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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 19.05.1993
Aktenzeichen: C-81/91
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 764/89/EWG vom 20.03.1989, Verordnung Nr. 857/84/EWG vom 31.03.1984, Verordnung Nr. 1078/77/EWG vom 17.05.1977, Verordnung Nr. 1371/84/EWG vom 31.03.1984


Vorschriften:

Verordnung Nr. 764/89/EWG vom 20.03.1989
Verordnung Nr. 857/84/EWG vom 31.03.1984
Verordnung Nr. 1078/77/EWG vom 17.05.1977
Verordnung Nr. 1371/84/EWG vom 31.03.1984
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse in der Fassung der Verordnung Nr. 764/89 ist so auszulegen, daß er es erlaubt, im Falle der Übertragung eines Teils eines Betriebes, bei der sich der Übernehmer zur Einhaltung der vom übertragenden Betriebsinhaber nach der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung verpflichtet, die spezifische Referenzmenge zwischen dem übertragenden Betriebsinhaber und dem Übernehmer nach Maßgabe der übertragenen Flächen aufzuteilen.

Diese Auslegung beeinträchtigt nicht die Rechte des übertragenden Betriebsinhabers, da sie nicht vom Grundsatz der anteiligen Berechnung abweicht, der in allen Bestimmungen über die Übertragung von Referenzmengen im Fall der Übertragung von Teilen eines Betriebes niedergelegt ist, und sie erlaubt es, den Schutz des berechtigten Vertrauens des Übernehmers mit den zwingenden Erfordernissen der Aufrechterhaltung des Marktgleichgewichts in Einklang zu bringen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 19. MAI 1993. - TJ. TWIJNSTRA GEGEN MINISTER VAN LANDBOUW, NATUURBEHEER EN VISSERIJ. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: COLLEGE VAN BEROEP VOOR HET BEDRIJFSLEVEN - NIEDERLANDE. - ZUSAETZLICHE ABGABE AUF MILCH. - RECHTSSACHE C-81/91.

Entscheidungsgründe:

1 Das College van Beroep voor het Bedrijfsleven hat mit Beschluß vom 23. Januar 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit von Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 764/89 des Rates vom 20. März 1989 (ABl. L 84, S. 2) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Tj. Twijnstra (im folgenden: Kläger), Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, und dem Minister van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij über eine spezifische Referenzmenge nach der Abgabenregelung.

3 Der Kläger ging 1980 eine Nichtvermarktungsverpflichtung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1) ein. Danach verpflichtete er sich gegen eine Nichtvermarktungsprämie, in der Zeit vom 10. April 1980 bis zum 9. April 1985 weder Milch noch Milcherzeugnisse aus seinem Betrieb zu liefern.

4 Im Januar 1984, also während des Fünfjahreszeitraums der Nichtvermarktung, verkaufte er einen Teil der zu seinem Betrieb gehörenden Fläche. Die Käufer verpflichteten sich gegenüber dem Kläger und der zuständigen niederländischen Stelle, diese Flächen nicht vor dem 10. April 1985 für die Milcherzeugung zu verwenden; dieser Verpflichtung kamen sie nach. Der Kläger behielt somit gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1078/77 die gesamte Nichtvermarktungsprämie.

5 1988 nahm der Kläger die Milcherzeugung wieder auf. In der Zwischenzeit war mit der Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 10) und mit der Verordnung Nr. 857/84 eine zusätzliche Abgabe auf gelieferte Milchmengen eingeführt worden, die eine bestimmte Referenzmenge überschreiten. Der Kläger beantragte 1989 gemäß Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 die Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge.

6 Mit Bescheid der zuständigen niederländischen Stelle wurde ihm für den Abgabenzeitraum 1989/90 eine vorläufige spezifische Referenzmenge von 245 653 kg Milch zugeteilt. Da die Nichtvermarktungsprämie auf der Grundlage einer Milchmenge von 591 905 kg festgesetzt worden war, nahm die zuständige niederländische Stelle bei der Berechnung der vorläufigen spezifischen Referenzmenge demnach eine Kürzung vor. Diese Kürzung trug dem Umstand Rechnung, daß ein Teil des Betriebes 1984 verkauft worden war.

7 Nach erfolglosem Widerspruch gegen diesen Bescheid, mit dem ihm eine gekürzte spezifische Referenzmenge zugeteilt worden war, erhob der Kläger am 13. Juni 1990 beim College van Beroep voor het Bedrijfsleven Klage gegen diesen Bescheid.

