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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: C-9/02
Rechtsgebiete: EGV, Loi Nr. 98/1266 portant loi de finances pour 1999 (Finanzgesetz für 1999) (Frankreich), Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch) (Frankreich), Dekret Nr. 99-590 (Frankreich), Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch) (Frankreich)
Vorschriften:
EGV Art. 43 | |
Loi Nr. 98/1266 portant loi de finances pour 1999 (Finanzgesetz für 1999) (Frankreich) Art. 24 | |
Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch) (Frankreich) Art. 160 Abschn. I | |
Dekret Nr. 99-590 (Frankreich) Art. 3 Abs. 1 | |
Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch) (Frankreich) Art. R.277-1 | |
Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch) (Frankreich) Art. R.277-2 | |
Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch) (Frankreich) Art. R.277-3 | |
Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch) (Frankreich) Art. R.277-4 | |
Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch) (Frankreich) Art. R. 277-6 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 11. März 2004. - Hughes de Lasteyrie du Saillant gegen Ministère de l'Économie, des Finances et de l'Industrie. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d'État - Frankreich. - Niederlassungsfreiheit - Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) - Steuerrecht - Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat - Modalitäten der Besteuerung der Wertsteigerungen von Wertpapieren. - Rechtssache C-9/02.
Parteien:
In der Rechtssache C-9/02
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom französischen Conseil d'État in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Hughes de Lasteyrie du Saillant
gegen
Ministère de l'Économie, des Finances et de l'Industrie
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters C. W. A. Timmermans (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter A. La Pergola und S. von Bahr,
Generalanwalt: J. Mischo,
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Hughes de Lasteyrie du Saillant, vertreten durch E. Ginter, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, F. Alabrune und P. Boussaroque als Bevollmächtigte,
- der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und M. Lumma als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und A. Seiça Neves als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und C. Giolito als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Hughes de Lasteyrie du Saillant, vertreten durch E. Ginter und B. Michaud, avocats, der französischen Regierung, vertreten durch P. Boussaroque und J.-L. Gautier als Bevollmächtigte, der niederländischen Regierung, vertreten durch S. Terstal als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch R. Lyal und C. Giolito, in der Sitzung vom 13. Februar 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom
13. März 2003,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Der Conseil d'État hat mit Entscheidung vom 14. Dezember 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Januar 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung des Artikels 52 EGVertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Hughes de Lasteyrie du Saillant (im Folgenden: Kläger) und dem Ministère de l'Économie, des Finances et de l'Industrie (Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Industrie) wegen der Besteuerung noch nicht realisierter Wertsteigerungen von Wertpapieren, die erfolgt, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt.
Rechtlicher Rahmen
3. Artikel 24 der Loi Nr. 98/1266 portant loi de finances pour 1999 (Finanzgesetz für 1999) vom 30. Dezember 1998 (JORF vom 31. Dezember 1998, S. 20050) bestimmt in seiner zum Zeitpunkt des Erlasses des Décret Nr. 99590 portant application de l'article 24 de la loi de finances pour 1999 relatif aux modalités d'imposition de certaines plusvalues de valeurs mobilières en cas de transfert du domicile fiscal hors de France (Dekret zur Durchführung von Artikel 24 des Finanzgesetzes für 1999 über die Modalitäten der Besteuerung bestimmter Wertsteigerungen von Wertpapieren bei der Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland) vom 6. Juli 1999 (JORF vom 13. Juli 1999, S. 10407) geltenden Fassung:
I....
II. Folgender Artikel 167bis wird in den Code général des impôts eingefügt:
Artikel 167bis
I.1. Steuerpflichtige, die ihren steuerlichen Wohnsitz während der letzten zehn Jahre mindestens sechs Jahre in Frankreich hatten, werden zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, hinsichtlich der Wertsteigerungen besteuert, die für ihre in Artikel 160 genannten Gesellschaftsrechte festgestellt wurden.
2. Die festgestellte Wertsteigerung wird bestimmt aus der Differenz zwischen dem nach den Vorschriften der Artikel 758 und 855 Tbis ermittelten Wert der Gesellschaftsrechte im Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland und dem vom Steuerpflichtigen entrichteten Anschaffungspreis oder, bei kostenlosem Erwerb, dem für die Festsetzung der Verkehrssteuer ermittelten Wert.
Festgestellte Verluste sind nicht auf die anderweitig tatsächlich realisierten Wertsteigerungen gleicher Art anrechenbar.
3. Die Erklärung der festgestellten Wertsteigerung erfolgt nach den Voraussetzungen von Artikel 167 Absatz 2.
II.1. Die Zahlung der auf die festgestellte Wertsteigerung anfallenden Steuer kann bis zum Zeitpunkt der Übertragung, des Rückkaufs, der Einlösung oder der Kraftloserklärung der betreffenden Gesellschaftsrechte aufgeschoben werden.
Der Zahlungsaufschub setzt voraus, dass der Steuerpflichtige den Betrag der nach Abschnitt I festgestellten Wertsteigerung erklärt, einen Antrag auf Zahlungsaufschub stellt, einen in Frankreich ansässigen Bevollmächtigten benennt, der zum Empfang von Mitteilungen in Bezug auf Besteuerungsgrundlage, Steuererhebung sowie steuerrechtliche Rechtsstreitigkeiten ermächtigt ist, und vor seinem Wegzug dem für die Steuererhebung zuständigen Finanzbeamten Sicherheiten leistet, die geeignet sind, die Einziehung der Steuerforderung der Finanzverwaltung zu gewährleisten.
Der in diesem Artikel vorgesehene Zahlungsaufschub hat zur Folge, dass die Verjährung der Maßnahmen zur Einziehung der Steuerschuld bis zu dem Zeitpunkt des den Zahlungsaufschub beendenden Ereignisses gehemmt wird. Er wird für die Anwendung der Artikel L. 208, L. 255 und L. 279 des Livre des procédures fiscales dem Zahlungsaufschub gemäß Artikel L. 277 des Livre des procédures fiscales gleichgestellt.
Für die Besteuerung oder Erstattung von Steuergutschriften, Steuerkrediten und Einbehalten oder Abzügen ohne befreiende Wirkung bleibt die Steuer, für die nach diesem Artikel ein Zahlungsaufschub beantragt wurde, außer Betracht.
