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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 30.09.2003
Aktenzeichen: T-158/00
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission vom 1. März 1998 über die Anmeldungen, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 1 Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 6 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 6 Abs. 2
Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission vom 1. März 1998 über die Anmeldungen, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89 Art. 18 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 30. September 2003. - Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Zusammenschlüsse - Zulässigkeit - Bezahlfernsehmarkt und Markt für digitale interaktive Fernsehdienste - Ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt - Zusagen in der ersten Prüfungsphase - Fristen - Änderung der Zusagen - Unzulänglichkeit der Zusagen. - Rechtssache T-158/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-158/00

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. Mailänder und A. Bartosch, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Wiedner als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Kirch Pay-TV GmbH & Co. KGaA mit Sitz in Unterföring (Deutschland), Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt K. Metzlaff, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

British Sky Broadcasting Group plc (BSkyB) mit Sitz in Isleworth (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Solicitors S. Wisking und D. Livingston, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferinnen,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung SG(2000) D/102552 der Kommission vom 21. März 2000 (Sache COMP/JV.37), mit der diese den Zusammenschluss, durch den BSkyB die gemeinsame Kontrolle über Kirch Pay-TV GmbH & Co. KGaA erworben hat, nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 315, S. 1) für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum erklärt hat,

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter K. Lenaerts und J. Azizi,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2002

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Nach ihrem Artikel 1 gilt die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, in der berichtigten [ABl. 1990, L 257, S. 13] und durch die Verordnung [EG] Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 [ABl. L 180, S. 1] geänderten Fassung, nachstehend: Verordnung Nr. 4064/89 oder Fusionskontrollverordnung) für Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der Absätze 2 und 3 dieses Artikels.

2 Nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 4064/89 trifft die Kommission, wenn sie feststellt, dass der angemeldete Zusammenschluss zwar unter diese Verordnung fällt, jedoch keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, die Entscheidung, keine Einwände zu erheben, und erklärt den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt (nachstehend: Phase I).

3 Dagegen trifft die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 die Entscheidung, das Verfahren einzuleiten, wenn sie feststellt, dass der angemeldete Zusammenschluss unter die Verordnung fällt und Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt (nachstehend: Phase II).

4 Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 lautet:

"Stellt die Kommission fest, dass der angemeldete Zusammenschluss nach Änderungen durch die beteiligten Unternehmen keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe c gibt, so kann sie gemäß Absatz 1 Buchstabe b die Entscheidung treffen, den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.

Die Kommission kann ihre Entscheidung gemäß Absatz 1 Buchstabe b mit Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich einer mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden Gestaltung des Zusammenschlusses eingegangen sind."

5 Nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission vom 1. März 1998 über die Anmeldungen, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89 (ABl. L 61, S. 1) sind "[d]ie der Kommission von den beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung... Nr. 4064/89 vorgeschlagenen Verpflichtungen, die nach Absicht der Beteiligten die Grundlage für eine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung bilden sollen,... der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung vorzulegen".

6 In der Mitteilung über im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 und der Verordnung Nr. 447/98 zulässige Abhilfemaßnahmen (ABl. 2001, C 68, S. 3, nachstehend: Mitteilung über Abhilfemaßnahmen) legt die Kommission die Leitlinien dar, nach denen sie bei Verpflichtungszusagen vorzugehen beabsichtigt.

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

7 Am 22. Dezember 1999 meldeten die Unternehmen British Sky Broadcasting Group plc (nachstehend: BSkyB) und Kirch Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG (nachstehend: KVV) gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 4064/89 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 (L 180, S. 1, berichtigt in ABl. 1998, L 40, S. 17, nachstehend: Verordnung Nr. 1310/97) ein Zusammenschlussvorhaben an. Danach sollte BSkyB zusammen mit KVV die gemeinsame Kontrolle über das Unternehmen Kirch Pay-TV GmbH & Co. KGaA (nachstehend: KirchPayTV) erwerben.

8 BSkyB ist ein britisches Unternehmen, das im Medienbereich tätig ist, vorrangig im Bereich analoger und digitaler Fernsehdienste, die über Satellit und Kabel im Vereinigten Königreich und in Irland verbreitet werden, sowie zusätzlich im Bereich des terrestrischen Digitalfernsehens im Vereinigten Königreich. Sie vertreibt ihre eigenen Bezahlfernsehkanäle direkt an Abonnenten und über gewerbliche Kabel- und Sendebetriebe. Außerdem ist sie an dem Unternehmen British Interactive Broadcasting/Open beteiligt, das im Vereinigten Königreich digitale interaktive Fernsehdienste anbietet. Schließlich erbringt sie eine Reihe fernsehrelevanter Dienstleistungen.

9 Im Zeitpunkt der Anmeldung des Vorhabens war BSkyB in Deutschland nicht auf den Märkten für Bezahlfernsehen, für interaktives Digitalfernsehen und für den Erwerb von Fernsehrechten tätig.

10 KirchPayTV, ein deutsches Unternehmen, wurde zum Zeitpunkt der Anmeldung allein durch KVV kontrolliert, die ihrerseits im alleinigen gesellschaftsrechtlichen Eigentum der Kirch-Gruppe steht, eines Medienkonzerns, der in den Bereichen frei empfangbares Fernsehen, Rechtehandel auf den Gebieten Sport und Fiction, Film- und Fernsehproduktionen, Business-TV, Bezahlfernsehen und technische Dienstleistungen für Bezahlfernsehen tätig ist.

11 Die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens vom 22. Dezember 1999 wurde im Amtsblatt vom 11. Januar 2000 (ABl. C 7, S. 5) veröffentlicht. Am selben Tag erhielt die Klägerin ein Auskunftsersuchen der Kommission, in dem sie gebeten wurde, bis zum 14. Januar 2000 zu den Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens auf den Wettbewerb Stellung zu nehmen.

12 Die Klägerin antwortete der Kommission innerhalb der gesetzten Frist, dass der Zusammenschluss eine Verstärkung der beherrschenden Stellung von KirchPayTV auf den Märkten für Bezahlfernsehen, für den Erwerb von Programmrechten und für die Erbringung technischer Dienstleistungen für Bezahlfernsehen sowie die Entstehung einer solchen Stellung auf dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste zur Folge haben würde. Außerdem brachte die Klägerin ihre Sorge zum Ausdruck, dass das Zusammenwirken zwischen Kirch und BSkyB zu einer Verstärkung der vertikalen Integration der beteiligten Unternehmen auf den betroffenen Märkten und zu einer zwischenstaatlichen Wettbewerbsbeschränkung vor allem in den Bereichen der Beschaffung von Fernsehprogrammen und der digitalen interaktiven Fernsehdienste führen würde.

13 Am 21. Januar 2000 übermittelte die Klägerin der Kommission hierzu eine ergänzende und vertiefende Stellungnahme. Darin legte sie dar, dass der angemeldete Zusammenschluss durch die Kommission zu untersagen sei, weil er mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei. Hilfsweise müsse eine etwaige Genehmigung des Zusammenschlusses an Mindestauflagen und -bedingungen geknüpft werden.

14 Auf Anfrage der Kommission legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Februar 2000 dar, welche Auflagen, Bedingungen und öffentlich-rechtlichen Zusagen sie im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht in dem fraglichen Fusionskontrollverfahren für erforderlich hielt.

15 In dieser Stellungnahme trug die Klägerin erneut vor, dass ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen für eine Genehmigung des Zusammenschlussvorhabens nicht vorlägen, und machte hilfsweise eine Reihe von Vorschlägen für Zusagen, die die am Zusammenschluss Beteiligten auf jeden Fall zu akzeptieren hätten.

16 Die am Zusammenschluss Beteiligten legten der Kommission ein Zusagenpaket vor. Die Kommission forderte die Klägerin am 29. Februar 2000 auf, zu diesen Zusagen bis zum 2. März 2000 Stellung zu nehmen.

17 In ihrer Stellungnahme vom 2. März 2000 beanstandete die Klägerin, die angebotenen Zusagen stellten nicht mehr als das bloße Versprechen dar, die marktbeherrschende Stellung von KirchPayTV nicht zu missbrauchen.

18 Am 14. März 2000 forderte die Kommission die Klägerin auf, bis zum 15. März 2000 13.00 Uhr zu einer ersten abgewandelten Fassung des Zusagenpakets Stellung zu nehmen. Die Klägerin gab eine kurz gefasste Kommentierung ab.

19 Die Kommission gab der Klägerin keine Kenntnis von einer zweiten abgewandelten Fassung des Zusagenpakets und forderte sie nicht zu einer Stellungnahme dazu auf. Die Klägerin erhielt von diesem Paket am 18. März 2000 von dritter Seite Kenntnis.

20 Mit der Entscheidung vom 21. März 2000 (nachstehend: angefochtene Entscheidung) genehmigte die Kommission den fraglichen Zusammenschluss unter Bedingungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 sowie Artikel 57 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Die angefochtene Entscheidung

21 In der angefochtenen Entscheidung untersucht die Kommission die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf drei betroffene Märkte, nämlich den für Bezahlfernsehen, den für interaktives Digitalfernsehen und den für den Erwerb von Fernsehrechten.

Markt für Bezahlfernsehen

22 Nach den Nummern 23 bis 27 der angefochtenen Entscheidung sind der Bezahlfernsehmarkt und der Markt für frei empfangbares Fernsehen, d. h. das privat durch Werbung und das öffentlich durch Gebühren sowie Werbeeinnahmen finanzierte Fernsehen, gesonderte Märkte. Nach Auffassung der Kommission ist der Bezahlfernsehmarkt national abgegrenzt.

23 Die Kommission stellt in der angefochtenen Entscheidung fest, KirchPayTV habe in Deutschland durch "Premiere" eine Quasi-Monopol-Stellung für die Erbringung von Dienstleistungen für Bezahlfernsehen. Außerdem stellt sie fest, BSkyB habe im Vereinigten Königreich auf dem Bezahlfernsehmarkt eine beherrschende Stellung. In Nummer 51 gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, das Vorhaben gebe Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit, weil es die beherrschende Stellung von KirchPayTV auf dem Bezahlfernsehmarkt in Deutschland verstärke. Denn KirchPayTV sei aufgrund der finanziellen Mittel und des Know-hows, die von BSkyB eingebracht würden, in der Lage, ihre marktbeherrschende Stellung zu halten. Die Kommission führt insoweit aus:

"Zufluss von Finanzmitteln und Know-how

50. Die Beteiligten räumen ein, dass KirchPayTV "erheblicher zusätzlicher Mittel" bedarf, um ihre Geschäfte zu entwickeln. Sie veranschlagen die von KirchPayTV benötigten Finanzmittel auf insgesamt... und die entstandenen Verluste auf... Nach den Angaben in der Anmeldung konnte KirchPayTV die erforderlichen Mittel jedoch nicht auf dem Markt beschaffen. Außer Finanzmitteln bringt BSkyB reichlich Marketing und Vertriebs-Know-how ein, an dem es KirchPayTV nach Auskünften verschiedener Marktteilnehmer in kritischem Umfang fehlt.

Im Hinblick auf den erheblichen Aufwand für die Tätigkeiten auf diesem Markt, insbesondere auf die Digitalisierung der Dienstleistungen, die in den kommenden Jahren ansteht, hat die Kommission ernsthafte Bedenken, ob KirchPayTV ihre Stellung auf dem Bezahlfernsehmarkt in Deutschland ohne den Zusammenschluss hätte halten können. So könnten sich z. B. die Bedingungen für den Markteintritt Dritter mittelfristig erheblich verbessern, wenn KirchPayTV ihre Bezahlfernsehdienste nicht entsprechend den Erwartungen des Marktes modernisiert oder die Kontrolle über die für das Bezahlfernsehen benötigten Inhalte verliert. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung hat die Kommission bei der Prüfung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf den Wettbewerb die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen zu berücksichtigen. Außerdem hat die Kommission in einer Reihe von Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass, wenn infolge des Zusammenschlusses in größerem Umfang Finanzmittel zugeführt werden, dies zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung führen kann."

24 In den Nummern 52 bis 72 der angefochtenen Entscheidung prüft die Kommission überdies die Frage der Beseitigung potenziellen Wettbewerbs. Sie gelangt insoweit in Nummer 54 zu dem Ergebnis, dass weder BSkyB noch ein anderes Unternehmen kurz- oder mittelfristig auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt Fuß fassen könne. Sie stützt dieses Ergebnis im Wesentlichen auf folgende vier Gründe:

- die vorherrschende Stellung des frei empfangbaren Fernsehens in Deutschland behindere eine nennenswerte Entwicklung des Bezahlfernsehens;

- Kirch kontrolliere über BetaResearch die Dekodier-Infrastruktur (d-Box-Dekoder) und die in Deutschland für die Zugangskontrolle erforderliche Technologie;

- BSkyB verfüge über keine für den deutschen Markt geeigneten Programme;

- ein Zutritt zum deutschen Bezahlfernsehmarkt sei mit enormen finanziellem Aufwand verbunden.

25 Die Kommission gelangt daher in Nummer 70 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass BSkyB "kurz- oder mittelfristig" auf dem relevanten Markt kein potenzieller Wettbewerber sei.

Markt für digitale interaktive Fernsehdienste

26 In der angefochtenen Entscheidung heißt es, derzeit würden in Deutschland keine digitalen interaktiven Fernsehdienste angeboten. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass KirchPayTV in naher Zukunft auf diesem Markt tätig sein werde. Außerdem stellt sie fest, mindestens vier weitere Unternehmen, nämlich Bertelsmann, die Klägerin, UPC und die PrimaCom-Gruppe, bereiteten für die nahe Zukunft ihren Markteintritt vor. BSkyB verfüge als einziges Unternehmen in Europa über unmittelbare Erfahrung auf dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste.

27 Die Betreiber der Dienste auf diesem Markt seien grundsätzlich nicht die Lieferanten oder Erbringer der Produkte und Dienstleistungen, die den Verbrauchern angeboten und von diesen erworben würden. Die Betreiber stellten eine Plattform zur Verfügung, über die die Inhalteanbieter den Absatz ihrer Produkte und Dienstleistungen fördern und sie verkaufen könnten. Es seien daher diese Anbieter, von denen in erster Linie die Nachfrage ausgehe und damit die Einnahmen der Betreiber stammten. Allgemein könnten im Bereich des interaktiven Digitalfernsehens insbesondere Home banking, Home shopping sowie Urlaubs- und Reisedienstleistungen angeboten werden.

28 Der Markt für digitale interaktive Fernsehdienste sei zwar ein von dem des Bezahlfernsehens gesonderter Markt, doch könne der Bezahlfernsehmarkt für die digitalen interaktiven Fernsehdienste eine "Hebelwirkung" haben. Die Betreiber könnten nämlich, weil im Bezahlfernsehen Programme exklusiv angeboten würden, dadurch viele Fernsehzuschauer mit überdurchschnittlichem Einkommen gewinnen. Die beiden Märkte seien gesondert, aber komplementär. Geografisch sei der Markt auch hier national abgegrenzt.

29 Da Kirch die in Deutschland vorherrschende Dekodier-Infrastruktur (d-Box-Dekoder), die außerdem für die Erbringung der digitalen interaktiven Fernsehdienste erforderlich sei, kontrolliere, verfüge sie für das Angebot der digitalen interaktiven Fernsehdienste bereits über einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Nach Auffassung der Kommission kann der Zusammenschluss die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung weiter begünstigen, weil BSkyB die erforderlichen finanziellen Mittel und das auf dem britischen Markt erworbene Know-how einbringe. Die Kommission erhebt also auch insoweit ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt.

Markt für den Erwerb von Senderechten

30 Nach der angefochtenen Entscheidung haben Filme und Sportveranstaltungen für das Bezahlfernsehen Hebelwirkung und es bedarf der Nutzungsrechte an diesen Produkten, um Programme anbieten zu können, die für potenzielle Abonnenten so attraktiv sind, dass sie für den Empfang der Fernsehdienste zahlen.

31 Der Erwerb der Senderechte erfolge ebenfalls im nationalen Rahmen oder für ein Sprachgebiet (oder Gebiete mit gemeinsamer Sprache) - hier also für den deutschen oder den deutschsprachigen Markt. Bestimmte Sportübertragungsrechte würden dagegen für ganz Europa erworben und dann für die einzelnen Länder weiterverkauft. Es könne also für europaweite Sportübertragungen einen eigenen geografischen Markt geben. Eine genauere Definition des Marktes sei hier jedoch nicht erforderlich.

32 Die Kommission stellt in der angefochtenen Entscheidung fest, dass Kirch den Markt für den Erwerb von Senderechten in Deutschland beherrsche (durch langfristige ausschließliche Vereinbarungen), während BSkyB diesen Markt im Vereinigten Königreich beherrsche.

33 Die Kommission hat hinsichtlich des Marktes für den Erwerb von Senderechten keine Bedenken erhoben. Insbesondere hält sie eine Koppelung des Rechteerwerbs von KirchPayTV mit dem von BSkyB für unwahrscheinlich.

Die Zusagen

34 Die von den Beteiligten angebotenen Zusagen reichten nach Auffassung der Kommission aus, um ihre ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt wegen seiner Auswirkungen auf die Märkte für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste auszuräumen, und sie genehmigte daher den Zusammenschluss gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 4064/89.

Verfahren und Anträge der Beteiligten

35 Mit Klageschrift, die am 13. Juni 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

36 Mit Schriftsatz, der am 29. September 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat KirchPayTV ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Diesem Antrag ist mit Beschluss vom 11. Dezember 2000 stattgegeben worden.

37 Mit Schriftsatz, der am 23. November 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat BSkyB ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Diesem Antrag ist mit Beschluss vom 19. Februar 2001 stattgegeben worden.

38 Die Klägerin beantragt,

- die Entscheidung der Kommission vom 21. März 2000 in der Sache COMP/JV.37 für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

39 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

40 KirchPayTV beantragt,

- die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

41 BSkyB beantragt,

- die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten einschließlich derjenigen der BSkyB aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit

Zur Klagebefugnis

Vorbringen der Beteiligten

42 Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei durch die angefochtene Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen im Sinne vom Artikel 230 Absatz 4 EG.

43 Die Kommission stellt die individuelle Betroffenheit der Klägerin durch die angefochtene Entscheidung in Frage.

44 Die Mitwirkung am Verwaltungsverfahren, auch wenn sie auf Aufforderung der Kommission erfolgt sei, könne für sich allein nicht eine individuelle Betroffenheit durch die angefochtene Entscheidung begründen, insbesondere wenn sich wie hier auch viele andere Unternehmen im Verfahren geäußert hätten oder von ihr angehört worden seien. Die Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens erfordere begriffsnotwendig regelmäßig den Kontakt mit einer Vielzahl von Unternehmen.

45 Die Klägerin sei derzeit nur auf dem in der angefochtenen Entscheidung nicht behandelten Markt für frei empfangbares Fernsehen tätig. Somit könnten sich die Verpflichtungen zur Umsetzung der Vorgaben für die Einführung der digitalen Sendetechniken, auf die sich die Klägerin berufe, jedenfalls nur auf diesen Markt beziehen.

46 Dagegen gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin einen Eintritt in den Bezahlfernsehmarkt, der in der angefochtenen Entscheidung behandelt werde, ins Auge fasse. Sie sei daher derzeit nicht einmal als potenzieller Wettbewerber auf diesem Markt einzustufen.

47 Die Klägerin könne allenfalls als potenzieller Wettbewerber eines zukünftigen Marktes für digitale interaktive Fernsehdienste angesehen werden. Als solcher sei sie jedoch einer unter vielen anderen potenziellen Wettbewerbern dieses zukünftigen Marktes. Dass die Klägerin sich am Aufbau einer konkurrierenden technischen Plattform beteilige, ändere an diesem Ergebnis nichts.

48 Zum Vorbringen der Klägerin, sie sei durch die angefochtene Entscheidung individuell betroffen, weil eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung auf dem Bezahlfernsehmarkt Auswirkungen auf die Stellung der Beteiligten auf dem Markt für technische Dienstleistungen für Digitalfernsehen und damit wiederum auf dem Markt für frei empfangbares Digitalfernsehen habe, weist die Kommission darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung für die Annahme einer individuellen Betroffenheit nicht bereits ausreiche, lediglich - überdies nur potenzieller - Wettbewerber auf einem in der angefochtenen Entscheidung geprüften Markt zu sein. Noch weniger genüge es, wenn ein Unternehmen auf einem Markt tätig sei, der nicht einmal Gegenstand der Entscheidung sei.

49 Hinsichtlich der Zusagen der am Zusammenschluss Beteiligten trägt die Kommission vor, wenn sich die Klägerin als aus diesen Zusagen berechtigt betrachte, so gelte dies auch für alle Dritten, die von diesen Zusagen Gebrauch machen wollten.

50 Die Kommission gelangt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nur eines unter vielen Unternehmen sei, die entweder potenzielle Wettbewerber oder Kunden der am Zusammenschluss Beteiligten seien. Ihre Lage unterscheide sich daher nicht von der all jener Unternehmen, die als (potenzielle) Wettbewerber von KirchPayTV in Frage kämen oder auf benachbarten Märkten tätig seien. Die Klägerin sei daher nicht wie die Klägerin in den den Urteilen Air France I (Urteil des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-2/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II-323, Randnr. 82) und Air France II (Urteil des Gerichts vom 24. März 1994 in der Rechtssache T-3/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II-121 Randnr. 45) zugrunde liegenden Rechtssachen der einzige Wettbewerber der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen. Zudem sei ihre Lage im Hinblick auf den fraglichen Zusammenschluss nicht wie bei der Klägerin in der dem Urteil Air France I (Randnr. 82) zugrunde liegenden Rechtssache deutlich anders als die der anderen auf dem gleichen Sektor tätigen Unternehmen.

51 KirchPayTV bestreitet eine unmittelbare Betroffenheit der Klägerin durch die angefochtene Entscheidung. Aus dem Urteil Air France I (Randnr. 80) ergebe sich, dass unmittelbar betroffen im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG nur sein könne, wer auf den Märkten, auf die sich die angefochtene Entscheidung beziehe, tätig sei. Die angefochtene Entscheidung beeinträchtige die Klägerin jedoch nur in ihrer Stellung auf dem Markt für frei empfangbares Digitalfernsehen, auf dem sie potenzielle Wettbewerberin sei; dieser sei aber nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung.

52 Sie bestreitet außerdem eine individuelle Betroffenheit der Klägerin durch die angefochtene Entscheidung.

53 Sie trägt hierzu erstens vor, dass die bloße Mitwirkung der Klägerin am Verwaltungsverfahren nicht ausreiche, um sie zu individualisieren.

54 Der Zweck der Voraussetzung der Klagebefugnis, die zur Beschränkung der Klagemöglichkeiten diene, werde nicht erreicht, wenn bereits die Mitwirkung an einem Zusammenschlussverfahren als ausreichend anzusehen sein sollte. Die Vielzahl der Beteiligten bei solchen Verfahren würde nämlich zu einer Ausuferung der Klagebefugnis führen.

55 Zweitens bestreitet KirchPayTV, dass die von den am Zusammenschluss Beteiligten gegebenen Zusagen eine individuelle Betroffenheit der Klägerin begründen könnten. Denn von diesen Zusagen könnten viele Wettbewerber und nicht nur die Klägerin Gebrauch machen.

56 Drittens bestreitet KirchPayTV, dass die Beteiligung der Klägerin am Verband Free Universe Network (nachstehend: FUN) ihre individuelle Betroffenheit begründen könne. Beim FUN handele es sich nämlich nicht um eine potenziell konkurrierende technische Plattform, sondern um einen reinen Interessenverband zur Durchsetzung bestimmter technischer Lösungen zum Betrieb technischer Plattformen. Als bloßer Interessenverband könne der FUN daher durch die Entscheidung selbst nicht unmittelbar betroffen sein. Noch weniger könne eine individuelle Betroffenheit der Klägerin durch diese Entscheidung aus ihrer bloßen Beteiligung an diesem Verband hergeleitet werden.

57 Viertens verweist KirchPayTV darauf, dass es sich bei der Klägerin um eine Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten handele. Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Vereinigung, die zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen einer Gruppe von Mitgliedern gegründet worden sei, von einer Entscheidung, die die allgemeinen Interessen dieser Gruppe berühre, nicht individuell betroffen (Beschluss des Gerichtshofes vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-409/96 P, Sveriges Betodlaeres und Henrikson/Kommission, Slg. 1997, I-7531, Randnr. 45, und Urteil des Gerichts vom 11. Februar 1999 in der Rechtssache T-86/96, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt Unternehmen und Hapag-Lloyd/Kommission, Slg. 1999, II-179, Randnrn. 55 ff.). Eine solche Vereinigung könne insbesondere keine Klage erheben, wenn dies ihren Mitgliedern als einzelnen - wie hier - verwehrt sei.

Würdigung durch das Gericht

58 Nach Artikel 230 Absatz 4 EG kann "[j]ede natürliche oder juristische Person... gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen".

59 Da die angefochtene Entscheidung nicht an die Klägerin, sondern nur an die am Zusammenschluss Beteiligten gerichtet war, ist zu prüfen, ob sie die Klägerin unmittelbar und individuell betrifft.

