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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: T-12/03
Rechtsgebiete: EG, EWR-Abkommen


Vorschriften:

EG Art. 81
EWR-Abkommen Art. 53 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

30. April 2009

"Wettbewerb - Vereinbarungen - Markt für Nintendo-Videospielkonsolen und -Spielkassetten - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Beschränkung von Parallelexporten - Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung - Geldbußen - Differenzierende Behandlung - Abschreckende Wirkung - Dauer der Zuwiderhandlung - Mildernde Umstände - Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren"

Parteien:

In der Rechtssache T-12/03

Itochu Corp. mit Sitz in Tokyo (Japan), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Y. Shibasaki, G. van Gerven und T. Franchoo,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten zunächst durch P. Hellström und O. Beynet, dann durch F. Castillo de la Torre und O. Beynet als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Art. 1, 3 und 5 der Entscheidung 2003/675/EG der Kommission vom 30. Oktober 2002 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/35.587 - PO Video Games, COMP/35.706 - PO Nintendo Distribution und COMP/36.321 - Omega - Nintendo) (ABl. 2003, L 255, S. 33), soweit sie die Klägerin betreffen, oder, hilfsweise, Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und N. Wahl (Berichterstatter),

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2008

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Beteiligte Unternehmen

1 Die Nintendo Co., Ltd (im Folgenden: NCL oder Nintendo), eine an der Börse notierte Gesellschaft mit Sitz in Kyoto (Japan), steht an der Spitze der Nintendo-Unternehmensgruppe, die auf die Herstellung und den Vertrieb von Konsolen für Videospiele und von Spielkassetten für diese Konsolen spezialisiert ist.

2 Nintendos Geschäftstätigkeit im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wird in manchen Gebieten von ihr zu 100 % gehörenden Tochtergesellschaften betrieben, unter denen die wichtigste die Nintendo of Europe GmbH (im Folgenden: NOE oder Nintendo) ist. Zur Zeit der fraglichen Vorgänge koordinierte NOE bestimmte Geschäftstätigkeiten von Nintendo in Europa und war ihre Alleinvertriebshändlerin in Deutschland.

3 In anderen Absatzgebieten hatte Nintendo unabhängige Alleinvertriebshändler eingesetzt. So wurde die The Games Ltd, ein Geschäftsbereich der John Menzies Distribution Ltd, die wiederum als Tochtergesellschaft zu 100 % der John Menzies plc gehört, von Nintendo im August 1995 als Alleinvertriebshändlerin für das Vereinigte Königreich und Irland eingesetzt und blieb dies mindestens bis zum 31. Dezember 1997.

4 Die Itochu Hellas EPE, die als Tochtergesellschaft zu 100 % direkt oder indirekt der Klägerin, der in Japan ansässigen Itochu Corp., oder deren Tochtergesellschaften (darunter Itochu Europe) gehört, war vom 14. Mai 1991 bis 28. Februar 1997 unabhängige Alleinvertriebshändlerin von Nintendo für Griechenland.

2. Verwaltungsverfahren

Untersuchung im Bereich der Videospielindustrie (Sache IV/35.587 - PO Videospiele)

5 Im März 1995 leitete die Kommission eine Untersuchung ein, die die Videospielindustrie betraf (Sache IV/35.587 - PO Videospiele). Im Rahmen dieser Untersuchung richtete die Kommission am 26. Juni und 19. September 1995 gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), an Nintendo Auskunftsverlangen, um Informationen u. a. über ihre Vertriebshändler und Tochtergesellschaften, die mit diesen förmlich geschlossenen Vertriebsverträge und ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzuholen. NOE antwortete auf diese Auskunftsverlangen mit Schreiben vom 31. Juli und 26. September 1995.

Ergänzende Untersuchung speziell zum Vertriebssystem von Nintendo (Sache IV/35.706 - PO Nintendo-Vertrieb)

6 Als Ergebnis ihrer vorläufigen Feststellungen leitete die Kommission im September 1995 eine ergänzende Untersuchung speziell zum Vertriebssystem von Nintendo (Sache IV/35.706 - PO Nintendo-Vertrieb) ein.

7 Im Rahmen dieser Untersuchung richtete die Kommission an Nintendo am 9. Oktober 1995 ein Auskunftsverlangen. Es fanden mehrere Zusammenkünfte von Vertretern Nintendos und der Kommission statt, deren Thema die Vertriebspolitik von Nintendo war. Nintendo legte außerdem verschiedene Versionen der Verträge vor, die sie mit bestimmten ihrer Vertriebshändler geschlossen hatte.

Untersuchung infolge der Beschwerde der Omega Electro BV (Sache IV/36.321 - Omega - Nintendo)

8 Am 26. November 1996 reichte die Omega Electro BV, eine im Bereich der Einfuhr und des Verkaufs von elektronischen Spielen tätige Gesellschaft, gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 17 eine Beschwerde ein, die im Wesentlichen den Vertrieb von Nintendo-Spielkassetten und -konsolen betraf und zu deren Begründung insbesondere geltend gemacht wurde, dass Nintendo in den Niederlanden den Parallelhandel behindere und ein System festgelegter Wiederverkaufspreise praktiziere. Auf diese Beschwerde hin erweiterte die Kommission ihre Untersuchung (Sache IV/36.321 - Omega - Nintendo). Am 7. März 1997 sandte sie ein Auskunftsverlangen an Nintendo und an John Menzies. In ihrem Antwortschreiben vom 16. Mai 1997 räumte Nintendo ein, dass bestimmte ihrer Vertriebsverträge und ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Beschränkungen des Parallelhandels innerhalb des EWR enthielten. Im Oktober 1997 richtete die Kommission an John Menzies ein weiteres Auskunftsverlangen, das diese mit einem Schreiben vom 1. Dezember 1997 beantwortete, in dem sie verschiedene Angaben zu der streitigen Vereinbarung machte.

9 Mit Schreiben vom 23. Dezember 1997 teilte Nintendo der Kommission mit, ihr sei "ein schwerwiegendes Problem in Bezug auf den Parallelhandel innerhalb der Gemeinschaft" bekannt geworden, und gab ihrem Wunsch Ausdruck, mit der Kommission zusammenzuarbeiten.

10 Am 13. Januar 1998 machte John Menzies weitere Angaben. Am 21. Januar, 1. April und 15. Mai 1998 übermittelte Nintendo der Kommission Hunderte von Schriftstücken. Am 15. Dezember 1998 fand eine Zusammenkunft zwischen der Kommission und Vertretern von Nintendo statt, in der die Frage einer etwaigen Entschädigung der durch die streitige Absprache geschädigten Dritten angesprochen wurde.

11 Nach ihrem Geständnis ergriff Nintendo ferner Maßnahmen, die die künftige Einhaltung des Gemeinschaftsrechts gewährleisten sollten, und leistete an die durch ihr Handeln finanziell geschädigten Dritten Ausgleichszahlungen.

12 Mit Schreiben vom 9. Juni 1999 forderte die Kommission Itochu Hellas dazu auf, ihr mitzuteilen, ob die zu den Akten genommenen Unterlagen, soweit sie sie betrafen, vertrauliche Angaben enthielten. In diesem Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass die Kommission die Eröffnung eines förmlichen Verfahrens gegen verschiedene Unternehmen, darunter Itochu Hellas, beabsichtige.

13 Am 26. April 2000 sandte die Kommission an Nintendo und die anderen betroffenen Unternehmen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen). Nintendo und die übrigen betroffenen Unternehmen gaben zu den Beschwerdepunkten der Kommission schriftliche Stellungnahmen ab, in denen Nintendo und einige andere dieser Unternehmen die Anwendung der Mitteilung der Kommission vom 18. Juli 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) beantragten. Keine der Beteiligten beantragte eine förmliche Anhörung. Der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegte Sachverhalt wurde von Nintendo nicht bestritten.

14 Im Namen von Itochu und Itochu Hellas wurde am 28. Juli 2000 bei der Kommission eine Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingereicht. Darin wurde u. a. geltend gemacht, Itochu sei in dem Verfahren außer Betracht zu lassen, da sie über die Geschäftstätigkeit von Itochu Hellas keinerlei Kontrolle habe.

15 Am 31. Oktober 2001 ersuchte die Kommission Itochu Europe u. a. um Angaben zu den Satzungen und der internen Funktionsweise von Itochu Hellas und Itochu Europe. Im Namen der beiden Gesellschaften wurde der Kommission mit Schreiben vom 26. November 2001 geantwortet. Mit Schreiben vom 9. September 2002 richtete die Kommission an Itochu ein Auskunftsverlangen, das insbesondere deren Jahresbericht betraf. Darauf wurde mit Schreiben vom 27. September 2002 geantwortet.

3. Die streitige Entscheidung

16 Am 30. Oktober 2002 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/675/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/35.587 - PO Video Games, COMP/35.706 - PO Nintendo Distribution und COMP/36.321 - Omega - Nintendo) (ABl. 2003, L 255, S. 33, im Folgenden: Entscheidung). Die Entscheidung wurde Itochu am 11. November 2002 zugestellt.

17 Die Entscheidung enthält insbesondere folgende Bestimmungen:

"Artikel 1

Die nachstehenden Unternehmen haben gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie in den erwähnten Zeiträumen an einer Reihe von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen auf den Märkten für Spielkonsolen und für mit Nintendo-Konsolen kompatiblen Spielkassetten beteiligt waren, wodurch die Parallelausfuhren von Nintendo-Spielkonsolen und -Spielkassetten eingeschränkt werden sollten und tatsächlich eingeschränkt wurden.

...

- Itochu ... vom 16. Dezember 1991 bis 28. Februar 1997,

...

Artikel 3

Gegen die in Artikel 1 genannten Unternehmen werden wegen der darin festgestellten Zuwiderhandlung folgende Geldbußen festgesetzt:

...

- Itochu ... eine Geldbuße von 4,5 Mio. EUR,

...

Artikel 5

Die Entscheidung ist gerichtet an:

...

- Itochu ...

..."

18 Für die Berechnung der Geldbußen folgte die Kommission in der Entscheidung der Methode, die festgelegt ist in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien). Wegen des vertikalen Charakters des Verstoßes wandte sie hingegen nicht die Mitteilung über Zusammenarbeit an.

19 In einem ersten Schritt setzte die Kommission den Grundbetrag der Geldbußen nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes fest.

20 Insoweit befand die Kommission zunächst, dass die betroffenen Unternehmen angesichts der Art der Zuwiderhandlung, ihrer konkreten Auswirkungen auf den Markt und der Größe des räumlich relevanten Markts einen sehr schweren Verstoß begangen hätten.

21 Die Kommission stellte sodann fest, dass angesichts der Beteiligung mehrerer Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe an einem einzigen ununterbrochenen Verstoß eine unterschiedliche Behandlung dieser Unternehmen angebracht sei, um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen. Hierfür wurden die betreffenden Unternehmen nach Maßgabe ihrer relativen Bedeutung gegenüber Nintendo als Vertriebshändler der Produkte im EWR in drei Gruppen unterteilt. Der Vergleich wurde nach dem Anteil jedes Unternehmens an dem im Jahr 1997, dem letzten Jahr der Zuwiderhandlung, im EWR für Vertriebszwecke gekauften Gesamtvolumen an Nintendo-Spielkonsolen und -Spielkassetten vorgenommen. Auf dieser Grundlage wurde nur Nintendo in die erste Gruppe eingeordnet und nur John Menzies in die zweite. Hinsichtlich dieser Unternehmen legte die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße unter Berücksichtigung der Schwere im Fall von Nintendo vorläufig auf 23 Millionen Euro und im Fall von John Menzies vorläufig auf 8 Millionen Euro fest. Im Fall von Itochu und der übrigen betroffenen Unternehmen wurde ein vorläufiger Grundbetrag in Höhe von 1 Million Euro festgelegt.

22 Um zum einen eine ausreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen und zum anderen der Größe und den Gesamtressourcen von Nintendo, John Menzies und Itochu Rechnung zu tragen, erhöhte die Kommission diese Grundbeträge. Im Fall von Nintendo war nach Auffassung der Kommission außer dem Umstand, dass Nintendos Größe deutlich geringer sei als die von Itochu, zu berücksichtigen, dass Nintendo der Hersteller der von der Zuwiderhandlung betroffenen Erzeugnisse sei. Aufgrund dieser Gesichtspunkte wandte die Kommission auf die festgelegten Beträge einen Multiplikator von 3 im Fall von Nintendo und Itochu sowie von 1,25 im Fall von John Menzies an, so dass die Grundbeträge im Fall von Nintendo auf 69 Millionen Euro, im Fall von John Menzies auf 10 Millionen Euro und im Fall von Itochu auf 3 Millionen Euro festgesetzt wurden.