2. Die Steuerpflichtigen, denen der Zahlungsaufschub nach diesem Artikel gewährt wird, sind zur Erklärung nach Artikel 170 Absatz 1 verpflichtet. In dieser Erklärung ist der kumulierte Betrag der Steuern anzugeben, für die ein Zahlungsaufschub gewährt wurde. Ihr ist auf einem beim Finanzamt erhältlichen Formular eine Aufstellung beizufügen, aus der sich der Betrag der Steuern für die betreffenden Wertpapiere ergibt, für die der Zahlungsaufschub noch nicht abgelaufen ist, sowie gegebenenfalls die Art und der Zeitpunkt der den Zahlungsaufschub beendenden Ereignisse.
3. Wenn dem Steuerpflichtigen ein Zahlungsaufschub gewährt wurde, ist vorbehaltlich Absatz 4 die nach diesem Artikel geschuldete Steuer bis zum 1. März des Jahres zu zahlen, das auf das Jahr folgt, in dem der Zahlungsaufschub endet.
Die Steuer, für die die Zahlung aufgeschoben wurde, fällt jedoch nur in Höhe des Betrages an, der auf der Grundlage der Differenz zwischen dem für die Anwendung von Abschnitt I Absatz 2 ermittelten Anschaffungspreis oder wert der betreffenden Wertpapiere einerseits und im Fall der Veräußerung oder des Rückkaufs ihrem Preis und in allen anderen Fällen ihrem Wert zu dem Zeitpunkt des den Zahlungsaufschub beendenden Ereignisses andererseits bestimmt wird. Der überschießende Betrag wird von Amts wegen in Abzug gebracht. In diesem Fall bringt der Steuerpflichtige zur Unterstützung der Erklärung nach Absatz 2 die berücksichtigten Berechnungsfaktoren bei.
Die vom Steuerpflichtigen im Ausland auf die dort tatsächlich realisierte Wertsteigerung gezahlte Steuer ist auf die in Frankreich festgesetzte Einkommensteuer anzurechnen, sofern sie mit dieser vergleichbar ist.
4. Werden die Erklärung und die Aufstellung nach Absatz 2 nicht vorgelegt oder die Auskünfte, die in diesen enthalten sein müssen, ganz oder teilweise nicht erteilt, so wird die Steuer, für die Zahlungsaufschub gewährt wurde, sofort fällig.
III. Nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Wegzugs oder, wenn dieses Ereignis früher eintritt, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz wieder nach Frankreich verlegt, wird die gemäß Abschnitt I festgesetzte Steuer von Amts wegen erlassen, soweit sie sich auf Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten bezieht, die sich zu diesem Zeitpunkt weiterhin im Vermögen des Steuerpflichtigen befinden.
III. Ein Dekret des Conseil d'État legt die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel und insbesondere die Modalitäten zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der festgestellten Wertsteigerungen sowie die Erklärungspflichten der Steuerpflichtigen und die Modalitäten des Zahlungsaufschubs fest.
IV. Die Vorschriften dieses Artikels gelten für die Steuerpflichtigen, die ihren Wohnsitz ab dem 9. September 1998 ins Ausland verlegen.
4. Artikel 160 Abschnitt I des französischen Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch, im Folgenden: CGI) in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Dekrets Nr. 99590 geltenden Fassung hat folgenden Wortlaut:
Veräußert ein Gesellschafter, Aktionär, Kommanditist oder Inhaber von Genussscheinen während des Bestehens der Gesellschaft alle oder einen Teil seiner Gesellschaftsrechte, wird der den Erwerbspreis - oder, wenn dieser höher ist, den am 1. Januar 1949 geltenden Wert - übersteigende Teil des Veräußerungspreises dieser Gesellschaftsrechte ausschließlich mit einem Einkommensteuersatz von 16 % besteuert. Bei Veräußerung eines oder mehrerer Wertpapiere einer Serie von Wertpapieren gleicher Art, die zu unterschiedlichen Preisen erworben wurden, ist als Anschaffungspreis der gewogene durchschnittliche Anschaffungswert dieser Wertpapiere zugrunde zu legen. Bei der Veräußerung von Wertpapieren nach Beendigung eines Aktiensparplans gemäß Artikel 163quinquies D oder ihrer Einziehung nach mehr als acht Jahren wird angenommen, dass der Anschaffungspreis dem Wert entspricht, den sie zu dem Zeitpunkt hatten, als der Veräußerer für diese Wertpapiere nicht mehr in den Genuss der Vorteile nach Artikel 157 Absätze 5bis und 5ter sowie Artikel 163quinquies D Abschnitt IV kam.
Die Besteuerung der so realisierten Wertsteigerung setzt nur voraus, dass die unmittelbaren oder mittelbaren Rechte des Veräußerers oder seines Ehegatten und ihrer Verwandten in aufsteigender oder absteigender Linie an den Gesellschaftsgewinnen zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe der letzten fünf Jahre zusammen 25 % dieser Gewinne überstiegen. Erfolgt aber die Veräußerung an eine der in diesem Absatz genannten Personen, so ist die Wertsteigerung von der Steuer befreit, wenn diese Gesellschaftsrechte weder insgesamt noch teilweise innerhalb von fünf Jahren an einen Dritten weiter veräußert werden. Andernfalls wird die Wertsteigerung beim ersten Veräußerer für das Jahr der Weiterveräußerung der Rechte an einen Dritten besteuert.
...
Die im Laufe eines Jahres erlittenen Wertverluste können nur mit Wertsteigerungen gleicher Art verrechnet werden, die im Lauf desselben Jahres oder in den folgenden fünf Jahren realisiert worden sind.
...
Die nach diesem Artikel steuerpflichtigen Wertsteigerungen sowie die Wertverluste sind nach den Voraussetzungen des Artikels 170 Absatz 1 gemäß den durch Dekret näher bestimmten Modalitäten zu erklären.
5. Artikel 3 Absatz 1 des Dekrets Nr. 99590 lautet:
Die Steuerpflichtigen, die zwischen dem 9. September 1998 und dem 31. Dezember 1998 ihren steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, geben für die nach Artikel 167 Absatz 1bis und Artikel 167bis Abschnitt I des Code général des impôts steuerpflichtigen Wertsteigerungen bis zum 30. September 1999 die berichtigte Erklärung gemäß Artikel 167 Absatz 2 des Code général des impôts sowie das besondere Formblatt nach Artikel 91undecies des Anhangs II des Code général des impôts ab.
