Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.09.2006
Aktenzeichen: C-81/05
Rechtsgebiete: Richtlinie 80/987/EWG, EG


Vorschriften:

Richtlinie 80/987/EWG
EG Art. 234
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)

7. September 2006

"Sozialpolitik - Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers - Richtlinie 80/987/EWG - Änderungsrichtlinie 2002/74/EG - In einem Vergleich vereinbarte Entlassungsentschädigung - Durch die Garantieeinrichtung sichergestellte Zahlung - Zahlung, die den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung voraussetzt"

Parteien:

In der Rechtssache C-81/05

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Spanien) mit Entscheidung vom 28. Januar 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Februar 2005, in dem Verfahren

Anacleto Cordero Alonso

gegen

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász und M. Ilesic,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- des Fondo de Garantía Salarial (Fogasa), vertreten durch A. García Trejo als Bevollmächtigten,

- der spanischen Regierung, vertreten durch E. Braquehais Conesa als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. April 2006

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23) in ihrer ursprünglichen Fassung (im Folgenden: Richtlinie 80/987) und in ihrer durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 (ABl. L 270, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Fassung der Richtlinie 80/987).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Cordero Alonso und dem Fondo de Garantía Salarial (Lohngarantiefonds, im Folgenden auch: Fogasa) wegen dessen Weigerung, Herrn Cordero Alonso im Rahmen seiner subsidiären Haftung eine Abfindung wegen Beendigung des Arbeitsvertrags zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 80/987 gilt "[d]iese Richtlinie ... für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind".

4 Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt, dass sie das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Worte "Arbeitnehmer", "Arbeitgeber", "Arbeitsentgelt", "erworbenes Recht" und "Anwartschaftsrecht" unberührt lässt.

5 Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie sieht vor:

"Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen."

6 Nach Artikel 4 der Richtlinie 80/987 können die Mitgliedstaaten die in Artikel 3 dieser Richtlinie vorgesehene Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen, indem sie sie auf das Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum beschränken oder eine Höchstgrenze festsetzen.

7 Artikel 9 der Richtlinie bestimmt, dass sie "nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten ein[schränkt], für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen".

8 Nach ihrem Artikel 10 Buchstabe a steht die Richtlinie nicht der Möglichkeit der Mitgliedstaaten entgegen, "die zur Vermeidung von Missbräuchen notwendigen Maßnahmen zu treffen".

9 Artikel 3 der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 lautet:

"Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen sicherstellen, einschließlich, sofern dies nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehen ist, einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Ansprüche, deren Befriedigung die Garantieeinrichtung übernimmt, sind die nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt für einen Zeitraum, der vor und/oder gegebenenfalls nach einem von den Mitgliedstaaten festgelegten Zeitpunkt liegt."

10 Entsprechend ihrem Artikel 3 ist die Richtlinie 2002/74 am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft getreten, d. h. am 8. Oktober 2002.

11 Artikel 2 dieser Richtlinie bestimmt:

"(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 8. Oktober 2005 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich hiervon in Kenntnis.

Sie wenden die in Unterabsatz 1 genannten Vorschriften auf jede Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers an, die nach dem Inkrafttreten dieser Vorschriften eintritt.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen."

Nationales Recht

12 Artikel 14 der spanischen Verfassung begründet das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz.

13 Artikel 26 Absätze 1 und 2 des Real Decreto Legislativo (Königliches Gesetzesdekret) Nr. 1/1995 vom 24. März 1995 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut (Estatuto de los Trabajadores, BOE Nr. 75 vom 29. März 1995, S. 9654) in der Fassung des Gesetzes Nr. 60/1997 vom 19. Dezember 1997 (BOE Nr. 304 vom 20. Dezember 1997, S. 37453) (im Folgenden: Arbeitnehmerstatut) sieht vor:

"1. Als Arbeitsentgelt gelten alle wirtschaftlichen Vorteile, die Arbeitnehmer in Geld oder in natura als Gegenleistung für Tätigkeiten erhalten, die sie aufgrund des Arbeitsverhältnisses für fremde Rechnung verrichten, soweit diese Vorteile die tatsächliche Arbeit unabhängig von der Form des Arbeitsentgelts oder die der Arbeit gleichzustellenden Ruhezeiten entgelten. ...