23 Wegen der Dauer der Zuwiderhandlung der einzelnen Unternehmen wurde der Grundbetrag um 10 % pro Jahr erhöht, was im Fall von Itochu zu einer Erhöhung um 50 % führte.

24 Infolgedessen setzte die Kommission den Grundbetrag der gegen Itochu verhängten Geldbuße auf 4,5 Millionen Euro fest.

25 In einem zweiten Schritt wurde wegen erschwerender Umstände der Grundbetrag der Geldbuße gegen Nintendo zunächst um 50 % heraufgesetzt, weil das Unternehmen die Zuwiderhandlung angeführt und angestiftet habe, und sodann ein weiteres Mal um 25 %, weil das Unternehmen die Zuwiderhandlung nach den ersten Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen der Untersuchung der Kommission im Juni 1995 fortgesetzt habe. Der Grundbetrag der Geldbuße gegen John Menzies wurde um 20 % erhöht, wovon 10 % dem Umstand Rechnung tragen sollten, dass John Menzies die Zuwiderhandlung nach Beginn der Untersuchung der Kommission fortgesetzt habe, und die übrigen 10 % der Weigerung des Unternehmens, mit der Kommission zusammenzuarbeiten.

26 In einem dritten Schritt hielt es die Kommission im Rahmen ihrer Prüfung der mildernden Umstände zunächst für gerechtfertigt, die Geldbuße gegen eines der betroffenen Unternehmen, die Concentra - Produtos para crianças SA (im Folgenden: Concentra), bei der es sich um die Alleinvertriebshändlerin von Nintendo für Portugal handelte, wegen ihrer rein passiven Rolle während der meisten Zeit herabzusetzen. Sodann gewährte die Kommission Nintendo eine Herabsetzung um 300 000 Euro wegen des finanziellen Ausgleichs, den Nintendo den durch die streitige Vereinbarung Geschädigten gezahlt hatte, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ermittelt worden waren. Schließlich wurde wegen tatsächlicher Zusammenarbeit mit der Kommission John Menzies eine Herabsetzung um 40 % und Nintendo eine Herabsetzung um 25 % gewährt. Im Fall der übrigen Unternehmen wurde hingegen kein mildernder Umstand anerkannt.

Verfahren und Anträge der Parteien

27 Mit Klageschrift, die am 16. Januar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

28 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte Kammer) die mündliche Verhandlung eröffnet.

29 In der Sitzung am 20. Mai 2008 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

30 Die Klägerin beantragt,

- die Art. 1, 3 und 5 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin ein Verstoß von Itochu gegen Art. 81 Abs. 1 EG festgestellt, ihr eine Geldbuße auferlegt und die Entscheidung an sie gerichtet wird, oder, hilfsweise, den Betrag der Geldbuße erheblich herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

31 Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

32 Die Klägerin beantragt in erster Linie, die Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, und hilfsweise, die gegen sie festgesetzte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen.

1. Zu dem Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung

Vorbringen der Parteien

33 Die Klägerin stützt ihren Nichtigkeitsantrag auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie es als rechtsfehlerhaft rügt, dass die Entscheidung an sie gerichtet wurde. Die Klägerin macht geltend, sie könne für den im vorliegenden Fall von Itochu Hellas begangenen Verstoß nicht verantwortlich gemacht werden. Daher hätte die Entscheidung nicht an sie gerichtet werden dürfen.

34 Die Klägerin weist zunächst darauf hin, dass sie eine japanische "Universalhandelsgesellschaft" ("Sogo Shosha") sei, die hauptsächlich auf dem japanischen Markt tätig sei. Ihre dezentralisierte Organisation bringe es mit sich, dass ihre Tochtergesellschaften eigenständig tätig seien. Im vorliegenden Fall sei hervorzuheben, dass nur Itochu Hellas einen Alleinvertriebsvertrag mit NCL geschlossen und mit dieser in Korrespondenz gestanden habe. Im Übrigen halte Itochu unmittelbar nur einen geringen Teil der Anteile an Itochu Hellas. Auch der Umsatz von Itochu Hellas habe im Jahr 1997 nur 0,004 % des konsolidierten Umsatzes von Itochu betragen. Schließlich übe Itochu über die Geschäftstätigkeit von Itochu Hellas keinerlei Weisungsgewalt oder Kontrolle aus.

35 Um eine Muttergesellschaft für die Handlungen ihrer Tochtergesellschaft verantwortlich zu machen, müsse die Kommission jedoch nachweisen, dass die Muttergesellschaft tatsächlich entscheidenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausgeübt habe. So ergebe sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (C-286/98 P, Slg. 2000, I-9925), sowie aus den Schlussanträgen von Generalanwalt Mischo in dieser Rechtssache (Slg. 2000, I-9928), dass allein der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft einer Muttergesellschaft gehöre, nicht genüge, um die Verantwortung der Muttergesellschaft zu begründen.

36 Die Kommission müsse insbesondere Nachweise dafür beibringen, dass die Tochtergesellschaft nicht autonom agiere, und belegen, dass die Muttergesellschaft "im Kontext des behaupteten Verstoßes" tatsächlich eine Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft ausgeübt habe (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, Slg. 1972, 619, Randnrn. 131 ff.). Da das Bestehen einer abstrakten Kontrolle der Muttergesellschaft nicht genüge, könne die Kommission daraus, dass Itochu Hellas indirekt vollständig Itochu gehöre, nicht eine Vermutung tatsächlicher Kontrolle herleiten, ohne die Verteidigungsrechte schwerwiegend zu verletzen.

37 Im vorliegenden Fall habe es die Kommission nicht vermocht, auch nur geringe Hinweise auf eine Beteiligung von Itochu an dem Verstoß zu benennen. Insbesondere sei es ihr nicht einmal möglich gewesen, einen die Geschäftstätigkeit von Nintendo betreffenden Schriftwechsel zwischen Itochu Hellas und Itochu vorzulegen.

38 Insoweit behaupte die Kommission in Randnr. 360 der Entscheidung zu Unrecht, dass die Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte "von Itochu ... in eigenem Namen und im Namen von Itochu Hellas" unterbreitet worden sei. Dazu sei zu bemerken, dass Itochu, da die Mitteilung der Beschwerdepunkte an sie gerichtet worden sei, hierauf habe antworten müssen, gerade um klarzustellen, welcher Art ihre Beziehungen zu Itochu Hellas seien. Diese Antwort gehöre zur Ausübung ihrer Verteidigungsrechte.

39 Die Klägerin betont, dass ihr Verhalten, hätte sie auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht geantwortet, dahin hätte ausgelegt werden können, dass sie ihre Benennung als Adressatin der Entscheidung durch die Kommission akzeptiere. So habe die Kommission in der Rechtssache, in der das Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (T-354/94, Slg. 1998, II-2111), ergangen sei, gerade darin, dass in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nichts zur Verantwortung von Stora für ihre Tochtergesellschaften gesagt worden sei, ein tatsächliches Eingeständnis dieser Verantwortung gesehen.

40 Die Klägerin trägt zweitens vor, die Kommission habe sie zu Unrecht als einzigen Ansprechpartner im Verwaltungsverfahren angesehen. Im Urteil vom 14. Mai 1998, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 41 bis 48), bestätigt durch das Urteil vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 35 angeführt, Randnrn. 27 bis 29), habe das Gericht seinen Schluss, dass die Klägerin für den gesamten Stora-Konzern als einziger Ansprechpartner der Kommission aufgetreten sei, im Wesentlichen auf zwei Gesichtspunkte gestützt, nämlich erstens darauf, dass für die Muttergesellschaft, die Stora Kopparbergs Bergslags AB, und ihre verschiedenen Tochtergesellschaften nur eine einzige Vollmacht erteilt worden sei, und zweitens darauf, dass die Muttergesellschaft im Verwaltungsverfahren niemals bestritten habe, dass sie für die Schreiben der Kommission oder die Mitteilung der Beschwerdepunkte die richtige Adressatin gewesen sei.

41 Diese Gesichtspunkte lägen jedoch im vorliegenden Fall offenkundig nicht vor.

42 Hinsichtlich des ersten Gesichtspunkts sei zunächst darauf hinzuweisen, dass Itochu Hellas und Itochu ihren Vertretern von Anfang an gesonderte Vollmachten erteilt hätten und ihnen unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeitpunkten Weisungen gegeben hätten. Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem Urteil vom 14. Mai 1998, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 39 angeführt), zugrunde gelegen habe, ergebe sich daraus eindeutig, dass Itochu die von Itochu Hellas oder von Itochu Europe an die Kommission gerichtete Korrespondenz niemals "koordiniert" habe.

43 Was den zweiten Gesichtspunkt angehe, habe sich Itochu beständig dagegen verwahrt, dass die Kommission Schriftstücke zu dem fraglichen Verstoß an sie gesandt habe. So habe sie in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte als der ersten ihr sich bietenden Gelegenheit, die Art ihrer Beziehungen zu Itochu Hellas klarzustellen, unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sie für den Verstoß nicht verantwortlich gemacht werden könne und dass daher die Entscheidung nicht an sie gerichtet werden dürfe. Welcher Art die Beziehungen zwischen Itochu, Itochu Europe und Itochu Hellas seien, sei auch in verschiedenen Schreiben an die Kommission vom 26. November 2001 und 27. September 2002 erläutert worden (vgl. oben, Randnr. 15).

44 Drittens ist nach Ansicht der Klägerin für den Fall, dass das Gericht ihr Vorbringen, sie sei nicht als einziger Ansprechpartner der Kommission im Verwaltungsverfahren aufgetreten, zurückweisen oder annehmen sollte, sie habe Nachweise für ein autonomes Handeln von Itochu Hellas beizubringen, auf die nachstehend dargelegten Gesichtspunkte abzustellen. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass Itochu als eine dezentralisiert agierende Universalhandelsgesellschaft nicht in die tägliche Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften eingreife, die für ihre Geschäftspolitik allein verantwortlich seien und von denen manche, darunter Itochu Hellas, eine große Belegschaft hätten. Ebenso arbeite Itochu Europe in dezentraler Weise und beschränke sich darauf, die Haupttätigkeiten und Bilanzergebnisse ihrer Tochtergesellschaften zu beaufsichtigen. Schließlich seien Verkauf und Vertrieb von Spielkonsolen und -kassetten bei Weitem nicht die Haupttätigkeit von Itochu Europe oder Itochu. Zu beachten sei auch, dass es Itochu Hellas und nicht Itochu gewesen sei, die den Vertriebsvertrag mit Nintendo unterzeichnet habe. Betrachte man die fraglichen Vorgänge insgesamt, sei Itochu niemals, weder aus der Nähe noch aus der Ferne, an Aushandlung, Abschluss oder Durchführung dieses Vertriebsvertrags beteiligt gewesen. Die in dem Vertrag enthaltenen beschränkenden Regelungen seien aber das einzige Faktum gewesen, aus dem die Kommission auf das Vorliegen eines von Itochu Hellas begangenen Verstoßes geschlossen habe.

45 In ihrer Erwiderung macht die Klägerin geltend, dass die von ihr vorgelegten Beweise entgegen dem Vorbringen der Kommission keine neuen Beweise seien, da sie mit ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingereicht worden seien. Da die Kommission im Übrigen ihre in der Mitteilung der Beschwerdepunkte formulierte Argumentation geändert habe, könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden, dass sie dem Gericht alle für die Zurückweisung dieses Vorbringens erforderlichen Beweise vorgelegt habe. Jedenfalls seien diese Nachweise zu berücksichtigen, da es, anders als im Rahmen eines Verfahrens zur Prüfung einer angemeldeten staatlichen Beihilfe, Sache der Kommission sei, die nötigen Beweise für die Beteiligung der Klägerin an dem Verstoß beizubringen.

46 Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie führt im Wesentlichen aus, es sei im vorliegenden Fall unbestreitbar, dass Itochu Hellas, wenn auch nur indirekt, zu 100 % Itochu gehöre. Die Kommission habe daher davon ausgehen dürfen, dass die Muttergesellschaft, Itochu, faktisch einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft Itochu Hellas ausübe, und sie habe daher Itochu den Verstoß von Itochu Hellas zurechnen dürfen (Randnr. 355 der Entscheidung). Die Klägerin habe auch keine hinreichenden Beweise beigebracht, um diese Vermutung zu widerlegen.