6. Artikel R. 2801 des Livre des procédures fiscales (Steuerverfahrensbuch, im Folgenden: LPF), der durch Artikel 2 des Dekrets Nr. 99590 eingefügt wurde, hat folgenden Wortlaut:
Die Steuerpflichtigen, die einen Zahlungsaufschub nach Artikel 167bis Abschnitt II des Code général des impôts erhalten wollen, müssen dem für Steuerausländer zuständigen Finanzbeamten spätestens acht Tage vor dem Tag der Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland in der nach Artikel R. 2771 vorgeschriebenen Form einen Vorschlag für Sicherheiten vorlegen. Sie erhalten hierfür eine Empfangsbestätigung.
Die Vorschriften des Artikels R. 2771 Absatz 3, der Artikel R. 2772 bis R. 2774 und des Artikels R. 2776 finden Anwendung.
7. Artikel R. 2771 LPF sieht vor:
Der Steuerpflichtige, der für die Zahlung der Steuern einen Aufschub beantragt hat, wird vom zuständigen Finanzbeamten aufgefordert, die in Artikel L. 277 vorgesehenen Sicherheiten zu leisten. Der Steuerpflichtige hat ab Erhalt dieser Aufforderung zwei Wochen Zeit, die Sicherheiten mitzuteilen, zu deren Leistung er sich verpflichtet.
Diese Sicherheiten können geleistet werden durch: Barzahlung auf ein Interimskonto der Finanzverwaltung; Schuldverschreibungen auf die Finanzverwaltung; die Begebung einer Bürgschaft; Wertpapiere; in staatlich anerkannten Lagern hinterlegte Waren, über die ein auf die Finanzverwaltung indossierter Lagerpfandschein ausgestellt ist; Bestellung einer Hypothek; Verpfändung eines Fonds de commerce.
Ist der Finanzbeamte der Auffassung, dass er die vom Steuerpflichtigen angebotenen Sicherheiten nicht akzeptieren kann, weil sie nicht den Anforderungen nach Absatz 2 entsprechen, teilt er ihm seine Entscheidung per Einschreiben mit.
8. Artikel R. 2772 LPF bestimmt:
Stellt sich heraus, dass die geleisteten Sicherheiten an Wert verlieren oder nicht ausreichen, kann die Verwaltung den Steuerpflichtigen jederzeit unter den in den Artikeln L. 277 und L. 279 genannten Voraussetzungen per Einschreiben mit Rückschein zur Leistung einer zusätzlichen Sicherheit auffordern, um die Erhebung des streitigen Betrages sicherzustellen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Aufforderung nicht innerhalb eines Monats nach, wird die Zwangsbeitreibung weiterbetrieben.
9. Artikel R. 2773 LPF lautet:
Werden andere als die in Artikel R. 2771 vorgesehenen Sicherheiten angeboten, können sie auf Vorschlag des für die Steuererhebung zuständigen Finanzbeamten nur vom Trésorierpayeur général oder vom Receveur général des finances, Trésorierpayeur général für die Region Paris, wenn es sich um im Wege der Veranlangung erhobene direkte Steuern handelt, und, je nach Fall, vom Directeur des Service fiscaux oder dem Directeur régional des douanes et droits indirects, wenn es sich um andere Steuern, Abgaben oder Gebühren handelt, akzeptiert werden.
10. Artikel R. 2774 LPF sieht vor:
Der für die Steuererhebung zuständige Finanzbeamte kann dem Steuerpflichtigen jederzeit gestatten, die von ihm geleistete Sicherheit durch eine der anderen in Artikel R. 2773 vorgesehenen von wenigstens gleichem Wert auszutauschen.
11. Artikel R. 2776 LPF bestimmt:
Der Minister für Finanzen legt durch Verordnung die Voraussetzungen, unter denen Wertpapiere als Sicherheit geleistet werden können, und insbesondere die Art dieser Wertpapiere sowie den Betrag fest, zu dem sie zugelassen werden; dieser Betrag wird anhand der letzten Notierung am Tag der Hinterlegung berechnet.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
12. Der Kläger verließ Frankreich am 12. September 1998, um seinen Wohnsitz in Belgien zu nehmen. Zu diesem oder irgendeinem in den letzten fünf Jahren vor seinem Wegzug aus Frankreich liegenden Zeitpunkt hielt er mit seinen Familienangehörigen unmittelbar oder mittelbar Wertpapiere, die zum Bezug von mehr als 25 % der Gewinne einer Gesellschaft berechtigten, die gesellschaftssteuerpflichtig war und ihren Sitz in Frankreich hatte. Der Kläger wurde gemäß Artikel 167bis CGI und den Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel hinsichtlich der Wertsteigerungen besteuert, da der gemeine Wert dieser Wertpapiere damals über ihrem Anschaffungspreis lag.
13. Der Kläger beantragte beim Conseil d'État, das Dekret Nr. 99590 wegen Befugnisüberschreitung für nichtig zu erklären; Artikel 167bis CGI sei rechtswidrig, da er gegen Gemeinschaftsrecht verstoße.
14. Der Conseil d'État führt aus, dass diese Vorschriften entgegen dem Vorbringen des Klägers weder bezweckten noch bewirkten, dass die tatsächliche Ausübung der Freizügigkeit durch die von ihnen erfassten Personen irgendwelchen Beschränkungen oder Bedingungen unterworfen werde. Artikel 52 EGVertrag stehe der Einführung von Rechtsvorschriften durch einen Mitgliedstaat entgegen, die eine Behinderung der Niederlassung von eigenen Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hätten.
15. Artikel 167bis CGI sehe unter den dort genannten Voraussetzungen die sofortige Entstehung eines Steueranspruchs gegen Steuerpflichtige vor, die beabsichtigten, ihren steuerlichen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen, wobei die Besteuerung auf der Grundlage noch nicht realisierter Wertsteigerungen (im Folgenden: latente Wertsteigerungen) erfolge, die nicht zu versteuern wären, wenn die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz in Frankreich behielten.
