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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 28.04.2004
Aktenzeichen: T-124/02
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in der geänderten Fassung, Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94
Vorschriften:
Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in der geänderten Fassung Art. 81 | |
Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 Regel 51 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 28. April 2004. - The Sunrider Corp. gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Verordnungen (EG) Nrn. 40/94 und 2868/95 - Kosten des Widerspruchsverfahrens - Teilrücknahme der Anmeldung - Rücknahme des Widerspruchs - Rückzahlung der Beschwerdegebühr - Begründungspflicht. - Verbundene Rechtssachen T-124/02 und T-156/02.
Parteien:
In den verbundenen Rechtssachen T-124/02 und T-156/02
The Sunrider Corp. mit Sitz in Torrance, Kalifornien (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Kockläuner,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,
Beklagter,
andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle):
Vitakraft-Werke Wührmann & Sohn mit Sitz in Bremen (Deutschland)
und
Friesland Brands BV mit Sitz in Leeuwarden (Niederlande)
betreffend Klagen gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 17. Januar 2002 (Sache R 386/2000-2) über ein Widerspruchsverfahren zwischen Vitakraft-Werke Wührmann & Sohn und The Sunrider Corporation in der Rechtssache T-124/02 und gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 21. Februar 2002 (Sache R 34/2000-1) über ein Widerspruchsverfahren zwischen Friesland Brands BV und The Sunrider Corporation in der Rechtssache T-156/02
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter J. Pirrung und A. W. H. Meij,
Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom
16. September 2003,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Rechtlicher Rahmen
1. Artikel 81 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der geänderten Fassung bestimmt:
Kostenverteilung
(1) Der im Widerspruchsverfahren, im Verfahren zur Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit oder im Beschwerdeverfahren unterliegende Beteiligte trägt die von dem anderen Beteiligten zu entrichtenden Gebühren sowie... alle für die Durchführung der Verfahren notwendigen Kosten, die dem anderen Beteiligten entstehen...
(2) Soweit jedoch die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert, beschließt die Widerspruchsabteilung, die Nichtigkeitsabteilung oder die Beschwerdekammer eine andere Kostenverteilung.
(3) Der Beteiligte, der ein Verfahren dadurch beendet, dass er die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, den Widerspruch, den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit oder die Beschwerde zurücknimmt oder die Eintragung der Gemeinschaftsmarke nicht verlängert oder auf diese verzichtet, trägt die Gebühren sowie die Kosten der anderen Beteiligten gemäß den Absätzen 1 und 2.
(4) Im Falle der Einstellung des Verfahrens entscheidet die Widerspruchsabteilung, die Nichtigkeitsabteilung oder die Beschwerdekammer über die Kosten nach freiem Ermessen.
(5) Vereinbaren die Beteiligten vor der Widerspruchsabteilung, der Nichtigkeitsabteilung oder der Beschwerdekammer eine andere als die in den vorstehenden Absätzen vorgesehene Kostenregelung, so nimmt die betreffende Abteilung diese Vereinbarung zur Kenntnis.
...
2. Regel 51 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) lautet:
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet, wenn der Beschwerde abgeholfen oder ihr durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Die Rückzahlung wird, falls der Beschwerde abgeholfen wird, von der Dienststelle, deren Entscheidung angefochten wurde, und in den übrigen Fällen von der Beschwerdekammer angeordnet.
Sachverhalt
Rechtssache T-124/02
3. Am 28. März 1996 meldete die Klägerin beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) eine Gemeinschaftsmarke an. Als Anmeldetag gilt der 1. April 1996.
4. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen VITATASTE.
5. Es wurde für folgende Waren der Klassen 5 und 29 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in der revidierten und geänderten Fassung angemeldet:
- Klasse 5: Medikamente, pharmazeutische Präparate, veterinärmedizinische Präparate und chemische Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Substanzen und Nahrungsersatzstoffe für medizinische Zwecke; Babykost; Präparate auf der Basis von Vitaminen, Spurenelementen und/oder Mineralstoffen für diätetische Zwecke oder als Nahrungsergänzung, Präparate und Substanzen für zahnmedizinische und zahntechnische Zwecke; Nahrungskonzentrate oder Nahrungsergänzungsstoffe auf der Basis von Kräutern, Kräutertees, alle zum Zweck der Gesunderhaltung;
- Klasse 29: Fleisch, Fisch, nichtlebende Mollusken und Schalentiere, Gefluegel und Wild; Fleisch- und Wurstwaren, Meeresfrüchte, Gefluegel und Wild, auch konserviert oder tiefgefroren; Obst und Gemüse (einschließlich Pilze und Kartoffeln, insbesondere Pommes frites und andere Kartoffelerzeugnisse), konserviert, tiefgefroren, getrocknet, gekocht oder für den unmittelbaren Verzehr zubereitet; Suppen oder Suppenkonserven; Delikatess-Salate; Gerichte aus Fleisch, Fisch, Gefluegel, Wild und Gemüse, auch tiefgefroren; Eier, Milch, Käse und andere Milchprodukte; Getränke, hauptsächlich aus Milch; Desserts, überwiegend aus Milch oder Milchprodukten; Konfitüren, Marmeladen, Fruchtsaucen, Frucht- und Gemüsegelees; Fleisch- und Bouillonextrakte; Gemüseextrakte und konservierte Küchenkräuter; Speiseöle und -fette, einschließlich Margarine; nichtmedizinische Nahrungskonzentrate oder Nahrungsergänzungsmittel auf Kräuterbasis, Kräuternahrungsmittel, auch in Form von Snackriegeln.
