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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 25.05.2004
Aktenzeichen: T-154/01
Rechtsgebiete: VO (EWG) 3390/90, VO (EWG) Nr. 2710/93, EG-Verordnung


Vorschriften:

VO (EWG) 3390/90 Art. 1
VO (EWG) Nr. 2710/93 Art. 6
EG-Verordnung Art. 253
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 25. Mai 2004. - Distilleria F. Palma SpA, in Liquidation, gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Verordnung (EWG) Nr. 822/87 - Gemeinsame Marktorganisation für Wein - Verordnung (EWG) Nr. 1780/89 - Verordnung (EWG) Nr. 2710/93 - Verordnung (EG) Nr. 416/96 - Absatz von Alkohol aus der Destillation - Verordnung (EWG) Nr. 3390/90 - Ausschreibung zur Verwendung als Kraftstoff - Weigerung der Kommission, bestimmte Ausschreibungsbedingungen zu ändern - Höhere Gewalt - Außervertragliche Haftung der Gemeinschaft - Zulässigkeit. - Rechtssache T-154/01.

Parteien:

In der Rechtssache T-154/01

Distilleria F. Palma SpA in Liquidation mit Sitz in Neapel (Italien), vertreten durch Rechtsanwalt F. Caruso,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Visaggio und C. Cattabriga als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Dal Ferro, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Artikel 235 und Artikel 288 Absatz 2 EG auf Ersatz eines Schadens infolge rechtswidrigen Verhaltens der Kommission, das sich aus deren Schreiben an die italienischen Behörden vom 11. November 1996 ergeben soll

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung sowie der Richter A. W. H. Meij und N. J. Forwood,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

17. Dezember 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher und tatsächlicher Rahmen

1. Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3390/90 vom 26. November 1990 zur Eröffnung eines Verkaufs von Weinalkohol aus Beständen der Interventionsstellen durch Sonderausschreibung zur innergemeinschaftlichen Verwendung im Kraftstoffsektor (ABl. L 327, S. 21) eröffnete die Kommission die Ausschreibung Nr. 8/90 EG für den Verkauf von 1,6 Millionen hl Alkohol aus der Destillation in fünf Partien zu je 320 000 hl nach den Artikeln 35, 36 und 39 der Verordnung (EWG) Nr. 288/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 84, S. 1) (im Folgenden: Ausschreibung).

2. Artikel 1 der Verordnung Nr. 3390/90 bestimmt u. a., dass der zum Verkauf ausgeschriebene Alkohol zum Verbrauch im Kraftstoffsektor der Gemeinschaft bestimmt ist.

3. Nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 3390/90 erfolgt der Verkauf gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1780/89 der Kommission vom 21. Juni 1989 mit Durchführungsbestimmungen für den Absatz von Alkohol aus der Destillation nach den Artikeln 35, 36 und 39 der Verordnung Nr. 822/87 aus Beständen der Interventionsstellen (ABl. L 178, S. 1).

4. Artikel 4 der Verordnung Nr. 3390/90 sieht vor, dass die besonderen Bedingungen der Ausschreibung in der Bekanntmachung für die Sonderausschreibung Nr. 8/90 EG (ABl. C 296, S. 10, im Folgenden: Ausschreibungsbekanntmachung) aufgeführt werden.

5. Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1780/89 in seiner vielfach, u. a. durch die Verordnung (EWG) Nr. 3391/90 der Kommission vom 26. November 1990 (ABl. L 327, S. 23), geänderten Fassung sieht vor, dass der Zuschlagsempfänger zugunsten der Interventionsstelle des Mitgliedstaats, in dem er seinen Sitz hat, die Leistung einer Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung nachweist, mit der die tatsächliche Verwendung des Alkohols zu dem in der Ausschreibung genannten Zweck gewährleistet wird.

6. Gemäß Artikel 28 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1780/89 in der bei Eröffnung der Ausschreibung geltenden Fassung und Nummer X der Ausschreibungsbekanntmachung muss der zum Verkauf ausgeschriebene Alkohol innerhalb eines Jahres ab dem letzten Tag der Übernahme der jeweiligen Partie verwendet sein.

