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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.12.1991
Aktenzeichen: T-169/89
Rechtsgebiete: EWG/EAG BeamtStat


Vorschriften:

EWG/EAG BeamtStat Art. 45
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Zwar hat ein Beamter kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Ernennung eines anderen Bewerbers für eine freie Stelle, die er nicht wirksam für sich beanspruchen kann, doch gilt dies nicht bei einem Beamten, der die Anforderungen der Stellenausschreibung erfuellt und der aufgrund seiner Verdienste Zugang zu der zu besetzenden Stelle hätte.

2. Die entscheidende Rolle der Stellenausschreibung besteht darin, die an einer Bewerbung Interessierten so genau wie möglich über die Anforderungen der fraglichen Stelle zu unterrichten, damit sie beurteilen können, ob sie sich bewerben sollen. Die Ausschreibung stellt daher den rechtlichen Rahmen dar, den die Anstellungsbehörde sich selbst vorgibt. Entdeckt sie allerdings, daß die in der Ausschreibung enthaltenen Voraussetzungen über das hinausgehen, was die dienstlichen Bedürfnisse erfordern, so steht es in ihrem Belieben, das Beförderungsverfahren zu wiederholen, indem sie die ursprüngliche Stellenbekanntgabe annulliert und sie durch eine berichtigte Bekanntgabe ersetzt.

3. Bei der Bewertung des dienstlichen Interesses und der im Rahmen einer Beförderungsmaßnahme nach Artikel 45 des Statuts zu berücksichtigenden Verdienste verfügt die Anstellungsbehörde über ein weites Ermessen; daher hat sich die Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter auf diesem Gebiet auf die Frage zu beschränken, ob die Verwaltung, nach der Art und Weise zu urteilen, wie sie möglicherweise zu ihrer Entscheidung gelangt ist, die Grenzen des Zulässigen überschritten hat und bei der Ausübung ihres Ermessens einem offensichtlichen Irrtum unterlegen ist.

Die Ausübung des Ermessens der Anstellungsbehörde setzt eine sehr sorgfältige Prüfung der Personalakten und eine gewissenhafte Beachtung der in der Ausschreibung einer freien Planstelle genannten Anforderungen voraus.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE KAMMER) VOM 11. DEZEMBER 1991. - ERIK DAN FREDERIKSEN GEGEN EUROPAEISCHES PARLAMENT. - BEAMTE - AUFHEBUNG EINER BEFOERDERUNG - AUFHEBUNG DER ABLEHNUNG EINER BEWERBUNG. - RECHTSSACHE T-169/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Der Kläger Erik XX Frederiksen ist Hauptübersetzer der Besoldungsgruppe LA 4 in der dänischen Übersetzungsabteilung der Generaldirektion VII "Übersetzung und Allgemeine Dienste" (im folgenden: GD VII) des Europäischen Parlaments (im folgenden: Parlament). Er unterrichtete ab 1965 in Dänemark als diplomierter Sekundarstufenlehrer Französisch und Deutsch. Am 1. August 1973 trat er in die Dienste des Parlaments ein. Er war zunächst als Übersetzer der Besoldungsgruppe LA 7 tätig, wurde dann zum Überprüfer ernanntund in der Folge bis zu seiner Einweisung in die Besoldungsgruppe LA 4 am 1. Januar 1978 regelmässig befördert. Im Juli 1979 wurde er in die Abteilung Terminologie versetzt, in der er bis Mai 1988 tätig war, um dann erneut in die dänische Übersetzungsabteilung zu wechseln. Dort war er u. a. für die Organisation eines Kurses in französischer Sprache tätig.

2 Am 9. Januar 1989 veröffentlichte das Parlament die Ausschreibung Nr. 5809 einer Stelle als Sprachberater der Besoldungsgruppe LA 3 der dänischen Übersetzungsabteilung. Die Stellenausschreibung war wie folgt formuliert:

"Art der Tätigkeit

Sprachberater, der dem Abteilungsleiter untersteht und diesen insbesondere in den folgenden Bereichen zu unterstützen hat:

- berufliche Ausbildung der Beamten und sonstigen Bediensteten der Abteilung;

- Ausbildung und Arbeitsüberwachung bei den neuen Übersetzern/Übersetzerinnen und Praktikanten;

- Organisation der Dokumentation der Abteilung, insbesondere im Hinblick auf die Erstellung besonderer Dokumentationswerke für die Bedürfnisse der Übersetzer, Computerisierung der Dokumentations- und Terminologiearbeiten der Abteilung;

- Überprüfung der Qualität der übersetzten Texte.

Der Sprachberater kann zur Übersetzung und Überprüfung schwieriger Texte herangezogen werden; im Rahmen der Organisation der Abteilung können ihm besondere Aufgaben übertragen werden.

Er vertritt den Abteilungleiter, wenn dieser verhindert ist.

Diese Arbeiten setzen Bereitschaft und Interesse an der Verbesserung und Entwicklung der Arbeitsmethoden einer Übersetzungsabteilung und an beruflicher Fortbildung voraus.

Erforderliche Fachkenntnisse und Kenntnisse

- Universitätsabschlußzeugnis oder Berufserfahrung, die ein gleichwertiges Niveau sicherstellt;

- belegte Berufserfahrung im Bereich der Übersetzung und Überprüfung;

- Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken;

- Sprachkenntnisse: Vollkommene Beherrschung der dänischen Sprache; gründliche Beherrschung zweier weiterer Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft sowie gute Kenntnis einer vierten Amtssprache; die Kenntnis einer fünften Sprache ist erwünscht, diejenige weiterer Sprachen wird berücksichtigt."

3 In ihrer "Bilanz der Aktivitäten der GD VII im Haushaltsjahr 1988" hatte die Generaldirektorin der GD VII, Carmen G. de Enterria, folgendes dargelegt:

"Abgesehen von... technischen Problemen sieht sich die Direktion Übersetzung noch immer mit Schwierigkeiten bei der Ersetzung der aus verschiedenen Gründen abwesenden Bediensteten konfrontiert: Teilzeitarbeit, Krankheit, Urlaub aus persönlichen Gründen, berufliche Weiterbildung.

Die Perspektiven der Entwicklung dieser Direktion beruhen wie die der Direktion Veröffentlichungen auf einem besseren Einsatz des Personals und einer allgemeineren Verwendung moderner Technologien.

In dieser Hinsicht ist der besondere Berufsfortbildungsplan der Direktion sowohl von den Linguisten wie von den Schreibkräften sehr wohlwollend aufgenommen worden."

Ihr Ergebnis war:

"Bei der Fortbildung und dem Einsatz neuer Technologien sind umfangreiche Anstrengungen zu unternehmen."

4 Der Kläger sowie zwei weitere Angehörige der dänischen Übersetzungsabteilung, Frau X und Herr Y, bewarben sich aufgrund der veröffentlichten Stellenausschreibung.

5 Frau X war am 2. Februar 1973 in die Dienste des Parlaments eingetreten. Sie war zum gleichen Zeitpunkt wie der Kläger in die Besoldungsgruppe LA 4 befördert worden. Sie war stets in der dänischen Übersetzungsabteilung - zunächst als Übersetzerin, sodann als Überprüferin - tätig. Aus familiären Gründen war sie seit 1. Oktober 1979 mit Ausnahme der Zeit vom 1. April bis zum 1. Oktober 1983 als Teilzeitbeschäftigte tätig.

6 Herr Y trat am 1. Februar 1976 in die Dienste der Kommission; er wurde 1977 zum Rat und 1979 zum Parlament versetzt. Er wurde 1986 nach LA 4 befördert und hat stets in der dänischen Übersetzungsabteilung des Parlaments gearbeitet. Im Zeitraum 1987/88 war er in dieser Abteilung für Terminologie und Verbindungsarbeiten mit den Terminologiebüros und -gruppen der anderen Gemeinschaftsorgane verantwortlich.