8 Das College van Beroep voor het Bedrijfsleven ist der Ansicht, daß seine Entscheidung von der Auslegung und gegebenenfalls von der Gültigkeit der betreffenden Gemeinschaftsregelung abhänge; es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Ist auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsverfahrens Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates derart anzuwenden, daß vom Wortlaut dieser Bestimmung abgewichen wird?

2) Falls Frage 1 bejaht wird: Ist diese Bestimmung so anzuwenden, wie es in den Niederlanden nach Artikel 5 Absatz 1 der Beschikking superheffing SLOM-deelnemers der Fall ist?

3) Falls Frage 1 verneint wird: Führt eine buchstabengetreue Anwendung der genannten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung dazu, daß der Übernehmer im Sinne dieser Bestimmung einen Anspruch auf eine spezifische Referenzmenge niemals oder nur für den Fall geltend machen kann, daß er sich durch eine privatrechtliche Vereinbarung mit dem Veräusserer von Land, für das eine Nichtvermarktungs- und Umstellungsverpflichtung besteht, dessen Anspruch auf die Nichtvermarktungsprämie verschafft hat?

4) Führt eine Bejahung der Frage 3 ° in Verbindung mit oder aber unabhängig von weiteren Überlegungen ° zu dem Ergebnis, daß die genannte Bestimmung ganz oder teilweise wegen Verstosses gegen das Gemeinschaftsrecht, unter anderem gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, ungültig ist?

9 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, der in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sowie des Ablaufs des Verfahrens und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur wiedergegeben, soweit es die Begründung des Urteils erfordert.

Rechtlicher Rahmen

10 Mit den vorgelegten Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das innerstaatliche Gericht wissen, ob Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 des Rates in der Fassung der Verordnung Nr. 764/89 es erlaubt, im Falle der Übertragung von Teilen eines Betriebes, bei der sich der Übernehmer verpflichtet, die vom übertragenden Betriebsinhaber gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates eingegangene Nichtvermarktungsverpflichtung einzuhalten, die spezifische Referenzmenge zwischen dem übertragenden Betriebsinhaber und dem Übernehmer aufzuteilen, oder ob diese Bestimmung so auszulegen ist, daß die gesamte spezifische Referenzmenge dem übertragenden Betriebsinhaber zusteht, und damit möglicherweise wegen Verstosses gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für ungültig erklärt werden muß.

11 Die Gemeinschaftsregelung über die zusätzliche Abgabe für Milch enthielt ursprünglich keine spezifische Bestimmung über die Zuteilung einer Referenzmenge an die Erzeuger, die in Erfuellung einer nach der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Verpflichtung in dem vom betreffenden Mitgliedstaat gewählten Referenzjahr keine Milch geliefert hatten. In den Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321, Randnr. 28) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355, Randnr. 17) hat der Gerichtshof diese Regelung jedoch wegen Verstosses gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für ungültig erklärt.

12 In diesen Urteilen hat der Gerichtshof festgestellt, daß ein Wirtschaftsteilnehmer, der seine Erzeugung für eine bestimmte Zeit freiwillig eingestellt hatte, nicht darauf vertrauen durfte, daß er die Erzeugung unter denselben Bedingungen wie den vorher geltenden würde wieder aufnehmen können und daß er eventuell inzwischen erlassenen marktpolitischen oder strukturpolitischen Bestimmungen nicht unterworfen sein würde (Urteil Mulder, a. a. O., Randnr. 23; Urteil von Deetzen, a. a. O., Randnr. 12). Wie der Gerichtshof jedoch weiter ausgeführt hat, durfte ein solcher Wirtschaftsteilnehmer, wenn er durch eine Handlung der Gemeinschaft dazu veranlasst worden war, die Vermarktung im Allgemeininteresse und gegen Zahlung einer Prämie für eine begrenzte Zeit einzustellen, darauf vertrauen, daß er nach dem Ende seiner Verpflichtung nicht Beschränkungen unterworfen sein würde, die ihn gerade deswegen in besonderer Weise beeinträchtigten, weil er die von der Gemeinschaftsregelung gebotenen Möglichkeiten in Anspruch genommen hatte (Urteil Mulder, Randnr. 24; Urteil von Deetzen, Randnr. 13).