2. Zahlungen, die der Arbeitnehmer als Entschädigung oder zur Erstattung von Kosten erhält, die ihm aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit entstanden sind, Leistungen und Erstattungen der Sozialversicherung und Entschädigungen für Versetzungen, Beurlaubungen oder Entlassungen werden nicht als Arbeitsentgelt angesehen."

14 Artikel 33 Absätze 1, 2 und 8 des Arbeitnehmerstatuts bestimmt:

"1. Der Fondo de Garantía Salarial, eine dem Ministerium für Arbeit und Soziales unterstellte selbständige öffentliche Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit und Klagebefugnis im Hinblick auf die Erfüllung seiner Aufgaben, zahlt den Arbeitnehmern den Betrag des Arbeitsentgelts, das ihnen im Zeitpunkt der Insolvenz, der Zahlungseinstellung, des Konkurses oder Vergleichs der Arbeitgeber zusteht.

Im Sinne des vorstehenden Unterabsatzes sind als Arbeitsentgelt anzusehen der als solches im Güteverfahren oder in der gerichtlichen Entscheidung anerkannte Betrag in allen in Artikel 26 Absatz 1 genannten Fällen und die ergänzende Entschädigung im Rahmen der 'salarios de tramitación', die das zuständige Gericht gegebenenfalls zugesprochen hat, wobei der Fondo de Garantía Salarial in keinem Fall, zusammen oder getrennt, einen höheren Betrag zahlen kann, als er sich aus der Multiplizierung des doppelten täglichen Mindestlohns mit der Zahl der Tage des ausstehenden Arbeitsentgelts ergibt, und die Zahlung auf höchstens 120 Tage beschränkt ist.

2. Der Fondo de Garantía Salarial zahlt in den Fällen des vorstehenden Absatzes Entschädigungen, die den Arbeitnehmern wegen Kündigung oder Vertragsauflösung nach den Artikeln 50, 51 und 52 Buchstabe c dieses Gesetzes infolge eines Urteils oder einer Verwaltungsentscheidung zuerkannt wurden, wobei die Höchstgrenze bei einem Jahresgehalt liegt und der Tageslohn, der Grundlage der Berechnung ist, das Doppelte des gesetzlichen Mindestlohns nicht überschreiten darf.

Die Höhe der Entschädigung wird ausschließlich für die Zwecke der Zahlung durch den Fondo de Garantía Salarial in den Fällen einer Kündigung oder Vertragsauflösung nach Artikel 50 dieses Gesetzes auf der Grundlage von 25 Tagen je Beschäftigungsjahr mit der in Unterabsatz 1 bestimmten Höchstgrenze berechnet.

...

8. Im Fall von Unternehmen mit weniger als 25 Arbeitnehmern zahlt der Fondo de Garantía Salarial 40 % der gesetzlichen Entschädigung, die Arbeitnehmern zusteht, deren Arbeitsverhältnis infolge des nach Artikel 51 dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahrens oder aus dem in Artikel 52 Buchstabe c genannten Grund endete.

..."

15 Artikel 52 Buchstabe c des Arbeitnehmerstatuts, der die Gründe für die Beendigung des Arbeitsvertrags "aus objektiven Gründen" auflistet, bestimmt:

"Der Vertrag kann erlöschen:

....

c) wenn die objektiv nachgewiesene Notwendigkeit besteht, aus einem der in Artikel 51 Absatz 1 dieses Gesetzes genanten Gründe eine geringere Zahl von Arbeitsplätzen als die dort genannte abzubauen.

Dazu belegt der Arbeitgeber die Entscheidung über die Beendigung mit wirtschaftlichen Gründen, wobei das Ziel darin besteht, zur Überwindung einer ungünstigen wirtschaftlichen Lage beizutragen, oder mit technischen, organisations- oder produktionsbezogenen Gründen, wobei das Ziel verfolgt wird, durch eine bessere Organisation der Ressourcen Hemmnisse für das gute Funktionieren des Unternehmens im Hinblick auf seine Wettbewerbsposition auf dem Markt oder nachfragebedingte Erfordernisse zu überwinden."