7 In ihren Beurteilungen für den Zeitraum 1983/84 erhielten die drei Bewerber als Benotung ein "ausgezeichnet" und zwei "gut". Für den Zeitraum 1985/86 erhielt der Kläger als Benotung ein "ausgezeichnet" (Qualität der Arbeit), zwei "sehr gut" und fünf "gut"; Frau X ein "ausgezeichnet" (Kenntnisse), vier "sehr gut" und drei "gut"; Herr Y zwei "ausgezeichnet" (Kenntnisse und Qualität der Arbeit), vier "sehr gut" und zwei "gut". Für den Zeitraum 1985/86 war der erste Beurteilende des Klägers sein Dienstvorgesetzter in der Abteilung Terminologie, Herr Minnärt. Frau X und Herr Y wurden vom gleichen Beurteilenden der dänischen Übersetzung beurteilt.

8 Jede Beurteilung enthielt eine Erklärung des Beurteilten über seine Sprachkenntnisse. In der Beurteilung für den Zeitraum 1985/86 machte der Kläger eine "sehr gute" Kenntnis des Deutschen, des Englischen und des Französischen, eine "gute" Kenntnis des Italienischen und Spanischen sowie eine "ausreichende" Kenntnis des Niederländischen geltend, Frau X eine "sehr gute" Kenntnis des Deutschen, des Englischen, des Französischen und des Italienischen sowie eine "gute" Kenntnis des Griechischen und Niederländischen, und Herr Y zusätzlich zum Dänischen eine "sehr gute" Kenntnis von vier Sprachen, nämlich des Deutschen, des Englischen, des Französischen und des Niederländischen.

9 Der Kläger belegte fünf vom Parlament veranstaltete EDV-Fortbildungskurse [Einführung in die EDV I und II (je drei Tage), MS-DOS (zwei Tage), dBase III (vier Tage) und Open Acceß II (fünf Tage)]. In einem Anhang zu seinem Bewerbungsschreiben erklärte er, daß er zusätzlich zu den Kenntnissen aufgrund dieser Fortbildung Lernprogramme (insbesondere WordPerfect) sowie die Datenbanken Epoque, Celex, APC und Eurodicautom verwende; daß er Eigentümer/Benutzer eines Computers Commodore PC 10-III mit GW-Basic und MS-DOS Software sei (mit 32 Mb Festplatte sowie zwei Laufwerken für 5,25" und 3,5" Disketten sowie einem Drucker NEC P2200); daß er über bestimmte andere Programme und Ausstattungen verfüge wie die dBase III Plus und PC Tools; und schließlich, daß er mit der kürzlich auf einem der neuen M240 Computer der dänischen Übersetzungsabteilung installierten Open Acceß Software arbeitete. Zwischen Februar und April 1989 belegte er zwei ergänzende Fortbildungskurse für Open Acceß II (fünf Tage) und Open Acceß II für Fortgeschrittene (fünf Tage). Frau X nahm an zwei von Herrn Y geleiteten Seminaren teil, die sich mit der Anleitung zum Arbeiten mit den Datenbanken Eurodicautom und Epoque befassten; sie erhielt bestimmte Informationen über die Verwendung dieser Datenbanken Eurodicautom und Epoque sowie einen Führer für die Benutzer von Epoque; darüber hinaus verwendete sie bei der Abfrage dieser Datenbanken im Rahmen ihrer Arbeit als Übersetzer/Überprüfer einen Teletyp-Terminal ohne Processor. Im Rahmen der vom Gericht angeordneten Beweisaufnahme ersuchte das Parlament, weiterhin zu berücksichtigen, daß Frau X nach ihren eigenen Erklärungen seit 1988 über einen Computer Commodore 128 verfügte. Im Hinblick auf Herrn Y, dessen EDV-Kenntnisse nicht im einzelnen dargelegt wurden, ergibt sich aus den Akten, daß er die vorgenannten Seminare für Linguisten der dänischen Übersetzungsabteilung leitete; daß er einen Führer für die Verwendung der Datenbank Epoque erarbeitete und im Zeitraum 1987/88 an Fortbildungskursen für den Einsatz von Open Acceß Software (fünf Tage) und der Datenbank Celex teilnahm.

10 Mit einem Vermerk vom 2. Februar 1989 an die Generaldirektorin der GD VII nahm der Leiter der Direktion Übersetzung und Terminologie, John Hargreaves, zu den drei Bewerbungen auf die Stelle eines Sprachberaters wie folgt Stellung:

"Drei Bewerbungen sind auf diese Ausschreibung eingegangen.

Was das Beförderungsdienstalter anlangt, weisen zwei der Bewerber, Herr Frederiksen und Frau X, das gleiche Alter auf - ihr Dienstalter ist übrigens nahezu das gleiche.

Der dritte Bewerber, Herr Y, weist ein deutlich geringeres Beförderungsdienstalter und Dienstalter auf.

Bei den Beurteilungen ist die von Herrn Y bei weitem die beste, gefolgt von Frau X und Herrn Frederiksen. Diese Beurteilungen beziehen sich auf die Tätigkeit als Überprüfer/Hauptübersetzer.

Die Sprachkenntnisse der drei Bewerber sind breit gefächert.

Frau X ist eine Übersetzerin/Überprüferin, deren berufliche Fähigkeiten in der Abteilung keines Beweises mehr bedürfen. Sie hat an Sprachkursen teilgenommen, aber keine anderen Kenntnisse erworben, die sie auf die Ausbildungs-, Dokumentations- und EDV-Arbeiten vorbereitet hätten, die in der Stellenbeschreibung angeführt sind.

Herr Y hat zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Übersetzer/Überprüfer in der Abteilung sehr geschätzte Terminologie- und Dokumentationsarbeiten, auch in Verbindung mit der Gruppe "dänische Terminologie des Rates", geleistet. Er hat zudem Fortbildungskurse für die Übersetzer der Abteilung veranstaltet, um ihnen gewisse Datenbanken nahe zu bringen.

Herr Frederiksen ist ebenfalls ein Übersetzer/Überprüfer, dessen Qualitäten in der Abteilung sehr hoch geachtet werden. Während mehrerer Jahre hat er in der Abteilung Terminologie gearbeitet, in der er sehr nützliche Erfahrungen in den Bereichen Dokumentation und EDV machen konnte, in denen seine Fähigkeiten bemerkenswert sind. Vor seinem Eintritt in den Dienst des Parlaments hat er übrigens pädagogische Erfahrungen erworben, die für die in der Ausschreibung genannten Aufgaben der Bildung und Fortbildung besonders nützlich wären.

Angesichts des Profils der Bewerber sollte die Wahl zwischen Herrn Y und Herrn Frederiksen getroffen werden.

Angesichts des höheren Beförderungsdienstalters von Herrn Frederiksen, der zudem deutlich älter ist als Herr Y, schlage ich die Beförderung von Herrn Frederiksen vor.

Seine Ernennung wäre geeignet, das ausgezeichnete Funktionieren dieser Abteilung weiterhin sicherzustellen. Er entspricht den Anforderungen des Dienstpostens und erfreut sich darüber hinaus wegen seiner persönlichen Qualitäten und seiner in allen erforderlichen Bereichen bestätigten Erfahrung des Respekts seiner Kollegen."

11 Mit einem Vermerk vom 10. März 1989 schlug die Generaldirektorin der GD VII dem Generaldirektor Verwaltung, Personal und Finanzen die Beförderung von Frau X auf die Stelle eines Sprachberaters "aus den in dem beiliegenden Vermerk dargelegten Gründen" vor. In diesem Vermerk hieß es:

"Aus den drei auf diesen Aushang hin eingereichten Bewerbungen ergibt sich:

- beim Dienstalter liegt Frau X an der Spitze, gefolgt von Herrn Frederiksen und Herrn Y in dieser Reihenfolge;

- beim Beförderungsdienstalter liegen Frau X und Herr Frederiksen gleichauf, in weitem Abstand folgt Herr Y;

- bezueglich der Beurteilung: Bei den beiden dienstältesten Bewerbern zeigt die von Frau X "ausgezeichnet" in den Spalten 1 (allgemeine und berufliche Kenntnisse, die für das Amt erforderlich sind) und 4 (Organisationsvermögen - Denkvermögen und Methode), während Herr Frederiksen lediglich "sehr gut" aufzuweisen hat. Der Rest der Beurteilung muß als gleichwertig betrachtet werden.