7. Nach Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung Nr. 1780/89, auf den in Nummer I 5 Buchstabe c der Ausschreibungsbekanntmachung verwiesen wird, ist ein Angebot nur gültig, wenn es schriftlich eingereicht wird und die Verpflichtung des Bieters enthält, alle Vorschriften der betreffenden Ausschreibung einzuhalten.

8. Auf ein Angebot der Distilleria F. Palma SpA (im Folgenden: Palma), heute Fallimento Distilleria F. Palma SpA (Distilleria F. Palma in Liquidation, im Folgenden: Klägerin) in Höhe von drei Ecu pro Hektoliter reinem Alkohol wurde ihr im Januar 1991 die im Rahmen der Sonderausschreibung Nr. 8/90 EG zum Verkauf angebotene Alkoholmenge zugeschlagen.

9. Im Rahmen dieser Ausschreibung stellte Palma über die Bank San Paolo di Torino eine Bankbürgschaft zugunsten der zuständigen Interventionsstelle, der Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (Staatliches Amt für Interventionen auf dem Agrarmarkt, im Folgenden: AIMA).

10. Palma hatte Schwierigkeiten bei der Übernahme und beim Absatz des ausgeschriebenen Alkohols und teilte dies der Kommission mit. U. a. aufgrund dieser Schwierigkeiten erließ die Kommission die Verordnung (EWG) Nr. 2710/93 vom 30. September 1993 zum Verkauf durch Ausschreibung von Weinalkohol aus Beständen der Interventionsstellen zur Verwendung als Kraftstoff in der Gemeinschaft (ABl. L 245, S. 131).

11. In Artikel 6 der Verordnung Nr. 2710/93 hob die Kommission die Sonderausschreibung Nr. 8/90 EG in Bezug auf die von Palma noch nicht übernommenen Partien, d. h. drei der fünf ausgeschriebenen Partien, teilweise auf. Hinsichtlich dieser drei Partien wurde die Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung freigegeben.

12. Gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 2710/93 musste die Verwendung des Alkohols der beiden ersten Partien der Sonderausschreibung Nr. 8/90 EG (d. h. 640 000 hl) vorbehaltlich höherer Gewalt am 1. Oktober 1995 abgeschlossen sein.

13. Artikel 3 der Verordnung Nr. 2710/93 bestimmt, dass die Ausfallbürgschaft für die beiden ersten Partien dieser Ausschreibung von der Interventionsstelle freigegeben wird, wenn der gesamte Alkohol dieser beiden Partien in der Gemeinschaft als Kraftstoff verwendet ist.

14. Trotz Erlass der Verordnung Nr. 2710/93 sah sich Palma erneut mit Ereignissen konfrontiert, die sie angeblich an der Erfuellung ihrer Verpflichtungen hinderten.

15. Mit Schreiben vom 18. September 1995 ersuchte Palma die Kommission, ihr eine erneute Verlängerung der in Artikel 2 der Verordnung Nr. 2710/93 festgesetzten Frist für die Verwendung des Alkohols zu gewähren. In diesem Schreiben führte Palma Umstände an, die einen Fall höherer Gewalt darstellten und die sie an der vollständigen Erfuellung ihrer Verpflichtungen innerhalb der festgesetzten Frist gehindert hätten.

16. Mit Schreiben vom 27. November 1995 ersuchte Palma erneut um Verlängerung der am 1. Oktober 1995 abgelaufenen Frist.

17. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1995 teilte die Kommission Palma mit, dass sie sich in Kürze zu einer eventuellen Verlängerung der Frist für die Verwendung des Alkohols äußern werde.

18. In zwei weiteren Schreiben vom 19. Dezember 1995 und vom 5. Januar 1996 ersuchte Palma die Kommission um die Erlaubnis, den noch nicht verwendeten Alkohol zu vernichten. Dieses Ersuchen bezog sich auf eine Menge von 34 000 hl Alkohol.

