrales Amt für Statistik; im folgenden: CBS), aus denen hervorgehe, daß 1989 sehr viel mehr Männer als Frauen eine Leistung nach dem IOAW erhalten hätten (Sociaal culturele berichten 1991-15). Er stellt ausserdem fest, daß in den Niederlanden sehr viel mehr Männer als Frauen berufstätig seien (CBS, Statistisches Jahrbuch 1993, S. 101).

12 Da diese Umstände eine mittelbare Diskriminierung vermuten ließen und die Entscheidung des Rechtsstreits daher von der Auslegung der Richtlinie abhänge, hat der Raad van State das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Dezember 1978 dahin auszulegen, daß es grundsätzlich gegen diesen Artikel verstösst, wenn eine nationale gesetzliche Regelung wie die des IOAW eine Versorgung in Höhe des Existenzminimums vorsieht, die ° soweit hier von Belang ° bei der Zuerkennung der Leistung das Vermögen unberücksichtigt lässt und den Anspruch auf die Leistung von ° kurz gesagt ° der vorausgegangenen Erwerbstätigkeit und dem Alter abhängig macht, während im Rahmen einer anderen nationalen gesetzlichen Regelung wie der Sozialhilferegelung der RWW, die ebenfalls eine Versorgung auf der Höhe des Existenzminimums bietet, sehr wohl das Vermögen berücksichtigt wird, wenn feststeht, daß eine wesentlich grössere Zahl von Männern als von Frauen in den Anwendungsbereich dieser günstigeren Regelung des IOAW fällt?

2. Kann die Anwendung der ersteren in Frage 1 genannten Regelung, die dazu führt, daß bei einer erheblich grösseren Zahl von Männern als von Frauen die in den Sozialhilfevorschriften vorgesehene Berücksichtigung des Vermögens nicht erfolgt, damit gerechtfertigt werden, daß die Zielgruppe dieser Regelung geringe Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt hat und deshalb nicht oder kaum die Gelegenheit erhält, einmal aufgezehrtes Vermögen wieder zu ersetzen?

13 Diese Fragen des vorlegenden Gerichts gehen im wesentlichen dahin, ob Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie so auszulegen ist, daß eine nationale gesetzliche Regelung wie die des IOAW, die eine Versorgung in Höhe des Existenzminimums vorsieht, die für die Zuerkennung der Leistung das Vermögen unberücksichtigt lässt und den Anspruch auf die Leistung von der vorausgegangenen Erwerbstätigkeit des Betroffenen und von seinem Alter abhängig macht, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts enthält, wenn feststeht, daß wesentlich mehr Männer als Frauen in dieser Regelung eine Möglichkeit finden, der Voraussetzung betreffend das Vermögen zu entgehen, die im Rahmen einer anderen Regelung wie derjenigen der RWW gilt, die zwar eine gleichartige Versorgung bietet, aber weniger günstig ist, oder ist diese Vorschrift so auszulegen, daß die fragliche Regelung keine solche Diskriminierung enthält, weil sie durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

14 Nach ständiger Rechtsprechung steht Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie der Anwendung einer nationalen Maßnahme entgegen, die zwar neutral formuliert ist, tatsächlich aber einen viel höheren Prozentsatz der Frauen als der Männer benachteiligt, es sei denn, daß diese Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Dies ist der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des Mitgliedstaats dienen, um dessen Rechtsvorschriften es geht, und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind ( vgl. Urteil vom 24. Februar 1994 in der Rechtssache C-343/92, Roks u. a., Slg. 1994, I-571, Randnrn. 33 und 34; vgl. ausserdem Urteil vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-444/93, Megner und Scheffel, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24).

15 Die niederländische Regierung macht geltend, daß die RWW in dem System, das der nationale Gesetzgeber eingerichtet habe, arbeitslosen Arbeitnehmern ein Einkommen in Höhe des Existenzminimums garantiere, sofern ihr Vermögen nicht die festgesetzte Grenze übersteige und sie bestimmte besondere Verpflichtungen erfuellten; dadurch sollten die Betroffenen dazu angehalten werden, ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Die Regelung der RWW ziele somit darauf ab, die Wiedereingliederung der arbeitslosen Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt sicherzustellen.

