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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 08.07.1999
Aktenzeichen: T-158/95
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 1101/95, Verordnung (EWG) Nr. 1010/86, Verordnung (EG) Nr. 1534/95


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 1101/95
Verordnung (EWG) Nr. 1010/86
Verordnung (EG) Nr. 1534/95
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Klage italienischer Zuckererzeuger auf Nichtigerklärung des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95, der die Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten für Zucker für das Wirtschaftsjahr 1995/96 festsetzt, ist unzulässig.

Diese Bestimmung stellt nämlich eine allgemeine Regelung dar, da sie für objektiv festgelegte Tatbestände gilt und in einer allgemeinen Formulierung an abstrakt bezeichnete Kategorien von Personen gerichtet ist, indem sie eine pauschale Vergütung vorsieht und für eine unbegrenzte Anzahl von Lagerungen in der Gemeinschaft durch alle Zuckererzeuger der Gemeinschaft gilt.

Selbst wenn dem Rat zur Zeit des Erlasses der streitigen Verordnung die Identität der Kläger als Inhaber von Zuckererzeugungsquoten bekannt gewesen wäre, genügt dies nicht, um sie als individuell betroffen anzusehen, denn ein Rechtsakt verliert seine allgemeine Geltung nicht dadurch, daß sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, daß diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt umschrieben ist. Auch steht dem Charakter einer Bestimmung als Verordnungsvorschrift nicht entgegen, daß sie sich auf die Personen, für die sie gilt, im konkreten Fall unterschiedlich auswirken kann, sofern nur ihr Tatbestand objektiv festgelegt ist.

Ein Eingriff in besondere Rechte der Kläger ergibt sich auch nicht allein daraus, daß diese Inhaber von Erzeugungsquoten sind. Denn vor Erlaß der angefochtenen Verordnung war die Zuteilung von Quoten nicht mit einem Anspruch auf Festsetzung einer Vergütung verbunden, die die tatsächlich allein von den italienischen Zuckererzeugern getragenen Finanzierungskosten der Lagerung berücksichtigt. Die Rechtsstellung dieser Erzeuger unterschied sich somit nicht von der der anderen Inhaber von Erzeugungsquoten, die sich alle mit der vom Rat pauschal und einheitlich für jedes Wirtschaftsjahr festgesetzten Vergütung abfinden mussten.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 8. Juli 1999. - Eridania Zuccherifici Nazionali SpA, ISI - Industria Saccarifera Italiana Agroindustriale SpA, Sadam Zuccherifici, Sadam Castiglionese SpA, Sadam Abruzzo SpA, Zuccherificio del Molise SpA, SFIR - Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA und Ponteco Zuccheri SpA gegen Rat der Europäischen Union. - Gemeinsame Marktorganisation für Zucker - Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten - Nichtigkeitsklage - Natürliche und juristische Personen - Unzulässigkeit. - Rechtssache T-158/95.

Parteien:

In der Rechtssache T-158/95

Eridania Zuccherifici Nazionali SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Genua (Italien),

ISI - Industria Saccarifera Italiana Agroindustriale SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Padua (Italien),

Sadam Zuccherifici, Abteilung der SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, Gellschaft italienischen Rechts, Bologna (Italien),

Sadam Castiglionese SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Bologna,

Sadam Abruzzo SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Bologna,

Zuccherificio del Molise SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Termoli (Italien),

SFIR - Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Cesena (Italien),

Ponteco Zuccheri SpA, Gesellschaft italienischen Rechts, Pontelagoscuro (Italien),

Prozeßbevollmächtigte: Solicitor Bernard O'Connor sowie Rechtsanwälte Ivano Vigliotti und Paolo Crocetta, Genua, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Arsène Kronshagen, 12, boulevard de la Foire, Luxemburg,

Klägerinnen,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch Jan-Peter Hix und Ignacio Díez Parra, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Alessandro Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg

Beklagter,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Eugenio de March und Francesco Paolo Ruggeri Laderchi, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1101/95 des Rates vom 24. April 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker und der Verordnung (EWG) Nr. 1010/86 zur Festlegung der Grundregeln für die Produktionserstattung bei der Verwendung von bestimmten Erzeugnissen des Zuckersektors in der chemischen Industrie (ABl. L 110, S. 1) sowie der Verordnung (EG) Nr. 1534/95 des Rates vom 29. Juni 1995 zur Festsetzung der abgeleiteten Interventionspreise für Weißzucker, des Interventionspreises für Rohzucker, der Mindestpreise für A- und B-Zuckerrüben sowie der Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 (ABl. L 148, S. 11)

erläßtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten B. Vesterdorf sowie der Richter J. Pirrung und M. Vilaras,

Kanzler: H. Jung

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Die mehrfach geänderte Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 des Rates vom 30. Juni 1981 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 177, S. 4; im folgenden: Grundverordnung) soll u. a. den Zuckerrüben- und Zuckerrohrerzeugern der Gemeinschaft Beschäftigungslage und Lebensstandard weiterhin sichern (dritte Begründungserwägung) und sieht zu diesem Zweck namentlich eine Preisregelung, eine Quotenregelung und eine Ausgleichsregelung für Lagerkosten vor.

2 Die Quotenregelung umfaßt die Festsetzung der zu erzeugenden Zuckermengen für jedes Erzeugungsgebiet der Gemeinschaft, wobei die Mitgliedstaaten diese Mengen den verschiedenen in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen zuckererzeugenden Unternehmen in Form von Erzeugungsquoten zuteilen müssen. Diese Quoten gelten für ein Wirtschaftsjahr, das am 1. Juli eines Jahres beginnt und am 30. Juni des folgenden Jahres endet.