Würdigung durch das Gericht

47 Nach dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht stellen verschiedene Gesellschaften, die zum selben Konzern gehören, eine wirtschaftliche Einheit und somit ein Unternehmen im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG dar, wenn sie ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T-203/01, Slg. 2003, II-4071, Randnr. 290).

48 Der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, genügt nicht, um auszuschließen, dass ihr Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann; dies gilt insbesondere dann, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt (Urteil Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 132 und 133, sowie Urteile des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Geigy/Kommission, 52/69, Slg. 1972, 787, Randnr. 44, und Sandoz/Kommission, 53/69, Slg. 1972, 845, Randnr. 13, sowie vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission, 6/72, Slg. 1973, 215, Randnr. 15).

49 Speziell zu dem Fall, dass eine Muttergesellschaft zu 100 % das Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält, die die Urheberin eines Verstoßes ist, hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. Oktober 1983, AEG-Telefunken/Kommission (107/82, Slg. 1983, 3151, Randnr. 50), darauf hingewiesen, dass nicht geprüft werden muss, ob die Muttergesellschaft die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich beeinflusst hat, da die Tochtergesellschaft zwangsläufig eine Politik befolgt, die von denselben satzungsmäßigen Organen festgelegt wird wie die Politik der Muttergesellschaft. In einem solchen Fall besteht eine einfache Vermutung, dass die Muttergesellschaft entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Es obliegt damit der Muttergesellschaft, die vor dem Gemeinschaftsrichter eine Entscheidung der Kommission anficht, mit der ihr wegen eines Verhaltens ihrer Tochtergesellschaft eine Geldbuße auferlegt wird, diese Vermutung durch Beweise zu entkräften, die geeignet sind, die Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaft zu belegen (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T-314/01, Slg. 2006, II-3085, Randnr. 136, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 29).

50 Auch wenn es zutrifft, dass der Gerichtshof, wie die Klägerin geltend macht, in den Randnrn. 28 und 29 des Urteils vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 35 angeführt), außer der 100%igen Kapitalbeteiligung an der Tochtergesellschaft weitere Umstände wie das Nichtbestreiten des von der Muttergesellschaft auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft ausgeübten Einflusses und die gemeinsame Vertretung beider Gesellschaften im Verwaltungsverfahren erwähnt hat, ändert dies nichts daran, dass der Gerichtshof diese Umstände nur anführte, um alle Gesichtspunkte zu nennen, die das Gericht in seine Erwägungen einbezogen hatte, und um daraus den Schluss zu ziehen, dass sich das Gericht nicht allein auf die 100%ige Kapitalbeteiligung der Muttergesellschaft an ihrer Tochtergesellschaft gestützt hatte. Dass der Gerichtshof in dieser Rechtssache die Beurteilung des Gerichts bestätigte, kann daher keine Änderung des in Randnr. 50 des Urteils AEG-Telefunken/Kommission (oben in Randnr. 49 angeführt) formulierten Grundsatzes zur Folge haben.

51 Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission nachweist, dass das gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft von ihrer Muttergesellschaft gehalten wird, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft ausübte. Auf dieser Grundlage darf die Kommission die Muttergesellschaft für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft festgesetzten Geldbuße gemeinschuldnerisch haftbar machen, es sei denn, die Muttergesellschaft weist nach, dass ihre Tochtergesellschaft nicht im Wesentlichen ihre Weisungen befolgte und deshalb ihr Marktverhalten selbständig bestimmte.

52 Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin während des fraglichen Zeitraums vom 16. Dezember 1991 bis 28. Februar 1997 das Kapital von Itochu Hellas direkt oder indirekt zu 100 % hielt.

53 Daher durfte die Kommission vermuten, dass Itochu tatsächlich entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von Itochu Hellas ausübte. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist es folglich Sache der Klägerin, Beweise dafür beizubringen, dass ihre Tochtergesellschaft ihre Geschäftspolitik selbständig bestimmte, so dass sie nicht zusammen mit der Klägerin eine einzige wirtschaftliche Einheit und damit ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildete.

54 Insoweit hat die Klägerin darauf verwiesen, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte hauptsächlich im Namen von Itochu Hellas beantwortet worden sei, dass sie selbst nicht als einziger Ansprechpartner der Kommission aufgetreten sei, dass sie in ihrer Eigenschaft als Universalhandelsunternehmen nicht in die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften (und erst recht nicht in die ihrer indirekten Tochtergesellschaften wie Itochu Hellas) eingreife, dass der Verkauf und Vertrieb der fraglichen Produkte nicht ihre Hauptaktivität sei, dass sie niemals an Aushandlung, Abschluss und Durchführung des Alleinhändlervertriebs zwischen Itochu Hellas und Nintendo beteiligt gewesen sei und dass schließlich Itochu Hellas vor Ort eine große Belegschaft beschäftige.

55 Dieses Vorbringen betrifft im Wesentlichen zum einen die Haltung der Klägerin im Verwaltungsverfahren und zum anderen die Organisation und die Funktionsweise des Itochu-Konzerns.

56 Dabei geht das erste Vorbringen, das den Ablauf des Verwaltungsverfahrens betrifft, ins Leere. Auch wenn man nämlich davon ausginge, dass die Klägerin nicht als einziger Ansprechpartner der Kommission im Verwaltungsverfahren aufgetreten und sich überdies beständig dagegen verwahrt hätte, dass die Kommission die fraglichen Schriftstücke an sie richtete, wäre dies nicht geeignet, die oben genannte Vermutung zu widerlegen. Denn im Einklang mit der im Urteil vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 35 angeführt), befolgten Prüfungsweise handelt es sich bei den in Randnr. 361 der Entscheidung wiedergegebenen Erwägungen zur Haltung der Klägerin im Verwaltungsverfahren lediglich um Zusatzerwägungen, die den Schluss, zu dem die Kommission hinsichtlich der Zurechenbarkeit des von Itochu Hellas begangenen Verstoßes und damit hinsichtlich der Wahl des Adressaten der Entscheidung gelangte, nur untermauern sollten.

57 Ebenso wenig kann das zweite Vorbringen durchgreifen, das sich auf die Organisation und die Funktionsweise des Itochu-Konzerns als ein japanisches Universalhandelsunternehmen bezieht, für das eine dezentralisierte und autonome Organisation der Tätigkeiten seiner Tochtergesellschaften und der wiederum diesen unterstehenden Tochtergesellschaften kennzeichnend sei, denn die Klägerin hat - abgesehen von dem insoweit irrelevanten Umstand, dass Itochu Hellas eine größere Belegschaft vor Ort beschäftige - nichts Konkretes vorgetragen, was diese Behauptung stützen könnte.

58 Im Übrigen kann nicht berücksichtigt werden, dass die Klägerin niemals an Aushandlung, Abschluss oder Durchführung des Vertriebsvertrags mit Nintendo beteiligt gewesen sei oder dass Itochu Hellas im Fall der Nintendo-Erzeugnisse eine Tätigkeit ausgeübt habe, die von der Haupttätigkeit des Itochu-Konzerns zu sondern sei. Um einer Muttergesellschaft die Handlungen ihrer Tochtergesellschaft zuzurechnen, braucht nämlich keineswegs nachgewiesen zu werden, dass die Muttergesellschaft an dem vorgeworfenen Verhalten unmittelbar beteiligt war oder von ihm Kenntnis hatte. Es ist nicht ein zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft bestehendes Verhältnis der Anstiftung zu der Zuwiderhandlung und erst recht nicht eine Beteiligung der Muttergesellschaft an dieser Zuwiderhandlung, sondern die Tatsache, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, die die Kommission dazu ermächtigt, eine Bußgeldentscheidung an die Muttergesellschaft eines Konzerns zu richten. Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin nur, dass ihr die Tätigkeiten von Itochu Hellas nicht bekannt gewesen seien, und bestreitet, dass sie diese aktiv unterstützt habe, ohne den geringsten Beweis dafür zu erbringen, dass sie nicht entscheidenden Einfluss auf das Verhalten von Itochu Hellas ausübte, oder Beweise dafür vorzulegen, dass Itochu Hellas selbständig war.

59 Die Klägerin hat folglich nicht durch ausreichende Beweise die Vermutung entkräftet, dass sie tatsächlich entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft Itochu Hellas ausübte.

60 Daher ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

2. Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbuße

61 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße auf sechs Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie eine Verletzung der Begründungspflicht aus Art. 253 EG sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, da infolge der von der Kommission vorgenommenen differenzierenden Behandlung gegen Itochu eine Geldbuße festgesetzt worden sei, die verhältnismäßig höher sei als die gegen die anderen Adressaten der Entscheidung verhängten. Der zweite Klagegrund betrifft eine Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung, die darin liege, dass die Kommission die gegen Itochu festgesetzte Geldbuße aus Gründen der Abschreckung erhöht habe. Mit ihrem dritten Klagegrund rügt die Klägerin, es sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Kommission die gegen Itochu verhängte Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung um 50 % erhöht habe. Mit dem vierten Klagegrund wird eine Verletzung der Begründungspflicht sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit geltend gemacht, die darin liegen soll, dass die Kommission bestimmte mildernde Umstände ohne angemessene Begründung unberücksichtigt gelassen habe. Als fünften Klagegrund rügt die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17, da die Kommission eine Geldbuße festgesetzt habe, die 10 % des Umsatzes von Itochu Hellas im letzten Geschäftsjahr übersteige. Mit ihrem sechsten Klagegrund schließlich macht die Klägerin geltend, dass die Kommission die Verteidigungsrechte verletzt habe.

62 Vor der Prüfung der von der Klägerin vorgebrachten Klagegründe ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ausweislich der Randnrn. 366 bis 464 der Entscheidung die Geldbußen, die sie wegen der festgestellten Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen verhängte, auf der Grundlage von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festsetzte und ihre Höhe, wie sie ausdrücklich bestätigt hat, nach der in den Leitlinien festgelegten Methode bemaß.

63 Auch wenn die Leitlinien nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C-397/03 P, Slg. 2006, I-4429, Randnr. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit der von der Kommission vorgenommenen differenzierenden Behandlung

Vorbringen der Parteien

64 Die Klägerin wirft der Kommission erstens vor, dass sie nicht die genauen Zahlen angegeben habe, auf deren Grundlage sie die Unternehmen in drei Kategorien eingeteilt habe. Die Kommission habe es insbesondere versäumt, für jedes einzelne Unternehmen - ausgenommen Nintendo und John Menzies - die jeweiligen Beträge und Anteile beim Verkauf von Nintendo-Erzeugnissen im EWR im Jahr 1997 zu nennen. Damit sei der Klägerin die Möglichkeit genommen worden, ihre Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen und zu überprüfen, ob die von der Kommission vorgenommene differenzierende Behandlung begründet gewesen sei. Daher habe die Kommission die Begründungspflicht nach Art. 253 EG missachtet.

65 In ihrer Erwiderung weist die Klägerin darauf hin, dass die Kommission nach der Rechtsprechung eine Begründung für die Schwellenwerte zu geben habe, die sie zwischen den verschiedenen von ihr definierten Kategorien festlege. Dass der Itochu Hellas zugeordnete Marktanteil verspätet in der Klagebeantwortung mitgeteilt worden sei, könne für die Beurteilung der Frage, ob die Kommission die Verteidigungsrechte von Itochu beachtet habe, nicht berücksichtigt werden.

66 Die Klägerin macht zweitens geltend, dass die Kommission die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verletzt habe. Die wenigen von der Kommission mitgeteilten Zahlenangaben zeigten nämlich, dass der Marktanteil von Itochu Hellas unter 0,5 % gelegen habe. Mit der Einstufung der Klägerin in dieselbe Kategorie wie andere betroffene Vertriebshändler, obgleich ihre jeweilige Situation auf dem fraglichen Markt eindeutig unterschiedlich gewesen sei, habe die Kommission nicht das jeweilige Gewicht der einzelnen Unternehmen berücksichtigt.

67 In ihrer Erwiderung betont die Klägerin, dass der Ermessensspielraum, der der Kommission bei der Festsetzung der Bußgeldbeträge zustehe, nicht unbegrenzt sei, weil die Kommission an die allgemeinen Rechtsgrundsätze gebunden sei. Darum müsse die Kommission, wenn sie sich für eine differenzierende Behandlung entscheide, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit wahren. Überdies müsse die differenzierende Behandlung zumindest die tatsächlichen Auswirkungen des Verhaltens des Unternehmens auf den Wettbewerb widerspiegeln. Es sei jedoch unverhältnismäßig, dass die Kommission die sechs verbleibenden Unternehmen einer einzigen Kategorie zugeordnet habe. Die Klägerin meint, dass die Kommission für die kleinsten Unternehmen eine vierte Kategorie mit einem Grundbetrag von weniger als 1 Million Euro hätte vorsehen müssen. Der Größenunterschied zwischen John Menzies und dem größten Unternehmen der dritten Kategorie im Verhältnis zu Nintendo sei nämlich viel geringer als der Unterschied zwischen dem größten Unternehmen der dritten Kategorie und Itochu Hellas.