16 Die Beendigung des Vertrages aus objektiven Gründen setzt voraus, dass der Arbeitgeber bestimmte, in Artikel 53 Absatz 1 des Arbeitnehmerstatuts festgelegte Verpflichtungen beachtet, darunter die,

"...

b) dem Arbeitnehmer ... die Entschädigung von zwanzig Tagen je Beschäftigungsjahr zu zahlen, wobei die Entschädigung für Zeiträume von weniger als einem Jahr anteilig nach Monaten berechnet wird und eine Obergrenze von zwölf Monatsentgelten gilt.

..."

17 Artikel 84 des Real Decreto Legislativo Nr. 2/1995 vom 7. April 1995 über die Billigung der Neufassung des Gesetzes über das arbeitsgerichtliche Verfahren (Ley de Procedimiento laboral, BOE Nr. 86 vom 11. April 1995, S. 10695, im Folgenden: LPL) sieht nach Scheitern des Güteverfahrens vor einer nach Artikel 63 dieses Decreto zunächst anzurufenden Verwaltungsstelle zwingend ein weiteres Güteverfahren vor dem zuständigen Gericht vor.

18 Zum Zeitpunkt des Vorabentscheidungsersuchens hatte das Königreich Spanien weder eine Bestimmung erlassen, in der auf die Richtlinie 2002/74 Bezug genommen worden wäre, noch der Kommission die Umsetzung dieser Richtlinie mitgeteilt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19 Herr Cordero Alonso arbeitete in einem Unternehmen, das weniger als 25 Arbeitnehmer beschäftigte. Ihm wurde aus einem mit der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens zusammenhängenden Grund gekündigt. Die von Herrn Cordero Alonso gegen diese Kündigung erhobene Klage führte zu einem Vergleich mit dem Beklagten, der in Gegenwart und unter Mitwirkung des Richters geschlossen und anschließend von diesem genehmigt wurde, was dem Vergleich im Hinblick auf eine Zwangsvollstreckung im Fall der Nichterfüllung die Wirkung eines Urteils verlieh. In dem Vergleich kamen die Parteien überein, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den vom Arbeitgeber angeführten Gründen zu akzeptieren, und setzten u. a. eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung in Höhe von 5 540,06 Euro fest.

20 Da der Arbeitgeber die in dem Vergleich geregelten Schulden nicht freiwillig beglichen hatte, betrieb Herr Cordero Alonso die Zwangsvollstreckung aus diesem, woraufhin der Arbeitgeber am 24. April 2003 für zahlungsunfähig erklärt wurde, da er über keine Vermögensgegenstände verfügte, deren Pfändung und Verwertung möglich gewesen wäre, um daraus die dem Arbeitnehmer geschuldeten Beträge zu zahlen.

21 Herr Cordero Alonso beantragte daraufhin beim Fogasa die Begleichung der in Rede stehenden Schulden. Der Fogasa zahlte ihm entsprechend Artikel 33 Absatz 8 des Arbeitnehmerstatuts 40 % der Abfindung, verweigerte aber die Übernahme der verbleibenden 60 % mit der Begründung, dass die Abfindung in einem Vergleich und nicht in einem Urteil oder einer Verwaltungsentscheidung zuerkannt worden sei.

22 Herr Cordero Alonso erhob daraufhin beim Juzgado de lo Social (Sozialgericht) Palencia Klage gegen den Fogasa und forderte einen Betrag, der 60 % der in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Abfindung entsprach. Dieses Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Fogasa gesetzlich nur dann zur Übernahme von Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsvertrags verpflichtet sei, wenn diese Abfindungen in einem Urteil oder einer Verwaltungsentscheidung zuerkannt worden seien, nicht aber, wenn sie zwischen den Parteien in einem Vergleich vereinbart worden seien. Herr Cordero Alonso legte gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel bei der Kammer für Soziales des Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León ein.