6. Am 12. Januar 1998 wurde die Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken veröffentlicht.
7. Die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer erhob am 6. April 1998 gegen die Anmeldung nach Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 einen Widerspruch hinsichtlich aller für die Anmeldung beanspruchten Waren. Der Widerspruch war auf die deutschen Marken VITAKRAFT und VITA gestützt, die für verschiedene Waren der Klasse 5 eingetragen sind.
8. Mit Schreiben vom 30. November 1998 beschränkte die Klägerin das Warenverzeichnis ihrer Anmeldung durch Streichung der Waren veterinärmedizinische Präparate.
9. Mit Schreiben vom 19. Januar 1999 bat die Klägerin das Amt u. a. darum, bei einer Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigen, dass viele der von der Anmeldung erfassten Waren den Waren, für die die Widerspruchsmarken eingetragen seien, nicht ähnlich seien.
10. Mit Schreiben vom 16. April 1999 nahm die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer den Widerspruch zurück.
11. Am 10. Mai 1999 teilte die Widerspruchsabteilung des Amtes der Klägerin und der anderen Beteiligten am Verfahren vor der Beschwerdekammer (im Folgenden: Beteiligte am Widerspruchsverfahren) mit, dass sie nach Artikel 81 der Verordnung Nr. 40/94 eine Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens erlassen werde, es sei denn, die Beteiligten am Widerspruchsverfahren legten ihr bis zum 10. Juli 1999 eine Kostenvereinbarung vor.
12. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1999 an das Amt beantragte die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer, über die Kosten des Widerspruchsverfahrens eine Entscheidung zu erlassen.
13. Mit Entscheidung vom 16. März 2000 erlegte die Widerspruchsabteilung nach Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 der Klägerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer den Widerspruch infolge der Teilrücknahme der Anmeldung zurückgenommen habe, die nach Beginn der kontradiktorischen Phase des Widerspruchsverfahrens erfolgt sei.
14. Am 13. April 2000 erhob die Klägerin beim Amt nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 eine Beschwerde, mit der sie beantragte, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben, der anderen Beteiligten am Verfahren vor der Beschwerdekammer die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen und ihr selbst nach Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
15. Mit Entscheidung vom 17. Januar 2002, der Klägerin zugestellt am 9. April 2002 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung in der Rechtssache T-124/02), hob die Zweite Beschwerdekammer die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf und ordnete an, dass die Beteiligten am Widerspruchsverfahren ihre eigenen Kosten im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren tragen. Die Beschwerdekammer begründete dies im Wesentlichen damit, dass über die Kosten des Widerspruchsverfahrens nach Artikel 81 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 zu entscheiden sei. Sie führte insbesondere aus, die Billigkeit im Sinne von Artikel 81 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 verlange, dass die Kosten zwischen den Beteiligten am Widerspruchsverfahren geteilt würden, da sie beide, nämlich einmal durch die Teilrücknahme der Anmeldung und zum anderen durch die Rücknahme des Widerspruchs, das Verfahren in gewissem Umfang beendet hätten.
Rechtssache T-156/02
16. Am 28. März 1996 meldete die Klägerin beim Amt eine Gemeinschaftsmarke an. Als Anmeldetag gilt der 1. April 1996.
17. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen METABALANCE 44.
