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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 14.03.1996
Aktenzeichen: T-134/95
Rechtsgebiete: VO (EG) Nr. 3283/94, EG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EG) Nr. 3283/94 Art. 5
EG-Vertrag Art. 85
EG-Vertrag Art. 86
EG-Vertrag Art. 173
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 gegeben ist, sind die Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen der Kläger beeinträchtigen, indem sie ihre Rechtslage erheblich verändern. Im Fall von Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren ergehen, liegt eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs zum Abschluß dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen.

Die Entscheidung der Kommission, ein Antidumpingverfahren einzuleiten, kann ihrer Rechtsnatur und ihren Wirkungen nach in dieser Hinsicht nicht als eine anfechtbare Handlung angesehen werden.

Gemäß der Antidumping-Grundverordnung Nr. 3283/94 obliegt es der Kommission, Antidumpinguntersuchungen durchzuführen und auf deren Grundlage das Verfahren entweder einzustellen oder weiter zu verfolgen, indem sie vorläufige Maßnahmen erlässt und dem Rat den Erlaß endgültiger Maßnahmen vorschlägt. Die endgültige Entscheidung obliegt dem Rat, der von einer Entscheidung absehen kann, wenn er anderer Auffassung ist als die Kommission, oder aber auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission eine Entscheidung treffen kann. Die Rolle der Kommission fügt sich also in den Entscheidungsprozeß des Rates ein, und ihre Entscheidung, ein Antidumpingverfahren einzuleiten, ist, da sie nicht ohne weiteres zur Auferlegung eines Antidumpingzolls führt und die betroffenen Unternehmen weder zur Mitarbeit bei der Untersuchung noch zur Änderung ihrer Geschäftspraktiken zwingt, eine blosse vorbereitende Maßnahme, die nicht geeignet ist, die Rechtslage dieser Unternehmen sofort und irreversibel zu beeinträchtigen.


Beschluss des Gerichts Erster Instanz (Dritte erweiterte Kammer) vom 14. März 1996. - Dysan Magnetics Ltd und Review Magnetics (Macao) Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Nichtigkeitsklage - Bekanntmachung über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens - Unzulässigkeit. - Rechtssache T-134/95.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1 In den Jahren 1994 und 1995 führte die Klägerin Dysan Magnetics 3,5' '-Mikroplatten in die Gemeinschaft ein, die sie bei der Klägerin Review Magnetics (Macao) gekauft hatte.

2 Am 30. September 1994 stellte das Committee of the European Diskette Manufacturers bei der Kommission einen Antrag, in dem es geltend machte, die Einfuhren bestimmter Magnetplatten seien gedumpt und der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft werde dadurch erheblich geschädigt.

3 Nach Einreichung des Antrags leitete die Kommission gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 3283/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 349, S. 1) eine Untersuchung ein. Die Bekanntmachung über die Einleitung von Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren bestimmter Magnetplatten (3,5' '-Mikroplatten) mit Ursprung in Kanada, Indonesien, Macau und Thailand wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 6. April 1995 veröffentlicht (ABl. C 84, S. 4).

Anträge der Parteien und Verfahren

4 Mit am 22. Juni 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben, in der sie beantragen,

° die Entscheidung der Kommission vom 6. April 1995 über die Einleitung von Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren bestimmter Magnetplatten (3,5' '-Mikroplatten) mit Ursprung in Kanada, Indonesien, Macau und Thailand für nichtig zu erklären;

° der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

5 Mit am 7. September 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben; sie beantragt,

° die Klage als unzulässig abzuweisen;

° den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

6 In ihren am 25. Oktober 1995 eingereichten Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit beantragen die Klägerinnen, die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu verwerfen.

Rechtslage

7 Gemäß Artikel 114 § 3 der Verfahrensordnung wird über den Antrag, über die Unzulässigkeit vorab zu entscheiden, mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) sieht sich hinreichend unterrichtet; es ist daher nicht erforderlich, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

Zulässigkeit

Parteivorbringen

8 In ihrer Einrede der Unzulässigkeit macht die Kommission geltend, die Einleitung eines Antidumpingverfahrens sei keine Handlung, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne. Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81 (IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9) und dem Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in den verbundenen Rechtssachen T-10/92, T-11/92, T-12/92 und T-15/92 (Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2667, Randnr. 42) stelle die Einleitung eines Antidumpingverfahrens eine vorbereitende Handlung dar, die die Rechtslage der Klägerinnen nicht irreversibel berühre.