23 Dieses Gericht führt aus, dass das Tribunal Constitucional (Verfassungsgericht) in seinem Urteil Nr. 306/1993 vom 25. Oktober 1993 die Vereinbarkeit von Artikel 33 Absatz 2 des Arbeitnehmerstatuts mit Artikel 14 der spanischen Verfassung geprüft habe. Nach Ansicht des Tribunal Constitucional liege kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz vor, da keine Ungleichbehandlung gleicher Situationen gegeben sei. Angesichts des Urteils vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-442/00 (Rodríguez Caballero, Slg. 2002, I-11915) stellt sich das vorlegende Gericht Fragen hinsichtlich der Wirkungen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts und insbesondere hinsichtlich seiner Befugnis, ein im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehendes innerstaatliches Gesetz unangewendet zu lassen, auch wenn es kein spanisches Verfahrensgesetz gibt, das ihm diese Befugnis verleihen würde.

24 Sofern sich eine solche Befugnis aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben sollte, sei zu klären, ob das Gemeinschaftsrecht ungeachtet der Tatsache, dass sich die Richtlinie 80/987 nicht ausdrücklich auf Abfindungen wegen Vertragsbeendigung beziehe, im vorliegenden Fall Anwendung finde. Wenn Gemeinschaftsrecht anzuwenden sei, so sei fraglich, ob sich dessen Vorrang vor dem nationalen Recht auf Normen erstrecke, die die Grundrechte regelten. Sollte dies der Fall sein, müsse geklärt werden, ob die hier in Rede stehende Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Diese Frage sei durch das Urteil Rodríguez Caballero nicht vollständig beantwortet worden, da es im Ausgangsverfahren um eine Abfindung wegen Vertragsbeendigung gehe. Sollte entschieden werden, dass solche Abfindungen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 80/987 fallen, so müsse man sich die Frage stellen, ob der spanische Staat die Richtlinie 2002/74 insoweit bereits anwende, als ihr das spanische Recht inhaltlich bereits entspreche. Falls dies zu bejahen sei, stellten sich in Bezug auf das Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz dieselben Fragen wie in dem Fall, dass entschieden werden sollte, dass der spanische Staat bei der Entscheidung über den Fall von Herrn Cordero Alonso die Richtlinie 80/987 anwende.

25 Unter diesen Umständen hat das Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Bewirken die den Mitgliedstaaten obliegende Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen zu treffen, die sich aus dem EG-Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben (Artikel 10 EG), und der Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht für sich genommen und ohne dass ausdrückliche innerstaatliche Vorschriften erforderlich wären, dass die nationalen Gerichte die Befugnis haben, dem Gemeinschaftsrecht widersprechende innerstaatliche Vorschriften jeder Art unabhängig von ihrem Rang in der Normenhierarchie (Verordnungen, Gesetze oder sogar die Verfassung) unangewendet zu lassen?

2. a) Wenden die spanischen Verwaltungs- und Rechtsprechungsorgane, wenn sie darüber entscheiden, ob ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber für zahlungsunfähig erklärt worden ist, den Fogasa auf Zahlung der Abfindung in Anspruch nehmen kann, die ihm aufgrund der Beendigung eines Arbeitsvertrags zusteht, für den das nationale Recht eine Garantie gegen Zahlungsunfähigkeit vorgesehen hat, das Gemeinschaftsrecht an, obwohl eine Abfindung wegen Vertragsbeendigung in den Artikeln 1 und 3 der Richtlinie 80/987 nicht ausdrücklich vorgesehen ist?

b) Falls dies bejaht wird: Sind die spanischen Verwaltungs- und Rechtsprechungsorgane bei der Anwendung der Richtlinie 80/987 und der innerstaatlichen Vorschriften, mit denen diese inhaltlich umgesetzt worden ist, durch den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz und der Nichtdiskriminierung in dem Umfang, der sich aus der Auslegung durch den Gerichtshof ... ergibt, gebunden, auch wenn diese Auslegung nicht mit der Auslegung des in der spanischen Verfassung anerkannten entsprechenden Grundrechts übereinstimmt, die in der Rechtsprechung des spanischen Tribunal Constitucional vertreten wird?

c) Falls dies bejaht wird: Schafft das sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebende Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Fälle, in denen das Recht des Arbeitnehmers auf Abfindung wegen Vertragsbeendigung durch ein Urteil festgelegt worden ist, und der Fälle, in denen es sich aus einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergibt, die vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossen worden ist?

