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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 05.06.1996
Aktenzeichen: T-162/94
Rechtsgebiete: VO 2089/84, EG-Satzung, EWG


Vorschriften:

VO 2089/84 Art. 1
EG-Satzung Art. 21
EG-Satzung Art. 41
EG-Satzung Art. 54 Abs. 2
EWG Art. 184
EWG Art. 3b
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine Klage als unbegründet abgewiesen wird, steht der Zulässigkeit einer zweiten Klage nur dann entgegen, wenn die beiden Klagen dieselben Parteien und denselben Gegenstand betreffen und auf demselben Grund beruhen, wobei diese Voraussetzungen zwangsläufig zugleich vorliegen müssen. Da die Maßnahme, deren Aufhebung begehrt wird, ein wesentlicher Teil des Streitgegenstands ist, steht die Rechtskraft eines Urteils der Zulässigkeit einer zweiten Klage nicht entgegen, wenn sich diese gegen andere Maßnahmen richtet als die erste Klage.

Im übrigen lässt die Tatsache, daß die zur Stützung der zweiten Klage geltend gemachten Rügen in weitem Umfang mit den in der früheren Rechtssache vorgetragenen Rügen übereinstimmen, nicht die Annahme zu, daß die zweite Klage die blosse Wiederholung der ersten Klage ist, wenn der rechtliche Rahmen, in dem die den Gegenstand der zweiten Klage bildende Maßnahme getroffen wurde, in mehreren Punkten von dem Rahmen abweicht, in den sich die zuvor angefochtene Maßnahme einfügte.

2. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der bereits zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehörte, bevor er in Artikel 3b Absatz 3 des Vertrages verankert worden ist, setzt die Rechtmässigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, daß die gewählten Mittel zur Erreichung des mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Zieles geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist.

In den Bereichen, in denen der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm der Vertrag zuweist, ist eine erlassene Maßnahme jedoch nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Zieles, mit dessen Verfolgung das zuständige Organ betraut ist, offensichtlich ungeeignet ist.

Dies ist bei der gemeinsamen Handelspolitik und insbesondere beim Erlaß der Regelung zum Schutz gegen Dumpingpraktiken der Fall; das gleiche gilt, wenn auf der Grundlage von Artikel 113 des Vertrages im Wege eines Ausgleichs zwischen divergierenden Interessen die Antidumping-Grundverordnung aufgestellt wird und wenn in Anwendung dieser Verordnung konkrete Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Folglich muß sich die Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter im Bereich des Schutzes gegen Dumpingmaßnahmen auf die Frage beschränken, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Maßnahmen zur Erreichung des verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignet sind.

3. Der Gesetzgeber hat dadurch, daß er in Artikel 16 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 8 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88 die Erstattung entrichteter Zölle an einen mit dem Exporteur, der Urheber des Dumpings ist, verbundenen Importeur von der Voraussetzung abhängig gemacht hat, daß er seinen Preis beim Weiterverkauf an den ersten unabhängigen Käufer um einen Betrag erhöht, der doppelt so hoch ist wie die zuvor festgestellte Dumpingspanne, weder die Grenzen seines Ermessens überschritten und damit den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt noch gegen den GATT-Antidumpingkodex von 1979 oder das Diskriminierungsverbot verstossen.

Zum einen erscheint diese Voraussetzung nämlich bei einem verbundenen Importeur im Hinblick auf das mit der Einführung eines Antidumpingzolls verfolgte Ziel, den betreffenden Exporteur und seinen Importeur zur endgültigen Aufgabe ihres das Dumping begründenden Marktverhaltens zu bewegen, nicht offensichtlich ungeeignet und kann daher vom Gericht nicht beanstandet werden, auch wenn sich dem Gemeinschaftsgesetzgeber andere, in der Folge verwendete Methoden zur Erreichung des gleichen Ergebnisses boten.

Zum anderen äussert sich der GATT-Antidumpingkodex von 1979, der vorsieht, daß der Betrag des Antidumpingzolls die Dumpingspanne nicht überschreiten darf und daß der diese Spanne überschreitende Zoll so rasch wie möglich zurückzuerstatten ist, weder ausdrücklich noch stillschweigend zur Zulässigkeit der Aufstellung einer solchen Voraussetzung.

Schließlich ist die durch die genannte Voraussetzung herbeigeführte unterschiedliche Behandlung von unabhängigen und verbundenen Importeuren durch die unterschiedliche Lage gerechtfertigt, in der sie sich bezueglich des Dumpings jeweils befinden; sie stellt deshalb keine Diskriminierung dar. Während nämlich unabhängige Importeure am Dumping nicht beteiligt sind, befinden sich mit dem Exporteur verbundene Importeure in dem Sinne auf der anderen Seite der "Dumpinglinie", daß sie an den Praktiken teilnehmen, die das Dumping begründen, und daß sie zumindest alle dem Dumping zugrunde liegenden Umstände kennen können


Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 5. Juni 1996. - NMB France SARL, NMB-Minebea-GmbH, NMB UK Ltd und NMB Italia Srl gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Antidumpingzölle - Kugellager - Erstattung - "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" - Unterschiedliche Behandlung verbundener und unabhängiger Importeure - Rechtskraft eines früheren Urteils des Gerichtshofes. - Rechtssache T-162/94.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen, Sachverhalt und schriftliches Verfahren

1 Das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT; ABl. 1980, L 71, S. 90; im folgenden: Antidumpingkodex 1979), das durch den Beschluß 80/271/EWG des Rates vom 10. Dezember 1979 über den Abschluß der multilateralen Übereinkommen, die im Zuge der Handelsverhandlungen von 1973 ° 1979 ausgehandelt wurden (ABl. 1980, L 71, S. 1), im Namen der Gemeinschaft genehmigt wurde, sah in Artikel 8 Absatz 3 folgendes vor:

"Der Betrag des Antidumpingzolls darf die nach Artikel 2 festgestellte Dumpingspanne nicht überschreiten. Wird nach Anwendung des Antidumpingzolls festgestellt, daß der erhobene Zoll die tatsächliche Dumpingspanne überschreitet, so wird der die Spanne überschreitende Teil des Zollbetrags so rasch wie möglich rückerstattet."

2 In Artikel 2 Absätze 5 und 6 des Antidumpingkodex hieß es:

"Liegt kein Ausfuhrpreis vor oder sind die zuständigen Behörden der Ansicht, daß der Ausfuhrpreis wegen einer geschäftlichen Verbindung oder einer Ausgleichsvereinbarung zwischen dem Ausführer und dem Einführer oder einem Dritten keinen zuverlässigen Preisvergleich gestattet, so kann der Ausfuhrpreis auf der Grundlage des Preises errechnet werden, zu dem die eingeführten Waren erstmals an einen unabhängigen Käufer weiterverkauft werden...

Um den Ausfuhrpreis mit dem Inlandspreis des Ausfuhrlandes (oder des Ursprungslandes)... richtig vergleichen zu können, werden beide Preise auf der gleichen Handelsstufe miteinander verglichen... Die Unterschiede in den Verkaufsbedingungen, in der Besteuerung und in den sonstigen die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussenden Umständen werden jedesmal nach der Lage des Falles gebührend berücksichtigt. In den in Absatz 5 genannten Fällen sollten auch zwischen Einfuhr und Weiterverkauf entstandene Kosten, einschließlich Zölle und Steuern, sowie anfallende Gewinne berücksichtigt werden."

3 Nach dem Erlaß des Antidumpingkodex 1979 schuf der Rat eine gemeinsame Schutzregelung im Bereich des Dumpings, zunächst mit der Verordnung (EWG) Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 201, S. 1) und dann mit der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 209, S. 1; im folgenden: Verordnung Nr. 2423/88 oder Grundverordnung).

4 In Artikel 16 Absatz 1 der Grundverordnung hieß es:

"Kann ein Einführer nachweisen, daß der erhobene Zoll die tatsächliche Dumpingspanne... übersteigt, so wird der Mehrbetrag erstattet. Dieser Betrag ergibt sich aus den Veränderungen im Verhältnis zu den... festgestellten Dumping[spannen]... Alle Rückerstattungsberechnungen werden in Übereinstimmung mit Artikel 2 oder 3 durchgeführt und stützen sich ° soweit möglich ° auf dieselben Berechnungsmethoden wie in der Ausgangsuntersuchung..."

5 Unter der bei der Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 zu berücksichtigenden Dumpingspanne ist gemäß Artikel 2 Absatz 14 Buchstabe a der Grundverordnung "der Betrag zu verstehen, um den der Normalwert über dem Ausfuhrpreis liegt".

6 In bezug auf die Ermittlung des Ausfuhrpreises war in Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe b der Grundverordnung folgendes vorgesehen:

"[S]tellt sich heraus, daß eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung zwischen dem Ausführer und dem Einführer... besteht oder daß der Preis, der für die zur Ausfuhr nach der Gemeinschaft verkauften Ware tatsächlich gezahlt wird oder zu zahlen ist, aus anderen Gründen nicht zuverlässig ist, so kann der Ausfuhrpreis auf der Grundlage des Preises errechnet werden, zu dem die eingeführte Ware erstmals an einen unabhängigen Käufer weiterverkauft wird... In diesen Fällen sind Berichtigungen für alle zwischen der Einfuhr und dem Wiederverkauf entstandenen Kosten sowie für einen angemessenen Gewinn vorzunehmen...

Diese Berichtigungen schließen insbesondere folgende Elemente ein:

...

ii) Zölle, Antidumpingzölle [° die sogenannte 'Zoll-als-Kostenfaktor-' oder 'double-jump-Regel' °] und andere Abgaben, die im Einfuhrland auf die Einfuhr oder den Verkauf der Ware zu zahlen sind;

..."

7 Die Klägerinnen sind hundertprozentige Tochtergesellschaften des japanischen Minebea-Konzerns (Nippon Miniature Bearing) und vertreiben in der Gemeinschaft von den zum gleichen Konzern gehörenden Firmen NMB und Pelmec Singapur gelieferte Kugellager.

8 Nach der Verordnung (EWG) Nr. 2089/84 des Rates vom 19. Juli 1984 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren bestimmter Kugellager mit Ursprung in Japan und Singapur (ABl. L 193, S. 1) wurden die Einfuhren der u. a. vom Minebea-Konzern in Singapur hergestellten Kugellager durch die europäischen Tochtergesellschaften von Minebea mit einem Antidumpingzoll von 33,89 % des unverzollten Nettopreises, frei Grenze der Gemeinschaft, belegt.

9 Nachdem sie diesen Zoll gezahlt hatten, stellten die Klägerinnen mit Ausnahme von NMB France mehrere auf Artikel 16 der Verordnung Nr. 2176/84 gestützte Erstattungsanträge. Den Anträgen hinsichtlich der 1985 und 1986 vorgenommenen Einfuhren gab die Kommission teilweise statt und lehnte sie teilweise ab, wobei die teilweise Ablehnung auf der Anwendung der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" beruhte (die in der Verordnung Nr. 2176/84 ebenso enthalten ist wie in der Verordnung Nr. 2423/88; siehe oben, Randnr. 6, unter ii); die Kommission zog nämlich bei der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises die von den drei Klägerinnen entrichteten Antidumpingzölle ab.

10 Da letztere der Ansicht waren, daß die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" gegen höherrangiges Recht verstosse, erhoben sie vor dem Gerichtshof Klage gegen die teilweise Ablehnung ihrer Erstattungsanträge.

11 In seinen Schlussanträgen vom 21. März 1991 (Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1992) in der Rechtssache C-188/88 (NMB u. a./Kommission, Slg. 1992, I-1689; I-1704) schlug der Generalanwalt dem Gerichtshof vor, der Klage stattzugeben. Er vertrat die Ansicht, daß die Anwendung der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" zwar in Überprüfungsverfahren völlig gerechtfertigt erscheine, daß aber ihre Anwendung in den Erstattungsverfahren Folgen habe, die sowohl mit den wesentlichen Grundsätzen der Antidumpingregelung als auch mit einigen tragenden Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung unvereinbar seien. Um dem Dumping ein Ende zu setzen ° d. h., um die Dumpingspanne zu beseitigen ° und folglich die Erstattung zu erhalten, müsse ein verbundener Importeur nämlich die Preise, die er beim Weiterverkauf an die unabhängigen Käufer berechne, nur um einen Betrag erhöhen, der der festgestellten Dumpingspanne entspreche, und nicht um mehr; bei einem solchen "single jump" werde das in Rede stehende Erzeugnis nicht mehr zu einem künstlich gesenkten Preis verkauft, und es bedürfe keiner Maßnahmen zum Schutz des Handels mehr. In einer solchen Situation dürften die entrichteten Antidumpingzölle daher nicht als Kostenfaktor angesehen werden, der vom Weiterverkaufspreis abzuziehen sei; andernfalls würde eine Dumpingspanne festgestellt, obwohl in Wirklichkeit keinerlei Dumpingspanne bestehe, und den verbundenen Importeur würde eine ihn gegenüber dem unabhängigen Importeur diskriminierende Belastung treffen.

