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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: C-82/04 P
Rechtsgebiete: Satzung des Gerichtshofes, Verordnung (EG) Nr. 40/94


Vorschriften:

Satzung des Gerichtshofes Art. 56
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 7 Abs. 1 Buchst. c
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 7 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

19. Januar 2006

"Rechtsmittel - Gemeinschaftsmarke - Wortzeichen 'TDI' - Eintragungshindernis - Gegenstandslos gewordenes Rechtsmittel - Erledigung der Hauptsache"

Parteien:

In der Rechtssache C-82/04 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 18. Februar 2004,

Audi AG mit Sitz in Ingolstadt (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. von Zumbusch,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. La Pergola in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter A. Borg Barthet und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel hat die Audi AG (im Folgenden: Audi) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 3. Dezember 2003 in der Rechtssache T-16/02 (Audi/HABM [TDI], Slg. 2003, II-5167, im Folgenden: angefochtenes Urteil) beantragt, mit dem das Gericht die Klage von Audi auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: HABM) vom 8. November 2001 in Bezug auf die Eintragung des Wortzeichens "TDI" als Gemeinschaftsmarke (Sache R 652/2000-1) in der durch die Entscheidung vom 19. November 2001 berichtigten Fassung (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Sachverhalt und Urteil des Gerichts

2 Am 7. März 1996 meldete Audi gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) beim HABM das Wortzeichen "TDI" als Gemeinschaftsmarke an (Anmeldung Nr. 19 752, im Folgenden: Anmeldung).

3 Die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, gehören zu den Klassen 12 und 37 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung. Sie entsprechen folgender Beschreibung:

- Klasse 12: "Kraftfahrzeuge und deren konstruktionsgebundene Teile";

- Klasse 37: "Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen".

4 Mit Bescheid vom 28. April 2000 wies die Prüferin des HABM die Anmeldung nach Artikel 38 der Verordnung Nr. 40/94 mit der Begründung zurück, dass das Wortzeichen "TDI" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 habe. Sie stellte weiter fest, dass die von der Rechtsmittelführerin eingereichten Unterlagen keinen hinreichenden Nachweis für eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke bildeten.

5 Am 16. Juni 2000 legte Audi gegen den Bescheid der Prüferin beim HABM Beschwerde nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 ein.

6 Mit der streitigen Entscheidung, die Audi am 21. November 2001 zugestellt wurde, wies die Erste Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c der Verordnung Nr. 40/94 falle.

7 Mit Klageschrift, die am 30. Januar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhob Audi Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

8 Das Gericht hat diese Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

Das Rechtsmittel

9 In ihrer Rechtsmittelschrift hat Audi beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit dadurch die Klage gegen die streitige Entscheidung abgewiesen und Audi mit Kosten beschwert wird;

- die streitige Entscheidung aufzuheben;

- dem HABM die Kosten des Verfahrens beider Instanzen aufzuerlegen.

10 Das HABM hat beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Audi zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

11 Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat Audi drei Rechtsmittelgründe geltend gemacht. Mit den ersten beiden Gründen hat sie Verstöße gegen Artikel 7 Absätze 1 Buchstabe c und 3 der Verordnung Nr. 40/94 gerügt. Der dritte Rechtsmittelgrund bezog sich auf Verfahrensfehler.

Verfahren vor dem Gerichtshof

12 Der Gerichtshof hat auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen und die Rechtssache an die Sechste Kammer zu verweisen. Auf den von Audi mit Schreiben vom 12. November 2004 gestellten mit Gründen versehenen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist diese auf den 26. Mai 2005 anberaumt worden.

13 Mit Schreiben vom 19. Mai 2005 hat Audi dem Gerichtshof mitgeteilt, dass sie die Anmeldung zurückgenommen habe. In diesem Schreiben hat sie den Rechtsstreit aufgrund dieser Rücknahme für erledigt erklärt und unter Hinweis darauf, dass sie jedenfalls nicht vor dem Gerichtshof zu erscheinen beabsichtige, um Aufhebung des vorgesehenen Termins zur mündlichen Verhandlung gebeten.

14 Am 24. Mai 2005 ist der für den 26. Mai 2005 vorgesehene Termin zur mündlichen Verhandlung durch Entscheidung des Präsidenten der Sechsten Kammer des Gerichtshofes aufgehoben worden.

15 Mit Schreiben vom 13. Juni 2005 hat das HABM bestätigt, dass Audi die Anmeldung mit Schreiben vom 17. Mai 2005 wirksam zurückgenommen habe, wobei es unter Hinweis auf Randnummer 10 des Beschlusses des Gerichtshofes vom 1. Dezember 2004 in der Rechtssache C-498/01 P (HABM/Zapf Creation, Slg. 2004, I-11349) geltend gemacht hat, dass diese Rücknahme das Rechtsmittel jedoch nicht per se gegenstandslos mache. Es stehe zwar fest, dass die Rücknahme den Rechtsstreit über die Ablehnung des Zeichens "TDI" als Gemeinschaftsmarke beendet habe; für eine Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits durch den Gerichtshof fehle jedoch eine klare Rechtsgrundlage in seiner Verfahrensordnung. Artikel 118 der Verfahrensordnung nehme mit seiner Verweisung auf die allgemeinen Verfahrensvorschriften eben nicht auf deren Artikel 92 Bezug. Im Übrigen bleibe es Audi unbenommen, das Rechtsmittel zurückzunehmen.

