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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: T-114/00
Rechtsgebiete: Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 über das staatliche Beihilfevorhaben Nr. 506/99, EGV


Vorschriften:

Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 über das staatliche Beihilfevorhaben Nr. 506/99
EGV Art. 88 Abs. 2
EGV Art. 230 Abs. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Stellt die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten, aufgrund von Artikel 88 Absatz 3 fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so können die Personen, die diese Verfahrensgarantien genießen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, die betreffende Entscheidung vor dem Gemeinschaftsrichter anzufechten. Zielt daher eine Klage auf Nichtigerklärung einer von der Kommission am Ende der Vorprüfungsphase erlassenen Entscheidung auf die Beachtung der Verfahrensgarantien des Artikels 88 Absatz 2 EG ab, ist der Kläger schon dann als unmittelbar und individuell betroffen im Sinne des Artikels 230 Absatz 4 EG anzusehen, wenn er die Eigenschaft eines Beteiligten hat.

( vgl. Randnr. 44 )

2. Da die Kommission bei der Prüfung staatlicher Beihilfen nach dem EG-Vertrag nur im Rahmen der Prüfungsphase des Artikels 88 Absatz 2 EG verpflichtet ist, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben, können diese nur dann die objektive Schwierigkeit der von der Kommission anzustellenden Prüfung geltend machen und die Beachtung ihrer Verfahrensgarantien durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, die Entscheidung, das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG nicht einzuleiten, vor dem Gericht anzufechten.

Auch wenn der Kläger im Rahmen seiner Klage nach Artikel 230 Absatz 4 EG nicht ausdrücklich eine Zuwiderhandlung der Kommission gegen die Verpflichtung, das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG einzuleiten, gerügt hat, die ihn an der Inanspruchnahme der in dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahrensgarantien gehindert hätte, kann eine Prüfung der zur Stützung dieser Klage angeführten Nichtigkeitsgründe doch ergeben, dass der Kläger feststellen lassen will, dass bei der Prüfung der streitigen Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt ernsthafte Schwierigkeiten aufgetreten sind, die die Kommission zur Einleitung des förmlichen Verfahrens verpflichteten; hierzu ist die Kommission nämlich verpflichtet, wenn eine erste Prüfung es ihr objektiv nicht ermöglicht hat, alle diese Schwierigkeiten auszuräumen.

( vgl. Randnrn. 47-49 )

3. Beteiligte sind im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG nicht nur das oder die durch eine Beihilfe begünstigten Unternehmen, sondern in gleichem Maße auch die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände des betreffenden Sektors. Nimmt ein anderes Unternehmen als der Beihilfeempfänger die Eigenschaft eines Beteiligten für sich in Anspruch, muss es nachweisen, dass seine Wettbewerbsstellung auf dem Markt durch die Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt wird. Andernfalls hat dieses Unternehmen nicht die Eigenschaft eines Beteiligten im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG.

( vgl. Randnr. 51 )

4. Sind einige Mitglieder einer Vereinigung von Wirtschaftsteilnehmern, die als unmittelbare Wettbewerber von Empfängern der streitigen Beihilfen angesehen werden können, durch eine Entscheidung der Kommission, mit der diese die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt feststellt, in ihrer Wettbewerbsstellung beeinträchtigt worden, so dass sie als Beteiligte im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG gegen diese Entscheidung einzeln Nichtigkeitsklage erheben könnten, so ist die Klage dieser Vereinigung gegen diese Entscheidung zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung der kollektiven Interessen ihrer Mitglieder gegründet worden ist.

( vgl. Randnrn. 53-54, 60 )

5. Eine Vereinigung, die zur Wahrung der Eigentumsinteressen und -rechte ihrer Mitglieder, insbesondere des Interesses von Land- und Forstwirten, Flächen zu erwerben, obwohl sie gegenüber den durch ein Flächenerwerbsprogramm potenziell Begünstigten benachteiligt sind, gegründet worden ist, vertritt in Wirklichkeit die kaufmännischen und die Wettbewerbsinteressen dieser Mitglieder. Daher ist das Argument zurückzuweisen, dass diese Vereinigung keine Unternehmensinteressen, sondern irgendwelche sozialen Interessen vertrete und dass ihre Klage gegen die Entscheidung der Kommission, mit der dieses Programm genehmigt worden ist, nur Aspekte des Eigentumsrechts betreffe, die über den gemeinschaftsrechtlichen Rahmen des Artikels 295 EG hinausgingen. Sie hat somit die Nichtigkeitsklage zulässigerweise im Namen ihrer Mitglieder erhoben, die als Beteiligte im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG eine solche Klage auch einzeln hätten erheben können.

( vgl. Randnrn. 62-63 )

6. Eine Vereinigung, die sich sowohl am förmlichen Prüfungsverfahren, das zum Erlass einer ersten Entscheidung der Kommission, mit der ein Flächenerwerbsprogramm für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Wiedereinziehung der Beihilfen angeordnet wurde, geführt hat, als auch an den informellen Diskussionen zur Durchführung dieser Entscheidung aktiv beteiligt hat, ist insoweit als von der Entscheidung, mit der dieses Programm nach seiner Änderung durch den nationalen Gesetzgeber für zulässig erklärt wurde, individuell betroffen anzusehen, als sie ein eigenes Rechtsschutzinteresse geltend macht, weil durch diese Entscheidung ihre Position als Verhandlungspartnerin beeinträchtigt worden ist.

( vgl. Randnrn. 65-66 )

7. Einer Vereinigung, die von der angefochtenen Handlung individuell und unmittelbar betroffen ist, steht es im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung, die ihren Interessen und denjenigen ihrer Mitglieder dient, frei, sich auf einen beliebigen der in Artikel 230 Absatz 2 EG aufgezählten Rechtswidrigkeitsgründe zu berufen. Ihr kann daher nicht vorgeworfen werden, mit der Erhebung dieser Klage nach Artikel 230 EG einen Verfahrensmissbrauch oder einen Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung der Verfahrenswege begangen zu haben.

( vgl. Randnrn. 78, 82 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 5. Dezember 2002. - Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum eV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - Programm zum Erwerb agrar- und forstwirtschaftlicher Flächen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik - Nichteinleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG - Beihilferegelung - Nichtigkeitsklage - Vereinigung - Zulässigkeit. - Rechtssache T-114/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-114/00

Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum e. V. mit Sitz in Borken (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Prof. M. Pechstein,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K.-D. Borchardt als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagte,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch W.-D. Plessing und T. Jürgensen, sodann durch W.-D. Plessing und M. Lumma als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 über das staatliche Beihilfevorhaben Nr. 506/99

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras, der Richterin V. Tiili sowie der Richter J. Pirrung, P. Mengozzi und A. W. H. Meij,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die Klägerin ist ein Verein, in dem eigentumsorientierte Vereinigungen in der Land- und Forstwirtschaft, der Vertriebenen und Enteigneten sowie der Vermögensgeschädigten aus Industrie, Handwerk, Handel und Gewerbe zusammengeschlossen sind, die in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone bzw. in der Deutschen Demokratischen Republik ihren Sitz und ihre Heimat hatten.

2 Mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 gelangten rund 1,8 Millionen Hektar agrar- und forstwirtschaftliche Flächen aus dem Staatseigentum der Deutschen Demokratischen Republik in das Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.