68 Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

Würdigung durch das Gericht

69 Nach der in den Leitlinien festgelegten Methode nimmt die Kommission zum Ausgangspunkt ihrer Berechnung der gegen die betroffenen Unternehmen festzusetzenden Bußgeldbeträge einen Betrag, der nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung festgelegt wird. Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 1). In diesem Rahmen sind die Verstöße in drei Gruppen unterteilt, nämlich die "minder schweren Verstöße", für die die in Betracht kommenden Bußgeldbeträge zwischen 1 000 bis 1 Million Euro betragen, die "schweren Verstöße", für die Bußgeldbeträge zwischen 1 Million und 20 Millionen Euro in Betracht kommen, und die "besonders schweren Verstöße" mit in Betracht kommenden Bußgeldbeträgen oberhalb von 20 Millionen Euro (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 2 erster bis dritter Gedankenstrich). Innerhalb dieser einzelnen Kategorien ermöglicht laut den Leitlinien die Skala der festzusetzenden Geldbußen eine Differenzierung gemäß der Art des begangenen Verstoßes (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 3). Es ist nach den Leitlinien außerdem nötig, die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 4).

70 Innerhalb der drei so festgelegten Kategorien von Verstößen sollen die festgesetzten Beträge nach den Leitlinien in bestimmten Fällen gewichtet werden, um - vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren - das jeweilige Gewicht und damit die tatsächlichen Auswirkungen des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen und folglich den Ausgangspunkt des Grundbetrags entsprechend dem jeweiligen Gewicht des einzelnen Unternehmens anzupassen (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 6).

71 Im vorliegenden Fall wendet sich die Klägerin weder gegen die Feststellung, dass es sich um einen besonders schweren Verstoß handele, noch die Erwägungen, auf deren Grundlage die Kommission den Verstoß als besonders schwer einstufte und die sich auf die Art des Verstoßes, seine tatsächlichen Auswirkungen auf den Markt und auf den Umfang des betroffenen räumlichen Marktes bezogen (Randnrn. 374 bis 384 der Entscheidung). Die Klägerin stellt auch nicht den Grundsatz, nach dem die Teilnehmer an einer Vereinbarung in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, als solchen in Frage. Die Klägerin wirft der Kommission vielmehr vor, dass sie mit der Einordnung der Klägerin in dieselbe Kategorie wie andere, größere Unternehmen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verkannt habe und zudem in diesem Punkt nicht ihrer Begründungspflicht nachgekommen sei.

72 Im Rahmen ihrer Rüge einer Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit bei dieser Kategorisierung der Unternehmen macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Kommission mit der Einstufung der Klägerin in dieselbe Kategorie wie andere betroffene Vertriebshändler, obgleich ihre jeweilige Situation auf dem fraglichen Markt eindeutig unterschiedlich gewesen sei, nicht das jeweilige Gewicht der fraglichen Unternehmen berücksichtigt habe. Die Klägerin meint, die differenzierende Behandlung müsse zumindest die tatsächlichen Auswirkungen des Verhaltens des Unternehmens auf den Markt widerspiegeln; die Kommission hätte für die kleinsten Unternehmen, wie die Klägerin, eine vierte Kategorie mit einem Grundbetrag von unter 1 Million Euro vorsehen müssen.

73 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Methode, nach der die an einer Vereinbarung Beteiligten, um sie im Stadium der Festsetzung der Grundbeträge von Geldbußen differenzierend zu behandeln, in Kategorien eingeteilt werden und die im Übrigen vom Gericht, obwohl dabei die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, für grundsätzlich zulässig erklärt worden ist, zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Kategorie festgesetzten Grundbetrags führt (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T-26/02, Slg. 2006, II-713, Randnr. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74 Zwar muss bei einer solchen Einteilung in Kategorien der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden, wonach gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. Auch muss die Höhe der Geldbußen nach der Rechtsprechung zumindest in angemessenem Verhältnis zu den Faktoren stehen, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle gespielt haben. Jedoch muss sich das Gericht bei der Prüfung, ob die Einteilung der an einer Vereinbarung Beteiligten in Kategorien mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht, im Rahmen seiner Kontrolle, ob die Kommission das ihr in diesem Bereich zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat, darauf beschränken, zu überprüfen, ob die Einteilung schlüssig und objektiv gerechtfertigt ist, ohne die Beurteilung der Kommission sogleich durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (vgl. Urteil Daiichi Pharmaceutical/Kommission, oben in Randnr. 73 angeführt, Randnrn. 84 und 85).

75 Im vorliegenden Fall war die Kommission der Auffassung, dass "[d]ie beteiligten Unternehmen ... grundsätzlich aufgrund ihrer relativen Bedeutung gegenüber Nintendo ... als Vertriebshändler der Produkte (und zwar ausschließlich dieser Produkte) im EWR in drei Gruppen unterteilt werden [können]. Diese relative Bedeutung bestimmt sich nach dem Anteil jeder Partei an dem für Vertriebszwecke im EWR im Jahr 1997, dem letzten Jahr der Zuwiderhandlung, gekauften Gesamtvolumen an Nintendo-Spielkonsolen und Spielkassetten" (Randnr. 386 der Entscheidung). So wurde Nintendo (mit einem geschätzten Marktanteil von [vertraulich](1) %) in die erste Gruppe und John Menzies (mit einem geschätzten Marktanteil von [vertraulich] %) in die zweite Gruppe eingeteilt. Die übrigen betroffenen Unternehmen (mit Marktanteilen von [vertraulich] % bis [vertraulich] %), darunter Itochu, wurden der dritten Gruppe zugeordnet.

76 Die Entscheidung der Kommission, die Unternehmen mit einem Marktanteil am Vertrieb der fraglichen Erzeugnisse unter [vertraulich] % zu einer Gruppe zusammenzufassen, kann nicht als willkürlich angesehen werden und überschreitet nicht die Grenzen des ihr in diesem Bereich zustehenden Ermessens.

77 Dass die Grundbeträge für die einzelnen Kategorien nicht strikt proportional zu den jeweiligen Marktanteilen der betroffenen Unternehmen sind, ist nicht zu beanstanden, weil dies nur das Ergebnis des Systems der Einteilung in Kategorien und der mit ihr verbundenen Pauschalierung der Beträge ist. Selbst wenn nämlich wegen der Einteilung in Gruppen gegen bestimmte Unternehmen trotz ihrer unterschiedlichen Größe der gleiche Grundbetrag festgesetzt wird, ist diese unterschiedliche Behandlung objektiv gerechtfertigt, weil der Art der Zuwiderhandlung bei der Bestimmung ihrer Schwere ein sehr viel größeres Gewicht zukommt als der Unternehmensgröße (vgl. Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T-213/00, Slg. 2003, II-913, Randnr. 411 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78 Auch wenn im vorliegenden Fall, relativ betrachtet, zwischen den Marktanteilen der derselben Gruppe zugeordneten Unternehmen Unterschiede bestehen, sind diese doch in absoluten Zahlen nicht so bedeutend, dass sie die Einordnung der Klägerin in eine andere Gruppe rechtfertigten. Insbesondere hat die von der Kommission verwendete Methode nicht zu einer grob verfälschenden Darstellung der fraglichen Märkte geführt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T-15/02, Slg. 2006, II-497, Randnr. 159). Denn der fragliche Markt, d. h. der Markt des Vertriebs der Nintendo-Erzeugnisse, wurde zur Zeit der fraglichen Vorgänge von Nintendo und ihren Tochtergesellschaften beherrscht. Die unabhängigen Vertriebshändler hatten, mit Ausnahme von John Menzies, im fraglichen Vertriebssystem nur eine relativ untergeordnete Stellung (vgl. Randnrn. 388 bis 390 der Entscheidung).

79 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war die Kommission nicht verpflichtet, zwischen den Unternehmen stärker nach Maßgabe ihres Marktanteils am Vertrieb der fraglichen Erzeugnisse zu differenzieren. Da die Vorgehensweise der Kommission, wie sich aus den obigen Erwägungen ergibt, weder unschlüssig noch objektiv ungerechtfertigt war, ist es bei Berücksichtigung des sehr viel größeren Gewichts, das der Schwere der Zuwiderhandlung beizumessen ist, unbeachtlich, ob eine Einteilung der Beteiligten in vier statt nur drei Kategorien, wie die Klägerin geltend macht, das relative Gewicht der betroffenen Unternehmen besser widergespiegelt hätte.

80 Im Übrigen kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die gegen sie festgesetzte Geldbuße angesichts der begrenzten Auswirkungen ihres Verhaltens auf den Markt unverhältnismäßig gewesen wäre, da das spezielle Gewicht, das die Klägerin im Rahmen des 1997 im EWR für Vertriebszwecke gekauften Gesamtvolumens an Nintendo-Spielkonsolen und -Spielkassetten besaß, und damit die tatsächlichen Auswirkungen ihres Verstoßes auf den Wettbewerb - wie oben in Randnr. 70 in Erinnerung gebracht und aus den Randnrn. 385 bis 390 der Entscheidung ersichtlich - im Zuge der differenzierenden Behandlung berücksichtigt worden sind.

81 Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass das Bestehen relativ großer Unterschiede zwischen den Marktanteilen der in die letzte Kategorie eingeteilten Unternehmen, das dem System der Einteilung in Kategorien und der mit ihm verbundenen Pauschalierung innewohnt, objektiv gerechtfertigt ist. Der Befugnis der Kommission, eine Einteilung in Kategorien vorzunehmen, würde ein großer Teil ihrer Zweckmäßigkeit genommen, wenn jeder zwischen Marktanteilen bestehende Unterschied, der in relativen Zahlen bedeutend ist, obwohl er in Prozentpunkten eine sehr geringe Bedeutung hat, der Einteilung verschiedener Unternehmen in dieselbe Kategorie entgegenstünde.

82 Hinsichtlich der Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht im Zusammenhang mit der Einteilung in Kategorien ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, was die Festsetzung von Geldbußen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht angeht, ihre Begründungspflicht nach ständiger Rechtsprechung erfüllt, wenn sie in ihrer Entscheidung die Gesichtspunkte, die ihr die Ermittlung der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung ermöglichten, angibt, ohne dass sie verpflichtet ist, in die Entscheidung auch eingehendere oder bezifferte Angaben zum Berechnungsmodus der Geldbuße aufzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C-279/98 P, Slg. 2000, I-9693, Randnrn. 38 bis 47, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Slg. 2003, II-3275, Randnrn. 1522 und 1523). Zahlenangaben zur Berechnungsweise von Geldbußen sind, so nützlich und wünschenswert sie auch sein mögen, für die Beachtung der Pflicht zur Begründung einer Bußgeldentscheidung nicht unabdingbar (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Salzgitter/Kommission, C-182/99 P, Slg. 2003, I-10761, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83 Im vorliegenden Fall hat die Kommission die für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigten Gesichtspunkte (vgl. Randnrn. 373 ff. der Entscheidung), darunter die für die Einteilung der Unternehmen in Kategorien verwendeten Berechnungsfaktoren, in der Entscheidung klar angegeben. Dass sie es unterließ, die Marktanteile jedes der dritten Kategorie zugeordneten Unternehmens gesondert anzugeben, hat die Klägerin nicht daran gehindert, diesen Aspekt der Entscheidung in substantiierter Weise zu rügen. Folglich hat die Kommission die Begründungspflicht hinsichtlich der Einteilung in Kategorien nicht verletzt.

84 Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße aus Gründen der Abschreckung

Vorbringen der Parteien

85 Nach Auffassung der Klägerin verletzt es die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung, dass die Kommission den Grundbetrag der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße verdreifachte, um eine abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten.