Zwei der Bewerber, Frau X und Herr Y, haben stets in der dänischen Übersetzungsabteilung gearbeitet, während Herr Frederiksen zwischen Juli 1979 und Mai 1988 in der Abteilung Terminologie dienstlich tätig war.

Die drei Bewerber weisen breitgefächerte Sprachkenntnisse auf, jedoch beherrscht nur Frau X das Griechische einschließlich der Überprüfungsebene.

Nach Vergleich der Eignungen der drei Bewerber und unter Berücksichtigung zum einen der Lage der Leitungsposten in der Direktion Übersetzung (von 21 Dienstposten LA 3 sind lediglich drei mit einer Frau besetzt) und im Lichte andererseits des Aktionsprogramms, das unser Organ unter Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit von Mann und Frau durchführt, schlage ich die Beförderung von Frau X auf die Stelle als Sprachberater vor, auch wenn sich die Bewerberin augenblicklich gezwungen sieht, aus familiären Gründen (kleine Kinder) halbtags zu arbeiten."

12 Dieser Vorschlag der Ernennung von Frau X war noch am gleichen Tag Anlaß für ein Protestschreiben von 27 Übersetzern und 6 Schreibkräften der dänischen Übersetzungsabteilung, hierunter Herr Y, an Herrn Hargreaves, mit der Begründung, die Empfehlung von Herrn Hargreaves sei missachtet worden, "obwohl seine Empfehlung genauestens und allein auf die von der Anstellungsbehörde gebilligte Ausschreibung begründet gewesen ist."

13 Mit Vermerk vom 14. März 1989 ersuchte Herr Hargreaves die Generaldirektorin der GD VII ihren Vorschlag zu überdenken, insbesondere weil das Profil von Frau X den Anforderungen der zu besetzenden Stelle weniger gut entspreche und die Halbtagstätigkeit mit der Aufgabe eines Sprachberaters des Parlaments nicht vereinbar sei, da die Aufgaben dieses Dienstpostens unmittelbar mit dem Rhythmus der Parlamentstätigkeiten verbunden seien. Die Generaldirektorin antwortete ihm am 22. März 1989, daß die ihr dargelegten Gesichtspunkte sie nicht zu einer Änderung ihres Standpunktes bewogen hätten.

14 Am 26. April 1989 richtete die Generaldirektorin einen Vermerk an den Leiter der dänischen Übersetzungsabteilung, Hans Drangsfeldt, mit der Bitte um Bestätigung, "daß die Ernennung von Frau X als Sprachberater mit dem guten Funktionieren Ihrer Abteilung vereinbar ist." Eine Abschrift dieses Vermerks wurde an Herrn Hargreaves gerichtet. Am gleichen Tage schrieb Herr Hargreaves an die Generaldirektorin, daß sie, wenn sie ihre Wahl durchsetzen wolle, hierfür die volle Verantwortung zu übernehmen habe, "ohne Herrn Drangsfeldt oder mich zu bitten, eine Entscheidung zu billigen, die Sie und Sie allein getroffen haben."

15 Am 16. Mai 1989 schrieb Herr Drangsfeldt der Generaldirektorin nach einer Unterredung mit ihr, daß "die Ernennung eines Bewerbers, der die formellen Anforderungen der Ausschreibung sicherlich nicht erfuellt, langfristig die Gefahr heraufbeschwört, daß die Haltung der Beamten der Abteilung gegenüber dem Organ beeinträchtigt wird." In einem späteren Vermerk vom 31. Mai 1989 äusserte Herr Drangsfeldt:

"Eine der formellen Anforderungen der Stellenausschreibung ist 'Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken'. Frau X besitzt diese formelle Qualifikation nicht, die nicht nur für die Erfuellung der in der Spalte 'Art der Tätigkeit' angeführten Aufgaben, sondern vor allem für die mittel- und langfristige Entwicklung und Rationalisierung der Abteilung vollkommen unerläßlich ist."

16 In einem Vermerk vom 7. Juni 1989 an den Generalsekretär des Parlaments hielt die Generaldirektorin ihren Standpunkt aufrecht und führte aus:

"Was die Anforderungen bezueglich der 'bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden Informationstechniken (sic)' betrifft, deren Ausserachtlassung nach Meinung des Leiters der betreffenden Abteilung 'langfristig die Gefahr heraufbeschwört, daß die Haltung der Beamten der Abteilung gegenüber dem Organ beeinträchtigt wird' , so berechtigt uns nichts dazu, von irgendeiner intellektuellen Unfähigkeit der vorgeschlagenen Bewerberin auszugehen. Es ist richtig, daß sich in den Personalakten des anderen Bewerbers Teilnahmebescheinigungen für von unserem Organ veranstaltete Kurse für 'Open acceß' und 'Wordperfect' finden. Das Fehlen dringender Arbeiten in der Abteilung Terminologie, der dieser Bewerber in der Zeit zwischen dem 19. Juli 1979 und dem 1. Mai 1988 angehörte, hat ihm sicherlich Gelegenheit geboten, diese Berufsbildungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen.

Bezueglich der von der Generaldirektion vorgeschlagenen Bewerberin habe ich mich überzeugen können, daß sie die EDV-Anlagen der Abteilung für Grundlagenarbeiten, wie etwa das Aufsuchen von Dokumentation und Präzedenzfällen, benutzt. In den vergangenen Jahren haben nämlich die dänischen Überprüfer von Kollegen in der Abteilung eine EDV-Grundausbildung erhalten. Die zusätzliche Ausbildung kann im übrigen in nur wenigen Tagen erfolgen, da es sich um die gleichen Kurse handelt, an denen auch die Beamten aller Laufbahngruppen unseres Organs teilgenommen haben.

Aus all diesen Gründen und gestützt auf die Argumente in meinem Vorschlag vom 10. März (Dienstalter, Qualifikation, Verantwortungsgefühl) bitte ich Sie, Herr Generalsekretär, um Unterzeichnung der Ernennung von Frau X..."

17 Am 3. Juli 1989 beförderte die Anstellungsbehörde Frau X und ernannte sie mit Wirkung ab 1. Juni 1989 zum Sprachberater, Laufbahngruppe LA 3.

18 Am 12. Juli 1989 legte der Kläger gegen die Ernennung von Frau X Beschwerde ein.

19 Am 17. Juli 1989 erhielt der Kläger ein Schreiben der Einstellungsstelle, das ihm die Ablehnung seiner Bewerbung mitteilte.

20 Die Ernennung von Frau X war am 2. August 1989 Anlaß für einen Protest der Linguistendelegation des Parlaments, die vorbrachte, ein Sprachberater könne sinnvollerweise nicht halbtags arbeiten.

21 Am 31. August 1989 gab die Generaldirektorin der GD VII auf Ersuchen des Juristischen Dienstes des Parlaments zu der Beschwerde des Klägers folgende Erklärung ab:

"Ich habe die Akten der drei Bewerber um den freien Dienstposten persönlich überprüft... und gefunden, daß die Bewerbung von Frau X den Vorzug verdiente; sie war gleichwohl in dem Vorschlag ihrer unmittelbaren Dienstvorgesetzten nicht berücksichtigt worden.

Von meiner Seite aus war lediglich die Verwaltungssituation von Frau X, das heisst ihre Halbtagsarbeit, Grund zum Zögern. Ich habe feststellen können, daß diese Situation ausschließlich auf Gründe familiärer Natur zurückzuführen ist, die im übrigen nur vorübergehender Art sein dürften. Aus diesem Grunde appelliere ich in der Begründung meines Vorschlags für die Besetzung der Stelle an die Bemühung unseres Organs um Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit für Mann und Frau (eine 'positive Aktion' in dieser Richtung könnte sich als notwendig erweisen)."

