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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 22.04.1999
Aktenzeichen: T-112/97
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2377/90


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2377/90 Art. 1
VO (EWG) Nr. 2377/90 Art. 31
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Wer nicht Adressat einer Entscheidung ist, kann nur dann geltend machen, individuell von dieser Entscheidung betroffen zu sein, wenn diese ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.

Dies ist bei einer Entscheidung der Kommission der Fall, mit der ein von einer Muttergesellschaft, die sämtliche Anteile an ihrer Tochtergesellschaft, die als Adressatin der Entscheidung gilt, hält, daher zu 100 % Eigentümerin dieses Unternehmens ist und auf diese Weise aus dem Kreis aller übrigen Personen, insbesondere aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer auf dem betreffenden Markt herausgehoben wird, gestellter Antrag auf Aufnahme von Sometribove in das in Anhang II der Verordnung Nr. 2377/90 enthaltene Verzeichnis der Stoffe abgelehnt wird, für die keine Hoechstmenge für Rückstände gilt.

2 Steht zwischen den Parteien fest, daß die streitige Entscheidung aus den gleichen Gründen für nichtig zu erklären ist, die das Gericht veranlasst haben, die in der einem vorherigen Urteil zugrunde liegenden Rechtssache angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, und könnte kein tatsächlicher oder rechtlicher Umstand zu einem anderen Ergebnis führen, so ist auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils zu verweisen, und die streitige Entscheidung ist folglich für nichtig zu erklären.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 22. April 1999. - Monsanto Company gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 - Antrag auf Aufnahme eines rekombinierten Rindersomatotropins (BST) in das Verzeichnis der Stoffe, für deren Rückstände keine Höchstmengen gelten - Ablehnung durch die Kommission - Nichtigkeitsklage. - Rechtssache T-112/97.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Der Rat erließ am 26. Juni 1990 die Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Hoechstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 224, S. 1).

2 Nach dieser Verordnung legt die Kommission für die Rückstände Hoechstmengen fest. Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung definiert "Hoechstmengen von Rückständen" als die Hoechstkonzentration von Rückständen aus der Verwendung von Tierarzneimitteln, bei der die Gemeinschaft akzeptieren kann, daß sie legal zugelassen wird, oder die als eine "in oder auf einem Nahrungsmittel" annehmbare Konzentration anerkannt wird.

3 Die Verordnung sieht vier Anhänge vor, in die ein pharmakologisch wirksamer Stoff aufgenommen werden kann, der in Tierarzneimitteln verwendet werden soll, die für die Verabreichung an "zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere" bestimmt sind:

- In Anhang I sind die Stoffe aufzuführen, für die nach einer Beurteilung ihrer Risiken für die menschliche Gesundheit eine Hoechstmenge von Rückständen festgelegt werden kann.

- In Anhang II sind die Stoffe aufzuführen, für die keine Hoechstmenge von Rückständen gilt.

- In Anhang III sind die Stoffe aufzuführen, für die die endgültige Festlegung einer Hoechstmenge von Rückständen nicht möglich ist, für die jedoch für einen bestimmten Zeitraum ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit eine vorläufige Hoechstmenge von Rückständen festgelegt werden kann; der genannte Zeitraum richtet sich danach, wieviel Zeit für die Durchführung der geeigneten wissenschaftlichen Untersuchungen erforderlich ist, und kann nur einmal verlängert werden.

- In Anhang IV sind die Stoffe aufzuführen, für die keine Hoechstmenge von Rückständen festgelegt werden kann, da diese Stoffe ohne Rücksicht auf ihre Konzentration eine Gefahr für die Gesundheit des Verbrauchers darstellen.

4 Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2377/90 bestimmt:

"Die Aufnahme eines neuen pharmakologisch wirksamen Stoffes, der

- in Tierarzneimitteln verwendet werden soll, die für die Verabreichung an zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere bestimmt sind, und

- in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, die die Verwendung des betreffenden Stoffes bei zur Nahrungsmittelerzeugung genutzten Tieren zuvor nicht zugelassen haben, in den Verkehr gebracht werden soll,

in Anhang I, II oder III wird von dem für die Vermarktung Verantwortlichen bei der Kommission beantragt..."

5 Nach Artikel 6 Absatz 2 leitet die Kommission den Antrag nach der innerhalb von 30 Tagen vorzunehmenden Formalprüfung "unverzueglich" zur sachlichen Prüfung an den Ausschuß für Tierarzneimittel weiter.