86 Die Klägerin trägt dazu erstens vor, es habe - abgesehen davon, dass die Kommission nicht gegen Itochu wegen ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft eine Geldbuße hätte festsetzen und deshalb nicht die Größe und die Gesamtressourcen von Itochu hätte berücksichtigen dürfen - angesichts des sehr geringen Umsatzes von Itochu Hellas keinen Grund für diese Erhöhung des Grundbetrags gegeben. Nach Nr. 1 Abschnitt A Abs. 2 vierter Gedankenstrich der Leitlinien hätte die Kommission prüfen müssen, ob die Größe und die Gesamtressourcen von Itochu Hellas - und nicht die von Itochu - eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße aus Gründen der Abschreckung gerechtfertigt hätten. Es sei jedoch zu konstatieren, dass der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannte Umsatz von Itochu Hellas, relativ betrachtet, wesentlich geringer gewesen sei als der der anderen betroffenen Unternehmen und überdies seit 1997 stark zurückgegangen sei. Die Kommission hätte somit berücksichtigen müssen, dass Itochu Hellas, wie in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragen, seit 1997 nicht mehr Vertriebshändler von Nintendo gewesen sei.

87 Zweitens macht die Klägerin für den Fall, dass das Gericht die Adressierung der Entscheidung durch die Kommission an Itochu für rechtmäßig halten sollte, hilfsweise geltend, dass die Verdreifachung des Grundbetrags der gegen Itochu festgesetzten Geldbuße auch die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verletze. In diesem Zusammenhang hebt die Klägerin hervor, dass die Kommission den gleichen Multiplikator auf Nintendo angewandt habe, um nicht nur deren Größe und Gesamtressourcen, sondern auch ihrer Rolle als Hersteller der fraglichen Erzeugnisse und damit ihrer Rolle als "natürlicher Anführer" des Verstoßes Rechnung zu tragen. Im Übrigen habe die Kommission auf John Menzies einen Multiplikator von nur 1,25 angewandt, obgleich dieser Vertriebshändler im Gegensatz zu Itochu Hellas bei dem Verstoß eine aktive und sehr bedeutende Rolle gespielt habe. Schließlich habe die Kommission die dezentralisierte Struktur von Itochu außer Betracht gelassen, obgleich ein Multiplikator aus Gründen der Abschreckung nur in Fällen anzuwenden sei, in denen sich die Muttergesellschaft an dem Verstoß tatsächlich beteiligt habe. Die Klägerin erinnert daran, dass in ihrer Eigenschaft als Universalhandelshaus der Vertrieb von Nintendo-Erzeugnissen niemals Teil ihrer Geschäftstätigkeit gewesen sei und dass sie am Schriftwechsel über diese Vertriebstätigkeit nie beteiligt gewesen sei. Dieser Umstand unterscheide sie stark von den übrigen Adressaten der Entscheidung.

88 Nach Auffassung der Kommission sind alle Rügen der Klägerin zurückzuweisen.

Würdigung durch das Gericht

89 Der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes beruht auf der Prämisse, dass die Kommission die Entscheidung zu Unrecht an Itochu gerichtet habe. Itochu hat im Übrigen implizit eingeräumt, dass dieser Teil des Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission hätte prüfen müssen, ob die Größe und die Gesamtressourcen von Itochu Hellas - und nicht die von Itochu - eine Erhöhung des Bußgeldbetrags aus Gründen der Abschreckung gerechtfertigt hätten, nicht geprüft zu werden braucht, wenn das Gericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Adressierung der Entscheidung an Itochu durch die Kommission nicht rechtsfehlerhaft war.

90 Da der dem Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung zugrunde liegende Klagegrund zurückgewiesen worden ist, geht dieser Teil des vorliegenden Klagegrundes ins Leere und ist nicht mehr zu prüfen.

91 Mit dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes wirft die Klägerin der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit dadurch verkannt, dass sie zur Sicherung einer abschreckenden Wirkung der Geldbußen zum einen auf Itochu und Nintendo den gleichen Erhöhungsfaktor angewandt habe, obgleich deren jeweilige Rollen bei dem behaupteten Verstoß deutlich unterschiedlich gewesen seien, und zum anderen auf John Menzies einen wesentlich geringeren Erhöhungsfaktor angewandt habe, obgleich diese bei dem Verstoß eine aktive und bedeutende Rolle gespielt habe.

92 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Befugnis der Kommission, Geldbußen gegen Unternehmen zu verhängen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 Abs. 1 EG oder Art. 82 EG verstoßen, zu den Befugnissen gehört, die der Kommission eingeräumt worden sind, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Diese Aufgabe beinhaltet auch den Auftrag, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 105, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T-43/02, Slg. 2006, II-3435, Randnr. 297).

93 Daraus folgt die Befugnis der Kommission, das Niveau der Geldbußen so anzusetzen, dass ihre abschreckende Wirkung erhöht wird, wenn Zuwiderhandlungen einer bestimmten Art wegen des Gewinns, den eine Reihe der betroffenen Unternehmen daraus ziehen kann, immer noch verhältnismäßig häufig sind, obwohl ihre Rechtswidrigkeit von Beginn der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik an feststand (Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 108, und Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 298). Da sich das Ziel der Abschreckung auf das Verhalten der Unternehmen in der Gemeinschaft oder im EWR bezieht, wird der Abschreckungsfaktor unter Einbeziehung einer Vielzahl von Gesichtspunkten und nicht nur der besonderen Situation des betreffenden Unternehmens ermittelt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C-289/04 P, Slg. 2006, I-5859, Randnr. 23; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 300).

94 Deshalb kann sich die Klägerin nicht auf die Unterschiede stützen, die zwischen den jeweiligen Rollen der fraglichen Unternehmen bei dem Verstoß bestehen, um zu rügen, dass die Erhöhung der Bußgeldbeträge zur Herstellung einer abschreckenden Wirkung nicht der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit entsprächen.

95 Im Übrigen geht, anders als die Klägerin behauptet, aus der Entscheidung keineswegs hervor, dass sich die Kommission bei der Bemessung des Abschreckungsfaktors der Geldbußen ausschließlich auf die Rolle bezog, die jeder der an dem Verstoß Beteiligten tatsächlich spielte.

96 Im vorliegenden Fall hielt die Kommission im Fall bestimmter Unternehmen, nämlich bei Nintendo, John Menzies und Itochu, eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße für notwendig, um der Größe und den Gesamtressourcen dieser Unternehmen Rechnung zu tragen. Infolgedessen wurden die Grundbeträge der gegen Nintendo und Itochu festzusetzenden Geldbußen mit dem Faktor 3 multipliziert. Auf die Geldbuße gegen John Menzies wurde ein Multiplikator von 1,25 angewandt.

97 Die Anwendung eines Multiplikators von 3 auf die Grundbeträge der Geldbußen gegen Nintendo und Itochu wurde in den Randnrn. 393 bis 395 der Entscheidung wie folgt begründet:

"Im vorliegenden Fall vertritt die Kommission bezüglich Nintendo ..., John Menzies ... und Itochu ... die Auffassung, dass der Grundbetrag der Geldbuße nach oben angepasst werden muss, um der Größe und den Gesamtressourcen dieser Unternehmen Rechnung zu tragen.

Itochu ... behauptete, dass in seinem Fall kein Grund besteht, die Geldbuße zum Zwecke der Abschreckung heraufzusetzen, da es nicht mehr als Vertriebshändler der Produkte tätig ist ... Nach Auffassung der Kommission muss die Abschreckung gewährleistet werden, egal ob das Unternehmen nach Abstellung der Zuwiderhandlung mit anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten weiterhin bilaterale Beziehungen unterhielt oder nicht.

Insbesondere ist eine ausreichende Abschreckung wegen der Größe von Nintendo ..., die geringer ist als die Größe von Itochu ..., notwendig und muss berücksichtigt werden, dass es sich hier um den Hersteller der Erzeugnisse handelt, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind ..."

98 Diesen Auszügen ist zu entnehmen, dass die Kommission zwar auf die Eigenschaft von Nintendo als Hersteller der Erzeugnisse Bezug nahm, womit auf ein von seiner Rolle bei der fraglichen Zuwiderhandlung unabhängiges Merkmal des Unternehmens verwiesen wurde, aber den Schwerpunkt auf die Größe der Unternehmen legte, insbesondere die sehr bedeutende Größe von Itochu.

99 Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Offensichtlicher Beurteilungsfehler und Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Erhöhung des Bußgeldbetrags wegen der Dauer der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

100 Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission habe im Fall von Itochu Hellas nicht davon ausgehen dürfen, dass der Verstoß mit dem Tag des tatsächlichen Abschlusses des Vertriebsvertrags mit Nintendo, also dem 16. Dezember 1991, begonnen habe und bis zum 28. Februar 1997, als dieser Vertrag abgelaufen sei, angedauert habe. Nach Meinung der Klägerin hätte die Kommission vielmehr ermitteln müssen, in welchem Zeitraum die behaupteten Praktiken, an denen Itochu Hellas beteiligt gewesen sein solle, tatsächlich vorgekommen seien.

101 Die Kommission habe diese "formalistische Sichtweise" auf bestimmte Klauseln des Vertriebsvertrags gestützt, die nach ihrer Auffassung Itochu Hellas den Verkauf der fraglichen Erzeugnisse nur an in Griechenland ansässige und von Nintendo zugelassene Vertreter gestattet hätten und die zudem Parallelexporte innerhalb des EWR auch durch Kunden von Itochu Hellas beschränkt hätten. In der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte seien der Kommission jedoch zahlreiche Beweise dafür unterbreitet worden, dass diese Klauseln von den Vertragsparteien nicht angewandt worden seien. Itochu Hellas habe insbesondere darauf hingewiesen, dass Nintendo ihre Vertreter niemals zugelassen und auch in deren Auswahl nie eingegriffen habe, dass ferner Itochu Hellas ihren rund 300 Kunden und/oder Vertretern niemals die geringsten Exportbeschränkungen auferlegt habe und dass sie schließlich selbst Parallelhandel betrieben habe, indem sie versucht habe, sich Erzeugnisse aus anderen Quellen zu beschaffen, und indem sie bestimmte Nintendo-Erzeugnisse an Kunden außerhalb von Griechenland verkauft habe. In ihrer Erwiderung stellt die Klägerin klar, dass sie in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gleichfalls darauf hingewiesen habe, dass die Kommission nicht allein auf den Wortlaut des Vertriebsvertrags habe abstellen dürfen.

102 Die Klägerin macht außerdem geltend, es habe zwischen Itochu Hellas und Nintendo über die restriktiven Klauseln keine Vereinbarung im eigentlichen Sinne gegeben, weil insoweit keine Willensübereinstimmung zwischen den beiden Unternehmen bestanden habe. Die Kommission hätte, so wie sie es im Fall des Vertriebshändlers Nortec AE getan habe, prüfen müssen, zu welchem Zeitpunkt Itochu Hellas beschränkende Praktiken geübt oder zu üben beabsichtigt habe. In der Erwiderung verweist die Klägerin darauf, dass ihr die Bedingungen des Vertriebsvertrags von Nintendo aufgezwungen worden seien. Das Verhalten von Nintendo sei daher einseitig gewesen, und die Kommission hätte nachweisen müssen, dass es seitens Itochu eine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung gegeben habe (Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000, Bayer/Kommission, T-41/96, Slg. 2000, II-3383, Randnrn. 71 und 72).

103 Es ergebe sich auch aus Nr. 1 Abschnitt B der Leitlinien, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße wegen der Dauer des Verstoßes nur erhöhen dürfe, soweit sich die Erhöhung auf Beschränkungen beziehe, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich ausgewirkt hätten. Deshalb sei eine Erhöhung des Grundbetrags wegen der Dauer nicht gerechtfertigt, wenn sich der Verstoß nicht während eines bestimmten Zeitraums auf den Verbraucher negativ ausgewirkt habe.

104 Im vorliegenden Fall habe die Kommission nicht den geringsten Beweis für eine Beteiligung von Itochu Hellas am von Nintendo ersonnenen "Plan" zur Bekämpfung des Parallelhandels liefern können, sehe man von bestimmten Vorfällen im Jahr 1996 und einem isolierten Fall im Jahr 1993 ab. Der Zeitraum der Zuwiderhandlung sei folglich, was Itochu Hellas angehe, viel kürzer als in der Entscheidung angenommen.