22 Am 3. Oktober 1989 antwortete die Generaldirektorin dem Juristischen Dienst, der um Verdeutlichung ersucht hatte, "aufgrund welcher Gegebenheiten man davon ausgehen kann, daß die Kenntnisse von Frau X 'in den bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken' ausreichend sind", wie folgt:

"Was insbesondere die EDV-Kenntnisse der gewählten Bewerberin angeht, habe ich bei der 'Abwägung der Verdienste' , die mich bewogen hat, die Beförderung von Frau X vorzuschlagen, zugleich aufgrund objektiver Auskünfte, die mir Herr Y, Überprüfer mit spezieller EDV-Erfahrung, der die ständige 'interne' berufliche Fortbildung der dänischen Überprüfer organisiert hat, bestätigt hat, folgendes festgestellt:

1) Frau X hatte an den beiden innerhalb der dänischen Abteilung vorgesehenen Abschnitten der beruflichen Fortbildung (in Gruppen von zwei oder drei Beamten) teilgenommen.

2) Sie benutzte regelmässig und ohne 'technische' Hilfe die gemeinsamen Einrichtungen der dänischen Abteilung für die Dokumentationssuche und die Verbindungen zum Terminologiebüro.

Ich habe hieraus geschlossen, daß ihre Kenntnisse für die 'Verwaltungsarbeit' , von der in der Stellenausschreibung (Besetzung des Dienstpostens eines Sprachberaters) die Rede ist, ausreichend seien."

23 Am 16. Oktober 1989 richtete die Generaldirektorin einen zweiten Vermerk an den Juristischen Dienst mit folgendem Wortlaut:

"Da die Aufgaben eines Sprachberaters in keiner Weise denen eines EDV-Experten gleichgestellt werden können, möchte ich Sie noch einmal darauf hinweisen, daß die Beschreibung der Aufgaben in der Stellenausschreibung Nr. 5809 völlig mit derjenigen der Ausschreibung der Auswahlverfahren für die Besetzung des gleichen Dienstpostens in der spanischen und in der portugiesischen Abteilung übereinstimmt.

Da ich Mitglied des Ausschusses in diesem Auswahlverfahren war, möchte ich Ihnen mit Erlaubnis des Vorsitzenden, Herrn Quemener, mitteilen, daß bei der Festlegung der Auswahlkriterien für die Prüfung der Unterlagen der Bewerber die Kenntnis von EDV-Techniken aus der Bewertung der Befähigungsnachweise herausgenommen wurde, und zwar weil die Mitglieder des Ausschusses diese Kenntnisse als nachrangig angesehen haben.

Wenn es sich daher auch als wünschenswert, ja als notwendig erweisen sollte, daß die Leiter einer Übersetzungsabteilung sich der EDV bedienen können, so würde es mir doch extravagant erscheinen, die Auswahl des Bewerbers vom Niveau der in diesem Bereich erworbenen Kenntnisse abhängig zu machen. Zumal doch in der vorliegenden Sache die vorgeschlagene Bewerberin, wie Sie feststellen können, zumindest den Mindeststandard aufwies, der notwendig war, um den Anforderungen der Arbeit gerecht zu werden."

24 Die Ausschreibungen, auf die die Generaldirektorin in ihrem Vermerk vom 16. Oktober 1989 hinwies, betrafen die allgemeinen Auswahlverfahren Nrn. PE/126/LA und PE/127/LA, die das Parlament zur Besetzung je eines Dienstpostens als Sprachberater in spanischer und in portugiesischer Sprache veranstaltet hatte (ABl. 1988, C 114, S. 19 - spanische Ausgabe - und S. 17 - portugiesische Ausgabe). In der Spalte "Befähigungsnachweise, Diplome und Berufserfahrung" gaben die Ausschreibungen an:

"Die Bewerber müssen nachweisen

- eine Universitätsausbildung...;

- eine belegte Berufserfahrung im Bereich der Übersetzung und Überprüfung.

Im übrigen [spanischer Text] ist wünschenswert, daß der Bewerber die bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken kennt /[portugiesischer Text] ist die Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken wünschenswert."

25 In der Zwischenzeit waren die Beurteilungen der drei Bewerber für den Zeitraum 1987/88 erstellt worden. Herr Y hatte bei der Benotung dreimal "ausgezeichnet" erhalten (Kenntnisse, Organisationsfähigkeit und Qualität der Arbeit), dreimal "sehr gut" und zweimal "gut"; Frau X zweimal "ausgezeichnet" (Kenntnisse und Qualität der Arbeit), dreimal "sehr gut" und dreimal "gut"; der Kläger dreimal "ausgezeichnet" (Kenntnisse, Organisationsfähigkeit und Qualität der Arbeit), viermal "sehr gut" und einmal "gut". Die Beurteilung des Klägers für den letztgenannten Zeitraum wies folgende Bewertung auf:

"Der Beamte ist für die Erfuellung seiner Dienstaufgaben aussergewöhnlich qualifiziert. Dank seiner gründlichen Kenntnisse der EDV, der Pädagogik und der Terminologie leistet er einen hochgeschätzten Beitrag zu den Arbeiten der Abteilung insgesamt."

Bei den Sprachkenntnissen machte Frau X den Erwerb neuer "ausreichender" Kenntnisse im Spanischen, der Kläger den "guter" Kenntnisse im Portugiesischen geltend. Während des betreffenden Zeitraums besuchte der Kläger Spanischkurse des Niveaus III bis IV. Die drei Beurteilungen wurden jeweils am 21. Juli 1989 von Herrn Drangsfeldt als erster Beurteiler, am 26. Juli 1989 von Herrn Hargreaves als Schlußbeurteiler und am 31. Juli 1989 vom Kläger, am 2. August 1989 von Herrn Y und am 19. September 1989 von Frau X unterzeichnet.

26 Mit Schreiben vom 29. November 1989 teilte der Präsident des Parlaments dem Kläger die Zurückweisung seiner Beschwerde mit folgender Begründung mit:

"... aufgrund der vergleichenden Bewertung der Qualifikation, der Verdienste und der Beurteilungen der einzelnen Bewerber ist deutlich geworden, daß die Bewerbung von Frau X am besten den Anforderungen dieser Stellenausschreibung gerecht wurde, insbesondere deshalb, weil sie ein breiteres Sprachenspektrum, eine bessere Beurteilung für 1985/86 und ein höheres Dienstalter als die anderen Bewerber aufzuweisen hatte. Im übrigen ist entgegen Ihren Behauptungen nicht festzustellen, daß Frau X, die eine Ausbildung in der EDV-Praxis bei Dokumentation und Terminologie erhalten hat, in diesem Bereich im Hinblick auf die Stellenausschreibung unzureichend qualifiziert wäre...

Ich füge schließlich hinzu, daß Teilzeitarbeit in keiner Weise die Beförderungswürdigkeit eines Beamten mindert. Die Beförderung kann lediglich in der Folge einer Beibehaltung der Teilzeitarbeit entgegenstehen, wenn sich diese als unvereinbar mit dienstlichen Bedürfnissen erweisen sollte."

27 Nach ihrer Ernennung beantragte und erhielt Frau X am 4. Dezember 1989 die Genehmigung zur Teilzeitarbeit bis zum 30. September 1990. Auf Anfrage des Gerichts hat das Parlament am 29. März 1990 mitgeteilt, daß Frau X von allen Beamten des Parlaments der Besoldungsgruppe A 3, LA 3 oder einer höheren Besoldungsgruppe die einzige sei, die innerhalb der letzten fünf Jahre die Erlaubnis zur Halbtagsarbeit erhalten habe.

Verfahren

28 Mit Klageschrift, die am 27. Dezember 1989 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Entscheidung erstrebt, mit der Frau X auf den Dienstposten eines Sprachberaters befördert worden ist.

29 Auf Ersuchen des Gerichts hat der Beklagte am 29. März 1990 bestimmte Unterlagen über die Abwägung der Verdienste der Bewerber für den zu besetzenden Dienstposten eingereicht, deren Vorlage in der Klageschrift beantragt oder die in der Klagebeantwortung in Bezug genommen waren.