3 Die Preisregelung umfaßt eine Interventionsregelung, die die Preise und den Absatz der Erzeugnisse garantieren soll, wobei die von den Interventionsstellen berechneten Preise jedes Jahr vom Rat festgelegt werden.

4 Da die Zuckererzeugung saisonbedingten Veränderungen unterliegt, so daß die in einem Wirtschaftsjahr erzeugten Mengen gewöhnlich nicht in demselben Wirtschaftsjahr abgesetzt werden können, hat Artikel 8 der Grundverordnung außerdem "eine Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten" getroffen, "die eine Pauschalvergütung und deren Finanzierung durch eine Abgabe umfaßt" (Absatz 1). Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 3 bestimmt: "Der Betrag der Vergütung ist für die gesamte Gemeinschaft gleich. Diese Gleichheitsregel gilt auch [für die von den Mitgliedstaaten von jedem Zuckererzeuger erhobene Abgabe]".

5 In Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1534/95 des Rates vom 29. Juni 1995 zur Festsetzung der abgeleiteten Interventionspreise für Weißzucker, des Interventionspreises für Rohzucker, der Mindestpreise für A- und B-Zuckerrüben sowie der Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 (ABl. L 148, S. 11) wurde die Ausgleichsvergütung für das Wirtschaftsjahr 1995/96 auf monatlich 0,45 ECU je 100 kg Weißzucker festgesetzt. Dabei berücksichtigte der Rat, wie sich aus der sechsten Begründungserwägung dieser Verordnung ergibt, die Finanzierungskosten sowie die Versicherungs- und die eigentlichen Lagerkosten, wobei er für die Berechnung der Finanzierungskosten von einem "Zinssatz von 6,75 v. H." ausging.

6 Artikel 46 Absatz 4 der Grundverordnung ermächtige außerdem die Italienische Republik, "[s]ofern die Höhe des Zinssatzes, der in Italien ersten Adressen gewährt wird, die Höhe des Zinssatzes, der für die Berechnung der in Artikel 8 genannten Erstattung Anwendung findet, um mindestens 3 v. H. übersteigt,... in den Wirtschaftsjahren 1981/82 bis 1985/86 die Auswirkungen dieser Differenz auf die Lagerkosten durch eine einzelstaatliche Beihilfe zu decken". Diese Ermächtigung wurde das erste Mal durch Artikel 1 Nummer 10 der Verordnung (EWG) Nr. 934/86 des Rates vom 24. März 1986 zur Änderung der Verordnung Nr. 1785/81 (ABl. L 87, S. 1) für die Wirtschaftsjahre 1986/87 und 1987/88 verlängert, wobei Artikel 46 Absatz 4 der Grundverordnung zu deren Absatz 5 wurde, und sodann für alle späteren Wirtschaftsjahre, zuletzt durch Artikel 1 Nummer 26 der Verordnung (EG) Nr. 133/94 des Rates vom 24. Januar 1994 zur Änderung der Verordnung Nr. 1785/81 (ABl. L 22, S. 7) für das Wirtschaftsjahr 1994/95.

7 Nach Artikel 46 der Grundverordnung in der Fassung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung (EG) Nr. 1101/95 des Rates vom 24. April 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 und der Verordnung (EWG) Nr. 1010/86 zur Festlegung der Grundregeln für die Produktionserstattung bei der Verwendung von bestimmten Erzeugnissen des Zuckersektors in der chemischen Industrie (ABl. L 110, S. 1) ist die Italienische Republik nicht mehr zur Gewährung dieser nationalen Beihilfe befugt.

Verfahren

8 Unter diesen Umständen haben die Klägerinnen, die in Italien ansässige Gesellschaften sind und zusammen 92 % der diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Zuckererzeugungsquoten besitzen, mit Klageschrift, die am 11. August 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) die vorliegende Klage erhoben.

9 Der Rat hat mit besonderem Schriftsatz, der am 25. Oktober 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung erhoben. Die Klägerinnen haben dazu am 11. Dezember 1995 Erklärungen eingereicht.

10 Der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts hat dem Antrag der Kommission auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates, den diese am 31. Januar 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht hat, durch Beschluß vom 19. März 1996 stattgegeben. Am 3. Mai 1996 hat die Kommission einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. Der Rat und die Klägerinnen haben mit Schriftsätzen, die am 14. bzw. 18. Juni 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, Erklärungen zu diesem Streithilfeschriftsatz abgegeben.

11 Mit Beschluß vom 25. Juni 1997 hat das Gericht (Zweite Kammer) die Entscheidung über die Einrede dem Endurteil vorbehalten.

12 Durch Entscheidung des Gerichts vom 21. September 1998 ist der Berichterstatter der Ersten Kammer zugeteilt worden. Infolgedessen ist die Rechtssache dieser Kammer zugewiesen worden.