3 Nach dem am 1. Dezember 1994 in Kraft getretenen Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG), das Artikel 2 des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (im Folgenden: EALG) darstellt, konnten Agrargrundstücke in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die sich im Besitz der Treuhandanstalt, einer für die Umstrukturierung der damaligen Unternehmen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zuständigen Anstalt öffentlichen Rechts, befanden, von Personen unterschiedlicher Kategorien zu einem Preis erworben werden, der weniger als die Hälfte ihres Verkehrswerts betrug. Dazu gehören vorrangig - unter der Voraussetzung, dass sie am 3. Oktober 1990 ortsansässig waren und am 1. Oktober 1996 ehemals volkseigene, von der Treuhandanstalt zu privatisierende landwirtschaftlichen Flächen langfristig gepachtet haben - die derzeitigen Pächter, die Nachfolgebetriebe der ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), zwischen 1945 und 1949 oder zu DDR-Zeiten enteignete und mittlerweile wieder wirtschaftende Wiedereinrichter und als Neueinrichter bezeichnete Pächter ohne vormaligen Grundbesitz im Gebiet der neuen Länder. Einer nachrangigen Kategorie gehören die vor 1949 enteigneten und nicht restitutionsberechtigten Alteigentümer an, die nicht wieder vor Ort tätig sind. Diese können nur diejenigen Flächen erwerben, die von den Hauptberechtigten nicht erworben worden sind.

4 Das Ausgleichsleistungsgesetz sah auch bei Forstflächen die Möglichkeit des vergünstigten Erwerbs vor und enthielt eine gesetzliche Definition der betreffenden Erwerbergruppen.

5 Aufgrund verschiedener Beschwerden, die von deutschen Staatsangehörigen und Angehörigen anderer Mitgliedstaaten gegen dieses Flächenerwerbsprogramm eingelegt worden waren, leitete die Kommission am 18. März 1998 ein Prüfungsverfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) (ABl. 1998, C 215, S. 7) ein.

6 Mit ihrer Entscheidung 1999/268/EG vom 20. Januar 1999 über den Flächenerwerb gemäß Ausgleichsleistungsgesetz (ABl. 1999, L 107, S. 21; im Folgenden: Entscheidung vom 20. Januar 1999), die auf das Prüfungsverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG hin erging, erklärte die Kommission das Flächenerwerbsprogramm für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit die im Rahmen dieses Programms gewährten Beihilfen an die Ortsansässigkeit zum 3. Oktober 1990 geknüpft seien und die nach der Verordnung (EG) Nr. 950/97 des Rates vom 20. Mai 1997 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur (ABl. 1997, L 142, S. 1) für landwirtschaftliche Flächen in nicht benachteiligten Gebieten auf 35 % festgesetzte Hoechstgrenze der Beihilfeintensität für den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke überschritten. Speziell zu der im Ausgleichsleistungsgesetz vorgesehenen Voraussetzung der Ortsansässigkeit am 3. Oktober 1990 stellte die Kommission fest:

[D]as Gesetz [begünstigt] natürliche oder juristische Personen in den neuen Bundesländern gegenüber Personen ohne Sitz oder Wohnsitz in Deutschland und ist daher geeignet, eine Verletzung des Diskriminierungsverbots nach den Artikeln 52 bis 58 EG-Vertrag darzustellen...

Die Bedingung, zum Stichtag des 3. Oktober 1990 einen Hauptwohnsitz [in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik] nachweisen zu können, war zwar vielleicht de jure für alle Gemeinschaftsbürger möglich. Sie wurde aber de facto fast ausschließlich von deutschen Staatsangehörigen - mit vorherigem Wohnsitz insbesondere in den neuen Bundesländern - erfuellt.

Damit hat diese Bedingung eine Ausschlusswirkung gegenüber den Personen, die das Kriterium (Hauptwohn-)Sitz [in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik] nicht erfuellen.

...

Das Unterscheidungsmerkmal ,Ortsansässigkeit zum 3. Oktober 1990 kann lediglich dann gerechtfertigt sein, wenn es sowohl erforderlich als auch geeignet ist, den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck zu erfuellen...

...

Zweck war... die Einbeziehung der Erwerbsinteressenten, die bzw. deren Familien über Jahrzehnte in der [Deutschen Demokratischen Republik] gelebt und gearbeitet haben.

...

Zur Erreichung dieses Zwecks hätte es aber des Stichtags der Ortsansässigkeit am 3. Oktober 1990 gar nicht bedurft. Die Teilnahme am Flächenerwerbsprogramm war nämlich diesen Neueinrichtern bzw. juristischen Personen gemäß § 3 Absatz 1 AusglLeistG gestattet, wenn sie am 1. Oktober 1996 ehemals volkseigene, von der Treuhandanstalt zu privatisierende Flächen langfristig gepachtet... hatten.

Im Verlauf des Hauptprüfungsverfahrens wurde die Kommission ausdrücklich von Beteiligten dieses Verfahrens darauf hingewiesen, dass die weitaus meisten langjährigen Pachtverträge mit Ostdeutschen geschlossen worden sind....

Damit ist klargestellt, dass die Erreichung des vom Gesetzgeber erstrebten Zwecks selbst bei Anerkennung seiner Legitimität (nämlich die Teilhabe der Ostdeutschen am Flächenerwerbsprogramm) durch Verzicht auf den Stichtag des 3. Oktober 1990 praktisch nicht vereitelt worden wäre."

7 In dieser Entscheidung vom 20. Januar 1999 gab die Kommission der Bundesrepublik Deutschland auf, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfen zurückzufordern und keine neuen Beihilfen nach diesem Programm mehr zu gewähren. Der verfügende Teil dieser Entscheidung lautet:

Artikel 1

Das in § 3 des deutschen Ausgleichsleistungsgesetzes vorgesehene Flächenerwerbsprogramm beinhaltet keine Beihilfen, soweit die Maßnahmen lediglich Kompensationen für Enteignungen oder enteignungsgleiche Eingriffe auf hoheitlicher Grundlage darstellen und die gewährten Vorteile den durch diese Eingriffe verursachten Vermögensschäden gleich sind oder hinter ihnen zurückbleiben.

Artikel 2

Die Beihilfen sind mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, soweit sie nicht an die Ortsansässigkeit zum 3. Oktober 1990 geknüpft sind und soweit sie die Intensitätshöchstgrenze von 35 % für landwirtschaftliche Flächen in nicht benachteiligten Gebieten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 950/97 einhalten.

Die Beihilfen, die an die Ortsansässigkeit zum 3. Oktober 1990 geknüpft sind, sowie die, deren Intensität die Hoechstgrenze von 35 % für landwirtschaftliche Flächen in nicht benachteiligten Gebieten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 950/97 überschreiten, sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Deutschland muss die in Unterabsatz 2 genannten Beihilfen aufheben und darf sie nicht mehr gewähren.

Artikel 3

Deutschland fordert die nach Artikel 2 Unterabsatz 2 gewährten Beihilfen binnen zweier Monate zurück. Die Rückzahlung erfolgt nach den Verfahren und Bestimmungen des deutschen Rechts einschließlich Zinsen ab dem Zeitpunkt der Gewährung und in Höhe des bei der Bewertung von Regionalbeihilfen zugrunde gelegten Bezugssatzes.

..."