60 Entgegen dem Vortrag von KirchPayTV kann die unmittelbare Betroffenheit nicht in Abrede gestellt werden. Da die angefochtene Entscheidung nämlich die sofortige Durchführung des Zusammenschlusses gestattet, bewirkt sie eine unmittelbare Änderung der Lage auf den betroffenen Märkten, die dann nur noch vom alleinigen Willen der Parteien abhängt (vgl. Urteil Air France II, Randnr. 80, und Urteil des Gerichts vom 3. April 2003, BaByliss/Kommission, T-114/02, Slg. 2003, II-0000, Randnr. 89).

61 Daher ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung die Klägerin auch individuell betrifft.

62 Nach ständiger Rechtsprechung sind andere Personen als die Adressaten einer Entscheidung nur dann individuell betroffen, wenn diese Entscheidung sie "wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten" (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 228, und vom 10. Dezember 2002 in der Rechtssache C-312/00 P, Kommission/Camar und Tico, Slg. 2002, I-11355, Randnr. 73, und die dort angeführte Rechtsprechung).

63 Hier ist zu prüfen, in welchem Maße die Klägerin aufgrund ihrer Mitwirkung am Verfahren und der Beeinträchtigung ihrer Stellung auf dem Markt im Sinne von Artikel 230 EG individualisiert ist.

64 Das Gericht stellt erstens, was die Mitwirkung am Verfahren angeht, fest, dass die Klägerin am 11. Januar 2000 von der Kommission ein Auskunftsersuchen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 4064/89 erhielt, in dem sie gebeten wurde, binnen drei Tagen zu den Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens auf den Wettbewerb Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 14. Januar 2000 erteilte die Klägerin die gewünschten Auskünfte.

65 Am 21. Januar 2000, d. h. innerhalb der Frist von 10 Tagen nach dem Datum der Veröffentlichung des Vorhabens eines Zusammenschlusses im Amtsblatt gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89, übermittelte die Klägerin der Kommission eine ergänzende Stellungnahme über die Auswirkungen des fraglichen Zusammenschlusses auf die Wettbewerbslage auf den betroffenen Märkten und über ihre eigene Situation.

66 Am 22. Februar 2000 sandte die Klägerin auf Anfrage der Task force "Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse" der Kommission erneut einen sehr ausführlichen Schriftsatz, in dem sie ihre Stellungnahme zu den kritischen Punkten des Zusammenschlussverfahrens wiederholte und unter Aufrechterhaltung des Standpunkts, dass der beabsichtigte Zusammenschluss unvereinbar sei, darlegte, welche Bedingungen, Auflagen und Zusagen sie für erforderlich hielt, falls die Kommission entscheiden sollte, gegen den Zusammenschluss keine Einwände zu erheben. Diese Vorschläge betrafen die Voraussetzungen für die Öffnung der fraglichen Märkte und insbesondere den diskriminierungsfreien Zugriff anderer Dekoder als der d-Box auf sämtliche übertragenen Fernsehprogramme und sämtliche interaktiven Dienste, den Zugang anderer Betreiber zu den Rechten an den Programmen von KirchPayTV und die Unterbindung eines mittelbaren Einflusses der Kirch-Gruppe auf die Verwendung der Infrastruktur der Breitbandkabelnetze der Deutsche Telekom AG.

67 Nach dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung bezieht sich die Kommission an zehn Stellen auf Bemerkungen Dritter (Nrn. 49, 50, 53, 57, 71, 73, 75, 77, 79 und 84 der angefochtenen Entscheidung); die meisten dieser Stellen betreffen Fragen, die die Klägerin in den Stellungnahmen, die sie im Verwaltungsverfahren an die Kommission richtete, ausdrücklich aufgeworfen hat.

68 So behauptete die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 22. Februar 2000, dass Kirch allein finanziell nicht stark genug sei, um die digitalen Dienste selbst zu entwickeln, und in ihren Stellungnahmen vom 14. und vom 21. Januar 2000, dass BSkyB über unvergleichliche Erfahrung und unvergleichliches Know-how im Marketing und Vertrieb des Bezahlfernsehens verfüge, deren Transfer in der Vereinbarung vorgesehen sei. In Nummer 49 der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, eine Reihe Dritter habe geltend gemacht, dass der angemeldete Zusammenschluss aufgrund der erheblichen finanziellen Mittel und des Know-hows, die in KirchPayTV eingebracht würden, deren beherrschende Stellung auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt verstärken werde. In den Nummern 50 ff. der angefochtenen Entscheidung gelangt die Kommission aufgrund dieser Erwägungen zu dem Ergebnis, es bestuenden ernsthafte Bedenken.

69 In Nummer 53 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, eine Reihe Dritter habe vorgetragen, dass am ehesten mit dem Eintritt von BSkyB in den deutschen Bezahlfernsehmarkt zu rechnen sei, was die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 14. Januar 2000 erwähnt hatte.

70 In Nummer 75 der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission entsprechend dem Hinweis der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 21. Januar 2000 fest, der Eintritt von KirchPayTV in den Markt für digitale interaktive Fernsehdienste drohe eine beherrschende Stellung zu begründen, indem ihre d-Box-Technologie in Deutschland als Standard-Dekoder durchgesetzt werde.

71 Schließlich geht die Kommission in Nummer 84 der angefochtenen Entscheidung auf das Vorbringen Dritter zum Problem der Einkaufsmacht von Kirch beim Erwerb von Senderechten ein, das die Klägerin in ihren Stellungnahmen vom 14. und vom 21. Januar 2000 aufgeworfen hatte.

72 Folglich hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf zahlreiche Argumente gestützt, die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren angeführt worden waren.

73 Im Übrigen hatte die Kommission die Klägerin aufgefordert, ihr ihren Standpunkt zu etwaigen Zusagen mitzuteilen, durch die die gegen den Zusammenschluss bestehenden ernsthaften Bedenken entkräftet werden könnten, und die Vorschläge der Klägerin wurden in der angefochtenen Entscheidung zumindest teilweise berücksichtigt.

74 Außerdem holte die Kommission zu den ersten beiden Fassungen der Zusagen die Stellungnahme der Klägerin ein. In ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hat die Kommission hierzu ausgeführt, dass außer der Klägerin nur noch zwei weitere Unternehmen, die Bertelsmann AG und die Universal Studios Inc, Kopie der ersten beiden Fassungen der Zusagen erhalten hatten, und dass Bertelsmann überdies, im Gegensatz zur Klägerin, die dritte und letzte Fassung der Zusagen erhalten hatte.

75 Zudem ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihren Schreiben an die Kommission nicht bloß einseitig und unaufgefordert handelte, sondern dass sie von der Kommission wiederholt zur Stellungnahme aufgefordert worden war.

76 Daraus ergibt sich, dass die Klägerin an dem Verfahren aktiv mitgewirkt hat. Wie die Kommission zu Recht hervorhebt, ist zwar eine einfache Mitwirkung am Verfahren für sich allein kein ausreichender Nachweis dafür, dass die Entscheidung die Klägerin individuell betrifft; dies gilt insbesondere im Bereich der Zusammenschlüsse, zu deren genauer Prüfung mit zahlreichen Unternehmen in Kontakt zu treten ist. Eine aktive Mitwirkung am Verwaltungsverfahren bildet jedoch auch in dem spezifischeren Bereich der Fusionskontrolle einen Umstand, der zusammen mit anderen Umständen des Einzelfalles für die Zulässigkeit einer Klage sprechen kann (Urteil BaByliss/Kommission, Randnr. 95). Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, wo, wie oben festgestellt, diese aktive Mitwirkung den Ablauf des Verfahrens und zumindest teilweise den Inhalt der angefochtenen Handlung beeinflusst hat, und zwar sowohl im Hinblick auf die gegen das Zusammenschlussvorhaben bestehenden ernsthaften Bedenken als auch auf die nach Ansicht der Kommission zu deren Ausräumung erforderlichen Zusagen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz/Kommission, Slg. 1986, 391, Randnrn. 24 und 25).

77 Was zweitens die Beeinträchtigung der Stellung der Klägerin auf dem Markt angeht, ist zunächst festzustellen, dass der fragliche Zusammenschluss den Bezahlfernsehmarkt betrifft und die Klägerin auf diesem Markt unstreitig nicht präsent ist. Die Klägerin hat in einem Schreiben vom 22. Februar 2000 an die Kommission sogar mitgeteilt, dass «ARD public broadcasting stations are neither mandated nor considering to enter the PayTV market».

78 Der Umstand, dass die Klägerin auf dem Bezahlfernsehmarkt nicht als Wettbewerber oder auch nur als potenzieller Wettbewerber von KirchPayTV angesehen werden kann, bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Entscheidung sie nicht individuell betrifft. Zum einen ist der Bezahlfernsehmarkt, auch wenn KirchPayTV dort den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit hat, nur einer der drei Märkte, auf denen durch den Zusammenschluss nach Feststellung der Kommission die beherrschende Stellung der Kirch-Gruppe gefestigt wird. Zum anderen kann, so wie die Nichtigkeitsklage eines potenziellen Wettbewerbers der an einem Zusammenschluss Beteiligten gegen die Genehmigungsentscheidung im Fall oligopolistischer Märkte zulässig sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. November 1997 in der Rechtssache T-290/94, Kaysersberg/Kommission, Slg. 1997, II-2137, und Urteil BaByliss/Kommission), wenn wie im vorliegenden Fall die Monopolstellung eines Unternehmens durch den Zusammenschluss gefestigt wird, unter bestimmten Umständen auch die Nichtigkeitsklage eines Marktteilnehmers zulässig sein, der nur auf benachbarten, oder auf vor- oder nachgelagerten Märkten präsent ist.

79 Im vorliegenden Fall könnte die Stellung der Klägerin durch folgende fünf Umstände beeinträchtigt sein: das Bestehen einer gewissen Konkurrenz zwischen dem frei empfangbaren und dem Bezahlfernsehen, die zukünftige Konvergenz zwischen dem frei empfangbaren und dem Bezahlfernsehen durch die Digitalisierung, die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die digitalen interaktiven Fernsehdienste, die Beteiligung der Klägerin am FUN-Projekt und den Erwerb von Senderechten.

- Bestehen eines gewissen Wettbewerbs zwischen dem frei empfangbaren und dem Bezahlfernsehen

80 Der Markt für frei empfangbares Fernsehen, auf dem die Klägerin tätig ist, ist zwar, wie in den Nummern 23 bis 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, ein vom Bezahlfernsehmarkt gesonderter Markt; doch wird in Nummer 56 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich anerkannt, dass es zwischen den beiden Märkten eine gewisse Interaktion gibt. In der angefochtenen Entscheidung wird nämlich im Rahmen der Prüfung der Schranken für den Zutritt zum deutschen Bezahlfernsehmarkt festgestellt, dass dieser wegen der Stärke des Marktes für frei empfangbares Fernsehen nur schwer zu entwickeln sei.

81 Daraus folgt, dass der Zusammenschluss bestimmte Rückwirkungen auf den Markt für frei empfangbares Fernsehen haben kann, soweit damit durch die Einbringung von finanziellen Mitteln und Know-how von BSkyB eine Stärkung der Finanzkraft von Kirch angestrebt wird, um Kirch die Entwicklung und Modernisierung ihrer Geschäfte im Bereich des Bezahlfernsehens zu ermöglichen. Die Klägerin ist nun aber eines der beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehunternehmen, die in Deutschland auf dem Markt für frei empfangbares Fernsehen tätig sind, und überdies einer der beiden Hauptteilnehmer auf diesem Markt. Insbesondere ist, wenn es Kirch nach dem Zusammenschluss gelingt, neue Abonnenten zu gewinnen, damit zu rechnen, dass die Klägerin Fernsehzuschauer verliert und damit ihre Einnahmen sinken. In dieser Hinsicht kann die angefochtene Entscheidung die Klägerin beeinträchtigen.

- Zukünftige Konvergenz zwischen dem frei empfangbaren und dem Bezahlfernsehen durch die Digitalisierung

82 In Nummer 25 der angefochtenen Entscheidung wird ferner anerkannt, dass durch die Digitalisierung in Zukunft eine gewisse Konvergenz zwischen Bezahlfernsehen und frei empfangbarem Fernsehen zu erwarten ist.

83 Da zudem das Bezahlfernsehen bislang der einzige Bereich ist, in dem sich die Digitaltechnik hat entwickeln können, schlägt die beherrschende Stellung von KirchPayTV auf dem Bezahlfernsehmarkt auf den Markt für Digitalfernsehen durch.

84 Die Klägerin ist jedoch aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen verpflichtet, die staatlichen Vorgaben für die Einführung der digitalen Sendetechniken umzusetzen.

85 Daher kann der Zusammenschluss, obzwar er auf dem Bezahlfernsehmarkt stattfindet, die Wettbewerbsstellung der Klägerin auf dem zukünftigen Markt für frei empfangbares Digitalfernsehen in Deutschland beeinträchtigen.

- Auswirkung des Zusammenschlusses auf die digitalen interaktiven Fernsehdienste

86 Aus den Nummern 30 bis 41 und 73 bis 80 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass der fragliche Zusammenschluss den zukünftigen Markt für digitale interaktive Fernsehdienste beeinflussen kann. Die Kommission weist insoweit nämlich in den Nummern 32, 40 und 94 darauf hin, dass für die Entwicklung dieses Marktes der Bezahlfernsehmarkt Hebelwirkung habe, weil dort exklusive Programme angeboten würden, durch die die Betreiber interaktiver Fernsehdienste viele Fernsehzuschauer mit hohem Einkommen gewinnen könnten. Da der Zusammenschluss eine Verstärkung der Stellung von Kirch auf dem Bezahlfernsehmarkt bewirke (Nr. 50), werde er auch die Stellung von Kirch auf dem zukünftigen Markt für interaktive Fernsehdienste verstärken. Nach Nummer 73 ist die Klägerin jedoch einer der vier Betreiber, die angekündigt haben, in naher Zukunft interaktive Dienste entwickeln zu wollen.

87 Im Übrigen sind für die Einrichtung einer technischen Infrastruktur, um digitale interaktive Fernsehdienste anbieten zu können, erhebliche Investitionen erforderlich. In der angefochtenen Entscheidung heißt es hierzu in Nummer 75, durch den Zusammenschluss könnten die Möglichkeiten eines Marktzutritts für Dritte erheblich geschmälert werden, weil er es Kirch ermögliche, vor allen anderen Zutritt zum Markt zu erlangen und damit die Marktzutrittsschranken durch Einführung der d-Box in Deutschland als Standard-Dekoder zu erhöhen.

88 Der Zusammenschluss kann daher die Stellung der Klägerin als zukünftiger Teilnehmer auf dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste beeinträchtigen, indem er zum einen den potenziellen Wettbewerber Kirch stärkt und zum anderen die Abhängigkeit der Klägerin von der für den Eintritt in diesen Markt erforderlichen Kirchschen Technologie verschärft.

- Beteiligung der Klägerin am FUN-Projekt

89 Es ist unstreitig, dass das Anbieten digitaler Fernsehdienste, ob nun im Bezahlfernsehen, im frei empfangbaren oder im interaktiven Fernsehen, eine bestimmte Technologie voraussetzt. Derzeit wird in Deutschland für die Übertragung digitaler Signale über Kabel ausschließlich die von BetaResearch, einer Kirch-Tochter, entwickelte Technologie verwendet, die von BetaDigital, einer anderen Kirch-Tochter, und Deutsche Telekom, Lizenznehmerin der BetaResearch für die Nutzung der Kirchschen Technologie, betrieben wird. Die Klägerin ist der einzige Fernsehveranstalter, der am FUN-Verband beteiligt ist; die Unternehmen, aus denen dieser Verband besteht, tragen alle auf unterschiedliche Weise (insbesondere durch Einbringung einer Verschlüsselungstechnologie, eines Decoders, eines elektronischen Programmführers usw.) zur Errichtung einer zweiten digitalen Plattform in Deutschland bei. Dieser Verband strebt die Implementierung einer alternativen offenen Plattform an, d. h. einer Plattform, die anders als die KirchPayTV nicht mit einem patentierten Zugangskontrollsystem arbeitet. Die beherrschende Stellung von KirchPayTV auf dem Markt für technische Dienstleistungen für Digitalfernsehen, die aus ihrer Stellung auf dem Markt für Dienstleistungen für Bezahlfernsehen resultiert, ist geeignet, die Entwicklung der FUN-Plattform zu erschweren. Die Klägerin ist daher in dieser Hinsicht durch die Auswirkungen des fraglichen Zusammenschlusses besonders betroffen.

- Erwerb von Senderechten

90 Da die Finanzkraft von Kirch und ihre Beziehungen mit BSkyB, einem anderen wichtigen Erwerber von Senderechten, durch den Zusammenschluss verstärkt werden, ist nicht auszuschließen, dass dieser die Klägerin als Erwerber solcher Rechte beeinträchtigt.

91 Nach den Nummern 81 und 83 der angefochtenen Entscheidung beherrschen Kirch und BSkyB den deutschen bzw. den britischen Markt für Senderechte für Filme und die wesentlichen Sportveranstaltungen, wobei BSkyB zudem bestimmte Senderechte in Deutschland besitzt.

92 In den Nummern 85 ff. der angefochtenen Entscheidung gelangt die Kommission zwar zu dem Ergebnis, der Zusammenschluss auf diesem Markt gebe keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken, und weist insbesondere darauf hin, der Zusammenschluss habe weder eine erhebliche Verstärkung der beherrschenden Stellung von Kirch noch die Gefahr einer Kollusion zwischen den Muttergesellschaften von KirchPayTV zur Folge.

93 Doch hat die Klägerin zum einen im Verwaltungsverfahren Befürchtungen geäußert, der Zusammenschluss könne zu einer Bündelung der Nachfrage nach den Rechten für Filme und Sportveranstaltungen auf dem deutschen Markt führen, und die am Zusammenschluss Beteiligten haben, um diesem Einwand abzuhelfen, eine Zusage gemacht; zum anderen hat die Klägerin vor dem Gericht bestritten, dass diese Zusage ausreiche, und gerügt, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung diese Zusage lediglich zur Kenntnis genommen und nicht zur notwendigen Bedingung der Genehmigung des Zusammenschlusses gemacht habe.

94 Unter diesen Umständen betrifft die angefochtene Entscheidung auch die Klägerin, die mit den Beteiligten des Zusammenschlusses auf dem Markt für den Erwerb von Senderechten in Deutschland konkurriert.

95 Aus alldem ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung die Klägerin unmittelbar und individuell betrifft, weil diese aufgrund des Umstands, dass sie am Verwaltungsverfahren, in dem sie Stellungnahmen abgab, die zum Teil Einfluss auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung und die Art der Zusagen hatten, in qualifizierter Weise mitwirkte und ihre Stellung auf den Märkten für Digitalfernsehen, für digitale interaktive Fernsehdienste, für technische Dienstleistungen für Digitalfernsehen und für den Erwerb von Senderechten spezifisch beeinträchtigt wird: Die Klage ist somit zulässig.

Zu den Voraussetzungen von Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung

96 Erstens macht die Kommission geltend, die Klage sei unzulässig, da in der Klageschrift undifferenziert auf Vorbringen im Verwaltungsverfahren verwiesen werde und rechtliche Argumente nicht deutlich genug dargelegt würden.

97 Es ist festzustellen, dass die Bezugnahme auf Vorbringen im Verwaltungsverfahren die Klage nicht unzulässig macht. Vielmehr ist solches Vorbringen, soweit es nicht in der Klageschrift wiederholt worden ist, unbeachtlich, da es, wie das Gericht bereits entschieden hat, "nicht Sache des Gerichts [ist], die Klagegründe, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion" (Urteil des Gerichts vom 7. November 1997 in der Rechtssache T-84/96, Cipeke/Kommission, Slg. 1997, II-2081, Randnr. 34).

98 Zweitens rügt die Kommission, die Klageschrift genüge nicht den Erfordernissen nach Artikel 44 § 1 Buchstaben c und e der Verfahrensordnung, weil die Klagegründe nicht begründet worden seien und die Klägerin für ihre Behauptungen keinen Beweis anbiete. Da sich diese Rügen nicht auf die Zulässigkeit der Klage selbst, sondern auf die der verschiedenen Klagegründe beziehen, werden sie bei deren Prüfung behandelt.

Zur Begründetheit

99 Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe: erstens auf eine fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt des Artikels 2 Absätze 3 und 4 der Verordnung Nr. 4064/89, zweitens auf eine Verletzung von Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89, drittens auf eine Unzulänglichkeit der Zusagen, viertens auf einen Verfahrensfehler durch Nichteinleitung des Verfahrens nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 und fünftens auf eine unzulässige Verkürzung der Beteiligungsrechte Dritter am Verfahren.

Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt des Artikels 2 Absätze 3 und 4 der Verordnung Nr. 4064/89

Vorbringen der Parteien

100 Die Klägerin trägt vor, die Kommission sei in Nummer 54 der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Auswirkung des Zusammenschlussvorhabens auf den Wettbewerb auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt gestützt auf ihre Ausführungen in den Nummern 56 bis 70 zu dem Ergebnis gelangt, dass auf diesem Markt weder BSkyB noch irgendein anderes Unternehmen kurz- und mittelfristig potenzieller Wettbewerber von KirchPayTV sei.

101 Dieses Ergebnis stehe in Widerspruch zu der Feststellung der Kommission in Nummer 50 der angefochtenen Entscheidung, dass sie ernsthafte Bedenken habe, was die Fähigkeit von KirchPayTV angehe, ihre Position auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt zu halten, falls das Zusammenschlussvorhaben nicht durchgeführt werden sollte, und dass sich die Bedingungen für den Zutritt Dritter zu diesem Markt kurzfristig deutlich verbessern würden, falls KirchPayTV ihre Position auf diesem Markt nicht halten sollte.

102 Die Klägerin wirft der Kommission also vor, die Auswirkung des Zusammenschlussvorhabens auf den potenziellen Wettbewerb auf diesem Markt ausschließlich anhand des Status quo zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung bewertet zu haben, also ausgehend von einer unangefochtenen marktbeherrschenden Stellung von KirchPayTV, anstatt auf die Veränderung dieser Stellung abzustellen, die nach ihrer eigenen Feststellung ohne den Zusammenschluss mittelfristig zu erwarten sei.

103 Sie beanstandet diese Art und Weise, den potenziellen Wettbewerb zu bewerten, bei der zur Bestimmung der Marktposition des am Zusammenschluss beteiligten Unternehmens und damit der Höhe der durch diese Position gebildeten Marktzutrittschranke für potenzielle Wettbewerber auf den Status quo abgestellt und die wahrscheinliche künftige Veränderung dieser Position außer Acht gelassen werde.

104 Diese Art und Weise, den potenziellen Wettbewerb zu bewerten, stelle eine fehlerhafte Würdigung von Tatsachen dar, die einer zutreffenden Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens nach Artikel 2 Absätze 3 und 4 der Fusionskontrollverordnung im Wege stehe.

105 Die Klägerin stellt fest, sie bestreite keine der Tatsachen, die die Kommission in den Nummern 56 bis 70 der angefochtenen Entscheidung zur Untermauerung der Ansicht anführe, dass weder BSkyB noch ein anderes Unternehmen als potenzieller Wettbewerber von KirchPayTV angesehen werden könnten.

106 In Erwiderung auf das Vorbringen von KirchPayTV, die Kommission sei bei ihrer Analyse der Auswirkung des Zusammenschlussvorhabens auf den potenziellen Wettbewerb zwischen KirchPayTV und BSkyB oder anderen Unternehmen von einer mittelfristigen Prognose und also nicht vom Status quo ausgegangen, räumt die Klägerin ein, dass die Kommission bei dieser Analyse in der Tat teilweise auf eine mittelfristige Sicht abgestellt habe. Die Kommission habe im Rahmen dieser Analyse aber nicht den von ihr selbst in Nummer 50 der angefochtenen Entscheidung hervorgehobenen Umstand berücksichtigt, dass sich die Bedingungen für einen Zutritt dritter Wettbewerber zum deutschen Bezahlfernsehmarkt ohne einen erheblichen Kapitalzufluss an KirchPayTV mittelfristig deutlich verbessern könnten. Anstatt diese mittelfristige Senkung der Marktzutrittsschranken in Betracht zu ziehen, habe die Kommission vielmehr auf die gegenwärtige beherrschende Stellung von KirchPayTV in den Bereichen Technologie und Programminhalte abgestellt und daraus abgeleitet, dass es keinen potenziellen Wettbewerb gebe. In diesem Sinne habe die Kommission den potenziellen Wettbewerb anhand des Status quo bewertet.

107 Entgegen dem Vorbringen der BSkyB treffe es nicht zu, dass die Stärke des deutschen Marktes für frei empfangbares Fernsehen den Zutritt potenzieller Wettbewerber zum deutschen Bezahlfernsehmarkt erheblich behindere und dass ein Scheitern von KirchPayTV den Zutritt potenzieller Wettbewerber zu diesem Markt nicht nur nicht fördere, sondern sie umgekehrt von einem Engagement abhalte und die objektive Bedeutung der Schranken für den Zutritt zu diesem Markt aufzeige.

108 Diese Argumente seien nämlich rein hypothetischer Natur und grob fehlerhaft. Entscheidend für die Beurteilung, ob die Kommission gegen Artikel 2 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung verstoßen habe oder nicht, seien allein die rechtlichen Erwägungen, die sie in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich angestellt habe, und nicht diejenigen, die sie sinnvollerweise hätte anstellen können.