19. Mit der Verordnung (EG) Nr. 416/96 der Kommission vom 7. März 1996 zur Änderung der Verordnung Nr. 2710/93 (ABl. L 59, S. 5) wurde die Frist für die Verwendung der bereits übernommenen Partien erneut geändert. Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2710/93 in der durch die Verordnung Nr. 416/96 geänderten Fassung bestimmt:

Abweichend von Artikel 23 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 und vorbehaltlich höherer Gewalt, falls die in Artikel 2 erwähnte Frist überschritten ist, wird die Sicherheit von 90 Ecu je Hektoliter reinen Alkohols für die ordnungsgemäße Durchführung einbehalten, und zwar in Höhe von

a) 15 % in jedem Fall,

b) 50 % des nach Abzug der 15 % übrigen Betrages, wenn die in diesem Artikel vorgesehene Verwendung nicht bis zum 30. Juni 1996 erfolgt.

Die Sicherheit wird vollständig einbehalten, wenn der 31. Dezember 1996 überschritten wird.

20. Mit Schreiben vom 23. April 1996 forderte die AIMA Palma zur Zahlung von 3 164 220 870 ITL (entsprechend 1 634 183,70 Euro) auf, die 15 % der Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung entsprächen, weil am 1. Oktober 1995 nicht der gesamte Alkohol der beiden ersten Partien der Ausschreibung in der Gemeinschaft als Kraftstoff verwendet worden sei. Mit Schreiben vom 3. Juni 1996 äußerte Palma Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aufforderung der AIMA.

21. In diesem Schreiben ersuchte Palma die Kommission erneut, den noch nicht verwendeten Alkohol vernichten zu dürfen, und machte geltend, diese Lösung sei am Besten geeignet, den Absatz des Alkohols sicherzustellen, ohne dass es zu Marktstörungen komme.

22. Am 11. November 1996 richtete die Kommission ein Schreiben an die AIMA, in dem sie Folgendes ausführte:

Dem Ersuchen der [Palma] um Erlaubnis zur Vernichtung einer Restmenge Alkohol aus der Sonderausschreibung 8/90 EG wegen Qualitätsproblemen dieses Alkohols kann nicht entsprochen werden.

Die Bestimmungen der Verordnung (EG ) Nr. 416/96 der Kommission [über den Verfall der Sicherheit] müssen streng angewandt werden.

[...] Palma ist zur ordnungsgemäßen Durchführung verpflichtet, d. h., der Alkohol muss unter den in der Ausschreibungsbekanntmachung genannten Bedingungen als Kraftstoff verwendet werden; eine solche Verpflichtung endet nicht mit Verfall der Sicherheit. Die nationalen Behörden sind gehalten, diese Verpflichtung nach Verfall der Sicherheit gegebenenfalls zwangsweise zu vollstrecken. Eine Zweckentfremdung des verkauften Alkohols in einem in der Ausschreibungsbekanntmachung Nr. 8/90 [EG] nicht zugelassenen Sektor wie etwa dem Spirituosensektor muss unbedingt verhindert werden....

23. Dieses Schreiben wurde Palma am 3. Februar 1997 von der AIMA übermittelt.

24. Mit Schreiben vom 20. November 1996 erneuerte Palma ihre Kritik an der Aufforderung der AIMA und schlug vor, dieser den noch nicht verwendeten Alkohol kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

25. AIMA wies Palma an, die gesamte Sicherheit an sie zu zahlen. Palma focht diese Anweisung vor den nationalen Gerichten an.

26. Palma wurde am 9. Juli 1999 für zahlungsunfähig erklärt.

Verfahren

27. Mit Klageschrift, die am 9. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

28. Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen. Es hat den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Artikel 64 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung gestellt.

29. Die Parteien haben in der Sitzung vom 17. Dezember 2003 mündlich verhandelt und die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

30. Die Klägerin beantragt,

- die Kommission zu verurteilen, ihr die erlittenen Schäden zu ersetzen;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

31. Die Kommission beantragt,

- die Klage als unzulässig oder als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

32. Die Kommission bestreitet, ohne die Einrede der Unzulässigkeit mit getrenntem Schriftsatz zu erheben, die Zulässigkeit der Klage. Sie trägt insoweit drei Unzulässigkeitsgründe vor. Erstens sei das Gericht unzuständig. Zweitens sei die Klage verspätet, und drittens liege ein Verstoß gegen Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung vor. Die beiden letztgenannten Unzulässigkeitsgründe werden hilfsweise geltend gemacht.