3. a) Kann, wenn ein Mitgliedstaat den Arbeitnehmern in seinem innerstaatlichen Recht bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie 2002/74 bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in Bezug auf Abfindungen wegen Vertragsbeendigung das Recht auf Schutz durch die Garantieeinrichtung gewährt hat, davon ausgegangen werden, dass der Mitgliedstaat ab Inkrafttreten dieser Richtlinie am 8. Oktober 2002, auch wenn die Frist zur Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen ist, das Gemeinschaftsrecht anwendet, wenn er in Fällen, in denen die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nach dem 8. Oktober 2002 festgestellt worden ist, über die Zahlung dieser Abfindungen wegen Vertragsbeendigung durch die Garantieeinrichtung entscheidet?

b) Falls dies bejaht wird: Sind die spanischen Verwaltungs- und Rechtsprechungsorgane bei der Anwendung der Richtlinie [2002/74] und der innerstaatlichen Vorschriften, mit denen diese inhaltlich umgesetzt worden ist, durch den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz und der Nichtdiskriminierung in dem Umfang, der sich aus der Auslegung durch den Gerichtshof ... ergibt, gebunden, auch wenn diese Auslegung nicht mit der Auslegung des in der spanischen Verfassung anerkannten entsprechenden Grundrechts übereinstimmt, die in der Rechtsprechung des spanischen Tribunal Constitucional vertreten wird?

c) Falls dies bejaht wird: Schafft das sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebende Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Fälle, in denen das Recht des Arbeitnehmers auf Abfindung wegen Vertragsbeendigung durch ein Urteil festgelegt wurde, und der Fälle, in denen es sich aus einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergibt, die vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossen worden ist?

Zur dritten Frage

26 Mit seiner dritten Frage, die zuerst zu behandeln ist, fragt das vorlegende Gericht zum einen nach der zeitlichen Anwendbarkeit der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 (Frage 3 Buchstabe a) und zum anderen nach der sich möglicherweise aus dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung ergebenden Verpflichtung, die Abfindungen wegen Vertragsbeendigung, die durch ein Urteil festgelegt wurden, und diejenigen, die sich aus einer vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossenen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ergeben, in gleicher Weise zu behandeln (Frage 3 Buchstaben b und c).

Zur zeitlichen Anwendbarkeit der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987

27 Nach Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2002/74 erlassen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 8. Oktober 2005 nachzukommen.

28 Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2002/74 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die in Unterabsatz 1 genannten nationalen Vorschriften auf jede Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers anwenden, die nach dem Inkrafttreten dieser Vorschriften eintritt. Demnach fallen die Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers und ihre Folgen ab dem Inkrafttreten der Änderung der Richtlinie 80/987 und noch vor Ablauf der in Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2002/74 festgesetzten Umsetzungsfrist in den zeitlichen Anwendungsbereich der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987.

29 In den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/74 fallen nicht nur die nationalen Vorschriften, die als ausdrückliches Ziel die Umsetzung der Richtlinie verfolgen, sondern - vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie an - auch die schon vorher bestehenden nationalen Vorschriften, die geeignet sind, die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit der Richtlinie zu gewährleisten.

30 Nach Artikel 3 Absatz 1 der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 derselben Richtlinie Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen sicherstellen, einschließlich, sofern dies nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehen ist, einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

31 Auch wenn Artikel 3 Absatz 1 der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 einen Mitgliedstaat nicht dazu verpflichtet, in seinen nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2002/74 vorzusehen, dass die Zahlung von Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgesichert ist, ist davon auszugehen, dass, da das in Rede stehende nationale Recht eine Vorschrift enthält, nach der derartige Abfindungen vom durch die zuständige Garantieeinrichtung gewährten Schutz erfasst werden, diese nationale Vorschrift seit dem 8. Oktober 2002, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie 2002/74, in den Anwendungsbereich der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 fällt.