18. Es wurde für folgende Waren der Klassen 5 und 29 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in der revidierten und geänderten Fassung angemeldet:
- Klasse 5: Medikamente, pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse und Nahrungsersatzstoffe für medizinische Zwecke; Babykost; Präparate auf der Basis von Vitaminen, Spurenelementen und/oder Mineralstoffen für diätetische Zwecke oder als Nahrungsergänzung; Präparate und Substanzen für zahnmedizinische und zahntechnische Zwecke; Nährstoffkonzentrate oder Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Kräutern, Kräutertees, alles für Gesundheitszwecke
- Klasse 29: Fleisch, Fisch, nichtlebende Mollusken und Schalentiere, Gefluegel und Wild, Fleisch und Wurst, Meeresfrüchte, Gefluegel und Wild, auch konserviert oder tiefgefroren; Obst und Gemüse (einschließlich Pilze und Kartoffeln, insbesondere Pommes frites und andere Kartoffelerzeugnisse), konserviert, tiefgefroren, getrocknet, gekocht oder für den unmittelbaren Verzehr bestimmt; Suppen oder Suppenkonserven; Delikatessen-Salate; Gerichte aus Fleisch, Fisch, Gefluegel, Wild und Gemüse, auch tiefgefroren; Eier, Milch, Käse und andere Milchprodukte; Getränke, hauptsächlich aus Milch; Desserts, hauptsächlich aus Milch oder Milchprodukten; Konfitüren, Marmeladen, Fruchtsaucen, Frucht- und Gemüsegelees; Fleisch- und Bouillonextrakte; Gemüseextrakte und konservierte Küchenkräuter; Speiseöle und -fette, einschließlich Margarine; Nährstoffkonzentrate für nichtmedizinische Zwecke oder Nahrungsergänzungsstoffe auf Kräuterbasis, Gesundheitsnahrung auf Kräuterbasis, auch in Form von Snackriegeln.
19. Am 14. April 1998 wurde die Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken veröffentlicht.
20. Die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer erhob am 13. Juli 1998 gegen die Anmeldung nach Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 einen Widerspruch hinsichtlich aller für die Anmeldung beanspruchten Waren. Der Widerspruch war auf die Marken BALANCE und BALANS gestützt, die in verschiedenen Mitgliedstaaten für Waren der Klassen 3, 5, 29, 30, 31 und 32 eingetragen sind.
21. Mit Schreiben vom 16. April 1999 beschränkte die Klägerin das Warenverzeichnis ihrer Anmeldung durch Streichung der Waren Eier, Milch, Käse und andere Milchprodukte; Getränke, hauptsächlich aus Milch; Desserts, hauptsächlich aus Milch oder Milchprodukten; Speiseöle und -fette, einschließlich Margarine. Dabei teilte sie dem Amt auch mit, dass sich die Beteiligten am Widerspruchsverfahren gütlich geeinigt hätten und dass die Einschränkung des Warenverzeichnisses Teil dieser Einigung sei.
22. Mit Schreiben vom 11. Mai 1999, bestätigt durch Schreiben vom 17. Juni 1999, nahm die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer den Widerspruch zurück.
23. Am 28. Juni 1999 teilte die Widerspruchsabteilung den Beteiligten am Widerspruchsverfahren mit, dass sie nach Artikel 81 der Verordnung Nr. 40/94 eine Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens erlassen werde, es sei denn, die Beteiligten am Widerspruchsverfahren legten ihr bis zum 28. August 1999 eine Kostenvereinbarung vor.
24. Mit Schreiben vom 17. August 1999 teilte die Klägerin dem Amt mit, dass die Beteiligten am Widerspruchsverfahren keine Vereinbarung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens getroffen hätten, und beantragte den Erlass einer Kostenentscheidung. Überdies bat die Klägerin das Amt, bei der zu erlassenden Entscheidung zu berücksichtigen, dass viele der von der Anmeldung erfassten Waren den Waren, für die die Widerspruchsmarken eingetragen seien, nicht ähnlich seien.
25. Mit Entscheidung vom 30. November 1999 erlegte die Widerspruchsabteilung nach Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 der Klägerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer den Widerspruch infolge der Teilrücknahme der Anmeldung zurückgenommen habe, die nach Beginn der kontradiktorischen Phase des Widerspruchsverfahrens erfolgt sei.
26. Am 16. Dezember 1999 erhob die Klägerin beim Amt nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 eine Beschwerde, mit der sie beantragte, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben, der anderen Beteiligten am Verfahren vor der Beschwerdekammer die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen und ihr selbst nach Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
27. Mit Entscheidung vom 21. Februar 2002, der Klägerin zugestellt am 13. März 2002 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung in der Rechtssache T-156/02), hob die Erste Beschwerdekammer die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf und erlegte den Beteiligten am Widerspruchsverfahren jeweils die Hälfte der Widerspruchsgebühr sowie ihre eigenen Kosten im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren auf. Außerdem ordnete sie an, der Klägerin die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Die Beschwerdekammer begründete dies im Wesentlichen damit, dass über die Kosten des Widerspruchsverfahrens nach Artikel 81 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 zu entscheiden sei. Die Kosten seien zwischen den Beteiligten am Widerspruchsverfahren zu teilen, da dieses Verfahren infolge der Teilrücknahme der Anmeldung und der Rücknahme des Widerspruchs durch eine Einigung zwischen den Beteiligten beendet worden sei. Zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führte die Beschwerdekammer aus, dass die Widerspruchsabteilung den mit Schreiben der Klägerin vom 17. August 1999 gestellten Antrag, bei der Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens den Umfang des Widerspruchs zu berücksichtigen, stillschweigend und ohne Begründung abgelehnt habe. Die Entscheidung der Widerspruchsabteilung verstoße daher gegen wesentliche Formvorschriften.