33. Die Klägerin trägt vor, ihre Klage sei zulässig.

Zum Unzulässigkeitsgrund der Unzuständigkeit des Gerichts

Vorbringen der Parteien

34. Die Kommission macht geltend, der Rechtsstreit stehe insgesamt im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Palma die klare Verpflichtung, den im Rahmen der Sonderausschreibung Nr. 8/90 EG erworbenen Alkohol zu verwenden, nicht erfuellt habe, und mit den Folgen dieser Nichterfuellung. Das im vorliegenden Fall streitige Rechtsverhältnis sei vertraglicher Art. Daher komme ausschließlich eine vertragliche Haftung der Kommission in Betracht. Deshalb stütze sich die Klage zu Unrecht auf Artikel 288 Absatz 2 EG und falle auch nicht in die dem Gemeinschaftsrichter in Artikel 240 EG abschließend vorbehaltene Zuständigkeit (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 18. Juli 1997 in der Rechtssache T44/96, Oleifici italiani, Slg. 1997, II1331, Randnr. 38).

35. Die Klägerin trägt vor, das Gericht sei für ihre Klage zuständig, weil diese auf die außervertragliche Haftung der Kommission gerichtet sei. Entgegen dem Vorbringen der Kommission sei die Streitfrage nicht im Rahmen einer Vertragsbeziehung zwischen Palma und der Kommission entstanden. Der im vorliegenden Fall entstandene Schaden habe seinen Ursprung in dem Schreiben vom 11. November 1996, das als einseitige Handlung der Kommission nicht der vertraglichen Sphäre zugeordnet werden könne.

36. Im Übrigen sei das Schreiben vom 11. November 1996, soweit es die Ersuchen von Palma bezüglich der Vernichtung des restlichen Alkohols und die Entscheidung über den Verfall der im Rahmen der Ausschreibung Nr. 8/90 gestellten Sicherheit betreffe, eine Maßnahme, die verbindliche Rechtswirkungen erzeuge, die die Interessen von Palma durch einen Eingriff in ihre Rechtsstellung beeinträchtigten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II367, Randnr. 42).

Würdigung durch das Gericht

37. Die Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt von der Antwort auf die Vorfrage ab, ob die eventuelle Haftung der Gemeinschaft aufgrund der der Kommission im vorliegenden Fall vorgeworfenen Handlungen vertraglicher Art ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 18. Juli 1997 in der Rechtssache T180/95, Nutria/Kommission, Slg. 1997, II1317, Randnr. 28).

38. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin und die Kommission durch einen Vertrag gebunden sind. Aus Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung Nr. 1780/89 ergibt sich nämlich, dass Palma sich ausdrücklich verpflichtete, alle Vorschriften dieser Ausschreibung einzuhalten, als sie sich an der durch die Verordnung Nr. 3390/90 eröffneten Ausschreibung beteiligte. Unter Berücksichtigung dieser Bedingungen reichte Palma für die 1,6 Millionen hl reinen Alkohols, die im Rahmen der Ausschreibung zum Verkauf angeboten wurden, ein Angebot über drei Ecu pro Hektoliter ein. Indem sie Palma den Zuschlag für die zum Verkauf angebotene Menge Alkohol erteilte, nahm die Kommission den von Palma vorgeschlagenen Preis und die sonstigen Verpflichtungen dieses Unternehmens an. Somit sind durch das Angebot von Palma und seine Annahme durch die Kommission die maßgebenden Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 1780/89 und 3390/90 und der Ausschreibungsbekanntmachung sowie der Angebotspreis von Palma zu Klauseln eines Vertrags geworden, der beide Parteien des vorliegenden Rechtsstreits bindet (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 3. Oktober 1997 in der Rechtssache T186/96, Mutual Aid Administration Services/Kommission, Slg. 1997, II1633, Randnr. 39, und Urteil des Gerichts vom 9. Oktober 2002 in der Rechtssache T134/01, Hans Fuchs/Kommission, Slg. 2002, II3909, Randnr. 53).