12 Im Urteil NMB u. a./Kommission (a. a. O.) wies der Gerichtshof die Klage als unbegründet ab. Aus diesem Urteil ergibt sich zum einen, daß die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" sowohl im Fall der Überprüfung als auch im Fall der Erstattung Anwendung findet, da der Zweck der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises in beiden Fällen der gleiche ist; im einen wie im anderen Fall geht es nach Ansicht des Gerichtshofes darum, die tatsächliche Dumpingspanne festzustellen. Zum anderen führte der Gerichtshof aus, daß die geltend gemachte unterschiedliche Behandlung von unabhängigen Importeuren und verbundenen Importeuren durch die unterschiedliche Lage gerechtfertigt sei, in der sich die Betroffenen bezueglich des Dumpings jeweils befänden, und deshalb keine Diskriminierung darstelle. Ferner stellte er fest, daß kein Widerspruch zwischen der Verordnung Nr. 2176/84 und dem Antidumpingkodex 1979 bestehe. Schließlich wies er auch die Rügen einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und eines Ermessensmißbrauchs zurück.

13 Die Klägerinnen, deren Klage daher abgewiesen wurde, gaben sich mit diesem Ergebnis nicht zufrieden. Für die von Januar 1987 bis September 1991 vorgenommenen Einfuhren stellten alle Klägerinnen einschließlich NMB France gemäß Artikel 16 der Grundverordnung und Artikel 16 der Vorgängerverordnung Nr. 2176/84 neue Anträge auf Erstattung der in diesem Zeitraum entrichteten Antidumpingzölle.

14 Mit vier, der NMB (UK) Ltd am 15. Juni 1992 und der NMB France SARL, der NMB Italia Srl und der NMB-Minebea-GmbH am 16. Juni 1992 mitgeteilten Entscheidungen (92/332/EWG, 92/333/EWG, 92/334/EWG und 92/335/EWG) vom 3. Juni 1992 über die Anträge auf Erstattung von Antidumpingzöllen, die auf bestimmte Einfuhren bestimmter Kugellager mit Ursprung in Singapur erhoben wurden (ABl. L 185, S. 35, 38, 41 und 44), gab die Kommission den Erstattungsanträgen teilweise statt. Die Kommission erkannte in diesen Entscheidungen an, daß die erhobenen Antidumpingzölle die Dumpingspannen überstiegen, weil der Normalwert auf dem Inlandsmarkt in Singapur inzwischen niedriger sei. Die Erstattungsanträge wurden jedoch teilweise abgelehnt, weil die Kommission bei der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises die von den Klägerinnen entrichteten Antidumpingzölle in Anwendung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel", und unter Hinweis auf das Urteil NMB u. a./Kommission abzog.

15 Daraufhin haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben, die am 22. August 1992 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden ist. Das schriftliche Verfahren in der Rechtssache, die ursprünglich das Aktenzeichen C-346/92 trug, ist vollständig vor dem Gerichtshof durchgeführt worden und ordnungsgemäß abgelaufen. Mit Beschluß vom 2. Juli 1993 hat der Präsident des Gerichtshofes die FEBMA (Federation of European Bearing Manufacturers' Associations) als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

16 Mit Beschluß vom 18. April 1994 hat der Gerichtshof die vorliegende Rechtssache gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) in der Fassung des Beschlusses 94/149/EGKS, EG des Rates vom 7. März 1994 zur Änderung des Beschlusses 93/350 (ABl. L 66, S. 29) an das Gericht verwiesen.

17 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste erweiterte Kammer) mit Beschluß vom 15. November 1994 prozeßleitende Maßnahmen getroffen und die Parteien sowie ° in Anwendung von Artikel 21 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes ° den Rat ersucht, bestimmte Unterlagen vorzulegen und eine Reihe von Fragen zu beantworten. Am 10. März 1995 haben die Klägerinnen ein Antwortschreiben eingereicht. Zu den wirtschaftlichen Aspekten des Rechtsstreits und insbesondere zur Frage, inwieweit sich die Klägerinnen für einen "single jump", einen "double jump" oder eine Zwischenlösung entschieden haben und inwieweit sich ihre Weiterverkaufspreise und die späteren Verkaufspreise in der Gemeinschaft tatsächlich erhöht haben, haben die Klägerinnen Computerausdrucke vorgelegt, in denen drei Rechnungen ausgewählt wurden, um die verwendete Berechnungsmethode zu veranschaulichen.

18 Mit Beschluß vom 12. Juni 1995 hat der Präsident der Ersten erweiterten Kammer die von den Klägerinnen beantragte vertrauliche Behandlung bestimmter Teile ihrer Antworten auf die Fragen des Gerichts sowie bestimmter Teile der Erklärungen der Kommission zu diesen Antworten gegenüber der FEBMA angeordnet. Mit Beschluß des Gerichts vom 19. September 1995 ist der Berichterstatter der Zweiten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der die Rechtssache deshalb übertragen worden ist.

19 In der Zwischenzeit hatten die 1986 im Rahmen des GATT eröffneten multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde im Jahr 1994 zum Erlaß eines neuen Antidumpingkodex geführt (vgl. den Beschluß 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluß der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde [1986 ° 1994] im Namen der Europäischen Gemeinschaft in bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche [ABl. L 336, S. 1 und 103]). In diesem neuen Kodex von 1994 wird in Artikel 2.3., der die Errechnung des Ausfuhrpreises bei einer geschäftlichen Verbindung zwischen dem Ausführer und dem Einführer betrifft, die alte Regelung im Kodex von 1979 aufgegriffen und in Artikel 2.4. wiederholt, daß in einem solchen Fall "ferner Berichtigungen für die zwischen der Einfuhr und dem Weiterverkauf entstandenen Kosten, einschließlich Zöllen und Steuern, sowie für erzielte Gewinne vorgenommen werden" sollten. Für die Erstattung von Antidumpingzöllen enthält der Kodex von 1994 folgende Vorschrift:

"9.3.3. Bei der Feststellung, ob und in welcher Höhe eine Erstattung in den Fällen vorgenommen werden soll, in denen der Ausfuhrpreis gemäß Artikel 2 Absatz 3 rechnerisch ermittelt wurde, sollen die Behörden alle Änderungen des Normalwerts und der zwischen der Einfuhr und dem Weiterverkauf entstandenen Kosten sowie alle Änderungen des Weiterverkaufspreises, die sich in den späteren Verkaufspreisen ordnungsgemäß niederschlagen, berücksichtigen und den Ausfuhrpreis ohne Abzug des für den Antidumpingzoll entrichteten Betrags berechnen, sofern entsprechende schlüssige Beweise vorgelegt werden."

20 Am 22. Dezember 1994 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 3283/94 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 349, S. 1), die gemäß ihrem Artikel 24 am 1. Januar 1995 in Kraft getreten ist und die nach ihrer vierten Begründungserwägung zur Umsetzung des neuen Antidumpingkodex 1994 in das Gemeinschaftsrecht dient.

21 Artikel 11 Absatz 10 der Verordnung Nr. 3283/94 lautet:

"Bei Untersuchungen nach Maßgabe dieses Artikels prüft die Kommission die Zuverlässigkeit der Ausfuhrpreise gemäß Artikel 2. Wird jedoch beschlossen, den Ausfuhrpreis gemäß Artikel 2 Absatz 9 rechnerisch zu ermitteln, so errechnet sie den Ausfuhrpreis ohne Abzug des für die Antidumpingzölle entrichteten Betrags, sofern schlüssige Beweise dafür vorgelegt werden, daß sich der Zoll in den Weiterverkaufspreisen und in den späteren Verkaufspreisen in der Gemeinschaft ordnungsgemäß niederschlägt."

22 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) am 10. Oktober 1995 beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch zusätzliche Fragen zu den Neuregelungen von 1994 gestellt, die die Parteien in der Sitzung beantwortet haben.

23 Die Parteien haben in der Sitzung vom 6. Dezember 1995 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

24 Die Klägerinnen beantragen in ihrer Klageschrift,

° die Entscheidungen 92/332, 92/333, 92/334 und 92/335 insoweit für nichtig zu erklären, als darin die Erstattung der in den Jahren 1987, 1988, 1989, 1990 und 1991 auf die Einfuhren von Kugellagern mit Ursprung in Singapur erhobenen Antidumpingzölle abgelehnt wird, und dazu Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 2423/88 in dem hierfür erforderlichen Umfang gemäß Artikel 184 EWG-Vertrag für unanwendbar zu erklären;

° alle sonstigen rechtlich gebotenen Maßnahmen anzuordnen;

° der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

° der FEBMA als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission die Kosten ihrer Streithilfe aufzuerlegen.

25 Die Kommission beantragt,

° die Klage als unzulässig oder, hilfsweise, als unbegründet abzuweisen;

° den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

26 Die Streithelferin FEBMA beantragt,

° die Klage abzuweisen;

° den Klägerinnen die ihr entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit der Klage

Vorbringen der Parteien

27 Ohne eine förmliche Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, hält die Kommission die Erhebung der vorliegenden Klage für einen Verfahrensmißbrauch. Die Klägerinnen gingen zwar formal gegen andere als die Maßnahmen vor, um die es in der Rechtssache NMB u. a./Kommission gegangen sei, aber sie trügen im vorliegenden Fall nach eigenem Eingeständnis kein Argument vor, das nicht schon in der genannten Rechtssache geltend gemacht worden sei. In Wirklichkeit griffen sie nur das Urteil NMB u. a./Kommission an. Die vorliegende Klage müsse daher entweder als unzulässig oder zumindest mit der Begründung abgewiesen werden, daß gegenüber der Rechtssache NMB u. a./Kommission kein neues Argument vorgetragen worden sei und daß es daher keinen Gesichtspunkt gebe, der es erlaube, dieses Urteil in Frage zu stellen. Wenn die vorliegende Klage für zulässig erklärt würde, könnten sich die Klägerinnen den strengen Voraussetzungen für den ausserordentlichen Rechtsweg entziehen, den der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Artikel 41 der EG-Satzung des Gerichtshofes darstelle.

28 In grundsätzlicher Hinsicht führt die Kommission aus, die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters, von einem früheren Urteil des Gerichtshofes abzuweichen, sei eine schwerwiegende Entscheidung, die nur unter aussergewöhnlichen Umständen getroffen werden dürfe. Eine solche Entscheidung würde nämlich nicht nur bedeuten, daß in der vorangegangenen Rechtssache und in zahlreichen anderen parallelen Rechtssachen ein ° nicht wiedergutzumachendes ° Unrecht begangen worden sei, sondern würde auch die Verbindlichkeit der Urteile des Gerichtshofes in Frage stellen und wäre geeignet, die Beständigkeit und die Rechtssicherheit zu untergraben und unzähligen Versuchen zur erneuten Erörterung entschiedener Fälle Vorschub zu leisten.

29 Zum Versuch der Klägerinnen, ihren Antrag auf Überprüfung des Urteils NMB u. a./Kommission mit dem ausserordentlich unbilligen Charakter der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und mit einigen Lücken im Urteil zu rechtfertigen, führt die Kommission aus, die gerügten Entscheidungen seien nach den für den Kampf gegen die unlautere Praxis des Dumpings geltenden Rechtsvorschriften erforderlich; in der Rechtssache NMB u. a./Kommission seien die Argumente in klarer und erschöpfender Weise vorgetragen worden, und der Gerichtshof habe sie voll und ganz verstanden, wie aus dem Sitzungsbericht, den Schlussanträgen des Generalanwalts und dem Urteil hervorgehe.

