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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.01.2005
Aktenzeichen: C-84/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Ley de Contratos de las Administraciones Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000 in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni 2000 gebilligten Fassung (Spanien)


Vorschriften:

Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge Art. 1 Buchst. b
Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge Art. 7 Abs. 3
Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge Art. 7 Abs. 4
Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge Art. 1 Buchst. b
Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge Art. 6
Ley de Contratos de las Administraciones Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000 in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni 2000 gebilligten Fassung (Spanien) Art. 1 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache C-84/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am

26. Februar 2003

,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner und G. Valero Jordana als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, vertreten durch S. Ortiz Vaamonde als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter R. Schintgen, J. Makarczyk (Berichterstatter), G. Arestis und J. Klucka,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und den Richtlinien 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1) sowie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) verstoßen hat, indem es diese Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere

- die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien aufgeführt sind, vom Anwendungsbereich der Ley de Contratos de las Administraciones Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000, in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni 2000 gebilligten Fassung (BOE Nr. 148 vom 21. Juni 2000, S. 21775, im Folgenden: neugefasstes Gesetz) durch Artikel 1 Absatz 3 dieses Gesetzes ausgeschlossen hat,

- in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des neugefassten Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne der genannten Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und

- in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2. Nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37

"gelten als 'öffentliche Auftraggeber': der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen.

Als 'Einrichtung des öffentlichen Rechts' gilt jede Einrichtung,

- die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und

- die Rechtspersönlichkeit besitzt und

- die überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, den Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.

..."

3. Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/36 ist im Wesentlichen gleich.

4. Artikel 6 Absätze 2 bis 4 der Richtlinie 93/36 lautet:

"(2) Die öffentlichen Auftraggeber können Lieferaufträge im Verhandlungsverfahren vergeben, wenn im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens nicht ordnungsgemäße Angebote oder nur Angebote abgegeben worden sind, die nach den innerstaatlichen, mit Abschnitt IV zu vereinbarenden Vorschriften unannehmbar sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden. Die öffentlichen Auftraggeber veröffentlichen in diesen Fällen eine Vergabebekanntmachung, es sei denn, sie beziehen in das betreffende Verhandlungsverfahren alle [Lieferanten] ein, die die Kriterien der Artikel 20 bis 24 erfüllen und die im Verlauf des vorangegangenen offenen oder nicht offenen Verfahrens Angebote unterbreitet haben, die den formalen Voraussetzungen für das Angebotsverfahren entsprechen.

(3) Die öffentlichen Auftraggeber können in folgenden Fällen Lieferaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben:

a) wenn nach Durchführung eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine Angebote bzw. keine geeigneten Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden und unter der Voraussetzung, dass der Kommission ein Bericht vorgelegt wird;

b) wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die nur zum Zweck von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen oder Entwicklungen hergestellt werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;

c) wenn der Gegenstand der Lieferung wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes eines Ausschließlichkeitsrechts nur von einem bestimmten Lieferanten hergestellt oder geliefert werden kann;

d) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die in den offenen, den nicht offenen oder den Verhandlungsverfahren gemäß Absatz 2 vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Die angeführten Umstände zur Begründung der zwingenden Dringlichkeit dürfen auf keinen Fall dem öffentlichen Auftraggeber zuzuschreiben sein;

e) bei zusätzlichen, vom ursprünglichen Unternehmer durchgeführten Lieferungen, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unternehmers dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber Material unterschiedlicher technischer Merkmale kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde. Die Laufzeit dieser Aufträge sowie der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten.

(4) In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber seine Lieferaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren."

5. Artikel 7 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 93/37 lautet:

"(3) Die öffentlichen Auftraggeber können in den folgenden Fällen Bauaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung vergeben:

a) wenn im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine oder keine geeigneten Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden. Der Kommission muss ein Bericht vorgelegt werden, wenn sie dies wünscht;

b) wenn die Arbeiten aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden können;

c) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die die betreffenden öffentlichen Auftraggeber nicht voraussehen konnten, es nicht zulassen, die in den offenen, den nicht offenen oder den Verhandlungsverfahren gemäß Absatz 2 vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Die angeführten Umstände zur Begründung der zwingenden Dringlichkeit dürfen auf keinen Fall den öffentlichen Auftraggebern zuzuschreiben sein;

d) bei zusätzlichen Bauarbeiten, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Bauleistung erforderlich sind, sofern der Auftrag an den Unternehmer vergeben wird, der diese Bauleistung ausführt:

- wenn sich diese Arbeiten in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den öffentlichen Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder

- wenn diese Arbeiten zwar von der Ausführung des ersten Vorhabens getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt erforderlich sind.