30 Am 27. April 1990 haben Soren Anker Christensen, Vibeke Emborg, Elke Flatterich, Ebbe Torring Jensen, Jorn Koföd-Nielsen, Lennart Bach Nielsen, Nini Pedersen, Hanne Riisberg und Leif Winther Antrag auf Zulassung als Streithelfer für den Kläger beantragt. Durch Beschluß vom 13. Juni 1990 ist dieser Antrag zurückgewiesen worden.

31 Am 17. Juli 1990 ist das schriftliche Verfahren abgeschlossen worden.

32 Am 20. September 1990 hat der Kläger seinen in der Erwiderung gestellten Antrag erneut vorgebracht, die Vorlage bestimmter ergänzender Schriftstücke durch das Parlament anzuordnen. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 hat das Parlament zu diesem Antrag Stellung genommen.

33 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht am 25. Oktober 1990 das Parlament aufgefordert, sämtliche vom Kläger bezeichneten Schriftstücke, soweit diese sich in den Archiven des Parlaments oder seiner Dienststellen befinden und nicht bereits zu den Akten gereicht worden sind, sowie alle Unterlagen im Zusammenhang mit der Abfassung der betreffenden Stellenausschreibung vorzulegen. Am gleichen Tag hat das Gericht das mündliche Verfahren eröffnet.

34 Auf das Ersuchen des Gerichtes hin hat das Parlament eine Reihe ergänzender Schriftstücke zu den Akten gereicht. Das Parlament erklärt, es sei nicht im Besitz weiterer Unterlagen, die in Zusammenhang mit der Entscheidung der Ernennung von Frau X, der Zurückweisung der Beschwerde des Klägers oder mit der Begründung dieser Entscheidungen in Zusammenhang stuenden. Das Parlament erklärt weiterhin, daß seine Dienststellen mit Ausnahme der endgültigen Fassung keine Unterlagen aufbewahrt hätten, die in Zusammenhang mit der Fassung der Stellenausschreibung gestanden hätten.

35 Die Parteien haben in der Sitzung vom 5. Dezember 1990 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet. Am Ende der Sitzung hat der Vorsitzende verkündet, das Gericht werde eine ergänzende Maßnahme der Beweiserhebung in einer Form anordnen, die den Parteien später mitgeteilt werde.

36 Mit Beschluß vom 7. Dezember 1990 ist das Parlament um ergänzende Auskünfte und Schriftstücke ersucht worden, um dem Gericht die tatsächliche Feststellung zu gestatten, welcher Art zum einen die EDV-Kenntnisse von Frau X waren, und zum anderen, aufgrund welcher Angaben und Empfehlungen die Entscheidungen des Parlaments vom 3. Juli 1989 über die Beförderung von Frau X und vom 29. November 1989 über die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers getroffen wurden. Mit Schreiben vom 28. Januar 1991 hat das Parlament die Fragen des Gerichts beantwortet und insbesondere erläutert, welches interne Verfahren von seinen Dienststellen bei der Vorbereitung einer an den Präsidenten als Anstellungsbehörde gerichteten Ernennungsempfehlung befolgt wird. Am gleichen Tage hat das Parlament bestimmte ergänzende Schriftstücke zu den Akten gereicht, unter ihnen namentlich eine schriftliche Erklärung in dänischer Sprache von Herrn Y zu Inhalt und Dauer der von ihm durchgeführten und von Frau X besuchten Fortbildungsveranstaltungen sowie eine Kopie der gesamten dem Präsidenten des Parlaments zugeleiteten Akten, auf deren Grundlage dieser als Anstellungsbehörde seine Entscheidungen vom 3. Juli und 29. November 1989 getroffen hatte.

37 Mit Schreiben vom 21. Februar 1991 hat das Parlament in Beantwortung einer Frage des Gerichts klargestellt, daß bestimmte handschriftliche Vermerke in den Akten, die dem Präsidenten des Parlaments zusammen mit dem Vorschlag für die Besetzung des Dienstpostens eines Sprachberaters zugeleitet worden waren, vom Generalsekretär des Parlaments persönlich herrührten.

38 Angesichts der erhaltenen Auskünfte und Schriftstücke hat das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen, um sich kundig zu machen zum einen bezueglich der Kriterien, die bei der Würdigung der Kenntnisse eines Bewerbers im Hinblick auf die "bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken" heranzuziehen sind, und zum anderen bezueglich der Frage, inwieweit diese Kriterien von einem Bewerber erfuellt werden, der über die Kenntnisse des Klägers beziehungsweise von Frau X verfügt. Das Gericht hat daher die Parteien mit Schreiben seines Kanzlers vom 27. Februar 1991 aufgefordert, ihre - wenn möglich einverständlichen - Vorschläge für die Bestimmung eines Sachverständigen und etwaige Stellungnahme zu den Fragen einzureichen, die das Gericht an diesen zu stellen gedenke.

39 Mit Fernkopie vom 7. März 1991, deren Durchschrift dem Gericht übermittelt wurde, hat der Kläger dem Beklagten den Namen zweier Personen als Vorschlag übermittelt und mit Schreiben vom 14. März 1991 an das Gericht zu den vorgeschlagenen Fragen Stellung genommen. Mit Schreiben vom 14. März 1991 hat der Beklagte zu den vorgeschlagenen Fragen Stellung genommen und Zweckmässigkeit und Begründetheit der vom Gericht beabsichtigten Einholung eines Sachverständigengutachtens in Frage gestellt. Er hat weder einen Sachverständigen vorgeschlagen noch auf die Vorschläge des Klägers geantwortet. Auf die erneute Aufforderung mit Schreiben des Kanzlers des Gerichts vom 21. März 1991, sich zur Benennung eines Sachverständigen zu äussern, hat der Beklagte mit Schreiben vom 12. April 1991 seine rechtlichen Einwände gegen die Bestimmung eines Sachverständigen wiederholt und die Entscheidung im übrigen in das Ermessen des Gerichts gestellt.

40 Unter diesen Umständen hat das Gericht gemäß Artikel 49 § 1 der seinerzeit auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend anwendbaren Verfahrensordnung des Gerichtshofes beschlossen, von Amts wegen einen Sachverständigen zu bestellen. Mit Beschluß vom 23. April 1991 ist Frau Hélène Bauer Bernet, Honorardirektorin, früher Beraterin für Rechtsinformatik des Juristischen Dienstes der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zur Sachverständigen bestimmt worden.

41 Die Sachverständige hat ihr Gutachten am 11. Juni 1991 vorgelegt. Die Parteien haben binnen der gesetzlichen Frist zu dem Gutachten der Sachverständigen Stellung genommen.

42 In ihrem Gutachten hat die Sachverständige auf die Frage des Gerichts bezueglich der Kriterien, die bei der Würdigung der Kenntnisse eines Bewerbers im Hinblick auf die "bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken" zugrunde zu legen sind, wie folgt geantwortet:

"Die Kriterien... sind meines Erachtens folgende:

- Kenntnisse eines Betriebssystems (operating system), das hinreichend leistungsfähig und verbreitet ist sowie Anwenderprogramme und Mehrplatzkonfigurationen unterstützt, zum Beispiel MS-DOS, Unix oder Novell;

- praktische EDV-Erfahrung, die die selbständige Erkennung und Lösung kleinerer Probleme möglich macht;

- Erfahrung in der konkreten Arbeit im Rahmen einer multifunktionalen Datenverarbeitung, falls möglich in einem verwaltungsmässigen Zusammenhang."