30 Wenn die Klägerinnen schließlich auf die Einleitung von Verfahren im Rahmen des GATT hinwiesen, die zur Verurteilung der gerügten Praxis der Gemeinschaft führen könnten, so könnten solche Verfahren an der Rechtslage in der Gemeinschaft nichts ändern. Die Art und Weise der Streitbeilegung nach dem Verfahren des GATT unterscheide sich nämlich grundlegend von der durch gerichtliche Entscheidungen; das GATT sei im wesentlichen ein System der "einvernehmlichen Rechtsetzung". Selbst wenn ein solches Verfahren zur Streitbeilegung eingeleitet werden sollte, wären seine Ergebnisse folglich nicht ausschlaggebend, sondern allenfalls Empfehlungen an die Gemeinschaft, die für den Gemeinschaftsrichter nicht bindend wären.

31 Die FEBMA als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission ist der Ansicht, daß die Klägerinnen kein Rechtsschutzinteresse hätten, da ihre Rügen bereits Gegenstand des Urteils NMB u. a./Kommission gewesen seien. In diesem Urteil würden alle Gesichtspunkte der vorliegenden Klage behandelt, die sich auf genau dieselben Klagegründe wie im ersten Verfahren stütze und die deshalb in Wirklichkeit ein verkapptes Rechtsmittel gegen das erste Urteil darstelle.

32 Die Klägerinnen entgegnen, ihre Klage richte sich auf die Nichtigerklärung der Entscheidungen 92/332 bis 92/335, die sie unmittelbar und individuell beträfen, da ihnen die Erstattung der von 1987 bis 1991 erhobenen Antidumpingzölle verweigert worden sei, auf die sie einen Rechtsanspruch hätten. Diese Entscheidungen beruhten auf im wesentlichen rechtswidrigen Erwägungen. Ihre gerichtliche Überprüfung könne vor allem auch deshalb gefordert werden, weil es keine Bestimmung gebe, nach der eine Klage aus dem Grund unzulässig sei, weil sie, wenn man einem früheren Urteil folgen würde, als unbegründet anzusehen wäre.

33 Die Klägerinnen räumen zwar ein, daß das Vorbringen in ihrer Klage in mehrfacher Hinsicht mit dem in der Rechtssache NMB u. a./Kommission vergleichbar sei, machen jedoch geltend, daß die Erhebung der vorliegenden Klage durch den ausserordentlich unbilligen Charakter der angefochtenen Entscheidungen, durch die Tatsache, daß das Urteil NMB u. a./Kommission lückenhaft sei, und durch die Einleitung eines Verfahrens im Rahmen des GATT, das zur Verurteilung der Praxis der Gemeinschaft führen könne, gerechtfertigt sei. Aus diesen Gründen sollte sich der Gemeinschaftsrichter nochmals mit den in der vorliegenden Klage aufgeworfenen Fragen beschäftigen.

34 Im Zusammenhang mit dem GATT haben die Klägerinnen ferner darauf hingewiesen, daß die Verhandlungen der Uruguay-Runde 1992 zu einer informellen Vereinbarung geführt hätten, die in einem Regelungsentwurf, dem "Dunkel-Papier", zum Ausdruck gekommen sei. Dieses werde vermutlich dazu führen, daß der Antidumpingkodex in der Weise umgestaltet werde, die sie für richtig hielten. In Artikel 9.3.3. dieses Papiers sei nämlich ausdrücklich vorgesehen, daß der Ausfuhrpreis ohne Abzug der gezahlten Antidumpingzölle berechnet werde.

35 Die Klägerinnen nehmen schließlich zu der Befürchtung der Kommission Stellung, daß erfolglose Kläger häufig zum Gemeinschaftsrichter zurückkehren könnten, um eine nochmalige Behandlung ihres früheren Anliegens zu verlangen. Ihnen erscheint diese Besorgnis kaum gerechtfertigt, da die Verfahren kostspielig und langwierig seien und selten leichthin angestrengt würden und da ein Kläger im allgemeinen kein Interesse daran habe, sich unnötig die mit einem Gerichtsverfahren verbundenen zusätzlichen Kosten und Verzögerungen aufzubürden. Im übrigen sei ein Kläger nur ganz selten in der Lage, vor dem Gemeinschaftsrichter nochmals die Frage der Rechtswidrigkeit einer mit einer bereits für rechtmässig erklärten Maßnahme vergleichbaren neuen Maßnahme aufzuwerfen. Es gebe somit einen zweifachen Filter: die Beschwerlichkeit der Verfahren und die sehr geringe Zahl von Fällen, in denen einzelne die Adressaten von Maßnahmen seien, die mit zuvor angefochtenen Maßnahmen übereinstimmten.

Würdigung durch das Gericht

36 Das Gericht ist an Urteile des Gerichtshofes nur nach Maßgabe des Artikels 54 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes und gemäß dem Grundsatz der Rechtskraft gebunden.

37 Folglich ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Rechtskraft des Urteils NMB u. a./Kommission, mit dem der Gerichtshof die Klage der NMB (Deutschland) GmbH, der NMB Italia Srl und der NMB (UK) Ltd als unbegründet abgewiesen hat, der Zulässigkeit der vorliegenden Klage entgegensteht. Nach gefestigter Rechtsprechung wäre dies nur dann der Fall, wenn die Klage, um die es im Urteil NMB u. a./Kommission ging, dieselben Parteien und denselben Gegenstand betraf und auf demselben Grund beruhte wie die vorliegende Klage (Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in den Rechtssachen 172/83 und 226/83, Hoogovens Gröp/Kommission, Slg. 1985, 2831, Randnr. 9, Beschluß des Gerichtshofes vom 1. April 1987 in den Rechtssachen 159/84, 267/84, 12/85 und 264/85, Ainsworth u. a./Kommission, Slg. 1987, 1579, Randnr. 3, Urteil des Gerichtshofes vom 22. September 1988 in den Rechtssachen 358/85 und 51/86, Frankreich/Parlament, Slg. 1988, 4821, Randnr. 12, und Urteil des Gerichts vom 8. März 1990 in der Rechtssache T-28/89, Maindiaux u. a./WSA, Slg. 1990, II-59, Randnr. 23), wobei diese Voraussetzungen zwangsläufig zugleich vorliegen müssen.

38 Die Klage in der Rechtssache NMB u. a./Kommission betraf die Nichtigerklärung der Entscheidungen 88/327/EWG, 88/328/EWG und 88/329/EWG (ABl. L 148, S. 26, 28 und 31), mit denen die Kommission Anträge auf Erstattung von Antidumpingzöllen in Höhe von etwa 2,9 Millionen ECU abgelehnt hatte, die 1985 und 1986 auf Einfuhren bestimmter Kugellager erhoben worden waren. Die vorliegende Klage betrifft gesonderte spätere Entscheidungen, in denen es um andere Mengen und Einfuhrzeiträume sowie um abweichende Erstattungsbeträge geht. Wie das Gericht schon in seinem Urteil Maindiaux u. a./WSA (a. a. O., Randnr. 23) ausgeführt hat, ist die Maßnahme, deren Aufhebung begehrt wird, ein wesentlicher Teil des Streitgegenstands. Da sich die vorliegende Klage gegen andere als diejenigen Maßnahmen richtet, um die es in der Rechtssache NMB u. a./Kommission ging, haben die beiden Klagen folglich nicht denselben Gegenstand. Somit steht die Rechtskraft des Urteils NMB u. a./Kommission der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht entgegen.

39 Selbst wenn die zur Stützung der vorliegenden Klage geltend gemachten Rügen in weitem Umfang mit den in der Rechtssache NMB u. a./Kommission vorgetragenen Rügen übereinstimmen, weisen sie doch deutliche Unterschiede auf. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß sich der rechtliche Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits seit der Verkündung des Urteils NMB u. a./Kommission sowohl in völkerrechtlicher als auch in gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht geändert hat: Zum einen haben die Verhandlungen im Rahmen der Uruguay-Runde 1992 zur Ausarbeitung des "Dunkel-Papiers" und des Entwurfs eines neuen Antidumpingkodex geführt, der inzwischen verabschiedet ist und in dessen Artikel 9.3.3. die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" eine gewisse Lockerung erfährt (siehe unten, Randnrn. 84 und 104). Zum anderen beruhen die mit der vorliegenden Klage angefochtenen Entscheidungen auf einer anderen Grundverordnung der Gemeinschaft ° der Verordnung Nr. 2423/88 ° als die Entscheidungen, die Gegenstand der Rechtssache NMB u. a./Kommission waren, in der es um die Verordnung Nr. 2176/84 ging; diese beiden Verordnungen unterscheiden sich in mehreren Punkten, insbesondere im Wortlaut der im Mittelpunkt des vorliegenden Rechtsstreits stehenden Bestimmung, die die Erstattung entrichteter Antidumpingzölle betrifft. Es gibt somit im vorliegenden Fall Gesichtspunkte, die es ausschließen, die vorliegende Klage als blosse Wiederholung der Klage in der Rechtssache NMB u. a./Kommission anzusehen.

40 Im übrigen gehörte die Klägerin NMB France nicht zu den Klägerinnen in der Rechtssache NMB u. a./Kommission vor dem Gerichtshof.

41 Folglich ist die vorliegende Klage in vollem Umfang zulässig, so daß das Gericht ihre Begründetheit zu prüfen hat. Dabei hat es sowohl das Urteil NMB u. a./Kommission als auch die mit der vorliegenden Klage aufgeworfenen neuen Fragen zu berücksichtigen (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 11. Mai 1983 in den Rechtssachen 311/81 und 30/82 sowie 136/82, Klöckner-Werke/Kommission, Slg. 1983, 1549 und 1599, Randnr. 5).

Zum Gegenstand der Klage

42 Die Klägerinnen haben im Lauf des Verfahrens in Beantwortung von Fragen des Gerichts mitgeteilt, daß die mit der Verordnung Nr. 2089/84 eingeführten Antidumpingzölle für die Erzeugnisse mit Ursprung in Singapur mit der Verordnung (EWG) Nr. 2553/93 des Rates vom 13. September 1993 zur Änderung der Verordnung Nr. 2089/84 (ABl. L 235, S. 3) aufgehoben worden seien, allerdings erst mit Wirkung vom 21. September 1990. Infolgedessen seien die von ihnen für die ab 21. September 1990 erfolgten Einfuhren von Kugellagern mit Ursprung in Singapur entrichteten Antidumpingzölle Ende 1993/Anfang 1994 vollständig zurückerstattet worden. Ihre Klage sei damit in bezug auf NMB France in vollem Umfang und ansonsten insoweit, als sie die Erstattungsanträge für die Einfuhren der drei übrigen Klägerinnen ab 21. September 1990 betreffe, gegenstandslos geworden.

43 Die Kommission hat bestätigt, daß die Klage in diesen Punkten gegenstandslos geworden sei.

44 Die Entscheidung 92/332, mit der die Kommission die von der Klägerin NMB France beantragte Erstattung teilweise abgelehnt hat, betrifft nur Einfuhren im Zeitraum von Oktober 1990 bis September 1991. Da sich die Klägerinnen und die Beklagte darüber einig sind, daß der Klägerin NMB France die für diesen Zeitraum entrichteten Antidumpingzölle in vollem Umfang einschließlich der Zölle erstattet worden sind, deren Erstattung in der Entscheidung 92/332 abgelehnt worden war, bleibt dem Gericht nur die Feststellung, daß die Klage gegenstandslos geworden ist, soweit sie von der Klägerin NMB France erhoben worden ist. Unter diesen Umständen ist die von dieser Klägerin erhobene Klage in der Hauptsache erledigt.

45 Aus dem Vorstehenden folgt, daß die Klage der drei anderen Klägerinnen neben NMB France ebenfalls gegenstandslos geworden ist, soweit sie sich ursprünglich auf die Nichterstattung der für Einfuhren während des Zeitraums vom 21. September 1990 bis September 1991 erhobenen Antidumpingzölle bezogen hat. Folglich ist die Klage, soweit sie sich auf diesen Zeitraum erstreckt, ebenfalls in der Hauptsache erledigt.

46 Somit betreffen die verbleibenden Anträge dieser drei Klägerinnen nur noch die Nichtigerklärung der Entscheidungen 92/333, 92/334 und 92/335, soweit darin die Erstattung der zwischen Januar 1987 und dem 20. September 1990 auf Einfuhren von Kugellagern mit Ursprung in Singapur erhobenen Antidumpingzölle abgelehnt wird.