Der Gesamtbetrag der Aufträge für die zusätzlichen Bauarbeiten darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten;

e) bei neuen Bauarbeiten, die in der Wiederholung gleichartiger Bauleistungen bestehen, die durch den gleichen öffentlichen Auftraggeber an den Unternehmer vergeben werden, der den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ersten Auftrags war, der nach den in Absatz 4 genannten Verfahren vergeben wurde.

Die Möglichkeit der Anwendung dieses Verfahrens muss bereits bei der Ausschreibung des ersten Bauabschnitts angegeben werden; der für die Fortsetzung der Bauarbeiten in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber für die Anwendung von Artikel 6 berücksichtigt. Dieses Verfahren darf jedoch nur binnen drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.

(4) In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber seine Bauaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren."

Nationales Recht

6. Der persönliche Anwendungsbereich der spanischen Regelung der öffentlichen Auftragsvergabe wird in Artikel 1 des neugefassten Gesetzes definiert und erfasst alle Territorialverwaltungen, sowohl auf der staatlichen Ebene als auch auf der Ebene der Autonomen Gemeinschaften und auf der örtlichen Ebene.

7. Artikel 1 Absatz 3 des neugefassten Gesetzes bestimmt außerdem:

"Ebenso unterliegen diesem Gesetz die Auftragsvergabe der autonomen Einrichtungen in jedem Fall und die der anderen mit einer öffentlichen Verwaltung verbundenen oder von dieser abhängigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit dann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Sie wurden zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind;

b) es handelt sich um Einrichtungen, die überwiegend von der öffentlichen Verwaltung oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane mehrheitlich aus Mitgliedern bestehen, die von der öffentlichen Verwaltung oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind."

8. Nach dem Sechsten Nachtrag zum neugefassten Gesetz mit dem Titel "Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Auftragsvergabe" gilt: "Gewerbliche Unternehmen, an deren Kapital die öffentliche Verwaltung, deren autonome Einrichtungen oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich beteiligt sind, beachten bei der Auftragsvergabe die Grundsätze der Veröffentlichung und des Wettbewerbs, es sei denn, die Art des durchzuführenden Auftrags ist mit diesen Grundsätzen unvereinbar."

9. Nicht unter das neugefasste Gesetz fallen nach dessen Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c "die Kooperationsvereinbarungen, die die allgemeine Staatsverwaltung mit der Sozialversicherung, den Autonomen Gemeinschaften, den Gebietskörperschaften, deren autonomen Einrichtungen und allen anderen öffentlichen Einrichtungen schließt oder die diese Einrichtungen untereinander schließen".

10. Nach den Artikeln 141 Buchstabe a (über Bauaufträge) und 182 Buchstabe a (über Lieferaufträge) des neugefassten Gesetzes ist das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung zulässig, wenn ein Auftrag nicht in einem offenen oder nicht offenen Verfahren vergeben werden konnte oder die Bewerber nicht zum Vergabeverfahren zugelassen wurden, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags bis auf den Preis, der nicht um mehr als 10 % erhöht werden darf, nicht geändert wurden.

11. Nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes kann das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung in Verfahren angewandt werden, die Güter betreffen, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt wurde, sofern der Mustertyp der betreffenden Güter zuvor völlig unabhängig aufgrund einer Ausschreibung nach den Bestimmungen dieses Titels ausgewählt wurde.

Das Vorverfahren

12. Da die Kommission der Ansicht war, dass mehrere Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 in spanisches Recht teilweise mit den genannten Richtlinien unvereinbar seien, richtete sie am 17. September 1997 ein Mahnschreiben und am 24. Juli 2000 ein ergänzendes Schreiben an das Königreich Spanien.

13. Nachdem der Kommission von den spanischen Behörden das neugefasste Gesetz übermittelt worden war, betrachtete sie einige Streitpunkte der Umsetzung als erledigt.