6 Gemäß Artikel 6 Absatz 3 erstellt die Kommission innerhalb von 120 Tagen nach der Weiterleitung des Antrags an den Ausschuß für Tierarzneimittel und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Mitglieder des Ausschusses einen Entwurf der zu ergreifenden Maßnahmen.

7 Nach Artikel 6 Absatz 5 legt die Kommission diesen Entwurf dem Ausschuß für die Anpassung der Richtlinien über Tierarzneimittel an den technischen Fortschritt (im folgenden: Regelungsausschuß) zur Anwendung des Verfahrens des Artikels 8 vor.

8 Nach Artikel 8 Absatz 2 nimmt dieser Ausschuß zu dem Maßnahmenentwurf binnen einer Frist Stellung, die sein Vorsitzender entsprechend der Dringlichkeit der Angelegenheit festsetzen kann.

9 Artikel 8 Absatz 3 beschreibt das Verfahren, nach dem die Kommission oder gegebenenfalls der Rat die beabsichtigten Maßnahmen unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Regelungsausschusses erlässt.

10 Die Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) sieht ein Verfahren für die Erteilung einer Gemeinschaftsgenehmigung für das Inverkehrbringen von Tierarzneimitteln (im folgenden: Verkehrsgenehmigung) vor.

11 Aus Artikel 31 Absatz 3 Buchstabe b dieser Verordnung ergibt sich, daß bei Tierarzneimitteln, die für die Verabreichung an zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere bestimmt sind, die Festsetzung einer Hoechstmenge von Rückständen des pharmakologisch wirksamen Stoffes eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer Verkehrsgenehmigung ist.

12 Nach Artikel 34 Absatz 2 der Verordnung stellt die Versagung einer Gemeinschaftsgenehmigung ein Verbot für das Inverkehrbringen des betreffenden Tierarzneimittels in der gesamten Gemeinschaft dar.

13 Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 87/22/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der einzelstaatlichen Maßnahmen betreffend das Inverkehrbringen technologisch hochwertiger Arzneimittel, insbesondere aus der Biotechnologie (ABl. 1987, L 15, S. 38), konsultieren die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, sobald sie einen Antrag auf Zulassung eines technologisch hochwertigen Arzneimittels erhalten, auf Antrag des für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses Verantwortlichen entsprechend der Zuständigkeit entweder den Ausschuß für Arzneispezialitäten oder den Ausschuß für Tierarzneimittel.

14 Mit der Entscheidung 90/218/EWG des Rates vom 25. April 1990 über die Verabreichung von Rindersomatotropin (BST) (ABl. L 116, S. 27), zuletzt geändert durch die Entscheidung 94/936/EG des Rates vom 20. Dezember 1994 (ABl. L 366, S. 19), wurde für das Inverkehrbringen von rekombiniertem Rindersomatotropin (im folgenden: BST), eines Wachstumshormons, ein Moratorium angeordnet.

15 Gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung 90/218 in der Fassung der Entscheidung 94/936 tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, daß bis zum 31. Dezember 1999 in ihrem Hoheitsgebiet das Inverkehrbringen von BST zur Vermarktung und jedwede Verabreichung an Milchkühe nicht zugelassen werden.

Sachverhalt

16 Die Klägerin erfand und entwickelte ein Tierarzneimittel mit der Bezeichnung Somatech. Der pharmakologische Wirkstoff dieses Erzeugnisses ist Sometribove, ein BST, das Milchkühen zur Förderung der Milchproduktion verabreicht werden soll.

17 Die Monsanto Europe SA/NV, eine Gesellschaft belgischen Rechts (im folgenden: Monsanto Europe), ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Klägerin. Sie ist für bestimmte Gesichtspunkte der gewerblichen Verwertung des Sometribove in der Gemeinschaft unter der Leitung der Klägerin als weltweiter Koordinatorin dieser Verwertung verantwortlich.

18 1987 konsultierten die zuständigen Behörden der Französischen Republik auf Antrag von Monsanto Europe gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 87/22 den Ausschuß für Tierarzneimittel im Hinblick auf eine Stellungnahme zu Sometribove.

19 Nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2377/90 teilte die Kommission Monsanto Europe mit, es sei nicht erforderlich, daß sie einen neuen Antrag auf Aufnahme von Sometribove in Anhang II der Verordnung Nr. 2377/90 (im folgenden: Anhang II) stelle, da der Ausschuß für Tierarzneimittel bereits gemäß der Richtlinie 87/22 mit dem Vorgang befasst worden sei.