13 Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 1998 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

14 Die Klägerinnen beantragen,

- die Klage für zulässig zu erklären;

- die Verordnung Nr. 1101/95 zumindest insoweit für nichtig zu erklären, als sie bei der Änderung der Grundverordnung keine Differenzierung des Betrages der Vergütung für den Ausgleich der Lagerkosten entsprechend den den Zuckererzeugern jedes Landes entstehenden Finanzierungskosten vorsieht;

- Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 insoweit für nichtig zu erklären, als er den Betrag der in Artikel 8 der Grundverordnung vorgesehenen Vergütung für das Wirtschaftsjahr 1995/96 einheitlich, d. h. unabhängig von den in jedem Land der Gemeinschaft tatsächlich angewandten Zinssätzen festsetzt;

- gegebenenfalls alle vor oder nach den Verordnungen Nrn. 1101/95 und 1534/95 erlassenen, mit diesen zusammenhängenden Rechtsakte einschließlich der Grundverordnung mit nachfolgenden Änderungen, zumindest jedoch deren Artikel 3, 5, 6 und 8 sowie alle zu ihrer Durchführung erlassenen Vorschriften für nichtig zu erklären;

- die Kommission zu verurteilen, die Kosten der Einreichung ihres Streithilfeschriftsatzes zu tragen;

- dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

15 Der Rat beantragt,

- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

16 Die Kommission beantragt in ihrem Streithilfeschriftsatz, den Anträgen des Rates stattzugeben und die Klage als unzulässig abzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Klage

17 Die Kommission stützt ihre Einrede der Unzulässigkeit auf vier Gründe: Erstens liege ein Verstoß gegen Artikel 19 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vor, da die Klageschrift nicht den dort aufgestellten Anforderungen an ihre Genauigkeit genüge. Zweitens sei die Klage nur teilweise auf Nichtigerklärung von Rechtsakten des Rates gerichtet. Drittens sei die in Artikel 173 Absatz 5 EG-Vertrag vorgesehene Klagefrist für bestimmte Klageanträge abgelaufen. Viertens seien die Klägerinnen durch die angefochtenen Rechtsakte nicht unmittelbar und individuell betroffen, so daß sie keine Klagebefugnis im Sinne des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag hätten.

Vorbringen der Parteien

Zum ersten Unzulässigkeitsgrund: Ungenauigkeit der Klage

18 Der Rat macht geltend, die Klageschrift genüge nicht den in Artikel 19 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts aufgestellten Anforderungen an ihre Genauigkeit. Sie wäre nämlich nur zulässig, wenn der Gerichtshof Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 und Artikel 8 der Grundverordnung für nichtig erklären würde. Die Anträge, die ganz allgemein auf Nichtigerklärung der Grundverordnung und der Verordnungen Nrn. 1101/95 und 1534/95 gerichtet seien, ermöglichten es nicht, den Gegenstand der Klage festzustellen, da die Klägerinnen nicht darlegten, durch welche Bestimmungen dieser Verordnungen sie beschwert seien.

19 Desgleichen sei der Antrag auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95, soweit diese "keine Differenzierung des Betrages der Vergütung für den Ausgleich der Lagerkosten entsprechend den den Zuckererzeugern jedes Landes entstehenden Finanzierungskosten vorsieht", wegen seiner Unbestimmtheit unzulässig, da diese Verordnung keine Bestimmung über den Ausgleich der Lagerkosten enthalte.

20 Die Klägerinnen sind der Auffassung, daß der Gegenstand ihrer Klage hinreichend genau angegeben sei. Sie haben im übrigen in ihren Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit erläutert, daß ihr Antrag gerichtet sei auf

- die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95, soweit sie durch ihren Artikel 1 Nummer 13, der an die Stelle des Artikels 46 der Grundverordnung getreten sei, dem italienischen Staat die Möglichkeit nehme, den italienischen Zuckererzeugern Ausgleichsbeihilfen entsprechend den durch die hohen Zinssätze in Italien verursachten Lagerkosten zu gewähren;

- die Nichtigerklärung des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95, der die in Artikel 8 der Grundverordnung vorgesehene Vergütung für das Wirtschaftsjahr 1995/96 auf einen einheitlichen Betrag für die gesamte Gemeinschaft festsetze;

- die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Artikels 8 der Grundverordnung gemäß Artikel 184 EG-Vertrag (jetzt Artikel 241 EG), soweit dieser einen einheitlichen Betrag der Vergütung für die gesamte Gemeinschaft vorsehe, ohne den besonderen Umständen Rechnung zu tragen, die sich auf die Lagerkosten in jedem Mitgliedstaat auswirken.

Zum zweiten Unzulässigkeitsgrund: Fehlen eines anfechtbaren Rechtsakts

21 Der Rat macht geltend, die Klage sei insoweit unzulässig, als sie auf die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95 gerichtet sei, soweit diese keine Differenzierung des Betrages der Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten vorsehe. Diese Verordnung ändere nämlich Artikel 8 der Grundverordnung, der die Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten enthalte, nicht ab und enthalte auch keine diese Regelung betreffende Bestimmung, so daß die Klage nicht als gegen eine "Handlung" des Rates im Sinne des Artikels 173 EG-Vertrag gerichtet angesehen werden könne.

22 Nach Auffassung des Rates werfen die Klägerinnen ihm in Wirklichkeit vor, daß er Artikel 8 der Grundverordnung keine Bestimmung mit einer derartigen Differenzierung angefügt habe. Sie hätten also keine Nichtigkeits-, sondern eine Untätigkeitsklage erheben müssen. Aber auch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage wären hier nicht erfuellt.

23 Die Kommission trägt vor, der Antrag auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95, soweit diese angeblich die Möglichkeit, den italienischen Erzeugern eine Beihilfe zu gewähren, beseitige, sei gegen den falschen Rechtsakt gerichtet. Tatsächlich sei die Möglichkeit, den italienischen Erzeugern eine Beihilfe zu gewähren, durch Artikel 1 Nummer 26 der Verordnung Nr. 133/94 auf das Wirtschaftsjahr 1994/95 beschränkt worden. Die Beseitigung der Möglichkeit, eine zusätzliche nationale Beihilfe zu gewähren, mit Wirkung vom 1. Juli 1995 beruhe auf dieser Bestimmung und nicht auf irgendeiner aufhebenden Wirkung der Verordnung Nr. 1101/95.