Zur Begründetheit

Gegenstand und Tragweite der zur Stützung der Klage geltend gemachten Rügen

47 Die Klägerinnen haben in ihrer Klageschrift ausgeführt, daß sie sich in der vorliegenden Klage ° im Gegensatz zur Rechtssache NMB u. a./Kommission, wo sie sich u. a. darauf berufen hätten, daß die geltende Gemeinschaftsverordnung dahin auszulegen sei, daß die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" nicht für den Bereich der Erstattung gelte ° darauf beschränkten, auf der Grundlage von Artikel 184 EWG-Vertrag eine Einrede der Rechtswidrigkeit der Grundverordnung zu erheben, da sie gegen den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismässigkeit und das Diskriminierungsverbot sowie gegen den im Antidumpingkodex 1979 aufgestellten tragenden Grundsatz verstosse, daß die Antidumpingzölle die tatsächliche Dumpingspanne nicht überschreiten dürften.

48 Vor der näheren Darlegung dieser Rügen haben die Klägerinnen in der Einleitung ihrer Klageschrift den vorliegenden Rechtsstreit auf eine reine Grundsatzfrage beschränkt, da der Sachverhalt zwischen den Parteien unstreitig sei. Die Meinungsverschiedenheit betreffe nur eine einzige Rechtsfrage, und zwar die Rechtmässigkeit der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel". Insbesondere werde nicht geltend gemacht, daß die angefochtenen Entscheidungen Rechenfehler enthielten.

49 Um die Funktionsweise der streitigen Regel beurteilen zu können, hat das Gericht die Klägerinnen aufgefordert, konkrete Beispiele für die im Rahmen des Erstattungsverfahrens angewandte Berechnungsmethode vorzulegen. Die Klägerinnen sind dem nachgekommen, ohne dem Gericht jedoch sämtliche Zahlen vorzulegen, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidungen waren. In Beantwortung einer hierzu gestellten Frage des Gerichts haben sie in der Sitzung erklärt, daß es äusserst schwierig wäre, genaue Zahlen beizubringen und eine Gesamtübersicht zu geben. Da ab 1984 Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Kugellagern erhoben und seitdem etwa 25 Millionen dieser Erzeugnisse verkauft worden seien, würde die Vorlage genauer Zahlen einen immensen Aufwand bedeuten, weil diese Zahlen nicht Rechnung für Rechnung, sondern anhand von Zehntausenden von Computerausdrucken geprüft werden müssten. Auch die Kommission hat in der Sitzung auf die Kompliziertheit der Aufgabe und den Umfang der Berechnungen hingewiesen.

50 Zur Begründung der streitigen Entscheidungen haben die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme zum Sitzungsbericht und in der Sitzung ausgeführt, daß die in den angefochtenen Entscheidungen vorgenommene teilweise Erstattung der Antidumpingzölle auf dem Zusammenwirken der drei folgenden Gründe beruhe: einer Erhöhung ihrer Weiterverkaufspreise, einer Verringerung der ihr zwischen der Einfuhr und dem Weiterverkauf entstandenen Kosten sowie eines gesunkenen Normalwerts auf dem Inlandsmarkt von Singapur. Bei bestimmten Geschäften hätten sie sogar einen "double jump" vorgenommen; dies hat die Kommission in der Sitzung zugestanden. Aus den von den Klägerinnen gelieferten Zahlenbeispielen für die Erstattung geht ferner hervor, daß die gezahlten Antidumpingzölle tatsächlich nur insofern erstattet worden sind, als der "single jump" überschritten wurde, so daß eine Gesamterstattung der Antidumpingzölle nur bei einem vorherigen "double jump" erfolgt ist.

51 In der Klageschrift heisst es (siehe oben, Randnr. 48), daß die Klägerinnen dagegen die konkreten Auswirkungen aller streitigen Erstattungsvorgänge auf ihre wirtschaftliche und finanzielle Lage nicht detailliert dargelegt haben. Folglich haben die Klägerinnen ihre Klage allein auf die Frage der Rechtmässigkeit der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" und damit auf eine Rechtsfrage beschränkt, die sie dem Gericht unterbreitet haben, ohne die verschiedenen Berechnungsmethoden und ihre zahlenmässigen Ergebnisse, zu denen die Kommission in den angefochtenen Entscheidungen gekommen ist, zu beanstanden.

52 Das Gericht ist daher nicht in der Lage, im Rahmen seiner Rechtmässigkeitsprüfung die tatsächliche Auswirkung der streitigen "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" auf die Absatzmöglichkeiten, die Gewinnspannen und die allgemeine Wettbewerbslage der Klägerinnen zu beurteilen. Die Prüfung des Gerichts beschränkt sich deshalb auf die Behandlung einer reinen Rechtsfrage, die von den Klägerinnen aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang des vorliegenden Falles herausgelöst worden ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-51/89, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1990, II-309, Randnrn. 11 bis 13).

53 Der rechtliche Rahmen der Rechtmässigkeitsprüfung bei der vorliegenden Klage ergibt sich daraus, daß die in den angefochtenen Entscheidungen abgelehnten Erstattungsanträge bei der Kommission zwar teilweise während des Geltungszeitraums der Verordnung Nr. 2176/84 ° vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2423/88 am 5. August 1988 ° eingereicht wurden, daß aber im vorliegenden Fall nur die Rechtmässigkeit der letztgenannten Verordnung beanstandet wird, auch soweit es um die Erstattungsanträge geht, die den Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten betreffen. Diese Verordnung, in deren Artikel 18 Absatz 1 die Verordnung Nr. 2176/84 aufgehoben wird, findet nämlich gemäß Artikel 19 Absatz 2 "auf bereits eingeleitete Verfahren Anwendung"; dazu gehören die auf die Erstattung gezahlter Antidumpingzölle gerichteten Verfahren. Im übrigen beruhen die angefochtenen Entscheidungen, die die Kommission 1992 erlassen hat und die den Zeitraum ab Januar 1987 erfassen, allein auf der Verordnung Nr. 2423/88.

Zur Rüge des Verstosses gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit

Vorbringen der Parteien

54 Die Klägerinnen weisen darauf hin, daß mit der Antidumpingregelung der Gemeinschaft das Ziel verfolgt werde, Vorschriften und Verfahren vorzusehen, die den Erlaß von Maßnahmen zur Neutralisierung oder Verhinderung von Dumping ermöglichten. Die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" führe aber dazu, daß viel höhere Antidumpingzölle erhoben würden, als es zur Verwirklichung dieses Ziels erforderlich sei. Aus diesem Grund verstosse die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, mit dem nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 18. März 1980 in den Rechtssachen 26/79 und 86/79, Forges de Thy-Marcinelle et Monceau/Kommission, Slg. 1980, 1083, Randnr. 6) verhindert werden solle, daß die den Wirtschaftsteilnehmern auferlegten Belastungen das zur Erreichung der der Behörde gesteckten Ziele erforderliche Maß überstiegen.

55 Die Ausführungen der Kommission zur Rechtfertigung dieses Vorgehens, nach denen der verbundene Importeur als Urheber eines Dumpings allen Anlaß habe, seine Preise nicht zu erhöhen oder, wenn er dies tü, den Vorteil der Erstattung des Antidumpingzolls an seinen Kunden weiterzugeben, setzten zwangsläufig die Annahme voraus, daß ein verbundener Importeur, wenn er eine Erstattung erhalte, diese unweigerlich dem ersten Käufer zukommen lasse, was mit der Gewährung eines versteckten Rabatts auf den ursprünglichen Preis gleichzusetzen sei.

56 Zahlreiche Erzeugnisse, darunter auch die Kugellager, würden in einer Weise verkauft, die aufgrund der tausendfachen Umsatzvorgänge und der Ausstellung individueller Rechnungen die Weitergabe von Erstattungen an die Käufer in Form von Rabatten auf den ursprünglichen Verkaufspreis undurchführbar mache. Diese Schwierigkeit werde dadurch erhöht, daß im allgemeinen zwischen dem Verkauf an den Käufer und der Erlangung des Rabatts eine erhebliche Zeitspanne liege. Unter diesen Umständen sei es sinnlos, den Käufern Rabatte in Form einer eventuellen künftigen Erstattung anzubieten. Wenn solche Rabatte tatsächlich gewährt würden, seien sie eher als Rabatte anzusehen, die sich auf die zum Zeitpunkt ihrer Gewährung stattfindenden Verkäufe bezögen und nicht auf die ursprünglichen Verkäufe, die zu den mehrere Jahre zuvor gestellten Erstattungsanträgen geführt hätten.

57 In Beantwortung der vom Gericht getroffenen prozeßleitenden Maßnahmen haben die Klägerinnen ausgeführt, sowohl in der Grundverordnung, insbesondere in ihren Artikeln 13 Absatz 11 und 14, als auch in den nationalen Zollverfahren zur Aufdeckung und Bestrafung von Zollhinterziehung gebe es zahlreiche weniger strenge Verfahren, mit denen die Zahlung versteckter Erstattungen verhindert werden solle. Diese zur Lösung des Problems geeigneten Mittel könnten sehr wirkungsvoll sein: Die Zollhinterziehung sei eine Straftat, und die Kommission sei befugt, "Antiübernahmeuntersuchungen" gemäß Artikel 13 Absatz 11 der Grundverordnung sowie Überprüfungsverfahren gemäß den Artikeln 14 und 15 dieser Verordnung durchzuführen, und mache davon auch Gebrauch.

FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM: 694A0162.1

58 Insbesondere seien nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 3283/94 neue für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bedeutsame Umstände eingetreten. In der neuen Antidumpingverordnung der Gemeinschaft sei nämlich die bisherige Praxis aufgegeben worden, nach der die Gewährung einer vollständigen Erstattung der entrichteten Antidumpingzölle einen "double jump" vorausgesetzt habe. Diese Neuregelung, die die Gewährung vollständiger Erstattungen an verbundene Importeure ermögliche, die den Nachweis für einen "single jump" erbrächten, zeige, daß die zur Stützung der früheren Praxis der Kommission vorgetragenen Argumente nicht haltbar seien. Diese neue Verordnung bestätige somit, daß die früheren Befürchtungen der Kommission hinsichtlich versteckter Erstattungen übertrieben gewesen seien und daß die Kommission den Klägerinnen durch die Weigerung, die Zölle über den Fall des "double jump" hinaus zu erstatten, eine unverhältnismässige Belastung auferlegt habe. In der Sitzung haben die Klägerinnen hinzugefügt, Artikel 9.3.3. des neuen Antidumpingkodex 1994 zeige bereits für sich allein, daß die von der Kommission angewandte streitige Regel unverhältnismässig sei.

59 Die Kommission weist darauf hin, daß der Gerichtshof in der Rechtssache NMB u. a./Kommission den Grundsatz der Verhältnismässigkeit in Randnummer 51 der Urteilsgründe ausdrücklich angesprochen und das auf diesen Grundsatz gestützte Vorbringen zurückgewiesen habe. Dabei habe er ausgeführt, daß der Klagegrund der Unverhältnismässigkeit nicht stichhaltig sei, da die streitige Regel keine über die tatsächliche Dumpingspanne hinausgehende Preisanhebung verlange. Die in der Rechtssache NMB u. a./Kommission vor dem Gerichtshof geäusserte Befürchtung, der verbundene Importeur könnte die erstatteten Antidumpingzölle durch versteckte Rabatte an seine Kunden weitergeben (vgl. den Sitzungsbericht, Slg. 1992, I-1691, I-1699), hat die Kommission in ihrer Klagebeantwortung nicht wiederholt.

60 In ihren Antworten vom 17. Februar 1995 auf die Fragen des Gerichts (S. 8) hat die Kommission erklärt, sie halte nicht mehr daran fest, daß die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" gerechtfertigt sei, um der Gefahr versteckter Rabatte der verbundenen Importeure an ihre Kunden nach der Erstattung der Antidumpingzölle zu begegnen. Nach diesen Antworten stützt sie "ihre Rechtfertigung [der streitigen Regel] nicht darauf, ob die erstatteten Antidumpingzölle tatsächlich an Kunden weitergegeben werden und ob 'verstecktes Dumping' erfolgt". Es sei daher unerheblich, ob dies geschehe oder ob es in einem bestimmten Fall durchführbar sei. In der Sitzung hat die Kommission hinzugefügt, daß die Rechtfertigung der streitigen Regel nicht auf der Vermutung eines Betrugs oder eines unredlichen Verhaltens der Klägerinnen beruhen dürfe.