32 Daraus folgt, dass eine Vorschrift wie Artikel 33 Absatz 2 des Arbeitnehmerstatuts, die bei Kündigung oder Auflösung des Arbeitsvertrags unter bestimmten Voraussetzungen die Zahlung von Abfindungen an die betroffenen Arbeitnehmer durch die Garantieeinrichtung vorsieht, von Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2002/74 erfasst wird und damit in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, soweit es um die Anwendung auf Sachverhalte nach ihrem Inkrafttreten geht.

33 Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass beim Erlass der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2002/74 nach deren Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 3 in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die Richtlinie Bezug genommen werden muss. Denn derartige formale Erwägungen können nicht zu einer Minderung des mit der Richtlinie 2002/74 angestrebten Schutzes der Arbeitnehmer führen.

34 Somit ist auf Buchstabe a der dritten Frage zu antworten, dass dann, wenn ein Mitgliedstaat vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2002/74 in seinem innerstaatlichen Recht dem Arbeitnehmer in Bezug auf eine Abfindung bei Beendigung des Arbeitsvertrags einen Anspruch auf Schutz durch die Garantieeinrichtung im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gewährt hat, die Anwendung der entsprechenden Vorschriften bei einer nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in den Anwendungsbereich der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 fällt.

Zum Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz

35 Fällt eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, so muss sie mit den Grundrechten vereinbar sein, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat (vgl. dazu Urteil Rodríguez Caballero, Randnr. 31 und die zitierte Rechtsprechung).

36 Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass Abfindungen bei Beendigung des Arbeitsvertrags im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nur dann vom Fogasa übernommen werden, wenn sie durch ein Urteil oder eine Verwaltungsentscheidung zuerkannt wurden.

37 Auch wenn es Sache des nationalen Rechts ist, festzulegen, welche Abfindungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 80/987 in ihrer geänderten Fassung fallen, findet diese Befugnis ihre Grenze in der Beachtung der Grundrechte, zu denen insbesondere auch der allgemeine Grundsatz der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung gehört (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. Dezember 2005 in der Rechtssache C-177/05, Guerrero Pecino, Slg. 2005, I-10887, Randnrn. 25 und 26 sowie die zitierte Rechtsprechung). Nach diesem Grundsatz dürfen vergleichbare Situationen nur dann unterschiedlich behandelt werden, wenn eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt ist (Urteil Rodríguez Caballero, Randnr. 32 und zitierte Rechtsprechung).

38 Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass, wenn nach der betreffenden nationalen Regelung Entschädigungen wegen rechtswidriger Kündigung, die durch ein Urteil oder eine Verwaltungsentscheidung zugesprochen worden sind, nach innerstaatlichem Recht als Abfindungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 anzusehen sind, gleichartige Entschädigungen, die in einem gerichtlichen Vergleich wie dem nach Artikel 84 LPL vorgesehenen festgesetzt werden, ebenfalls als Abfindungen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind (Beschluss Guerrero Pecino, Randnr. 30).

39 Dasselbe gilt für gesetzliche Abfindungen, die bei Beendigung des Arbeitsvertrags geschuldet werden.

40 Zum einen befinden sich nämlich alle Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung aufgrund einer Beendigung ihres Arbeitsvertrags verloren haben, in einer vergleichbaren Situation, wenn ihnen ihr Arbeitgeber aufgrund seiner Zahlungsunfähigkeit nicht die Abfindungen zahlen kann, auf die sie einen gesetzlichen Anspruch haben. Zum anderen haben, wie der Generalanwalt in Nummer 36 seiner Schlussanträge ausführt, weder das vorlegende Gericht noch die Verfahrensbeteiligten irgendein neues Argument hinsichtlich einer eventuellen Rechtfertigung der Ungleichbehandlung vorgetragen, das der Gerichtshof im Rahmen des Urteils Rodríguez Caballero und des Urteils vom 16. Dezember 2004 in der Rechtssache C-520/03 (Olaso Valero, Slg. 2004, I-12065) sowie im Beschluss Guerrero Pecino noch nicht hätte beurteilen können.