13 Auf diese Urteile hin erließ der Rat am 20. März 1989 die Verordnung Nr. 764/89. Mit dieser Verordnung wurde in die Verordnung Nr. 857/84 ein Artikel 3a eingefügt, der im wesentlichen vorsieht, daß die Erzeuger, die in Erfuellung einer nach der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Verpflichtung im Referenzjahr keine Milch geliefert haben, unter bestimmten Voraussetzungen eine spezifische Referenzmenge erhalten, die auf der Grundlage der Menge Milch oder Milchäquivalent berechnet wird, die vom Erzeuger während der zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Einreichung des Antrags auf Gewährung der Nichtvermarktungs- oder Umstellungsprämie geliefert bzw. verkauft wurde. Diese spezifische Referenzmenge wird unter der Voraussetzung zugeteilt, daß der Antragsteller den Anspruch auf die Nichtvermarktungsprämie, die den Gegenwert der nach der Nichtvermarktungsregelung aufgegebenen Milcherzeugung darstellt, behalten oder erworben hat.

14 Aus einer Gesamtsicht der ersten sechs Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 764/89 ergibt sich, daß Artikel 3a die Interessen der Erzeuger, wie sie in den Urteilen Mulder und von Deetzen definiert worden sind, mit den Zielen der Regelung über die zusätzliche Abgabe für Milch in Einklang bringen soll.

15 Zu diesen Zielen gehört insbesondere das dringende Erfordernis, das derzeit auf dem Markt für Milcherzeugnisse bestehende prekäre Gleichgewicht nicht zu erschüttern, wie es in der fünften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 764/89 heisst. Mit Artikel 3a wird demnach dafür Sorge getragen, daß eine Überschreitung der spezifischen Referenzmengen sowohl auf individueller wie auf nationaler Ebene ausgeschlossen ist.

16 In diesem Zusammenhang ist Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 zu sehen, der die Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge für den Fall regelt, daß während des Nichtvermarktungszeitraums ein Teil des Betriebes übertragen wurde.

17 In Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 857/84 heisst es:

"Hat der Erzeuger einen Teil seines Betriebes während des Nichtvermarktungs- oder Umstellungszeitraums abgetreten, so

° entspricht die... spezifische Referenzmenge des abtretenden Betriebsinhabers 60 % der Menge, für die dieser den Prämienanspruch behalten hat;

°..."

Nach Unterabsatz 3 zweiter Gedankenstrich hat der Übernehmer Anspruch auf eine spezifische Referenzmenge in Höhe von 60 % der Menge, "für die [er] den Prämienanspruch erworben hat".

18 Zum Anspruch auf die Prämie im Falle einer Teilübertragung sieht Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1078/77 vor:

"Wird ein Betrieb nur teilweise abgetreten, so bleibt dem Antragsteller sein Anspruch auf die Prämie erhalten, wenn sich die Person, an die er einen Teil des Betriebes abgetreten hat, schriftlich verpflichtet, die von seinem Vorgänger eingegangenen Verpflichtungen weiterhin zu erfuellen. Andernfalls wird ein angemessener, nach der abgetretenen Futteranbaufläche berechneter Teil der bereits gezahlten Beträge vom Vorgänger zurückerstattet."

Auslegung von Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84

19 Der Kläger, der Rat und die Kommission schlagen eine am Wortlaut orientierte Auslegung der beiden angeführten, im Zusammenhang zu sehenden Bestimmungen vor. Danach habe im vorliegenden Fall der übertragende Betriebsinhaber allein Anspruch auf die Gesamtheit der spezifischen Referenzmenge. Der Übernehmer sei dagegen völlig von der Regelung über die spezifische Referenzmenge ausgeschlossen.

20 Diese Auslegung stützt sich auf den mit der Verordnung Nr. 764/69 hergestellten formalen Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf eine Referenzmenge und der Gewährung der Nichtvermarktungsprämie. Nach Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1078/77, der das Schicksal der Prämie im Falle einer Teilübertragung regelt, bleibt dem übertragenden Betriebsinhaber die gesamte Prämie erhalten, wenn sich der Übernehmer bei der Teilübertragung zur Einhaltung der Nichtvermarktungsverpflichtung verpflichtet.

21 Erstens ist darauf hinzuweisen, daß diese Auslegung, würde ihr gefolgt, Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 857/84 in der geänderten Fassung, der die Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge an den Übernehmer vorsieht, wenn dieser den Anspruch auf die Prämie erworben hat, seines Sinnes berauben und gegenstandslos machen würde. Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1078/77 sieht nun aber keinen Erwerb des Prämienanspruchs durch den Übernehmer im Falle einer Teilübertragung vor.