61 Statt sich auf eine Betrugsgefahr zu berufen, hat die Kommission die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" in der Sitzung mit folgenden Erwägungen begründet: Die Einführung der Antidumpingzölle diene zur umfassenden und dauerhaften Korrektur des Dumpingverhaltens auf dem Markt, genauer gesagt zur Beeinflussung des Marktpreises und zur Beseitigung jeder Schädigung der Gemeinschaftsindustrie. Solange die Antidumpingzölle ihre Aufgabe aber in Sachlagen erfuellten, in denen das ursprüngliche Dumping auf dem Markt nicht verschwunden sei (also in den Fällen eines "single jump"), müssten sie in Kraft bleiben. Die Erstattung der gezahlten Zölle könne nur dann erfolgen, wenn sich die Marktlage (durch einen "double jump") entscheidend geändert habe.

62 Ferner sei zu prüfen, ob der mit dem Exporteur verbundene Importeur einen dem Normalwert entsprechenden Preis erhalte; dies sei nicht der Fall, wenn der verbundene Importeur den Weiterverkaufspreis anhebe, um das Dumping zu beseitigen ("single jump") und zugleich denselben Betrag als Antidumpingzoll zahle. In diesem Fall habe sich nämlich an der zuvor bestehenden Dumpingsituation nichts geändert; wenn der verbundene Importeur schon in diesem Stadium eine Erstattung der gezahlten Zölle erhalten würde, würde er einen ungerechtfertigten Gewinn erzielen. Nur durch eine nochmalige Erhöhung dieses Preises um denselben Betrag ("double jump") erziele der mit dem Exporteur verbundene Importeur einen mit dem Normalwert identischen Preis.

63 Die Kommission hat sodann mit Unterstützung der FEBMA die Ansicht vertreten, daß die Artikel 13 Absatz 11 und 14 der Grundverordnung für die vorliegende Rechtssache belanglos seien, da mit ihnen andere Ziele verfolgt würden als mit den Bestimmungen über die Erstattung. Diese Artikel sollten nämlich die ständige Anpassung der Antidumpingmaßnahmen an Änderungen der Sachlage nach ihrem Erlaß ermöglichen, während die Erstattungsverfahren nur die Vergangenheit betreffen könnten und einen anderen Zweck hätten.

64 Zur Annahme von Verpflichtungen gemäß Artikel 10 der Grundverordnung als einer weniger belastenden Methode hat die Kommission ausgeführt, eine mit Sanktionen bewehrte Verpflichtung, künftig kein Dumping vorzunehmen, sei für die Exporteure und die mit ihnen verbundenen Importeure stets weniger belastend als die Verhängung von Antidumpingzöllen. Diese Lösung sei jedoch mit Billigung des Gerichtshofes im Gemeinschaftsrecht nicht gewählt worden, um dem Dumping abzuhelfen (Urteile des Gerichtshofes vom 14. März 1990 in den Rechtssachen C-133/87 und C-150/87, Nashua Corporation u. a./Kommission und Rat, Slg. 1990, I-719, Randnr. 45, und in der Rechtssache C-156/87, Gestetner Holdings/Rat und Kommission, Slg. 1990, I-781, Randnr. 70).

65 Zur neuen Antidumpingverordnung Nr. 3283/94 hat die Kommission ausgeführt, die Klägerinnen hätten Unrecht mit ihrer Behauptung, daß in dieser Verordnung die bisherige Praxis, nach der eine vollständige Erstattung einen "double jump" voraussetze, aufgegeben worden sei. In der neuen Verordnung würden statt dessen nur einige genauere Regeln für diesen Bereich aufgestellt, und sie sehe vor, daß der "double jump" unter bestimmten Umständen nicht erforderlich sei. Falsch sei überdies die Auffassung der Klägerinnen, wonach eine Umgestaltung der Rechtsvorschriften zeige, daß die früheren Bestimmungen nicht unabdingbar und damit überzogen gewesen seien.

66 Schließlich seien die neuen GATT-Vorschriften für die Beantwortung der Frage, ob die streitige frühere Regel unverhältnismässig gewesen sei, ohne Belang. Der neue Antidumpingkodex sei nämlich wesentlich umfangreicher als der vorherige und enthalte eine Reihe neuer eingehenderer Vorschriften. Es sei aber eine unzulässige Annahme, daß bei jeder Änderung durch den Gesetzgeber die früheren Vorschriften wegen ihrer Unverhältnismässigkeit ungültig würden.

67 Zu der von der Kommission zuletzt vorgetragenen Rechtfertigung (siehe oben, Randnrn. 61 und 62) haben die Klägerinnen in der Sitzung ausgeführt, Ziel der Antidumpingzölle sei nicht die Bestrafung, sondern die Korrektur eines Marktverhaltens. Diese Zölle stellten keine endgültige Geldbusse dar, sondern einen neutralen Korrekturfaktor, der erstattet werden müsse, wenn das Dumping beseitigt worden sei. Es sei daher nicht gerechtfertigt, daß die Gemeinschaft Geld behalte, das nach der Beseitigung der Dumpingspanne an die verbundenen Importeure hätte ausgezahlt werden müssen. Bei der Verhältnismässigkeit seien die berechtigten Ziele der geltenden Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Das Ziel, zu dessen Verfolgung die Kommission berechtigt sei, bestehe aber darin, sicherzustellen, daß die Preise in der Gemeinschaft nach Maßgabe der Dumpingspanne stiegen und daß die Wirksamkeit dieser Schutzmaßnahme nicht mit Betrugsmanövern durchkreuzt werde. Jede Maßnahme, die über die Prüfung hinausgehe, ob das Dumping wirklich beseitigt worden sei, sei unverhältnismässig.

68 In Beantwortung der vom Gericht getroffenen prozeßleitenden Maßnahmen hat die FEBMA mitgeteilt, daß die zum Minebea-Konzern gehörenden Gesellschaften einschließlich der Klägerinnen bei einigen Kugellagertypen die Antidumpingmaßnahmen praktisch ausgeschaltet hätten, da die verhängten Zölle nicht auf die Verkaufspreise abgewälzt worden seien und sich an der Unterbietung der Preise auf dem Gemeinschaftsmarkt nichts geändert habe. Dies zeige, daß das Erfordernis des "double jump" die Klägerinnen nicht wirklich beeinträchtige.

Würdigung durch das Gericht

° Zu den Grenzen der Überprüfung des Ermessens des Rates durch den Gemeinschaftsrichter

69 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen in Artikel 3b Absatz 3 EG-Vertrag verankert worden ist, gehörte nach ständiger Rechtsprechung bereits zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Nach diesem allgemeinen Grundsatz setzt die Rechtmässigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, daß die gewählten Mittel zur Erreichung des mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Zieles geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist (vgl. zuletzt Urteile des Gerichtshofes vom 9. November 1995 in der Rechtssache C-426/93, Deutschland/Rat, Slg. 1995, I-3723, Randnr. 42, und des Gerichts vom 13. Juli 1995 in den Rechtssachen T-466/93, T-469/93, T-473/93, T-474/93 und T-477/93, O' Dwyer u. a./Rat, Slg. 1995, II-2071, Randnr. 107).

70 Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung ist jedoch eine erlassene Maßnahme in einem Bereich, in dem der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm der Vertrag zuweist, nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Zieles, mit dessen Verfolgung das zuständige Organ betraut ist, "offensichtlich ungeeignet" ist (vgl. für den Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93, Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973, Randnrn. 90 und 91, und Urteil O' Dwyer/Rat, a. a. O., Randnr. 107).

71 Die Grundverordnung zum Schutz gegen Dumping ist vom Rat auf der Grundlage von Artikel 113 EWG-Vertrag erlassen worden, also im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 18. September 1995 in der Rechtssache T-167/94 (Nölle/Rat und Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 85) ausgeführt hat, ist die gemeinsame Handelspolitik durch ein für ihre Durchführung unerläßliches weites Ermessen des Gemeinschaftsgesetzgebers gekennzeichnet. Dieses Ermessen umfasst zwangsläufig den Erlaß und die Umgestaltung der hier in Rede stehenden Grundverordnung. Der Rat, der (in den durch den Antidumpingkodex gezogenen Grenzen, siehe unten, Randnrn. 99 ff.) zwischen verschiedenen Möglichkeiten zur Verwirklichung des Schutzes gegen Dumping zu entscheiden hat, muß nämlich bei der Ausarbeitung dieser Verordnung einen Ausgleich zwischen divergierenden Interessen vornehmen.

72 Dabei entspricht das weite Ermessen, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber in diesem Bereich verfügt, dem Ermessen, das den Gemeinschaftsorganen nach ständiger Rechtsprechung zuerkannt wird, wenn sie in Anwendung der Grundverordnungen konkrete Schutzmaßnahmen gegen Dumping treffen (vgl. z. B. Urteile des Gerichtshofes vom 4. Oktober 1983 in der Rechtssache 191/82, FEDIOL/Kommission, Slg. 1983, 2913, Randnr. 30, vom 20. März 1985 in der Rechtssache 264/82, Timex/Rat und Kommission, Slg. 1985, 849, Randnr. 16, vom 14. März 1990 in der Rechtssache Gestetner Holdings/Rat und Kommission, a. a. O., Randnr. 63, und vom 10. März 1992 in der Rechtssache C-179/87, Sharp Corporation/Rat, Slg. 1992, I-1635, Randnr. 58, und Urteil des Gerichts vom 2. Mai 1995 in den Rechtssachen T-163/94 und T-165/94, NTN Corporation und Koyo Seiko/Rat, Slg. 1995, II-1381, Randnrn. 70 und 113). Der Gerichtshof hat insbesondere entschieden, daß die Wahl zwischen den verschiedenen in einer Grundverordnung genannten Berechnungsmethoden die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte voraussetzt, was die Überprüfung einer solchen Beurteilung durch den Gemeinschaftsrichter in gleicher Weise einschränkt (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1987 in der Rechtssache 255/84, Nachi Fujikoshi/Rat, Slg. 1987, 1861, Randnr. 21).

73 Folglich muß sich die Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter im Bereich des Schutzes gegen Dumpingmaßnahmen auf die Frage beschränken, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Maßnahmen, im vorliegenden Fall die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel", zur Erreichung des verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignet sind.

° Zur Verhältnismässigkeit der streitigen Rege

74 Im vorliegenden Fall beruht die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit auf zwei Argumenten. Die Klägerinnen haben zunächst geltend gemacht, daß die streitige Regel als solche überzogen sei. Sie haben sich sodann auf die grössere Flexibilität der nachfolgenden Bestimmungen des Gemeinschafts- und des Völkerrechts (von 1994) berufen, um den überzogenen Charakter der streitigen Regel darzulegen. Daher sind diese beiden Argumentationsstränge zu prüfen.

75 Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat die streitige "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" in Artikel 16 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 8 der Grundverordnung ausdrücklich auf die Erstattung entrichteter Antidumpingzölle für anwendbar erklärt. Damit hat er gegenüber Artikel 16 der vorangegangenen Verordnung Nr. 2176/84 eine Klarstellung vorgenommen, die mit der Auslegung der letztgenannten Bestimmung im Urteil NMB u. a./Kommission in Einklang steht. Die streitige Regel hat deshalb zur Folge, daß der verbundene Importeur nur dann Anspruch auf die vollständige Erstattung der entrichteten Antidumpingzölle hat, wenn er das ursprüngliche Dumping beseitigt, das zur Verhängung der Antidumpingzölle geführt hat, und wenn er die Zölle abwälzt, wobei diese Beseitigung und diese Abwälzung in Form einer Herabsetzung des Normalwerts, einer Erhöhung der Verkaufspreise in der Gemeinschaft, einer Verringerung der Vermarktungskosten in der Gemeinschaft oder einer Kombination dieser drei Elemente erfolgt sein müssen.