16 Mit Schreiben vom 29. September 2005 hat Audi mitgeteilt, dass sie das Rechtsmittel nicht aufrechterhalte und dass das Rechtsmittelverfahren durch die Rücknahme der Anmeldung gegenstandslos geworden sei. Folglich habe sie das Rechtsmittel für erledigt erklärt. Entgegen der Auffassung des HABM bedürfe es keiner Klagerücknahme. In Randnummer 10 des Beschlusses HABM/Zapf Creation gehe es um die Frage, ob ein Rechtsmittelverfahren nach Rücknahme der Markenanmeldung fortgesetzt werden könne, wenn die Klagepartei das Rechtsmittel nicht für gegenstandslos oder erledigt erkläre. Zudem belege dieser Beschluss, dass nach Auffassung des Gerichtshofes Artikel 92 § 2 der Verfahrensordnung auch im Rechtsmittelverfahren - mindestens analog - anwendbar sei, auch wenn in den Artikeln 110 ff. und insbesondere in Artikel 118 der Verfahrensordnung nicht ausdrücklich auf diese Vorschrift verwiesen werde.

17 Mit Schreiben vom 21. Oktober 2005 hat das HABM mitgeteilt, dass es keine besonderen Anträge in Bezug auf die erfolgte Rücknahme des Rechtsmittels stelle. Hinsichtlich der Möglichkeit einer Erledigungserklärung hat es auf sein in Randnummer 15 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebenes Schreiben vom 13. Juni 2005 verwiesen.

18 Audi hat mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 nochmals darauf hingewiesen, dass sie das Rechtsmittel nicht zurückgenommen habe, sondern es nicht aufrechterhalte und für erledigt erkläre.

Beurteilung durch den Gerichtshof

19 Zunächst ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits Erledigungsbeschlüsse in Rechtsmittelverfahren erlassen hat (vgl. Beschlüsse vom 23. Oktober 2001 in der Rechtssache C-281/00 P, Una Film "City Revue"/Parlament und Rat, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, und in der Rechtssache C-313/00 P, Davidoff/Parlament und Rat, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache C-477/01 P[R], Reisebank/Kommission, Slg. 2002, I-2117, und in der Rechtssache C-480/01 P[R], Commerzbank/Kommission, Slg. 2002, I-2129, sowie Beschluss HABM/Zapf Creation).

20 Außerdem ist daran zu erinnern, dass ein Rechtsmittelführer nur dann ein Rechtsschutzinteresse hat, wenn das Rechtsmittel ihm im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteile vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C-19/93 P, Rendo u. a./Kommission, Slg. 1995, I-3319, Randnr. 13, und vom 13. Juli 2000 in der Rechtssache C-174/99 P, Parlament/Richard, Slg. 2000, I-6189, Randnr. 33, sowie Beschluss Reisebank/Kommission, Randnr. 21).

21 Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Rücknahme der Anmeldung den Rechtsstreit über deren Zurückweisung beendet hat.

22 Unter diesen Umständen ist der Hinweis des HABM auf Randnummer 10 des Beschlusses HABM/Zapf Creation irrelevant. Denn in den Randnummern 10 und 11 dieses Beschlusses hat der Gerichtshof nur festgestellt, dass die Rücknahme der Anmeldung durch den Antragsteller als solche das Rechtsmittel nicht gegenstandslos machen konnte, da das HABM als Rechtsmittelführer immer noch ein Rechtsschutzinteresse daran hätte haben können, die Rechtswirkungen des mit diesem Rechtsmittel angefochtenen Urteils in Frage zu stellen.

23 Im vorliegenden Fall haben jedenfalls weder Audi noch das HABM jemals geltend gemacht, nach der Rücknahme der Anmeldung irgendein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens zu haben. Ganz im Gegenteil, die beiden Verfahrensbeteiligten stimmen - wie dies auch in der Rechtssache, die zum Beschluss HABM/Zapf Creation (Randnr. 12) geführt hat, der Fall war - darin überein, dass der Rechtsstreit in Anbetracht der Rücknahme der Anmeldung nunmehr beigelegt ist.

24 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das vorliegende Rechtsmittel gegenstandslos geworden ist und sich die Hauptsache daher erledigt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

25 Erklärt der Gerichtshof die Hauptsache für erledigt, so entscheidet er nach Artikel 69 § 6 der Verfahrensordnung über die Kosten nach freiem Ermessen.

26 Im vorliegenden Fall ist das Rechtsmittel gegenstandslos geworden, weil die Anmeldung kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, den Audi zuvor beantragt hatte, zurückgenommen wurde. Audi hat zwar verneint, dass sie das Rechtsmittel zurückgenommen habe, gleichzeitig aber erklärt, dass sie es nicht aufrechterhalte.

27 Da also die Erledigung der Hauptsache auf Audi zurückzuführen ist, sind ihr die Kosten dieser Instanz aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) beschlossen:

1. Das Rechtsmittel der Audi AG hat sich erledigt.

2. Die Audi AG trägt die Kosten dieser Instanz.



Ende der Entscheidung

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