Verfahren und Anträge der Parteien
28. Die Klägerin hat mit Klageschriften, die am 17. April und 15. Mai 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, die vorliegenden Klagen erhoben; diese sind unter den Nummern T-124/02 und T-156/02 in das Register eingetragen worden.
29. Die Klagebeantwortungen des Amtes sind am 4. September 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.
30. Mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 3. Juli 2003 sind die Rechtssachen T-124/02 und T-156/02 nach Artikel 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
31. Die Klägerin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung in der Rechtssache T-124/02 teilweise aufzuheben, nämlich soweit darin angeordnet wird, dass die Klägerin ihre eigenen Kosten im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren zu tragen hat, und soweit darin nicht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet wird;
- die angefochtene Entscheidung in der Rechtssache T-156/02 teilweise aufzuheben, nämlich soweit darin angeordnet wird, dass die Klägerin ihre eigenen Kosten im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren zu tragen hat;
- in den Rechtssachen T-124/02 und T-156/02 dem Amt die Kosten aufzuerlegen.
32. Das Amt beantragt in den Rechtssachen T-124/02 und T-156/02,
- die Klagen abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
33. In der Rechtssache T-124/02 sind inhaltlich zwei Anträge der Klägerin zu unterscheiden. Sie beantragt erstens, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit ihr darin ihre eigenen Kosten im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren auferlegt werden. Zweitens beantragt sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit darin nicht angeordnet wird, ihr die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. In der Rechtssache T-156/02 stellt die Klägerin nur einen Antrag, der ihrem ersten Antrag in der Rechtssache T-124/02 entspricht.
34. Für ihren ersten Antrag in der Rechtssache T-124/02 und für ihre Klage in der Rechtssache T-156/02 führt die Klägerin zwei Klagegründe an. Mit dem ersten macht sie geltend, dass die angefochtenen Entscheidungen auf Artikel 81 Absatz 4 der Verordnung Nr. 40/94 und nicht auf Artikel 81 Absatz 3 zu stützen gewesen wären. Mit dem zweiten rügt sie eine fehlerhafte Anwendung von Artikel 81 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94. Ihren zweiten Antrag in der Rechtssache T-124/02 stützt die Klägerin auf zwei weitere Klagegründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 und zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht.
Zu den Anträgen hinsichtlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens
Zum ersten Klagegrund, wonach die angefochtenen Entscheidungen nach Artikel 81 Absatz 4 der Verordnung Nr. 40/94 und nicht nach Artikel 81 Absatz 3 hätten ergehen müssen
- Vorbringen der Parteien
35. Die Klägerin trägt vor, dass die Widerspruchsverfahren infolge gütlicher Einigungen zwischen den Beteiligten gegenstandslos geworden seien. Daher hätten die Entscheidungen über die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf der Grundlage von Artikel 81 Absatz 4 der Verordnung Nr. 40/94 und nicht des Artikels 81 Absatz 3 ergehen müssen. Im vorliegenden Fall sei Absatz 4 dieses Artikels gegenüber Absatz 3 die speziellere Bestimmung.
36. Das Amt meint, dass die Beschwerdekammern die angefochtenen Entscheidungen zu Recht auf Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt hätten. Diese Bestimmung betreffe Fälle wie den vorliegenden, in denen die Beendigung des Verwaltungsverfahrens durch eine Verfahrenshandlung der Beteiligten herbeigeführt werde. Artikel 81 Absatz 4 der Verordnung sei hingegen nur dann anwendbar, wenn die Verfahrensbeendigung durch außerhalb des Verfahrens liegende Umstände eintrete, wie beispielsweise durch die Löschung der Widerspruchsmarke oder die Zurückweisung der Anmeldemarke infolge eines anderen Widerspruchs. Daher sei Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 gegenüber Absatz 4 Lex specialis.
- Würdigung durch das Gericht
37. Wie das Amt zutreffend ausführt, erfasst Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 die Fälle, in denen das Verwaltungsverfahren durch eine einseitige Verfahrenshandlung eines der am Verfahren Beteiligten oder, so im Fall der Nichtverlängerung der eingetragenen Gemeinschaftsmarke, durch die Unterlassung einer solchen Verfahrenshandlung beendet wird. Zu diesen Verfahrenshandlungen gehören insbesondere die Fälle der Rücknahme einer anderen Verfahrenshandlung wie der Anmeldung, des Widerspruchs oder der Beschwerde. Insoweit unterscheidet die Bestimmung nicht danach, ob die zurückgenommene Verfahrenshandlung die das fragliche Verfahren einleitende Handlung oder eine andere Verfahrenshandlung war. Im letztgenannten Fall, so beispielsweise bei einer Rücknahme der Anmeldung während eines Widerspruchsverfahrens, wird dieses Verfahren gegenstandslos und erledigt sich damit. Artikel 81 Absatz 4 der Verordnung Nr. 40/94 gilt hingegen generell für alle Fälle der Erledigung des Verfahrens.
38. Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Systematik dieser Vorschriften ist also Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 im Verhältnis zu Absatz 4 dieses Artikels die speziellere Norm, da Absatz 3 die Fälle regelt, in denen der Umstand, dass das Verfahren gegenstandslos wird, die Folge der einseitigen Rücknahme einer Verfahrenshandlung ist.
39. Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 ist auch dann anwendbar, wenn in einem Verfahren inter partes jeder der Beteiligten seine vorherige Verfahrenshandlung zurücknimmt. Dabei ist es für die Anwendung dieser Bestimmung unerheblich, ob der Grund für die Rücknahme der Verfahrenshandlung oder -handlungen in einer außerhalb des Verfahrens zwischen den Beteiligten erzielten Einigung liegt.
40. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Widerspruchsverfahren teilweise dadurch beendet, dass sie das Warenverzeichnis ihrer Anmeldungen eingeschränkt hat. In diesem Umfang wurden die Widerspruchsverfahren damit gegenstandslos, ohne dass jedoch dadurch Artikel 81 Absatz 4 der Verordnung Nr. 40/94 anwendbar wurde. Soweit die Widerspruchsverfahren noch nicht durch die jeweilige Einschränkung des Warenverzeichnisses gegenstandslos geworden sind, haben die anderen Beteiligten am Verfahren vor den Beschwerdekammern sie durch die Rücknahme ihrer Widersprüche beendet.
41. Unter diesen Umständen haben die Beschwerdekammern ihre Entscheidungen hinsichtlich der Kosten der Widerspruchsverfahren zu Recht nur auf Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt.
42. Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung von Artikel 81 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94
- Vorbringen der Parteien
43. Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammern Artikel 81 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 falsch angewandt hätten. Eine Billigkeitsentscheidung, wie sie Artikel 81 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 vorsehe, erfordere eine zumindest summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf § 91a der deutschen Zivilprozessordnung, der nach der Rechtsprechung eine solche summarische Prüfung verlange. Diese Beurteilungsmaßstäbe fänden über Artikel 79 der Verordnung Nr. 40/94 auf den vorliegenden Fall Anwendung. Die Beschwerdekammern hätten ausdrücklich auf eine Prüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs verzichtet. Soweit die angefochtenen Entscheidungen schematisch eine Kostenteilung zwischen den Beteiligten am Widerspruchsverfahren anordneten, entsprächen sie daher nicht der Billigkeit.
44. Hätten die Beschwerdekammern die Erfolgsaussichten der Widersprüche korrekt, wenn auch nur summarisch, geprüft, so hätten sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die gesamten Kosten der Widerspruchsverfahren der jeweiligen anderen Beteiligten am Verfahren vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen gewesen seien. Deren Widersprüche seien nämlich zum Scheitern verurteilt gewesen.
45. Insoweit verweist die Klägerin zunächst auf den deutlichen Abstand, der zwischen den angemeldeten Marken einerseits und den Widerspruchsmarken andererseits bestehe.
46. In der Rechtssache T-124/02 verweist die Klägerin ferner auf die geringe Kennzeichnungskraft des Elements vita. Schließlich macht sie geltend, dass die in der Anmeldung genannten Waren nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses den Waren, für die die Widerspruchsmarken eingetragen seien, nicht ähnlich seien.
47. In der Rechtssache T-156/02 macht die Klägerin zusätzlich geltend, dass für eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarken und für die Rechtsgültigkeit einiger dieser Marken keine Nachweise vorgelegt worden seien.
48. Außerdem hätten die Beschwerdekammern gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem sie einem Beteiligten 50 % der Kosten der Widerspruchsverfahren auferlegt hätten, obwohl er (in der Rechtssache T-156/02) nur acht Oberbegriffe oder (in der Rechtssache T-124/02) sogar nur einen Oberbegriff von den 50 bis 60 Oberbegriffen im Warenverzeichnis der Anmeldung gestrichen habe.
49. In diesem Zusammenhang macht die Klägerin eine Reihe von allgemeinen Argumenten geltend, die ihrer Ansicht nach gegen die von den Beschwerdekammern vorgenommene Kostenverteilung sprechen. Erstens habe diese Lösung zur Folge, dass es für offensichtlich unbegründete Widersprüche keinerlei Sanktion gebe. Zweitens würden die Wirtschaftsteilnehmer eher dazu verleitet, Widerspruch gegen das gesamte Warenverzeichnis einer angemeldeten Marke einzulegen, da bei einer vorzeitigen Beendigung des Widerspruchsverfahrens keine nachteilige Kostenfolge zu befürchten sei. Drittens gebe es für die Anmelder keinen Anreiz dafür, ein erkennbar aussichtsloses Widerspruchsverfahren durch eine Beschränkung des Warenverzeichnisses zu beenden, da dies eine ungünstigere Kostenentscheidung nach sich ziehe, als es der Fall wäre, wenn das Amt im Rahmen eines streitigen Verfahrens über den Widerspruch entscheiden würde.