76 Zweck dieses Systems von Schutzmaßnahmen gegen Dumping ist es generell, die Gemeinschaftswirtschaft vor den negativen Auswirkungen des Dumpings zu schützen. In diesem Zusammenhang wird mit den Bestimmungen über die Erstattung entrichteter Antidumpingzölle das spezielle Ziel verfolgt, für die Rückzahlung dieser Zölle zu sorgen, soweit sie die tatsächliche Dumpingspanne überschritten haben, weil der Gemeinschaftswirtschaft sonst insoweit ein über das tatsächlich praktizierte Dumping hinausgehender Schutz gewährt würde.

77 Dabei hat die Kommission im Verfahren vor dem Gericht das ° von ihr in der Rechtssache NMB u. a./Kommission vor dem Gerichtshof vorgebrachte ° Argument, die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" sei erforderlich, um Mißbräuche durch den verbundenen Importeur in Form der Weiterleitung des Vorteils der Erstattung des Antidumpingzolls als "versteckte Rabatte" an seine Kunden zu verhindern, ausdrücklich aufgegeben. Folglich braucht dieses Argument nicht mehr geprüft zu werden.

78 Nach den von der Kommission vor dem Gericht abgegebenen Erläuterungen macht die streitige Regel als Instrument zur Berechnung der tatsächlichen Dumpingspanne die Erstattung der vom verbundenen Importeur gezahlten Antidumpingzölle jedoch deshalb von einem vorherigen "double jump" abhängig, weil die Beschränkung auf einen blossen "single jump" kein hinreichend wirksames Mittel darstellt, so weit wie möglich zu erreichen, daß das Dumpingverhalten, das der Exporteur und der mit ihm verbundene Importeur gezeigt haben, umfassend und dauerhaft aufgegeben wird, und weil nur ein "double jump" zu einer entscheidenden Änderung des Marktverhaltens führt.

79 Zu prüfen ist, ob die streitige Regel zur Erreichung der genannten Ziele "offensichtlich ungeeignet" im Sinne der obigen Rechtsprechung (siehe Randnr. 70) ist. Dabei ist zu beachten, daß die Antidumpingzölle, die an die Einfuhr anknüpfen, den Importeur treffen und somit seine Einfuhrkosten erhöhen. Hieraus folgt, daß die Dumpingspanne nicht nur gleich bleibt, sondern sich aufgrund des Auffangens der verhängten Zölle sogar erhöht, wenn die ursprünglich festgestellte Dumpingspanne nach der Verhängung dieser Zölle weder verschwindet noch sich auch nur verringert, wenn sich also am Verhalten des verbundenen Importeurs und seines gesamten Konzerns nichts ändert, weil der verhängte Antidumpingzoll innerhalb des Konzerns aufgefangen wird. Diese Erwägung, die der Generalanwalt nur hinsichtlich der Überprüfungsverfahren gemäß Artikel 14 der Grundverordnung angestellt hat (Schlussanträge NMB u. a./Kommission, a. a. O., I-1713 f., insbesondere Funßnote 4), treffen auch auf die Erstattungsverfahren gemäß Artikel 16 der Verordnung zu. Es geht nämlich, wie der Gerichtshof im Urteil NMB u. a./Kommission (Randnrn. 32 und 33) entschieden hat, in beiden Fällen darum, den Fortbestand einer tatsächlichen Dumpingspanne festzustellen, und im Verfahren vor dem Gericht ist nichts dafür vorgetragen worden, daß diese Feststellung mittels anderer Berechnungsweisen getroffen werden müsste.

80 Damit liegt es, wenn der verbundene Importeur nach der Verhängung der Antidumpingzölle einen ersten Schritt tut und nur die ursprüngliche Dumpingspanne beseitigt ("single jump"), nicht auf der Hand, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber als Konsequenz die vollständige Erstattung dieser Zölle vorsehen muß. Die Tatsache, daß der verbundene Importeur durch einen "single jump" eine Erhöhung des ursprünglichen Dumpings vermeidet, bedeutet nämlich noch nicht, daß er sein Marktverhalten wirklich entscheidend geändert hätte. Aus diesem Grund ist es nicht zwingend geboten, ihm eine Erstattung zu gewähren.

81 Überdies ist unstreitig, daß der "double jump" dem Dumping ein Ende setzt: Zumindest dann, wenn der verbundene Importeur den zweifachen Betrag der gezahlten Antidumpingzölle auf die Weiterverkaufspreise abwälzt oder wenn der Normalwert (im Ausfuhr- oder Ursprungsland) um den einem "double jump" entsprechenden Betrag sinkt, ist das Dumping verschwunden. Damit ist es keine offensichtlich ungeeignete Maßnahme, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber die Erstattung der Antidumpingzölle nur für die Fälle eines "double jump" vorgesehen hat, in denen die Verweigerung einer Erstattung tatsächlich unverhältnismässig wäre.

82 Nach alledem stellt sich die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" bei der vorliegenden, auf reine Rechtsfragen beschränkten Prüfung als ein Instrument dar, das auf sachgerechten Gründen beruht. Das Gericht kann daher nicht feststellen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber beim Erlaß dieser Regel die Grenzen seines Ermessens überschritten hätte. Die streitige Regel kann folglich nicht als Maßnahme angesehen werden, die "offensichtlich ungeeignet" wäre, um der Gemeinschaftswirtschaft einen angemessenen Schutz vor Dumpingmaßnahmen zu bieten.

83 Zwar lässt sich nicht ausschließen, daß andere weniger belastende Mittel als die streitige Regel in Betracht gekommen wären ° was die Klägerinnen behaupten und die Beklagte und die Streithelferin bestreiten. Das Gericht kann die vom Rat vorgenommene Beurteilung der Angemessenheit dieser vom Gemeinschaftsgesetzgeber gesetzten Regel jedoch nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen, da nicht nachgewiesen ist, daß diese Regel zur Verwirklichung des verfolgten Zieles "offensichtlich ungeeignet" ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache Deutschland/Rat, a. a. O., Randnrn. 93 bis 95).

84 Während des Verfahrens vor dem Gericht wurden sowohl auf der Ebene des GATT als auch auf Gemeinschaftsebene neue Bestimmungen erlassen. Die Klägerinnen berufen sich auf Artikel 11 Absatz 10 der Verordnung Nr. 3283/94 und Artikel 9.3.3. des Antidumpingkodex 1994, wobei sie geltend machen, die Unverhältnismässigkeit der streitigen Regel zeige sich darin, daß sie in diesen neuen Bestimmungen aufgegeben worden sei. Da jedoch nicht nachgewiesen ist, daß diese Regel offensichtlich ungeeignet ist, können die neuen Bestimmungen, auf die sich die Klägerinnen berufen, nur als andere Möglichkeiten angesehen werden, für die sich der Gemeinschaftsgesetzgeber zweifellos hätte entscheiden können, ohne daß das Gericht deswegen feststellen könnte, daß der Rat 1988 verpflichtet gewesen wäre, ähnliche, für die Klägerinnen günstigere Bestimmungen als die streitige Regel zu erlassen. Dem auf die neuen gemeinschafts- und völkerrechtlichen Bestimmungen gestützten Argument kann daher nicht gefolgt werden.

85 Im übrigen könnte die Prüfung durch das Gericht auch dann zu keinem anderen Ergebnis führen, wenn die gerichtliche Nachprüfung nicht auf die offensichtlich mangelnde Eignung der streitigen Regel beschränkt wäre. Da die Klägerinnen ihre Rüge auf eine reine Rechtsfrage reduziert haben (siehe oben, Randnr. 51), ist das Gericht nicht in der Lage, in seine Prüfung die wirtschaftlichen Gegebenheiten einzubeziehen, in deren Rahmen die streitige Regel angewandt wurde.

86 Nach alledem kann das Gericht nicht feststellen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber durch den Erlaß der streitigen Regel die Grenzen seines Ermessens überschritten und damit den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt hat. Die Rüge des Verstosses gegen diesen Grundsatz ist deshalb zurückzuweisen.

Zur Rüge des Verstosses gegen den Antidumpingkodex 1979

Vorbringen der Parteien

87 Die Klägerinnen sind der Ansicht, daß das Gericht die Rechtswidrigkeit der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" feststellen müsse; diese verstosse gegen Artikel 2 Absatz 6 des Antidumpingkodex 1979, weil die Antidumpingzölle keine zwischen Einfuhr und Weiterverkauf entstandenen Kosten, einschließlich Zöllen und Steuern, darstellten. Die Anwendung dieser Regel führe zur Feststellung einer Dumpingspanne, die in Wirklichkeit nicht vorliege; die Gemeinschaft sei aber nach einem tragenden Grundsatz des Antidumpingkodex verpflichtet, Antidumpingzölle nur in Höhe des Betrages zu erheben, der zum Ausgleich oder zur Verhinderung eines Dumpings erforderlich sei, und gezahlte Zölle zu erstatten, wenn ihr Betrag die tatsächliche Dumpingspanne überschreite. Eine solche Erstattung sei definitionsgemäß erforderlich, wenn die Zölle die gewünschte Wirkung hätten, d. h. dafür sorgten, daß das Dumping durch Anhebungen der Verkaufspreise bei der Ausfuhr oder durch sonstige Änderungen an den Berechnungsfaktoren des Dumpings beendet werde. Die Weigerung, die erforderlichen Erstattungen zu gewähren, damit sichergestellt sei, daß der Betrag des erhobenen Antidumpingzolls die tatsächliche Dumpingspanne nicht überschreite, sei folglich rechtswidrig.

88 Die Klägerinnen stellen in Abrede, daß der entrichtete Antidumpingzoll wie die Einfuhrzölle als Kostenfaktor im Rahmen der Kosten des verbundenen Importeurs angesehen werden könne. Selbst der endgültige Antidumpingzoll sei nämlich seinem Wesen nach ein vorläufiger Zoll, der das voraussichtliche Dumping in etwa ausgleichen solle, wobei diese Schätzung auf Feststellungen zum Dumping beruhe, die während des ursprünglichen Untersuchungszeitraums (1984 im Fall des NMB-Konzerns) getroffen worden seien. Das Erstattungsverfahren solle zur endgültigen Festlegung der tatsächlichen Dumpingspanne bei den Einfuhren, die Gegenstand des Erstattungsantrags seien, und damit des Zolls führen, der auf diese Einfuhren konkret erhoben werden dürfe. In einem solchen System könne der vorläufige, geschätzte Zoll selbst keinen Gesichtspunkt darstellen, der zu einer höheren tatsächlichen Dumpingspanne führe. Es wäre genauso absurd, wenn eine Vorauszahlung auf eine Steuerschuld, deren endgültige Höhe erst später festgelegt werde, als Gesichtspunkt für eine Erhöhung der endgültigen Steuerschuld herangezogen werden könnte.

89 Die Einschätzung, daß die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" gegen die Verpflichtungen der Gemeinschaft aus dem Antidumpingkodex verstosse, werde durch eine Prüfung der Praxis bei den Handelspartnern der Gemeinschaft bestätigt. Damit solle nicht etwa angedeutet werden, daß sich die Gemeinschaft der Praxis oder den Vorschriften ihrer Handelspartner anschließen müsse. Aus deren Studium könnten sich jedoch nützliche Hinweise ergeben. So führten die erhobenen Antidumpingzölle nach den Antidumpingregelungen der Vereinigten Staaten, Australiens und Kanadas nicht zu einer Erhöhung der tatsächlichen Dumpingspanne. Um diese Zölle erstattet zu bekommen, reiche es daher aus, den Weiterverkaufspreis lediglich so anzuheben, daß das Dumping beseitigt werde. Darüber hinaus habe der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen NMB u. a./Kommission (a. a. O., I-1709) ausgeführt, daß die abweichende Praxis der Handelspartner der Gemeinschaft ein Faktor sei, der bei der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften berücksichtigt werden müsse und der bestätige, daß die von der Kommission getroffene Regelung nicht in sich notwendig und zwingend sei.

90 Die Klägerinnen stützen sich ferner auf das "Dunkel-Papier", dessen Artikel 9.3.3. die zuständigen Behörden verpflichtet, "alle Veränderungen des Weiterverkaufspreises, die sich in den späteren Weiterverkaufspreisen ordnungsgemäß widerspiegeln", zu berücksichtigen und dann "den Ausfuhrpreis ohne jeden Abzug der als Antidumpingzölle gezahlten Beträge [zu] berechnen, wenn schlüssige Beweise für das Vorstehende geliefert werden". Diese Vorschrift lasse den Abzug des Antidumpingzolls als Kostenfaktor offensichtlich nicht zu. Die Bezugnahme auf die Veränderungen des Weiterverkaufspreises der Kunden der verbundenen Importeure sei damit zu erklären, daß die Vermutung naheliege, daß ein versteckter Rabatt gezahlt worden sei, wenn dieser Preis nicht steige, obwohl der vom verbundenen Importeur nach aussen hin geforderte Preis gestiegen sei.