105 Zweitens und hilfsweise trägt die Klägerin vor, dass die Kommission im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zumindest hätte berücksichtigen müssen, dass Itochu Hellas beim behaupteten Verstoß eine passive Rolle gespielt habe oder dass der angenommene Zeitraum der Zuwiderhandlung von Dezember 1991 bis Februar 1997 lange Zeiten umfasst habe, in denen Itochu Hellas an dem behaupteten Verstoß nicht beteiligt gewesen sei und eine passive Rolle innegehabt habe. Nach Meinung der Klägerin hätte die Kommission daher, wenn der Verstoß ihrer Ansicht nach mehr als ein Jahr angedauert habe, den Bußgeldgrundbetrag gegen Itochu wegen deren passiver Rolle nach Maßgabe der Dauer nur um einen geringeren Prozentsatz als 10 % (z. B. 5 %) erhöhen dürfen. Eine solche Vorgehensweise hätte mit der Entscheidungspraxis der Kommission in den Sachen "Volkswagen" und "Fernwärmerohre" (Entscheidung 98/273/EG der Kommission vom 28. Januar 1998 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] [IV/35.733 - VW] [ABl. L 124, S. 60] und Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998 in einem Verfahren gemäß Artikel [81 EG] [IV/35.691/E-4: Fernwärmetechnik-Kartell] [ABl. 1999, L 24, S. 1]) in Einklang gestanden. Nachrangig hilfsweise macht die Klägerin geltend, dass die Kommission zumindest für die Jahre, in denen die behauptete Zuwiderhandlung nur sehr vereinzelt oder gar nicht stattgefunden habe, einen geringeren Erhöhungssatz wegen der Dauer hätte ansetzen müssen. Ein solcher geringerer Prozentsatz hätte jedenfalls wenigstens für die Zeiträume angewandt werden müssen, für die die Kommission nicht den geringsten Beweis für eine Beteiligung von Itochu Hellas an dem behaupteten Verstoß geliefert habe (d. h. für den Zeitraum von April/Mai 1995 sowie von Mai 1996 bis Februar 1997). Für den Zeitraum von Mai 1996 bis Februar 1997 sei im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die an dem Vertrieb der Nintendo-Erzeugnisse beteiligten Mitarbeiter von Itochu Hellas damals das Unternehmen schon verlassen hätten und dass Nintendo den Vertrag mit Itochu Hellas bereits habe beenden wollen.

106 Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

Würdigung durch das Gericht

107 Der vorliegende Klagegrund besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Mit einem ersten Teil macht die Klägerin geltend, es sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler, dass die Kommission angenommen habe, die Klägerin sei vom 16. Dezember 1991 bis 28. Februar 1997 an der behaupteten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen, und dass sie den Grundbetrag nach Nr. 1 Abschnitt B Abs. 1 der Leitlinien um 50 % erhöht habe. Mit einem zweiten, hilfsweise angeführten Teil macht die Klägerin geltend, dass die Kommission pro Jahr der Zuwiderhandlung einen geringeren Erhöhungssatz als 10 % hätte ansetzen müssen, da Itochu Hellas nur eine passive Rolle gespielt habe und über lange Zeiträume an der Zuwiderhandlung überhaupt nicht beteiligt gewesen sei. Dass die Kommission dies nicht getan habe, verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

- Zum ersten Teil des Klagegrundes: Offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Bestimmung des Zeitraums der Beteiligung der Klägerin an dem Verstoß

108 Es ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin den die Dauer des Verstoßes betreffenden Klagegrund nur hilfsweise anführt, um den Antrag auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße zu stützen. Aus den Schriftsätzen der Klägerin geht jedoch hervor, dass sie im Wesentlichen die Entscheidung als rechtswidrig rügt, soweit darin, wie in Art. 1 ihres Tenors angegeben, festgestellt wird, dass sich die Zuwiderhandlung über den Zeitraum vom 16. Dezember 1991 bis 28. Februar 1997 erstreckt habe. Es ist weiter festzustellen, dass die Klägerin in ihren Schriftsätzen ausdrücklich beantragt hat, Art. 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären. Demnach ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem vorliegenden Klagegrund nicht nur die Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbuße begehrt, sondern auch eine teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung und insbesondere des Art. 1 ihres Tenors, soweit die Kommission darin rechtswidrig festgestellt habe, dass die Zuwiderhandlung vom 16. Dezember 1991 bis 28. Februar 1997 angedauert habe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Randnrn. 210 bis 213).

109 Hinsichtlich der Bestimmung des Zeitraums der Zuwiderhandlung ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 15 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 17 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist. Insoweit ist ferner daran zu erinnern, dass nach Art. 81 Abs. 1 EG Vereinbarungen verboten sind, die eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Wird eine Vereinbarung mit wettbewerbswidrigem Zweck nicht durchgeführt, ist daher gleichwohl der Zeitraum zu berücksichtigen, in dem die Vereinbarung bestanden hat, d. h. der Zeitraum zwischen dem Abschluss der Vereinbarung bis zu ihrer Beendigung (Urteile des Gerichts in der Rechtssache CMA CGM u. a./Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 280, und vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T-49/02 bis T-51/02, Slg. 2005, II-3033, Randnr. 185).

110 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass Itochu Hellas mit Nintendo einen Vertriebsvertrag schloss, der auf eine Beschränkung des Parallelhandels zielte. Da der Verstoß auf der Grundlage dieser Vereinbarung festgestellt wurde, durfte die Kommission davon ausgehen, dass der Zeitraum der Zuwiderhandlung der Geltungsdauer dieser Vereinbarung entsprach.

111 Die Kommission hat demgemäß in Randnr. 351 der Entscheidung festgestellt, dass die Beteiligung von Itochu Hellas an dem Verstoß vom 16. Dezember 1991 (Datum der Unterzeichnung des Vertriebsvertrags) bis zum 28. Februar 1997 (Datum der Beendigung des Vertriebsvertrags), also fünf Jahre und zwei Monate lang, andauerte.

112 Unter diesen Umständen ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin der Umstand, dass die Vertragsklauseln über lange Zeiträume nicht angewandt worden seien, für die Bestimmung des Zeitraums der Zuwiderhandlung, selbst wenn dieser Umstand als wahr unterstellt würde, in keiner Hinsicht relevant.

113 Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang auch nicht geltend machen, Nortec sei besser als sie behandelt worden, weil die Kommission in deren Fall, obwohl Nortec einen Vertriebsvertrag mit Nintendo geschlossen habe, auf den tatsächlichen Zeitraum der Beteiligung dieses Unternehmens an dem Verstoß abgestellt habe. Denn der Vertriebsvertrag zwischen Nintendo und Nortec enthielt anders als der zwischen Nintendo und Itochu Hellas geschlossene Vertrag, der die Möglichkeit des Parallelexports der fraglichen Erzeugnisse ausdrücklich beschränkte (vgl. Randnr. 264 der Entscheidung), keine den Wettbewerb beschränkende Klausel. Die Kommission hat sich daher, um die Beteiligung von Nortec an dem fraglichen Verstoß festzustellen, zu Recht nicht auf den Wortlaut eines Vertriebsvertrags, sondern auf den gesamten Schriftwechsel zwischen Nortec und Nintendo gestützt.

114 Ebenso wenig kann sich die Klägerin darauf berufen, dass die Vertragsbedingungen Itochu Hellas aufgezwungen worden seien, die keine andere Wahl als ihre Annahme gehabt habe. Die Klägerin hat nämlich nicht zu erklären vermocht, inwiefern dies von Einfluss auf die Bestimmung des Zeitraums ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung gewesen sein könnte. Im Übrigen hätte die Klägerin wegen des möglicherweise auf sie ausgeübten Drucks bei der zuständigen Behörde Anzeige erstatten oder bei der Kommission einen Antrag nach Art. 3 der Verordnung Nr. 17 stellen können, statt an diesen Handlungen teilzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, KE KELIT/Kommission, T-17/99, Slg. 2002, II-1647, Randnr. 50, und vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T-62/02, Slg. 2005, II-5057, Randnr. 63).

115 Überdies ist ein etwaiger passiver Charakter der von Itochu gespielten Rolle im Stadium der Prüfung der mildernden Umstände zu würdigen.

116 Was das übrige Vorbringen von Itochu anbelangt, mit dem das Fehlen schädlicher Auswirkungen der Zuwiderhandlung geltend gemacht wird, so betrifft es in Wirklichkeit die Prüfung der tatsächlichen Schwere der Zuwiderhandlung und nicht die ihrer Dauer. Anders als die Klägerin meint, macht Nr. 1 Abschnitt B der Leitlinien, wonach "[g]rundsätzlich ... der Aufschlag bei Verstößen von langer Dauer gegenüber der bisherigen Praxis spürbar erhöht werden [soll], um die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich ausgewirkt haben, wirksam zu ahnden", eine Erhöhung wegen der Dauer nicht von dem Nachweis abhängig, dass sich der fragliche Verstoß dauerhaft schädlich auf die Verbraucher auswirkte.

117 Angesichts der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen kann der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes nicht durchgreifen.

- Zum zweiten Teil des Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung des Erhöhungssatzes pro Jahr der Zuwiderhandlung

118 Nach Nr. 1 Abschnitt B der Leitlinien hat die Kommission die Möglichkeit, bei Verstößen von langer Dauer (mehr als fünf Jahre) den für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrag um einen Prozentsatz von bis zu 10 % für jedes Jahr des Verstoßes zu erhöhen.

119 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Randnr. 403 der Entscheidung festgestellt, dass die Klägerin fünf Jahre und zwei Monate lang, also mit langer Dauer im Sinne der Leitlinien, an dem Verstoß teilgenommen habe, und die Geldbuße wegen der Dauer des Verstoßes um 50 % erhöht. Mit diesem Schritt hat die Kommission die Regeln beachtet, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hat. Überdies ist diese Erhöhung um 50 % wegen der Dauer der Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall nicht unangemessen.

120 Der bloße Umstand, dass sich die Kommission eine mögliche Erhöhung der Geldbuße um bis zu 10 % pro Jahr des Verstoßes vorbehalten hat, verpflichtet sie keineswegs dazu, diesen Satz nach Maßgabe der Intensität des Verstoßes oder auch nach den verschiedenen Graden der Beteiligung jedes einzelnen Zuwiderhandelnden festzusetzen.

121 Soweit die Klägerin zunächst dahin argumentiert, dass die Kommission einen geringeren Erhöhungssatz hätte anwenden müssen, weil die Klägerin bei dem Verstoß nur eine passive Rolle gespielt habe oder zumindest weil das ihr vorgeworfene Verhalten nur sporadisch oder selten vorgekommen sei, kann ihr Vorbringen nicht durchgreifen. Nach der in den Leitlinien festgelegten Methode nämlich findet die Beurteilung der relativen Schwere der Beteiligung jedes einzelnen der betroffenen Unternehmen an dem Verstoß unter Einbeziehung insbesondere ihrer aktiven oder passiven Haltung im Stadium der Berücksichtigung von erschwerenden und mildernden Umständen gemäß den Nrn. 2 und 3 der Leitlinien statt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T-224/00, Slg. 2003, II-2597, Randnr. 265).

122 Im vorliegenden Fall hat die Kommission im Einklang mit der in den Leitlinien festgelegten Methode gerade im Stadium der Prüfung mildernder Umstände untersucht, ob die Klägerin eine passive Rolle spielte.

123 Was weiter das Vorbringen angeht, dass die Kommission, weil der der Klägerin vorgeworfene Verstoß von stark schwankender Intensität gewesen sei, zumindest für einen Teil des fraglichen Zeitraums einen deutlich geringeren Erhöhungssatz hätte anwenden müssen, ist lediglich daran zu erinnern, dass eine Erhöhung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer nicht auf den Fall beschränkt ist, dass zwischen der Dauer und einer erhöhten Schädigung der mit den Wettbewerbsregeln verfolgten Ziele der Gemeinschaft ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T-202/98, T-204/98 und T-207/98, Slg. 2001, II-2035, Randnr. 106, und Michelin/Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 278).

124 Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidungen der Kommission in den Sachen Volkswagen und Fernwärmerohre bezieht, genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann und dass Entscheidungen in anderen Fällen nur Hinweischarakter in Bezug auf das eventuelle Vorliegen einer Diskriminierung haben, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die für sie kennzeichnenden Umstände wie die Märkte, die Waren, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C-167/04 P, Slg. 2006, I-8935, Randnrn. 201 und 205, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C-76/06 P, Slg. 2007, I-4405, Randnr. 60).

125 Aus den gesamten vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Klagegrund, der die Erhöhung des Bußgeldbetrags wegen der Dauer betrifft, als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit durch Nichtberücksichtigung bestimmter mildernder Umstände

Vorbringen der Parteien

126 Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission habe gegen Art. 253 EG verstoßen, weil sie den gegen die Klägerin festgesetzten Bußgeldbetrag nicht wegen der passiven Rolle von Itochu Hellas bei dem behaupteten Verstoß herabgesetzt habe, ohne dafür eine angemessene Begründung zu geben. Durch die Anerkennung dieses mildernden Umstands im Fall von Concentra, nicht aber in dem von Itochu habe die Kommission außerdem den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt.