50. Das Amt entgegnet, dass die Beschwerdekammern Artikel 81 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 zutreffend angewandt hätten. Artikel 81 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 enthalte kein Kriterium dafür, wie die Entscheidung über die Kostenverteilung getroffen werden solle. Sowohl die in dieser Vorschrift vorgesehene Anwendung der Billigkeitsregel als auch jede auf der Grundlage dieser Vorschrift ergehende Entscheidung in einem Fall wie dem vorliegenden unterlägen dem freien Ermessen der Beschwerdekammern; dabei sei die Kontrolle durch das Gericht auf die Frage eines etwaigen Ermessensmissbrauchs beschränkt. Hier spreche jedoch nichts dafür, dass die Beschwerdekammern ihr Ermessen missbraucht hätten.
51. Die Situation in den vorliegenden Rechtssachen, die dadurch gekennzeichnet sei, dass jeweils beide Beteiligte am Widerspruchsverfahren dieses beendet hätten, eine von ihnen durch die Teilrücknahme der Anmeldung, die andere durch die Rücknahme des Widerspruchs, sei vergleichbar mit der Situation, in der jede Partei eines Rechtsstreits teils obsiege, teils unterliege.
52. Insbesondere seien die Beschwerdekammern nicht verpflichtet gewesen, die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu prüfen. Weder das Prozess- und Verwaltungsverfahrensrecht der Mitgliedstaaten noch die Verfahrensordnung des Gerichts sähen eine Regel vor, wonach für die Kostenentscheidung in einem Verfahren, das durch Handlungen der Parteien beendet worden sei, die Erfolgsaussichten eines Antrags oder auch nur der bisherige Streitstand zu berücksichtigen seien.
- Würdigung durch das Gericht
53. Nach Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 trägt der Beteiligte, der ein Verfahren dadurch beendet, dass er die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, den Widerspruch, den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit oder die Beschwerde zurücknimmt oder die Eintragung der Gemeinschaftsmarke nicht verlängert oder auf diese verzichtet, die Gebühren sowie die Kosten der anderen Beteiligten gemäß den Absätzen 1 und 2. Nach Artikel 81 Absatz 1 trägt der im Widerspruchsverfahren, im Verfahren zur Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit oder im Beschwerdeverfahren unterliegende Beteiligte die von dem anderen Beteiligten zu entrichtenden Gebühren sowie alle für die Durchführung der Verfahren notwendigen Kosten.
54. Daraus ergibt sich für das Widerspruchsverfahren, dass ein Beteiligter, der das Verfahren dadurch beendet, dass er, etwa durch Rücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs, auf seine Ansprüche verzichtet, einem unterliegenden Beteiligten gleichgestellt wird und daher grundsätzlich die von dem anderen Beteiligten aufgewandten Gebühren und Kosten zu tragen hat. Eine Ausnahme von dieser Regel besteht nur, wenn Artikel 81 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 eingreift, wonach, [s]oweit... die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert,... die Widerspruchsabteilung, die Nichtigkeitsabteilung oder die Beschwerdekammer eine andere Kostenverteilung [beschließt]. Auch wenn diese Bestimmung somit zwei verschiedene Tatbestände vorsieht, in denen die Kosten anders zu verteilen sind als nach Absatz 1, schließt sie es doch nicht aus, dass beide Tatbestände gleichzeitig erfuellt sind. So kann das Amt, wenn die Kosten deshalb zu teilen sind, weil die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen sind, die Anforderungen der Billigkeit berücksichtigen, wenn eine Kostenteilung allein nach Maßgabe des Erfolgs der gestellten Anträge zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. Demnach verfügt das Amt für die konkrete Kostenaufteilung zwischen den Beteiligten über einen weiten Entscheidungsspielraum.
55. In den vorliegenden Rechtssachen wurden einerseits die Anmeldungen teilweise zurückgenommen. Andererseits wurden auch die Widersprüche teilweise zurückgenommen, nämlich soweit sich die Widerspruchsverfahren noch nicht durch die Einschränkung der Anmeldungen erledigt hatten. Damit verzichtete jeder Beteiligte teilweise auf seine Ansprüche.