91 In Beantwortung der vom Gericht getroffenen prozeßleitenden Maßnahmen haben die Klägerinnen eingeräumt, daß Artikel 2 Absätze 5 und 6 des Antidumpingkodex für sich genommen und bei rein sprachlicher Auslegung die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" nicht ausschlössen. Sie haben jedoch betont, daß der Kodex bei unvoreingenommener Betrachtung unter Berücksichtigung des Aufbaus seiner Erstattungsbestimmungen den Schluß zulasse, daß die streitige Regel mit dem Kodex unvereinbar sei.

92 Zudem zeige der Wortlaut des neuen Antidumpingkodex 1994, daß die Behandlung des Antidumpingzolls als Kostenfaktor nicht zwingend sei. Der neue Kodex zeige insbesondere, daß im Rahmen der Auslegung des alten Artikels 2 Absätze 5 und 6 die Antidumpingzölle nicht zu den bei der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises zwingend vorzunehmenden Berichtigungen gehörten.

93 In der Sitzung haben die Klägerinnen erklärt, schon die Bestimmungen des Antidumpingkodex 1979 seien insofern klar und einfach, als die erhobenen Antidumpingzölle, die die tatsächliche Dumpingspanne überschritten, so rasch wie möglich zu erstatten seien (Artikel 8 Absatz 3). In bezug auf den neuen Antidumpingkodex 1994 haben sie ausgeführt, in dessen Artikel 9.3.3. sei die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" aufgegeben worden. Diese neue Bestimmung sei während der Verhandlungen einer der umstrittensten Punkte gewesen; sie stelle einen in letzter Minute gefundenen Kompromiß dar. Die Gemeinschaft habe in diesem Punkt bei den Verhandlungen allein gestanden. Es gebe nämlich keine andere Vertragspartei, die die "double-jump"-Theorie anwende.

94 Die Kommission weist darauf hin, daß sich die Klägerinnen auf sämtliche von ihnen vorgetragenen Argumente schon in der Rechtssache NMB u. a./Kommission berufen hätten. In seinem Urteil in dieser Rechtssache habe der Gerichtshof all diese Argumente in dem für seine Entscheidung erforderlichen Maß geprüft und sei zu zutreffenden Ergebnissen gelangt. In Randnummer 17 dieses Urteils habe der Gerichtshof wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens ausdrücklich auf den Sitzungsbericht verwiesen. Das Vorbringen der Klägerinnen sei in dem dem Urteil beigefügten Sitzungsbericht ordnungsgemäß zusammengefasst worden; dies zeige, daß es vom Gerichtshof in vollem Umfang berücksichtigt worden sei. Daher nehme sie auf die vom Gerichtshof im fraglichen Urteil angestellten Erwägungen Bezug.

95 Da das von den Klägerinnen angesprochene "Grundprinzip", daß der Antidumpingzoll die tatsächliche Dumpingspanne nicht überschreiten dürfe und ein überschießender Betrag zurückgezahlt werden müsse, von niemand in Abrede gestellt werde, sei es nicht verwunderlich, daß der Gerichtshof darauf nicht ausdrücklich eingegangen sei. Die wirkliche Frage, mit der sich der Gerichtshof habe beschäftigen müssen, sei die Frage nach der Berechnung der "tatsächlichen Dumpingspanne" gewesen, die der Antidumpingzoll nicht überschreiten dürfe. Diese Frage sei in den Randnummern 36 bis 40 und 46 bis 58 des fraglichen Urteils geprüft worden. In Wirklichkeit machten die Klägerinnen geltend, daß die "tatsächliche Dumpingspanne" eine andere sein müsse, als sie in Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe b Ziffer ii der Grundverordnung vorgesehen sei.

96 Schließlich sei die Bezugnahme der Klägerinnen auf die Praxis der Handelspartner der Gemeinschaft im vorliegenden Fall ohne Belang. Es sei zwar richtig, daß drei der Handelspartner der Gemeinschaft Antidumpingregelungen hätten, die die Klägerinnen als weniger streng für die verbundenen Importeure ansähen als die Gemeinschaftsregelung, jedoch gestalteten die Unterschiede zwischen der Funktionsweise dieser drei Antidumpingregelungen den Vergleich schwierig. Die Handelspartner der Gemeinschaft hätten im übrigen anerkannt, daß die Heranziehung der von den Klägerinnen befürworteten Formel zu untragbaren Schwierigkeiten bei der Anwendung der Antidumpingvorschriften führen würde. Daher sei im "Dunkel-Papier" die Aufnahme einer Vorschrift in den neuen Antidumpingkodex vorgesehen, die unter bestimmten Umständen bei der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises ausdrücklich den Abzug der von den verbundenen Importeuren gezahlten Antidumpingzölle vorsehe.

97 In der Sitzung hat die Kommission erklärt, Artikel 9.3.3. des neuen Antidumpingkodex 1994 lockere zwar das Erfordernis eines "double jump", bestätige aber die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel". Diese neue Vorschrift sei nämlich nicht in den allgemeinen Bestimmungen über die Berechnung der Dumpingspanne und die rechnerische Ermittlung des Ausfuhrpreises enthalten, sondern stelle eine Ausnahmevorschrift im Bereich der Erstattung dar. Die allgemeinen Bestimmungen über die rechnerische Ermittlung des Ausfuhrpreises in Artikel 2.4. des neuen Kodex hätten sich gegenüber dem alten Kodex von 1979 nicht geändert. Folglich zeige schon das Vorhandensein von Artikel 9.3.3., daß die Antidumpingzölle zu den in Artikel 2.4. genannten Zöllen gehörten, denn sonst wäre Artikel 9.3.3. überfluessig. Im übrigen seien sich alle Vertragsparteien des neuen Antidumpingkodex in diesem Punkt einig.

98 Die Streithelferin FEBMA weist darauf hin, daß der Gerichtshof in seinem Urteil NMB u. a./Kommission ausgeführt habe, daß die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" nicht mit dem Antidumpingkodex unvereinbar sei. In diesem Kodex werde der Grundsatz aufgestellt, daß zwischen Einfuhr und Weiterverkauf entstandene Kosten, einschließlich Antidumpingzölle und Steuern, berücksichtigt werden müssten. Die Klägerinnen trügen gegen diese Entscheidung kein neues rechtliches Argument vor.

Würdigung durch das Gericht

99 Nach Randnummer 31 des Urteils des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-69/89 (Nakajima/Rat, Slg. 1991, I-2069) kann ein Verstoß gegen den Antidumpingkodex 1979 im Rahmen der Prüfung der Rechtmässigkeit der gemeinschaftlichen Grundverordnung geltend gemacht werden.

100 Die von den Klägerinnen angegriffene gemeinschaftliche Erstattungsregelung stimmt im wesentlichen mit der früheren Regelung überein, die Gegenstand des Urteils NMB u. a./Kommission war. In Artikel 16 der Verordnung Nr. 2423/88 wurde nämlich durch den ausdrücklichen Verweis auf die streitige "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" nur eine Klarstellung gegenüber Artikel 16 der Verordnung Nr. 2176/84 vorgenommen, die im übrigen mit der Auslegung dieser Bestimmung durch den Gerichtshof im fraglichen Urteil in Einklang steht.

101 Wie der Gerichtshof in diesem Urteil entschieden hat (Randnrn. 46 und 47), besteht der einzige Unterschied bei der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises zwischen der einschlägigen Gemeinschaftsverordnung und dem ° hier ebenfalls in Rede stehenden ° GATT-Antidumpingkodex 1979 darin, daß der Kodex lediglich den Grundsatz aufstellt, daß zwischen Einfuhr und Weiterverkauf entstandene Kosten "einschließlich Zölle und Steuern" gebührend berücksichtigt werden, während die Gemeinschaftsverordnung bestimmte bei der Berichtigung zu berücksichtigende Zölle und andere Kosten, darunter insbesondere die Antidumpingzölle, im einzelnen angibt. Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, daß zwischen der Gemeinschaftsverordnung und dem Antidumpingkodex kein Widerspruch besteht.

102 Der Wortlaut des Antidumpingkodex 1979 ist insofern eindeutig, als nach Artikel 8 Absatz 3 der Betrag des Antidumpingzolls die Dumpingspanne nicht überschreiten darf und der diese Spanne überschreitende Zoll so rasch wie möglich zurückzuerstatten ist. Weniger klar ist die Regelung über die zur Festlegung der tatsächlichen Dumpingspanne erforderliche rechnerische Ermittlung des Ausfuhrpreises. Insbesondere behandeln die Artikel 2 Absätze 5 und 6 und 8 Absatz 3 weder ausdrücklich noch stillschweigend die Frage der Zulässigkeit der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel".

103 Folglich haben die Vertragsparteien des GATT diese spezielle, ihnen bekannte Problematik im Antidumpingkodex nicht geregelt. Der Kodex ist daher auch in diesem Punkt durch grosse Flexibilität gekennzeichnet. Er kann deshalb nicht dahin ausgelegt werden, daß er eine besondere Verpflichtung der Gemeinschaft enthält (Urteil vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat, a. a. O., Randnr. 111), bei seiner Durchführung keine "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" zu schaffen (vgl. auch Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1988 in der Rechtssache 187/85, FEDIOL/Kommission, Slg. 1988, 4155, Randnr. 12). Die Auffassung der Klägerinnen, daß die streitige Regel gegen den Antidumpingkodex verstosse, ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

104 Diesem Ergebnis steht weder Artikel 9.3.3. des neuen Antidumpingkodex 1994 noch die entsprechende Bestimmung im "Dunkel-Papier", einem blossen Kodexentwurf, entgegen, die beide eine gewisse Einschränkung der Freiheit der Vertragsparteien bei der Anwendung der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" enthalten. Der Antidumpingkodex 1994 setzt vielmehr in Artikel 2.4. Satz 4 die Existenz einer "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" voraus und sieht nur in Artikel 9.3.3. eine Lockerung ihrer Anwendung vor.

105 Im übrigen ist jeder der Antidumpingkodizes aus multilateralen Handelsverhandlungen im Rahmen der jeweiligen GATT-Runden hervorgegangen; sie gehören deshalb nicht zu einem System aufeinander abgestimmter Rechtsnormen, sondern spiegeln die weltweite Wirtschaftsentwicklung und das Kräfteverhältnis zwischen den Vertragsparteien zum betreffenden Zeitpunkt wider. Folglich kann die Anwendung des Antidumpingkodex 1979 durch eine Auslegung, die angesichts eines späteren Kodex oder gar eines blossen Kodexentwurfs vorgenommen wird, nicht wesentlich beeinflusst werden.

106 Zu dem Hinweis der Klägerinnen auf die Praxis der Handelspartner der Gemeinschaft hat der Gerichtshof bereits im Urteil NMB u. a./Kommission (a. a. O., Randnr. 49) die Feststellung getroffen, daß die Anwendung anderer Methoden durch die Handelspartner nicht zur Rechtswidrigkeit der in der angegriffenen Grundverordnung enthaltenen "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" führe.

107 Nach alledem können die Klägerinnen die Rechtmässigkeit der genannten Regel nicht unter Berufung auf die Bestimmungen des Antidumpingkodex 1979 in Frage stellen. Die Rüge des Verstosses gegen diesen Kodex ist folglich ebenfalls zurückzuweisen.

Zur Rüge des Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot

Vorbringen der Parteien

108 Die Klägerinnen machen zum einen geltend, daß die verbundenen Importeure durch die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" gegenüber den unabhängigen Importeuren rechtswidrig diskriminiert würden, und wenden sich zum anderen gegen die Auffassung, die Nichtanwendung dieser Regel würde zu einer rechtswidrigen Diskriminierung der unabhängigen Importeure führen. Sie verweisen auf die Schlussanträge NMB u. a./Kommission des Generalanwalts (a. a. O., I-1719 und I -1720), der ebenfalls die Ansicht vertreten habe, daß das von der Kommission verteidigte System die verbundenen Importeure diskriminiere.