22 Das Vorbringen des Rates und der Kommission, daß die Bestimmungen des zweiten Gedankenstrichs nur den besonderen Fall der Übertragung des letzten Teils des Betriebes nach einer Folge von Teilübertragungen betreffe, wird durch keinerlei eindeutige Bestimmungen der anwendbaren Gemeinschaftsregelung gestützt und erscheint aus den Gründen, die der Generalanwalt in Nummer 16 seiner Schlussanträge dargelegt hat, wenig überzeugend.

23 Zweitens ist festzustellen, daß der vorgeschlagenen Auslegung der Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegensteht, auf den sich der Übernehmer berufen kann. Da dieser einen Teil des Betriebes des übertragenden Betriebsinhabers erworben und die Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen hat, darf er wie die in den Urteilen Mulder und von Deetzen (a. a. O.) angesprochenen Erzeuger darauf vertrauen, daß er die erworbenen Flächen nach Ablauf des Nichtvermarktungszeitraums wieder für die Milcherzeugung nutzen darf. Ein Ausschluß des Übernehmers von dieser Möglichkeit würde den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzen.

24 Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 ist jedoch im Einklang mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes auszulegen, da dieser zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört.

25 Schließlich beruht die gesamte Referenzmengenregelung auf dem mit Artikel 7 der Verordnung Nr. 857/84 und Artikel 5 der Verordnung Nr. 1371/84 der Kommission vom 31. März 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) aufgestellten allgemeinen Grundsatz, daß die Referenzmenge im Falle der Übertragung eines Teils eines Betriebes dem Übernehmer nach Maßgabe der übertragenen Flächen zugeteilt wird. Aus den Begründungserwägungen dieser Verordnung geht nicht hervor, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber von diesem allgemeinen Grundsatz hätte abweichen wollen.

26 Dieser allgemeine Grundsatz erlaubt es zudem, den Schutz des berechtigten Vertrauens des Übernehmers mit dem Gebot der Aufrechterhaltung des Marktgleichgewichts in Einklang zu bringen.

27 Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen im Sinne einer Aufteilung der spezifischen Referenzmenge zwischen dem übertragenden Betriebsinhaber und dem Übernehmer nach Maßgabe der beim erstgenannten verbleibenden und der übertragenen Flächen nicht zu einer Überschreitung der gesamten spezifischen Referenzmenge führt, auf die der Eigentümer Anspruch gehabt hätte, wenn es nicht zur Übertragung eines Teils seines Betriebes gekommen wäre.

28 Die Rechte des übertragenden Betriebsinhabers werden durch die Auslegung von Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 im Sinne einer Aufteilung der spezifischen Referenzmenge nicht beeinträchtigt. Da der allgemeine Grundsatz der anteiligen Berechnung seit Inkrafttreten der Regelung über die zusätzliche Abgabe für Milch für die Quotenregelung gilt, durfte der Erzeuger, der wegen seiner Teilnahme am Nichtvermarktungsprogramm ursprünglich keine Milchquote erhalten hatte, nicht darauf vertrauen, daß ihm nach Übertragung eines Teils seines Betriebes die spezifische Referenzmenge in voller Höhe zugeteilt werden würde.

29 Demnach ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, daß Artikel 3a Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 in der Fassung der Verordnung Nr. 764/89 so auszulegen ist, daß er es erlaubt, im Falle der Übertragung eines Teils eines Betriebes, bei der sich der Übernehmer zur Einhaltung der vom übertragenden Betriebsinhaber nach der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung verpflichtet, die spezifische Referenzmenge zwischen dem übertragenden Betriebsinhaber und dem Übernehmer nach Maßgabe der übertragenen Flächen aufzuteilen.

Kostenentscheidung:

Kosten

30 Die Auslagen der niederländischen und der deutschen Regierung sowie des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom College van Beroep voor het Bedrijfsleven mit Beschluß vom 23. Januar 1992 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Artikel 3a Satz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 764/89 des Rates vom 20. März 1989 ist so auszulegen, daß er es erlaubt, im Falle der Übertragung eines Teils eines Betriebes, bei der sich der Übernehmer zur Einhaltung der vom übertragenden Betriebsinhaber nach der Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 des Rates eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung verpflichtet, die spezifische Referenzmenge zwischen dem übertragenden Betriebsinhaber und dem Übernehmer nach Maßgabe der übertragenen Flächen aufzuteilen.

Ende der Entscheidung

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