8 In dem nach dieser Entscheidung erstellten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung vermögensrechtlicher und anderer Vorschriften (Vermögensrechtsergänzungsgesetz) strich und änderte der deutsche Gesetzgeber bestimmte Modalitäten des Flächenerwerbsprogramms. Darin wurde namentlich das Erfordernis der Ortsansässigkeit zum 3. Oktober 1990 aufgehoben und die Beihilfeintensität auf 35 % festgesetzt (d. h., der Kaufpreis für die fraglichen Grundstücke wurde auf den Verkehrswert abzüglich 35 % festgesetzt). Hauptvoraussetzung für den Erwerb der preisermäßigten Grundstücke soll nunmehr das Innehaben eines langfristigen Pachtvertrags sein.

9 Der Gesetzentwurf wurde der Kommission notifiziert und von dieser ohne Einleitung des Prüfungsverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG mit Entscheidung von 22. Dezember 1999 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung; Mitteilung im ABl. 2000, C 46, S. 2) genehmigt. In den Randnummern 55 bis 79 der angefochtenen Entscheidung fasst die Kommission den notifizierten Gesetzentwurf zusammen. In den Randnummern 90, 91 und 95 der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass die in der Entscheidung vom 20. Januar 1999 von ihr als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehenen Bestandteile im notifizierten Gesetzentwurf nicht mehr enthalten seien. In Randnummer 123 stellt die Kommission weiter fest:

Unter Berücksichtigung der Zusicherungen der deutschen Behörden hat die Kommission eindeutig festgestellt, dass genügend Land vorhanden ist, um jegliche Diskriminierung ohne Rückabwicklung der nach dem ursprünglichen EALG abgeschlossenen Verträge zu korrigieren. Soweit die neue Regelung weiterhin Elemente aufweist, durch die Ostdeutsche bei sonst gleichwertigen Kriterien bevorzugt würden, fällt eine solche Begünstigung unter das Ziel der Umstrukturierung der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass Erwerbsinteressenten, die oder deren Familien über Jahrzehnte in der DDR gelebt und gearbeitet haben, ebenfalls in den Genuss der Regelung kommen; diese Zielsetzung wurde von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 20. Januar 1999 als legitim anerkannt und nicht beanstandet."

10 Mit dieser Feststellung wies die Kommission eine Reihe von Beanstandungen zurück, die von verschiedenen Betroffenen im Anschluss an die Entscheidung vom 20. Januar 1999 an sie gerichtet worden waren und wonach das Flächenerwerbsprogramm auch nach Fortfall der Voraussetzung der Ortsansässigkeit zum 3. Oktober 1990 wegen des Erfordernisses der Innehabung eines langfristigen Pachtvertrags noch immer diskriminierend sei, weil dieses Erfordernis dazu führe, dass das Kriterium der Ortsansässigkeit beibehalten werde und die Zahl der zum Erwerb zur Verfügung stehenden Flächen zu niedrig sei (Randnrn. 97 ff. der angefochtenen Entscheidung).

11 Im Anschluss an die Genehmigungsentscheidung der Kommission hat der deutsche Gesetzgeber das Vermögensrechtsergänzungsgesetz verabschiedet.

Verfahren und Anträge der Parteien

12 Mit am 2. Mai 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

13 Die Kommission hat mit am 20. Juni 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem besonderem Schriftsatz gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Die Klägerin hat ihre Stellungnahme zu dieser Einrede am 16. August 2000 eingereicht.

14 Mit am 2. Oktober 2000 bei der Kanzlei eingegangenem Schriftsatz hat die Bundesrepublik Deutschland beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Diesem Antrag hat der Präsident der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts mit Beschluss vom 9. November 2000 stattgegeben.

15 Das schriftliche Verfahren über die Zulässigkeit ist am 5. März 2001 beendet worden.

16 Das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung über die Einrede der Unzulässigkeit zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 7. März 2002 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

17 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18 Die Kommission und die zur Stützung ihrer Anträge beigetretene Bundesrepublik Deutschland beantragen,

- die Klage als unzulässig abzuweisen;

- die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Zur Einrede der Unzulässigkeit

19 Die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland halten die Klage aus zwei Gründen für unzulässig: Zum einen sei die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell und unmittelbar betroffen; zum anderen habe die Klägerin einen Verfahrensmissbrauch begangen.

Zum ersten Unzulässigkeitsgrund: Die Klägerin sei nicht individuell und unmittelbar betroffen

Vorbringen der Parteien

20 Die Kommission weist darauf hin, dass die Beihilfenaufsicht zu den Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags gehöre, so dass die Unternehmen, die in Wettbewerb zu den durch eine Beihilfe begünstigten Unternehmen stuenden, insbesondere dann durch eine diese Beihilfe genehmigende Entscheidung individuell betroffen sein könnten, wenn sie im vorangegangenen Hauptprüfungsverfahren eine aktive Rolle gespielt hätten und wenn ihre Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sei, spürbar beeinträchtigt werde.

21 Infolgedessen sei die Befugnis eines Verbandes zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine Beihilfegenehmigungsentscheidung sehr beschränkt. Nur zugunsten von Verbänden von Wirtschaftsteilnehmern, die sich aktiv am Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG beteiligt hätten, werde angenommen, dass sie von einer solchen Entscheidung individuell betroffen seien, sofern sie in ihrer Eigenschaft als Verhandlungspartner berührt würden oder an die Stelle eines oder mehrerer der von ihnen vertretenen Mitglieder getreten seien, die selbst hätten klagen können. Ohne eine solche Beschränkung könnte eine unbestimmte Zahl von dritten Personen eine Nichtigkeitsklage gegen eine Beihilfegenehmigungsentscheidung erheben.

22 Daher sei die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen. Selbst wenn sie nämlich seit 1994 am förmlichen Prüfungsverfahren, das zum Erlass der Entscheidung vom 20. Januar 1999 geführt habe, und an den informellen Gesprächen zu deren Durchführung beteiligt gewesen sei und somit auf die Entscheidungsfindung Einfluss genommen habe, habe sie doch nicht als Unternehmensverband, sondern als Interessenverband am Verfahren teilgenommen, der die Eigentumsinteressen seiner Mitglieder vertreten habe. Nach ihrer Satzung verfolge die Klägerin die Wahrung der allgemeinen Interessen und Eigentumsrechte ihrer Mitglieder als Haus-, Grund-, Land- und Betriebseigentümer aller Art, einschließlich der Interessen der Enteigneten und Zwangskollektivierten, sowie die Artikulierung von Entschädigungs- und Ausgleichsleistungskonzepten. Die Klage sei somit von einem Alteigentümerverband erhoben worden und betreffe kein Konkurrenzverhältnis. Verbände, die keine Unternehmen, sondern irgendwelche sonstigen sozialen Interessen verträten, seien zur Erhebung einer Klage gegen eine Beihilfegenehmigungsentscheidung nicht befugt.

23 Dies gelte unter Berücksichtigung des Artikels 295 EG erst recht für Belange, die, wie im vorliegenden Fall, außerhalb der Gemeinschaftskompetenzen lägen, wie die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten. Insoweit habe die Klägerin die Entscheidung der Kommission nicht beeinflussen können, da die von ihr vertretenen Interessen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten unterlägen. Wenn die Kommission die Klägerin angehört und deren Stellungnahmen Aufmerksamkeit entgegengebracht habe, so habe sie dies nicht in der Absicht getan, die durch die Klägerin vertretenen Eigentumsinteressen auf die Entscheidung einwirken zu lassen, sondern um sich einer interessanten Informationsquelle zu bedienen.