109 Zudem sei die Stärke des deutschen Marktes für frei empfangbares Fernsehen nur einer von insgesamt vier Gesichtspunkten, die die Kommission in ihrer Entscheidung angeführt habe, um ein potenzielles Wettbewerbsverhältnis auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt zu verneinen. Nichts in der angefochtenen Entscheidung deute darauf hin, dass die Kommission der deutschen Marktsituation im Bereich des frei empfangbaren Fernsehens insoweit eine besonders herausragende Bedeutung zugemessen hätte. Ebenso wenig habe die Kommission dargelegt, dass ein Scheitern von KirchPayTV andere potenzielle Wettbewerber von einem Engagement abhalten könnte.

110 Die Kommission macht geltend, dass dieser Klagegrund unzulässig sei.

111 Zum einen sei der Klagegrund unzulässig, soweit undifferenziert auf Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren Bezug genommen werde. Die Kommission verweist hierzu insbesondere auf die folgende Stelle auf Seite 6 der Klageschrift: "Die Klägerin macht sich ihren Vortrag gegenüber der Kommission zur Einschätzung und notwendigen Kontrolle des Wettbewerbs gegen die Auswirkungen des angegriffenen Zusammenschlusses auch für das Klageverfahren zu Eigen."

112 Zum anderen würden in der Klageschrift rechtliche Argumente nicht deutlich genug dargelegt. Die Klägerin beschränke sich auf eine Reihe von Behauptungen, nämlich dass die Kommission ihre Entscheidungslinie geändert, KirchPayTV zu einer dauerhaften Marktvorherrschaft verholfen und BSkyB fälschlicherweise nicht als potenziellen Wettbewerber angesehen habe. Sie lege aber nicht dar, weshalb die Beurteilung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung fehlerhaft sein solle.

113 Hilfsweise macht die Kommission, unterstützt durch KirchPayTV und BSkyB, geltend, dass der Klagegrund unbegründet sei.

Würdigung durch das Gericht

114 Zum Vorbringen der Kommission, der Klagegrund sei unzulässig, ist festzustellen, dass die Klageschrift zwar nicht sehr explizit ist, aus ihr aber hervorgeht, dass die Klägerin rügt, der Sachverhalt sei unter dem Gesichtspunkt des Artikels 2 Absätze 3 und 4 der Verordnung Nr. 4064/89 fehlerhaft gewürdigt worden, weil die Kommission BSkyB nicht als potenziellen Wettbewerber angesehen habe. Im Übrigen ist das Vorbringen, die Klägerin habe ihre Behauptung, BSkyB sei als potenzieller Wettbewerber anzusehen, nicht untermauert, im Rahmen der Begründetheit zu prüfen. Der Klagegrund ist daher zulässig.

115 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des Artikels 2 Absätze 3 der Verordnung Nr. 4064/89 fehlerhaft gewürdigt, indem sie in Nummer 54 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass weder BSkyB noch ein anderes Unternehmen kurz- oder mittelfristig auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt Fuß fassen könne, während sie in Nummer 50 der angefochtenen Entscheidung, anerkannt habe, dass KirchPayTV ohne die Einbringung finanzieller Mittel aufgrund des Zusammenschlusses nicht die erforderlichen Investitionen tätigen könne, um ihre derzeitige beherrschende Stellung auf diesem Markt zu halten. Die Klägerin wirft der Kommission vor, die Finanzschwäche von KirchPayTV nicht berücksichtigt und einen Fehler begangen zu haben, indem sie BSkyB nicht als potenziellen Wettbewerber angesehen habe.

116 Erstens ist festzustellen, dass entgegen dem Vortrag der Klägerin die in den Nummern 50 und 54 vorgenommenen Bewertungen nicht widersprüchlich sind.

117 Zum einen beziehen sich die an diesen beiden Stellen vorgenommenen Bewertungen nicht auf denselben Zeitraum. Während nämlich in Nummer 50 die Verbesserung der Bedingungen für den Markteintritt Dritter erst mittelfristig vorhergesagt wird, bezieht sich die in Nummer 54 getroffene Feststellung, weder BSkyB noch ein sonstiges Unternehmen seien potenzielle Wettbewerber, nur auf einen kurz- bis mittelfristigen Zeitraum, also einen kürzeren Zeitraum als den in Nummer 50 genannten.

118 Zum anderen ist die Nummer 50 der angefochtenen Entscheidung als Hypothese formuliert, denn die Kommission führt lediglich aus, "die Bedingungen für einen Markteintritt Dritter [könnten sich...] erheblich verbessern, wenn KirchPayTV ihre Bezahlfernsehdienste nicht entsprechend den Erwartungen des Marktes modernisiert oder die Kontrolle über die für das Bezahlfernsehen benötigten Inhalte verliert".

119 Überdies geht auch aus Nummer 54 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich hervor, dass die Kommission, anders als von der Klägerin behauptet, bei ihrer Analyse der Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens auf den Wettbewerb nicht den Status quo zugrunde gelegt, sondern eine kurz- oder mittelfristige Prognose angestellt hat.

120 Zweitens ist festzustellen, dass die in Nummer 54 der angefochtenen Entscheidung getroffene Aussage, auf dem Bezahlfernsehmarkt in Deutschland sei weder BSkyB noch irgendein anderes Unternehmen kurz- und mittelfristig ein potenzieller Wettbewerber von KirchPayTV, nach dem Wortlaut von Nummer 55 der angefochtenen Entscheidung hauptsächlich auf vier Umstände gestützt ist, die in den Nummern 56 bis 70 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt sind, nämlich die Stärke des frei empfangbaren Fernsehens in Deutschland (Nrn. 56 und 57 der angefochtenen Entscheidung), die Kontrolle der Kirch-Gruppe über die Dekodier-Infrastruktur und die Verschlüsselungstechnologie, wie sie in Deutschland verwendet würden (Nrn. 58 bis 64 der angefochtenen Entscheidung), die Kontrolle der Kirch-Gruppe über die Senderechte für Filme und Sportveranstaltungen, die potenziellen Wettbewerbern den Zugang zu den fraglichen Inhalten erschwere (Nrn. 65 bis 67 der angefochtenen Entscheidung), und die wegen der erforderlichen hohen Investitionen geringe Wahrscheinlichkeit eines kurz- oder mittelfristigen Einstiegs von BSkyB in den fraglichen Markt (Nrn. 68 bis 70 der angefochtenen Entscheidung).

121 Die Klägerin bestreitet, wie sie in ihrer Erwiderung ausdrücklich einräumt, keinen dieser vier Umstände.

122 Sie trägt jedoch vor, im Hinblick darauf, dass es Kirch aufgrund ihrer Finanzschwäche nicht möglich sei, ausreichend in die Programme und die technische Infrastruktur zu investieren, seien die Marktzutrittsschranken soweit gesunken, dass BSkyB als potenzieller Wettbewerber anzusehen sei.

123 Diese Rüge ist zurückzuweisen, denn die Klägerin tut nicht dar, inwiefern der Umstand der Finanzschwäche der Kirch-Gruppe für sich allein trotz der Argumente der Kommission die Folgerung zulassen soll, dass auf dem fraglichen Markt kurz- oder mittelfristig ein potenzieller Wettbewerb besteht.

124 Die Finanzschwäche von KirchPayTV könnte allenfalls für zwei der vier Gründe, auf die die Kommission die Feststellung, es gebe keinen potenziellen Wettbewerb, stützte, von Bedeutung sein, nämlich für die Kontrolle der Kirch-Gruppe über die Dekodier-Infrastruktur und die Verschlüsselungstechnologie, wie sie in Deutschland verwendet werden, und den Zugang zu den Programminhalten. Den beiden anderen Gründen - Stärke des frei empfangbaren Fernsehens in Deutschland und Erforderlichkeit hoher Investitionen - wird durch die finanziellen Probleme Kirchs nicht nur kein Abbruch getan, vielmehr werden sie durch diese bestätigt. Ein solches Scheitern könnte andere Unternehmen nämlich eher von einem Eintritt in diesen Markt abhalten und würde das Bestehen und die Höhe von Marktzutrittsschranken bestätigen, die unabhängig von der Stellung von KirchPayTV sind.

125 So wäre der Umstand, dass KirchPayTV es trotz ihrer beherrschenden Stellung hinsichtlich der Infrastruktur und der Programminhalte und obwohl sie auf dem Bezahlfernsehmarkt der einzige Anbieter ist, angesichts der Stärke des frei empfangbaren Fernsehens in Deutschland nicht schafft, die Wirtschaftlichkeitsschwelle zu erreichen, geeignet, andere Betreiber von einem Markteintritt abzuhalten.

126 Ferner würde das finanzielle Scheitern von KirchPayTV nur das Argument untermauern, dass für einen Markteintritt erhebliche Mittel verfügbar sein müssten. Die Klägerin hat jedoch der in den Nummern 68 und 69 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Behauptung nicht widersprochen, dass BSkyB nicht in der Lage sein werde, die für den Eintritt in einen neuen, a priori verlustbringenden Markt erforderlichen Mittel aufzubringen, da sie erhebliche Investitionen zu tragen habe, um sich als Betreiber von digitalen Fernsehdiensten im Vereinigten Königreich zu etablieren und eine Satellitenplattform gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

127 Folglich beruht das Vorbringen der Klägerin, sofern KirchPayTV nicht infolge des Zusammenschlusses neue Finanzmittel zuflössen, würden potenzielle Wettbewerber in den fraglichen Markt einsteigen, auf der nicht nachgewiesenen Annahme, dass das finanzielle Scheitern von KirchPayTV auf diesem Markt ein den Markteintritt potenzieller Wettbewerber begünstigender Faktor wäre.

128 Nach alledem ist der Klagegrund, die Kommission habe einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie angenommen habe, BSkyB könne nicht als kurz- und mittelfristig potenzieller Wettbewerber angesehen werden, nicht stichhaltig.

129 Jedenfalls geht der Klagegrund fehl, soweit die Kommission in den Nummern 51 und 92 der angefochtenen Entscheidung angenommen hat, das Zusammenschlussvorhaben gebe Anlass zu ernsthaften Bedenken, weil es durch die von BSkyB eingebrachten finanziellen Mittel die beherrschende Stellung von KirchPayTV auf dem Bezahlfernsehmarkt in Deutschland verstärke. Die in Nummer 54 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung, kurz- oder mittelfristig gebe es keinen potenziellen Wettbewerb, erscheint daher nicht als tragende Grundlage der angefochtenen Entscheidung und kann daher nicht zu ihrer Nichtigerklärung führen.

130 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 Zusammenschlüsse, die keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären sind. Folglich hat die Kommission einen Zusammenschluss, durch den eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird, dennoch zu gestatten, wenn dadurch wirksamer Wettbewerb nicht erheblich behindert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Air France I, Randnrn. 78 und 79, Urteile des Gerichts vom 25. März 1999 in der Rechtssache T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753, Randnrn. 170, 180 und 193, und vom 6. Juni 2002 in der Rechtssache T-342/99, Airtours/Kommission, Slg. 2002, II-2585, Randnr. 58).

131 Da die Kommission festgestellt hatte, dass der Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken gebe, musste sie zwangsläufig der Ansicht sein, dass durch den Zusammenschluss der Wettbewerb erheblich behindert würde; diese Behinderung des Wettbewerbs kann nur den potenziellen Wettbewerb betreffen, denn KirchPayTV hält auf dem Bezahlfernsehmarkt in Deutschland unstreitig eine Monopolstellung. Folglich ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung, obwohl in ihrer Nummer 54 das Vorliegen eines potenziellen Wettbewerbs verneint wurde, auf der Annahme beruht, dass es, wenn auch nur langfristig, einen potenziellen Wettbewerb gab und dass dieser durch den Zusammenschluss behindert wurde, denn die Kommission hat ernsthafte Bedenken geltend gemacht und Zusagen für erforderlich gehalten.

132 Nach alledem ist der erste Klagegrund, der Sachverhalt sei fehlerhaft gewürdigt worden, da BSkyB als potenzieller Wettbewerber hätte angesehen werden müssen, zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung von Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89

Vorbringen der Parteien

133 Die Klägerin trägt vor, das Zusammenschlussvorhaben sei im vorliegenden Fall gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung in der ersten Phase der Fusionskontrolle für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden, nachdem die beteiligten Unternehmen Zusagen gemacht hätten.

134 Ein Zusammenschlussvorhaben in der ersten Phase der Fusionskontrolle auf der Grundlage von Zusagen der beteiligten Unternehmen für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären, sei eine gängige Praxis der Kommission, die in der Lehre heftig kritisiert worden sei und erst vor kurzem im neuen Artikel 6 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung, der durch die Verordnung Nr. 1310/97 eingefügt worden sei, eine formelle gesetzliche Grundlage erhalten habe.

135 Der Rückgriff auf diese Möglichkeit sei in der Verordnung Nr. 1310/97 jedoch einschränkenden Voraussetzungen unterworfen und komme, wie aus der achten Begründungserwägung der Verordnung hervorgehe, nur dann in Betracht, "wenn das Wettbewerbsproblem klar umrissen ist und leicht gelöst werden kann".

136 Diese Beschränkung des Rückgriffs auf die genannte Möglichkeit entspreche der Systematik des Artikels 6 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung, der vorsehe, dass die Kommission, wenn sie feststelle, dass der Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gebe, die zweite Phase der Fusionskontrolle einleiten müsse. Die Kommission müsse die zweite Prüfungsphase gerade in den Fällen einleiten, in denen die durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme nicht den in der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 festgelegten Kriterien entsprächen.

137 Die Klägerin räumt ein, dass die Kommission bei der Beurteilung der Frage, wann ein Wettbewerbsproblem, "klar umrissen ist und leicht gelöst werden kann", einen weiten Beurteilungsspielraum besitze, der nur einer marginalen Kontrolle durch das Gericht unterliege (vgl. sinngemäß Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den Rechtssachen 142/84 und 156/84, Bat und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 62).

138 Dieses Verständnis sei weder von der Kommission noch von BSkyB, sondern allein von KirchPayTV in Frage gestellt worden, deren Vorbringen sie jedoch bestreite.

139 Auf das Vorbringen von KirchPayTV, die klägerische Ansicht berücksichtige nicht die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Beschleunigung des Verfahrens, erwidert die Klägerin, diesen Grundsätzen werde durch den neuen Artikel 6 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung entsprochen. Die achte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 bilde jedoch gerade eine Schranke des Beschleunigungsgrundsatzes. Zudem begehe KirchPayTV einen Denkfehler, wenn sie den Grundsatz aufstelle, dass die Einleitung der zweiten Prüfungsphase immer dann unverhältnismäßig sei, wenn in der ersten Prüfungsphase vorgeschlagene Zusagen zur Lösung des Wettbewerbsproblems ausreichten. Nur dann, wenn das Wettbewerbsproblem klar umrissen und leicht zu lösen sei, sei es der Kommission möglich, bereits nach Abschluss der ersten Prüfungsphase zu beurteilen, ob die Zusagen ihre ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zerstreuen könnten. Wäre es der Kommission demgegenüber gestattet, auch dann, wenn die Voraussetzungen der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 nicht erfuellt seien, bereits nach Abschluss der ersten Prüfungsphase zu folgern, dass ihre Bedenken zerstreut seien, so würde die Kommission dazu verleitet, in überhasteter Form umfangreiche Zusagen zur Lösung hoch komplizierter Wettbewerbsprobleme zu akzeptieren, nur um den beteiligten Unternehmen den Eintritt in die zweite Prüfungsphase zu ersparen.

140 Auf das Vorbringen von KirchPayTV, die der Kommission zur Prüfung der vorgeschlagenen Zusagen gesetzte Frist sei in der zweiten Prüfungsphase mit vier Wochen fast genauso knapp wie in der ersten Prüfungsphase mit drei Wochen, erwidert die Klägerin, bei diesen Ausführungen bleibe offen, welche Tragweite die achte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 habe oder warum diese Begründungserwägung rechtlich keine Bedeutung habe. Ferner übersehe KirchPayTV, dass sich die vierwöchige Prüfungsfrist der zweiten Prüfungsphase an einen Zeitraum von drei Monaten ab Einleitung der zweiten Prüfungsphase anschließe, der wiederum die Frist der ersten Prüfungsphase vorangehe. Innerhalb der drei Monate der zweiten Prüfungsphase habe die Kommission jedoch Gelegenheit, sich mit den aufgeworfenen Wettbewerbsproblemen intensiv auseinander zu setzen. Dagegen verfüge sie, falls sie das Zusammenschlussvorhaben bereits nach der ersten Prüfungsphase auf der Grundlage von Zusagen der beteiligten Unternehmen für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären wolle, für eine verfahrensabschließende Entscheidung nur über eine Frist von insgesamt sechs Wochen ab der Anmeldung des Vorhabens.

141 Zum Vorbringen von KirchPayTV, aus dem Grünbuch der Kommission vom 31. März 1996 zur Änderung der Fusionskontrollverordnung (KOM[96] 19 endg. vom 31. Januar 1996) gehe hervor, dass nach Auffassung der Kommission zwei Wochen genügten, um die in der ersten Prüfungsphase vorgeschlagenen Zusagen zu überprüfen, macht die Klägerin geltend, diese Passage (Nr. 126) sei in Verbindung mit der Aussage der Kommission (Nr. 123) zu verstehen, dass Zusagen in der ersten Prüfungsphase nur in den Fällen zu akzeptieren seien, "in denen das Wettbewerbsproblem klar umrissen und im Vergleich zum Gesamtvorhaben begrenzt ist, mühelos geregelt werden kann und wo die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen leicht kontrollierbar ist".

142 Im vorliegenden Fall seien die in der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 genannten Anforderungen nicht erfuellt. Daher seien die hier durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen gewesen.

143 Zur Begründung dieser Ansicht verweist die Klägerin erstens auf den Umstand, dass die Kommission in jüngerer Zeit drei andere Zusammenschlussvorhaben, die Unternehmen der Kirch-Gruppe sowie die deutschen Märkte für Bezahlfernsehen und damit verbundene technische und administrative Dienstleistungen beträfen, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt habe: Entscheidung 94/922/EG vom 9. November 1994 (Sache IV/M.469 - MSG Media Service) (ABl. L 364, S. 1, nachstehend: Entscheidung MSG Media Service), Entscheidung 1999/153/EG vom 27. Mai 1998 (Sache IV/M.933 - Bertelsmann/Kirch/Premiere) (ABl. 1999, L 53, S. 1, nachstehend: Entscheidung Bertelsmann/Kirch/Premiere), und Entscheidung 1999/154/EG vom 27. Mai 1998 (Sache IV/M.1027 - Deutsche Telekom/BetaResearch) (ABl. 1999, L 53, S. 1, nachstehend: Entscheidung Deutsche Telekom/BetaResearch).

144 Bereits dieser Umstand zeige, dass die wettbewerbsrechtliche Problematik, die sich anlässlich der vorliegenden Rechtssache auf denselben Märkten stelle und im Übrigen Ähnlichkeiten mit den drei genannten Verfahren aufweise, weder begrenzt noch leicht zu lösen sei.

145 Sie behaupte nicht, dass die Sachverhalte, die den genannten Untersagungsentscheidungen zugrunde gelegen hätten, und der Sachverhalt der hier angefochtenen Genehmigungsentscheidung gleich seien. Die durch die drei genannten Entscheidungen untersagten Zusammenschlüsse hätten jedoch im Fall der Genehmigung die gleichen Auswirkungen auf den Wettbewerb wie der durch die angefochtene Entscheidung genehmigte Zusammenschluss gehabt.

146 In den drei genannten Entscheidungen und der angefochtenen Entscheidung stelle sich das gleiche Problem einer Verstärkung der beherrschenden Stellung der Kirch-Gruppe auf dem Bezahlfernsehmarkt, dem Markt für den Erwerb von Fernsehrechten und dem - erstmals in der angefochtenen Entscheidung analysierten - Markt für digitale interaktive Fernsehdienste.

147 Diese Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der Kirch-Gruppe sei nach dem Erlass der drei genannten Entscheidungen dadurch noch weiter zementiert worden, dass KirchPayTV den Pay-TV-Sender Premiere von Bertelsmann und Canal+ SA übernommen habe und die Aktiva des digitalen Pay-TV-Senders DF1 auf Premiere übertragen worden seien.

148 Die allen vier Sachen gemeinsame Schwierigkeit liege in der korrekten Erfassung der Bedeutung der technischen und administrativen Dienstleistungen für Digitalfernsehen und, im Zusammenhang damit, der Kontrolle der Kirch-Gruppe über die Verschlüsselungstechnologie mittels des d-Box-Dekoders.

149 In den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nr. 139) und Deutsche Telekom/BetaResearch (Nrn. 64 und 78) seien die Zusammenschlüsse insbesondere deshalb für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden, weil die von den beteiligten Unternehmen gemachten Zusagen die Kontrolle der Kirch-Gruppe über die Verschlüsselungstechnologie nicht hätten antasten können. Dagegen habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung einen völlig anderen Ansatz gewählt, indem sie Zusagen akzeptiert habe, die diese Kontrolle allerdings nicht beseitigen könnten.

150 Dieser radikale Wechsel des Ansatzes lasse nur einen der beiden folgenden Schlüsse zu: Entweder habe die Kommission im vorliegenden Fall Schwierigkeiten gehabt, die durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme zutreffend zu erfassen - dann wären diese nicht klar zu umreißen - oder sie habe die aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme korrekt identifiziert. Treffe die zweite Alternative zu, so sei aus dem Umstand, dass die vorgeschlagenen Zusagen in den Sachen, die zu den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere und Deutsche Telekom/BetaResearch geführt hätten, abgelehnt worden seien, während die im vorliegenden Fall vorgeschlagenen Zusagen, die ähnlich seien, akzeptiert worden seien, zu folgern, dass die in diesen Sachen aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme zwar identifizierbar, aber nicht leicht zu lösen seien.

151 In beiden Fällen seien die Voraussetzungen für das Recht der Kommission, Zusagen in der ersten Phase der Fusionskontrolle zu akzeptieren, nicht erfuellt.

152 Die Klägerin widerspricht dem sowohl von KirchPayTV als auch von BSkyB vorgetragenen Argument, die drei vorangegangenen Entscheidungen seien ein Beleg für die Erfahrung, die die Kommission in der Analyse und Lösung von Wettbewerbsproblemen, die durch Zusammenschlussvorhaben auf den fraglichen Märkten aufgeworfen werden könnten, gesammelt habe, und seien daher entgegen dem klägerischen Vorbringen ein Indiz dafür, dass die Wettbewerbsprobleme vorliegend klar zu umreißen und leicht zu lösen gewesen seien. Die Klägerin fragt sich insoweit, wie es die Streithelferinnen erklärten, dass die Kommission im Jahr 1998 das Problem der Verstärkung der beherrschenden Stellung der Kirch-Gruppe auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt nur auf dem Wege über die Aufgabe der Kontrolle der Kirch-Gruppe über das Dekodiersystem d-Box als lösbar angesehen habe und knapp zwei Jahre später angesichts völlig unveränderter Marktverhältnisse dieses Problem ohne nähere Begründung auch ohne derartige Zusagen für lösbar halte.

153 Zweitens verweist die Klägerin auf den Umstand, dass die Kommission hier das Problem habe lösen müssen, ob und gegebenenfalls wie angesichts einer bestehenden und drohenden Monopolsituation die Märkte für künftige potenzielle Wettbewerber offen gehalten werden könnten und wie verhindert werden könne, dass andere Marktteilnehmer, die auf die monopolisierten Dienstleistungen für ihre eigene Betätigung angewiesen seien, hierin von dem Verhalten des Monopolisten bestimmt würden. Mithin seien die durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme äußerst kompliziert und daher nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen.

154 Drittens macht die Klägerin geltend, die Kompliziertheit der aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme ergebe sich bereits aus der angefochtenen Entscheidung. Die Kommission habe zweimal, in den Nummern 51 und 80, zum Ausdruck gebracht, dass das Zusammenschlussvorhaben Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gebe, und zwar weil zu erwarten sei, dass es die beherrschende Stellung von KirchPayTV auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt verstärke (Nr. 51) und zur Begründung einer beherrschenden Stellung oder gar eines Monopols von KirchPayTV auf dem zukünftigen Markt für digitale interaktive Fernsehdienste führe (Nr. 80).

155 Viertens verweist die Klägerin auf die Vielzahl und die Komplexität der von den beteiligten Unternehmen vorgeschlagenen Zusagen, auf die äußerst kontrovers geführte Diskussion über sie und auf die ständigen Abwandlungen dieser Zusagen im Laufe des Verfahrens.

156 In diesem Zusammenhang widerspricht sie der Ansicht von BSkyB, je mehr Zusagen die beteiligten Unternehmen machten, desto leichter werde die Wettbewerbsproblematik gelöst. Das Gegenteil sei der Fall: Je mehr Zusagen die beteiligten Unternehmen machen müssten, um die Wettbewerbsprobleme zu lösen, desto schwieriger und komplizierter sei deren Lösung.