24 Die Klägerinnen entgegnen, sie hätten nicht wirklich behauptet, daß die Verordnung Nr. 1101/95 Artikel 8 der Grundverordnung geändert habe. Sie beantragten die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95 insoweit, als diese Artikel 46 der Grundverordnung aufhebe, der Italien zur Gewährung der Beihilfen ermächtigt habe. Ihre Klage sei somit darauf gerichtet, jede durch den Ausgleich der Lagerkosten verursachte Diskriminierung zu beseitigen.

25 Die Möglichkeit, zusätzliche nationale Beihilfen zu gewähren, sei nicht durch die Verordnung Nr. 133/94 beseitigt worden, denn diese habe lediglich die Bestimmungen der Grundverordnung einschließlich des Artikels 46 für das Wirtschaftsjahr 1994/95 verlängert. Die Verordnung Nr. 1101/95 dagegen habe die Anwendbarkeit der Grundverordnung für die Wirtschaftsjahre 1995/96 bis 2000/01 verlängert, ohne allerdings die Anwendbarkeit des Artikels 46 zu verlängern. Auf diese Weise habe die Verordnung Nr. 1101/95 diese Bestimmung vom Wirtschaftsjahr 1995/96 an aufgehoben; dies bedeute eine Änderung ihrer Rechtsstellung.

Zum dritten Unzulässigkeitsgrund: Ablauf der Klagefrist

26 Der Rat führt aus, soweit die Klage auf Nichtigerklärung des Artikels 8 der Grundverordnung gerichtet sei, sei sie nach Ablauf der in Artikel 173 Absatz 5 EG-Vertrag festgesetzten Zweimonatsfrist erhoben worden und somit unzulässig. Die Grundverordnung sei nämlich am 30. Juni 1981 erlassen worden, und der derzeitige Wortlaut des Artikels 8 Absatz 2 Unterabsatz 3 dieser Verordnung, der sich auf den Betrag der Vergütung beziehe, stamme aus dem Jahr 1985.

27 Die Klägerinnen betonen, daß ihr Vorbringen, Artikel 8 der Grundverordnung sei rechtswidrig, auf Artikel 184 EG-Vertrag gestützt sei, so daß ihr Antrag in diesem Punkt zulässig sei.

28 Die Kommission trägt vor, der Einwand der Rechtswidrigkeit sei verspätet und stehe im Widerspruch zum Inhalt der Klageschrift, in der die Klägerinnen formell nur die Nichtigerklärung des Artikels 8 der Grundverordnung beantragt hätten. Folglich sei die nachträgliche Qualifizierung dieses Antrags auf Nichtigerklärung als Einwand der Rechtswidrigkeit, die die Klägerinnen in ihren Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit vornähmen, gemäß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung - der es verbiete, neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens vorzubringen - als unzulässig zurückzuweisen.

29 Die Klägerinnen entgegnen darauf, sie hätten die Rechtswidrigkeit aller Rechtsakte gerügt und dabei auf die von ihnen beanstandeten Verordnungen, darunter die Grundverordnung und namentlich deren Artikel 8, verwiesen. Die mit ihrer Klage angefochtenen Rechtsakte seien die Verordnungen Nrn. 1101/95 und 1534/95. Die Nichtigerklärung der Grundverordnung hätten sie dagegen nicht beantragt. Mit ihrem dritten Klagegrund wollten sie die Frage der möglichen Rechtswidrigkeit der vorgenannten Verordnungen aufwerfen. Dadurch hätten sie kein neues Angriffsmittel im Sinne des Artikels 48 § 2 der Verfahrensordnung vorgebracht, sondern lediglich ein vorher vorgebrachtes Angriffsmittel verdeutlicht.

Zum vierten Unzulässigkeitsgrund: Fehlende Klagebefugnis

30 Der Rat macht geltend, die Klägerinnen seien von den angefochtenen Rechtsakten weder unmittelbar noch individuell betroffen. Insbesondere gehörten sie nicht, wie sie behaupteten, zu einem engen Kreis individualisierter und identifizierbarer Wirtschaftsteilnehmer, nämlich den italienischen Zuckererzeugern, die Inhaber einer Erzeugungsquote seien, denn dieser Kreis sei gerade nicht beschränkt.

31 Das Erzeugungsquotensystem im Zuckersektor sehe die Möglichkeit vor, Newcomern Quoten zuzuteilen. Artikel 25 der Grundverordnung gestatte es nämlich den Mitgliedstaaten, unbegrenzt aufgrund von Restrukturierungsplänen Quoten von einem Unternehmen auf andere zu übertragen. Folglich könne der potentielle Kreis der italienischen Zuckererzeuger, die Inhaber einer Erzeugungsquote seien, nicht von vornherein bestimmt werden. Die Ausgleichsregelung für Lagerkosten betreffe nicht nur die italienischen Zuckererzeuger, sondern auch alle anderen Zuckererzeuger in der Gemeinschaft. Der Kreis der von den angefochtenen Rechtsakten betroffenen Personen sei somit kein geschlossener Kreis, sondern könne sich in Zukunft erweitern. Folglich seien die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die der Gerichtshof in den Urteilen vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88 (Sofrimport/Kommission, Slg. 1990, I-2477) und vom 6. November 1990 in der Rechtssache C-354/87 (Weddel/Kommission, Slg. 1990, I-3847) aufgestellt habe, hier nicht erfuellt.