127 Die Klägerin trägt insoweit zunächst vor, es müsse, falls dahin entschieden werde, dass die Entscheidung zu Recht an sie gerichtet worden sei, ihre ausschließlich passive Rolle bei dem streitigen Verstoß berücksichtigt werden. Die Klägerin weist weiter darauf hin, dass Itochu Hellas in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte betont habe, dass die Akte der Kommission nur sehr geringe Beweise für eine Beteiligung von Itochu Hellas an dem behaupteten Verstoß enthalte. Als kleiner Vertriebshändler von Nintendo-Erzeugnissen im EWR sei Itochu Hellas in dem Gesamtmechanismus, den Nintendo zur Bekämpfung von Parallelimporten ersonnen habe, nur ein unbedeutender Akteur gewesen.

128 Außerdem sei die von Itochu Hellas gespielte Rolle mindestens genauso passiv gewesen wie die von Concentra. Die Kommission habe aber den Grundbetrag der gegen Concentra festgesetzten Geldbuße wegen dieser Passivität um 50 % herabgesetzt (Randnrn. 212, 213 und 421 der Entscheidung). Ebenso wie Concentra habe sich Itochu Hellas darauf beschränkt, Nintendo über das Auftreten von Parallelhandel zu berichten. Als einzigen aussagekräftigen Gesichtspunkt habe sich die Kommission darauf berufen, dass Itochu Hellas Nintendo informiert habe, "weil [sie] hoffte, dass NOE das Problem lösen würde". Eine solche von der Kommission konstatierte "Erwartung" könne nicht als Beweis dafür betrachtet werden, dass Itochu Hellas bei dem Verstoß eine aktive Rolle gespielt habe.

129 Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass der Vertriebsvertrag, den Itochu Hellas mit Nintendo geschlossen habe, ein Standardvertrag gewesen sei, der ihr keinen Spielraum für die Aushandlung des Vertragswortlauts gelassen habe. Daher sei die Lage der unabhängigen Vertriebshändler von Nintendo wie namentlich Itochu Hellas, die keine andere Wahl gehabt hätten, als dem Vertrag zuzustimmen, von der Situation der Vertragshändler in dem Sachverhalt zu unterscheiden, der dem Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 1979, BMW Belgium u. a./Kommission (32/78, 36/78 bis 82/78, Slg. 1979, 2435), zugrunde gelegen habe. Angesichts der Stellung von Nintendo in Griechenland und der ihr drohenden Verlustrisiken habe es für Itochu Hellas keine andere Möglichkeit gegeben, als den Wortlaut des Vertriebsvertrags zu akzeptieren. So habe die Tätigkeit mit Nintendo von 1991 bis 1996 einen großen Teil der Geschäftstätigkeit von Itochu Hellas ausgemacht, deren Verlust im Jahr 1997 sie schwer getroffen habe. Mit der Kündigung des Vertrags durch Nintendo sei der Umsatz von Itochu Hellas in den Jahren 1998/99 auf 12 % oder 13 % ihres Umsatzes von 1997 gefallen.

130 Die Klägerin macht zweitens geltend, dass die Kommission auch dadurch gegen Art. 253 EG verstoßen habe, dass sie ohne angemessene Begründung unberücksichtigt gelassen habe, dass Itochu Hellas die fraglichen beschränkenden Praktiken nicht durchgeführt habe. Insoweit weist die Klägerin zunächst darauf hin, dass Itochu Hellas Nintendo-Erzeugnisse aus Griechenland ausgeführt und eine gewisse Anzahl von Verkäufen im EWR, insbesondere in Spanien, getätigt habe. Die streitige Klausel des Vertriebsvertrags, wonach Itochu Hellas nur an in Griechenland ansässige und von Nintendo zugelassene Wiederverkäufer habe verkaufen dürfen, sei niemals beschlossen oder durchgeführt worden. In der Praxis habe Nintendo selbst niemals in die Auswahl oder Benennung der Wiederverkäufer von Itochu Hellas eingegriffen und sich hierzu niemals geäußert. Ferner ergebe sich aus der Kommissionsakte, dass die Paralleleinfuhren nach Griechenland während des Zeitraums der behaupteten Zuwiderhandlung ein beständiges und beträchtliches Volumen gehabt hätten. Das bestätige, dass Itochu Hellas dem Parallelhandel mit Nintendo-Erzeugnissen nicht entgegengetreten sei. Sie habe auch nicht versucht, den Verstoß zu ihren Gunsten auszunutzen, wie ihre Verluste im fraglichen Zeitraum bestätigten.

131 Die Kommission tritt allen Rügen der Klägerin entgegen.

Würdigung durch das Gericht

132 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob sich die Kommission zu Recht und ohne Verstoß gegen die Begründungspflicht weigerte, erstens eine passive Rolle der Klägerin bei dem Verstoß anzuerkennen und zweitens festzustellen, dass die Klägerin den Verstoß nicht durchgeführt habe.

- Zu dem passiven Charakter der Rolle der Klägerin bei dem Verstoß

133 Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin, soweit mit ihm eine persönliche Beteiligung von Itochu an der streitigen Vereinbarung bestritten werden soll, nach Abschluss der Prüfung des Klagegrundes, auf den der Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung gestützt wurde, zurückzuweisen ist.

134 Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass bei Begehung einer Zuwiderhandlung durch mehrere Unternehmen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 150), um festzustellen, ob im Hinblick auf sie erschwerende oder mildernde Umstände vorliegen.

135 Insbesondere stellt "ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum" eines Unternehmens bei der Zuwiderhandlung, sofern erwiesen, nach Nr. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien einen mildernden Umstand dar, wobei diese passive Rolle bedeutet, dass sich das betreffende Unternehmen nicht hervorgetan haben darf, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Vereinbarungen beteiligt war (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T-220/00, Slg. 2003, II-2473, Randnr. 167).

136 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass Itochu Hellas im Rahmen des von Nintendo ersonnenen Gesamtmechanismus für die Beschränkung von Parallelimporten nur ein unbedeutender Akteur gewesen sei und dass ihre Rolle mindestens so passiv gewesen sei wie die von Concentra. Die Klägerin verweist weiter darauf, dass Itochu Hellas wegen ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage gewesen sei, die ihr von Nintendo vorgegebenen Bedingungen des Vertriebsvertrags abzulehnen.

137 Insoweit ist erstens festzustellen, dass sich die Klägerin, da Itochu Hellas den streitigen Vertriebsvertrag tatsächlich abgeschlossen und damit förmlich ihre Zustimmung zu dem Grundsatz einer Beschränkung des Parallelhandels zum Ausdruck gebracht hat, nicht darauf berufen kann, dass diese bei der Zuwiderhandlung nur eine passive Rolle gespielt hätte.

138 Was zweitens die Behauptung anbelangt, Itochu Hellas sei nur ein unbedeutender Akteur im Mechanismus zur Beschränkung von Paralleleinfuhren gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass Itochu Hellas, wie die Kommission in den Randnrn. 206 und 429 der Entscheidung unterstrichen hat, Nintendo mehrfach aus eigener Initiative Informationen über Parallelimporte in ihr Gebiet übermittelte. Damit beteiligte sie sich an dem von Nintendo geschaffenen Mechanismus, und ihr Verhalten lässt zumindest eine wohlwollende und aktive Haltung zur Kontrolle der Vereinbarung erkennen. Dass Itochu Hellas Paralleleinfuhren der fraglichen Erzeugnisse nicht verhinderte oder zu verhindern versuchte, ist keinesfalls Beweis für eine "ausschließlich" passive Beteiligung von Itochu Hellas an der fraglichen Zuwiderhandlung. In einem solchen Verhalten, wenn es nachgewiesen würde, käme nämlich lediglich ein geringerer Eifer bei der Durchführung der Vereinbarung zum Ausdruck, ohne dass dies gegen die volle Beteiligung der Klägerin daran spräche (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 2005, Brouwerij Haacht/Kommission, T-48/02, Slg. 2005, II-5259, Randnr. 80). Daher genügt es nicht, dass sich das betroffene Unternehmen in bestimmten Zeiträumen oder hinsichtlich bestimmter Regelungen der Vereinbarung nicht hervortat.

139 Ebenso wenig kann sich die Klägerin, um in den Genuss der Anerkennung mildernder Umstände zu gelangen, mit Erfolg darauf berufen, dass Itochu Hellas zu dem Abschluss des Vertriebsvertrags gezwungen gewesen sei. Selbst wenn nämlich nachgewiesen wäre, dass Nintendo den Wortlaut des Vertriebsvertrags erzwang, was keineswegs erwiesen ist, änderte dies doch nichts daran, dass Itochu Hellas mit der Übermittlung von Informationen über den Parallelhandel der Vereinbarung nachkam, ohne bei der Verwirklichung der Zuwiderhandlung eine rein passive Rolle oder die Haltung eines Mitläufers einzunehmen.

140 Jedenfalls könnte sich die Klägerin, selbst wenn sie angesichts einer ihr Verhältnis zu Nintendo prägenden Abhängigkeit zum Abschluss des streitigen Vertriebsvertrags gezwungen gewesen wäre, hierauf nicht berufen, da sie wegen des ausgeübten Drucks bei der zuständigen Behörde hätte Anzeige erstatten oder bei der Kommission einen Antrag nach Art. 3 der Verordnung Nr. 17 hätte stellen können, statt an diesen Handlungen teilzunehmen (vgl. die oben in Randnr. 114 angeführte Rechtsprechung).

141 Auch die Rüge, wonach es den Grundsatz der Gleichbehandlung verletze, dass die Kommission den mildernden Umstand einer rein passiven Rolle zugunsten von Concentra, nicht aber zugunsten der Klägerin anerkannt habe, kann nicht durchgreifen. Aus den von der Klägerin nicht bestrittenen Tatsachenfeststellungen der Kommission ergibt sich nämlich, dass die Rollen, die die beiden Unternehmen bei der Zuwiderhandlung spielten, nicht vergleichbar waren. Auch wenn beide Unternehmen Nintendo aus eigener Initiative Informationen über den Parallelhandel mit Nintendo-Erzeugnissen mitteilten und insoweit um ihre Hilfe ersuchten, ist doch festzustellen, dass der Schriftwechsel zwischen Nintendo und Concentra, der zwischen Januar 1996 und November 1997 vier Schreiben umfasste, spärlicher war als der zwischen Nintendo und Itochu (vgl. Randnrn. 206, 212 und 213 der Entscheidung). Überdies und vor allem ergibt sich aus den von der Kommission dargelegten Tatsachen, dass Itochu an Nintendo genaue Informationen über das Vorkommen und den Ursprung von Parallelhandel übermittelte und dass die Schreiben von Itochu zumindest bei einer Gelegenheit eine Unterbindung von Parallelausfuhren aus dem Vereinigten Königreich ermöglichten (vgl. Randnrn. 206 und 429 der Entscheidung). Daher durfte die Kommission zwischen der Rolle der Klägerin und der von Concentra bei der Zuwiderhandlung unterscheiden und demgemäß eine Herabsetzung der Geldbuße wegen des mildernden Umstands einer passiven Rolle bei der Zuwiderhandlung nur Concentra zuerkennen.

142 Zu der Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht schließlich ist zunächst auf die oben in Randnr. 82 angeführte Rechtsprechung zu verweisen und ferner festzustellen, dass die Kommission im Zusammenhang mit ihrer Weigerung, den geltend gemachten mildernden Umstand zugunsten der Klägerin anzuerkennen, in der Entscheidung (vgl. Randnrn. 427 bis 429) die Gesichtspunkte ihrer Beurteilung darlegte, die sie dazu veranlassten, den mildernden Umstand einer rein passiven Rolle oder von Mitläufertum im Fall der Klägerin nicht anzunehmen. Daher hat die Kommission in diesem Punkt die ihr obliegende Begründungspflicht nicht verletzt.

143 Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Kommission das Vorliegen des geltend gemachten mildernden Umstands zu Recht und mit hinreichender Begründung verneinte. Der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

- Zur tatsächlichen Verwirklichung der Zuwiderhandlung durch die Klägerin

144 Nach Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien kann auch die "tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße" einen mildernden Umstand darstellen.

145 Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Kommission das Vorliegen eines mildernden Umstands wegen tatsächlicher Nichtanwendung einer Vereinbarung nur anzuerkennen braucht, wenn das Unternehmen, das diesen Umstand geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Anwendung der Vereinbarung so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hat, dass dadurch sogar deren Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zustimmte und dadurch andere Unternehmen zu deren Anwendung veranlasste. Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst aus einer rechtswidrigen Vereinbarung Vorteil ziehen und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maße wettbewerbsschädigend zu verhalten (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T-44/00, Slg. 2004, II-2223, Randnrn. 277 und 278).