157 Schließlich widerspricht sie dem Argument von BSkyB, der Umstand, dass die Klägerin in ihren Stellungnahmen im Verfahren selbst Zusagen vorgeschlagen habe, die die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zerstreuen könnten, deute auf eine leichte Lösbarkeit der aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme hin. Sie habe nämlich ihre Vorschläge nur hilfsweise und deswegen unterbreitet, weil sie von der Kommission ausdrücklich dazu aufgefordert worden sei, und habe im Gegenteil in ihrer Stellungnahme vor allem ausführlich begründet, warum ihrer Ansicht nach das Zusammenschlussvorhaben zwingend für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären sei. Überdies unterstelle BSkyB, dass offenbar alle Zusammenschlussvorhaben, bei denen die wettbewerbsrechtlichen Probleme durch Zusagen gelöst werden könnten, ohne weiteres als leicht lösbar anzusehen seien. Dies sei grob fehlerhaft. Wäre dieser Gedanke richtig, dürften in der ersten Prüfungsphase vorgeschlagene Zusagen nämlich überhaupt nur noch in dieser Phase akzeptiert werden, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dann die Einleitung einer zweiten Prüfungsphase verbieten würde.

158 Nach Auffassung der Kommission ist der Klagegrund unzulässig, da die Klägerin die rechtlichen Argumente nicht deutlich genug darlege. Der Klagegrund sei völlig unsubstanziiert und werde lediglich auf einen vagen Hinweis auf die Fusionskontrollpraxis gestützt.

159 Die Kommission und die Streithelferinnen tragen vor, der Klagegrund sei unzulässig und jedenfalls unbegründet.

Würdigung durch das Gericht

160 Zum Vortrag der Kommission, der Klagegrund sei unzulässig, da die Klägerin ihre Argumentation nicht deutlich genug darlege, indem sie sie ohne jegliche Begründung lediglich auf einen vagen Hinweis auf die Fusionskontrollpraxis stütze, ist festzustellen, dass die Klageschrift zwar nicht sehr explizit ist, sich aus ihr aber entnehmen lässt, dass die Klägerin eine Verletzung von Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 rügt. Im Übrigen ist das Vorbringen, dass die Klägerin ihre Argumentation nicht ausreichend untermauert habe, im Rahmen der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit zu prüfen.

161 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe den Zusammenschluss unter Berücksichtigung der Zusagen nicht in der ersten Phase des Prüfungsverfahrens genehmigen dürfen, da die Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen gewesen seien.

162 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass in der ursprünglichen Fassung der Verordnung Nr. 4064/89 die Annahme von Zusagen durch die Kommission in der ersten Prüfungsphase nicht ausdrücklich geregelt war, da Artikel 8 Absatz 2 es der Kommission nur im Rahmen der zweiten Phase gestattete, den Zusammenschluss für vereinbar zu erklären, wenn die ernsthaften Bedenken durch von den Beteiligten angebotene Zusagen entkräftet werden können. Der Entscheidungen der ersten Phase betreffende Artikel 6 Absatz 2 enthielt keine entsprechende Bestimmung, was anscheinend bedeutete, dass die Kommission, wenn nach ihrer Ansicht das Zusammenschlussvorhaben Anlass zu ernsthaften Bedenken gab, keine andere Wahl hatte, als die zweite Phase einzuleiten. In der Praxis genehmigte die Kommission jedoch im Hinblick auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Beschleunigung, die für das Fusionskontrollverfahren kennzeichnend sind, mehrere Zusammenschlüsse in der ersten Phase, wenn die von den Beteiligten angebotenen Zusagen die Wettbewerbsprobleme lösen konnten.

163 Durch die Verordnung Nr. 1310/97 wurde in die Fusionskontrollverordnung insbesondere eine Bestimmung eingefügt, die es der Kommission ausdrücklich gestattet, einen Zusammenschluss in der ersten Phase aufgrund von Zusagen, die die Beteiligten anbieten, zu genehmigen. In der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 heißt es: "Die Kommission kann einen Zusammenschluss in der zweiten Verfahrensphase für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären, wenn die Parteien Verpflichtungen eingehen, die dem Wettbewerbsproblem gerecht werden und dieses völlig aus dem Weg räumen. Es ist ebenso angemessen, entsprechende Verpflichtungen in der ersten Verfahrensphase zu akzeptieren, wenn das Wettbewerbsproblem klar umrissen ist und leicht gelöst werden kann..." Artikel 6 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung in der Fassung der Verordnung Nr. 1310/97 bestimmt zu der von der Kommission in der ersten Phase vorzunehmenden Prüfung: "Stellt die Kommission fest, dass der angemeldete Zusammenschluss nach Änderungen durch die beteiligten Unternehmen keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe c gibt, so kann sie gemäß Absatz 1 Buchstabe b die Entscheidung treffen, den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären."

164 Folglich wirft der vorliegende Klagegrund zwei Fragen auf. Die erste geht dain, ob Artikel 6 Absatz 2, wie die Klägerin geltend macht, es entsprechend der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 in der ersten Phase nur dann zulässt, Zusagen zu akzeptieren, wenn das Wettbewerbsproblem klar umrissen ist und leicht gelöst werden kann, oder ob Zusagen, wie die Kommission vorträgt, bereits in der ersten Phase selbst dann, wenn das Problem nicht klar umrissen oder nicht leicht zu lösen ist, akzeptiert werden können, sobald sie es ermöglichen, festzustellen, dass der Zusammenschluss keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken gibt, so wie dies im Rahmen der zweiten Phase zulässig ist. Die zweite Frage, die dagegen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts betrifft, geht dahin, ob das durch das fragliche Zusammenschlussvorhaben aufgeworfene Wettbewerbsproblem als klar umrissen und leicht zu lösen angesehen werden kann.

165 Nach Auffassung des Gerichts ist mit der Prüfung der zweiten Frage zu beginnen.

166 In der Klageschrift trägt die Klägerin zur Untermauerung dieses Klagegrundes nur vor, die Kommission habe einen Anlass zu ernsthaften Bedenken festgestellt und in der Vergangenheit auf den fraglichen Märkten drei Zusammenschlussvorhaben untersagt.

167 Dieses Vorbringen, mit dem die Feststellung der Kommission beanstandet wird, dass Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt bestehe, ist offensichtlich unbegründet. Denn nur dann, wenn die Kommission der Ansicht ist, der geprüfte Zusammenschluss gebe Anlass zu ernsthaften Bedenken, werden die Beteiligten aufgefordert, Zusagen zur Ausräumung dieser Bedenken vorzuschlagen. Die Zusagen haben gegebenenfalls stets den Zweck, die ernsthaften Bedenken zu entkräften und das Zusammenschlussvorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu machen. Folglich ist die Tatsache, dass die Kommission einen Anlass zu ernsthaften Bedenken festgestellt hat, nicht zum Nachweis geeignet, dass die hier aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen waren.

168 Zur Behauptung der Klägerin, die durch das fragliche Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme seien nicht klar umrissen gewesen, ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 11. Januar 2000 insbesondere ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Zusammenschluss eine Verstärkung der beherrschenden Stellung von KirchPayTV auf den Märkten für Bezahlfernsehen, für den Erwerb von Programmrechten und für die Erbringung technischer Dienstleistungen für Bezahlfernsehen zur Folge haben werde, und dass angesichts der weitgehenden Überschneidungen zwischen den technischen Leistungen für die Erbringung von Diensten des Bezahlfernsehens und denen für die Erbringung digitaler interaktiver Fernsehdienste (Set-Top-Boxen, elektronischer Programmführer, Zugangskontrolldienste) die beherrschende Stellung der Kirch-Gruppe in Deutschland den Zutritt potenzieller Wettbewerber zum Markt für digitale interaktive Fernsehdienste erheblich behindere. Die Klägerin war also offenbar innerhalb von nur drei Tagen in der Lage, die Hauptprobleme des potenziellen Wettbewerbs zu erkennen, die gerade auch von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt werden. Daher kann die Klägerin nicht überzeugend behaupten, das Zusammenschlussvorhaben habe Wettbewerbsprobleme aufgeworfen, die nicht klar umrissen gewesen seien.

169 Zu dem Umstand, dass die Kommission in der Vergangenheit auf den fraglichen Märkten bereits drei Zusammenschlussvorhaben untersagte, ist zunächst festzustellen, dass jeder Zusammenschluss nach seinen jeweiligen Auswirkungen auf den Markt untersucht werden muss. So könnte ein nach einer Untersagung unverändert erneut angemeldeter Zusammenschluss gegebenenfalls genehmigt werden, wenn die Marktverhältnisse sich so verändert hätten, dass er nicht mehr als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erschiene. Daher könnte ein Vergleich zwischen unterschiedlichen Zusammenschlussfällen gegebenenfalls nur dann relevant sein, wenn feststeht, dass sie die gleichen Wettbewerbsprobleme aufwerfen und Märkte betreffen, deren Verhältnisse sich nicht verändert haben und die die gleichen Merkmale aufweisen.

170 Folglich reicht die bloße nicht näher erläuterte Behauptung, die Kommission habe bereits andere Zusammenschlüsse auf den Fernsehmärkten in Deutschland untersagt, nicht aus, um darzutun, dass die Kommission in der ersten Phase der Prüfung des fraglichen Zusammenschlusses keine Zusagen akzeptieren durfte. Bereits aus diesem Grund ist die Rüge der Klägerin zurückzuweisen.

171 Außerdem ist hervorzuheben, dass die von der Klägerin angeführten Entscheidungen nicht einschlägig sind, da sie andere Beteiligte betreffen und die betroffenen Märkte und die aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme nicht vergleichbar sind.

172 In der Entscheidung Bertelsmann/Kirch/Premiere ging es zwar wie hier um den Bezahlfernsehmarkt in Deutschland, doch hatte sie einen Zusammenschluss zwischen den beiden einzigen auf dem deutschen Markt tätigen Unternehmen, Bertelsmann und Kirch, zum Gegenstand, während die vorliegende Entscheidung die Beteiligung des auf dem britischen Bezahlfernsehmarkt tätigen Unternehmens BSkyB an einem auf dem deutschen Markt tätigen Unternehmen betrifft. Da die Bezahlfernsehmärkte unstreitig national oder jedenfalls nach sprachlichen Gesichtspunkten abzugrenzen sind, führt der fragliche Zusammenschluss nicht zu einer Häufung von Marktanteilen, sondern lediglich zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von KirchPayTV durch die Einbringung finanzieller Mittel von BSkyB. Die in den beiden Sachen aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme sind daher nicht vergleichbar.

173 In der Entscheidung Deutsche Telekom/BetaResearch wurden andere Märkte als in der vorliegenden Rechtssache untersucht. Durch den Zusammenschluss, der mit dem in der Entscheidung Bertelsmann/Kirch/Premiere geprüften Zusammenschluss zusammenhing, sollte Deutsche Telekom für die Einspeisung in ihre Kabelnetze Zugang zu der Kirchschen Dekodertechnologie erhalten, was diese zur einzigen für Satelliten- und Kabelübertragung auf dem deutschen Markt verfügbaren Technologie gemacht hätte; Deutsche Telekom, die die Kabelnetze beherrscht, wäre daher in der Lage gewesen, Anbieter, die mit dem von Premiere über Satellit übertragenen digitalen Programm-Bouquet konkurrieren wollten, von den Kabelnetzen auszusperren.

174 In der Entscheidung MSG Media Service ging es um die Begründung einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für technische Dienstleistungen für Bezahlfernsehen in Deutschland, die auch zu einer beherrschenden Stellung auf dem Bezahlfernsehmarkt geführt hätte. Sie ist daher mit der in der vorliegenden Rechtssache angefochtenen Entscheidung, die sich auf einen besseren Zugang zu den Finanzmitteln bezieht, ebenfalls nicht zu vergleichen.

175 Die Behauptung der Klägerin in der Erwiderung, die diesen Sachen zugrunde liegenden Sachverhalte seien zwar vom vorliegenden verschieden gewesen, doch hätten diese Zusammenschlüsse im Fall der Genehmigung die gleichen Auswirkungen auf den Wettbewerb wie der streitige Zusammenschluss gehabt, bestätigt nur, dass die in den fraglichen Sachen aufgeworfenen Probleme nicht vergleichbar sind. So hätten die Zusammenschlüsse in diesen drei Sachen durch die Vereinigung der verschiedenen konkurrierenden oder komplementären Aktivitäten der Beteiligten zur Begründung von Monopolen geführt, während sich hier das Problem daraus ergibt, dass die Stellung von KirchPayTV durch die Einbringung finanzieller Mittel von BSkyB gestärkt wird.

176 Jedenfalls hat die Kommission die drei Untersagungsentscheidungen offenbar nicht deshalb erlassen, weil die Wettbewerbsprobleme durch die Zusagen in der ersten Phase nicht klar umrissen oder nicht leicht zu lösen gewesen wären, und die Klägerin behauptet dies auch nicht. Diese Entscheidungen wurden nämlich am Ende der zweiten Phase erlassen, nicht weil die Probleme nicht klar umrissen oder nicht leicht zu lösen gewesen wären, sondern weil die vorgeschlagenen Zusagen der Beteiligten nicht ausreichten, um die ernsthaften Bedenken zu zerstreuen und das Zusammenschlussvorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu machen. Wie die Klägerin selbst hervorgehoben hat, ist der hier untersuchte Klagegrund nicht mit der im Rahmen des dritten Klagegrundes erörterten Frage zu vermengen, ob die vorgeschlagenen und in die angefochtene Entscheidung aufgenommenen Zusagen ausreichen.

177 Die drei von der Klägerin angeführten Entscheidungen stellen also keineswegs einen Nachweis dar, dass die hier aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen waren; sie beweisen im Gegenteil die gründliche Kenntnis der Kommission auf diesem Gebiet. Zwar unterschieden sich die Auswirkungen der drei Zusammenschlussvorhaben auf die Wettbewerbsbedingungen, wie eben dargelegt, von denen in der vorliegenden Rechtssache, doch gaben diese drei früheren Entscheidungen der Kommission bereits Gelegenheit, die Wettbewerbsprobleme auf den deutschen Märkten für Bezahlfernsehen, für technische Dienstleistungen und für Senderechte für Filme und Sportveranstaltungen zu untersuchen.

178 Im Hinblick auf die reiche Erfahrung, die die Kommission in diesen vorherigen Sachen und einer Reihe weiterer von der Klägerin nicht angeführter Entscheidungen der Kommission - darunter insbesondere die Sache British Interactive Broadcasting/Open (Sache IV/36.539), wo es um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens ging, das im Vereinigten Königreich unter Beteiligung des Bezahlfernsehveranstalters BSkyB mit seiner Kontrolle über die Senderechte und die an den Dekoder gebundenen technischen Dienstleistungen sowie des im Telekommunikationsbereich dominierenden Betreibers British Telecom interaktive Fernsehdienste erbringt - gesammelt hat, ist das Vorbringen, die Materie sei technisch komplex, unbegründet. Zudem schließen die hohe technische Komplexität der Materie und der Umfang und die Komplexität der Zusagen es für sich allein noch nicht aus, dass die ernsthaften Bedenken der Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt leicht zerstreut werden können. Wenn etwa ein technisches Gebiet für einen Laien auf den ersten Blick durchaus komplex erscheint, gilt dies überdies nicht automatisch für Fachleute auf diesem Gebiet, zu denen in erster Linie natürlich die Beteiligten und interessierte Dritte gehören, die erforderlichenfalls durchaus in der Lage sind, die Kommission zu unterrichten. Im Übrigen werden in der Verordnung Zusammenschlussvorhaben nicht nach dem betroffenen Sachgebiet unterschieden.

179 Ebenso wenig kann ein Argument darauf gestützt werden, dass die Beteiligten zahlreiche Zusagen abgegeben haben, denn dies kann auch ein Indiz dafür sein, dass die durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme durch die Zusagen in jeder Hinsicht gelöst werden konnten.

180 Schließlich ist auch das auf die beherrschende Stellung von KirchPayTV oder allgemeiner der Kirch-Gruppe abgestellte Vorbringen der Klägerin nicht substanziiert. Der Beherrschungsgrad ist nämlich für sich allein noch kein Beweis dafür, dass das Problem nicht leicht zu lösen war.

181 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen, weil nicht bewiesen worden ist, dass die Kommission einen offensichtlichen Fehler begangen hat, indem sie das Problem als klar umrissen und leicht zu lösen ansah; eine Entscheidung darüber, ob Zusagen in der ersten Phase nur dann akzeptiert werden dürfen, wenn die Wettbewerbsprobleme klar umrissen und leicht zu lösen sind, oder ob es ausreicht, dass die Zusagen die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zerstreuen können, ist nicht erforderlich.

Zum dritten Klagegrund: Unzulänglichkeit der Zusagen

182 Die Klägerin trägt vor, die von der Kommission akzeptierten Zusagen reichten nicht aus, um die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt auszuräumen. Sie stützt diesen Klagegrund auf Rügen, die alle Zusagen gemeinsam betreffen, auf spezifisch einzelne Zusagen betreffende Rügen und auf Rügen, die sie aus dem Fehlen angeblich gebotener Zusagen herleitet.

Vorbringen zu allen Zusagen gemeinsam

- Vorbringen der Parteien

183 Die Klägerin trägt erstens vor, die Fusionskontrolle müsse gegenüber der allgemeinen Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung nach Artikel 82 EG einen Mehrwert bieten, d. h. nicht nur den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ausschließen, sondern auch die Entstehung oder Verstärkung einer solchen Stellung verhindern (vgl. sinngemäß Nr. 137 der Entscheidung 2001/98/EG der Kommission vom 13. Oktober 1999 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen [Sache Nr. IV/M.1439 Telia/Telenor], ABl. 2001, L 40, S. 1).

184 Sie folgert daraus, dass eine Zusage, die lediglich das Versprechen enthalte, eine marktbeherrschende Stellung nicht zu missbrauchen, gegenüber der Überwachung nach Artikel 82 EG keinen fusionskontrollrechtlichen Mehrwert biete. Eine solche Zusage sei nämlich nur auf das Unterbleiben eines nach Artikel 82 EG ohnehin verbotenen Verhaltens, nämlich die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, gerichtet, könne aber nicht die Entstehung oder Verstärkung einer solchen Stellung verhindern, was doch das Ziel der Fusionskontrolle sei.

185 Zur Erreichung dieses Zieles müssten Zusagen spiegelbildlich im Verhältnis zu den durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfenen Wettbewerbsproblemen stehen.

186 Die vorgeschlagenen Zusagen enthielten lediglich Versprechen, von der Kommission festgestellte marktbeherrschende Stellungen nicht zu missbrauchen, könnten aber nicht die Entstehung oder Verstärkung einer solchen Stellung verhindern. Folglich seien sie nicht geeignet, die ernsthaften Bedenken der Kommission gegen die Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zu entkräften. Die Kommission sei demnach dazu verpflichtet gewesen, sie nicht zu akzeptieren, sondern die zweite Prüfungsphase einzuleiten.

187 Die Klägerin widerspricht der Argumentation von KirchPayTV, die Zusagen seien für die Unternehmen der Kirch-Gruppe, hier der BetaDigital, Gesellschaft für digitale Fernsehdienste GmbH (nachstehend: BetaDigital), und der BetaResearch, Gesellschaft für die Entwicklung und Vermarktung digitaler Infrastrukturen GmbH (nachstehend: BetaResearch), verbindlich, die einzeln keine beherrschende Stellung auf den Märkten, auf denen sie tätig seien, hätten, so dass die Zusagen mehr seien als das Versprechen, eine marktbeherrschende Stellung nicht zu missbrauchen.

188 Die Klägerin räumt ein, dass die Stellung von BetaDigital, die die technische Satellitenplattform der Kirch-Gruppe betreibe, aufgrund der Bedeutung, die in Deutschland der Übertragungsweg Kabel gegenüber dem Übertragungsweg Satellit habe, geschmälert werde. Indessen sei zu berücksichtigen, dass die technische Plattform für die Kabelübertragung von einem Unternehmen, nämlich der MSG MediaServices GmbH, einer Tochtergesellschaft von Deutsche Telekom, betrieben werde, das zwar nicht zur Kirch-Gruppe gehöre, das aber die Verschlüsselungstechnologie der zur Kirch-Gruppe gehörenden BetaResearch verwende. Für eine wirksame Öffnung der deutschen Märkte für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste, deren Dienstleistungen sich sinnvoll nur über beide Übertragungswege, Kabel und Satellit, gemeinsam betreiben ließen, sei es unabdingbar gewesen, darauf zu achten, dass diese Verschlüsselungstechnik nicht ausschließlich von der MSG MediaServices GmbH verwendet werde.

189 Zweitens trägt die Klägerin vor, die Zusagen stuenden in Widerspruch zu der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen. Dort habe die Kommission das Urteil Gencor/Kommission ausgelegt und festgestellt, Verpflichtungen müssten innerhalb kurzer Zeit effektiv durchgeführt werden können und sollten keine zusätzliche Überwachung mehr benötigen (Nr. 10). Hier erforderten die Zusagen jedoch entgegen diesem Grundsatz eine mittel- oder langfristige Überwachung.

190 Drittens trägt die Klägerin vor, die Zusagen seien ausschließlich für die Kirch-Gruppe verbindlich. Das dem Zusammenschluss zugrunde liegende Vertragswerk gewähre jedoch BSkyB unter bestimmten Voraussetzungen die Option, die Alleinkontrolle über KirchPayTV zu übernehmen, also eine marktbeherrschende Stellung einzunehmen, ohne ihrerseits an die Zusagen im Rahmen der angefochtenen Entscheidung gebunden zu sein.

191 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen sind diese Rügen unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

192 Zunächst ist festzustellen, dass nach Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 die Kommission den Zusammenschluss gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären kann, wenn sie feststellt, dass der Zusammenschluss nach Zusagen seitens der Beteiligten keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken gibt. Da die Verordnung die Begründung oder Verstärkung von Marktstrukturen verhindern soll, die einen effektiven Wettbewerb im Gemeinsamen Markt spürbar beeinträchtigen könnten, müssen die Zusagen geeignet sein, die ernsthaften Bedenken, die nach Auffassung der Kommission gegen das Zusammenschlussvorhaben bestehen, zu zerstreuen.

193 Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, darf die Kommission nur solche Zusagen akzeptieren, durch die die Entstehung oder Verstärkung der beherrschenden Stellung, die sie im Rahmen ihrer Untersuchung des Zusammenschlussvorhabens festgestellt hat, verhindert werden kann. Um die Einhaltung dieses Kriteriums nachzuprüfen, sind die Zusagen einzeln zu untersuchen, ohne dass es darauf ankäme, ob die Zusage als verhaltensbezogene oder als strukturorientierte Verpflichtung qualifiziert werden kann. Zwar verdienen strukturorientierte Verpflichtungen gegenüber verhaltensbezogenen grundsätzlich den Vorzug, weil sie die Entstehung oder Verstärkung der beherrschenden Stellung endgültig oder zumindest auf längere Zeit verhindern und mittel- oder langfristig keine Überwachung erfordern, doch lässt es sich nicht a priori ausschließen, dass auf den ersten Blick verhaltensbezogene Verpflichtungen wie der Zugang zu einer wesentlichen Infrastruktur unter nichtdiskriminierenden Bedingungen ebenfalls geeignet sein können, die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern (Urteil Gencor/Kommission, Randnr. 319).

194 Im Übrigen muss angesichts der komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des Ermessens vornimmt, über das sie bei der Bewertung der von den Beteiligten des Zusammenschlusses angebotenen Zusagen verfügt, der Kläger, der eine Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss genehmigt wurde, für nichtig erklären lassen will, weil die Zusagen nicht ausreichten, um die ernsthaften Bedenken zu zerstreuen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission nachweisen (Urteil des Gerichts vom 3. April 2003, Royal Philips Electronics/Kommission, T-119/02, Slg. 2003, II-0000, Randnr. 78).

195 Der Klagegrund der Unzulänglichkeit der Zusagen ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

196 In der vorliegenden Rechtssache beruht die Feststellung der Kommission, es sei zu erwarten, dass das fragliche Zusammenschlussvorhaben die beherrschende Stellung der Kirch-Gruppe auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt verstärke und der Kirch-Gruppe eine beherrschende Stellung auf dem zukünftigen Markt für digitale interaktive Fernsehdienste verschaffe, darauf, dass Dritten der Zutritt zu dem fraglichen Markt versperrt wird. Die Klägerin stellt die in der angefochtenen Entscheidung beschriebenen ernsthaften Bedenken nicht in Abrede und behauptet nicht, dass der Zusammenschluss Anlass zu anderen ernsthaften Bedenken gebe, sondern trägt lediglich vor, dass die Zusagen nicht ausreichten, um diese Bedenken auszuräumen.

197 Um diese ernsthaften Bedenken zu zerstreuen, hat die Kommission ein umfangreiches Zusagenpaket gefordert und akzeptiert. Mit den Zusagen wurde bezweckt, die festgestellten Wettbewerbsprobleme dadurch zu lösen, dass die Marktzutrittssperren hinsichtlich des Angebots von Dienstleistungen des Bezahlfernsehen gesenkt werden und KirchPayTV daran gehindert wird, ihre angebliche beherrschende Stellung auf dem Markt für Dienstleistungen des Bezahlfernsehens im Rahmen ihrer Tätigkeiten auf dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste zu ihrem Vorteil auszunutzen. Die erste Gruppe dieser Zusagen betrifft im Wesentlichen den freien Marktzugang für Inhalteanbieter (Zusagen 1 bis 5). Durch die zweite Zusagengruppe sollen die Marktzutrittschwellen für Betreiber technischer Plattformen gesenkt und damit zusätzliche Möglichkeiten zur Verbreitung von Inhalten über konkurrierende Plattformen geschaffen werden (Zusagen 6 bis 10). Damit scheint das Zusagenpaket auf den ersten Blick zu einer entsprechenden Senkung der Marktzutrittsschwellen zu führen und die ernsthaften Bedenken, die durch die sich aus dem Zusammenschluss ergebende Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von KirchPayTV veranlasst sind, zu zerstreuen.