16. Artikel 167bis CGI enthalte jedoch Bestimmungen, nach denen es im Fall eines Zahlungsaufschubs vermieden werden könne, dass die Steuerpflichtigen endgültig eine Steuerbelastung zu tragen hätten, der sie nicht oder nicht in dieser Höhe unterlegen hätten, wenn sie ihren Wohnsitz in Frankreich belassen hätten, und die den Steuerpflichtigen zudem nach Ablauf von fünf Jahren einen Steuererlass gewährten, soweit sich die Gesellschaftsrechte, bei denen eine Wertsteigerung eingetreten sei, dann noch in ihrem Vermögen befänden; die Betroffenen könnten beantragen, dass die Zahlung der Steuer bis zu diesem Zeitpunkt aufgeschoben werde.
17. Die Gewährung dieses Aufschubs sei davon abhängig, dass die Steuerpflichtigen Sicherheiten leisteten, die geeignet seien, die Steuererhebung sicherzustellen. Angesichts der Belastungen, die die Leistung solcher Sicherheiten mit sich bringen könne, stelle sich jedoch die Frage, ob eine Regelung wie die hier in Rede stehende gegen Gemeinschaftsrecht verstoße.
18. Da der Conseil d'État der Auffassung ist, dass der Rechtsstreit die Frage der Bedeutung der anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften aufwirft, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Verwehrt es der in Artikel 52 EGVertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 EG) verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit einem Mitgliedstaat, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die hier beschriebene einzuführen, wonach Wertsteigerungen bei Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes besteuert werden?
Zur Vorlagefrage
Vor dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen
19. Die deutsche und die niederländische Regierung machen geltend, dass der Vorlagebeschluss keine Angaben enthalte, die die Feststellung erlaubten, dass der Kläger von der in Artikel 52 EGVertrag garantierten Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht habe und deswegen in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift falle.
20. Der Kläger führt in seinen beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen aus, dass er seinen steuerlichen Wohnsitz nach Belgien verlegt habe, um dort seine Erwerbstätigkeit auszuüben.
21. Die dänische und die deutsche Regierung vertreten die Ansicht, dass Artikel 167bis CGI keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit enthalte. Diese Vorschrift sei nicht diskriminierend. Außerdem hindere sie französische Staatsangehörige weder unmittelbar noch mittelbar daran, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Nach Meinung der dänischen Regierung gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Besteuerung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Wertsteigerungen die Möglichkeit für französische Staatsangehörige beschränke, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Zudem könne der Umstand, dass die Gewährung des Aufschubs für die Zahlung der Steuer an die Leistung von Sicherheiten geknüpft sei, nicht als Erfordernis angesehen werden, das sich als solches auf die Möglichkeit für die französischen Steuerpflichtigen, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, erheblich auswirken könne.
22. Der Kläger, die portugiesische Regierung und die Kommission sind der Auffassung, dass die beschränkenden Wirkungen des Artikels 167bis CGI die Ausübung der Niederlassungsfreiheit einschränkten. Im Unterschied zu den Steuerpflichtigen, die in Frankreich wohnen blieben und hinsichtlich der Wertsteigerungen erst besteuert würden, wenn sie diese tatsächlich realisiert hätten, würden diejenigen, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegten, hinsichtlich latenter Wertsteigerungen besteuert. Bei Letzteren entstehe der Steueranspruch mit der Verlegung ihres steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland und nicht mit der Veräußerung der betreffenden Wertpapiere. Es handle sich im vorliegenden Fall somit um eine typische Beschränkung beim Verlassen des Landes. Ein solches System stelle Steuerpflichtige, die Frankreich verließen, schlechter als solche, die dort blieben, und führe damit eine diskriminierende Ungleichbehandlung ein. Die Vorläufigkeit der Besteuerung und die Möglichkeit, einen Zahlungsaufschub zu erlangen, könne eine solche beschränkende Wirkung nicht ausschließen, denn die Gewährung dieses Aufschubs erfolge nicht automatisch und setze die Bezeichnung eines in Frankreich niedergelassenen Steuerbevollmächtigten voraus. Aus der Verpflichtung zur Leistung von Sicherheiten folgten zudem nicht nur finanzielle Kosten, sondern vor allem die Nichtverfügbarkeit der als Sicherheit begebenen Vermögenswerte. Eine solche Verpflichtung stellt nach Ansicht des Klägers bereits als solche eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.
23. Die niederländische Regierung ist der Meinung, dass die sich aus Artikel 167bis CGI ergebende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit geringfügig und jedenfalls zu ungewiss und mittelbar sei, als dass sie die Niederlassungsfreiheit tatsächlich beschränken könne.
24. Die französische Regierung konzentriert ihre Ausführungen auf die möglichen Rechtfertigungen einer solchen Beschränkung. Hierzu macht sie zunächst geltend, dass Artikel 167bis CGI angesichts des Zieles, das mit dem in ihm vorgesehenen Maßnahmenkatalog verfolgt werde, nämlich der Steuerflucht vorzubeugen, nicht gegen Artikel 52 EGVertrag verstoße. Aus Randnummer 26 des Urteils vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C264/96 (ICI, Slg. 1998, I4695) ergebe sich, dass Rechtsvorschriften, die speziell bezweckten, nur zur Umgehung des Steuerrechts geschaffene Sachverhalte von einer Steuervergünstigung auszunehmen, einem zwingenden Allgemeininteresse entsprechen könnten. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, die sich aus einer Vorschrift ergebe, die echter Steuerhinterziehung entgegenwirken solle, müsse daher nicht gegen diese Freiheit verstoßen. In einem solchen Fall handle es sich nämlich um die Übertragung dessen, was der Gerichtshof als Missbrauch eines durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechtes angesehen habe (Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C370/90, Singh, Slg. 1992, I4265), auf den Bereich der Steuern.
25. Anlass für den Erlass des Artikels 167bis CGI sei das Verhalten bestimmter Steuerpflichtiger gewesen, die vor der Veräußerung von Wertpapieren ihren steuerlichen Wohnsitz allein deshalb vorübergehend verlegt hätten, um die Zahlung der in Frankreich auf die Wertsteigerungen zu entrichtenden Steuer zu umgehen. Da die Wirksamkeit der Steueraufsicht einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstelle (Urteil vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C250/95, Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I2471, Randnr. 31) müsse die Wirksamkeit der Erhebung einer fälligen Steuer, die in einer gegenüber der Aufsicht im Rahmen des Steuerverfahrens späteren Phase erfolge, ebenfalls als zwingender Grund angesehen werden.