16 Die Regelung des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a IOAW verfolge hingegen einen besonderen Zweck. Die im IOAW vorgesehene Leistung, die ebenfalls ein Einkommen in Höhe des Existenzminimums garantiere, sei für arbeitslose Arbeitnehmer bestimmt, die ziemlich lange Zeit ein Erwerbseinkommen bezogen hätten, nach dem Verlust ihrer Arbeit lange Zeit eine individuelle Leistung allein nach Maßgabe ihres eigenen Einkommens bezogen hätten, auch nach Ablauf der höchstzulässigen Bezugsdauer dieser Leistung noch arbeitslos seien und wenig Aussicht hätten, bis zum Eintritt in das Rentenalter wieder eine Beschäftigung zu finden. Daß in der Regelung des IOAW ein Vermögenskriterium fehle, sei dadurch zu erklären, daß der Gesetzgeber die durch diese Regelung potentiell Begünstigten vor der Gefahr habe schützen wollen, ein Vermögen aufzehren zu müssen, das sie aus den Ersparnissen des Erwerbseinkommens während ihres gesamten Berufslebens gebildet hätten, denn es sei kaum wahrscheinlich, daß sie ihr Vermögen durch Aufnahme einer bezahlten Berufstätigkeit ersetzen könnten.

17 Die niederländische Regierung fügt hinzu, die Voraussetzungen für den Bezug der Leistung nach dem IOAW seien so formuliert, daß sie nur den zu der eben beschriebenen Gruppe gehörenden Personen zugute kommen könnten.

18 Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts sind die Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik zuständig (vgl. Urteil vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-229/89, Kommission/Belgien, Slg. 1991, I-2205, Randnr. 22). Daher haben sie die geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung ihrer sozialpolitischen Ziele auszuwählen. Bei der Ausübung dieser Befugnis verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. Urteil Megner und Scheffel, a. a. O., Randnr. 29).

19 Das von der niederländischen Regierung genannte Ziel gehört zur Sozialpolitik dieses Staates, es hat objektiv nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun, und der nationale Gesetzgeber konnte bei der Ausübung seiner Befugnis in vertretbarer Weise davon ausgehen, daß die betreffenden Rechtsvorschriften zur Erreichung dieses Ziels erforderlich waren.

20 Unter diesen Umständen kann in den betreffenden Rechtsvorschriften keine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie gesehen werden.

21 Auf die Vorlagefragen ist somit zu antworten, daß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, daß eine nationale gesetzliche Regelung wie die des IOAW, die eine Versorgung in Höhe des Existenzminimums vorsieht, die für die Zuerkennung der Leistung das Vermögen unberücksichtigt lässt und den Anspruch auf die Leistung von der vorausgegangenen Erwerbstätigkeit des Betroffenen und von seinem Alter abhängig macht, keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts enthält, selbst wenn feststeht, daß wesentlich mehr Männer als Frauen in dieser Regelung eine Möglichkeit finden, der Voraussetzung betreffend das Vermögen zu entgehen, die im Rahmen einer anderen Regelung wie derjenigen der RWW gilt, die zwar eine gleichartige Versorgung bietet, aber weniger günstig ist, da der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise davon ausgehen konnte, daß die betreffende Regelung erforderlich war, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

22 Die Auslagen der niederländischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

auf die ihm vom niederländischen Raad van State mit Urteil vom 14. Dezember 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, daß eine nationale gesetzliche Regelung wie die des IOAW, die eine Versorgung in Höhe des Existenzminimums vorsieht, die für die Zuerkennung der Leistung das Vermögen unberücksichtigt lässt und den Anspruch auf die Leistung von der vorausgegangenen Erwerbstätigkeit des Betroffenen und von seinem Alter abhängig macht, keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts enthält, selbst wenn feststeht, daß wesentlich mehr Männer als Frauen in dieser Regelung eine Möglichkeit finden, der Voraussetzung betreffend das Vermögen zu entgehen, die im Rahmen einer anderen Regelung wie derjenigen der RWW gilt, die zwar eine gleichartige Versorgung bietet, aber weniger günstig ist, da der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise davon ausgehen konnte, daß die betreffende Regelung erforderlich war, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat.

Ende der Entscheidung

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