32 Der Rat verweist außerdem auf die Rechtsprechung, nach der ein Rechtsakt seine allgemeine Geltung und damit seinen Normcharakter nicht dadurch verliere, daß sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung finde, der Zahl oder sogar der Identität nach bestimmen ließen, solange feststehe, daß diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolge, die in dem Rechtsakt im Zusammenhang mit seiner Zielsetzung umschrieben sei (Urteil des Gerichtshofes vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 18, und Beschluß des Gerichts vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache T-183/94, Cantina cooperativa fra produttori vitivinicoli di Torre di Mosto u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1941, Randnr. 48). Die angefochtenen Rechtsakte seien aufgrund einer solchen objektiven rechtlichen und tatsächlichen Situation anwendbar.

33 Zum einen gelte die in Artikel 8 der Grundverordnung vorgesehene Ausgleichsregelung für Lagerkosten in der gesamten Gemeinschaft, und die in Artikel 8 Absatz 1 der Grundverordnung vorgesehene Vergütung der Lagerkosten erfolge im Wege der Pauschalvergütung. Somit betreffe Artikel 8 nicht speziell die Vergütung der tatsächlich von den italienischen Zuckererzeugern getragenen Kosten.

34 Zum anderen verlängere die Verordnung Nr. 1101/95 zur Änderung der Grundverordnung das Selbstfinanzierungssystem des Sektors und die Quotenregelung für sechs Wirtschaftsjahre unter Berücksichtigung der internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft und der wirtschaftlichen Situation des Zuckersektors in der Gemeinschaft.

35 Der Rat weist im übrigen darauf hin, daß die Verordnung Nr. 1534/95 zu dem "Preispaket" gehöre, das er jedes Jahr für das folgende Wirtschaftsjahr in den verschiedenen Landwirtschaftssektoren erlasse. Aus den Begründungserwägungen dieser Verordnung ergebe sich, daß er sich bei der Festsetzung des Betrages der Vergütung auf objektive Kriterien gestützt habe, denn er habe gemäß den Kriterien des Artikels 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1358/77 des Rates von 20. Juni 1977 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für den Ausgleich der Lagerkosten für Zucker und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 750/68 (ABl. L 156, S. 4) die Finanzierungskosten mit einem Zinssatz von 6,75 % sowie die Versicherungs- und die eigentlichen Lagerkosten berücksichtigt.

36 Die streitigen Verordnungsbestimmungen enthielten also keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, daß sich die Ausgleichsregelung für Lagerkosten, namentlich die Festsetzung des Betrages der Vergütung, gerade auf die Situation der Klägerinnen beziehe. Diese seien also nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Zuckererzeuger betroffen.

37 Der bloße Umstand, daß die Klägerinnen Inhaberinnen von Erzeugungsquoten seien, reiche jedenfalls nicht aus, um den Anforderungen der Rechtsprechung gemäß darzutun, daß sie in ihrer Rechtsstellung berührt seien (Urteil Codorniu/Rat, Randnr. 20). Anders als die Verordnung, um die es in der Rechtssache Codorniu gegangen sei, beeinträchtige die Festsetzung des Betrages der Vergütung nicht die "Rechtsstellung" der Klägerinnen und berühre auch nicht ihre "spezifischen Rechte" (Beschluß des Gerichts vom 20. Oktober 1994 in der Rechtssache T-99/94, Asocarne/Rat, Slg. 1994, II-871, Randnr. 20).

38 Die Kommission schließt sich in ihrem Streithilfeschriftsatz dem Vorbringen des Rates an. Sie führt aus, die angefochtenen Verordnungsbestimmungen legten den Betrag der Pauschalvergütung der Lagerkosten aufgrund einer Gesamtbeurteilung der objektiven Marktsituation fest und beträfen nicht nur die italienischen Zuckererzeuger, sondern alle Erzeuger der Gemeinschaft, ohne einigen von ihnen einen besonderen Schutz zu gewähren.

39 Die Klägerinnen tragen zunächst vor, sie seien in ihrer Eigenschaft als Inhaberinnen von Erzeugungsquoten durch die angefochtenen Verordnungen unmittelbar berührt, da die Vergütung der Lagerkosten unmittelbar mit dem Besitz dieser Quoten zusammenhänge. Sie würden durch die streitigen Rechtsakte diskriminiert, da diese nicht die höheren Lagerkosten berücksichtigen, die die italienischen Erzeuger zu tragen hätten. Sie hätten damit unmittelbare Auswirkungen auf die Vermögenslage der Klägerinnen, die gezwungen seien, ihre Tätigkeit unter ungünstigen Marktbedingungen auszuüben und dabei höhere Kosten zu tragen als die ausländischen Wirtschaftsteilnehmer.

40 Dem stehe nicht entgegen, daß die italienischen Behörden bei der Gewährung der nationalen Beihilfen über einen Ermessensspielraum verfügten. Die Klägerinnen erinnern unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82 (Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207) daran, daß diese Beihilfen in der Praxis immer gewährt worden seien, so daß die Verordnung Nr. 1101/95, die die Möglichkeit der Gewährung derartiger Beihilfen beseitige, unmittelbare Wirkungen für sie habe.

41 Sie seien durch die angefochtenen Verordnungsbestimmungen auch individuell betroffen, da sie einem begrenzten Kreis von individuellen und bestimmbaren Wirtschaftsteilnehmern angehörten, nämlich den italienischen Zuckererzeugern, die Inhaber von Erzeugungsquoten seien. Der Besitz einer Quote sei die Voraussetzung dafür, daß sich ein Zuckererzeuger tatsächlich als ein solcher im Sinne der Gemeinschaftsvorschriften verstehe. Nur die Zuckererzeuger, die Quoteninhaber seien, hätten Anspruch auf die Vergütung der Lagerkosten, und die Klägerinnen hätten unstreitig Erzeugungsquoten für das Wirtschaftsjahr 1995/1996 besessen.