9 Ausserdem werde ein Verfahren dadurch eingeleitet, daß Fragebögen mit Fristen für die Rücksendung der Antworten und dem Hinweis zugesandt würden, daß aufgrund der verfügbaren Informationen Feststellungen getroffen werden könnten. Dies zeige, daß es sich nur um die erste Phase eines Verfahrens handele, das zur Einführung von Antidumpingzöllen führen könne (vgl. insbesondere das Urteil des Gerichtshofes vom 14. März 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-133/87 und C-150/87, Nashua Corporation u. a./Kommission und Rat, Slg. 1990, I-719, Randnr. 9). Der vorbereitende Charakter der Einleitung eines solchen Verfahrens werde auch durch den Umstand aufgezeigt, daß allein der Rat zur Auferlegung endgültiger Antidumpingzölle zuständig sei (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo zu dem Urteil Nashua Corporation u. a./Kommission und Rat, a. a. O., Slg. I-742).

10 Ausserdem stelle eine Entscheidung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 13, S. 204), mit der einem Unternehmen aufgegeben werde, eine Nachprüfung zu dulden, eine Handlung dar, die Gegenstand einer Klage sein könne, da sie dem betroffenen Unternehmen eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit auferlege, bei deren Nichterfuellung ihm nach Artikel 16 dieser Verordnung ein Zwangsgeld auferlegt werden könne. Im Gegensatz zu der Verordnung Nr. 17 gebe die Verordnung Nr. 3283/94 der Kommission keine Nachprüfungsbefugnisse. Somit könnten im Rahmen einer Antidumpinguntersuchung von in der Gemeinschaft oder in Drittländern niedergelassenen Unternehmen Informationen nur dann erlangt werden, wenn diese Unternehmen bereit seien, sie offenzulegen.

11 Nach dem Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission (a. a. O., Randnr. 47) könnten sowohl die Entscheidung, einen einzelnen Ausführer als nicht kooperationswillig zu behandeln, als auch die zahlreichen anderen im Hinblick auf das Vorgehen bei der Untersuchung zu treffenden Entscheidungen Rechtswirkungen nur entfalten, wenn Antidumpingzölle erhoben würden, und auch dann nicht vor Auferlegung dieser Zölle. Im übrigen seien die betroffenen Parteien ebensowenig wie die Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte gezwungen, wegen der Einleitung des Verfahrens ihre Geschäftspraktiken zu ändern (IBM/Kommission, a. a. O., Randnr. 19). Eine Änderung der Geschäftspraktiken nach der Einleitung des Verfahrens hätte nicht einmal Auswirkungen auf dessen Ausgang, da die Entscheidung, ob Antidumpingzölle auferlegt würden, vom Ergebnis der Untersuchung und von der Feststellung eines Schadens abhänge, der mit den vor Einleitung des Verfahrens angewandten Geschäftspraktiken in Zusammenhang stehe.

12 Schließlich wären die Klägerinnen nicht unmittelbar und individuell betroffen, selbst wenn die Einleitung eines Antidumpingverfahrens eine anfechtbare Entscheidung darstellen sollte. In der Bekanntmachung über die Einleitung des Verfahrens würden die Ware und die betroffenen Länder genannt, das aus- oder einführende Unternehmen jedoch nicht konkret erwähnt. Im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seien die Betroffenen der Zahl und der Person nach nicht feststellbar gewesen, und die angefochtene Handlung habe somit niemanden unmittelbar und individuell betreffen können (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 1. Juli 1965 in den verbundenen Rechtssachen 106/63 und 107/63, Töpfer und Getreide-Import/Kommission, Slg. 1965, 548, 556).