41 Da der allgemeine Grundsatz der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung ein Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, sind die Mitgliedstaaten an diesen Grundsatz in seiner Auslegung durch den Gerichtshof gebunden. Das gilt auch dann, wenn die in Rede stehende nationale Regelung nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung des betreffenden Mitgliedstaats im Einklang mit einem entsprechenden Grundrecht steht, das in der nationalen Rechtsordnung gewährleistet ist.

42 Somit ist auf die Buchstaben b und c der dritten Frage zu antworten, dass der allgemeine Gleichheitsgrundsatz, so wie er in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt ist, im Anwendungsbereich der geänderten Fassung der Richtlinie 80/987 verlangt, dass, wenn nach einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden gesetzliche Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsvertrags, die in einem Urteil zuerkannt wurden, im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers von der Garantieeinrichtung zu tragen sind, Abfindungen derselben Art, die in einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt wurden, die vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossen worden ist, in gleicher Weise zu behandeln sind.

Zur zweiten Frage

43 In Anbetracht der Antwort auf die dritte Frage bedarf die zweite Frage betreffend die Richtlinie 80/987 in ihrer ursprünglichen Fassung keiner Beantwortung.

Zur ersten Frage

44 Die erste Frage betrifft im Wesentlichen die mögliche Verpflichtung des vorlegenden Gerichts, in Anwendung des Gemeinschaftsrechts in seiner Auslegung durch den Gerichtshof das mit der Richtlinie 80/987 in ihrer ursprünglichen oder geänderten Fassung nicht vereinbare nationale Recht unangewendet zu lassen.

45 Ist eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden, so kann, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, der Gleichheitssatz nur dadurch gewahrt werden, dass die Vergünstigungen, die die Mitglieder der begünstigten Gruppe erhalten, auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe erstreckt werden (Urteil Rodríguez Caballero, Randnr. 42).

46 In einem derartigen Fall ist das nationale Gericht gehalten, eine diskriminierende nationale Bestimmung außer Anwendung zu lassen, ohne dass es ihre vorherige Aufhebung durch den Gesetzgeber beantragen oder abwarten müsste, und auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe eben die Regelung anzuwenden, die für die übrigen Arbeitnehmer gilt (Urteil Rodríguez Caballero, Randnr. 43 und zitierte Rechtsprechung). Diese Verpflichtung obliegt ihm unabhängig davon, ob das innerstaatliche Recht Bestimmungen enthält, die ihm eine entsprechende Befugnis zuweisen.

47 Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass das nationale Gericht eine innerstaatliche Regelung unangewendet lassen muss, die es unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, so wie er in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt ist, ausschließt, dass die zuständige Garantieeinrichtung Abfindungen wegen Vertragsbeendigung übernimmt, die in einer vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossenen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern festgelegt wurden.

Kostenentscheidung:

Kosten

48 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1. Wenn ein Mitgliedstaat vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 80/987/EWG in seinem innerstaatlichen Recht dem Arbeitnehmer in Bezug auf eine Abfindung bei Vertragsbeendigung einen Anspruch auf Schutz durch die Garantieeinrichtung im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gewährt hat, so fällt die Anwendung der entsprechenden Vorschriften bei einer nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in den Anwendungsbereich der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in ihrer durch die Richtlinie 2002/74 geänderten Fassung.

2. Im Anwendungsbereich der Richtlinie 80/987 in ihrer durch die Richtlinie 2002/74 geänderten Fassung verlangt der allgemeine Gleichheitsgrundsatz, so wie er in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt ist, dass, wenn nach einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden gesetzliche Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsvertrags, die in einem Urteil zuerkannt wurden, im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers von der Garantieeinrichtung zu tragen sind, Abfindungen derselben Art, die in einer vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossenen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt wurden, in gleicher Weise zu behandeln sind.

3. Das nationale Gericht muss eine innerstaatliche Regelung unangewendet lassen, die es unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, so wie er in der Gemeinschaftsrechts­ordnung anerkannt ist, ausschließt, dass die zuständige Garantieeinrichtung Abfindungen wegen Vertragsbeendigung übernimmt, die in einer vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossenen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern festgelegt wurden.



Ende der Entscheidung

Zurück