56. Dieser Fall ist dem gleichzustellen, dass die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen. Denn in dem von Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 erfassten Fall, in dem das Amt wegen der Rücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs über den Widerspruch nicht zu entscheiden hat, kann es definitionsgemäß keinen unterliegenden Beteiligten geben. In diesem Fall hat die Verweisung auf Artikel 81 Absatz 2 daher nur dann Sinn, wenn diese Bestimmungen in ihrer Verbindung dahin ausgelegt werden, dass der Fall, dass jeder Beteiligte am Verwaltungsverfahren teilweise unterliegt, dem Fall gleichgestellt wird, dass jeder Beteiligte teilweise auf seine Ansprüche verzichtet. Es wäre auch unstimmig, wenn ein Beteiligter, der auf seine Ansprüche teilweise verzichtet, nicht einem Beteiligten gleichgestellt würde, der teilweise unterliegt. Wie oben in Randnummer 54 dargelegt, wird nämlich für den Beteiligten, der auf seine Ansprüche vollständig verzichtet, diese Gleichstellung durch Artikel 81 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 vorgenommen.
57. Daher durften die Beschwerdekammern in den vorliegenden Fällen bei ihrer Entscheidung über die konkrete Kostenaufteilung auf die Beteiligten, für die sie über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügten, die Billigkeit berücksichtigen.
58. Für diese Entscheidung brauchten sie, anders als die Klägerin meint, nicht, auch nicht nur summarisch, die Aussichten der Beteiligten zu prüfen, in den Verfahren zu obsiegen. Denn es widerspräche der Verfahrensökonomie, allein für die Kostenaufteilung die Begründetheit eines Widerspruchs zu prüfen.
59. Weiterhin trifft es zwar zu, dass das Warenverzeichnis der Anmeldemarke in beiden Rechtssachen nur um eine, gemessen an der Gesamtzahl der darin aufgeführten Waren, geringere Anzahl von Waren eingeschränkt wurde und die Widerspruchsverfahren dementsprechend durch diese Einschränkung nur in begrenztem Umfang gegenstandslos wurden. Demgegenüber betraf die Rücknahme des Widerspruchs in beiden Fällen einen erheblichen Teil der in den Anmeldungen beanspruchten Waren. Folglich verzichteten die anderen Beteiligten am Verfahren vor den Beschwerdekammern in größerem Umfang auf ihre Ansprüche als die Klägerin.
60. Gleichwohl waren die Beschwerdekammern nicht verpflichtet, für die Aufteilung der Kosten auf die Beteiligten am Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen, in welchem genauen Umfang jeder Beteiligte auf seine Ansprüche verzichtet hatte. Denn wie oben in Randnummer 54 dargelegt, verfügten sie in dieser Frage über einen weiten Entscheidungsspielraum. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 2 Nummer 5 der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 über die an das Amt zu entrichtenden Gebühren (ABl. L 303, S. 33) die Höhe der Widerspruchsgebühr, die nach Artikel 81 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 94 Absatz 6 der Verordnung Nr. 2868/95 zu den erstattungsfähigen Kosten gehört, nicht davon abhängt, gegen wie viele Waren der Anmeldemarke sich der Widerspruch richtet. Das Gleiche gilt nach diesen Bestimmungen für die übrigen erstattungsfähigen Kosten wie insbesondere auch die Kosten der Vertretung. Dass ein Widersprechender auf seine Ansprüche in größerem Umfang verzichtet als der Anmelder auf die seinen, bedeutet daher nicht, dass es ein Gebot der Billigkeit wäre, ihm den überwiegenden Teil der Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen.
61. Die Beschwerdekammern haben daher nicht dadurch die sich aus der Billigkeit ergebenden Anforderungen verkannt, dass sie jedem Beteiligten am Widerspruchsverfahren in der Rechtssache T-124/02 seine eigenen Kosten im Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren und in der Rechtssache T-156/02 die Hälfte der Widerspruchsgebühr und die eigenen Kosten im Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren auferlegt haben.
62. Demnach ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.
63. Die Anträge auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen, soweit darin der Klägerin ihre eigenen Kosten im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren auferlegt werden, sind daher zurückzuweisen.
Zum Antrag hinsichtlich der Rückzahlung der Beschwerdegebühr in der Rechtssache T-124/02
Vorbringen der Parteien
64. Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung in der Rechtssache T-124/02 gegen Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoße. Die Zweite Beschwerdekammer habe es zu Unrecht unterlassen, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, obwohl die Entscheidung der Widerspruchsabteilung gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen habe. Die Widerspruchsabteilung habe das im Schreiben der Klägerin vom 19. Januar 1999 enthaltene Vorbringen, es sei bei der Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens auch der Umfang des Widerspruchs zu beachten, weder berücksichtigt noch auch nur erwähnt.
65. Die Klägerin rügt weiter, dass die angefochtene Entscheidung in der Rechtssache T-124/02 auch gegen die Begründungspflicht verstoße, denn die Zweite Beschwerdekammer habe darin für ihre Ablehnung des Antrags auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr, den die Klägerin in der beim Amt eingereichten Beschwerdebegründung gestellt habe, keinerlei Begründung gegeben.