13 Die Klägerinnen machen geltend, die Entscheidung, ein Antidumpingverfahren einzuleiten, stelle eine anfechtbare Handlung dar; sie verweisen hierzu auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Zulässigkeit der gegen eine Entscheidung der Kommission, ein Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag im Bereich staatlicher Beihilfen zu eröffnen, erhobenen Klagen (Urteile des Gerichtshofes vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C-312/90, Spanien/Kommission, Slg. 1992, I-4117, Randnrn. 21 bis 23, und in der Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1992, I-4145, Randnr. 27 bis 29). Die Einleitung des Verfahrens enthalte eine endgültige Entscheidung der Kommission (Urteile IBM/Kommission, a. a. O., Randnr. 11 und 12, Spanien/Kommission, a. a. O., Randnrn. 21 bis 23, und Italien/Kommission, a. a. O., Randnrn. 27 bis 29), die Rechtswirkungen erzeuge, die ihre Interessen beeinträchtigten (Urteile des Gerichtshofes vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263, Randnr. 42, und IBM/Kommission, a. a. O., Randnr. 9), indem sie ihre Rechtslage erheblich verändere.

14 Die Entscheidung, das Antidumpingverfahren einzuleiten, stelle die Rechtsgrundlage der Untersuchung dar. Die Einleitung der Untersuchung habe ihre Rechtslage erheblich verändert, da ihnen infolge dieser Einleitung Fragebögen zugesandt worden seien (Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3283/94), die sie innerhalb von 40 Tagen hätten beantworten müssen. Weiter könnten bei ihnen Kontrollbesuche durchgeführt werden (Artikel 16 der Verordnung Nr. 3283/94) und die Kommission könne ihnen, wenn sie die Mitarbeit verweigerten, einen hohen Antidumpingzoll auferlegen (Artikel 18 der Verordnung Nr. 3283/94).

15 Die Entscheidung, ein Antidumpingverfahren einzuleiten, sei einer von der Kommission nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 getroffenen Entscheidung, eine Nachprüfung durchzuführen, gleichzusetzen, die eine anfechtbare Handlung darstelle (Urteil des Gerichtshofes vom 21. September 1989 in den verbundenen Rechtssachen 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, 2859). Gerade aufgrund der Tatsache, daß diese Entscheidung eine Untersuchung auslöse und es der Kommission erlaube, Kontrollen durchzuführen und Sanktionen aufzuerlegen, sehe Artikel 5 der Verordnung Nr. 3283/94 vor, daß die Entscheidung über die Einleitung eines Verfahrens auf hinreichende Beweise gestützt werden müsse.

16 Drei Argumente sprächen für die Auffassung, die Einleitung eines Antidumpingverfahrens stelle eine endgültige Maßnahme dar. Erstens sei die Kommission verpflichtet, aufgrund des Antrags tätig zu werden: sie sei verpflichtet, den Antrag zurückzuweisen, wenn die Beweise für das Dumping oder für die Schädigung nicht ausreichten (Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung Nr. 3283/94), oder ein Antidumpingverfahren zu eröffnen, wenn genügend Beweise vorlägen (Artikel 5 Absatz 9 der Verordnung Nr. 3283/94). Zweitens stelle die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens die Rechtsgrundlage dar, auf der die Kommission die in der Verordnung Nr. 3283/94 vorgesehenen Untersuchungs- und Sanktionsbefugnisse wahrnehmen könne, und drittens dienten die in Artikel 5 vorgesehenen Voraussetzungen dem Ziel, die Ausführer gegen ungerechtfertigte Anträge zu schützen. Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 7. Dezember 1993 in der Rechtssache C-216/91 (Rima Eletrometalurgia, Slg. 1993, I-6303, Randnr. 16) sei "Voraussetzung für die... Einleitung eines Antidumpingverfahrens... stets das Vorliegen hinreichender Beweise für das Bestehen von Dumping und für den dadurch verursachten Schaden". Danach stelle die Möglichkeit, die Verordnung zur endgültigen Festsetzung eines Antidumpingzolls beim Gericht anzufechten, keinen angemessenen Schutz gegen eine Verletzung der Bestimmungen des Artikels 5 der Verordnung Nr. 3283/94 dar.