39. Weiter ist festzustellen, dass dieser Vertrag nach Abschluss geändert wurde. U. a. auf Ersuchen von Palma erließ die Kommission die Verordnungen Nrn. 2710/93 und 416/96, die die Ausschreibung teilweise aufheben und die Bedingungen für die Verwendung des tatsächlich verkauften Alkohols sowie für die Freigabe der Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung in Bezug auf diesen Alkohol ändern. Diese Änderungen sind wesentlicher Bestandteil des Vertrages.

40. Es ist zu prüfen, ob die angeblichen Rechtsverstöße der Kommission, auf die die vorliegende Schadensersatzklage gestützt wird, sich auf Verpflichtungen beziehen, die der Kommission nach diesem Vertrag obliegen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Mutual Aid Administration Services/Kommission, Randnr. 40).

41. Die Klägerin macht drei Rechtsverstöße geltend. Erstens habe die Kommission nicht berücksichtigt, dass Palma durch höhere Gewalt an der Erfuellung ihrer Verpflichtung gehindert worden sei, den tatsächlich erworbenen Alkohol innerhalb einer bestimmten Frist zu verwenden. Daraus ergebe sich eine Missachtung der entlastenden Wirkung der höheren Gewalt. Zweitens habe es die Kommission abgelehnt, die Bedingungen für die Verwendung des tatsächlich verkauften Alkohols erneut zu ändern, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darstelle. Drittens habe die Kommission diese Ablehnung nicht begründet und damit gegen die ihr gemäß Artikel 253 EG obliegende Begründungspflicht verstoßen.

42. Was zunächst die Verpflichtung der Kommission zur Berücksichtigung von höherer Gewalt betrifft, so handelt es sich um eine vertragliche Verpflichtung der Kommission. Sie ergibt sich nämlich aus den Vertragsbestimmungen, die in Artikel 2 der Verordnung Nr. 2710/93 sowie in Artikel 3 dieser Verordnung in der durch die Verordnung Nr. 416/96 geänderten Fassung vorgesehen sind. Daher bezieht sich der geltend gemachte Verstoß gegen die Verpflichtung zur Berücksichtigung höherer Gewalt auf eine vertragliche Verpflichtung und kann allenfalls eine Haftung der Gemeinschaft aus Vertrag begründen.

43. In Bezug auf die angebliche Verpflichtung der Kommission, einer aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Änderung der Bedingungen für die Verwendung des tatsächlich verkauften Alkohols zuzustimmen, ist festzustellen, dass eine solche Verpflichtung die Kommission nur aufgrund des Vertrages treffen könnte.

44. Zwar gilt Artikel 5 Absatz 3 EG, in dem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verankert ist, für alle Handlungsformen der Gemeinschaft, seien sie vertraglich oder außervertraglicher Art.

45. Dennoch ist der von der Kommission und Palma geschlossene Vertrag nach dem Grundsatz pacta sunt servanda, der ein tragender Grundsatz jeder Rechtsordnung ist (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1998 in der Rechtssache C162/96, Racke, Slg. 1998, I3655, Randnr. 49), grundsätzlich unantastbar. Daher kann sich eine Verpflichtung der Kommission, einer der von Palma vorgeschlagenen Änderungen des Vertrages zuzustimmen, nur aus dem Vertrag selbst oder aus den allgemeinen Grundsätzen vertraglicher Beziehungen ergeben, zu denen auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört. Der behauptete Verstoß gegen die Pflicht zur Änderung des Vertrages kann allenfalls eine vertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen.

46. Hinsichtlich der Begründungspflicht, die die Klägerin verletzt sieht, genügt schließlich der Hinweis, dass diese Pflicht der Kommission nach Artikel 253 EG obliegt. Sie betrifft jedoch nur deren einseitige Handlungen. Damit obliegt sie der Kommission nicht nach dem mit Palma geschlossenen Vertrag. Folglich kann diese Verpflichtung gegebenenfalls nur die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft begründen.

47. Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin ihre Schadensersatzklage, abgesehen von der behaupteten Verletzung der Begründungspflicht, mit der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch die Kommission begründet und dass die eingereichte Klage folglich auf einer vertraglichen Grundlage beruht (vgl. in diesem Sinne Beschluss Nutria/Kommission, Randnr. 36).

48. Nach Artikel 225 EG in Verbindung mit Artikel 238 EG ist das Gericht für Streitigkeiten vertraglicher Art, die ihm von natürlichen oder juristischen Personen vorgelegt werden, jedoch nur aufgrund einer hier nicht vorliegenden Schiedsklausel in erster Instanz zuständig.

49. Da die Kommission die Zuständigkeit des Gerichts bestreitet, kann dessen Anrufung in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht als Ausdruck des gemeinsamen Willens der Parteien angesehen werden, dem Gemeinschaftsrichter eine Zuständigkeit für vertragliche Streitigkeiten zu geben.

50. In Ermangelung einer Schiedsklausel im Sinne von Artikel 238 EG kann das Gericht, wenn es, wie im vorliegenden Fall, mit einer aufgrund von Artikel 235 EG eingereichten Schadensersatzklage befasst wird, nicht über diese Klage entscheiden, soweit damit in Wirklichkeit Schadensersatz aus Vertrag begehrt wird. Andernfalls würde es seine Zuständigkeit über die Rechtsstreitigkeiten hinaus ausdehnen, deren Entscheidung ihm durch Artikel 240 EG des Vertrages abschließend vorbehalten ist, da diese Bestimmung gerade den einzelstaatlichen Gerichten die allgemeine Zuständigkeit für die Entscheidung von Streitsachen überträgt, in denen die Gemeinschaft Partei ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 21. Mai 1987 in den Rechtssachen 133/85 bis 136/85, Rau, Slg. 1987, 2289, Randnr. 10, und Beschluss Mutual Aid Administration Services/Kommission, Randnr. 47).

51. Daraus ergibt sich, dass der Unzulässigkeitsgrund der Unzuständigkeit des Gerichts insoweit begründet ist, als die Klage auf einen Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung eines eventuell vorliegenden Falles von höherer Gewalt und auf einen Verstoß gegen die angebliche Pflicht gestützt ist, aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit den von Palma vorgeschlagenen Änderungen des Vertrages zuzustimmen.

52. Da der in erster Linie geltend gemachte Unzulässigkeitsgrund nicht die Abweisung der Klage als Ganzes rechtfertigt, ist der Unzulässigkeitsgrund des Verstoßes gegen Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung zu prüfen, soweit die Klägerin einen Verstoß gegen die Begründungspflicht rügt.

Zum Unzulässigkeitsgrund des Verstoßes gegen Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung

Vorbringen der Parteien

53. Die Kommission trägt vor, die Klage sei unzulässig, weil sie entgegen den Anforderungen des Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung keine konkreten und genauen Angaben über das Bestehen und den Umfang des behaupteten Schadens enthalte. Daher sei sie nicht in der Lage, den Schaden auszumachen, dessen Ersatz die Klägerin verlange.

54. Außerdem sei das Vorbringen hinsichtlich der Kriterien zur Bestimmung des Schadens in der Klageschrift einerseits und in der Erwiderung andererseits widersprüchlich. So seien die Transport- und Lagerkosten, deren Ersatz die Klägerin verlange, laut Klageschrift vor dem Schreiben vom 11. November 1996 angefallen, das die Klägerin doch als Ursache des angeblichen Schadens ansehe. Dagegen stelle die Erwiderung auf Transport- und Lagerkosten ab, die Palma angeblich aufgrund des Schreibens vom 11. November 1996 verauslagt habe.