14. Da die Kommission jedoch der Ansicht war, dass die Richtlinien 93/36 und 93/37 immer noch nicht ordnungsgemäß in spanisches Recht umgesetzt worden seien, richtete sie am 24. Januar 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme und am 31. Januar 2002 eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme an das Königreich Spanien, in der sie den Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Stellungnahmen binnen zwei Monaten vom Zugang der Letzteren nachzukommen.

15. Da die Kommission die Antwort des Königreichs Spanien auf die ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme für unzureichend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Begründetheit

16. Die Kommission stützt ihre Klage auf drei Rügen.

17. Mit ihrer ersten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausgeschlossen zu haben, obwohl diese auch Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten.

18. Mit ihrer zweiten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die zwischen den Einrichtungen des öffentlichen Rechts geschlossenen Kooperationsvereinbarungen vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausgeschlossen zu haben, obwohl diese Vereinbarungen öffentliche Aufträge im Sinne der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten.

19. Mit ihrer dritten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei von den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht aufgeführten Fällen zugelassen zu haben, nämlich für die Auftragsvergabe nach einem für erfolglos erklärten Verfahren und für die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter.

Zur ersten Rüge: Ausschluss von privatrechtlichen Einrichtungen, die die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien 93/36 und 93/37 genannten Voraussetzungen erfüllen, vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes

Vorbringen der Parteien

20. Nach Ansicht der Kommission stimmt der persönliche Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes nicht mit dem der Richtlinien 93/36 und 93/37 überein, da die nationale Regelung nur für Einrichtungen gelte, die im Sinne des spanischen Rechts einer öffentlich-rechtlichen Regelung unterworfen seien, obwohl die juristische Form der betreffenden Einrichtung nichts mit der in diesen Richtlinien festgelegten Definition der "Einrichtung des öffentlichen Rechts" zu tun habe.

21. Unter Berufung auf das Urteil vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Slg. 1998, I-73, Randnrn. 17 bis 35) erinnert die Kommission an die Feststellung des Gerichtshofes, dass unter "Einrichtung des öffentlichen Rechts" eine Einrichtung zu verstehen sei, die die drei in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinie 93/37 genannten Voraussetzungen gleichzeitig erfülle.

22. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (insbesondere die Urteile vom 20. September 1988 in der Rechtssache 31/87, Beentjes, Slg. 1988, 4635, und vom 10. November 1998 in der Rechtssache C-360/96, BFI Holding, Slg. 1998, I-6821) trägt die Kommission vor, dass der in Artikel 1 der Richtlinien 93/36 und 93/37 definierte Begriff des öffentlichen Auftraggebers funktionell auszulegen sei.

23. Überdies macht sie geltend, dass die von der spanischen Regierung vorgenommene Auslegung des Begriffs "Einrichtung des öffentlichen Rechts" dem Gemeinschaftsbegriff, der in der gesamten Gemeinschaft einheitlich auszulegen sei, seine Selbständigkeit nehme.

24. Die spanische Regierung spricht sich für eine wörtliche Auslegung des Begriffs "Einrichtung des öffentlichen Rechts" aus. Sie ist der Ansicht, dass dieser Begriff in den Richtlinien 93/36 und 93/37 von der öffentlichen Hand kontrollierte gewerbliche Unternehmen nicht erfasse. Zur Begründung beruft sie sich auf die Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84), die zwischen dem Begriff "Einrichtung des öffentlichen Rechts", der mit dem in den Richtlinien über öffentliche Aufträge identisch sei, und dem des "öffentlichen Unternehmens" unterscheide, dessen Definition dem öffentlichen gewerblichen Unternehmen entspreche.

25. Außerdem lehnt die spanische Regierung jede verallgemeinernde Lösung ab. Sie ist der Ansicht, dass eine echte Abgrenzung des Begriffs "Einrichtung des öffentlichen Rechts" erst möglich sei, wenn der Begriff "im Allgemeininteresse liegende Aufgaben" und vor allem der der "nicht gewerblichen Art" dieser Aufgaben durch eine eingehende Prüfung jeder Einrichtung bestimmt worden seien.

26. Die Kommission erwidert, dass die Richtlinie 93/38 eine Sonderregelung sei und wegen ihres Ausnahmecharakters nicht zur Auslegung allgemeiner Vorschriften, im vorliegenden Fall der Richtlinien 93/36 und 93/37, herangezogen werden könne.