24 Die Klägerin sei auch nicht an die Stelle eines oder mehrerer ihrer Mitglieder getreten, die selbst eine Nichtigkeitsklage hätten erheben können. Diesen habe nämlich die Konkurrenteneigenschaft gefehlt, so dass sie keine Nichtigkeitsklage gegen die angefochtene Entscheidung hätten erheben können. Zwar konkurrierten" die Mitglieder der Klägerin mit den durch das fragliche Flächenerwerbsprogramm Begünstigten, doch sei dies keine Konkurrenz im Sinne des EG-Vertrags. Artikel 87 EG beziehe sich insoweit auf Unternehmen, Wirtschaftszweige und den Handel; sein Wettbewerbsbegriff sei somit wirtschafts- und marktbezogen.

25 Jedenfalls hätte die Klägerin auch nicht an die Stelle eines oder mehrerer ihrer Mitglieder treten können. Ihre Aufgabe sei es nämlich nicht, etwaige Wettbewerbsinteressen" gegenüber den Nutznießern des fraglichen Flächenerwerbsprogramms, sondern nur die allgemeinen bzw. Eigentumsinteressen ihrer Mitglieder wahrzunehmen.

26 Die Klage sei zudem deshalb unzulässig, weil das Flächenerwerbsprogramm eine Beihilferegelung darstelle und somit die Genehmigung dieser Regelung durch die Kommission eine Maßnahme von allgemeiner Wirkung sei, die für objektiv bestimmte Situationen gelte und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeuge.

27 Schließlich vertrete die Klägerin hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich deutsche Interessen, während sie mit ihrer Klage vom Gericht feststellen lassen wolle, dass das in Rede stehende Flächenerwerbsprogramm eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthalte und daher von der Kommission nicht hätte genehmigt werden dürfen. Zwischen den eigenen Interessen der Klägerin und den Interessen, die sie im Rahmen der vorliegenden Klage vertrete, nämlich Fremdinteressen, bestehe daher kein Zusammenhang. Ein Verband sei nicht zur Erhebung einer Klage nach Artikel 230 Absatz 4 EG befugt, wenn er nicht die Interessen seiner Mitglieder vertrete. Die Mitglieder der Klägerin seien jedoch keine EU-Ausländer, sondern Kriegs- und Nachkriegsgeschädigte aus der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone bzw. der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.

28 Die Bundesrepublik Deutschland hält erstens mit der Kommission die Klage deshalb für unzulässig, weil die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen sei: Keine der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Rechtsvorschriften räume der Klägerin Verfahrensrechte ein; sie nehme auch keine Interessen von Unternehmen wahr, die selbst klagebefugt seien, und sei schließlich nicht in ihren eigenen Interessen oder in ihrer Stellung als Verhandlungsführerin betroffen. Insoweit sei eine Vereinigung von einer Entscheidung, mit der Beihilfen genehmigt würden, nicht schon dann individuell betroffen, wenn sie im Verfahren zur Prüfung dieser Beihilfen als einfache Beteiligte involviert sei.

29 Die Bundesrepublik Deutschland teilt die Auffassung der Kommission, dass es der Klägerin und ihren Mitgliedern eher um eine Änderung der Eigentumsverhältnisse - die nach Artikel 295 EG vom Gemeinschaftsrecht unberührt blieben - als um ihre wettbewerbsrechtliche Stellung auf dem Markt gehe. Viele Mitglieder der Klägerin seien nicht als Land- oder Forstwirte tätig und strebten eine solche Tätigkeit in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik auch nicht an, sondern es gehe ihnen ausschließlich um die Rückgabe des enteigneten Vermögens. Infolgedessen vertrete die Klägerin keine Unternehmensinteressen". Dies folge auch aus der Satzung der Klägerin, wonach diese ein Zusammenschluss eigentumsorientierter Vereinigungen sei.

30 Außerdem sei die Klägerin keine Verhandlungspartnerin im Sinne beispielsweise des Urteils des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-380/94 (AIUFFASS und AKT/Kommission, Slg. 1996, II-2169) gewesen, da sie weder unmittelbar noch mittelbar am Zustandekommen der Beihilfeentscheidung beteiligt gewesen sei. Sie habe der Kommission lediglich als Informationsquelle gedient.

31 Die Bundesrepublik Deutschland teilt die Auffassung der Kommission, dass die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache keine eigenen, sondern fremde Interessen vertrete. Da sich die Klägerin auf Gründe berufe, die sie nicht persönlich beträfen, könne sie nicht als individuell betroffen im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG angesehen werden. Außerdem hätte eine Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung wegen Diskriminierung von Gemeinschaftsbürgern nicht zur Folge, dass die Alteigentümer ihre Flächen zurückerhielten. Das Klageziel könne daher mit der Begründung, die die Klägerin vortrage, nicht unmittelbar erreicht werden.

32 Zweitens seien die Klägerin und ihre Mitglieder von der angefochtenen Entscheidung nicht unmittelbar betroffen, da diese eine allgemeine Beihilferegelung zum Gegenstand habe und daher eine Maßnahme von allgemeiner Wirkung darstelle, die für objektiv bestimmte Situationen gelte und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt beschriebenen Personengruppe erzeuge. Eine Person könne zwar von einer Entscheidung, mit der eine allgemeine Beihilferegelung genehmigt werde, dann unmittelbar betroffen sein, wenn sich diese Regelung bereits konkretisiert habe; das sei hier jedoch nicht der Fall. Denn im vorliegenden Fall seien die durch die Beihilfen Begünstigten noch nicht individualisiert und konkret benannt worden. Vielmehr stehe erst nach einer Einzelfallprüfung fest, ob ein Antragsteller Flächen erwerben könne. Dazu seien im Gesetz Konkurrenzen zwischen bestimmten Kategorien von Antragstellern angelegt, über die im Einzelfall entschieden werden müsse, und der Gesetzgeber habe Beiräte vorgesehen, die bei widerstreitenden Interessen angerufen werden könnten.

33 Im Übrigen sei die Klägerin auch deshalb nicht unmittelbar betroffen, weil kein Kausalzusammenhang zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem behaupteten wettbewerbsrechtlichen Interesse der Klägerin bestehe. Selbst wenn nämlich der Diskriminierungsvorwurf gerechtfertigt wäre, würde dies nicht automatisch dazu führen, dass die von der Klägerin vertretenen Alteigentümer die Flächen zurückerhielten.

34 Die Klägerin erwidert auf die Einrede der Unzulässigkeit zunächst, sie vertrete über tausend agrarwirtschaftlich tätige Unternehmen im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Unternehmensbegriffs, der jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von Rechtsform oder Art der Finanzierung erfasse.

35 Diese Unternehmen würden durch das Flächenerwerbsprogramm in ihrer wirtschaftlichen Konsolidierung und Erweiterung behindert, da ihre Konkurrenten einen vorrangigen und begünstigten Zugriff auf die Flächen erhielten. Es handele sich um ein Wettbewerbsverhältnis im gemeinschaftsrechtlichen Sinn, da die durch das Flächenerwerbsprogramm Begünstigten und einige von ihr vertretene Wirtschaftsteilnehmer auf demselben Markt tätig seien.

36 Es gehe ihr nicht um eine Änderung der Eigentumsordnung, sondern um eine effiziente Verwirklichung der der Kommission obliegenden Beihilfenaufsicht, um die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder als Konkurrenten der durch die Beihilfe Begünstigten zu wahren. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich unter ihren Mitgliedern mehrere Hundert weitere Personen befänden, die durch das Flächenerwerbsprogramm an der Aufnahme einer dauerhaften und ernsthaften unternehmerischen Tätigkeit im Agrar- und Forstsektor gehindert würden. Diese Personen seien wegen der diskriminierenden Vergabe der Pachtverträge weitgehend vom Markt ausgeschlossen.