198 Im ersten Teil des Klagegrundes trägt die Klägerin drei allgemeine Rügen vor, die sich auf alle Zusagen beziehen.

199 Zur ersten Rüge, mit der beanstandet wird, die Zusagen enthielten lediglich Versprechen, von der Kommission festgestellte marktbeherrschende Stellungen nicht zu missbrauchen, ist zunächst festzustellen, dass die Zusagen, obzwar sie eher verhaltensbezogener Natur sind, einen strukturorientierten Charakter aufweisen, da sie ein Strukturproblem lösen sollen, nämlich das des Marktzutritts Dritter. Die Kommission konnte somit vernünftigerweise annehmen, dass durch den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen, die Offenlegung der Programmierschnittstelle des d-Box-Dekoders für Dritte, die Implementierung der standardisierten DVB-MHP und die Vergabe von Lizenzen für die d-Box-Technologie sowie für die Herstellung von d-Boxen auf allen Ebenen der digitalen Infrastruktur Wettbewerb konsequent ermöglicht und gestärkt werde. Folglich können die Zusagen nicht als bloße verhaltensbezogene Zusagen angesehen werden, die die von der Kommission festgestellten Wettbewerbsprobleme nicht lösen konnten.

200 Da durch die Zusagen, wie oben festgestellt, die Struktur der digitalen Übertragung auf allen Ebenen für den Wettbewerb geöffnet wird, gehen sie in ihrer Tragweite weit über ein einfaches Verbot, eine marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen, hinaus.

201 Sodann ist klarzustellen, dass es nicht darum geht, ob den Verpflichtungen aus den Zusagen angeblich Artikel 82 EG zugrunde liegt, sondern vielmehr darum, ob die Zusagen die durch den Zusammenschluss verursachten Probleme lösen können. Die Klägerin hat jedoch in ihrer Klageschrift die Geeignetheit der Zusagen nur abstrakt in Frage gestellt und ihre Verhältnismäßigkeit gegenüber den von der Kommission klar umrissenen Wettbewerbsproblemen nicht geprüft.

202 Im Übrigen hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Zusagen gegenüber der allgemeinen Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung nach Artikel 82 EG keinen Mehrwert bieten. Im Rahmen der allgemeinen Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung nach Artikel 82 EG ist der Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung und ihres Missbrauchs von der Kommission und den Dritten zu führen. Dagegen bewirken die Zusagen, die bei einer Genehmigungsentscheidung über einen Zusammenschluss in Form einer Bedingung auferlegt werden, einen Übergang der Beweislast für ihre Einhaltung auf die an dem fraglichen Zusammenschluss beteiligten Unternehmen. Insoweit gehen die Zusagen bereits über die allgemeine Aufsicht nach Artikel 82 EG hinaus.

203 Hierzu ist überdies festzustellen, dass ohne Zusagen die Einleitung eines nationalen oder gemeinschaftlichen Verfahrens nach Artikel 82 EG geboten wäre, dessen Ausgang ungewiss und dessen Ergebnis jedenfalls schwerer durchzusetzen wäre. Die Rechtssubjekte wären einer größeren Rechtsunsicherheit ausgesetzt. Dagegen erlegen die Zusagen genau festgelegte Verpflichtungen auf, die binnen kurzer Fristen zu erfuellen sind und deren Einhaltung durch ein wirksames und bindendes Schiedsverfahren sichergestellt ist, in dem die Kirch-Gruppe die Beweislast trägt. Die Zusagen bieten damit eine weit größere Rechtssicherheit als Artikel 82 EG.

204 Die Klägerin hat außerdem auch nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 82 erfuellt sind.

205 So ergibt sich zwar aus der angefochtenen Entscheidung, dass KirchPayTV auf dem deutschen Bezahlfernsehmarkt eine beherrschende Stellung hält, doch hat die Klägerin nicht nachgewiesen oder auch nur dargelegt, wodurch KirchPayTV diese beherrschende Stellung missbraucht haben soll. Dagegen wird das Zusagenpaket die Zutrittssperren für Dritte sowohl auf dem Bezahlfernsehmarkt als auch auf den benachbarten Märkten mit sofortiger Wirkung erheblich senken.

206 Ferner sind die Zusagen für eine Reihe von Unternehmen der Kirch-Gruppe verbindlich, die auf anderen Märkten als den durch die angefochtene Entscheidung erfassten tätig sind und für die keine beherrschende Stellung auf den fraglichen Märkten oder auf den Märkten, auf denen sie tätig sind, festgestellt worden ist.

207 So richten sich die Zusagen l bis 3 an BetaDigital, die die technische Satellitenplattform der Kirch-Gruppe betreibt, über die neben den Programmen von KirchPayTV auch die Programme anderer Fernsehanstalten verbreitet werden. Da in Deutschland die Übertragung über Satellit weit geringere Bedeutung hat als die Übertragung über Kabel und die technische Kabelplattform von der MSG MediaServices GmbH, einer Tochtergesellschaft von Deutsche Telekom, also von einem nicht zur Kirch-Gruppe gehörenden Unternehmen betrieben wird, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass BetaDigital auf dem Markt für technische Dienstleistungen eine marktbeherrschende Stellung hat.

208 Ebenso wenig hat die Klägerin nachgewiesen, dass im vorliegenden Fall die Merkmale des fraglichen Marktes und die Stellung der Unternehmen der Kirch-Gruppe auf diesem Markt den restriktiven Voraussetzungen für die Anwendung der Rechtsprechung über wesentliche Infrastrukturen genügen, geschweige denn, dass sie es gestattet hätten, diesen Unternehmen deshalb Verpflichtungen aufzuerlegen oder gegen sie Sanktionen zu verhängen, die in gleicher Weise wie die Zusagen die Öffnung der Märkte für den Wettbewerb erleichtern.

209 Zudem ist bei Verpflichtungen im Rahmen von Zusagen die Ahndung der Nichteinhaltung wirksamer als bei gesetzlichen Pflichten aufgrund von Artikel 82 EG. Aus Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4064/89 geht nämlich hervor, dass die Kommission die getroffene Entscheidung widerrufen kann, wenn die beteiligten Unternehmen einer dort vorgesehenen Auflage zuwiderhandeln. Artikel 82 EG sieht keine solche Sanktion vor.

210 Zur zweiten Rüge, mit der beanstandet wird, die Zusagen hätten nicht akzeptiert werden dürfen, da sie eine mittelfristige Überwachung erforderten, ist festzustellen, dass die Mitteilung über Abhilfemaßnahmen nicht die Bedeutung und Tragweite hat, die ihr die Klägerin beilegt.

211 In Nummer 10 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen weist die Kommission darauf hin, dass, sobald der Zusammenschluss vollzogen worden sei, die gewünschten Wettbewerbsbedingungen am relevanten Markt nicht tatsächlich wiederhergestellt würden, solange die Verpflichtungen unerfuellt blieben, und erläutert, Verpflichtungen müssten effektiv innerhalb kurzer Zeit durchgeführt werden können und sollten keine zusätzliche Überwachung mehr benötigen. Die Kommission will durch diese Erläuterung nicht jegliche Überwachung der Durchführung der Zusagen durch die Kommission ausschließen, sondern sicherstellen, dass die Zusagen geeignet sind, die durch den Zusammenschluss aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme zu lösen, so dass nach ihrer Durchführung nicht zusätzlich eine laufende Überwachung durch die Kommission erforderlich ist.

212 In der vorliegenden Rechtssache sehen die Zusagen eine Reihe genauer Maßnahmen zur Öffnung des Zugangs zu den verschiedenen Märkten und ein bindendes Schiedsverfahren für den Fall von Schwierigkeiten bei der Durchführung vor.

213 Zur dritten Rüge, mit der beanstandet wird, das angemeldete Vertragswerk schließe auch die Übernahme alleiniger Kontrolle über die KirchPayTV durch die BSkyB ein, genügt es, festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung ausschließlich den Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über KirchPayTV durch BSkyB und Kirch betrifft. Die Übernahme der Kontrolle über KirchPayTV durch BSkyB allein würde ein neues Vorhaben darstellen, das bei der Kommission anzumelden und Gegenstand einer neuen Untersuchung wäre.

214 Nach alledem sind die im Rahmen des ersten Teils des Klagegrundes vorgetragenen Rügen zurückzuweisen.

Spezifisches Vorbringen zu einzelnen Zusagen

- Zugang Dritter zur Plattform Kirchs (Zusagen l bis 3)

1. Vorbringen der Parteien

215 Die Klägerin trägt vor, die Zusagen, interessierten Dritten Zugang zur technischen Plattform der Kirch-Gruppe zu gewähren, d. h. technische Dienstleistungen zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen anzubieten, seien nur eine Wiederholung der Rechtspflicht, die einen marktbeherrschenden Anbieter von Einrichtungen, die andere benötigten, um ihre wirtschaftliche Tätigkeit ausüben zu können, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ohnehin treffe. Einen marktbeherrschenden Anbieter einer Infrastruktur, die für die Erbringung anderer Dienstleistungen auf nachgelagerten Märkten unentbehrlich sei und von anderen Marktteilnehmern nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand dupliziert werden könne, treffe die Verpflichtung, diesen Marktteilnehmern Zugang zu der betreffenden Infrastruktur zu gewähren (Urteile des Gerichtshofes vom 6. April 1995 in den Rechtssachen C-241/91 P und C-242/91 P, RTE und ITP/Kommission, Slg. 1995, 743, Randnrn. 48 ff., und vom 26. November 1998 in der Rechtssache C-7/97, Bronner, Slg. 1998, I-7791, Randnrn. 23 ff.).

216 Durch diese Zusagen werde es der KirchPayTV demnach lediglich erschwert, ihre marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen, ohne die durch den Zusammenschluss herbeigeführte Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung selbst in Frage zu stellen. Sie reichten daher nicht aus.

217 Die Zusagen machten eine zusätzliche mittel- und langfristige Überwachung durch die Kommission erforderlich, die dem Urteil Gencor/Kommission und der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen widerspreche.

218 Die Klägerin bestreitet die Behauptung der KirchPayTV, dass der Markt für technische Dienstleistungen nicht von dem Zusammenschlussvorhaben betroffen sei. Diese Behauptung stehe in Widerspruch zu der von der KirchPayTV anerkannten Tatsache, dass durch die Zusagen, potenziellen Wettbewerbern Zugang zu den technischen Dienstleistungen der Kirch-Gruppe zu gewähren, die durch den Zusammenschluss ausgelösten wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt werden sollten. Damit gebe die KirchPayTV stillschweigend zu, dass die Öffnung des Marktes für technische Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung für den Zugang der potenziellen Wettbewerber zu den Märkten für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste sei.

219 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

2. Würdigung durch das Gericht

220 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Zusagen, durch die interessierten Dritten Zugang zur technischen Plattform der Kirch-Gruppe verschafft werden solle, seien nur eine Anwendung der nach Artikel 82 EG jedem marktbeherrschenden Unternehmen obliegenden Verpflichtung, seine technischen Dienstleistungen Dritten zur Verfügung zu stellen, um ihnen zu ermöglichen, mit ihm in Wettbewerb zu treten. Sie bestreitet damit, dass die Zusagen ausreichen.

221 Durch die drei ersten Zusagen der Kirch-Gruppe soll Inhalteanbietern Zutritt zum Bezahlfernsehmarkt und zum Markt für digitale interaktive Fernsehdienste verschafft werden. Sie gewährleisten den Zugang zur technischen Satellitenplattform der Kirch-Gruppe zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen, damit ihre digitalen Dienstleistungen über die d-Box empfangen werden können. Die drei Zusagen haben dadurch eine strukturbezogene Auswirkung. Sie stellen nicht nur ein Versprechen dar, eine beherrschende Stellung im Sinne von Artikel 82 EG nicht zu missbrauchen, und scheinen nicht von vornherein ungeeignet zu sein, die hier durch den Zusammenschluss aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme zu lösen.

222 Im Übrigen werden die verschiedenen Dienstleistungen allesamt getrennt angeboten, für jede Dienstleistung besteht eine Pflicht zur getrennten Buchführung und zur Offenlegung der Bücher gegenüber Dritten innerhalb von zwei Wochen, die Kirch-Gruppe ist zur Offenlegung der Preise und Geschäftsbedingungen verpflichtet, und es bestehen Kooperationspflichten sowie eine Pflicht zur Gleichbehandlung von Dritten mit Unternehmen der Kirch-Gruppe.

223 Zudem sind die Zusagen für eine Reihe von Unternehmen der Kirch-Gruppe verbindlich, die auf anderen Märkten als den durch die angefochtene Entscheidung erfassten tätig sind und für die keine beherrschende Stellung auf dem fraglichen Markt oder auf den Märkten, auf denen sie tätig sind, festgestellt worden ist. Es ist daher nicht ersichtlich, dass diese Unternehmen in den Anwendungsbereich von Artikel 82 EG-Vertrag fallen. Daher kann nicht angenommen werden, dass die Zusagen zum Inhalt haben, nicht gegen Artikel 82 EG zu verstoßen.

224 Dieses Ergebnis wird nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass Artikel 82 EG in Ausnahmefällen auch strukturelle Wettbewerbsprobleme erfasst, die denjenigen, die zu der Zusage geführt haben, ähnlich sind (Urteile des Gerichtshofes vom 21. Februar 1973 in der Rechtssache 6/72, Europemballage und Continental Can/Kommission, Slg. 1973, 215, RTE und ITP/Kommission, Randnrn. 48 ff., und Bronner, Randnrn. 23 ff.).

225 Nach der genannten Rechtsprechung kann ein Missbrauch nur dann angenommen werden, wenn durch die Verweigerung des Zugangs zu einer Infrastruktur, die für Dienstleistungen auf nachgelagerten Märkten wesentlich ist, jeglicher Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt ausgeschaltet wird, ohne dass dies objektiv zu rechtfertigen wäre.

226 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass Kirch über eine derartige für sie mit diesen Verpflichtungen verbundene Infrastruktur verfügt.

227 Im Gegenteil ist zum einen festzustellen, dass die Übertragung digitaler Signale über Kabelnetze oder über Satellit erfolgen kann. Mit dem FUN-Projekt soll gerade einer alternative Plattform aufgebaut werden, allerdings nur für die Übertragung über Satellit. In Nummer 62 der angefochtenen Entscheidung wird jedoch festgestellt, dass in Deutschland die Übertragung über Satellit nicht mit der über Kabel vergleichbar ist, weil ein Fernsehveranstalter, der ausschließlich über Satellit überträgt, nur ein Drittel der Haushalte erreichen könnte. Zum anderen verfügt Kirch im Bereich der Kabelübertragung nur über die Technologie, die in den Deutsche Telekom gehörenden Kabelnetzen verwendet wird.

228 Nach alledem ist diese Rüge zurückzuweisen.

Öffnung des Zugangs zum d-Box-System von Kirch für Applikationen Dritter (Zusage 4)

- Vorbringen der Parteien

229 Die Klägerin trägt erstens vor, die Eröffnung des Zugangs zum d-Box-System für Applikationen Dritter stelle lediglich die Wiederholung einer ohnehin gemäß der Rechtsprechung zu Artikel 82 EG geltenden Rechtspflicht dar. Da das d-Box-System, wie aus der angefochtenen Entscheidung (Nrn. 61 ff.) hervorgehe, bereits eine Monopolstellung bedeute, unterliege es ohnehin der allgemeinen Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung gemäß Artikel 82 EG. Die fragliche Zusage enthalte keine absolute Pflicht zur Gewährung des Zugangs, sondern stehe unter dem Vorbehalt, dass zwischen Kirch und den Dritten eine Vereinbarung zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zustande komme. Durch diese Zusage werde somit lediglich eine auf Dauer angelegte Verhaltenskontrolle eingeführt, wie sie bereits ohnehin nach Artikel 82 EG für marktbeherrschende Unternehmen gelte, und es werde Dritten insoweit kein Mehrwert geboten.

230 Zweitens wäre nur eine Aufgabe der Kontrolle der Kirch-Gruppe über das d-Box-System ausreichend gewesen.

231 Hierzu trägt die Klägerin zum einen vor, die Zusage ändere nichts an der Tatsache, dass die Kirch-Gruppe die Kontrolle über die technologische Entwicklung des d-Box-Systems behalte. In den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nrn. 37 bis 39) sowie Deutsche Telekom/BetaResearch (Nrn. 56 bis 61) habe die Kommission die fraglichen Zusammenschlüsse für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt, um insbesondere zu verhindern, dass die Technologie des d-Box-Systems der einzige im deutschsprachigen Raum benutzte digitale Standard werde und dass infolgedessen jeder weitere potenzielle Betreiber eines Zugangskontrollsystems von der Lizenzpolitik des zur Kirch-Gruppe gehörenden Unternehmens BetaResearch abhängen würde. Die Herrschaft Kirchs über die technologische Infrastruktur und die dadurch bedingte Abhängigkeit Dritter von der Gewährung einer Lizenz durch die Kirch-Gruppe sei durch die fragliche Zusage gerade nicht beseitigt worden. In den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nr. 139) und Deutsche Telekom/BetaResearch (Nr. 64) habe die Kommission ähnliche Zusagen wie die im vorliegenden Fall gemachten abgelehnt, weil sie der Herrschaft der Kirch-Gruppe über die Technologie des d-Box-Systems nicht hätten entgegenwirken können.

232 Dementsprechend weist die Klägerin das Vorbringen der Kommission zurück, die Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere und Deutsche Telekom/BetaResearch seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Diese Sachen unterschieden sich von der vorliegenden zwar hinsichtlich des Sachverhalts, nicht aber bezüglich der Wettbewerbsprobleme, die sich in allen diesen Fällen in identischer Form stellten.

233 Zum anderen trägt die Klägerin vor, die Zusage entspreche nicht den Kriterien, die die Kommission in der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen aufgestellt habe. Dort sei ausgeführt: "Stellt sich das Wettbewerbsproblem aufgrund der Kontrolle über eine Schlüsseltechnologie, so ist die Veräußerung der betreffenden Technologie die beste Abhilfemaßnahme, da hierdurch jede weitere Beziehung zwischen der fusionierten Einheit und ihren Wettbewerbern unterbunden wird. Allerdings kann die Kommission auch Lizenzvereinbarungen (vornehmlich ausschließliche Lizenzen ohne irgendeine Verwendungsbeschränkung für den Lizenznehmer) als Alternative akzeptieren, wenn z. B. durch eine Veräußerung effiziente, fortlaufende Forschungstätigkeiten behindert würden..." (Nr. 29).

234 Die Klägerin leitet daraus ab, dass im vorliegenden Fall das Problem der beherrschenden Stellung von KirchPayTV auf den Märkten für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste im Grundsatz nur durch eine völlige Aufgabe der Kontrolle der Kirch-Gruppe über die Verschlüsselungstechnologie, die für den Zutritt zu diesen Märkten in Deutschland wesentlich sei, hätte gelöst werden können, was die Aufgabe der Kontrolle der Kirch-Gruppe über BetaResearch bedeutet hätte. Zu keinem Zeitpunkt hätten die am Zusammenschluss Beteiligten Argumente für eine Ausnahme von dem in der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen dargelegten Prinzip vorgetragen, insbesondere nicht für den dort genannten Fall der Behinderung laufender Forschungstätigkeiten.

235 Schließlich weist die Klägerin das Vorbringen von KirchPayTV zurück, durch die Zusage könnten dritte Anbieter ihre Angebote mittels der d-Box unabhängig von einer Lizenz oder einer Genehmigung der Kirch-Gruppe erbringen. Die Zusage erfasse nämlich nicht die Technologie der Zugangskontrolle und lasse daher für dritte Anbieter die technische Notwendigkeit unberührt, mit der Kirch-Gruppe eine Vereinbarung über die Verwendung dieser Technologie, hier eine Simulcrypt-Vereinbarung, zu schließen. Diese Konsequenz hätte nur vermieden werden können, wenn die Kirch-Gruppe es, wie von ihr bereits im Verwaltungsverfahren gefordert, akzeptiert hätte, dass in die d-Box eine gemeinsame Schnittstelle installiert werde; dagegen habe sich die Kirch-Gruppe jedoch bisher vehement gewehrt.

236 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

237 Die Klägerin hält die Eröffnung des Zugangs zum System der d-Box nicht für ausreichend. Sie macht geltend, da das d-Box-System bereits eine Monopolstellung bedeute, unterliege es ohnehin der allgemeinen Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung gemäß Artikel 82 EG. Nur eine Aufgabe der Kontrolle der Kirch-Gruppe über das d-Box-System wäre ausreichend gewesen.

238 Es ist hervorzuheben, dass das Zusammenschlussvorhaben an der von der Kirch-Gruppe ausgeübten Kontrolle nichts ändert.

239 Durch diese vierte Zusage stellt Kirch sicher, dass die Applikationen-Schnittstelle (das d-Box-System) für Dritte offen ist und dadurch zusätzliche Applikationen, wie z. B. Programmführer, ermöglicht.

240 Die Klägerin legt nicht dar, warum nur eine Aufgabe der Kontrolle der Kirch-Gruppe über das d-Box-System ausreichend gewesen wäre, um die Bedenken gegen den Zusammenschluss auszuräumen.

241 Im Übrigen ist der Markt für die digitale Verschlüsselungstechnologie, wie bereits erwähnt, durch den Zusammenschluss nicht betroffen. Da es zudem Dritten durch die Zusage ermöglicht wird, ihre Dienstleistungen über die d-Box unabhängig von einer Lizenz oder einer Genehmigung der Kirch-Gruppe zu erbringen, scheint die Kontrolle über dieses System, seine weitere Entwicklung unterstellt, nicht geeignet zu sein, Dritten den Zugang zu den Märkten für Bezahlfernsehen oder für digitale interaktive Fernsehdienste zu versperren.

242 Das Vorbringen der Klägerin, die Zusage stelle lediglich die Wiederholung einer sich aus Artikel 82 EG ergebenden Rechtspflicht dar, ist aus den oben genannten Gründen zurückzuweisen.

243 Die Rüge in Bezug auf diese Zusage ist daher zurückzuweisen.

244 Dieses Ergebnis wird nicht durch das Argument der Klägerin in Frage gestellt, die Kommission habe in den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere und Deutsche Telekom/BetaResearch ähnliche Zusagen wie die im vorliegenden Fall gemachten abgelehnt, weil sie der Herrschaft der Kirch-Gruppe über die Technologie des d-Box-Systems nicht hätten entgegenwirken können. Der streitige Zusammenschluss und die dadurch aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme sind nämlich, wie oben ausgeführt, nicht mit denjenigen zu vergleichen, um die es in diesen drei Entscheidungen ging.

245 Überdies ist, um zu prüfen, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, zu untersuchen, ob sie annehmen durfte, dass sich die festgestellten Wettbewerbsprobleme durch das Paket der angebotenen Zusagen lösen lassen; dagegen kommt es nicht darauf an, ob eine Zusage für sich allein im Fall eines anderen Zusammenschlusses als nicht ausreichend befunden wurde. Im vorliegenden Fall gelangte die Kommission am Ende der Phase I zu dem Ergebnis, dass die durch den Zusammenschluss aufgeworfenen ernsthaften Bedenken durch die Zusagen ausgeräumt würden. Die Zusage hat nämlich den Zweck, interessierten Dritten die Möglichkeit zu geben, Applikationen für das interaktive Digitalfernsehen auf der technischen Plattform von Kirch zu entwickeln. Insbesondere im Hinblick auf die Interoperabilität der Applikationen ist nicht ersichtlich, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie annahm, dass diese Zusage auch zu einer Öffnung des Marktes für Digitalfernsehen führen wird.

246 Folglich ist diese Rüge zurückzuweisen.

Interoperabilität der Applikationen (Zusage 5)

- Vorbringen der Parteien

247 Die Klägerin trägt vor, die Zusage, die Interoperabilität der Applikationen zu gewährleisten, stelle schlicht und einfach eine notwendige Ergänzung zu der oben behandelten Zusage dar, durch die der laufenden Verhaltenskontrolle nur ein weiteres Element hinzugefügt werde, ohne dass das Wettbewerbsproblem gelöst werde, das bereits in den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere und Deutsche Telekom/BetaResearch sowie in der angefochtenen Entscheidung (insbesondere Nr. 61) festgestellt worden sei und in der Kontrolle der Kirch-Gruppe über das d-Box-System bestehe.

248 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

249 Mit der fünften Zusage will die Kirch-Gruppe die Interoperabilität der Applikationen, d. h. das Bestehen eines gemeinsamen Standards, des MHP-Standards, gewährleisten.

250 Wie bereits erwähnt, können verhaltensbezogene Zusagen akzeptiert werden, wenn sie strukturbezogene Auswirkungen haben, d. h. wenn sie geeignet sind, die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern (Urteil Gencor/Kommission).