17 Die Klägerinnen seien Adressaten der angefochtenen Handlung. Sie seien jedenfalls von dieser unmittelbar und individuell betroffen. Die Klägerin Review Magnetics (Macao) sei Ausführer des angeblich gedumpten Erzeugnisses, die Klägerin Dysan Magnetics ein Einführer, der mit Review Magnetics (Macao) geschäftlich verbunden sei; die Kommission lege bei der Berechnung des Ausfuhrpreises die von der Klägerin Dysan Magnetics gelieferten Daten zugrunde (Urteile des Gerichtshofes vom 21. Februar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 239/82 und 275/82, Allied Corporation u. a./Kommission, Slg. 1984, 1005, Randnrn. 10 bis 15, und vom 11. Juli 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-305/86 und C-160/87, Neotype Techmashexport/Kommission und Rat, Slg. 1990, I-2945, Randnrn. 20 und 21; Beschluß des Gerichtshofes vom 8. Juli 1987 in der Rechtssache 279/86, Sermes/Kommission, Slg. 1987, 3109, Randnrn. 14 bis 17).

18 Schließlich gewähre Artikel 5 der Verordnung Nr. 3283/94 den Klägerinnen einen Schutz, der nur effektiv sei, wenn "nicht ausreichend begründete Untersuchungen" gar nicht erst eingeleitet würden. Wegen dieses Schutzes müsse zwischen einer Entscheidung über die Einleitung einer Untersuchung in einem Antidumpingverfahren und einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in einem Wettbewerbsverfahren unterschieden werden. Der Antrag, auf den die angefochtene Entscheidung zurückgehe, sei eine einfache Fotokopie eines früheren Antrags; die Rechte der Klägerinnen aus Artikel 5 würden in nicht wiedergutzumachender Weise missachtet, wenn sie einer so unzureichend begründeten Untersuchung unterworfen würden.

Rechtliche Würdigung

19 Die nach Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag erhobene Klage ist auf Nichtigerklärung der "Entscheidung" der Kommission gerichtet, ein Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren bestimmter Magnetplatten mit Ursprung in Kanada, Indonesien, Macau und Thailand einzuleiten.

20 Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 gegeben ist, sind die Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen der Kläger beeinträchtigen, indem sie ihre Rechtslage erheblich verändern. Im Fall von Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren ergehen, liegt eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs zum Abschluß dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen (vgl. Urteil IBM/Kommission, a. a. O., Randnrn. 8 ff.; Urteile des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367, Randnr. 42, Cimenteries CBR u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 28, und vom 27. Juni 1995 in der Rechtssache T-186/94, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1995, II-1753, Randnr. 39).

21 Es ist also zu prüfen, ob die angefochtene Handlung für sich genommen geeignet ist, Rechtswirkungen zu erzeugen, die die Interessen der Klägerinnen beeinträchtigen könnten, oder ob sie umgekehrt lediglich eine vorbereitende Maßnahme ist, gegen deren Rechtswidrigkeit eine Klage gegen die das Verfahren abschließende Entscheidung der Kommission hinreichenden Schutz bieten würde (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, Akzo Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 19, und Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 31). Nur Nichtigkeitsklagen gegen Handlungen, die die Rechtslage der betreffenden Unternehmen unmittelbar und irreversibel berühren, sind bereits vor Abschluß des Verwaltungsverfahrens zulässig (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 42).

22 Gemäß der Verordnung Nr. 3283/94 obliegt es der Kommission, Antidumpinguntersuchungen durchzuführen und auf deren Grundlage das Verfahren entweder einzustellen oder weiter zu verfolgen, indem sie vorläufige Maßnahmen erlässt und dem Rat den Erlaß endgültiger Maßnahmen vorschlägt. Die endgültige Entscheidung obliegt dem Rat, der von einer Entscheidung absehen kann, wenn er anderer Auffassung ist als die Kommission, oder aber auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission eine Entscheidung treffen kann.