37 Jedenfalls gehöre zum gemeinschaftsrechtlichen Begriff des Unternehmensverbands nicht das Erfordernis, dass ausschließlich Unternehmen Mitglieder des klagenden Verbands sein dürften. Auch müsse sich ein Wirtschaftsverband nicht um alle unternehmerischen Interessen seiner Mitglieder kümmern, um als klageberechtigter Unternehmensverband angesehen werden zu können. Entscheidend sei vielmehr, dass der Verband unternehmerische Anliegen einer großen Gruppe von Mitgliedern im Einklang mit seiner Satzung vertrete.

38 Sowohl mit ihren seit Jahren unternommenen Interventionen bei der Kommission in Bezug auf das streitige Flächenerwerbsprogramm als auch mit einer Fülle sonstiger Aktivitäten widme sich die Klägerin vorwiegend den unternehmerischen Interessen ihrer Mitglieder, wobei sie im Einklang mit ihrer Satzung handele, die von ihr den Einsatz für die auch auf wirtschaftliche Betätigung ihrer Mitglieder ausgerichteten Interessen zur Abwehr spezifischer wettbewerblicher Benachteiligungen verlange.

39 Unter diesen Umständen könnten Eigentumsinteressen und Unternehmensinteressen nicht getrennt werden. Denn der Erwerb des Eigentums an Agrar- und Forstflächen sei aufgrund deren Bestimmung zur wirtschaftlichen Nutzung von originär unternehmerischem Interesse. Dass die Klägerin hauptsächlich deutsche Interessen vertrete, sei für die gemeinschaftsrechtlich relevante Wettbewerberstellung ihrer Mitglieder unerheblich. Die Kommission habe hierzu in der Entscheidung vom 20. Januar 1999 selbst festgestellt, dass das Flächenerwerbsprogramm geeignet sei, den Gemeinsamen Markt zu beeinträchtigen. Außerdem habe die Klägerin entgegen der Behauptung der Kommission ein eigenes Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, da bei strenger Anwendung des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit eine Neuvergabe der streitigen Flächen geboten sei und die Mitglieder der Klägerin bessere Möglichkeiten hätten, dabei ebenfalls zum Zug zu kommen.

40 Selbst wenn das Gericht die Klägerin nicht als eine Unternehmens- oder Wirtschaftsvereinigung ansehen sollte, müsse es doch wegen ihrer Stellung als Verhandlungsführerin gegenüber der Kommission und ihrer Verfahrensbeteiligung davon ausgehen, dass sie von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen sei.

Würdigung durch das Gericht

41 Nach Artikel 230 Absatz 4 EG kann eine natürliche oder juristische Person nur dann gegen eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung Klage erheben, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betrifft. Da die angefochtene Entscheidung an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet war, ist zu prüfen, ob sie die Klägerin individuell und unmittelbar betrifft.

42 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Person, die nicht Adressat einer Entscheidung ist, nur dann geltend machen, von dieser individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und daher in ähnlicher Weise individualisiert, wie es beim Adressaten einer Entscheidung der Fall wäre (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 238, und vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnr. 22; Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-11/95, BP Chemicals/Kommission, Slg. 1998, II-3235, Randnr. 71).

43 Im Rahmen der Prüfung, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfuellt sind, ist auf den Zweck der verschiedenen Verfahren nach Artikel 88 Absätze 2 und 3 EG hinzuweisen. Im Bereich der Kontrolle staatlicher Beihilfen ist nämlich die in Artikel 88 Absatz 3 EG geregelte Vorprüfungsphase, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung darüber zu ermöglichen, ob die fragliche Maßnahme eine staatliche Beihilfe ist und ob die Beihilfe ganz oder teilweise mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, von der Prüfungsphase nach Artikel 88 Absatz 2 EG zu unterscheiden. Nur in dieser Prüfungsphase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich ein vollständiges Bild von allen Gegebenheiten des Falles zu verschaffen, sieht der Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteile des Gerichts vom 16. September 1998 in der Rechtssache T-188/95, Waterleiding Maatschappij/Kommission, Slg. 1998, II-3713, Randnr. 52, und vom 31. März 2001 in der Rechtssache T-69/96, Hamburger Hafen- und Lagerhaus u. a./Kommission, Slg. 2001, II-1037, Randnr. 36).

44 Stellt die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten, aufgrund von Artikel 88 Absatz 3 fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so können die Personen, die diese Verfahrensgarantien genießen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, die Entscheidung der Kommission vor dem Gemeinschaftsrichter anzufechten (Urteile des Gerichtshofes vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, Randnr. 23, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnr. 17, sowie Urteil Waterleiding Maatschappij/Kommission, Randnr. 53; Urteil des Gerichts vom 11. Februar 1999 in der Rechtssache T-86/96, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen und Hapag-Lloyd/Kommission, Slg. 1999, II-179, Randnr. 49). Zielt daher eine Klage auf Nichtigerklärung einer von der Kommission am Ende der Vorprüfungsphase erlassenen Entscheidung auf die Beachtung der Verfahrensgarantien des Artikels 88 Absatz 2 EG ab, ist der Kläger schon dann als unmittelbar und individuell betroffen im Sinne des Artikels 230 Absatz 4 EG anzusehen, wenn er die Eigenschaft eines Beteiligten hat (Urteile Cook/Kommission, Randnrn. 23 bis 26, Matra/Kommission, Randnrn. 17 bis 20, und BP Chemicals, Randnrn. 89 und 90).

45 Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Entscheidung aufgrund des Artikels 88 Absatz 3 EG erlassen, ohne dass die Kommission das förmliche Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG eröffnet hatte. Nach den vorstehenden Erwägungen ist die Klägerin somit dann als von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen anzusehen, wenn sie erstens die Wahrung der in Artikel 88 Absatz 2 EG vorgesehenen Verfahrensgarantien durchsetzen will und zweitens die Eigenschaft eines Beteiligten im Sinne dieses Absatzes hat (vgl. in diesem Sinne das Urteil Hamburger Hafen- und Lagerhaus u. a./Kommission, Randnrn. 37 bis 39).

46 Somit ist zunächst zu prüfen, ob die Klägerin mit der vorliegenden Klage die Wahrung der Verfahrensgarantien aus Artikel 88 Absatz 2 EG durchsetzen will.

47 Es ist festzustellen, dass die Klägerin nicht ausdrücklich eine Zuwiderhandlung der Kommission gegen die Verpflichtung, das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG einzuleiten, gerügt hat, die sie an der Inanspruchnahme der in dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahrensgarantien gehindert hätte. Die zur Begründung der vorliegenden Klage angeführten Nichtigkeitsgründe, insbesondere derjenige eines Verstoßes gegen das Verbot einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sind jedoch dahin auszulegen, dass mit ihnen festgestellt werden soll, dass bei der Prüfung der streitigen Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt ernsthafte Schwierigkeiten aufgetreten sind, die die Kommission zur Einleitung des förmlichen Verfahrens verpflichteten.