251 Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die fragliche Zusage nicht zu dieser Gruppe gehört. Durch die Interoperabilität der Applikationen soll im Gegenteil sichergestellt werden, dass interessierte Dritten die Möglichkeit haben, Applikationen für das interaktive Digitalfernsehen zu entwickeln, die für mehrere technische Plattformen geeignet sind. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin erscheint der Aufbau konkurrierender technischer Plattformen vorstellbar, da das Projekt des FUN-Verbands gerade die Entwicklung einer solchen technischen Plattform zum Zweck hat.

252 Zudem erfordert die Verpflichtung zur Implementierung des DVB-MHP-Standards entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine laufende Verhaltenskontrolle, da durch die standardisierte Schnittstelle der Markt für die Anbieter konkurrierender Applikationen strukturell geöffnet wird. Damit können entwickelnde Unternehmen nämlich Anwendungen unabhängig von einer Lizenz oder einer Genehmigung der Kirch-Gruppe verwendungsfertig entwickeln und entsprechende Dienstleistungen anbieten.

253 Im Übrigen ermöglicht die vierte in Verbindung mit der fünften Zusage eine Öffnung des Marktes für die Applikationen.

254 Jedenfalls ist festzustellen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

255 Nach alledem ist diese Rüge zurückzuweisen.

Interoperabilität miteinander im Wettbewerb stehender Plattformen (Zusage 6)

- Vorbringen der Parteien

256 Die Klägerin trägt vor, die Zusage der Kirch-Gruppe, für den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen mit den Betreibern konkurrierender technischer Plattformen zu sorgen, sei nicht geeignet, die beherrschende Stellung, die die Kirch-Gruppe auf dem Markt für technische Dienstleistungen, zu dem auch die Zugangskontrollsysteme gehörten, aufgrund ihres geschützten Zugangskontrollsystems der d-Box habe, in Frage zu stellen. Die Zusage stelle eine Verhaltenspflicht dar, die die Kirch-Gruppe nach Artikel 82 EG ohnehin treffe, und biete daher gegenüber der allgemeinen Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung nach diesem Artikel keinen Mehrwert.

257 Der Inhalt der Verhaltenspflicht, der sich die Kirch-Gruppe unterworfen habe, sei nämlich außerordentlich vage ausgestaltet. Zunächst verpflichte sich die Kirch-Gruppe nur dazu, alle Anstrengungen zu unternehmen, um zu gewährleisten, dass Simulcrypt-Vereinbarungen so schnell wie möglich in Kraft treten könnten. Sodann hänge die Erfuellung dieser Zusage davon ab, dass die Betreiber einer konkurrierenden technischen Plattform so weit wie objektiv notwendig zusammenarbeiteten, dass der Betreiber faire und angemessene Bedingungen erhalte und dass schließlich die technische Sicherheit des Zugangskontrollsystems nicht so beschaffen sei, dass sie das entsprechende System der d-Box gefährde.

258 Überdies setze die Zusage, die den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen zwischen den Betreibern konkurrierender Plattformen und der BetaResearch, die zur Kirch-Gruppe gehöre, impliziere, immer eine Bereitschaft der Kirch-Gruppe voraus. Am Vorliegen dieser Bereitschaft der Kirch-Gruppe bestuenden jedoch Zweifel, da sie auch Programmveranstalter sei und als solcher durch den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen, die die Verbreitung konkurrierender Programme erleichterten, in ihren Interessen beeinträchtigt sein könne. Es bestehe daher die Gefahr eines Konflikts zwischen den Interessen der Erbringerin von technischen Dienstleistungen BetaResearch und denen des Programmveranstalters der sie kontrollierenden Gruppe. Die Unabhängigkeit von BetaResearch in ihren geschäftlichen Entscheidungen sei daher nicht gewährleistet.

259 Diese Missbrauchsgefahr sei von der Kommission in den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nr. 58) und Deutsche Telekom/BetaResearch (Nr. 38) analysiert und bemängelt worden. Die Klägerin verweist ferner darauf, dass der FUN-Verband beim Versuch, mit der Kirch-Gruppe eine Simulcrypt-Vereinbarung auszuhandeln, leidvolle Erfahrungen gemacht habe.

260 Schließlich setze diese Zusage die Existenz konkurrierender Zugangskontrollsysteme voraus. Es bleibe jedoch unklar, wie neue Technologien auf dem Markt Fuß fassen könnten.

261 Auf das Vorbringen von KirchPayTV, die Simulcrypt-Vereinbarungen seien nur zwischen technischen Plattformen zu schließen, die Kirch-Gruppe betreibe aber im Bereich der Kabelübertragung keine solche Plattform, erwidert die Klägerin, dass die wichtigste technische Plattform in diesem Bereich von der MSG MediaServices GmbH betrieben werde, die ausschließlich die von der Kirch-Gruppe entwickelte Technologie verwende.

262 Zum Hinweis von KirchPayTV, seit kurzem seien im Bereich der Kabelübertragung neue technische Plattformen entstanden, führt sie aus, dieser Gesichtspunkt sei zur Zeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben gewesen und damit irrelevant. Zu ihrer Entstehung sei es bisher noch nicht einmal wirklich gekommen, da potenzielle Betreiber konkurrierender Plattformen von Seiten von Deutsche Telekom, der der größte Teil des Kabelnetzes gehöre, und deren Tochtergesellschaft MSG MediaServices GmbH, der Betreiberin der wichtigsten technischen Plattform im Bereich der Kabelübertragung, Zwängen ausgesetzt seien. Die Klägerin verweist insoweit darauf, dass PrimaCom, die eine konkurrierende Plattform betreibe, enormen Schwierigkeiten begegnet sei, als sie versucht habe, mit der MSG MediaServices GmbH eine Simulcrypt-Vereinbarung zu schließen.

263 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

264 Durch diese sechste Zusage soll die d-Box für andere Bezahlfernsehsender und für die digitalen interaktiven Dienste geöffnet werden.

265 Die Kirch-Gruppe hat sich damit verpflichtet, mit Betreibern technischer Plattformen, die andere Verschlüsselungssysteme verwenden, Simulcrypt-Vereinbarungen zu schließen. Wie bereits erwähnt, ermöglicht das Simulcrypt-Verfahren die Verwendung verschiedener Verschlüsselungssysteme, ohne dass der Verbraucher für die Entschlüsselung der empfangenen Signale mehrere Dekoder benötigt, indem die Schlüssel zwischen den Plattformbetreibern ausgetauscht werden. Daher können die entsprechenden Programme mit einem einzigen Dekoder empfangen werden.

266 Diese Zusage soll sicherstellen, dass konkurrierende technische Plattformen aufgebaut werden, und zwar dadurch, dass, falls ein Erbringer technischer Dienstleistungen ein konkurrierendes Verschlüsselungssystem einsetzen will, über die d-Box mittels des Simulcrypt-Verfahrens der Empfang ermöglicht wird. Die Kommission und die Streithelferinnen haben seitens der Klägerin unwidersprochen behauptet, dass die Erbringer technischer Dienstleistungen ihr Verschlüsselungssystem daher frei wählen könnten und dass durch diese Zusage der Wettbewerb zwischen den Betreibern technischer Plattformen, aber auch der auf dem Markt für Dekoder verstärkt werde.

267 Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass jede Zusage eine rechtliche Verpflichtung darstellt, deren Verletzung die Kommission gegebenenfalls veranlassen kann, die Genehmigung des Zusammenschlusses zu widerrufen. Der von der Klägerin ohne weiteren Nachweis vorgetragene Umstand, Kirch könnte es an der Bereitschaft zur Umsetzung der Zusage fehlen lassen, ist nicht geeignet, darzutun, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie die Zusage als zur Lösung der Wettbewerbsprobleme geeignet ansah.

268 Überdies ist die fragliche Zusage nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang mit allen von der Kirch-Gruppe abgegebenen Zusagen zu sehen, insbesondere mit der Zusage des Zugangs einer alternativen technischen Plattform zu Kirchs Bezahlfernsehprogrammen.

269 Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

Zugang anderer technologischer Plattformen zu den Bezahlfernsehdiensten von Kirch (Zusage 7)

- Vorbringen der Parteien

270 Die Klägerin trägt zunächst vor, die Zusage, mit der sich die Kirch-Gruppe dazu verpflichte, ihre Bezahlfernsehprogramme insbesondere mittels Simulcrypt-Vereinbarung auch über alternative technische Plattformen anzubieten, sei nicht geeignet, der Beherrschung der Märkte für Bezahlfernsehen und für die entsprechenden technischen Dienstleistungen durch die Kirch-Gruppe entgegenzuwirken, und biete gegenüber der Aufsicht über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung nach Artikel 82 EG keinen Mehrwert.

271 Erstens öffne diese Zusage nämlich nicht etwa den Markt für konkurrierende Plattformen, sondern setze deren Markzutritt stillschweigend voraus und verspreche ihnen lediglich kartellrechtliches Wohlverhalten.

272 Zweitens seien die Bedingungen, von denen das versprochene Wohlverhalten abhängig gemacht werde, außerordentlich vage gehalten.

273 Drittens führe die Zusage zu einem Interessenkonflikt, der ihre Wirksamkeit beeinträchtige. Durch die Verpflichtung, ihre Bezahlfernsehprogramme über konkurrierende technische Plattformen anzubieten, sei die Kirch-Gruppe nämlich gegebenenfalls gezwungen, Entscheidungen zu erlassen, die ihren eigenen Interessen als Programmveranstalter zuwiderliefen. Unter diesen Umständen sei zu bezweifeln, dass die Zusage fair angewandt werde. Diesen Gesichtspunkt habe die Kommission in den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere sowie Deutsche Telekom/BetaResearch richtig erkannt.

274 Insoweit verweist die Klägerin zunächst auf die leidvollen Erfahrungen des FUN-Verbands, dem, als er eine technische Plattform habe aufbauen wollen, von KirchPayTV entgegen der fraglichen Zusage und unter irreführenden Vorwänden der Zugang zum Bezahlfernsehangebot der Kirch-Gruppe verwehrt worden sei. Weiter verweist sie auf die Schwierigkeiten der technischen Kabelplattform PrimaCom, mit der Kirch-Gruppe eine Simulcrypt-Vereinbarung zu schließen. Schließlich sei bisher keine einzige zwischen Anbietern unterschiedlicher Verschlüsselungssysteme gefundene praktisch funktionsfähige Simulcrypt-Lösung bekannt.

275 Ferner trägt die Klägerin vor, die Zusage erfordere eine Überwachung des späteren Verhaltens, die dem Urteil Gencor und der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen widerspreche.

276 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

277 Durch diese siebte Zusage verpflichtet sich die Kirch-Gruppe dazu, ihre Bezahlfernsehprogramme insbesondere mittels Simulcrypt-Vereinbarung auch über alternative technische Plattformen anzubieten.

278 Diese Zusage erleichtert den Betreibern konkurrierender technischer Plattformen den Marktzutritt und fördert mittelbar den Wettbewerb zwischen den Anbietern von Bezahlfernsehen, indem es ihnen ermöglicht, ihre Programme mittels dieser technischen Plattformen neben den Bezahlfernsehprogrammen der Kirch-Gruppe zu senden.

279 Was zum einen das Vorbringen der Klägerin betreffend die Schwierigkeiten angeht, denen sie angeblich bei der Umsetzung der siebten Zusage als Mitbetreiber der alternativen FUN-Plattform begegnet ist, so ist festzustellen, dass FUN nach den seitens der Klägerin unwidersprochenen Behauptungen der Streithelferinnen nicht das in den Zusagen vorgesehene Schiedsverfahren eingeleitet hat.

280 Zum anderen ist hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, die siebte Zusage führe nicht zu einer Öffnung des Marktes, sondern setze die Existenz konkurrierender technischer Plattformen voraus, erneut darauf hinzuweisen, dass die Zusagen nicht isoliert zu sehen sind.

281 Wie die Kommission vorgetragen hat, wird der Marktzugang einer technischen Plattform durch die Interoperabilität der konkurrierenden technischen Plattformen mittels der Gewährleistung von Simulcrypt-Vereinbarungen (Zusage 6), durch die Zurverfügungstellung des Bezahlfernsehangebots der Kirch-Gruppe (Zusage 7) und gegebenenfalls durch die Zurverfügungstellung der Technologie des d-Box-Systems mittels einer Lizenz (Zusage 8) erleichtert. Die sechste und die siebte Zusage sollen es somit einem Wettbewerber im Bereich des Bezahlfernsehens ermöglichen, eine andere technische Plattform als die von Kirch angebotene zu verwenden.

282 Die Rügen gegen die siebte Zusage sind daher zurückzuweisen.

Benutzung der Technologie des d-Box-Systems durch konkurrierende Plattformen (Zusage 8)

- Vorbringen der Parteien

283 Die Klägerin trägt vor, die Zusage der Kirch-Gruppe, Betreibern konkurrierender technischer Plattformen Zugang zur Technologie des d-Box-Systems zu gewähren, sei nicht geeignet, die Herrschaft der Kirch-Gruppe über die technologische Entwicklung des d-Box-Systems anzutasten.

284 Erstens habe die Kommission eine solche Zusage in den Fällen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nr. 139) und Deutsche Telekom/Beta-Research (Nr. 64) deshalb nicht akzeptiert, weil sie nicht geeignet gewesen sei, diese Herrschaft über die technologische Entwicklung des d-Box-Systems zu beenden. Die angefochtene Entscheidung enthalte keine Begründung dafür, warum im vorliegenden Fall trotz gleicher Sachlage eine andere wettbewerbsrechtliche Beurteilung geboten sein sollte.

285 Zweitens stehe die Zusage im Widerspruch zu dem, was der Direktor der Task force "Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse" als Voraussetzung für die Annahme derartiger Zusagen identifiziert habe (Götz Drauz, "Remedies under the merger regulation", International antitrust law & policy, Fordham Corporate Law Institute, 1996, S. 219 bis 238, vgl. S. 225 ff.), insbesondere zu den folgenden Voraussetzungen:

- Der Lizenzgeber dürfe die Wirkung der Lizenz nicht unterlaufen können, indem er beispielsweise wichtige technische Unterstützung zurückhalte;

- der Lizenzgeber dürfe keine unverhältnismäßigen Lizenzgebühren erheben und

- die Kommission dürfe nicht in eine ständige Kontrolle der Einhaltung des Lizenzvertrages hineingezogen werde, wie in die Prüfung der Angemessenheit der Lizenzgebühren.

286 Die Klägerin trägt hierzu zunächst vor, der Festsetzung überhöhter Lizenzgebühren solle offenbar nur durch den Hinweis auf angemessene und nichtdiskriminierende Bedingungen entgegengewirkt werden. Ferner enthalte die Zusage keine besonderen Bestimmungen für den Bereich der technischen Unterstützung. Vor allem werde die Kommission schließlich durch die Zusage in eine laufende Verhaltenskontrolle hineingezogen.

287 Diese laufende Verhaltenskontrolle widerspreche der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen.

288 Auf den Einwand von KirchPayTV, eine solche laufende Verhaltenskontrolle entfalle, weil es ein Schiedsverfahren mit Beweislastumkehr zu Lasten der Kirch-Gruppe gebe, erwidert die Klägerin, das Bestehen der Kontrolle werde durch diese Gesichtspunkte nicht in Frage gestellt und die Notwendigkeit eines Schiedsverfahrens beweise im Gegenteil, dass eine solche Kontrolle bestehe.

289 Drittens enthalte die Entscheidung einen logischen Bruch, wenn in ihr einerseits die fragliche Zusage angenommen werde und andererseits festgestellt werde, dass in der wahrscheinlichen Lizenzpolitik von BetaResearch gegenüber anderen potenziellen Wettbewerbern von KirchPayTV auf dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste erhebliche Missbrauchsgefahren lägen und dabei sogar auf von interessierten Dritten mitgeteilte konkrete Missbrauchsfälle hingewiesen werde (Nr. 37 der angefochtenen Entscheidung).

290 Die Klägerin weist das Vorbringen von KirchPayTV zurück, die Betreiber von technischen Plattformen hätten die Wahl zwischen der Technologie des d-Box-Systems, womit sie von der entsprechenden Zusage Gebrauch machten, und einer konkurrierenden Technologie, bei der sie die Abonnenten der d-Box mittels Simulcrypt-Vereinbarungen erreichen könnten. Die leidvollen Erfahrungen, die FUN und PrimaCom im Rahmen ihrer Versuche, mit der Kirch-Gruppe Simulcrypt-Vereinbarungen auszuhandeln, gemacht hätten, zeigten die offensichtliche Ungeeignetheit der zweiten Wahlmöglichkeit auf.

291 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

292 Durch diese Zusage soll Betreibern konkurrierender technischer Plattformen Zugang zur Technologie des d-Box-Systems gewährt werden.

293 Sie erleichtert somit den Aufbau konkurrierender technischer Plattformen; außerdem erleichtert sie dadurch konkurrierenden Inhalteanbietern den Marktzutritt, was den Wettbewerb auf dem Bezahlfernsehmarkt fördern kann.

294 Das Vorbringen der Klägerin betreffend einen Widerspruch zwischen der angefochtenen Entscheidung und den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere sowie Deutsche Telekom/Beta-Research ist aus den oben genannten Gründen zurückzuweisen.

295 Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, die fragliche Zusage führe zu einer laufenden Verhaltenskontrolle, die der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen widerspreche, genügt es, festzustellen, dass alle Streitigkeiten über die Einhaltung von Zusagen einem Schiedsgericht vorgelegt werden müssen, das eine ausreichende Kontrolle sicherstellt. Im Übrigen können mit der Erfuellung der Zusage unzufriedene Dritte das Schiedsgericht anrufen, wobei im Schiedsverfahren die Beweislast der Kirch-Gruppe obliegt. Damit unterliegt die Erfuellung der Zusage zwar einer Kontrolle, doch belastet dies nicht die Kommission.

296 Zu dem Vorbringen, die Zusage stehe im Widerspruch zu dem, was in einer Veröffentlichung des Direktors der Task force "Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse" als Voraussetzung für die Annahme derartiger Zusagen identifiziert sei, reicht der Hinweis aus, dass die Darlegungen eines Beamten, mit denen kein offizieller Standpunkt der Kommission wiedergegeben wird, für diese nicht verbindlich sind.

297 Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission habe durch die Annahme der Zusage die Gefahren eines Missbrauchs der beherrschenden Stellung durch BetaResearch bei der Gewährung von Lizenzen zur Nutzung des d-Box-Systems übersehen. Zum einen steht es nämlich den Betreibern technischer Plattformen offen, eine konkurrierende Technologie zu wählen und die Abonnenten des d-Box-Systems mittels Simulcrypt-Vereinbarungen zu erreichen. Zum anderen ist, wie oben ausgeführt, die fragliche Zusage nicht isoliert zu sehen, sondern als Teil eines Zusagenpakets, das durch entsprechende Auflagen und Bedingungen und insbesondere durch ein bindendes Schiedsverfahren abgesichert ist.

298 Die die achte Zusage betreffende Rüge ist daher zurückzuweisen.

Herstellung von "Multiple-system"-Boxen (Zusage 9)

- Vorbringen der Parteien

299 Die Klägerin trägt vor, die Zusage, Herstellungslizenzen für so genannte "Multiple-system"-Boxen zu erteilen, stehe im Widerspruch zu der in den vorangegangenen Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nr. 139) und Deutsche Telekom/BetaResearch (Nr. 64) abgegebenen Einschätzung der Kommission, dass eine solche Zusage nicht geeignet sei, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen, da Kirch die Kontrolle über die technologische Entwicklung nicht aus der Hand genommen werde. Der Wechsel der fusionskontrollrechtlichen Bewertung trotz veränderter tatsächlicher Verhältnisse werde von der Kommission in keiner Weise begründet.

300 Diese Herrschaft hätte nur dann in Frage gestellt werden können, wenn die Kommission der Kirch-Gruppe die zusätzliche Verpflichtung auferlegt hätte, den Inhabern von Lizenzen für die Herstellung der d-Box das Recht zu geben, diese nicht nur mit konkurrierenden Verschlüsselungssystemen, sondern auch mit einer gemeinsamen Schnittstelle auszustatten. Die Ausstattung mit konkurrierenden Verschlüsselungssystemen sei nämlich völlig unzureichend, da sie die Betreiber technischer Plattformen, die andere Verschlüsselungssysteme benutzten, zum Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen mit der Kirch-Gruppe zwinge und also die Herrschaft der Kirch-Gruppe über das d-Box-System nicht in Frage stelle.

301 Die Klägerin bestreitet insoweit die Behauptung der Kommission, die Zusage eröffne die Möglichkeit, in die d-Box eine gemeinsame Schnittstelle einzubauen.

302 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

303 Durch diese neunte Zusage soll erreicht werden, dass Herstellern von Dekodern Lizenzen für die Entwicklung der d-Box-Dekoder angeboten werden, nach denen sie diese in andere Zugangskontrollsysteme, einschließlich einer gemeinsamen Schnittstelle, integrieren dürfen. Unter einer gemeinsamen Schnittstelle ist ein Modulsystem zu verstehen, das den Einsatz der verschiedenen Verschlüsselungsarten gestattet.

304 Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass diese Zusage nicht geeignet ist, sicherzustellen, dass die künftigen Abonnenten der d-Box auch über andere Verschlüsselungssysteme erreicht werden können. Die neunte Zusage soll also den Markt öffnen für die Betreiber technischer Plattformen, für die Inhalteanbieter und für die potenziellen Hersteller der d-Box, aber auch für die Anbieter von Verschlüsselungssystemen.

305 Im Übrigen ist der vorliegende Fall nicht mit dem Kontext vergleichbar, der den Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere und Deutsche Telekom/BetaResearch zugrunde lag. Da die Sachlage nicht die gleiche ist, musste die Kommission ihre Entscheidung nicht besonders begründen.

306 Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

Wechsel vom analogen zum digitalen System (Zusage 10)

- Vorbringen der Parteien

307 Die Klägerin hält die Zusage, jedem Abonnenten von KirchPayTV, der nur über einen analogen Dekoder verfügt, einen Digitaldekoder (d-Box) anzubieten, nicht für geeignet, interessierten Betreibern den Zutritt zu den Märkten für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste zu erleichtern, um solchen Abonnenten ihre Dienstleistungen anbieten zu können. Wegen der Ablehnung der Lösung durch die gemeinsame Schnittstelle setze dieser Zugang Dritter zu den fraglichen Märkten über die d-Box nämlich zumindest den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen mit der Kirch-Gruppe voraus, den diese jedoch verweigere.

308 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

309 Die Klägerin bestreitet nicht, dass durch die fragliche Zusage, jedem Abonnenten von KirchPayTV, der nur über einen analogen Dekoder verfügt, einen Digitaldekoder (d-Box) anzubieten, sichergestellt ist, dass die Abonnenten von "Premiere" über einen Digitaldekoder verfügen und dass Inhalteanbieter nicht deshalb am Marktzugang gehindert sind, weil sie ihr Programm digital verbreiten. Die Zusage vermeidet, dass die Aktivitäten konkurrierender Betreiber auf den fraglichen Märkten dadurch behindert werden, dass Verbraucher analoge Dekoder verwenden, die für solche Aktivitäten nicht passen. Die Klägerin hat daher nicht dargetan, inwiefern die Kommission durch die Feststellung, dass diese Zusage den Markt für die konkurrierenden Betreiber öffne, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben soll.

310 Die diese Zusage betreffende Rüge ist daher zurückzuweisen.

Begrenzung zusätzlicher Kabelplätze (Zusage 11)

- Vorbringen der Parteien

311 Die Klägerin trägt vor, die Zusage, wonach KirchPayTV sich verpflichte, bis zum 31. Dezember 2000 keine zusätzlichen Anträge auf Zuweisung digitaler Kabelkapazität mehr zu stellen, sei nicht geeignet, die technologische Marktbeherrschung der Kirch-Gruppe anzutasten. Sie sei außerdem ungeeignet, die Bedenken auszuräumen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Nr. 78) im Hinblick darauf zum Ausdruck gebracht habe, dass Deutsche Telekom für die digitale Verbreitung von Fernsehprogrammen auf ihren Breitbandkabelnetzen die Technologie von BetaResearch verwende. Diese Bedenken hätten darin bestanden, dass auf dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste die Entstehung einer beherrschenden Stellung von KirchPayTV zu befürchten sei.

312 Die Berechtigung dieser Bedenken sei inzwischen insofern bestätigt worden, als Deutsche Telekom und die Kirch-Gruppe derzeit beabsichtigten, BetaResearch als Gemeinschaftsunternehmen zu führen und dieses Vorhaben beim Bundeskartellamt angemeldet hätten.

313 Die Klägerin bestreitet die Behauptung der Kommission, sie wolle einem am Zusammenschluss nicht beteiligten Dritten, d. h. Deutsche Telekom, Verpflichtungen auferlegen. Sie sei lediglich der Auffassung, dass die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Nr. 78) zum Ausdruck gebracht habe, durch diese Zusage nicht ausgeräumt werden könnten.

314 Nach Auffassung der Kommission und der Streithelferinnen ist diese Rüge unbegründet.

- Würdigung durch das Gericht

315 Durch die Zusage, bis zum 31. Dezember 2000 keine zusätzlichen Anträge auf Zuweisung digitaler Kabelkapazität mehr zu stellen, soll Befürchtungen Dritter abgeholfen werden, das Bezahlfernsehangebot von Kirch beanspruche im Kabelnetz zu viel Platz, so dass für Angebote Dritter zu wenig Platz zur Verfügung stehe.