146 Die Umstände, die die Klägerin im Rahmen dieses Teils des vorliegenden Klagegrundes geltend macht, lassen aber nicht den Schluss zu, dass sie sich der mit Nintendo geschlossenen Vereinbarung so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hätte, dass dadurch sogar deren Funktionieren gestört worden wäre.

147 Ebenso wenig kann sich Itochu mit Erfolg darauf berufen, dass sie nicht versucht habe, die Zuwiderhandlung zu ihren Gunsten auszunutzen, weil sie in deren Begehungszeit Verluste erlitten habe und gewissen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen sei. Abgesehen davon, dass die Kommission nicht dazu verpflichtet ist, derartige Gesichtspunkte im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens mildernder Umstände zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne - zu Kartellen - Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Slg. 2004, II-1181, Randnr. 345), ist nicht erwiesen, dass diese angeblichen Schwierigkeiten in Verbindung mit der tatsächlichen Nichtdurchführung der streitigen Maßnahmen gestanden hätten. Dazu ist insbesondere zu bemerken, dass die Klägerin selbst in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte einräumte, dass sich die mäßigen Ergebnisse von Itochu Hellas im Zeitraum der Zuwiderhandlung aus einer Reihe von Faktoren erklärten, die von der Durchführung ihres Vertrags mit Nintendo unabhängig waren.

148 Was im Übrigen die Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht anbelangt, ist zunächst auf die oben in Randnr. 82 angeführte Rechtsprechung zu verweisen und ferner festzustellen, dass die Kommission im Zusammenhang mit ihrer Weigerung, den geltend gemachten mildernden Umstand zugunsten der Klägerin anzuerkennen, in der Entscheidung (vgl. Randnrn. 434 bis 437) die Gesichtspunkte ihrer Beurteilung darlegte, die sie dazu veranlassten, den mildernden Umstand einer Nichtanwendung der streitigen Vereinbarung im Fall der Klägerin nicht anzunehmen. Daher hat die Kommission in diesem Punkt die ihr obliegende Begründungspflicht nicht verletzt.

149 Unter diesen Umständen kann Itochu auch keine Herabsetzung des Bußgeldbetrags wegen dieses mildernden Umstands zugutekommen.

150 Aus der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 durch Festsetzung einer Geldbuße, die die Grenze von 10 % des Umsatzes im letzten Geschäftsjahr überschritten habe

Vorbringen der Parteien

151 Die Klägerin trägt vor, dass die Kommission gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 verstoßen habe, weil in der Entscheidung eine Geldbuße festgesetzt worden sei, die 10 % des Umsatzes von Itochu Hellas im letzten Geschäftsjahr vor dem Jahr des Erlasses der Entscheidung überschreite. Die Klägerin meint, dass die Entscheidung an Itochu Hellas hätte gerichtet werden müssen und darum jede etwaige Geldbuße dieser aufzuerlegen gewesen wäre. Die Schwelle von 10 % hätte daher anhand des Umsatzes von Itochu Hellas im Jahr 2001 bestimmt werden müssen, der 423 475 Euro betragen habe. Die Kommission habe diese Schwelle verkannt, indem sie einen Bußgeldbetrag von 4,5 Millionen Euro festgesetzt habe, der mehr als 50 % des Jahresumsatzes von Itochu Hellas seit 1991 - ausgenommen nur das Jahr 1994 - ausmache. Die Klägerin beantragt daher, die ihr in Art. 3 der Entscheidung auferlegte Geldbuße auf einen Betrag herabzusetzen, der 42 348 Euro, nämlich 10 % des Umsatzes von Itochu Hellas im Jahr 2001, nicht überschreitet.

152 In ihrer Erwiderung weist die Klägerin das Argument der Kommission zurück, dass dieser Klagegrund hinsichtlich der beantragten Maßnahmen dem Klagegrund widerspreche, wonach die Zuwiderhandlung fehlerhaft der Klägerin zugerechnet worden sei. Die Klägerin meint, dass das Gericht beschließen könne, die Entscheidung nicht für nichtig zu erklären, aber den Bußgeldbetrag unter Berücksichtigung der Position von Itochu Hellas auf dem Markt neu zu bestimmen. Der vorliegende Klagegrund werde deshalb hilfsweise für den Fall geltend gemacht, dass das Gericht die Entscheidung nicht - wie von der Klägerin mit ihrem ersten Antrag begehrt - für nichtig erklären sollte.

153 Die Kommission beantragt, den vorliegenden Klagegrund zurückzuweisen.

Würdigung durch das Gericht

154 Nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission gegen Unternehmen, die gegen Art. 81 EG oder Art. 82 EG verstoßen, Geldbußen in Höhe von bis zu "zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes" festsetzen.

155 Im vorliegenden Fall macht Itochu geltend, dass die Kommission den Bußgeldbetrag nach Maßgabe des Umsatzes von Itochu Hellas hätte festsetzen müssen, die für die Zuwiderhandlung allein verantwortlich gewesen sei.

156 Wie sich aus der Prüfung des Klagegrundes ergibt, auf den Itochu ihren Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung gestützt hat, hat die Kommission die Entscheidung jedoch zu Recht an Itochu gerichtet, weil diese für die Zuwiderhandlung verantwortlich zu machen war.

157 Demgemäß kann der vorliegende Klagegrund nicht durchgreifen, da die Kommission bei der Anwendung der Obergrenze von 10 % den Umsatz des betroffenen Unternehmens, also des Unternehmens berücksichtigen muss, dem die Zuwiderhandlung zugerechnet wurde und das daher für verantwortlich erklärt und dem die Entscheidung, mit der die Geldbuße festgesetzt wird, bekannt gegeben wurde (Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T-304/02, Slg. 2006, II-1887, Randnr. 116; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T-71/03, T-74/03, T-87/03 und T-91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 390).

158 Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

Zum sechsten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Parteien

159 Die Klägerin trägt vor, Itochu Hellas und Itochu hätten aus der Art und Weise, wie die Mitteilung der Beschwerdepunkte formuliert worden sei, den Schluss gezogen, dass die Kommission eine vorgebliche Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG mit sowohl vertikalem als auch horizontalem Charakter festgestellt habe. Im Rahmen der Prüfung des horizontalen Aspekts der behaupteten Zuwiderhandlung sei die im Namen von Itochu Hellas und Itochu abgegebene Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte so gefasst worden, dass eine mögliche Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit berücksichtigt worden sei, die nur in Betracht komme, wenn sich die mit der Kommission kooperierenden Unternehmen an einer geheimen horizontalen Absprache beteiligt hätten.

160 Daher hätten sich Itochu Hellas und Itochu dafür entschieden, die von der Kommission zugrunde gelegte Auslegung des Sachverhalts in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in mehreren Punkten nicht zu bestreiten. Damit hätten sie ihre Verteidigungsrechte nicht mehr in allen ihren Möglichkeiten nutzen können, zumindest jedoch eine Verteidigungsstrategie gewählt, für die sie sich vielleicht nicht entschieden hätten, hätte die Kommission sie nicht irregeführt. So habe für Itochu Hellas, da sie über kein Schriftstück zum Vertrieb der Nintendo-Erzeugnisse verfügt habe, die einzige Art und Weise der Zusammenarbeit mit der Kommission darin bestanden, den Sachverhalt nicht zu bestreiten.

161 Indem die Kommission die rechtliche Beurteilung des Verstoßes in der Entscheidung auf eine vertikale Vereinbarung beschränkt habe, habe sie es den betroffenen Unternehmen unmöglich gemacht, eine Herabsetzung des Bußgeldbetrags aufgrund der Mitteilung über Zusammenarbeit in Anspruch zu nehmen. Ein solches unlauteres Vorgehen verletze die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen, weil diese eine andere Verteidigungsstrategie als das bloße Nichtbestreiten des Sachverhalts hätten entwickeln können.

162 Dieser Wechsel in der Herangehensweise habe zur Konsequenz gehabt, dass Itochu eine zehnprozentige Herabsetzung des Bußgeldbetrags, der wegen des Verhaltens von Itochu Hellas im Rahmen eines vertikalen Verstoßes festgesetzt worden sei, nicht mehr habe zugutekommen können, während sie eine solche Herabsetzung hätte beanspruchen können, wenn sie an einer horizontalen Vereinbarung beteiligt gewesen wäre. Daraus folge, dass Itochu auch dann, wenn die Kommission nach Auffassung des Gerichts die Verteidigungsrechte nicht verletzt haben sollte, gleichwohl eine Herabsetzung ihrer Geldbuße um mindestens 10 % zuzuerkennen sei, weil sie den Sachverhalt, den die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt habe, in der Sache nicht bestritten habe.

163 In ihrer Erwiderung führt die Klägerin aus, dass zwar, wie von der Kommission vorgetragen, jede tatsächliche Zusammenarbeit außerhalb des Rahmens der Mitteilung über Zusammenarbeit als mildernder Umstand berücksichtigt werden könne, dass aber die sich daraus ergebende Herabsetzung des Bußgeldbetrags nicht den gleichen Bedingungen unterliege. Insbesondere werde in der Mitteilung über Zusammenarbeit als Voraussetzung für eine Herabsetzung des Bußgeldbetrags wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts nicht verlangt, dass eine solche Zusammenarbeit in einer Situation stattfinden müsse, in der der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine komplexe Reihe von miteinander verknüpften Tatsachen zugrunde liege.

164 Die Kommission hält dieses Vorbringen der Klägerin für in sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht verfehlt. Jedenfalls könne die Herabsetzung des Bußgeldbetrags, die die Klägerin wegen ihrer angeblichen Zusammenarbeit begehre, nicht gewährt werden.

Würdigung durch das Gericht

165 Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte, anders als die Klägerin offenbar meint, keineswegs hervorgeht, dass die Kommission im Stadium des Verwaltungsverfahrens ihre rechtliche Beurteilung auf den horizontalen Aspekt der behaupteten Zuwiderhandlung beschränken wollte.

166 Dass sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auf horizontale Vereinbarungen betreffende Terminologie und Rechtsprechung bezog, konnte als solches die Klägerin nicht irreführen.

167 Im Übrigen ergibt sich aus der Antwort der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eindeutig, dass nach ihrer eigenen Auffassung die behauptete Zuwiderhandlung ein vertikales Verhältnis zum Gegenstand hatte.

168 Überdies kann es sich keinesfalls zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt haben, dass die Kommission die die etwaigen horizontalen Aspekte des Verstoßes betreffenden Beschwerdepunkte nicht weiterverfolgte. Insoweit ist daran zu erinnern, dass dem Erfordernis, wonach die Beschwerdepunkte in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, sei es auch nur in gedrängter Form, so klar abgefasst sein müssen, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt, Genüge getan ist, wenn die Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen als die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten zur Last legt und nur Tatsachen berücksichtigt, zu denen die Betroffenen sich äußern konnten.

169 Wenn die Mitteilung der Beschwerdepunkte einen klaren Hinweis auf die Art der dem fraglichen Unternehmen zur Last gelegten wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung und die insoweit angeführten wesentlichen Tatsachen enthält, ist dieses Unternehmen in der Lage, auf den gegen es erhobenen Vorwurf zu erwidern und seine Rechte wahrzunehmen. Eine spätere Darstellung der Beschwerdepunkte in der von der Kommission erlassenen Entscheidung, die eine wirtschaftliche Vereinbarung als "vertikal" oder als "horizontal" bezeichnet, ist keine materielle Änderung der Beschwerdepunkte, wie sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellt worden sind (Urteil des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T-325/01, Slg. 2005, II-3319, Randnrn. 188, 189 und 192).

170 Die Kommission hat daher in der angefochtenen Entscheidung die Darstellung der fraglichen Zuwiderhandlung auf deren vertikale Aspekte beschränkt, ohne die Verteidigungsrechte zu verletzen.

171 Jedenfalls wurde die Klägerin durch die geänderte Formulierungsweise der Kommission keineswegs um die Berücksichtigung ihrer Zusammenarbeit gebracht, da sie niemals beantragte, zu ihren Gunsten die Mitteilung über Zusammenarbeit gemäß deren Abschnitt E anzuwenden oder die tatsächliche Zusammenarbeit der fraglichen Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit zu berücksichtigen (vgl. Randnrn. 454 bis 464 der Entscheidung).

172 Demnach ist auch der letzte Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen.

173 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

174 Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei auf Antrag die Kosten zu tragen. Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Itochu Corp. trägt die Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Wahl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. April 2009.



Ende der Entscheidung

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