48 Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Kommission nämlich zur Einleitung dieses Verfahrens verpflichtet, wenn eine erste Prüfung es ihr objektiv nicht ermöglicht hat, alle Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der fraglichen staatlichen Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt auszuräumen (Urteile des Gerichts vom 18. September 1995 in der Rechtssache T-49/93, SIDE/Kommission, Slg. 1995, II-2501, Randnr. 58, vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-95/96, Gestevisión Telecinco/Kommission, Slg. 1998, II-3407, Randnr. 52, und vom 15. März 2001 in der Rechtssache T-73/98, Prayon-Rupel/Kommission, Slg. 2001, II-867, Randnr. 42). Gerade um der Kommission die Erfuellung dieser Aufgabe mit Hilfe der Beteiligten zu erleichtern, sieht Artikel 88 Absatz 2 EG die von ihr durchzuführende förmliche Prüfungsphase vor. Da die Kommission aber nach dem EG-Vertrag nur im Rahmen der Prüfungsphase des Artikels 88 Absatz 2 EG verpflichtet ist, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben, können diese nur dann die objektive Schwierigkeit der von der Kommission anzustellenden Prüfung geltend machen und die Beachtung ihrer Verfahrensgarantien durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, die Entscheidung, das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG nicht einzuleiten, vor dem Gericht anzufechten.

49 Im vorliegenden Fall ist die Klage daher dahin auszulegen, dass mit ihr der Kommission zur Last gelegt wird, trotz der ernsthaften Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeitsprüfung der fraglichen Beihilfen nicht das förmliche Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG eingeleitet zu haben, so dass mit ihr letztlich eine Durchsetzung der in dieser Bestimmung verliehenen Verfahrensgarantien bezweckt wird.

50 Demgemäß ist sodann zu prüfen, ob die Klägerin die Eigenschaft eines Beteiligten im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG hat.

51 Nach ständiger Rechtsprechung sind Beteiligte im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG nicht nur das oder die durch eine Beihilfe begünstigten Unternehmen, sondern in gleichem Maße auch die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände (Urteile des Gerichtshofes vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 16, Cook/Kommission, Randnr. 24, Matra/Kommission, Randnr. 18, und vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 41; Urteil Hamburger Hafen- und Lagerhaus u. a./Kommission, Randnr. 40). Außerdem ist nach der Rechtsprechung die Klage eines anderen Unternehmens als des Beihilfeempfängers nur dann zulässig, wenn es nachweist, dass seine Wettbewerbsstellung auf dem Markt durch die Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt wird. Andernfalls hat dieses Unternehmen nicht die Eigenschaft eines Beteiligten im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG (Urteile Waterleiding Maatschappij/Kommission, Randnr. 62, und Hamburger Hafen- und Lagerhaus u. a./Kommission, Randnr. 41).

52 Da die Klägerin eine Vereinigung ist, ist zunächst zu prüfen, ob ihre Mitglieder die Eigenschaft von Beteiligten im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG haben. Eine Vereinigung, die zur Wahrnehmung kollektiver Interessen einer Gruppe von Personen gegründet worden ist, kann, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, wie etwa ihre Rolle in einem Verfahren, das zum Erlass der fraglichen Maßnahme geführt hat (siehe unten, Randnrn. 65 ff.), von einer Handlung, die die allgemeinen Interessen dieser Gruppe berührt, nicht im Sinne des Artikels 230 Absatz 4 EG individuell betroffen sein; sie kann daher keine Nichtigkeitsklage im Namen ihrer Mitglieder erheben, wenn diesen als Einzelnen die Erhebung einer Klage verwehrt ist (Urteile des Gerichtshofes vom 14. Dezember 1962 in den Rechtssachen 19/62 bis 22/62, Fédération nationale de la boucherie en gros et du commerce en gros des viandes u. a./Rat, Slg. 1962, 1005, und vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-321/95 P, Greenpeace Council u. a./Kommission, Slg. 1998, I-1651, Randnrn. 14 und 29; Beschluss des Gerichtshofes vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-409/96 P, Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission, Slg. 1997, I-7531, Randnr. 45; Urteil Hamburger Hafen- und Lagerhaus u. a./Kommission, Randnr. 49.).

53 Wenn also wenigstens einige Mitglieder der Klägerin als Beteiligte im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG angesehen werden können, was voraussetzt, dass die Gewährung der fraglichen Beihilfen ihre Wettbewerbsstellung auf dem Markt beeinträchtigt, ist die Klage zulässig, da es sich bei der Klägerin um eine Vereinigung handelt, die zur Wahrnehmung der kollektiven Interessen ihrer Mitglieder gegründet worden ist.

54 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass einige Mitglieder der Klägerin Wirtschaftsteilnehmer sind, die als unmittelbare Wettbewerber der Empfänger der streitigen Beihilfen angesehen werden können.

55 Dazu geht aus der Satzung der Klägerin eindeutig hervor, dass die Personen, deren Interessen sie wahrnimmt, zumindest zu einem beträchtlichen Teil Wirtschaftsteilnehmer sind. § 2 erster Gedankenstrich der Satzung nennt nämlich als Personengruppen, deren Interessen von der Klägerin wahrgenommen werden, Land- und Forstwirte,... Fabrik- und Betriebseigentümer, Unternehmer, Händler und Gewerbetreibend[e] aller Art". Zudem hat die Kommission auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass Wettbewerber der durch das Flächenerwerbsprogramm Begünstigten alle Landwirte der Europäischen Union sein könnten. Überdies haben die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland die Behauptung der Klägerin nicht bestritten, dass 25 % der Mitglieder der Klägerin, d. h. 110 Personen oder Familien, Landwirte seien und dass die Klägerin unter Berücksichtigung der Mitglieder der übrigen ihr angeschlossenen Vereinigungen mehr als tausend im Agrarsektor tätige Unternehmen repräsentiere.

56 Der Erwerb land- oder forstwirtschaftlicher Flächen ist unbestreitbar ein wesentliches Element der kaufmännischen Strategie und der Wettbewerbsstellung eines Land- oder Forstwirts. Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass die Wettbewerbsstellung einiger Mitglieder der Klägerin, die Land- oder Forstwirte sind, vom Flächenerwerbsprogramm beeinträchtigt worden ist.

57 Hierzu ist erstens auf die Entscheidung vom 20. Januar 1999 zu verweisen, in der die Kommission ausgeführt hat, dass [d]ie Verfälschung des Wettbewerbs oder zumindest die Eignung dazu... aus der wirtschaftlichen Besserstellung der vergünstigt Flächen Erwerbenden gegenüber ihren Wettbewerbern [folgt], die keine derartige Unterstützung erhalten".

58 Zweitens ist festzustellen, dass ein erheblicher Teil der Wirtschaftsteilnehmer unter den Mitgliedern der Klägerin aus Personen besteht, deren Grundstücke zwischen 1945 und 1949 enteignet wurden und die später als Wiedereinrichter ohne Restitutionsanspruch" bezeichnet wurden. Nach den Akten hat die Klägerin insbesondere die Interessen dieser Personen wahrgenommen, indem sie die Aufmerksamkeit der Kommission darauf gelenkt hat, dass es für diese Personen sehr schwierig gewesen sei, langfristige Pachtverträge zu erhalten, so dass sie durch das Flächenerwerbsprogramm benachteiligt worden seien. Zum Beispiel hat die Klägerin in einem Schreiben vom 11. August 1998 an die Kommission darauf hingewiesen, dass [d]ie so genannten Wiedereinrichter ohne Restitutionsansprüche (Enteignungsopfer 1945-1949)... auch insofern wettbewerbsrechtlich benachteiligt [sind], als sie nur in Ausnahmefällen die Gelegenheit erhielten, so genannte volkseigene Flächen zu pachten".