316 Der Vorwurf der Klägerin, die Kommission habe der Deutschen Telekom nicht auferlegt, für ihre Kabelnetze eine andere als die Kirchsche Technologie zu verwenden, ist zurückzuweisen. Deutsche Telekom ist am fraglichen Zusammenschluss nicht beteiligt, so dass ihr die Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Verpflichtungen auferlegen kann.

317 Überdies steht der fragliche Zusammenschluss in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung von Deutsche Telekom, die Kirchsche Technologie für ihr Kabelnetz zu verwenden.

318 Im Übrigen ist der Hinweis der Klägerin auf ein Vorhaben von Deutsche Telekom und BetaResearch, ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, unbeachtlich, da die dadurch etwa aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme mit der angefochtenen Entscheidung in keinem Zusammenhang stehen.

319 Die Rüge der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Vorbringen, mit denen das Fehlen angeblich gebotener Zusagen gerügt wird

320 Die Klägerin rügt, dass die Kommission Zusagen, die sie im Laufe des Verwaltungsverfahren vorgeschlagen habe (Schreiben der Klägerin vom 22. Februar 2000, vom 2. März 2000 und vom 15. März 2000), nicht berücksichtigt habe. Diese Zusagen hätten die schwerwiegendsten Bedenken, die die Kommission selbst hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt habe, beseitigen können, wenn sie auch nicht ausgereicht hätten, um diese Vereinbarkeit herzustellen.

321 Die Klägerin weist das Vorbringen von KirchPayTV zurück, die Zusagen 1 bis 5 hätten ausgereicht, die Zusagen 6 bis 9 zur Öffnung des Marktes für technische Dienstleistungen seien gar nicht erforderlich gewesen und erst recht hätte es anderer noch weiter gehender Zusagen nicht bedurft. Indem KirchPayTV die Zusagen 6 bis 9 nicht für erforderlich halte, offenbare sie, dass sie die Bedeutung der Herrschaft der Kirch-Gruppe über die Technologie des d-Box-Systems für die Öffnung der Märkte für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste verkenne. Folgte man diesem Gedankengang, so wäre die angefochtene Entscheidung überdies wegen Auferlegung nicht erforderlicher Zusagen für nichtig zu erklären.

- Keine Zusage der Ausstattung des d-Box-Dekoders mit einer gemeinsamen Schnittstelle

Vorbringen der Parteien

322 Die Klägerin beanstandet, dass den am Zusammenschluss Beteiligten nicht, wie von ihr angeregt, die Verpflichtung auferlegt worden sei, den d-Box-Dekoder mit einer gemeinsamen Schnittstelle auszurüsten.

323 Sie trägt hierzu vor, auf der Grundlage der akzeptierten Zusagen könnten die mit KirchPayTV konkurrierenden Veranstalter ihre Programme mittels des d-Box-Dekoders nur unter Verwendung des von BetaResearch, die zur Kirch-Gruppe gehöre, entwickelten Zugangskontrollsystems BetaCrypt übertragen, zu dessen Verwendung sie nur berechtigt seien, wenn sie vorher mit BetaResearch eine Simulcrypt-Vereinbarung geschlossen hätten. Die Notwendigkeit, eine Simulcrypt-Vereinbarung zu schließen, mache diese Veranstalter jedoch von BetaResearch abhängig, und es bestehe die Gefahr, dass die Kirch-Gruppe diese Position missbrauche, um ihre Interessen auf den Märkten für Bezahlfernsehen und für digitale interaktive Fernsehdienste zu wahren, und dadurch ihre potenziellen Wettbewerber auf diesen Märkten benachteilige.

324 Diese Gefahr sei von der Kommission in ihren Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nr. 58) und Deutsche Telekom/BetaResearch (Nr. 38) sowie vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation in einer Entscheidung vom 8. November 1999 betreffend den schweizerischen Pay-TV-Veranstalter Teleclub AG erörtert worden, an dem KirchPayTV zu 40 % beteiligt sei und der ebenfalls die d-Box benutze.

325 Diese Gefahr sei inzwischen nach der Übernahme des Pay-TV-Senders Premiere durch die Kirch-Gruppe und nach dem Zusammenschluss dieses Senders mit DF1 zu Premiere World noch größer geworden. Außerdem verweist die Klägerin in diesem Zusammenhang erneut auf die praktischen Schwierigkeiten, denen bestimmte Betreiber, darunter FUN, die mit BetaResearch Simulcrypt-Vereinbarung hätten schließen wollen, begegnet seien.

326 Zur Vermeidung dieser Gefahr habe sie vorgeschlagen, der Kirch-Gruppe aufzuerlegen, den d-Box-Dekoder mit einer gemeinsamen Schnittstelle auszurüsten, die über ein- und denselben Dekoder den Empfang von mit verschiedenen Zugangskontrollsystemen verschlüsselten Programmen ermögliche. Diese Lösung, das Multicrypt-Verfahren, vermeide die genannten Nachteile und ermögliche es den konkurrierenden Veranstaltern, ihre Programme mit anderen Zugangskontrollsystemen als dem der Kirch-Gruppe mittels der d-Box zu übertragen, ohne dass eine Vereinbarung mit der Kirch-Gruppe notwendig werde.

327 Auf das Vorbringen von KirchPayTV entgegnet die Klägerin, die Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen (ABl. L 281, S. 51), eine auf die Artikel 47 Absatz 2 EG, 55 EG und 95 EG gestützte Harmonisierungsrichtlinie, schränke den Beurteilungsspielraum der Kommission hinsichtlich der fusionskontrollrechtlich zu akzeptierenden Zusagen keineswegs ein. Bei der Fusionskontrolle sei ein Vorbringen, wonach die Simulcrypt-Lösung aus der Sicht des Verbrauchers gegenüber der Multicrypt-Lösung praktische Vorteile biete, unbeachtlich.

Würdigung durch das Gericht

328 Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission bei der Beurteilung, ob Zusagen einzuholen sind, um die gegen ein Zusammenschlussvorhaben bestehenden ernsthaften Bedenken zu zerstreuen, einen weiten Beurteilungsspielraum besitzt.

329 Folglich darf das Gericht die von der Kommission vorgenommene Beurteilung nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen, denn es hat im Rahmen seiner Kontrolle nur zu prüfen, ob die Kommission offensichtliche Beurteilungsfehler begangen hat. Insbesondere ist die Nichtberücksichtigung der von der Klägerin vorgeschlagenen Zusagen für sich allein noch kein Nachweis dafür, dass die angefochtene Entscheidung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler aufweist, und der Umstand, dass auch andere Zusagen hätten akzeptiert werden können, kann, selbst wenn diese für den Wettbewerb günstiger gewesen wären, nicht zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen, sofern die Kommission vernünftigerweise annehmen durfte, dass die in der Entscheidung vorgesehenen Zusagen ihre ernsthaften Bedenken zerstreuen können.

330 Die Klägerin rügt, die Kommission hätte den am Zusammenschluss Beteiligten statt einer Verpflichtung, die Simulcrypt-Vereinbarungen vorsehe, die Verpflichtung auferlegen müssen, den d-Box-Dekoder mit einer gemeinsamen Schnittstelle auszurüsten.

331 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich durch beide Lösungen, die Simulcrypt-Verschlüsselung und die gemeinsame Schnittstelle, vermeiden lässt, dass ein Fernsehzuschauer, der Bezahlfernsehprogramme mit unterschiedlichen Zugangskontrollsystemen abonniert hat, zur Benutzung verschiedener Dekoder gezwungen ist. In der Richtlinie 95/47 werden übrigens beide Lösungen als gleichwertig angesehen.

332 Ferner hat die Klägerin nicht der Behauptung von KirchPayTV widersprochen, die Simulcrypt-Lösung biete gegenüber der gemeinsamen Schnittstelle eine Reihe von Vorteilen. So hat KirchPayTV vorgetragen, die Simulcrypt-Lösung biete größeren Schutz vor Hackern, und die gemeinsame Schnittstelle bedeute für den Fernsehzuschauer, dass er für den Empfang von verschlüsselten Programmen außer dem Dekoder den verschiedenen Zugangskontrollsystemen entsprechende Module erwerben und vor dem Empfang unterschiedlich verschlüsselter Programme die Module austauschen müsse. Sie hat außerdem darauf hingewiesen, dass mit dem Einsatz einer gemeinsamen Schnittstelle ein Zugang zu der bestehenden d-Box-Population nicht möglich sei.

333 Im Übrigen ist, wie oben festgestellt, die Rüge der Klägerin, die Zusage, die den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen vorsehe, reiche für die Lösung der sich hier stellenden Wettbewerbsprobleme nicht aus, unbegründet.

334 Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die Kommission dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, dass sie keine Zusage hinsichtlich der gemeinsamen Schnittstelle vorgesehen hat.

- Keine Zusage hinsichtlich etwaiger Beziehungen zwischen BetaResearch und Deutsche Telekom

Vorbringen der Parteien

335 Die Klägerin rügt, dass die Kommission ihren Vorschlag nicht beachtet habe, durch Auferlegung einer entsprechenden Verpflichtung Verbindungen gesellschaftsrechtlicher oder anderer vertraglicher Art zwischen BetaResearch und Deutsche Telekom zu untersagen, durch die dem von BetaResearch entwickelten technologischen Standard ausschließliche Anwendung in den Breitbandkabelnetzen von Deutsche Telekom, der der größte Teil des Kabelnetzes gehöre, gesichert werden solle. Die Vorstellung einer solchen Verbindung wecke ernsthafte Bedenken, die die Kommission in ihrer Entscheidung Deutsche Telekom/BetaResearch dargelegt habe (Nrn. 33 ff.).

336 Auf das Vorbringen der Kommission, die Auferlegung von Rechtspflichten gegenüber Dritten sei nicht möglich, erwidert die Klägerin, die Beklagte hätte der Kirch-Gruppe sehr wohl aufgeben können, sich gegenüber Deutsche Telekom dafür einzusetzen, dass diese die ausschließliche Anwendung des von der BetaResearch entwickelten Standards beende. Wäre die Kirch-Gruppe nicht in der Lage gewesen, diese Verpflichtung einzuhalten, so hätte die Kommission diese Nichteinhaltung feststellen und ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken, die sie in der angefochtenen Entscheidung (Nr. 61) hinsichtlich dieser ausschließlichen Verwendung zum Ausdruck gebracht habe, aufrechterhalten müssen.

337 Die Kommission sei dem Vorhaben der Deutschen Telekom und der Kirch-Gruppe, die BetaResearch als Gemeinschaftsunternehmen zu führen, nicht entgegengetreten, obwohl an diesem Vorhaben zwei marktbeherrschende Unternehmen beteiligt seien.

338 Auf das Vorbringen von KirchPayTV, die Gefahr einer Verwendung des von der BetaResearch entwickelten technologischen Standards durch Deutsche Telekom werde durch den Verkauf eines großen Teils des Breitbandkabelnetzes von Deutsche Telekom kompensiert, erwidert die Klägerin, Zeitpunkt und Modalitäten dieses Verkaufs seien zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung offen gewesen und seien immer noch unklar.

Würdigung durch das Gericht

339 Die Klägerin rügt, dass die Kommission im Hinblick auf eine etwaige Verbindung zwischen BetaResearch und Deutsche Telekom keine Beschränkung auferlegt habe.

340 Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Rüge zurückzuweisen ist, weil die Klägerin der Kommission in der Klageschrift lediglich vorwirft, ihren Vorschlag, eine solche Verbindung zu untersagen, nicht beachtet zu haben, ohne darzulegen, geschweige denn nachzuweisen, warum eine solche Zusage erforderlich wäre, um die nach Auffassung der Kommission gegen das fragliche Zusammenschlussvorhaben bestehenden ernsthaften Bedenken zu zerstreuen.

341 Zweitens konnte die Kommission dem Vorschlag der Klägerin ohnehin nicht folgen, weil sie in einer auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4064/89 erlassenen Entscheidung keine Zusagen zu Lasten von an dem Zusammenschlussvorhaben nicht beteiligten Dritten entgegennehmen kann.

342 Drittens bezieht sich die Rüge der Klägerin nach ihrem Wortlaut auf die Nichtuntersagung einer etwaigen Verbindung zwischen Deutsche Telekom und BetaResearch. Die Klägerin verweist in ihrer Erwiderung insoweit auf ein beim deutschen Bundeskartellamt eingeleitetes Verfahren betreffend die Absicht von Deutsche Telekom und BetaResearch, ein Gemeinschaftsunternehmen zu bilden. Es ist festzustellen, dass etwa durch dieses Vorhaben aufgeworfene Wettbewerbsprobleme mit der angefochtenen Entscheidung nichts zu tun haben und dass die Einwände der Klägerin dagegen an die für die Entscheidung über das Vorhaben zuständige Behörde zu richten sind.

343 Viertens ist, soweit sich die Klägerin in der Erwiderung offenbar dagegen wenden will, dass Deutsche Telekom in ihren Kabelnetzen derzeit ausschließlich die von BetaResearch entwickelte Technologie einsetzt, zum einen festzustellen, dass dieses Vorbringen unzulässig ist, da es neu ist oder jedenfalls nicht den Anforderungen von Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts entspricht; zum anderen ist festzustellen, dass die Entscheidung von Deutsche Telekom, in ihren Kabelnetzen die Technologie von BetaResearch einzusetzen, vor dem Zusammenschluss, um den es in der angefochtenen Entscheidung geht, gefallen war und mit diesem nichts zu tun hat.

344 Nach alledem ist die Rüge zurückzuweisen.

- Keine Zusage zur Entbündelung von Programm, Technologie und Ausstattung

Vorbringen der Parteien

345 Die Klägerin rügt, dass die Kommission nicht ihrem Vorschlag gefolgt sei, der Kirch-Gruppe aufzugeben, zum einen denjenigen Kunden, die sich nur für die Programme dritter Veranstalter entschieden und keines der von KirchPayTV angebotenen Bezahlfernsehprogramme, d. h. Premiere World, abonnieren wollten, den d-Box-Dekoder anzubieten und es zum anderen den Kunden zu ermöglichen, Premiere World über in Konkurrenz mit der d-Box stehende Systeme zu empfangen. Solche Zusagen hätten nach ihrer Auffassung zu einem Ende der vertikalen Integration zwischen Technologie und Inhalten geführt, wie sie hier vorliegen.

346 Nach Auffassung der Klägerin hätten ohne eine Entbündelung von Programm, Technologie und Ausstattung Betreiber, die eine mit der d-Box konkurrierende Technologie entwickeln oder anbieten wollten, nur geringe Erfolgsaussichten, da sie mittels ihrer Technologie nicht die Übertragung des einzigen umfassenden Bezahlfernsehprogramms, das derzeit auf dem Markt sei, nämlich Premiere World, gewährleisten könnten. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang erneut auf die aus Sicht des Wettbewerbsrechts nachteiligen Folgen hin, die das Entstehen oder Fortbestehen einer marktbeherrschenden Stellung im Technologiebereich habe, was die Kommission in ihren Entscheidungen Bertelsmann/Kirch/Premiere (Nrn. 56 ff.) und Deutsche Telekom/BetaResearch (Nrn. 33 ff.) in Bezug auf die Auswirkungen des von der Kirch-Gruppe kontrollierten d-Box-Systems anerkannt habe. Außerdem habe die Kommission in ihrer Mitteilung über Abhilfemaßnahmen selbst festgestellt, dass, wenn sich das Wettbewerbsproblem aufgrund der Kontrolle über eine Schlüsseltechnologie stelle, die Veräußerung der betreffenden Technologie die beste Abhilfemaßnahme sei (Nrn. 29 und 30).

347 Die Klägerin weist das Vorbringen der Kommission zurück, die Entbündelung von Programm, Technologie und Ausstattung sei bereits durch die Zusagen sichergestellt, interessierten Dritten Zugang zur technischen Plattform der Kirch-Gruppe zu gewähren (Zusagen 1 bis 3) und konkurrierenden technischen Plattformen Zugang zu den Bezahlfernsehdiensten von KirchPayTV zu bieten (Zusage 7). Die Klägerin hält diese Zusagen für wirkungslos und verweist auf die in Bezug auf sie vorgetragenen Rügen. Was insbesondere die Zusage 7 angeht, verweist sie erneut auf die beträchtlichen praktischen Schwierigkeiten, die die alternative technische Plattform FUN gehabt habe, um die Zustimmung der Kirch-Gruppe zum Zugang zu den Programmen von Premiere World einzuholen.

Würdigung durch das Gericht

348 Die Klägerin rügt, die Kommission hätte eine Verpflichtung von Kirch vorsehen müssen, zum einen denjenigen Kunden, die keines der von KirchPayTV angebotenen Bezahlfernsehprogramme abonnieren wollten, den d-Box-Dekoder anzubieten und zum anderen ihren Abonnenten den Empfang ihrer Programme über andere Systeme als die d-Box zu ermöglichen.

349 Hierzu ist festzustellen, dass die Sicherstellung des Zugangs konkurrierender Dritter gerade Gegenstand zum einen der Zusagen 1 bis 3, Dritten Zugang zur technischen Plattform der Kirch-Gruppe zu gewähren, und zum anderen der Zusage 7, konkurrierenden technischen Plattformen Zugang zu den Bezahlfernsehdiensten von KirchPayTV zu bieten, ist. Die Rügen der Klägerin, diese Zusagen reichten nicht aus, um die nach Auffassung der Kommission bestehenden ernsthaften Bedenken zu zerstreuen, sind bereits oben zurückgewiesen worden.

350 Im Übrigen hat die Klägerin nicht nachgewiesen oder auch nur vorgetragen, warum es neben den verschiedenen Maßnahmen zur Öffnung der Märkte, die sich aus den in der Entscheidung vorgesehenen Zusagen insgesamt ergeben, noch der von ihr vorgeschlagenen Zusage bedurft hätte.

351 Folglich hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat; die Rüge ist daher zurückweisen.

352 Dieses Ergebnis kann nicht durch das von der Klägerin in der Erwiderung vorgetragene Argument in Frage gestellt werden, die technische Plattform FUN habe Schwierigkeiten, um die Zustimmung von Kirch zum Zugang zu ihren Bezahlfernsehprogrammen, Premiere World, einzuholen. Die Zusagen enthalten nämlich eine detaillierte Regelung für ein Schiedsverfahren, in dem verbindliche Maßnahmen getroffen werden können, um derartige Probleme zu lösen, und die Kommission hätte, falls dieses Verfahren zu dem Ergebnis führt, dass Kirch die Verpflichtungen nicht erfuellt, die Möglichkeit, die angefochtene Entscheidung gemäß Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4064/89 zu widerrufen.

353 Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verfahrensfehler durch Nichteinleitung des Verfahrens nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89

Vorbringen der Parteien

354 Die Klägerin trägt vor, die Kommission könne gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung in Verbindung mit der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 lediglich in Fällen, in denen das Wettbewerbsproblem klar umrissen sei und leicht gelöst werden könne, Zusagen bereits in der ersten Phase der Kontrolle annehmen und dürfe nur dann darauf verzichten, das Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz l Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung einzuleiten.

355 Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung ernsthafte wettbewerbsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinsamen Markt geäußert (siehe insbesondere Nrn. 51 und 80). Die Klägerin verweist im Übrigen auf ihr Vorbringen, dass sowohl die durch den Zusammenschluss aufgeworfenen Probleme als auch die vorgeschlagenen Zusagen höchst kompliziert und die akzeptierten Zusagen offensichtlich ungeeignet seien. Folglich seien die vorliegenden Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen, und die Kommission habe daher nicht davon absehen können, das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung einzuleiten.

356 Die Nichteinleitung dieses Verfahrens sei ein Verfahrensfehler.

357 Zur Begründung dieser Ansicht verweist die Klägerin u. a. auf das Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2000 in der Rechtssache T-46/97 (SIC/Kommission, Slg. 2000, II-2125). In diesem Urteil habe das Gericht die Entscheidung der Kommission, mit der die Einstufung einer von einem Beschwerdeführer beanstandeten Finanzierungsmaßnahme als staatliche Beihilfe ohne Einleitung des förmlichen Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG abgelehnt worden sei, für nichtig erklärt. Zur Begründung dieses Ergebnisses habe das Gericht auf ernste Schwierigkeiten bei dieser Einstufung und darauf hingewiesen, dass durch die Ablehnung der Einleitung des förmlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer jedenfalls die Gelegenheit genommen worden sei, sich durch Stellungnahmen an diesem zu beteiligen. Das Problem des vorliegenden Falles stelle sich zwar im Bereich der Fusionskontrolle und nicht in dem der staatlichen Beihilfen, sei aber ähnlich gelagert wie das des genannten Falles und wesentlich schwieriger angelegt als dieses. Umso dringender sei im vorliegenden Fall die Einleitung des Verfahrens geboten gewesen.

358 KirchPayTV lasse bei ihrem Vorschlag zur Auslegung von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung die achte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97 und die offensichtliche Ungeeignetheit der im vorliegenden Fall akzeptierten Zusagen unberücksichtigt.

359 Zu dem Vorbringen von KirchPayTV, das Urteil SIC/Kommission sei wegen der Unterschiede zwischen dem Verfahren für die staatlichen Beihilfen und dem für die Fusionskontrolle nicht relevant, führt die Klägerin aus, die Nichteinleitung des Verfahrens nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung habe insbesondere zur Folge gehabt, dass sie ihrer gemäß Artikel 18 Absatz 4 dieser Verordnung erweiterten Verfahrensrechte beraubt worden sei.

360 Die Kommission und die Streithelferinnen beantragen, den Klagegrund zurückzuweisen.

Würdigung durch das Gericht

361 Die Klägerin führt für ihr Vorbringen, die Kommission hätte die zweite Phase des Verfahrens einleiten müssen, drei Argumente an.

362 Zum ersten Argument, die Kommission habe festgestellt, dass das Zusammenschlussvorhaben Anlass zu ernsthaften Bedenken gebe, ist daran zu erinnern, dass in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung, wonach die Kommission das Verfahren einzuleiten hat, wenn sie feststellt, dass der angemeldete Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, ausdrücklich vorgesehen ist, dass diese Verpflichtung unbeschadet des Artikels 6 Absatz 2 gilt. Dort wird der Kommission aber gerade die Befugnis gegeben, das genannte Verfahren nicht einzuleiten und den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären, wenn sie feststellt, dass der angemeldete Zusammenschluss nach Änderungen durch die beteiligten Unternehmen keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken gibt.

363 Da die Beteiligten Zusagen anboten, die geeignet waren, die ernsthaften Bedenken zu zerstreuen, bedeutet die Feststellung der Kommission, dass der Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken gab, folglich nicht, dass sie die zweite Phase des Verfahrens hätte einleiten müssen. Die Kommission stellte in Nummer 94 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die ernsthaften Zweifel durch die von den Beteiligten angebotenen Zusagen entkräftet wurden.

364 Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe die Zusagen in der ersten Phase nicht annehmen dürfen, da die Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen und nicht leicht zu lösen gewesen seien, und die Zusagen hätten die gegen das Zusammenschlussvorhaben bestehenden ernsthaften Bedenken nicht entkräften können, bereits im Rahmen des zweiten und des dritten Klagegrundes zurückgewiesen worden.

365 Schließlich ist das dritte Argument, das auf einen Vergleich mit der dem Urteil SIC/Kommission zugrunde liegenden Rechtssache gestützt ist, zurückzuweisen, da das Verfahren für die Prüfung durch die Kommission gemäß Artikel 6 der Fusionskontrollverordnung nicht dem nach Artikel 88 EG gleichzustellen ist.

366 Insbesondere ist festzustellen, dass Dritte in der Vorprüfungsphase des Verfahrens für staatliche Beihilfen kein Beteiligungsrecht haben. Zudem hat die Kommission, wenn sie in der Vorprüfung nach Artikel 88 EG feststellt, dass das Projekt eine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstellt und deshalb Zweifel an seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt bestehen, das förmliche Verfahren einzuleiten, während sie, wie oben ausgeführt, wenn sie feststellt, dass ein Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken gibt, die zweite Phase nicht einzuleiten braucht, sofern Änderungen des Zusammenschlusses oder Zusagen der beteiligten Unternehmen diese Bedenken entkräften.

367 Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund: unzulässige Verkürzung der Beteiligungsrechte Dritter am Verfahren

Vorbringen der Parteien

368 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe die Beteiligungsrechte Dritter am Verfahren verletzt, indem sie Zusagen angenommen habe, die von den am Zusammenschluss Beteiligten so spät angeboten worden seien, dass die Klägerin dazu nicht mehr rechtzeitig habe Stellung nehmen können.

369 Nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 seien die der Kommission von den beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 vorgeschlagenen Zusagen, die nach Absicht der Beteiligten die Grundlage für eine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dieser Verordnung bilden sollten, der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung vorzulegen.

370 Die Klägerin versteht diese Bestimmung so, dass sämtliche Zusagen, die die Beteiligten machen wollen, gegenüber der Kommission innerhalb der ersten drei Wochen nach Eingang der Anmeldung abzugeben sind. Allenfalls leichte, klar erkennbare Modifizierungen könnten danach noch als akzeptabel angesehen werden.