20 Am 27. Januar 1993 gab der Ausschuß für Tierarzneimittel seine Stellungnahme ab.

21 In dieser Stellungnahme heisst es insbesondere:

"Der Ausschuß ist der Ansicht, daß es für den Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht erforderlich ist, für Rückstände von Sometribove, des wirksamen Bestandteils des Produktes, Hoechstgrenzen festzusetzen, und empfiehlt daher, Sometribove in das Verzeichnis der Stoffe, für die keine Hoechstmengen für Rückstände gelten, in Anhang II... aufzunehmen."

22 Das Veterinary Medicines Directorate des Vereinigten Königreichs teilte Monsanto Europe mit Schreiben vom 20. April 1995 mit, daß die Kommission einen Verordnungsentwurf vorbereitet habe, der Sometribove in Anhang II aufnehme. Dieser Entwurf sei sodann dem Regelungsausschuß gemäß den Artikeln 6 Absatz 5 und 8 der Verordnung Nr. 2377/90 vorzulegen.

23 Am 17. Oktober 1995 wurde der Klägerin in einer Sitzung mit Beamten der Kommission mitgeteilt, diese habe das Vorhaben wegen des Moratoriums für BST "von der Tagesordnung gestrichen".

24 Daraufhin forderte einer der Anwälte der Klägerin die Kommission mit Schreiben vom 6. November 1996 förmlich im Sinne von Artikel 175 EG-Vertrag auf, "die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Angelegenheit ohne weitere Verzögerung gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 dem [Regelungsausschuß] vorzulegen".

25 Auf diese Mahnung hin erließ die Kommission am 14. Januar 1997 die Entscheidung C(97)148 endg. (im folgenden: streitige Entscheidung).

26 In der vierten, fünften, sechsten und siebten Begründungserwägung sowie im verfügenden Teil der Entscheidung heisst es:

"Gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 2377/90 des Rates wird ein neuer pharmakologisch wirksamer Stoff in eines der Verzeichnisse dieser Verordnung nur aufgenommen, wenn er in Tierarzneimitteln verwendet und in einem oder mehreren Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht werden soll.

Am 20. Dezember 1994 hat der Rat die Entscheidung 94/936 zur Änderung der Entscheidung 90/218 vom 25. April 1990 über das Inverkehrbringen und die Verabreichung von Rindersomatotropin (BST) erlassen.

Artikel 1 dieser Entscheidung sieht vor: "Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß bis zum 31. Dezember 1999 in ihrem Hoheitsgebiet das Inverkehrbringen zur Vermarktung von Rindersomatotropin und jedwede Verabreichung an Milchkühe nicht zugelassen wird"; infolgedessen darf Rindersomatotropin in der Gemeinschaft weder in den Verkehr gebracht noch verabreicht werden, da es nur an Milchkühe verabreicht wird.

Da eine der Voraussetzungen für den Antrag auf Aufnahme in die Anhänge der Verordnung Nr. 2377/90 nicht erfuellt ist und da kein Interesse an dieser Aufnahme dargetan ist, ist die Kommission der Ansicht, daß dem Antrag vom 6. November 1996 nicht stattzugeben ist, behält sich jedoch eine Neubewertung des Sachverhalts unter veränderten Umständen vor.

...

Artikel 1

Der Antrag auf Aufnahme von Sometribove (Rindersomatotropin) in Anhang II der Verordnung Nr. 2377/90... wird abgelehnt.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an Monsanto Company, avenü de Tervuren 270-272, 1040 Brüssel, gerichtet."

27 Die streitige Entscheidung wurde am 23. Januar 1997 Monsanto Europe in Brüssel zugestellt.

Verfahren und Anträge der Parteien

28 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 14. April 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

29 Mit Schriftsatz, der am 12. August 1997 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Französische Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Mit Beschluß des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 29. September 1997 ist die Streithilfe zugelassen worden.

30 Die Klägerin beantragt,

- die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

31 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unzulässig abzuweisen;

- hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

32 Die Französische Republik unterstützt die Anträge der Kommission.

Tatsachen, die nach der Klageerhebung eingetreten sind, und Fortsetzung des Verfahrens

33 Das Gericht (Dritte Kammer) hat am 25. Juni 1998 das Urteil in der Rechtssache T-120/96 (Lilly Industries/Kommission, Slg. 1998, II-2571; im folgenden: Urteil Lilly) erlassen.

34 Nummer 1 des Tenors dieses Urteils lautet:

"Die Entscheidung der Kommission vom 22. Mai 1996 über die Ablehnung des Antrags auf Aufnahme von Somidobove (Rindersomatotropin) in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90... wird für nichtig erklärt."