59 Diese Gruppe von Mitgliedern der Klägerin betrachtet sich als besonders geschädigt durch das Flächenerwerbsprogramm, wie es mit der angefochtenen Entscheidung genehmigt worden ist. So heißt es in einem Schreiben eines Repräsentanten des Vereins Heimatverdrängtes Landvolk e. V., eines Mitglieds der Klägerin, vom 26. Juli 2000 an deren Prozessbevollmächtigten:

Die wettbewerbsrechtliche Behinderung der Mitglieder der ARE und der mit [ihr] kooperierenden Verbände durch die nach unserer Einschätzung eindeutig rechtswidrigen Beihilfen für alle nicht-kompensationsberechtigten Agrarunternehmen trifft auch zahlreiche unserer rd. 770 Verbandsmitglieder.

So wie der Unterzeichner selbst als Unternehmer in den neuen Ländern... bemüht ist, zur wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen, sind auch andere unserer Mitglieder nicht nur das Opfer willkürlicher Konfiskationen während der Jahre 1945/49 und auch danach schwerstens betroffen, sondern auch intensiv am wirtschaftlichen Aufbau in ihrer Eigenschaft als Unternehmer beteiligt. Trotz deutlicher Benachteiligung z. B. durch das fortwirkende Ortsansässigkeits-Vorrang-Prinzip... bemühen wir uns - zusätzlich gegen Wettbewerbsnachteile kämpfend - um die Schaffung privatwirtschaftlicher Familienunternehmen als so genannte Wiedereinrichter ohne Restitutionsanspruch...

...

Zahlreiche investitionsbereite Betroffene werden durch die gegenwärtige Behinderung dezidiert von einer unternehmerischen Tätigkeit geradezu ausgeschlossen, so durch die nicht verfügbaren Flächen ihres alten Eigentums.

Dies betrifft z. Zt. mindestens 20 % unserer Mitglieder, also rd. 150 so genannte Wiedereinrichter und verhinderte Investoren."

60 Somit ist festzustellen, dass einige Mitglieder der Klägerin durch die angefochtene Entscheidung notwendig in ihrer Wettbewerbsstellung beeinträchtigt worden sind, so dass sie als Beteiligte im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG gegen diese Entscheidung einzeln Nichtigkeitsklage erheben könnten.

61 Zweitens ist der Satzung der Klägerin zu entnehmen, dass diese zur Wahrung der Interessen und zum Schutz der Eigentumsrechte ihrer Mitglieder gegründet wurde. Die Ausübung des Eigentumsrechts ist aber für die wirtschaftliche Situation eines Wirtschaftsteilnehmers von besonderer Bedeutung. Obwohl die Klägerin nach § 2 erster Gedankenstrich ihrer Satzung einen weiter gehenden Zweck verfolgt, ist nicht auszuschließen, dass von diesem Zweck auch die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder als Wirtschaftsteilnehmer umfasst wird. Aus einer systematischen Auslegung des § 1 in Verbindung mit § 2 der Satzung der Klägerin ergibt sich, dass diese tatsächlich einen solchen Zweck verfolgt.

62 Indem die Klägerin die Interessen dieser Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf das Eigentumsrecht wahrnimmt - insbesondere das Interesse von Land- und Forstwirten, Flächen zu erwerben, obwohl sie gegenüber den durch das Flächenerwerbsprogramm potenziell Begünstigten benachteiligt sind - , vertritt sie in Wirklichkeit die kaufmännischen und die Wettbewerbsinteressen dieser Mitglieder. Daher ist das Argument der Kommission zurückzuweisen, dass die Klägerin keine Unternehmensinteressen, sondern irgendwelche sozialen Interessen vertrete und dass die vorliegende Rechtssache nur Aspekte des Eigentumsrechts betreffe, die über den gemeinschaftsrechtlichen Rahmen des Artikels 295 EG hinausgingen (siehe oben, Randnr. 22). Im Übrigen geht aus der Entscheidung vom 20. Januar 1999 und der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission es selbst als erforderlich angesehen hat, das Flächenerwerbsprogramm an den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln, insbesondere den Vorschriften über staatliche Beihilfen, zu messen. Unter diesen Umständen lässt sich nicht bestreiten, dass eine Vereinigung, die sich diesem Flächenerwerbsprogramm widersetzt und zu deren Mitgliedern zahlreiche Landwirte gehören, die sich gegenüber den durch dieses Programm potenziell Begünstigten in einer benachteiligten Stellung befinden, im Wesentlichen die Wettbewerbsinteressen dieser Mitglieder wahrnimmt.

63 Da die Klägerin nach § 2 ihrer Satzung ein Verein ist, der zur Förderung der kollektiven Interessen seiner Mitglieder gegründet wurde, zu denen auch die Wettbewerbsinteressen derjenigen Mitglieder gehören, die Land- und Forstwirte sind, hat sie somit die vorliegende Nichtigkeitsklage zulässigerweise im Namen dieser Mitglieder erhoben, die als Beteiligte im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG eine solche Klage auch einzeln hätten erheben können.

64 Ferner bietet die Erhebung einer gemeinsamen Klage durch eine Vereinigung verfahrensmäßige Vorteile, da durch sie die Erhebung einer größeren Zahl einzelner Klagen gegen dieselbe Entscheidung vermieden werden kann (Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache T-447/93 bis T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971, Randnr. 60). Das gilt erst recht im Fall der Klägerin, zu deren Zwecken es nach § 2 dritter und fünfter Gedankenstrich ihrer Satzung gerade gehört, die Interessen ihrer Mitglieder bei deutschen und supranationalen Stellen zu wahren und zu den u. a. von der Treuhandanstalt getroffenen Maßnahmen Stellung zu nehmen.

65 Überdies ist die Klägerin auch insofern als von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen anzusehen, als sie ein eigenes Rechtsschutzinteresse geltend macht, weil durch diese Entscheidung ihre Position als Verhandlungspartnerin beeinträchtigt worden ist (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 2. Februar 1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, Randnrn. 19 bis 25, und vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 29 und 30; Urteile des Gerichts AIUFFASS und AKT/Kommission, Randnr. 50, und vom 29. September 2000 in der Rechtssache T-55/99, CETM/Kommission, Slg. 2000, II-3207, Randnr. 23).

66 Die Klägerin hat sich nämlich sowohl am förmlichen Prüfungsverfahren, das zum Erlass der Entscheidung vom 20. Januar 1999 geführt hat, als auch an den informellen Diskussionen zur Durchführung dieser Entscheidung aktiv, vielfach und gestützt auf wissenschaftliche Gutachten beteiligt. Die Kommission hat selbst eingeräumt, dass die Klägerin auf die Entscheidungsfindung Einfluss genommen habe und eine interessante Informationsquelle gewesen sei.

67 Danach wäre eine von der Klägerin als individuell Betroffener im Sinne der oben in Randnummer 65 angeführten Rechtsprechung erhobene Nichtigkeitsklage gegen die das förmliche Prüfungsverfahren abschließende Entscheidung zulässig gewesen, wenn diese Entscheidung für die von ihr vertretenen Interessen nachteilig gewesen wäre.

68 Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, betrifft die angefochtene Entscheidung ausschließlich und unmittelbar die Durchführung einer bereits zuvor erlassenen Entscheidung der Kommission", nämlich der Entscheidung vom 20. Januar 1999. Somit hängt die angefochtene Entscheidung mit der Entscheidung vom 20. Januar 1999 unmittelbar zusammen.