42 Diese ihre Identität sei den Gemeinschaftsorganen bekannt gewesen. Die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, die Gemeinschaftsbehörden von der Aufteilung der Quoten zwischen den Erzeugerbetrieben zu unterrichten, wie sich aus Artikel 25 Absatz 2 und Artikel 39 der Grundverordnung und aus der Verordnung (EWG) Nr. 787/83 der Kommission vom 29. März 1983 über die Mitteilungen im Zuckersektor (ABl. L 88, S. 6) ergebe. Dem Rat sei beim Erlaß der Verordnungen Nr. 1101/95 und 1534/95 die Identität der italienischen Erzeugerbetriebe, die Inhaber von Quoten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 gewesen seien, bekannt gewesen. Zu diesen hätten die Klägerinnen unstreitig gehört, und das Hinzutreten anderer Qoteninhaber sei ausgeschlossen gewesen.

43 Zu dem auf Artikel 25 der Grundverordnung gestützten Vorbringen des Rates, daß die Anzahl der Zuckererzeuger nicht feststehe, sondern dieser Kreis Newcomern offenstehe, führen die Klägerinnen aus, daß die den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, Quoten für das Wirtschaftsjahr 1995/1996 zu übertragen, nur vor dem 1. März 1995 habe ausgeübt werden können. Denn Artikel 7 der Verordnung (EWG) Nr. 193/82 des Rates vom 26. Januar 1982 zur Festlegung der Grundregeln für die Übertragung von Quoten im Zuckersektor (ABl. L 21, S. 3) bestimme, daß ein Mitgliedstaat bei der Anwendung von Artikel 25 Absatz 2 der Grundverordnung die geänderten Quoten vor dem 1. März im Hinblick auf ihre Anwendung während des folgenden Wirtschaftsjahres zuteile. Deshalb könne Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung Nr. 1534/95 zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnungen Nrn. 1101/95 und 1534/95 - am 24. April und 29. Juni 1995 - nur den engen Kreis der italienischen Zuckererzeuger betreffen, die am vorausgegangenen 1. März bestimmt worden seien.

44 Die Klägerinnen verweisen ferner auf den Sonderbericht Nr. 4/91 des Rechnungshofes über die Tätigkeit betreffend die gemeinsame Marktorganisation für Zucker und Isoglukose, wonach die lange Dauer der Anwendung des Quotensystems zugunsten der Quoteninhaber Erzeugungsrechte geschaffen habe, da diese Quoten zu wirklichen individuellen Ansprüchen geführt hätten. Da die Kommission in ihrer offiziellen Antwort auf diesen Bericht insoweit keine Einwendungen erhoben habe, habe sie stillschweigend eingeräumt, daß wirkliche individuelle Ansprüche auf die Erzeugungsquoten entstanden seien und daß somit alle von den Gemeinschaftsbehörden im Hinblick auf diese Ansprüche getroffenen Maßnahmen unmittelbare und individuelle Wirkungen gegenüber den Inhabern dieser Rechte begründeten.

45 Die Klägerinnen behaupten unter Bezugnahme unter anderem auf die Urteile Sofrimport/Kommission, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission und Weddel/Kommission sowie auf die Urteile des Gerichtshofes vom 1. Juli 1965 in den Rechtssachen 106/63 und 107/63 (Töpfer u. a./Kommission, Slg. 1965, 525) und vom 13. Mai 1971 in den Rechtssachen 41/70, 42/70, 43/70 und 44/70 (International Fruit Company u. a./Kommission, Slg. 1971, 411), daß sie eine gegenüber den Erzeugern aus anderen Gebieten der Gemeinschaft hinreichend bestimmte Gruppe bildeten. Sie seien nämlich durch die besonderen Auswirkungen der auf dem italienischen Markt bestehenden Finanzierungskosten diskriminiert, denen die angefochtenen Rechtsakte nicht Rechnung getragen hätten, obwohl den Gemeinschaftsorganen das Problem bekannt gewesen sei.

46 So habe der Rat die angefochtenen Rechtsakte als Reaktion auf die Zuckermengen erlassen, deren Erzeugung den Klägerinnen durch die Qotenzuteilung an Italien gestattet worden sei. Er habe aufgrund dieser Gegebenheit gehandelt und entschieden, daß die Produktion mengenmäßig mit dem Verbrauch übereinstimme und eine zusätzliche Beihilfe folglich nicht erforderlich sei, so daß eine eindeutige Korrelation zwischen ihrer Situation und den vom Rat ergriffenen Maßnahmen bestehe.

Würdigung durch das Gericht

Gegenstand des Rechtsstreits, Ungenauigkeit der Klageschrift und Ablauf der Klagefrist (erster und dritter Unzulässigkeitsgrund)

47 Die Klägerinnen haben in ihren Erklärungen zu der Einrede der Unzulässigkeit ausgeführt, sie beantragten die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95, soweit deren Artikel 1 Nummer 13, der an die Stelle des Artikels 46 der Grundverordnung getreten sei, die für den italienischen Staat bestehende Möglichkeit aufgehoben habe, den italienischen Zuckererzeugern Beihilfen im Zusammenhang mit den Lagerkosten zu gewähren, und der Verordnung Nr. 1534/95, soweit deren Artikel 4 die Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten auf einen einheitlichen Betrag für die gesamte Gemeinschaft festgesetzt habe.