26. Die französische Regierung macht ferner geltend, dass das Fehlen wirksamer bilateraler oder multilateraler internationaler Verträge, die gleiche Maßnahmen zur Einziehung der Steuerschuld wie in Frankreich erlaubten, zur Erschwerung der Steuererhebung beitrage, wenn der Steuerpflichtige in einem anderen Mitgliedstaat wohne, und den Erlass des Artikels 167bis CGI rechtfertige. Aus den gleichen Gründen sei es erforderlich, die Gewährung des Zahlungsaufschubs an die Leistung von Sicherheiten zu knüpfen.
27. Die Anwendung des Artikels 167bis CGI sei im Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig, da die dem Steuerpflichtigen auferlegten Belastungen zeitlich begrenzt seien. Die festgesetzte Steuer könne nämlich nur innerhalb von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt des Wegzugs tatsächlich erhoben werden. Nach Ablauf dieses Zeitraums sei der Betroffene, wenn er seine Wertpapiere nicht veräußert habe, gegenüber den französischen Behörden von jeder Steuerlast befreit. Die Festlegung eines Fünfjahreszeitraums sichere die Wirksamkeit des Systems und wirke der Steuerhinterziehung mittels kurzzeitiger Niederlassung im Ausland entgegen.
28. Die Besteuerungsmodalitäten seien ihrer Natur nach nicht unverhältnismäßig. Werde der Aufschub verweigert, so sei dies allein dem Steuerpflichtigen zuzuschreiben, etwa weil er keine ordnungsgemäße Erklärung abgegeben habe. Werde der Aufschub gewährt, stehe die dem Steuerpflichtigen auferlegte Belastung in der Verpflichtung, für die Zahlung Sicherheiten zu leisten. Dem Steuerpflichtigen werde in fast allen Fällen ein Zahlungsaufschub gewährt. In der Praxis habe der Steuerpflichtige somit im Zeitpunkt der Verlegung seines steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland keine Steuern zu zahlen.
29. Schließlich weist die französische Regierung darauf hin, dass im Fall der Veräußerung der Wertpapiere der in Frankreich entstehende Steueranspruch so berechnet werde, dass eine zu hohe Besteuerung vermieden werde. Die Steuer, die der Betroffene auf die Wertsteigerungen möglicherweise nach den Steuervorschriften des Aufnahmemitgliedstaats entrichtet habe, werde von dem Betrag der Steuer, die in Frankreich auf die Wertsteigerungen geschuldet werde, abgezogen. Außerdem führten die Wertminderungen, die nach dem Wegzug des Steuerpflichtigen aus Frankreich festgestellt würden, zu einer Herabsetzung der Steuer in entsprechender Höhe. Ebenso seien die nach diesem Wegzug realisierten Wertsteigerungen von der Bemessungsgrundlage der in Frankreich geschuldeten Steuer ausgeschlossen.
30. Die dänische, die deutsche und die niederländische Regierung sind ebenfalls der Auffassung, dass Artikel 167bis CGI aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und im Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig sei.
31. Die dänische Regierung verweist insoweit u. a. auf das Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C118/96 (Safir, Slg. 1998, I1897, Randnrn. 25 und 33), in dem der Gerichtshof den Schutz gegen die Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage als zwingenden Grund, der eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertige, erkannt habe.
32. Die deutsche Regierung macht erstens geltend, dass Artikel 167bis CGI die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen dem Wegzugsstaat und dem Zuzugsstaat zugrunde liege. Das Recht des Wegzugsstaats, die Wertsteigerungen bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zu besteuern, ergebe sich daraus, dass diese regelmäßig durch die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in diesem Staat entstanden seien. Sie seien somit im Vermögen des Steuerpflichtigen angefallen, der bis zu seinem Wegzug in diesem Staat der Besteuerung unterliege. Zweitens verweist die deutsche Regierung auf Randnummer 26 des Urteils ICI, in dem der Gerichtshof allgemein die Möglichkeit einer auf die Gefahr der Steuerumgehung gestützten Rechtfertigung anerkannt habe.
33. Nach Ansicht der niederländischen Regierung entspricht es dem Grundsatz der steuerlichen Territorialität, dass das Besteuerungsrecht auf die Wertsteigerungen beschränkt sei, die im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen realisiert worden seien, und dass die in diesem Staat eingetretenen Wertsteigerungen entsprechend berücksichtigt würden, wenn die Wertpapiere veräußert würden oder der Wohnsitz verlegt werde. Die kombinierte Wirkung der Besteuerung im Fall der Auswanderung des Steuerpflichtigen und des Erfordernisses einer Sicherheit für die Gewährung eines Zahlungsaufschubs, um die tatsächliche Erhebung der Steuer sicherzustellen, sei notwendig, um die Kohärenz des nationalen Steuersystems zu wahren. Ein solcher Grund könne eine Vorschrift, die Grundfreiheiten einschränke, rechtfertigen (Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C204/90, Bachmann, Slg. 1992, I249), denn im vorliegenden Fall bestehe eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Aufschub der jährlichen Besteuerung des mit den Wertpapieren zusammenhängenden Kapitalzuwachses und der tatsächlichen Erhebung der Steuer bei Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland. Außerdem sei Artikel 167bis CGI eines der Instrumente zur Bekämpfung der Steuerflucht, indem er verhindern solle, dass die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz vorübergehend ins Ausland verlegten, um ihre Wertpapiere ohne nennenswerte Besteuerung der Wertsteigerungen veräußern zu können.
34. Der Kläger, die portugiesische Regierung und die Kommission machen jedoch geltend, dass die in Artikel 167bis CGI enthaltene generalisierte und automatische Vermutung der Steuerflucht, die zu einer sofortigen Besteuerung der latenten Wertsteigerungen führe, Wirkungen entfalte, die weit über das hinausgingen, was erforderlich sei, um die Steuerhinterziehung oder Steuerflucht wirksam zu bekämpfen, und daher eine unverhältnismäßige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstelle.