43 Die Sachverständige hat sodann die - vorstehend unter Randnummer 9 dargestellten - Fachkenntnisse der Frau X und des Klägers auf der Grundlage der ihr ohne unmittelbaren Bezug zu der jeweiligen Person übermittelten Angaben geprüft. Ihr Ergebnis lautet:

"a) Ausbildung

Der erste Bewerber (Frau X) hat eine Ausbildung als kundiger Anwender oder 'EDV-Korrespondent'. Eine solche Ausbildung vermittelt ohne Rücksicht auf ihre Dauer nicht ipso facto die technischen Kenntnisse, die den EDV-Einsatz bei Verwaltungsarbeiten ermöglicht; es geht um einen Unterschied qualitativer Art. (Der wiederholte Hinweis des Bewerbers auf die Bedeutung dieser Ausbildung könnte als Indiz für mangelnde Sensibilität gegenüber den anderen Aspekten der EDV gedeutet werden.)

b) Ausstattung

Das Betriebssystem eines Kleincomputers vom Typ Commodore 128 besitzt weder die Komplexität noch weist es die Funktionen des Betriebssystems einer wirklichen Datenverarbeitungsanlage auf. Anwenderprogramme werden bei einem solchen Computer (zum Beispiel bei Einsatz der Software Superbase) nur marginal unterstützt. Der Bewerber erwähnt übrigens den Einsatz solcher Software nicht."

Zu den Fachkenntnissen des Klägers führt die Sachverständige aus:

"Ein Bewerber, der fünf EDV-Fortbildungskurse von insgesamt 17 Tagen besucht hat... kann zwar nicht als EDV-Experte gelten, hat aber zumindest die Fähigkeit gezeigt, ein Mindestmaß an einschlägigen theoretischen Kenntnissen bezueglich Inhalt und Niveau zu verarbeiten.

Zu den Aspekten der Praxis: Bei einem Bewerber, der die folgende Ausstattung besitzt... und mehrere einschlägige Programme, hierunter dBase III, sowie Erfahrung mit Open Acceß aufweist, das in der betreffenden Übersetzungsabteilung installiert ist, kann davon ausgegangen werden, daß er eine gewisse Praxis besitzt."

44 Die Sachverständige ist in der Sitzung vom 3. Oktober 1991 gehört worden und hat auf die Fragen des Gerichts und des Klägervertreters geantwortet. Der Vertreter des Parlaments hat darauf verzichtet, Fragen zu stellen.

45 Auf die Aufforderung, die von ihr in ihrem schriftlichen Gutachten aufgezeigten Kriterien näher darzulegen, hat die Sachverständige erläutert, daß die Anwendung von Datenverarbeitungstechniken auf Verwaltungsarbeiten

"die Fähigkeit voraussetzt, die Verbindung herzustellen zwischen dem formalisierten und in Modellform gebrachten Problem und dem auf dem Markt Angebotenen, heutzutage also mit den Standardprogrammen, (und)... die notwendigen Brücken zu schlagen, um das, was es gibt, in Einklang zu bringen mit dem, was man haben möchte... Man muß die Programm-Strukturen der Datenverarbeitung kennen... (und)... in der Lage sein, Zwänge und Möglichkeiten eines... Programms zu erkennen. Die in der Beschreibung angesprochene Person braucht kein Programmierer zu sein und man sollte es auch nicht von ihr fordern. Sie braucht nicht einmal Systemanalytiker zu sein..., sollte aber die geistige Fähigkeit und einen Kenntnisstand haben, die ihr eine wirksame Zusammenarbeit mit einem Systemanalytiker ermöglichen... Es geht darum, ein Problem klar erkennen zu können, es dann aber in einer Art und Weise zu formulieren, die an der Datenverarbeitung ausgerichtet ist, wie immer deren Definition aussehen mag. Es geht hier um etwas, was eine sehr starke geistige Disziplin und eine Kenntnis der Möglichkeiten der Maschine im Bereich der 'Verwaltung' voraussetzt."

46 Auf die Frage nach der Natur der Kenntnisse eines "Anwenders" hat die Sachverständige ausgeführt:

"Eine solche Ausbildung könnte sehr lang, sehr vollkommen, sehr gut sein, so daß man am Ende die Information an zahlreiche Personen weitergeben könnte. Natürlich kann man, wenn man Ausbilder und Anwender ist, auch Verwalter werden, aber es geht bei dieser Ausbildung nicht um die eines Verwalters.... Man kann ein guter Anwender... einer Datenbank wie etwa Eurodicautom sein, ohne die geringste Ahnung vom Vorhandensein eines Betriebssystems zu haben."

47 Auf die Frage nach dem jeweiligen Kenntnisstand der beiden Bewerber hat die Sachverständige geäussert, daß ein Bewerber, um den Anforderungen der Stellenausschreibung zu genügen, mindestens die Kenntnisse des Klägers haben müsse, während die Kenntnisse von Frau X anderer Art seien und für sich betrachtet den Anforderungen der Stellenausschreibung nicht entsprächen.

48 Im Anschluß an die Anhörung der Sachverständigen haben die Parteien mündlich verhandelt. Der Präsident hat sodann die mündliche Verhandlung geschlossen.

49 Der Kläger beantragt,

- die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

- mithin die Entscheidung des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 3. Juli 1989, mit der Frau X auf den Dienstposten eines Sprachberaters der dänischen Übersetzungsabteilung befördert worden ist, sowie erforderlichenfalls die Mitteilung des Einstellungsdienstes vom 17. Juli 1989 aufzuheben;

- in jedem Fall dem Beklagten sämtliche Kosten aufzuerlegen.

50 Der Beklagte beantragt,

- die Klage für unzulässig, sonst für unbegründet zu erklären;

- die Klage abzuweisen;

- festzustellen, daß die Entscheidung der Zurückweisung der Beschwerde des Klägers vom 29. November 1989 ausdrücklich die Gründe für die Ablehnung seiner Bewerbung enthalten hat;

- mithin nach Rechtslage über die Kosten zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit

51 Das Parlament wendet die Unzulässigkeit der Klage ein, da der Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis habe. Es stehe nicht fest, daß der Kläger, wenn die Beförderung von Frau X aufgehoben würde, statt ihrer befördert werden würde. Das Parlament weist darauf hin, daß der dritte Bewerber, Herr Y, nur wegen seines Alters und des Beförderungsdienstalters ausgeschieden sei, die beide unter denen des Klägers lägen, und daß auf jeden Fall, falls die Stellenausschreibung so auszulegen sei, daß der zu besetzende Dienstposten vertiefte EDV-Kenntnisse voraussetze, die allgemeinen EDV-Kurse, an denen der Kläger teilgenommen habe, ebenfalls nicht ausreichten, um diese Anforderung zu erfuellen.

52 Nach Auffassung des Klägers hängt der Begriff des Rechtsschutzinteresses eng mit dem Begriff der beschwerenden Maßnahme zusammen. Die angefochtene Maßnahme beschwere ihn ganz sicher insoweit, als sie die Beförderung, um die er sich beworben habe, einem anderen Bewerber als ihm zuerkannt habe. Der erforderliche Grad der Konkretisierung des Rechtschutzbedürfnisses mache es nicht erforderlich, daß der Kläger die einzige Person sein müsse, dem die von ihm erhobene Klage zugute kommen könne.

53 Es ist richtig, daß ein Beamter kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Ernennung eines anderen Bewerbers für eine freie Stelle hat, die er nicht wirksam für sich beanspruchen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 30. Mai 1984 in der Rechtssache 111/83, Picciolo/Parlament, Slg. 1984, 2323). Im vorliegenden Fall sind jedoch weder im Verlauf des Verfahrens, das der Beförderung von Frau X vorausgegangen ist, noch während des Verwaltungsverfahrens im Anschluß an die vom Kläger gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde die Kenntnisse des Klägers im Bereich der EDV jemals in Frage gestellt worden. Weiterhin hat das Parlament während des gesamten Gerichtsverfahrens niemals ausdrücklich vorgebracht, daß der Kläger die zu besetzende Stelle nicht habe wirksam beanspruchen können, da die Einrede der Unzulässigkeit lediglich hilfsweise erhoben worden ist. Zudem hat die Sachverständige in ihrem Gutachten ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, daß die Fachkenntnisse des Klägers qualitativ besser als die von Frau X seien und den Anforderungen der Stellenausschreibung entsprächen.