48 Zwar haben die Klägerinnen in demselben Zusammenhang darauf hingewiesen, daß sie außerdem "die Feststellung, unter anderem aufgrund des Artikels 184 EG-Vertrag, der Ungültigkeit und der Rechtswidrigkeit des Artikels 8 der Verordnung Nr. 1785/81" beantragten, was auf die Erhebung des Einwands der Rechtswidrigkeit zur Stützung der Klageanträge hinausläuft. Zu diesem letzten Punkt haben sie jedoch in ihren Erklärungen zum Streithilfeschriftsatz der Kommission präzisiert, daß die mit ihrer Klage angefochtenen Rechtsakte die Verordnungen Nrn. 1101/95 und 1534/95 seien und daß sie keinesfalls beantragt hätten, die Grundverordnung für nichtig zu erklären.

49 Folglich beschränken sich die Klägerinnen darauf, die Nichtigerklärung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 und des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 zu beantragen. Daher braucht die Zulässigkeit der Klage im übrigen nicht mehr geprüft zu werden.

50 Somit ist die Einrede der Unzulässigkeit der Klage gegenstandslos geworden, soweit sie auf die Ungenauigkeit der Klageschrift und den Ablauf der Klagefrist gestützt wird.

Zweiter Unzulässigkeitsgrund: Fehlen einer anfechtbaren Rechtsakts

51 Nach ständiger Rechtsprechung sind nur solche Maßnahmen, die bindende Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch einen spürbaren Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EG-Vertrag gegeben ist (Beschluß des Gerichts vom 24. Juni 1998 in der Rechtssache T-596/97, Dalmine/Kommission, Slg. 1998, II-2383, Randnr. 29).

52 Wie die Kommission und der Rat jedoch zu Recht hervorgehoben haben, enthält Artikel 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 keine Bestimmung, die allgemein die Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten oder speziell die dem italienischen Staat eröffnete Möglichkeit betrifft, den italienischen Erzeugern eine Beihilfe im Zusammenhang mit diesen Kosten zu gewähren. Die Möglichkeit der Gewährung einer derartigen Beihilfe war das letzte Mal in der Verordnung Nr. 133/94 vorgesehen, deren Artikel 1 Nummer 26 die entsprechende Bestimmung des Artikels 46 Absatz 5 der Grundverordnung verlängert, diese Möglichkeit jedoch auf das Wirtschaftsjahr 1994/1995 begrenzt hat. Folglich ist die Rechtsstellung der Klägerinnen durch die Verordnung Nr. 1101/95 im Hinblick auf das streitige Wirtschaftsjahr, nämlich das Wirtschaftsjahr 1995/96, nicht spürbar beeinträchtigt worden.

53 Sonach ist die Klage unzulässig, soweit sie auf die Nichtigerklärung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 gerichtet ist.

Klagebefugnis (vierter Unzulässigkeitsgrund)

54 Nach Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag kann eine natürliche oder juristische Person gegen eine Verordnung Klage auf Nichtigerklärung erheben, wenn die angefochtene Verordnung in Wirklichkeit eine sie unmittelbar und individuell betreffende Entscheidung darstellt. Die Verordnung und die Entscheidung sind danach voneinander abzugrenzen, ob die betreffende Handlung eine allgemeine Regelung ist oder nicht. Eine Handlung ist eine allgemeine Regelung, wenn sie für objektiv festgelegte Tatbestände gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (Beschluß des Gerichtshofes vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat, Slg. 1996, I-2003, Randnr. 33; Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1996 in der Rechtssache T-482/93, Weber/Kommission, Slg. 1995, II-609, Randnr. 55, und Beschluß des Gerichts vom 8. Dezember 1998 in der Rechtssache T-39/98, Sadam u. a./Rat, Slg. 1998, II-4207, Randnr. 17).

55 Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 setzt "die in Artikel 8 [der Grundverordnung] genannte Vergütung... auf monatlich 0,45 ECU je 100 kg Weißzucker" fest, wobei Artikel 8 eine "Pauschalvergütung" vorsieht, deren Betrag "für die gesamte Gemeinschaft gleich" ist. Den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 1534/95 zufolge hat der Rat bei der Festsetzung des Betrages der Vergütung die Finanzierungskosten mit einem Zinssatz von 6,75 %, die Versicherungs- und die eigentlichen Lagerkosten berücksichtigt. So sieht die streitige Bestimmung eine pauschale Vergütung vor und gilt für eine unbegrenzte Anzahl von Lagerungen in der Gemeinschaft durch alle Zuckererzeuger der Gemeinschaft. Daraus folgt, daß Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 in Verbindung mit der Grundverordnung für objektiv festgelegte Tatbestände gilt und in einer allgemeinen Formulierung an abstrakt bezeichnete Kategorien von Personen gerichtet ist. Folglich stellt diese Bestimmung eine allgemeine Regelung dar.

56 Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß eine Bestimmung, die ihrer Natur und Tragweite nach allgemeinen Charakter hat, eine natürliche oder juristische Person individuell betrifft, nämlich dann, wenn diese aufgrund ihrer besonderen Merkmale oder tatsächlicher Umstände durch die Bestimmung so berührt wird, daß sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausgehoben und in ähnlicher Weise individualisiert wird wie der Adressat einer Entscheidung (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Februar 1996 in der Rechtssache C-209/94 P, Buralux u. a./Rat, Slg. 1996, I-615, Randnr. 25)

57 Dem Vorbringen der Klägerinnen, sie seien dadurch individualisiert, daß sie als Inhaberinnen von Zuckererzeugungsquoten zu einem "geschlossenen Kreis" gehörten, kann nicht gefolgt werden. Denn selbst wenn dem Rat zur Zeit des Erlasses der streitigen Verordnung die Identität der Klägerinnen bekannt gewesen wäre, verliert nach ständiger Rechtsprechung ein Rechtsakt seine allgemeine Geltung nicht dadurch, daß sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, daß diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt umschrieben ist (Beschluß des Gerichtshofes vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-409/96 P, Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission, Slg. 1997, I-7531, Randnr. 37). Hier jedoch haben die Klägerinnen nichts dafür vorgetragen, daß sich die italienischen Zuckererzeuger in einer so besonderen Lage befunden hätten, daß die Festsetzung des abgeleiteten Interventionspreises für Weißzucker für Italien durch den Rat keine allgemeine Tragweite gehabt, sondern sie individuell betroffen hätte.