35. Der Kläger trägt vor, dass die von der Französischen Republik geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der Regel eine Amtshilfeklausel im Zusammenhang mit der Steuererhebung enthielten, die es den französischen Finanzbehörden ermögliche, sich auf diese Bestimmungen zu stützen, um eine Steuer zu erheben, die von Steuerpflichtigen geschuldet werde, die ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlegt hätten. Nach Ansicht der portugiesischen Regierung sind die zuständigen Behörden in dem Fall, dass ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt, zur Zusammenarbeit und zur Schaffung von Verfahren zum Austausch von Informationen verpflichtet, die gewährleisteten, dass Steuerforderungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erfuellt würden.
36. Die Kommission ist der Auffassung, dass Artikel 167bis CGI es wegen seines allgemeinen Charakters nicht ermögliche, im Einzelfall zu ermitteln, ob die Wohnsitzverlegung tatsächlich der Steuerflucht habe dienen sollen. Diese Vorschrift verfolge nämlich nicht den speziellen Zweck, nur zur Umgehung des Steuerrechts geschaffene Sachverhalte von einer Steuervergünstigung auszunehmen, denn sie erfasse allgemein alle Fälle, in denen ein Steuerpflichtiger, der wesentliche Beteiligungen an einer körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft halte, seinen steuerlichen Wohnsitz aus welchem Grund auch immer ins Ausland verlege. Hierzu ergebe sich aus Randnummer 38 des Urteils vom 9. März 1999 in der Rechtssache C212/97 (Centros, Slg. 1999, I1459), dass die zuständige Verwaltung im Einzelfall das Vorliegen einer Steuerhinterziehung nachweisen müsse.
37. Der Kläger und die Kommission machen außerdem geltend, dass der Zahlungsaufschub nicht kraft Gesetzes gewährt werde und dass der Steuerpflichtige jedenfalls in der Lage sein müsse, Sicherheiten zu leisten, die geeignet seien, die Zahlung der Steuer sicherzustellen. Diese Maßnahmen seien hinsichtlich des verfolgten Zweckes offensichtlich nicht verhältnismäßig. Die Rechtsvorschriften der anderen Mitgliedstaaten, wie die des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und die des Königreichs Schweden, zeigten, dass Lösungen vorstellbar seien, die die Niederlassungsfreiheit weniger einschränkten. Die Regelung betreffend die Sicherheiten ist nach Ansicht der Kommission auch diskriminierend, weil nicht an einer französischen Börse notierte Wertpapiere nur dann als Sicherheit hinterlegt werden könnten, wenn eine Bankbürgschaft gestellt werde, die die vollständige Zahlung der geschuldeten Steuern garantiere.
Antwort des Gerichtshofes
38. Artikel 167bis CGI stellt den Grundsatz auf, dass Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, besteuert werden, wobei die Wertsteigerungen anhand des Unterschieds zwischen dem Wert dieser Rechte im Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung und ihrem Anschaffungspreis bestimmt werden. Diese Besteuerung erfasst nur Steuerpflichtige, die mit ihren Familienangehörigen unmittelbar oder mittelbar Rechte an den Gewinnen einer Gesellschaft besitzen, die zu irgendeinem in den letzten fünf Jahren vor der Wohnsitzverlegung liegenden Zeitpunkt 25 % dieser Gewinne übersteigen. Die Besonderheit dieser Regelung besteht darin, dass sie die Besteuerung von latenten Wertsteigerungen betrifft.
39. Erstens ist zu prüfen, ob Artikel 167bis CGI, der somit allein deswegen, weil ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, eine Besteuerung der latenten Wertsteigerungen vorsieht, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne des Artikels 52 EGVertrag beschränken kann.
40. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 52 EGVertrag eine der grundlegenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ist und seit dem Ablauf der Übergangszeit in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist. Nach dieser Vorschrift umfasst die Niederlassungsfreiheit der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen nach den Bestimmungen des Niederlassungsstaats für seine eigenen Angehörigen (Urteile vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273, Randnr. 13, vom 29. April 1999 in der Rechtssache C311/97, Royal Bank of Scotland, Slg. 1999, I2651, Randnr. 22, und vom 13. April 2000 in der Rechtssache C251/98, Baars, Slg. 2000, I2787, Randnr. 27).
41. Gegenüber den von einigen Regierungen geäußerten Zweifeln an der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ist mangels hinreichender Ausführungen zu diesem Punkt in der dem Gerichtshof vorgelegten Akte daran zu erinnern, dass in einem Verfahren nach Artikel 234 EG, der auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, für die Würdigung des konkreten Sachverhalts das vorlegende Gericht zuständig ist (u. a. Urteil vom 25. Februar 2003 in der Rechtssache 326/00, IKA, Slg. 2003, I1703, Randnr. 27 und dort zitierte Rechtssprechung), und festzustellen, dass das vorlegende Gericht offenbar zu dem Schluss gelangt ist, dass Artikel 52 EGVertrag auf den von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit anwendbar ist.
42. Auch wenn Artikel 52 EGVertrag ebenso wie die anderen Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit nach seinem Wortlaut insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sichern soll, so verbietet er es doch auch, dass der Herkunftsmitgliedstaat die Niederlassung seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat behindert (Urteil Baars, Randnr. 28 und dort zitierte Rechtsprechung).
43. Außerdem verbietet Artikel 52 EGVertrag auch geringfügige oder unbedeutende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit (in diesem Sinne Urteile vom 28. Januar 1986, Kommission/Frankreich, Randrn. 21, und vom 15. Februar 2000 in der Rechtssache C34/98, Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I995, Randr. 49).
44. Ferner gilt das Verbot für die Mitgliedstaaten, die Niederlassungsfreiheit zu beschränken, auch in Bezug auf steuerrechtliche Vorschriften. Nach ständiger Rechtsprechung fällt nämlich zwar der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft, die Mitgliedstaaten müssen die ihnen verbliebenen Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben (Urteile vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C279/93, Schumacker, Slg. 1995, I225, Randnr. 21, ICI, Randnr. 19, und vom 21. November 2002 in der Rechtssache C436/00, X und Y, Slg. 2002, I10829, Randnr. 32).