54 Die Einrede der Unzulässigkeit muß daher zurückgewiesen werden.

Zur Begründetheit

55 Der Kläger stützt seine Anträge auf zwei Klagegründe, mit denen er die fehlerhafte Begründung der angefochtenen Maßnahme sowie eine Verletzung des Artikels 45 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) rügt. Da die zur Stützung dieser Klagegründe vorgetragenen Argumente eng miteinander verknüpft sind, sind die beiden Klagegründe zusammen zu prüfen.

Argumente der Parteien

56 Der Kläger bringt vor, die Begründung der streitigen Entscheidung sei fehlerhaft erstens im Hinblick auf die Bewertung der Fachkenntnisse der Bewerber auf dem Gebiet der EDV, zweitens im Hinblick auf die Bewertung der übrigen Fachkenntnisse der Bewerber, drittens im Hinblick auf die Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit von Mann und Frau und viertens bezueglich der Annahme, die mit der zu besetzenden Stelle verbundenen Aufgaben seien in Teilzeitarbeit zu erfuellen.

57 Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 30. Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73 (Grassi/Rat, Slg. 1974, 1099) habe sich die Anstellungsbehörde in den Grenzen zu bewegen, die sie sich selbst durch die Stellenausschreibung gesetzt habe. Die ernannte Bewerberin weise aber eine der in der betreffenden Stellenausschreibung angeführten Fachkenntnisse und Kenntnisse nicht auf, genauer, sie verfüge nicht über die in der Ausschreibung genannte "Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken". Die Kenntnisse von Frau X in diesem Bereich seien "überaus dürftig, falls überhaupt vorhanden", ihre angebliche EDV-Ausbildung sei auf eine Ausbildung beschränkt geblieben, wie man sie Anfängern für die - normalerweise vom Büropersonal durchgeführte - Abfrage von Datenbanken angedeihen lasse. Soweit das Parlament auf schriftliche Informationen in Form von Führern oder ähnlichem hinweise, die an Frau X gegangen seien, hätte der Kläger hunderte von Seiten vorlegen können, die sich auf die von ihm besuchten EDV-Kurse bezögen. Seine eigenen Fachkenntnisse habe der Kläger zwar im wesentlichen im Rahmen der Arbeiten der Abteilung Terminologie erworben, sie hätten sich aber unmittelbar auf Computerisierungs- und Verwaltungsaufgaben bezogen, die denen entsprächen, die in der Stellenausschreibung genannt seien. Diese Ausbildung, deren Ziel es gewesen sei, Laien in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Datenbänke zu schaffen und unabhängig zu verwalten, sei anhand der von den Dienststellen des Parlaments verwendeten Software erfolgt; eine angemessene Kenntnis des Betriebssystems MS-DOS sei unerläßlich, wenn man die Computer, die das Parlament angeschafft habe, benutzen und EDV-Arbeiten durchführen wolle.

58 Zweitens macht der Kläger geltend, daß seine übrigen Fachkenntnisse denen von Frau X mindestens gleichwertig gewesen seien. Beide arbeiteten mit je einer einzigen Ausnahme, nämlich im Falle von Frau X des Portugiesischen und in seinem Fall des Griechischen, in allen Amtssprachen der Gemeinschaft. Es sei mehr als wahrscheinlich, daß seine Sprachkenntnisse ihm eine zweite Benotung mit "ausgezeichnet" eingebracht hätten, wie dies in seiner Beurteilung für den Zeitraum 1987/88 geschehen sei, wären ihre Beurteilungen für den Zeitraum 1985/86 vom gleichen Beurteiler und nicht von zwei verschiedenen Abteilungsleitern getroffen worden. Die Generaldirektorin der GD VII habe in ihrem Vermerk vom 10. März 1989 mehrere Fehler mit Bezug auf den Inhalt der Beurteilungen begangen; seine eigenen Beurteilungen hätten eine stetige Verbesserung erkennen lassen. Nach seiner Meinung hätte die Anstellungsbehörde die Beurteilungen für den Zeitraum 1987/88 berücksichtigen müssen, die nicht nur aktueller, sondern im Gegensatz zu den früheren Beurteilungen auch innerhalb der gleichen Abteilung und von den gleichen Beurteilern, den Herren Drangsfeldt und Hargreaves, erstellt worden seien. Da die Heranziehung der Beurteilungen sicherstellen solle, daß die Anstellungsbehörde ihre Ermessensbefugnis in voller Kenntnis des Sachstands ausübt (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Januar 1975 in der Rechtssache 29/74, De Dapper/Parlament, Slg. 1975, 45), müsse er darauf hinweisen, daß diese Beurteilungen vorliegend verspätet erstellt und auf jeden Fall den Betroffenen erst nach der Ernennung von Frau X bekanntgegeben worden seien, was der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung beanstandet habe (Urteile vom 14. Juli 1977 in der Rechtssache 61/76, Geist/Kommission, Slg. 1977, 1419, sowie vom 18. Dezember 1980 und 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 156/79 und 51/80, Gratreau/Kommission, Slg. 1980, 3943 und 1981, 3139). Diese Beurteilungen hätten zumindest bei der Prüfung seiner Beschwerde zur Verfügung gestanden und daher berücksichtigt werden müssen (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Oktober 1986 in der Rechtssache 26/85, Vaysse/Kommission, Slg. 1986, 3131). Bezueglich des Beförderungsdienstalters macht der Kläger geltend, Frau X könne, da sie nur sechs Monate vor ihm in den Dienst eingetreten sei, und seit 1979 halbtags gearbeitet habe, nicht behaupten, insoweit besser qualifiziert zu sein.

59 Der Kläger macht drittens geltend, die streitige Entscheidung sei in erster Linie damit begründet worden, daß es im Parlament auf höheren Dienstposten im Vergleich zu Männern zu wenig Frauen gebe. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes schreibe der Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau die Wahrung der Neutralität vor und schließe die Anerkennung eines Vorrechts aus (Urteile vom 16. Dezember 1987 in der Rechtssache 111/86, Delauche/Kommission, Slg. 1987, 5345, und vom 12. Februar 1987 in der Rechtssache 233/85, Bonino/Kommission, Slg. 1987, 739).

60 Der Kläger vertritt viertens die Auffassung, daß bei einem Sprachberater, der den Abteilungsleiter zu unterstützen habe, eine Teilzeitbeschäftigung nicht mit dem dienstlichen Interesse zu vereinbaren sei.

61 Eine Verletzung des Artikels 45 des Statuts sieht der Kläger darin, daß die in diesem Artikel vorgesehene "Abwägung der Verdienste der Beamten, die für die Beförderung in Frage kommen, sowie [die] Beurteilungen über diese Beamten" in objektiver Weise vorzunehmen seien, während die Generaldirektorin der GD VII diesem Verfahren seinen objektiven Charakter genommen habe, indem sie entgegen dem dienstlichen und dem Interesse der in der dänischen Übersetzungsabteilung tätigen Beamten Frau X habe begünstigen wollen. Diese Einstellung sei durch die Entscheidung bestätigt worden, gegen die Stellungnahmen der Herren Drangsfeldt und Hargreaves und trotz der Proteste der Linguistendelegation die Genehmigung der Halbtagstätigkeit für Frau X zu verlängern. Es sei bezeichnend, daß diese Entscheidung vom 4. Dezember 1989 "im Hinblick auf den Vermerk von Frau Carmen G. de Enterria vom 28. August 1989" und nicht wie üblich "im Hinblick auf die befürwortende Stellungnahme der betreffenden Generaldirektion" getroffen worden sei. Es sei ganz aussergewöhnlich, daß eine Beförderung gegen die übereinstimmende Stellungnahme der unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Betreffenden ausgesprochen werde und lebhafte Proteste seitens der Mitglieder dieser Dienststelle auslöse.