Würdigung durch den Gerichtshof

27. Nach ständiger Rechtsprechung wird der Begriff "Einrichtung des öffentlichen Rechts", der als Begriff des Gemeinschaftsrechts in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen ist, durch die ausschließliche Berücksichtigung der drei in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 kumulativ aufgeführten Tatbestandsmerkmale funktionell bestimmt (Urteile Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Randnrn. 20 und 21, vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-470/99, Universale-Bau u. a., Slg. 2002, I-11617, Randnrn. 51 bis 53, vom 15. Mai 2003 in der Rechtssache C-214/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I-4667, Randnrn. 52 und 53, und vom 16. Oktober 2003 in der Rechtssache C-283/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I-11697, Randnr. 69).

28. Daraus folgt, dass für die etwaige Einstufung einer privatrechtlich organisierten Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen Rechts ausschließlich zu prüfen ist, ob die betreffende Einrichtung die drei kumulativen Tatbestandsmerkmale von Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 erfüllt, wobei die privatrechtliche Rechtsform der Einrichtung kein Kriterium darstellt, das für sich allein deren Einstufung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne dieser Richtlinien ausschließen könnte (Urteil vom 15. Mai 2003, Kommission/Spanien, Randnrn. 54, 55 und 60).

29. Der Gerichtshof hat darüber hinaus klargestellt, dass diese Auslegung nicht einer Verneinung des gewerblichen Charakters der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, die die betreffende Einrichtung wahrnimmt, gleichkommt, da dieser Gesichtspunkt bei der Prüfung berücksichtigt werden muss, ob die Einrichtung die Voraussetzung des Artikels 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster Gedankenstrich der Richtlinien 93/36 und 93/37 erfüllt (Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, Randnr. 75).

30. Im Übrigen kann diese Schlussfolgerung auch nicht dadurch entkräftet werden, dass in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht ausdrücklich auf die besondere Gruppe der "öffentlichen Unternehmen" Bezug genommen wird, die dagegen in der Richtlinie 93/38 aufgeführt wird (Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, Randnr. 76).

31. Aus alledem ergibt sich, dass die spanische Regelung den Begriff "öffentlicher Auftraggeber" in Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, da sie die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich der Regelung ausschließt, obwohl diese alle Voraussetzungen erfüllen können, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich dieser Richtlinien aufgeführt sind.

32. Daher ist der ersten Rüge der Kommission stattzugeben.

Zur zweiten Rüge: Ausschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes

Vorbringen der Parteien

33. Die Kommission stellt fest, dass das neugefasste Gesetz die Kooperationsvereinbarungen, die die allgemeine Staatsverwaltung mit der Sozialversicherung, den Autonomen Gemeinschaften, den Gebietskörperschaften, deren autonomen Einrichtungen und allen anderen öffentlichen Einrichtungen schließe oder die diese Einrichtungen untereinander schlössen, vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausnehme. Dieser absolute Ausschluss stelle eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 dar, da einige dieser Vereinbarungen von gleicher Art wie die unter die Richtlinien fallenden öffentlichen Aufträge sein könnten.

34. Dieser Ausschluss sei in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht vorgesehen.

35. Die Kommission beruft sich auf die Definition des Auftrags in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinien 93/36 und 93/37 und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, nach der zum Nachweis eines Auftrags zu prüfen sei, ob eine Vereinbarung zwischen zwei verschiedenen Personen getroffen worden sei (Urteil vom 18. November 1999 in der Rechtssache C-107/98, Teckal, Slg. 1999, I-8121, Randnr. 49). Sie vertritt daher unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte die Meinung, dass Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungen Aufträge im Sinne der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten.

36. Die spanische Regierung trägt vor, dass die Vereinbarungen die normale Form der Beziehungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts seien. Diese Beziehungen beträfen den Markt am Rande. Im Übrigen sei fraglich, ob das Urteil Teckal richtig sei. Der Grundsatz in Artikel 6 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) sei in den anderen Richtlinien über öffentliche Aufträge implizit enthalten.

Würdigung durch den Gerichtshof

37. Nach den Definitionen in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinien 93/36 und 93/37 setzt ein öffentlicher Liefer- oder Bauauftrag einen schriftlichen entgeltlichen Vertrag über den Kauf von Waren oder die Ausführung einer bestimmten Art von Arbeiten zwischen einem Lieferanten oder Unternehmer und einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b der genannten Richtlinien voraus.

38. Nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 genügt es grundsätzlich, dass der Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen wurde. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Gebietskörperschaft über die betreffende Person eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt und diese Person zugleich im Wesentlichen für die sie kontrollierende Gebietskörperschaft oder Gebietskörperschaften tätig ist (Urteil Teckal, Randnr. 50).

39. Aufgrund der Übereinstimmung, die zwischen den Definitionsmerkmalen eines Auftrags - abgesehen von dessen Gegenstand - in den Richtlinien 93/36 und 93/37 besteht, ist die im Urteil Teckal gefundene Lösung auf die von der Richtlinie 93/37 erfassten Vereinbarungen zwischen Verwaltungen anzuwenden.

40. Daher stellt die spanische Regelung im vorliegenden Fall eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 dar, da sie die Beziehungen, gleich welcher Art, zwischen den öffentlichen Verwaltungen, ihren öffentlichen Einrichtungen und ganz allgemein den Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nicht gewerblicher Art sind, von vornherein vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausschließt.

41. Unter diesen Umständen ist der zweiten Rüge der Kommission stattzugeben.

Zur dritten Rüge: Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei nicht in den Richtlinien 93/36 und 93/37 aufgeführten Fällen

42. Die Kommission ist der Ansicht, dass das neugefasste Gesetz die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht aufgeführten Fällen zulasse: für die Auftragsvergabe nach einem für erfolglos erklärten Verfahren und für die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter.

Zum ersten Teil der dritten Rüge: Auftragsvergabe nach einem erfolglosen Verfahren

Vorbringen der Parteien

43. Nach Ansicht der Kommission verstoßen die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes durch die Zulassung einer Erhöhung des ursprünglichen Angebotspreises um 10 % im Vergleich zum vorangegangenen offenen oder nicht offenen Verfahren gegen die Richtlinien 93/36 und 93/37, da sie eine grundlegende Änderung einer der ursprünglichen Bedingungen des Auftrags, nämlich des Preises, erlaubten.

44. Die Liste der Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren angewandt werden könne, sei abschließend. Daher müsse der Begriff der nicht grundlegenden Änderung restriktiv ausgelegt werden.

45. Die spanische Regierung wirft der Kommission vor, sie habe nicht angegeben, welche Änderung des Preises als grundlegend zu betrachten sei und welche Erhöhung nicht so zu qualifizieren sei. Aus Gründen der Rechtssicherheit habe der spanische Gesetzgeber den unbestimmten Begriff "grundlegende Änderung der ursprünglichen Bedingungen des Vertrages" konkret ausgefüllt.

46. Die Kommission wendet dagegen ein, dass sie im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage weder die Grenzen des Verstoßes bestimmen noch die Maßnahmen angeben müsse, die die beanstandete Vertragsverletzung beseitigen könnten. Überdies dürfe das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Klarstellung der in den Richtlinien enthaltenen Begriffe nicht zu deren Nichtanwendung führen.

Würdigung durch den Gerichtshof

47. Wie sich insbesondere aus der zwölften Begründungserwägung der Richtlinie 93/36 und der achten Begründungserwägung der Richtlinie 93/37 ergibt, hat das Verhandlungsverfahren Ausnahmecharakter und darf nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen zur Anwendung gelangen. Aus diesem Grund bestimmen die Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 abschließend die Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung angewandt werden kann.

48. Nach der Rechtsprechung sind die Ausnahmen von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der Rechte nach dem Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (Urteile vom 18. Mai 1995 in der Rechtssache C-57/94, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-1249, Randnr. 23, und vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-318/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-1949, Randnr. 13). Die Mitgliedstaaten können daher weder Tatbestände für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens schaffen, die in den genannten Richtlinien nicht vorgesehen sind, noch die ausdrücklich in diesen Richtlinien vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen, die die Anwendung des genannten Verfahrens erleichtern, da sie sonst die praktische Wirksamkeit der betreffenden Richtlinien beseitigen würden.