35 Da die Kommission innerhalb der vorgeschriebenen Frist kein Rechtsmittel gegen dieses Urteil eingelegt hat, ist das Urteil rechtskräftig.

36 Da das Gericht (Dritte Kammer) festgestellt hat, daß der tatsächliche und rechtliche Kontext der beiden Rechtssachen ähnlich ist, hat es die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, zu den Auswirkungen dieses Urteils auf das vorliegende Verfahren Stellung zu nehmen.

37 Die Kommission und die Klägerin haben auf diese Aufforderung mit Schriftsätzen vom 3. und vom 6. Juli 1998 geantwortet. Die französische Regierung hat nicht innerhalb der gesetzten Frist Stellung genommen.

38 Da die Zusammensetzung der Kammern des Gerichts im neuen Gerichtsjahr geändert worden ist, ist der Berichterstatter der Zweiten Kammer zugewiesen worden, an die die Rechtssache demzufolge verwiesen worden ist.

39 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die öffentliche Sitzung, in der die Verfahrensbeteiligten mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet haben, hat am 16. Dezember 1998 stattgefunden.

Zur Zulässigkeit

40 Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts bestätigt, daß sie die vorliegende Klage im eigenen Namen und nicht im Namen von Monsanto Europe erhoben habe.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

41 Die Kommission macht, unterstützt von der Französischen Republik, geltend, zwar könne es unter bestimmten Umständen, beispielsweise im Bereich des Wettbewerbsrechts, nicht sachdienlich erscheinen, zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft zu unterscheiden, im vorliegenden Fall, im Sektor der Tierarzneimittel, in dem die Klägerin und Monsanto Europe in bezug auf Rechte und Pflichten sehr unterschiedliche Positionen hätten, verhalte es sich jedoch anders.

42 Insbesondere stuenden die Verfahrensrechte aus der Richtlinie 87/22 und aus den Verordnungen Nrn. 2377/90 und 2309/93 nur Monsanto Europe zu, da sie die Anträge in den in diesen Rechtsakten vorgesehenen Verwaltungsverfahren eingereicht habe. Der Umstand, daß Monsanto Europe eine Tochtergesellschaft der Klägerin sei, ändere daran nichts, da diese allein der Klägerin kein Recht garantiere und ihr keine Verpflichtung auferlege.

43 Daher sei nur Monsanto Europe als Adressatin der streitigen Entscheidung von dieser betroffen. Allein eine von ihr eingereichte Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung sei gegebenenfalls zulässig.

44 Die Klägerin sei hingegen weder Adressatin der streitigen Entscheidung noch von ihr unmittelbar und individuell betroffen; daher sei eine von ihr erhobene Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung nicht zulässig.

45 Die Kommission führt insbesondere zum unmittelbaren Betroffensein aus, im Gegensatz zu Monsanto Europe könne die Klägerin kein Recht auf Aufnahme von Sometribove in Anhang II haben und komme daher erst recht nicht als Inhaberin einer Genehmigung für das Inverkehrbringen in Betracht.

46 Nach allem vertritt die Kommission die Ansicht, daß die Klage für unzulässig zu erklären sei.

47 Die Klägerin bestreitet das Vorbringen der Kommission.

Würdigung durch das Gericht

48 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin Somatech erfunden und entwickelt hat. Sie ist die Muttergesellschaft von Monsanto Europe und weltweite Koordinatorin der gewerblichen Verwertung von Somatech. Als solche hat sie ein offensichtliches wirtschaftliches Interesse daran, daß eine der notwendigen Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Somatech durch Monsanto Europe in der Gemeinschaft erfuellt ist.

49 Sodann ist zwar in der streitigen Entscheidung als Adressatin "die Firma Monsanto" angegeben, doch ist die Entscheidung an die Anschrift des Gesellschaftssitzes von Monsanto Europe in Brüssel gerichtet. Ferner hat die Kommission mit dieser Entscheidung über den Antrag von Monsanto Europe auf Aufnahme von Sometribove in Anhang II entschieden. Daher ist Monsanto Europe als Adressatin der streitigen Entscheidung zu betrachten.

50 Bei der Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Klage ist somit festzustellen, ob die Klägerin, die nicht Adressatin der streitigen Entscheidung ist, von dieser im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages unmittelbar und individuell betroffen ist.

51 Erstens ist zur Frage, ob die Klägerin von der streitigen Entscheidung unmittelbar betroffen ist, zu bemerken, daß diese Entscheidung keiner Behörde ein Ermessen in bezug auf ihre Durchführung einräumt.