55. Die Klägerin trägt vor, ihre Klageschrift erfuelle die Anforderungen von Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung. Sie habe hinreichend dargelegt, welche Schäden sie erlitten habe, und die Klageschrift nenne die verschiedenen Schadensposten sowie die grundlegenden Kriterien, die für die Bezifferung des Schadens zu berücksichtigen seien. Nach der Rechtsprechung genügten diese Angaben den Anforderungen von Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 1999 in der Rechtssache T277/97, Ismeri Europa/Rechnungshof, Slg. 1999, II1825, Randnr. 67). Schließlich beträfen die Kritikpunkte der Kommission die Begründetheit und seien folglich in deren Rahmen zu prüfen (Urteile des Gerichts vom 16. April 1997 in der Rechtssache T554/93, Saint und Murray/Rat und Kommission, Slg. 1997, II563, Randnr. 59, vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache T38/96, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, II1223, Randnr. 42, und vom 28, April 1998 in der Rechtssache T184/95, Dorsch Consult/Rat und Kommission, Slg. 1998, II667, Randnr. 23).

Würdigung durch das Gericht

56. Gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 53 Absatz 1 der Satzung für das Verfahren vor dem Gericht gilt, und Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung muss jede Klageschrift u. a. den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.

57. Die Frage, ob die Klageschrift diese Anforderungen erfuellt, betrifft zwingendes Recht und ist daher vom Gericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. u. a. Urteil des Gerichts vom 21. März 2002 in der Rechtssache T231/99, Joynson/Kommission, Slg. 2002, II2085, Randnr. 154).

58. Es ist daran zu erinnern, dass die oben in Randnummer 56 genannten Angaben so klar und genau sein müssen, dass der beklagten Partei die Vorbereitung ihrer Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (Beschluss des Gerichts vom 29. November 1993 in der Rechtssache T56/92, Koelman/Kommission, Slg. 1993, II1267, Randnr. 21, und Urteil des Gerichts vom 6. Mai 1997 in der Rechtssache T195/95, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, II679, Randnr. 20).

59. Eine Klage auf Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schäden genügt diesen Erfordernissen nur, wenn sie Tatsachen anführt, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem behaupteten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet (Urteil des Gerichts vom 18. September 1996 in der Rechtssache T387/94, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1996, II961, Randnr. 107).

60. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem ersten Klagegrund, dass das Gericht nur für die Entscheidung über den behaupteten Begründungsmangel des Schreibens vom 11. November 1996 zuständig ist, mit dem die Kommission es ablehnte, der von Palma vorgeschlagenen Änderung des Vertrages zuzustimmen. Im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrunds ist daher festzustellen, dass die von der Klägerin gegenüber der Kommission erhobene Rüge sich auf den Vorwurf einer Verletzung der Pflicht zur Begründung des Schreibens vom 11. November 1996 beschränkt, die jedenfalls nicht die Haftung der Gemeinschaft begründen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 15. September 1982 in der Rechtssache 106/81, Kind/Rat und Kommission, Slg. 1982, 2885, Randnr. 14, und vom 30. September 2003 in der Rechtssache C76/01 P, Eurocoton u. a./Rat, Slg. 2003, I-0000, Randnr. 98).

61. Aus der Klageschrift geht hervor, dass die Klägerin behauptet, einen von ihr auf 22 Milliarden Lire (11 382 051,78 Euro) geschätzten Schaden erlitten zu haben. Es ist jedoch festzustellen, dass die Klageschrift keine Angaben zu den Gründen enthält, aus denen die Klägerin eine Kausalität zwischen dem behaupteten Begründungsmangel des Schreibens vom 11. November 1996 und dem geltend gemachten Schaden annimmt. In der Klageschrift beschränkt sich die Klägerin nämlich auf die Behauptung, dass der angebliche Schaden die unmittelbare und offensichtliche Folge des Schreibens vom 11. November 1996 sei.

62. Daraus folgt, dass die Anforderungen von Artikel 21 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes und von Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung nicht erfuellt sind.

63. Aus diesen Gründen ist die Klage als unzulässig abzuweisen, ohne dass eine Prüfung der übrigen Gründe und Argumente erforderlich wäre, die die Kommission für die Unzulässigkeit der Klage vorgetragen hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

64. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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