49. Im vorliegenden Fall lässt sich nicht abstreiten, dass die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes, soweit sie die Anwendung des Verhandlungsverfahrens zulassen, wenn ein Auftrag nicht in einem offenen oder nicht offenen Verfahren vergeben werden konnte oder die Bewerber nicht zum Vergabeverfahren zugelassen wurden, und die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags bis auf den Preis, der nicht um mehr als 10 % erhöht werden darf, nicht geändert wurden, die genannten Vorschriften der Richtlinien 93/36 und 93/37 um eine neue Bestimmung ergänzen, die sowohl die Tragweite als auch den Ausnahmecharakter beeinträchtigt. Denn eine solche Bestimmung kann nicht als unwesentliche Änderung der ursprünglichen Bedingungen der Aufträge im Sinne der Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 betrachtet werden.

50. Somit ist festzustellen, dass die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes die Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben.

Zum zweiten Teil der dritten Rüge: Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter

Vorbringen der Parteien

51. Die Kommission trägt vor, dass das Verfahren nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes gegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 verstoße, in dem die Anwendungsfälle des Verhandlungsverfahrens aufgezählt seien.

52. Im vorliegenden Fall sehe das spanische Recht die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung bei Gütern vor, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt worden sei. Die Anwendung dieses Verfahrens sei möglich, sofern der Mustertyp der Güter zuvor völlig unabhängig aufgrund einer Ausschreibung ausgewählt worden sei.

53. Die spanische Regierung trägt vor, dass die Ausschreibungen, die den Mustertyp der einheitlichen Güter bestimmen sollten, Rahmenverträgen ähnlich seien.

54. Zudem unterschieden sich die betreffenden Ausschreibungen in keiner Weise von der Vergabe nach einer Vereinbarung oder einem Rahmenvertrag gemäß einem anderen Artikel des neugefassten Gesetzes, zu denen die Kommission nicht Stellung genommen habe. Daher stimme der Artikel mit den Richtlinien über öffentliche Aufträge überein.

55. Unter Hinweis auf die Definition der Rahmenverträge trägt die Kommission vor, dass diese Verträge nicht unter die Richtlinie 93/36 fielen.

Würdigung durch den Gerichtshof

56. Was die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes betrifft, so darf das Verhandlungsverfahren nur in den in Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 abschließend aufgezählten Fällen zur Anwendung gelangen. Absatz 4 dieses Artikels bestimmt im Übrigen: "In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber seine Lieferaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren."

57. Die vom spanischen Gesetzgeber eingeführte Bestimmung, um die es hier geht, entspricht weder dem in Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 genannten Fall noch einem der fünf in Absatz 3 dieses Artikels aufgezählten Fälle, in denen die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung ausdrücklich zugelassen ist. Im Übrigen fällt der Begriff "Rahmenvereinbarung" unter diese Ausnahmen.

58. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bestimmungen, die Ausnahmen von den Vorschriften zulassen, die die Wirksamkeit der Rechte nach dem Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (Urteil vom 17. November 1993 in der Rechtssache C-71/92, Kommission/Spanien, Slg. 1993, I-5923, Randnr. 36). Es obliegt demnach den Mitgliedstaaten, nachzuweisen, dass ihre Rechtsvorschriften eine getreue Umsetzung der in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Tatbestände darstellen. Im vorliegenden Fall hat die spanische Regierung einen solchen Beweis nicht erbracht.

59. Soweit die betreffenden Rechtsvorschriften das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung in Verfahren, die Güter betreffen, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt wurde, zulassen, sofern der Mustertyp der Güter, um die es sich handelt, zuvor aufgrund einer Ausschreibung festgestellt worden ist, haben sie Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 nicht ordnungsgemäß umgesetzt.

60. Somit ist der dritten Rüge der Kommission stattzugeben.

61. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist festzustellen, dass das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien 93/36 und 93/37 verstoßen hat, indem es die Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere

- die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien aufgeführt sind, vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes durch dessen Artikel 1 Absatz 3 ausgeschlossen hat,

- in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des neugefassten Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne dieser Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und

- in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses neugefassten Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

62. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien in die Kosten beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Königreich Spanien hat gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge verstoßen, indem es die genannten Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere

- die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinie angeführt sind, vom Anwendungsbereich der Ley de Contratos de las Administraciones Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000 in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni 2000 gebilligten Fassung durch Artikel 1 Absatz 3 dieses Gesetzes ausgeschlossen hat,

- in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c dieses Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne der genannten Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und

- in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat.

2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.

Ende der Entscheidung

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