109 Die Klägerinnen beschreiben in diesem Zusammenhang zunächst die Bedingungen auf dem Gemeinschaftsmarkt für Kugellager. Auf diesem Markt herrsche ein harter Wettbewerb: Auf der Angebotsseite gebe es eine beträchtliche Zahl grosser multinationaler Hersteller, auf der Nachfrageseite zahlreiche grosse Industriefirmen, die über ganz erhebliche wirtschaftliche Macht verfügten. Daher würden die Käufer eine doppelte Preiserhöhung, wie sie von den verbundenen Importeuren mit der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" verlangt werde, nicht akzeptieren; daran würde sich auch durch das Angebot eines Rabatts nichts ändern, der an eine mögliche Erstattung zu einem unbestimmten künftigen Zeitpunkt geknüpft wäre.

110 Der verbundene Importeur könne nur dann eine Erstattung erlangen, wenn er eine doppelte Preiserhöhung vornehme. Beim unabhängigen Importeur setze sie dagegen nur eine einzige Preiserhöhung voraus; hinsichtlich des erhobenen Antidumpingzolls habe er wirtschaftlich gesehen die Wahl: Er könne die Zollkosten entweder während der Zeit bis zur Erstattung tragen oder sie sofort auf seinen Kunden abwälzen.

111 Zur Gleichstellung des verbundenen Importeurs mit dem unabhängigen Importeur sei es nicht erforderlich, den ersteren rechtlich zur Vornahme der doppelten Preiserhöhung zu verpflichten. Der Gerichtshof habe im Urteil NMB u. a./Kommission (a. a. O., Randnrn. 37 und 38) zu Unrecht die Ansicht vertreten, daß damit gerechnet werden könne, daß unabhängige Importeure die Antidumpingzölle auf ihre Kunden abwälzten, da sie andernfalls die Zinsen auf die gezahlten Beträge verlieren würden und die Auswirkungen einer etwaigen Abwertung der Währung zu tragen hätten und da sie angesichts ihrer fehlenden Kenntnis der Tatsachen, auf deren Grundlage die Dumpingspanne ermittelt worden sei, Gefahr laufen würden, trotz der Erhöhung des Ausfuhrpreises keine Erstattung zu erhalten.

112 Die beiden ersten vom Gerichtshof genannten Gesichtspunkte seien nicht erheblich, da es sich um Gefahren handele, die bei verbundenen und unabhängigen Importeuren in genau gleicher Weise bestuenden. Der dritte Gesichtspunkt sei höchst theoretischer Natur. Der verbundene Importeur gehöre zwar zu einem Konzern, der alle Informationen genau kenne, die er für den Erstattungsantrag als maßgeblich ansehe, während der unabhängige Importeur in der Regel bestimmte Faktoren der Dumpingberechnung nicht kenne, die er zur Erlangung einer Erstattung benötige. Der Exporteur unterstütze aber normalerweise den Erstattungsantrag des unabhängigen Importeurs, indem er die geeigneten Informationen liefere. Im Hinblick auf die zur Stellung eines Erstattungsantrags erforderlichen Informationen bestehe daher kein wesentlicher Unterschied zwischen der Lage des unabhängigen Importeurs und der des verbundenen Importeurs.

113 Die Kommission weist zunächst darauf hin, daß eine Diskriminierung der verbundenen gegenüber den unabhängigen Importeuren im Urteil NMB u. a./Kommission mit der Begründung verneint worden sei, daß sich die verbundenen und die unabhängigen Importeure nicht in einer vergleichbaren Lage befänden und daß die unterschiedliche Behandlung dadurch gerechtfertigt sei, daß andernfalls die unabhängigen Importeure diskriminiert würden. Die formale Ungleichbehandlung sei mit anderen Worten erforderlich, um sicherzustellen, daß die beiden Gruppen von Importeuren tatsächlich in dem Sinne gleichbehandelt würden, daß jeder von ihnen seine Preise um denselben Betrag anheben müsse.

114 Der unabhängige Importeur versuche nämlich, Gewinne zu erzielen, indem er ein Erzeugnis bei demjenigen kaufe, der es ihm zu den günstigsten Bedingungen liefern könne. Die Importeure, die mit einem Dumping betreibenden Hersteller verbunden seien, hätten ganz andere Ziele, da sie rechtlich und wirtschaftlich gezwungen seien, eine von der Muttergesellschaft vorgegebene Geschäftspolitik zu verfolgen, die deren Zielen als Hersteller und Exporteur diene und die den Verkauf grosser Mengen von Erzeugnissen in der Gemeinschaft zu Dumpingpreisen einschließen könne. Ob die verbundenen Importeure rentabel wirtschafteten, spiele kaum eine Rolle, wenn die langfristigen Interessen des Konzerns gewahrt würden. Die verbundenen Importeure bräuchten mit ihren Einfuhren und Weiterverkäufen keine Gewinne zu erzielen, während der Bestand der unabhängigen Importeure von der Gewinnerzielung abhänge.

115 Die FEBMA trägt vor, die "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" sei unabdingbare Voraussetzung der Wirksamkeit der Grundverordnung und des Schutzes gegen Dumping. Die verbundenen Importeure wälzten in der Regel die Antidumpingzölle nicht auf die Preise ab und vereitelten damit die Antidumpingmaßnahmen, deren wirkliches Ziel darin bestehe, die Gemeinschaftserzeugung durch eine Erhöhung des Preises der fraglichen Erzeugnisse und eine entsprechende Verringerung der Marktanteile dieser Erzeugnisse zu schützen. Eine Erstattung sei aber nur gerechtfertigt, wenn der Käufer in der Gemeinschaft die erste, den Antidumpingzöllen entsprechende Preiserhöhung definitiv habe tragen müssen. Die Kunden von verbundenen Importeuren in der Gemeinschaft müssten somit die Auswirkungen der Antidumpingzölle auf die Einfuhrpreise zweimal tragen. Unter diesen Umständen sei es sehr viel wahrscheinlicher, daß die verbundenen Importeure die Antidumpingzölle endgültig abwälzten, so daß der Preis in der Gemeinschaft steige.

Würdigung durch das Gericht

116 Das Diskriminierungsverbot gehört nach ständiger Rechtsprechung zu den tragenden Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Nach diesem allgemeinen Grundsatz dürfen vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, daß eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in den Rechtssachen C-133/93, C-300/93 und C-362/93, Crispoltoni u. a., Slg. 1994, I-4863, Randnrn. 50 und 51, und Urteil O' Dwyer u. a./Rat, a. a. O., Randnr. 113). Für die gerichtliche Überprüfung der Frage, ob der Tatbestand dieses Grundsatzes erfuellt ist, ist erneut von Belang, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik über ein weites Ermessen verfügt.

117 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil NMB u. a./Kommission (a. a. O., Randnrn. 34 und 35) entschieden hat, ist die unterschiedliche Behandlung von unabhängigen und verbundenen Importeuren bei der Erstattung der Antidumpingzölle durch die unterschiedliche Lage gerechtfertigt, in der sie sich bezueglich des Dumpings jeweils befinden; sie stellt deshalb keine Diskriminierung dar. Während nämlich unabhängige Importeure am Dumping nicht beteiligt sind, befinden sich mit dem Exporteur verbundene Importeure in dem Sinne auf der anderen Seite der "Dumpinglinie", daß sie an den Praktiken teilnehmen, die das Dumping begründen, und daß sie zumindest alle dem Dumping zugrunde liegenden Umstände kennen können.

118 Unbestreitbar stellen im übrigen die Antidumpingzölle, die der unabhängige Importeur bei der Einfuhr entrichtet, für ihn einen zusätzlichen Kostenfaktor dar, mit dem er auf die eine oder andere Weise umgehen muß. Daher führt die Tatsache, daß diese Zölle durch die streitige Regel für den verbundenen Importeur ebenfalls zu einem Kostenfaktor gemacht werden, nur zu einer wirtschaftlichen Gleichstellung dieser beiden Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern (vgl. hierzu Urteil NMB u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 39).

119 Hinzu kommt, daß die Vertragsparteien sowohl nach dem Antidumpingkodex 1979 als auch nach dem Kodex von 1994 zu einer Sonderbehandlung des Falles befugt sind, daß es wegen einer geschäftlichen Verbindung zwischen dem Ausführer und dem Einführer unmöglich ist, sich auf den Ausfuhrpreis zu stützen (Artikel 2 Absatz 5 des Kodex von 1979 und Artikel 2.3. des Kodex von 1994). Schon auf der Ebene des GATT ist der Fall der mit ihrem Exporteur verbundenen Importeure somit Gegenstand einer speziellen Regelung, die durch Zweifel an der Zuverlässigkeit des tatsächlich angewandten Ausfuhrpreises gekennzeichnet ist. Unter diesen Umständen kann dem Gemeinschaftsgesetzgeber nicht vorgeworfen werden, dadurch das Diskriminierungsverbot verletzt zu haben, daß er die Anwendung der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" nur auf verbundene Importeure vorgesehen hat.

120 Die Klägerinnen machen ferner offenbar geltend, daß die streitige Regel bei einer auf verbundene Importeure beschränkten Anwendung das zulässige Maß einer Sonderbehandlung dieser Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern überschreite. Die Prüfung der Rechtmässigkeit dieses Punktes läuft auf die bereits vorgenommene Prüfung am Grundsatz der Verhältnismässigkeit hinaus. Die Rüge eines Verstosses gegen diesen Grundsatz wurde bereits zurückgewiesen.

121 Folglich greift auch die Rüge des Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot nicht durch.

122 Da keine der Rügen Erfolg hatte, ist die Einrede der Rechtswidrigkeit der Grundverordnung in vollem Umfang zurückzuweisen. Die Klage ist daher als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

123 Gemäß Artikel 87 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen NMB-Minebea-GmbH, NMB (UK) Ltd und NMB Italia Srl mit ihren Anträgen unterlegen sind, soweit sie die zwischen Januar 1987 und dem 20. September 1990 erhobenen Antidumpingzölle betrafen, und da die Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt hat, sind diese Klägerinnen zur Tragung der damit verbundenen Kosten zu verurteilen.

124 Da die Klage in bezug auf die Klägerin NMB France SARL und für die drei übrigen Klägerinnen in bezug auf die vom 21. September 1990 bis September 1991 erhobenen Antidumpingzölle gegenstandslos geworden ist, entscheidet das Gericht gemäß Artikel 87 § 6 der Verfahrensordnung, wenn es die Hauptsache für erledigt erklärt, über die Kosten nach freiem Ermessen.

125 Die Beseitigung der Antidumpingzölle durch die Verordnung Nr. 2553/93, die dazu geführt hat, daß die vorliegende Klage teilweise gegenstandslos geworden ist, ist nicht deshalb erfolgt, weil der Rat oder die Kommission der Auffassung der Klägerinnen zur Rechtswidrigkeit der "Zoll-als-Kostenfaktor-Regel" gefolgt wäre, sondern weil diese Organe eine erneute bedeutende Schädigung der Gemeinschaftswirtschaft ausgeschlossen haben (29. Begründungserwägung der Verordnung). Unter diesen Umständen hält es das Gericht für angemessen, den Klägerinnen auch die Kosten für die gegenstandslos gewordenen Teile der Klage aufzuerlegen.

126 In bezug auf die Streithelferin hält es das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles für angemessen, daß sie gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten trägt

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die von NMB France SARL erhobene Klage ist in der Hauptsache erledigt.

2. Die von NMB-Minebea-GmbH, NMB (UK) Ltd und NMB Italia Srl erhobene Klage ist in der Hauptsache erledigt, soweit sie die Erstattung der für den Zeitraum ab dem 21. September 1990 erhobenen Antidumpingzölle betrifft.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Klägerinnen tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die von NMB France SARL erhobene Klage ist in der Hauptsache erledigt.

2. Die von NMB-Minebea-GmbH, NMB (UK) Ltd und NMB Italia Srl erhobene Klage ist in der Hauptsache erledigt, soweit sie die Erstattung der für den Zeitraum ab dem 21. September 1990 erhobenen Antidumpingzölle betrifft.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Klägerinnen tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die ihre eigenen Kosten trägt

Ende der Entscheidung

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