66. Das Amt hält dem entgegen, dass die Klägerin den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften durch die Widerspruchsabteilung gestützt habe. Sie habe darin der Widerspruchsabteilung nur eine falsche Auslegung von Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 vorgeworfen. Es habe auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Entscheidung der Widerspruchsabteilung gegen wesentliche Formvorschriften verstoße.
67. Die Zweite Beschwerdekammer sei nicht verpflichtet gewesen, die Ablehnung des Antrags auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu begründen, da dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall offensichtlich nicht vorgelegen hätten. Die Entscheidung der Beschwerdekammer über die Beschwerdegebühr sei stillschweigend in der allgemeinen Kostenentscheidung enthalten. Ferner setze die Anwendung von Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 voraus, dass die betroffene Partei gänzlich obsiegt habe. Hier habe die Beschwerdekammer dem Antrag der Klägerin, der anderen Beteiligten am Verfahren vor der Beschwerdekammer die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen, jedoch nur teilweise stattgegeben.
- Würdigung durch das Gericht
68. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 ist zu bemerken, dass nach dieser Regel die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet wird, wenn der Beschwerde abgeholfen oder ihr durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Die Rückzahlung wird, falls der Beschwerde abgeholfen wird, von der Dienststelle, deren Entscheidung angefochten wurde, und in den übrigen Fällen von der Beschwerdekammer angeordnet.
69. Dem Wortlaut dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr von Amts wegen entschieden wird, ohne dass der Beschwerdeführer beim Amt hierfür einen Antrag zu stellen braucht.
70. Das heißt indessen nicht, dass die Beschwerdekammer in jedem Fall, in dem sie eine Entscheidung aufhebt, von Amts wegen prüfen muss, ob diese Entscheidung auf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften beruht, die die Anwendung der Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 rechtfertigt. Auch der Antrag eines Beteiligten, ihm die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, kann eine solche Verpflichtung nicht begründen, wenn er nicht durch konkrete Angaben gestützt wird, mit denen eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften dargetan werden soll.
71. Da die Klägerin jedoch in ihrer Beschwerdebegründung keine Verletzung wesentlicher Formvorschriften durch die Widerspruchsabteilung gerügt hatte, hat die Beschwerdekammer mit der stillschweigenden Zurückweisung des Antrags der Klägerin nicht gegen Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen. Der vorliegende Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.
72. Was den Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht angeht, so sind nach Artikel 73 Satz 1 der Verordnung Nr. 40/94 die Entscheidungen des Amtes mit Gründen zu versehen. Diese Verpflichtung hat den gleichen Umfang wie die aus Artikel 253 EG.
73. Nach ständiger Rechtsprechung soll die Verpflichtung zur Begründung von Einzelfallentscheidungen dem doppelten Ziel dienen, die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und es außerdem dem Gemeinschaftsrichter zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen (u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15, und Urteile des Gerichts vom 6. April 2000 in der Rechtssache T-188/98, Kuijer/Rat, Slg. 2000, II-1959, Randnr. 36, und vom 23. Oktober 2002 in der Rechtssache T-388/00, Institut für Lernsysteme/HABM - Educational Services [ELS], Slg. 2002, II-4301, Randnr. 59). Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung diesen Anforderungen genügt, ist nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu entscheiden, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-122/94, Kommission/Rat, Slg. 1996, I-881, Randnr. 29, und Urteil Kuijer/Rat, Randnr. 36).
74. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer, wie die Klägerin geltend macht, die Begründungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht darlegte, warum sie nicht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an die Klägerin anordnete, obwohl diese die Rückzahlung in der Beschwerdebegründung beantragt hatte.
75. Die Beschwerdekammer wäre zwar verpflichtet gewesen, zumindest summarisch auf etwaige Angaben der Klägerin einzugehen, mit denen dargetan werden sollte, dass im vorliegenden Fall die in Regel 51 der Verordnung Nr. 2868/95 genannten Voraussetzungen, insbesondere das Vorliegen einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften durch die in erster Instanz entscheidenden Stellen des Amtes, erfuellt waren. Jedoch ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung dazu nichts vorgetragen hatte. Vielmehr machte sie darin, wie das Amt zutreffend ausgeführt hat, nur geltend, dass die Widerspruchsabteilung Artikel 81 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 rechtlich fehlerhaft ausgelegt habe.
76. Demnach hat die Beschwerdekammer nicht die Begründungspflicht verletzt, als sie Ausführungen dazu unterließ, warum sie nicht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an die Klägerin anordnete. Der Klagegrund eines Verstoßes gegen Artikel 73 Satz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ist daher ebenfalls zurückzuweisen.
77. Der Antrag der Klägerin auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit darin nicht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet wird, ist folglich unbegründet.
78. Nach alledem sind die Klagen insgesamt abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
79. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
Kostenverteilung (Zweite Kammer)
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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