23 Da sich die Rolle der Kommission in den Entscheidungsprozeß des Rates einfügt (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 8. Mai 1985 in der Rechtssache 256/84, Koyo Seiko/Rat und Kommission, Slg. 1985, 1351, Randnr. 3, vom 15. Oktober 1986 in der Rechtssache 299/85, Tokyo Juki Industrial/Rat und Kommission, Slg. 1986, 2965, 2967, vom 11. November 1987 in der Rechtssache 150/87, Nashua Corporation u. a./Rat und Kommission, Slg. 1987, 4421, Randnr. 6, und Urteil des Gerichtshofes vom 14. März 1990 in der Rechtssache C-156/87, Gestetner Holdings/Rat und Kommission, Slg. 1990, I-781, Randnr. 7), ist die "Entscheidung" der Kommission, ein Antidumpingverfahren einzuleiten, eine blosse vorbereitende Maßnahme, die nicht geeignet ist, die Rechtslage der Klägerin sofort und irreversibel zu beeinträchtigen.

24 Dem steht die Rechtsprechung zu den von der Kommission gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 erlassenen Entscheidungen über eine Nachprüfung einerseits und über die Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag im Bereich staatlicher Beihilfen andererseits nicht entgegen.

25 Eine Klage gegen Entscheidungen über eine Nachprüfung ist in Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 ausdrücklich vorgesehen. Zudem unterscheidet sich die Verordnung Nr. 3283/94 auch dadurch von der Verordnung Nr. 17, daß sie der Kommission keine Befugnis einräumt, die betroffenen Unternehmen zu zwingen, Untersuchungen zu dulden. Ausserdem stellt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die "Entscheidung" der Kommission, ein Verfahren zur Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 und/oder Artikel 86 EG-Vertrag einzuleiten, anders als die Entscheidung über eine Nachprüfung nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 keine nach Artikel 173 EG-Vertrag anfechtbare Handlung dar (Urteil IBM/Kommission, a. a. O., Randnr. 21).

26 Entscheidungen über die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes mit der Einordnung der Beihilfe und der Wahl des entsprechenden Kontrollverfahrens verbunden und hätten so endgültige Rechtswirkungen, insbesondere die Aussetzung der geplanten Beihilfe (Urteile des Gerichtshofes Spanien/Kommission, a. a. O., Randnr. 24, und Italien/Kommission, a. a. O., Randnr. 30). Weder eine spätere Entscheidung der Kommission, die die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem EG-Vertrag feststellt, noch die Möglichkeit einer Klageerhebung gegen eine Entscheidung der Kommission, die ihre Unvereinbarkeit feststellt, könnten nämlich die Auswirkungen der Verzögerung bei der Zahlung der Beihilfe beseitigen (Urteile des Gerichtshofes Spanien/Kommission, a. a. O., Randnrn. 22 und 23, und Italien/Kommission, a. a. O., Randnrn. 28 und 29; Urteil des Gerichts Cimenteries CBR u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 46).

27 Im Unterschied hierzu ist die Einleitung eines Antidumpingverfahrens nicht geeignet, die Rechtsstellung der betroffenen Unternehmen sofort und irreversibel zu beeinträchtigen. Wie schon festgestellt, führt die Einleitung eines Verfahrens nicht ohne weiteres zur Auferlegung von Antidumpingzöllen. Das Verfahren kann nämlich ohne Maßnahmen eingestellt werden (Artikel 9 der Verordnung Nr. 3283/94). Im übrigen werden die von einer Antidumpingnachprüfung betroffenen Unternehmen durch die Einleitung des Verfahrens nicht gezwungen, ihre Geschäftspraktiken zu ändern; auch können sie, anders als bei einem Verfahren zur Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 und/oder 86 EG-Vertrag gemäß der Verordnung Nr. 17, nicht zur Mitarbeit bei der Untersuchung gezwungen werden.

28 Die Einleitung eines Antidumpingverfahrens kann somit ihrer Rechtsnatur und ihren Wirkungen nach nicht als eine Entscheidung im Sinne des Artikels 173 EG-Vertrag angesehen werden, gegen die eine Nichtigkeitsklage gegeben wäre.

29 Die Klage ist demgemäß für unzulässig zu erklären, ohne daß über die Frage zu entscheiden wäre, ob die Klägerinnen von der angefochtenen Handlung unmittelbar und individuell betroffen sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

30 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

beschlossen:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Luxemburg, den 14. März 1996

Ende der Entscheidung

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