371 Sie begründet diese Auslegung mit folgenden drei Argumenten.

372 Erstens ergebe sich aus Artikel 10 Absatz 6 der Fusionskontrollverordnung, dass der Zusammenschluss als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt gelte, wenn die Kommission innerhalb von sechs Wochen keine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erlassen habe. Würde zugelassen, dass die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ihre Zusagen auch nach der Dreiwochenfrist des auf die Anmeldungen abstellenden Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 uneingeschränkt ändern könnten, so würde es ihnen folglich ermöglicht, die Kommission in die Genehmigungsfiktion des Artikels 10 Absatz 6 der Fusionskontrollverordnung zu treiben, indem sie noch kurz vor Ablauf der Sechswochenfrist weitere Zusageabwandlungen vorlegten.

373 Zweitens spreche für die vorgeschlagene Auslegung die achte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1310/97, wonach die Kommission in der ersten Prüfungsphase Zusagen nur akzeptieren könne, wenn die Wettbewerbsprobleme klar umrissen und leicht zu lösen seien. Die Klägerin verweist insoweit ferner auf die Mitteilung über Abhilfemaßnahmen, wo die Kommission feststelle, dass im Hinblick darauf, dass Abhilfemaßnahmen in der ersten Prüfungsphase dazu bestimmt seien, eine einfache Antwort auf klar umrissene Wettbewerbsprobleme zu erteilen, Änderungen der vorgeschlagenen Verpflichtungen nur in begrenztem Umfang akzeptiert werden könnten (Nr. 37).

374 Die Klägerin weist insoweit das Vorbringen von KirchPayTV zurück, Modifikationen, durch die Stellungnahmen Dritter Rechnung getragen werden solle, seien kein Indiz dafür, dass die durch den Zusammenschluss aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme nicht klar umrissen oder nicht leicht zu lösen seien. Die Kommission dürfe nämlich nur solche Stellungnahmen Dritter zum Anlass nehmen, von den Parteien die Modifizierung von vorgeschlagenen Zusagen zu verlangen, die bei ihr Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit weckten, den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären. Umfangreiche und häufige Änderungen der Zusagen, die nach der Stellungnahme Dritter vorgeschlagen würden, reflektierten somit die durch das Zusammenschlussvorhaben aufgeworfene Problematik.

375 Drittens spreche für die vorgeschlagene Auslegung, dass der auf die Anmeldungen abstellende Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 im Gegensatz zu der Regelung in Artikel 18 Absatz 2 für in der zweiten Prüfungsphase vorgeschlagene Zusagen nicht vorsehe, dass die Kommission die Frist für das Angebot von Zusagen verlängern könne.

376 Für den vorliegenden Fall ergebe sich aus dieser Auslegung, dass die Kommission nach Ablauf der Frist des Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98, d. h. im vorliegenden Fall nach dem 29. Februar 2000, grundsätzlich nicht mehr berechtigt gewesen sei, Modifikationen von vorgeschlagenen Zusagen zu berücksichtigen.

377 Dennoch habe die Kommission nach diesem Tag zwei Änderungen des Zusagenpakets berücksichtigt, die sachlich erheblich gewesen seien und aus offensichtlichen taktischen Gründen erst sehr kurz vor Ablauf der Sechswochenfrist des Artikels 10 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4064/89 abgegeben worden seien.

378 Dadurch habe die Kommission die Beteiligungsrechte Dritter in unzulässiger Weise verkürzt. Die Klägerin sieht dies durch den Umstand bestätigt, dass ihr bei der ersten Änderung des Zusagenpakets eine Frist von kaum 24 Stunden gewährt worden sei und dass sie bei der zweiten Änderung des Zusagenpakets keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten habe.

379 Die Klägerin führt aus, sie rüge nicht die Verletzung eines Anhörungsrechts Dritter. Das Vorbringen der Kommission und von KirchPayTV, mit der ihr ein solches Recht abgesprochen werden solle, gehe daher fehl. Aus dem gleichen Grund seien auch der Hinweis von KirchPayTV auf Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 und das daraus abgeleitete Vorbringen irrelevant, für die Anhörung Dritter auf der Grundlage von Artikel 18 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89 sei keine Frist vorgesehen.

380 Ferner hält sie in diesem Zusammenhang das Urteil Kaysersberg/Kommission nicht für einschlägig, auf das die Kommission ihr Vorbringen stützt, die Rechte Dritte kämen im Fusionskontrollverfahren nur sehr eingeschränkt zum Tragen. Dieses Urteil beziehe sich nämlich auf einen Sachverhalt, der sich vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 447/98 und folglich von deren Artikel 18 Absatz 1, der eine Frist für die Abgabe von Zusagen vorsehe, ereignet habe. Das Gericht habe in diesem Urteil (Randnr. 141) ausdrücklich auf das Fehlen einer Vorschrift über Fristen hingewiesen und festgestellt, dass die Kommission deshalb in diesem Fall eine Prüfung von Zusagen, selbst wenn diese spät vorgeschlagen worden seien, nicht habe ablehnen können. Im vorliegenden Fall müsse das Gegenteil gelten.

381 Die Kommission, unterstützt durch KirchPayTV, beantragt, das Vorbringen der Klägerin zu diesem Klagegrund zurückzuweisen.

Würdigung durch das Gericht

382 Die Beteiligten meldeten den Zusammenschluss am 7. Februar 2000 vollständig an und schlugen der Kommission am 29. Februar 2000 Zusagen vor; am 14. und am 16. März 2000 legten sie zwei geänderte Fassungen dieser Zusagen vor.

383 Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 bestimmt:

"Die der Kommission von den beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung... Nr. 4064/89 vorgeschlagenen Verpflichtungen, die nach Absicht der Beteiligten die Grundlage für eine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung bilden sollen, sind der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung vorzulegen."

384 Im vorliegenden Fall wurde die Anmeldung von der Kommission am 7. Februar 2000 für vollständig erklärt; nach der in den Artikeln 6 bis 9 und 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 447/98 festgelegten Methode für die Fristenberechnung endete die Frist, innerhalb deren der Kommission in der Phase I Zusagen vorgeschlagen werden konnten, daher am 29. Februar 2000. Folglich wurde die erste Fassung der Zusagen bei der Kommission innerhalb der nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 vorgeschriebenen Fristen eingereicht.

385 Es steht jedoch fest, dass die erste Fassung der Zusagen nicht diejenige ist, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung schließlich angenommen hat, und dass sowohl die geänderte als auch die endgültige Fassung der Zusagen von den Beteiligten nach dem 29. Februar 2000 eingereicht worden ist. Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission zur Annahme dieser Zusagen berechtigt war.

386 Wie das Gericht hierzu bereits entschieden hat, ist Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 dahin zu verstehen, dass die Beteiligten eines Zusammenschlusses die Kommission zwar nicht zwingen können, Zusagen und Änderungen von Zusagen, die nach der Dreiwochenfrist eingereicht werden, zu berücksichtigen; doch muss die Kommission umgekehrt, sofern sie meint, über die für die Prüfung erforderliche Zeit zu verfügen, in der Lage sein, den Zusammenschluss aufgrund dieser Zusagen zu genehmigen, selbst wenn die Änderungen nach der Dreiwochenfrist erfolgt sind (Urteil Royal Philips Electronics/Kommission, Randnr. 239).

387 Daraus ergibt sich, dass die Kommission berechtigt war, die geänderte und die endgültige Fassung der Zusagen auch nach der Dreiwochenfrist des Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 zu akzeptieren, da sie nicht an diese Frist gebunden war.

388 In Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen hat die Kommission zwar festgestellt:

"Ergibt sich jedoch aus der Prüfung, dass die angebotenen Verpflichtungen nicht ausreichen, um die Wettbewerbsbedenken auszuräumen, werden die Parteien hiervon in Kenntnis gesetzt. Berücksichtigt man, dass Abhilfemaßnahmen in der Verfahrensphase I dazu bestimmt sind, eine einfache Antwort auf klar umrissene wettbewerbliche Bedenken zu erteilen, können nur in begrenztem Umfang Änderungen der vorgeschlagenen Verpflichtungen akzeptiert werden. Solche Änderungen umfassen, wenn sie als sofortige Antwort auf die Ergebnisse der Beratungen vorgelegt werden, Klarstellungen, Verfeinerungen und/oder sonstige Verbesserungen, die sicherstellen, dass die Verpflichtungen durchführbar und wirksam sind."

389 Diese Mitteilung ist jedoch im Licht von Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 auszulegen.

390 Daher muss die Kommission, sofern sie meint, nach dieser Frist über die für die Prüfung der Änderungen der Zusagen erforderliche Zeit zu verfügen, in der Lage sein, den Zusammenschluss aufgrund der geänderten Zusagen zu genehmigen.

391 Jedenfalls ist festzustellen, dass die hier von der Kommission nach der Dreiwochenfrist angenommenen Änderungen begrenzten Umfang im Sinne von Nummer 37 der Mitteilung hatten, d. h. "als sofortige Antwort auf die Ergebnisse der Beratungen vorgelegt [worden sind und] Klarstellungen, Verfeinerungen und/oder sonstige Verbesserungen [umfassen], die sicherstellen, dass die Verpflichtungen durchführbar und wirksam sind".

392 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin weder nachgewiesen noch in ihren Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung auch nur vorgetragen hat, welche wesentlichen Änderungen nach der Dreiwochenfrist vorgenommen worden sein sollen; sie hat lediglich behauptet, dass solche Änderungen vorgenommen worden seien.

393 Allgemein zeigt ein Vergleich der innerhalb der Dreiwochenfrist eingereichten ursprünglichen Fassung der Zusagen mit deren ersten Änderung und der endgültigen Fassung der von der Kommission angenommenen Zusagen, dass weder der Gesamtansatz der Kommission, den Marktzutritt zu eröffnen, noch der wesentliche Gehalt der einzelnen Zusagen geändert worden sind. Überdies erscheinen die geänderte und die endgültige Fassung der Zusagen gegenüber ihrer ersten Fassung als "Verbesserung" gerade im Hinblick auf die Berücksichtigung der Erklärungen Dritter und insbesondere der Klägerin.

394 Was die Zusagen 1 bis 3 betreffend den Zugang Dritter zur Plattform von Kirch angeht, so bestehen die Änderungen in der geänderten gegenüber der ersten Fassung insbesondere in der Erweiterung des Kreises der Adressaten dieser Zusagen auf alle interessierten Dritten anstelle der bisherigen Beschränkung auf die Fernsehveranstalter und in der Verdeutlichung der dem betreffenden Kirch-Unternehmen gegenüber dem Adressaten des Angebots obliegenden Kooperationspflichten, darunter die Pflicht zur Offenlegung der Informationen über das Zugangskontrollsystem und über die technischen Dienstleistungen binnen eines Monats ab schriftlicher Anforderung des interessierten Dritten.

395 Was die Zusage 4 betreffend den Zugang zum d-Box-System von Kirch für Applikationen Dritter angeht, so bestehen die Änderungen in der endgültigen Fassung hauptsächlich darin, diesen Zugang zum d-Box-Betriebssystem unter dem Vorbehalt, dass zwischen Kirch und den Dritten eine Vereinbarung über faire, angemessene und nichtdiskriminierende Bedingungen zustande kommt, an das als DVB Multimedia Home Platform (MHP) bekannte Application Programming Interface (nachstehend: API) zu knüpfen. Im Übrigen bedeuten die neuen Bestimmungen über Tests, denen die Dritten ihre Applikationen unterziehen dürfen, keine Änderung der Tragweite der Zusage.

396 Daher ist festzustellen, dass der Gehalt der Zusage, den Zugang Dritter zum d-Box-System von Kirch zu erweitern, unverändert bleibt und dass die Änderungen Verbesserungen im Sinne von Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen darstellen.

397 Was die Zusage 5 betreffend die Interoperabilität der Applikationen über die API angeht, so beschränken sich die Änderungen in der endgültigen Fassung auf eine Änderung der Frist, binnen deren diese Interoperabilität herzustellen ist, und darauf, auszuschließen, dass für die Entwicklung MHP-kompatibler Applikationen eine zusätzliche Lizenz verlangt wird.

398 Zur Zusage 6 betreffend die Interoperabilität miteinander im Wettbewerb stehender Plattformen wird in der endgültigen Fassung lediglich näher erläutert, unter welchen Bedingungen Kirch den Anbietern von digitalen Zugangskontrollsystemen den Abschluss von Simulcrypt-Vereinbarungen anbietet. So verpflichtet sich Kirch, alles zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Simulcrypt-Vereinbarungen möglichst bald, spätestens innerhalb von 12 Monaten in Kraft treten. Die Einhaltung dieser Verpflichtung hängt überdies davon ab, dass der Anbieter eines Zugangskontrollsystems und Kirch "so weit wie objektiv notwendig" zusammenarbeiten. Durch diese Änderungen bleiben die Zusagen ihrer Art und der Sache nach unverändert.

399 Was die Zusage 7 betreffend den Zugang anderer technischer Plattformen zu den Bezahlfernsehdiensten von Kirch angeht, so stellt die Bedingung, dass Abonnenten, die Fernsehprogramme über die technische Plattform von Kirch empfangen, und solche, die sie über andere Plattformen empfangen, gleich zu behandeln sind, die als Ergänzung der Verpflichtung von Kirch, ihre Bezahlfernsehdienste unmittelbar den Kunden (oder Abonnenten) anzubieten, aufgenommen wurde, eine Verbesserung der ersten Fassung dieser Zusage dar, die jedoch deren Tragweite oder Art nicht berührt.

400 Was die Zusage 8 betreffend die Benutzung der Technologie des d-Box-Systems durch konkurrierende Plattformen angeht, so stellen die Änderungen der ursprünglichen Fassung eine Verbesserung dieser Zusage dar, da die Bedingungen hinsichtlich der von den Dritten zu stellenden Garantien durch die Gewährung einer Lizenz auf einer angemessenen und nichtdiskriminierenden Grundlage an jeden interessierten Dritten, der dies verlangt, ersetzt wurden.

401 Durch die Änderungen der Zusage 9 betreffend die Herstellung von "Multiple-system"-Boxen wurde die Tragweite der Zusage von Kirch näher erläutert und der Zugang für Dritte weiter erleichtert. In der geänderten Fassung dieser Zusage verpflichtet sich Kirch nämlich dazu, die Hersteller nicht daran zu hindern, solche Dekoder mit einem Zugangskontrollsystem für einen dritten Anbieter auszustatten und dessen Kunden (oder Abonnenten) ihre Bezahlfernsehdienste nicht bloß deshalb vorzuenthalten, weil sie ein d-Box-System mit einer solchen Ausstattung verwenden möchten. In der endgültigen Fassung wird hinzugefügt, dass Kirch sich verpflichtet, den Herstellern keine anderen Beschränkungen aufzuerlegen, die sie daran hindern würden, Dekoder mit zusätzlichen Zugangskontrollsystemen herzustellen.

402 Nur die Zusagen 10 und 11 betreffend den Wechsel vom analogen zum digitalen System und die Begrenzung zusätzlicher Kabelplätze kamen neu hinzu. Im Vergleich mit den anderen neun Zusagen kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass diese Ergänzung eine erhebliche Änderung darstellt, da mit den neuen Zusagen lediglich eine Verbesserung des Zutritts Dritter zu den verschiedenen betroffenen Märkten, den die ersten neun Zusagen sicherstellen sollen, bezweckt wird.

403 Da nämlich die Zusage betreffend den Wechsel vom analogen zum digitalen System den Zweck hat, zu vermeiden, dass die Tätigkeiten interessierter Dritter auf dem Bezahlfernsehmarkt oder dem Markt für digitale interaktive Fernsehdienste dadurch beeinträchtigt werden, dass Verbraucher analoge Dekoder verwenden, die für diese Tätigkeiten nicht passen, ist sie nicht als erhebliche Änderung anzusehen, sondern im Gegenteil als eine Verbesserung, die den Zugang Dritter zum Kirchschen System erweitert.

404 Ebenso wenig ist die letzte Zusage von Kirch, bis zum 31. Dezember 2000 keine weiteren digitalen Kabelplätze zu verlangen, mit der vermieden werden soll, dass das Bezahlfernsehangebot von Kirch gegenüber dem Angebot Dritter eine Vormachtstellung einnimmt, als erhebliche Änderung anzusehen, sondern vielmehr als eine Verbesserung der ersten Fassung der Zusagen, die dazu dient, diese anwendbar und wirksam zu machen.

405 Aus alldem ergibt sich, dass die geänderte und die endgültige Fassung der Zusagen als begrenzte Änderungen angesehen werden können, die die Kommission gemäß Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen nach der Frist des Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 akzeptieren kann.

406 Überdies hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen mehrfach wiederholt, die fraglichen Änderungen seien "ständige taktische Veränderungen bereits in ihrer ursprünglichen Form völlig ungeeigneter und unzureichender Zusagen". Aus diesen Ausführungen ist zu folgern, dass die Klägerin in Wirklichkeit die ursprünglichen Zusagen angreift und nicht die Änderungen, die nach den Stellungnahmen Dritter vorgenommen wurden, um sie wirksam und anwendbar zu machen, und dass weder die Art noch die Tragweite dieser Zusagen verändert wurde.

407 Nach alledem haben die Änderungen der ursprünglichen Zusagen einen begrenzten Umfang im Sinne von Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen.

408 Es ist jedoch noch zu untersuchen, ob die Kommission, wie die Klägerin geltend macht, durch die Annahme der Änderungen der ursprünglichen Zusagen nach der Dreiwochenfrist die Verfahrensrechte der Klägerin beeinträchtigt hat.

409 Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin, bevor sie von der Kommission am 29. Februar 2000 über die von BSkyB und Kirch vorgeschlagenen Zusagen unterrichtet wurde, als Dritte am Verfahren beteiligt war und von der Kommission am 11. Januar 2000 ein Auskunftsersuchen erhielt, in dem sie gebeten wurde, zu den Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens auf den Wettbewerb Stellung zu nehmen. Ihren am 14. und am 21. Januar 2000 eingereichten Stellungnahmen folgte am 9. Februar 2000 eine Besprechung mit der Generaldirektion Wettbewerb.

410 Ferner legte die Klägerin auf Anfrage der Kommission mit Schriftsatz vom 22. Februar 2000 dar, welche Auflagen, Bedingungen und öffentlich-rechtlichen Zusagen sie im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht für erforderlich hielt.

411 Außerdem wurde die Klägerin, wie sie in der Klageschrift ausgeführt hat, aufgefordert, zu den ursprünglichen Zusagen binnen einer Frist von knapp 48 Stunden und zur ersten Änderung des Zusagenpakets binnen 24 Stunden Stellung zu nehmen.

412 So beanstandete die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 2. März 2000, die angebotenen Zusagen stellten nicht mehr als das bloße Versprechen dar, die marktbeherrschende Stellung von KirchPayTV nicht zu missbrauchen. Sie wiederholte ihre Auffassung, dass das Zusammenschlussvorhaben selbst bei weiter gehenden Zusagen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

413 Überdies hatte die Klägerin die Möglichkeit, zu der ersten Änderung des Zusagenpakets in ihrem Schreiben vom 15. März 2000 Stellung zu nehmen. Sie wiederholte einmal mehr ihre Befürchtung hinsichtlich der Verstärkung der beherrschenden Stellung von Kirch auf dem Markt für Bezahlfernsehen in Deutschland und hinsichtlich der Begründung einer Quasi-Monopol-Stellung für die Lieferung technischer Plattformen und Dienstleistungen. Außerdem forderte sie Änderungen hinsichtlich der Modalitäten der Zusagen, um eine Erweiterung des Marktzugangs für andere Set-Top-Boxen als die d-Box und die Öffnung des Kirchschen Systems für den MHP-Standard zu erreichen, ohne dass dies an Fristen, Bedingungen oder diskriminierenden geschäftlichen Auflagen geknüpft sein dürfe.

414 Demnach hat die Kommission in der ersten Phase Dritte, darunter die Klägerin, angehört.

415 Folglich ist festzustellen, dass die Klägerin sehr wohl in der Lage war, ihren Standpunkt zur Tragweite und zur Art der Zusagen, die nach ihrer Auffassung von den am Zusammenschluss Beteiligten anzubieten und von der Kommission als Bedingungen oder Auflagen aufzuerlegen waren, mitzuteilen.

416 Das Gericht hat im Urteil Kaysersberg/Kommission (Randnr. 119) festgestellt, dass dem berechtigten Interesse Dritter wie der Klägerin, ihren Standpunkt hinsichtlich der nachteiligen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb darzulegen, in vollem Umfang Genüge getan wird, wenn diese Dritten in der Lage sind, aufgrund sämtlicher Informationen, die ihnen von der Kommission während des Verfahrens nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 mitgeteilt worden sind, und insbesondere aufgrund der von den betroffenen Unternehmen angebotenen Zusagen zu den Änderungen Stellung zu nehmen, die an dem Zusammenschlussvorhaben vorgenommen werden sollen, um ernsthafte Bedenken gegen dessen Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt auszuräumen. In einem solchen Fall ist nämlich hinreichend gewährleistet, dass die Stellungnahme der konkurrierenden Dritten gegebenenfalls von der Kommission berücksichtigt werden kann, um die Vereinbarkeit des Zusammenschlussvorhabens mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen und insbesondere zu entscheiden, ob die von den betroffenen Unternehmen angebotenen Zusagen ihr hierfür ausreichend erscheinen.

417 Zu dem Umstand, dass die Klägerin für die Stellungnahme zur ersten Änderung der ursprünglichen Zusagen nur knapp 24 Stunden Zeit hatte, ist festzustellen, dass Artikel 18 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89 und die Verordnung Nr. 447/98 zur Dauer der von der Kommission festzusetzenden Frist keine spezifische Verpflichtung vorsehen. Das Gericht hat hierzu im Urteil Kaysersberg/Kommission bereits Folgendes entschieden:

"... der Umstand allein, dass die Klägerin nur über eine Frist von zwei Werktagen verfügt hat, um sich zu den von [den Beteiligten] angebotenen Änderungen des geplanten Zusammenschlusses zu äußern, [kann] im vorliegenden Fall nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Kommission das Anhörungsrecht der Klägerin nach Artikel 18 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89 verletzt hat. Dies gilt um so mehr, als das berechtigte Interesse der qualifizierten Dritten an einer Anhörung zwar die Gewährung einer ausreichenden Frist hierfür erforderlich machen kann, dieses Erfordernis aber mit dem Beschleunigungsgebot in Einklang gebracht werden muss, das für die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 4064/89 kennzeichnend ist und von der Kommission verlangt, Ausschlussfristen für den Erlass der endgültigen Entscheidung einzuhalten, da sonst das Vorhaben als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt gilt..."

418 Aus den gleichen Gründen und zumal es sich um eine Entscheidung der Kommission in der Phase I handelt, macht der Umstand, dass die Klägerin für die Stellungnahme zur ersten Änderung der ihr bekannten ursprünglichen Zusagen nur knapp 24 Stunden Zeit hatte, die Entscheidung nicht rechtswidrig.

419 Außerdem trägt die Klägerin nichts vor, was darzutun geeignet wäre, inwiefern sie bei einer längeren Frist zur ersten Änderung der von BSkyB und Kirch vorgeschlagenen Zusagen umfassender Stellung hätte nehmen und ihre Meinung dazu hätte darlegen können, ob die Zusagen ausreichen oder nicht; sie hat der Kommission lediglich vorgeworfen, dass die Frist nicht ausgereicht habe. Die Klägerin erhebt insoweit im Wesentlichen die gleichen Rügen wie im Verwaltungsverfahren.

420 Folglich ist die Rüge, die Frist, die der Klägerin für die Stellungnahme zu den von den Beteiligten des Zusammenschlusses vorgeschlagenen Zusagen und den daran vorgenommenen Änderungen gewährt worden sei, habe nicht ausgereicht, unbegründet.

421 Zu der Rüge, die zweite Änderung sei der Klägerin nicht mitgeteilt worden, so dass sie nicht in der Lage gewesen sei, zu diesen Änderungen der ursprünglichen Zusagen Stellung zu nehmen, ist zunächst daran zu erinnern, dass die Klägerin, wie oben festgestellt, in der Lage war, ihren Standpunkt zur Tragweite und zur Art der Zusagen mitzuteilen, die nach ihrer Auffassung von den am Zusammenschluss Beteiligten anzubieten und von der Kommission als Bedingungen oder Auflagen aufzuerlegen waren, damit der Zusammenschluss als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden kann.

422 Zudem ergibt sich aus dem Urteil Kaysersberg/Kommission (Randnr. 120), dass die Kommission in der Phase II nach Artikel 18 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89 nicht verpflichtet ist, qualifizierten Dritten für eine vorherige Stellungnahme die endgültige Fassung der Zusagen mitzuteilen, die die betroffenen Unternehmen aufgrund der Einwände abgegeben haben, die die Kommission erhoben hat, nachdem sie bei den Dritten Stellungnahmen zu den Zusagen der betreffenden Unternehmen eingeholt hat.

423 Dies gilt erst Recht für eine Entscheidung der Kommission in der Phase I.

424 Ferner trägt die Klägerin zu ihrer Rüge, sie habe für ihre Stellungnahme über keine ausreichende Frist verfügt, nichts vor, woraus ersichtlich wäre, welche Bemerkungen sie zur zweiten Änderung etwa abgegeben hätte.

425 Folglich ist der fünfte Klagegrund nicht stichhaltig.

426 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

427 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen der Kommission und der Streithelferinnen KirchPayTV und BSkyB neben ihren eigenen Kosten auch deren Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission und der Streithelferinnen KirchPayTV und BSkyB.

Ende der Entscheidung

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