45. Im vorliegenden Fall verbietet Artikel 167bis CGI einem französischen Steuerpflichtigen zwar nicht, von seinem Niederlassungsrecht Gebrauch zu machen, er ist jedoch geeignet, die Ausübung dieses Rechts zu beschränken, da er für Steuerpflichtige, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen wollen, zumindest abschreckende Wirkung hat.
46. Der Steuerpflichtige, der im Rahmen der Ausübung des Rechts, das ihm durch Artikel 52 EGVertrag garantiert wird, seinen Wohnsitz ins Ausland verlegen möchte, wird nämlich gegenüber einer Person, die ihren Wohnsitz in Frankreich beibehält, benachteiligt. Dieser Steuerpflichtige wird allein wegen der Verlegung seines Wohnsitzes ins Ausland für ein Einkommen steuerpflichtig, das noch nicht realisiert ist und über das er somit nicht verfügt, während die Wertsteigerungen, wenn er in Frankreich bliebe, nur steuerpflichtig würden, wenn und soweit sie tatsächlich realisiert worden sind. Diese unterschiedliche Behandlung bei der Besteuerung der Wertsteigerungen, die erhebliche Auswirkungen auf das Vermögen des Steuerpflichtigen, der seinen Wohnsitz ins Ausland verlegen möchte, haben kann, ist geeignet, einen Steuerpflichtigen von einer solchen Wohnsitzverlegung abzuhalten.
47. Die Prüfung der Durchführungsvorschriften zu dieser Maßnahme bestätigt diese Schlussfolgerung. Der zwar mögliche Zahlungsaufschub erfolgt nicht automatisch und ist an strenge Voraussetzungen geknüpft, die der Generalanwalt in den Nummern 36 und 37 seiner Schlussanträge beschrieben hat und zu denen u. a. die Leistung von Sicherheiten gehört. Diese Sicherheiten haben als solche eine beschränkende Wirkung, da sie den Steuerpflichtigen an der Nutzung der als Sicherheit geleisteten Vermögenswerte hindern.
48. Nach alledem ist die im Ausgangverfahren in Rede stehende Maßnahme geeignet, die Niederlassungsfreiheit zu beschränken.
49. Zweitens ist daran zu erinnern, dass eine Maßnahme, die geeignet ist, die in Artikel 52 EGVertrag verankerte Niederlassungsfreiheit zu beschränken, nur zulässig sein kann, wenn mit ihr ein berechtigtes und mit dem EGVertrag zu vereinbarendes Ziel verfolgt wird und sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem solchen Fall muss allerdings ihre Anwendung zur Erreichung des damit verfolgten Zieles geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (Urteile Futura Participations und Singer, Randnr. 26 und dort zitierte Rechtsprechung, sowie X und Y, Randnr. 49).
50. Zu der vom vorlegenden Gericht in der Vorlagefrage erwähnten Rechtfertigung mit dem Ziel, der Steuerflucht vorzubeugen, ist festzustellen, dass Artikel 167bis CGI nicht speziell darauf zielt, nur zur Umgehung des französischen Steuerrechts geschaffene Sachverhalte von einer Steuervergünstigung auszunehmen, sondern allgemein alle Fälle erfasst, in denen ein Steuerpflichtiger, der wesentliche Beteiligungen an einer körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft hält, seinen Wohnsitz aus welchem Grund auch immer ins Ausland verlegt (in diesem Sinne Urteile ICI, Randnr. 26, sowie X und Y, Randnr. 61).
51. Verlegt eine natürliche Person ihren Wohnsitz aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats, so bedeutet dies für sich genommen keine Steuerflucht. Eine allgemeine Vermutung von Steuerflucht oder Steuerhinterziehung kann nicht auf den Umstand gestützt werden, dass eine natürliche Person ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt hat, und kann somit auch keine Steuermaßnahme rechtfertigen, die die Wahrnehmung einer durch den EGVertrag garantierten Grundfreiheit beeinträchtigt (in diesem Sinne Urteile vom 26. September 2000 in der Rechtssache C478/98, Kommission/Belgien, Slg. 2000, I7587, Randnr. 45, sowie X und Y, Randnr. 62).
52. Mit der Unterstellung, dass Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, die Umgehung des französischen Steuerrechts beabsichtigen, geht Artikel 167bis CGI somit weit über das hinaus, was zur Erreichung des mit ihm verfolgten Zieles erforderlich ist.
53. So besteht ein Steueranspruch nach Artikel 167bis CGI auch gegen den Steuerpflichtigen, der seine Wertpapiere vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren nach dem Wegzug aus Frankreich veräußert, selbst wenn er nicht die Absicht hat, in diesen Mitgliedstaat zurückzukehren, und nach Ablauf dieses Zeitraums weiterhin im Ausland wohnt.
54. Zudem lässt sich das verfolgte Ziel, nämlich zu verhindern, dass ein Steuerpflichtiger vor der Veräußerung der Wertpapiere seinen steuerlichen Wohnsitz allein deshalb vorübergehend verlegt, um die Zahlung der in Frankreich auf die Wertsteigerungen zu entrichtenden Steuer zu umgehen, durch Maßnahmen erreichen, die weniger einschneidend sind oder die Niederlassungsfreiheit weniger beschränken und sich spezifisch auf die Gefahr einer solchen vorübergehenden Wohnsitzverlegung beziehen. Wie der Generalanwalt in Nummer 64 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, könnten die französischen Behörden u. a. die Besteuerung eines Steuerpflichtigen vorsehen, der nach verhältnismäßig kurzem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat und nach Realisierung der Wertsteigerungen nach Frankreich zurückkehrt; so würden Auswirkungen auf die Situation von Steuerpflichtigen, die in gutem Glauben von ihrer Freiheit der Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat Gebrauch machen wollen, vermieden.
55. Die Durchführungsbestimmungen zu Artikel 167bis CGI lassen keine andere Schlussfolgerung zu.
56. Wie bereits in Randnummer 47 dieses Urteils festgestellt worden ist, erfolgt der Zahlungsaufschub nicht automatisch, sondern ist an strenge Voraussetzungen geknüpft, wie z. B. die Verpflichtung innerhalb der vorgeschriebenen Frist eine Erklärung abzugeben, einen in Frankreich niedergelassenen Bevollmächtigten zu benennen und Sicherheiten zu leisten, die geeignet sind, die Erhebung der Steuern sicherzustellen.