58 Zwar erteilen die Mitgliedstaaten, wie der Rat in der mündlichen Verhandlung von den Klägerinnen unwidersprochen vorgetragen hat, der Kommission vor Festsetzung der verschiedenen Zuckerpreise für jedes Wirtschaftsjahr Auskünfte über die Entwicklung der Zuckererzeugung und den Zuckerverbrauch in ihrem Hoheitsgebiet und über die bereits zugeteilten Erzeugungsquoten (siehe oben, Randnr. 44). Bei Erlaß der streitigen Verordnung besaß der Rat jedoch keine besonderen Informationen über jedes einzelne italienische Unternehmen, das Inhaber von Zuckererzeugungsquoten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 war.

59 Auch die Rechtsprechung, die die Klägerinnen insoweit zur Begründung für die Zulässigkeit ihrer Klage anführen, ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Rechtsprechung bezieht sich nämlich auf bestimmte Situationen, die Einzelanträge auf Einfuhrlizenzen betreffen, die während eines kurzen Zeitraums für bestimmte Mengen gestellt wurden (vgl. die Urteil Töpfer u. a./Kommission, International Fruit Company u. a./Kommission und Weddel/Kommission), oder die die Verpflichtung der Gemeinschaftsorgane implizieren, die Konsequenzen des Rechtsakts, den sie zu erlassen beabsichtigen, für die Situation bestimmter einzelner zu berücksichtigen (vgl. Urteile Sofrimport/Kommission und Piraiki-Patraiki/Kommission). Hier liegen jedoch keine derartigen Umstände vor. Insbesondere haben die Klägerinnen das Vorliegen einer Verpflichtung des Rates, den italienischen Erzeugern im Rahmen der Ausgleichsregelung für Lagerkosten einen weitergehenden Schutz zu gewähren als den anderen, ihre Erzeugnisse ebenfalls lagernden Gemeinschaftserzeugern, weder behauptet noch bewiesen (vgl. auch Urteil Buralux u. a./Rat, Randnrn. 32 bis 34).

60 Soweit die Klägerinnen dem Rat vorwerfen, den Betrag der Vergütung in der angefochtenen Bestimmung einheitlich festgesetzt und auf diese Weise eine Diskriminierung der italienischen Zuckererzeuger vorgesehen zu haben, deren Finanzierungskosten für die Lagerung besonders hoch seien, genügt der Hinweis, daß es nach gefestigter Rechtsprechung dem Charakter einer Bestimmung als Verordnungsvorschrift nicht entgegensteht, daß sie sich auf die Personen, für die sie gilt, im konkreten Fall unterschiedlich auswirken kann, sofern nur ihr Tatbestand objektiv festgelegt ist (Beschluß des Gerichts vom 4. Oktober 1996 in der Rechtssache T-197/95, Sveriges Betodlares und Henriksen/Kommission, Slg. 1996, II-1283, Randnr. 29). Nach alledem hat die angefochtene Verordnungsbestimmung allgemeine Tragweite.

61 Die Klägerinnen machen noch geltend, daß die angefochtene Verordnungsbestimmung einen Eingriff in die individuellen Erzeugungsrechte darstelle, über die sie als Inhaberinnen von gemäß der Grundverordnung gewährten Erzeugungsquoten verfügten. Deshalb ist zu prüfen, ob sie gleichwohl als individualisiert im Sinne des Urteils Codorniu/Rat angesehen werden können, wonach eine allgemeine Regelung einen Wirtschaftsteilnehmer unter bestimmten Umständen individuell betreffen kann, wenn sie in besondere Rechte dieses Wirtschaftsteilnehmers eingreift (vgl. Urteil Weber/Kommission, Randnr. 67, sowie die zitierte Rechtsprechung).

62 Dazu genügt der Hinweis, daß vor Erlaß der streitigen Verordnung die Zuteilung von Erzeugungsquoten an die Klägerinnen nicht mit einem Anspruch auf Festsetzung einer Vergütung verbunden war, die die tatsächlich allein von den italienischen Zuckererzeugern getragenen Finanzierungskosten der Lagerung berücksichtigt. Die Rechtsstellung der Klägerinnen unterschied sich somit nicht von der der anderen Inhaber von Erzeugungsquoten, die sich alle mit der vom Rat pauschal und einheitlich für jedes Wirtschaftsjahr festgesetzten Vergütung abfinden mußten (Urteil des Gerichtshofes vom 24. April 1980 in der Rechtssache 92/79, Kommission/Italien, Slg. 1980, 1411, Randnr. 16).

63 Folglich sind die Klägerinnen von Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 nicht individuell betroffen, so daß die Klage unzulässig ist, soweit sie auf die Nichtigerklärung dieser Bestimmung gerichtet ist.

64 Aus alledem folgt, daß die Klage insgesamt als unzulässig abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

65 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihren Anträgen unterlegen sind, sind sie entsprechend dem Antrag des Rates als Gesamtschuldnerinnen zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten des Rates zu verurteilen. Die Kommission trägt gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen als Gesamtschuldnerinnen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates.

3. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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