52 Ausserdem hat die streitige Entscheidung, indem sie den Antrag von Monsanto Europe auf Aufnahme von Sometribove in Anhang II ablehnt, unmittelbar zur Folge, daß für Sometribove keine Hoechstmengen von Rückständen festgesetzt worden sind.

53 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Festsetzung einer Hoechstmenge von Rückständen für Sometribove gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 nach Artikel 31 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2309/93 eine unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung einer Verkehrsgenehmigung für Somatech darstellt.

54 Zwar hat die Festsetzung einer Hoechstmenge von Rückständen für Sometribove allein nicht automatisch zur Folge, daß Somatech rechtmässig in den Verkehr gebracht werden könnte (vgl. hierzu Urteil Lilly, Randnrn. 88 bis 90), doch bedeutet die Ablehnung der Festsetzung einer solchen Hoechstmenge von Rückständen die Versagung einer Verkehrsgenehmigung durch die Gemeinschaft für Somatech; diese Versagung stellt wiederum gemäß Artikel 34 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2309/93 ein Verbot für das Inverkehrbringen von Somatech in der gesamten Gemeinschaft dar.

55 Daher hat die streitige Entscheidung unmittelbar die Wirkung, daß Somatech, falls die übrigen Voraussetzungen für das Inverkehrbringen dies erlauben und insbesondere das Moratorium für BST aufgehoben wird (vgl. hierzu Urteil Lilly, Randnrn. 65 bis 67), in der Gemeinschaft nicht in den Verkehr gebracht werden kann.

56 Die Klägerin ist also von der streitigen Entscheidung unmittelbar betroffen.

57 Was zweitens die Frage angeht, ob die Klägerin von der streitigen Entscheidung individuell betroffen ist, so kann nach der Rechtsprechung eine natürliche oder juristische Person nur dann von einer Handlung der Gemeinschaft individuell betroffen sein, wenn diese Handlung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (vgl. z. B. Beschluß des Gerichts vom 9. August 1995 in der Rechtssache T-585/93, Greenpeace u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2205, Randnr. 48, in der Rechtsmittelinstanz bestätigt durch Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-321/95 P, Greenpeace Council u. a./Kommission, Slg. 1998, I-1651).

58 Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, daß die Klägerin sämtliche Anteile an Monsanto Europe hält und daß sie daher zu 100 % Eigentümerin dieses Unternehmens ist. Diese Eigenschaft hebt sie in bezug auf die streitige Entscheidung aus dem Kreis aller übrigen Personen, insbesondere aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer auf dem betreffenden Markt, heraus.

59 Somit ist die Klägerin von der streitigen Entscheidung individuell betroffen.

60 Da die Klägerin von der streitigen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist, ist die Klage zulässig.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

61 Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 6. Juli 1998 (siehe oben, Randnr. 37) ausgeführt, daß die vorliegende Rechtssache wegen ihrer Ähnlichkeit mit der dem Urteil Lilly zugrunde liegenden Rechtssache zum gleichen Ergebnis führen müsse, d. h., daß die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären sei.

62 Die Kommission räumt in ihrem Schriftsatz vom 3. Juli 1998 (siehe oben, Randnr. 37) ein, daß der tatsächliche und rechtliche Kontext in beiden Rechtssachen sehr ähnlich ("very similar") sei. Falls das Gericht die vorliegende Klage für zulässig erkläre, sei die streitige Entscheidung aus den gleichen Gründen für nichtig zu erklären, die das Gericht veranlasst hätten, die in der Rechtssache Lilly angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

Würdigung durch das Gericht

63 Zwischen den Parteien steht fest, daß die streitige Entscheidung aus den gleichen Gründen für nichtig zu erklären ist, die das Gericht veranlasst haben, die in der Rechtssache Lilly angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

64 Da das Gericht keinen tatsächlichen oder rechtlichen Umstand festgestellt hat, der zu einem anderen Ergebnis führen könnte, ist auf die Entscheidungsgründe des Urteils Lilly zu verweisen und die streitige Entscheidung folglich für nichtig zu erklären.

Kostenentscheidung:

Kosten

65 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

66 Daher ist die Kommission, da sie mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, auf Antrag der Klägerin zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten der Klägerin zu verurteilen.

67 Die Französische Republik als Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung C(97) 148 endg. der Kommission vom 14. Januar 1997, mit der der Antrag der Monsanto Europe SA/NV auf Aufnahme von Sometribove in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates vom 26. Juni 1990 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Hoechstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

2. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin.

3. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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