57. Soweit die Anwendung dieser Voraussetzungen die Ausübung des Niederlassungsrechts beschränkt, kann das Ziel, der Steuerflucht vorzubeugen, das nicht geeignet ist, die in Artikel 167bis CGI vorgesehene Besteuerungsregelung zu rechtfertigen, auch nicht erfolgreich zur Rechtfertigung dieser Voraussetzungen, die der Durchführung dieser Regelung dienen, angeführt werden.
58. Demnach verwehrt es Artikel 52 EGVertrag einem Mitgliedstaat, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die in Artikel 167bis CGI vorgesehene einzuführen, wonach latente Wertsteigerungen besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt.
59. Die dänische Regierung macht jedoch geltend, dass Artikel 167bis CGI die Erosion der Besteuerungsgrundlage des betroffenen Mitgliedstaats verhindern solle, indem er verhindere, dass Steuerpflichtige einen Nutzen aus den Unterschieden zwischen den Steuerregelungen der Mitgliedstaaten zögen.
60. Hierzu genügt der Hinweis, dass Steuermindereinnahmen nach ständiger Rechtsprechung nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen sind, der zur Rechtfertigung einer grundsätzlich gegen eine Grundfreiheit verstoßenden Maßnahme angeführt werden kann (Urteile ICI, Randnr. 28, und vom 8. März 2001 in den Rechtssachen C397/98 und C410/98, Metallgesellschaft u. a., Slg. 2001, I1727, Randnr. 59). Somit kann eine Beschränkung des Niederlassungsrechts nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass einem Mitgliedstaat Einnahmen entgehen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt, in dem eine andere Steuerregelung gilt.
61. Nach Ansicht der niederländischen Regierung ist die kombinierte Wirkung der Besteuerung im Fall der Auswanderung und die Forderung von Sicherheiten, an die der Aufschub der tatsächlichen Zahlung der Steuer geknüpft sei, notwendig, um die Kohärenz des französischen Steuersystems zu wahren, da ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Aufschub der jährlichen Besteuerung des mit den Wertpapieren verbundenen Kapitalzuwachses und der tatsächlichen Erhebung der Steuer bei Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland bestehe.
62. Der Gerichtshof hat zwar zugelassen, dass zur Wahrung des Zusammenhangs zwischen der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge und der Besteuerung der vom Versicherer in Erfuellung der Versicherungsverträge geschuldeten Beträge die Abzugsfähigkeit der Beiträge an die Bedingung geknüpft wird, dass diese in diesem Mitgliedstaat gezahlt werden (Urteile Bachmann, Randnrn. 21 bis 23, und vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C300/90, Kommission/Belgien, Slg. 1992, I305, Randnrn. 14 bis 20).
63. Von Artikel 167bis CGI kann jedoch nicht gesagt werden, dass er in dieser Weise durch das Erfordernis gerechtfertigt wäre, die Kohärenz des französischen Steuersystems zu wahren.
64. Hierzu ist daran zu erinnern, dass die in Artikel 167bis CGI vorgesehene Steuerregelung, wie die französische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen dargelegt hat, der allein aus steuerlichen Gründen erfolgenden vorübergehenden Wohnsitzverlegung ins Ausland vorbeugen soll. Anlass für den Erlass dieses Artikels sei nämlich das Verhalten bestimmter Steuerpflichtiger gewesen, die vor der Veräußerung von Wertpapieren ihren steuerlichen Wohnsitz allein deshalb vorübergehend verlegt hätten, um die Zahlung der in Frankreich auf die Wertsteigerungen zu entrichtenden Steuer zu umgehen.
65. Mit Artikel 167bis CGI wird somit offenbar nicht das Ziel verfolgt, allgemein in dem Fall, dass ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, die Besteuerung der Wertsteigerungen sicherzustellen, die während seines Aufenthalts in Frankreich eingetreten sind.
66. Für diese Feststellung spricht auch der Umstand, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuerregelung die Anrechung der Besteuerung zulässt, der die Wertsteigerungen im Fall ihrer Realisierung in dem Staat unterlagen, in den der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz verlegt hat. Eine solche Besteuerung könnte nämlich zur Folge haben, dass die realisierten Wertsteigerungen einschließlich des Teils der Wertsteigerungen, die während des Aufenthalts des Steuerpflichtigen in Frankreich eingetreten sind, vollständig in dem genannten Staat besteuert werden.
67. Unter diesen Umständen entfällt in Anbetracht des Zieles, das mit der in Artikel 167bis CGI vorgesehenen Steuerregelung verfolgt wird, die Prämisse, auf der das von der niederländischen Regierung angeführte Argument der steuerrechtlichen Kohärenz basiert. Die auf das Ziel der steuerrechtlichen Kohärenz gestützte Rechtfertigung einer solchen Regelung, die im Übrigen von der französischen Regierung nicht geltend gemacht worden ist, ist daher zurückzuweisen.
68. Zum Vorbringen der deutschen Regierung, dass die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen dem Wegzugsstaat und dem Aufnahmestaat zu berücksichtigen sei, genügt entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in Nummer 82 seiner Schlussanträge der Hinweis darauf, dass es in dem Rechtsstreit weder um die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten noch um das Recht der französischen Behörden geht, latente Wertsteigerungen zu besteuern, um auf künstliche Wohnsitzverlegungen zu reagieren, sondern um die Frage, ob die hierzu erlassenen Maßnahmen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit stehen.
69. Folglich ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass der in Artikel 52 EGVertrag verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die in Artikel 167bis CGI vorgesehene einzuführen, wonach latente Wertsteigerungen besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt.
Kostenentscheidung:
Kosten
70. Die Auslagen der französischen, der dänischen, der deutschen, der niederländischen und der portugiesischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
auf die ihm vom Conseil d'État mit Entscheidung vom 14. Dezember 2001 vorgelegte Frage für Recht erkannt:
Der in Artikel 52 EGVertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die in Artikel 167bis des französischen Code général des impôts vorgesehene einzuführen, wonach latente Wertsteigerungen besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt.
Ende der Entscheidung
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