69 Angesichts des Zusammenhangs zwischen diesen beiden Entscheidungen und der Rolle der Klägerin als wichtigem Gesprächspartner in dem durch die Entscheidung vom 20. Januar 1999 beendeten förmlichen Verfahren erstreckt sich die Individualisierung der Klägerin in Bezug auf diese Entscheidung notwendig auch auf die angefochtene Entscheidung, wenngleich die Klägerin nicht an der zum Erlass dieser Entscheidung führenden Prüfung der Kommission beteiligt war. Dem steht nicht entgegen, dass im vorliegenden Fall die Entscheidung vom 20. Januar 1999 den von der Klägerin wahrgenommenen Interessen grundsätzlich nicht zuwiderlief.

70 Daraus folgt, dass die Klägerin im Sinne der oben in Randnummer 42 angeführten Rechtsprechung individuell betroffen ist.

71 Diese Schlussfolgerung wird auch nicht durch den von der Kommission (siehe oben, Randnr. 26) angeführten Umstand in Frage gestellt, dass das Flächenerwerbsprogramm eine Beihilferegelung darstellt und die Genehmigung dieser Regelung durch die Kommission mithin eine Maßnahme allgemeiner Geltung ist, die für eine objektiv bestimmte Situation gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen entfaltet. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein allgemeiner Rechtsakt unter bestimmten Umständen einige Personen individuell betreffen kann und dass ein solcher Fall insbesondere dann vorliegt, wenn die fragliche Handlung eine bestimmte natürliche oder juristische Person wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt (Urteile des Gerichtshofes vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 13, vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnrn. 19 und 20, und vom 31. Mai 2001 in der Rechtssache C-41/99 P, Sadam Zuccherifici u. a./Rat, Slg. 2001, I-4239, Randnr. 27). Das trifft auf den vorliegenden Fall zu, wie oben in den Randnummern 43 bis 70 festgestellt worden ist.

72 Darüber hinaus steht der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung eine Beihilferegelung betrifft, entgegen dem Vortrag der Bundesrepublik Deutschland (siehe oben, Randnr. 32) der unmittelbaren Betroffenheit der Klägerin nicht entgegen.

73 Wenn nämlich die Absicht der nationalen Behörden, in einem bestimmten Sinn zu handeln, zweifelsfrei feststeht, besteht die Möglichkeit, dass sie von einer ihnen durch eine Entscheidung der Kommission eingeräumten Befugnis keinen Gebrauch machen, nur rein theoretisch, so dass der Kläger unmittelbar betroffen sein kann (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207, Randnrn. 9 und 10; Urteile des Gerichts vom 27. April 1995 in den Rechtssachen T-435/93, ASPEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1281, Randnrn. 60 und 61, und T-442/93, AAC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1329, Randnrn. 45 und 46, vom 22. Oktober 1996 in der Rechtssache T-266/94, Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, Slg. 1996, II-1399, Randnr. 49, sowie AIUFFASS und AKT/Kommission, Randnrn. 46 und 47).

74 Im vorliegenden Fall haben die deutschen Behörden ihre Absicht, das Flächenerwerbsprogramm durchzuführen, wie es von der Kommission genehmigt worden war, zur Genüge bekundet. Diese Absicht ist u. a. in der Verabschiedung des Vermögensrechtsergänzungsgesetzes im Anschluss an den Erlass der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gekommen (siehe oben, Randnr. 10). Infolgedessen ist davon auszugehen, dass die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar betroffen ist.

75 Nach alledem ist die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung individuell und unmittelbar betroffen.

76 Entgegen der Auffassung der Kommission und der Bundesrepublik Deutschland ist schließlich auch der Zusammenhang zwischen den Interessen der Klägerin und ihrer Mitglieder einerseits und den Interessen, die die Klägerin mit der vorliegenden Klage wahrnimmt, andererseits nicht zu verneinen.

77 Die vorliegende Klage, mit der die Nichtigerklärung der Genehmigungsentscheidung der Kommission begehrt wird, dient nämlich den Interessen der Mitglieder der Klägerin und damit denjenigen der Klägerin selbst. Bei den Mitgliedern der Klägerin handelt es sich insbesondere um Personen, die keinen vorrangigen Zugang zu den Flächen gemäß der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung haben. Eine Nichtigerklärung der diese Beihilferegelung genehmigenden Entscheidung käme den Mitgliedern der Klägerin insoweit zugute, als sie zur Beendigung des vorrangigen Zugangs der Wettbewerber dieser Mitglieder zu den Flächen beitrüge.

78 Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, die von der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache wahrgenommenen Interessen seien für sie Fremdinteressen. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Klage einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit geltend macht, um die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung darzutun. Da die vorliegende Nichtigkeitsklage ihren Interessen und denjenigen ihrer Mitglieder dient und da sie aus den oben in den Randnummern 42 bis 75 dargelegten Gründen von der angefochtenen Entscheidung individuell und unmittelbar betroffen ist, steht es der Klägerin nämlich frei, sich auf einen beliebigen der in Artikel 230 Absatz 2 EG aufgezählten Rechtswidrigkeitsgründe einschließlich eines Verstoßes gegen die das Diskriminierungsverbot betreffenden Bestimmungen des EG-Vertrags zu berufen. Im Übrigen stützt die Klägerin ihre Klage nicht nur auf eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sondern auch auf einen Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG.

79 Nach alledem ist der erste Unzulässigkeitsgrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Unzulässigkeitsgrund: Verfahrensmissbrauch

Vorbringen der Parteien

80 Die Kommission macht geltend, die Klägerin widersetze sich nicht der Gewährung der Beihilfen als solcher, sondern nur einer angeblichen Diskriminierung bei der Beihilfengewährung, die sie aber an sich nicht betreffe. Die Klägerin begehe damit einen Verfahrensmissbrauch und verletze speziell den Grundsatz der Teilung der Verfahrenswege. Diskriminierungen der Art, wie sie von der Klägerin angeführt würden, seien nämlich nicht Gegenstand der Beihilfenaufsicht, sondern könnten nur Gegenstand eines Verfahrens nach Artikel 226 EG sein. Ferner habe die Klägerin mit dem Begehren, die schon abgeschlossenen Kaufverträge rückabzuwickeln, um die sie treffende angebliche Diskriminierung zu beseitigen und ihren Mitgliedern wie auch interessierten EU-Ausländern den Zugang zum Flächenerwerb zu ermöglichen, den Grundsatz der Teilung der Verfahrenswege auch insoweit verletzt, als sie die Nichtigkeitsklage als Untätigkeitsklage benutze.

81 Die Klägerin weist die Auffassung der Kommission, dass die Klage missbräuchlich sei, zurück.

Würdigung durch das Gericht

82 Im Rahmen der Prüfung des ersten Unzulässigkeitsgrundes ist festgestellt worden, dass die vorliegende Nichtigkeitsklage den Interessen der Klägerin dient und dass diese die Voraussetzungen des Artikels 230 Absatz 4 EG erfuellt. Daher kann ihr nicht vorgeworfen werden, mit der Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG einen Verfahrensmissbrauch oder einen Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung der Verfahrenswege begangen zu haben.

83 Der zweite Unzulässigkeitsgrund ist somit ebenfalls zurückzuweisen.

84 Aufgrund all dessen ist die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

85 Nach Artikel 87 § 1 der Verfahrensordnung wird über die Kosten im Endurteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren beendet, entschieden. Da das vorliegende Urteil die Einrede der Unzulässigkeit zurückweist und somit das Verfahren nicht beendet, bleibt die Entscheidung über die durch dieses Verfahren verursachten Kosten vorbehalten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Einrede der Unzulässigkeit wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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