62 Das Parlament untersucht bei der Erwiderung auf diese Argumente zunächst die bei der Festlegung der von den Bewerbern geforderten Fachkenntnisse und Kenntnisse in der dänischen Fassung der Stellenausschreibung verwendeten Ausdrücke. Es verweist darauf, daß die entsprechenden Ausdrücke ["kendskab til administrativ anvendelse af edb (elektronisk databehandling)"] lediglich eine "Kenntnis des Einsatzes der EDV in der Verwaltung" forderten, sowie auf die französiche Fassung der Spalte "Art der Tätigkeit" in der Ausschreibung, in der lediglich von der "informatisation du travail de documentation et du travail terminologique de la division" [Computerisierung der Dokumentations- und Terminologiearbeiten der Abteilung] die Rede sei. Das erforderliche Eignungsniveau müsse im Rahmen der von der Generaldirektorin erstellten "Bilanz der Aktivitäten der GD VII" (vgl. oben Randnr. 3) ermittelt werden. Die einzig zulässige Auslegung der Stellenausschreibung sei diejenige, die die Anstellungsbehörde bei der Billigung des Inhalts der Ausschreibung zugrunde gelegt habe. Die in der Ausschreibung angesprochene "Computerisierung der Dokumentations- und Terminologiearbeiten der Abteilung" sei lediglich eine der acht Aufgaben des Sprachberaters und könne daher nicht allein für die Entscheidung maßgebend sein, wer der geeignetste Bewerber für die Gesamtheit der mit diesem Dienstposten verbundenen Aufgaben sei. Sie bestehe nicht in der "EDV-gemässen Verarbeitung der Daten", sondern in der Festlegung und Koordinierung des richtigen Ablaufs der Computerisierung der Terminologie- und Übersetzungsarbeiten. Programmierungs- und Updatingaufgaben würden nicht von Beamten der Laufbahngruppe A, sondern von Beamten der Laufbahngruppen B oder C erfuellt. Das Parlament schließt hieraus, daß die Fachkenntnisse der Bewerber um den Dienstposten eines Sprachberaters, da sie ausreichende Kenntnisse für den Zugang zu den verschiedenen Datenbanken und für die Feststellung der Qualität ihres Updatings gehabt hätten, den Anforderungen der Stellenausschreibung entsprochen hätten. Bezueglich der jeweiligen Kenntnisse der Frau X und des Klägers bezieht sich das Parlament im wesentlichen auf die Bewertung der Generaldirektorin und verweist im übrigen darauf, daß es allein Sache der Anstellungsbehörde sei, die Befähigung der Bewerber zu beurteilen (Urteile des Gerichtshofes vom 12. Dezember 1956 in der Rechtssache 10/55, Mirossevich/Hohe Behörde, Slg. 1956, 379, und vom 27. Juni 1973 in der Rechtssache 35/72, Kley/Kommission, Slg. 1973, 679).

63 Bezueglich der Beurteilung für den Zeitraum 1987/88 verweist das Parlament darauf, daß der Anstellungsbehörde diese Beurteilungen noch nicht zur Verfügung gestanden hätten, als die streitige Beförderungsentscheidung getroffen worden sei. Die Anstellungsbehörde habe sich daher auf frühere Beurteilungen gestützt; der Grundsatz der Rechtssicherheit gestatte es nicht, zeitlich nach dieser Entscheidung entstandene Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Eine Verspätung von acht Monaten bei der Erstellung dieser Beurteilung sei nicht übertrieben. Das Parlament zieht weiterhin die Glaubwürdigkeit der Beurteilung des Klägers für den Zeitraum 1987/88 in Zweifel, weil diese Beurteilung von Personen stamme, die seine Bewerbung um den Dienstposten eines Sprachberaters unterstützt hätten und statistisch gesehen die Benotungen in dieser Beurteilung nicht denen in der Beurteilung der anderen Beamten der dänischen Abteilung entsprächen. Bezueglich der Errechnung des Beförderungsdienstalters weist das Parlament darauf hin, daß Rechte und Pflichten der in Teilzeitarbeit tätigen Beamten mit Ausnahme der Besoldung und der Arbeitszeit denen der vollbeschäftigten Beamten entsprächen.

64 Bezueglich der positiven Diskriminierung von Frau X bringt das Parlament vor, diese Begründung sei von der Generaldirektorin erst "nach Vergleich der Fachkenntnisse der drei Bewerber" angeführt worden. Auf jeden Fall habe sich die Anstellungsbehörde bei ihrer Entscheidung nicht auf den Grundsatz der Chancengleichheit gestützt, um der ernannten Bewerberin den Vorrang einzuräumen. Selbst wenn man annehme, daß die Formulierungen einiger der der Anstellungsbehörde im Verlauf des Beförderungsverfahrens übermittelten Schriftstücke diese hätten irreführen können, habe die Anstellungsbehörde doch ihre Entscheidung bekräftigt und sie rechtlich ausreichend begründet, als sie in voller Kenntnis der berichtigten Daten die vom Kläger erhobene Beschwerde zurückgewiesen habe.

65 Bezueglich der Halbtagstätigkeit von Frau X ist das Parlament der Meinung, der Kläger habe nicht nachgewiesen, daß dieser Umstand den Dienst beeinträchtigt habe. Sie könne kein Grund für die Nichtigerklärung der streitigen Beförderungsmaßnahme sein, weil einzige Rechtsfolge einer etwaigen Unvereinbarkeit mit dienstlichen Interessen der Widerruf der Genehmigung der Teilzeitarbeit der Betroffenen gewesen wäre.

Würdigung des Gerichtes

66 Zwei Aspekte der vom Kläger geltend gemachten Klagegründe und Argumente sind zu unterscheiden. In erster Linie geht es um die Feststellung, ob Frau X eine der in der Stellenausschreibung genannten Voraussetzungen erfuellte, nämlich die der "Kenntnis der bei Verwaltungsarbeiten zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken". In zweiter Linie geht es um die Überprüfung der Art und Weise, in der die Anstellungsbehörde die in Artikel 45 des Statuts vorgesehene Abwägung der Verdienste der Bewerber vorgenommen hat.

67 Was die erste Frage anbelangt, so besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die entscheidende Rolle der Stellenausschreibung darin, die an einer Bewerbung Interessierten so genau wie möglich über die Anforderungen der fraglichen Stelle zu unterrichten, damit sie beurteilen können, ob sie sich bewerben sollen. Die Ausschreibung stellt daher den rechtlichen Rahmen dar, den die Anstellungsbehörde sich selbst vorgibt. Entdeckt sie allerdings, daß die in der Ausschreibung enthaltenen Voraussetzungen über das hinausgehen, was die dienstlichen Bedürfnisse erfordern, so steht es in ihrem Belieben, das Beförderungsverfahren zu wiederholen, indem sie die ursprüngliche Stellenbekanntgabe annulliert und sie durch eine berichtigte Bekanntgabe ersetzt (Urteile vom 30. Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73, Grassi/Rat, Slg. 1974, 1099, und vom 7. Februar 1990 in der Rechtssache C-343/87, Culin/Kommission, Slg. 1990, I-225).

68 Das Gericht hat daher zu prüfen, ob eine objektive Entsprechung zwischen dem Wortlaut der Ausschreibung einerseits und den Fachkenntnissen von Frau X andererseits bestand. Eine Prüfung der Fachkenntnisse des Klägers ist für die Beantwortung dieser Frage nicht von Interesse.

69 Die Beantwortung der zweiten Frage macht demgegenüber eine Prüfung der Unterlagen über die Verdienste sowohl des Klägers als auch der Frau X durch das Gericht erforderlich. Diese Prüfung bedeutet indessen nicht, daß das Gericht eine eigenständige Abwägung der Verdienste der Bewerber vornähme, und noch viel weniger, daß es die Bewertung der Anstellungsbehörde durch seine eigene Bewertung dieser Verdienste ersetzen könnte. Bei der Bewertung des dienstlichen Interesses und der im Rahmen einer Beförderungsmaßnahme nach Artikel 45 des Statuts zu berücksichtigenden Verdienste verfügt die Anstellungsbehörde über ein weites Ermessen; daher hat sich die Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter auf diesem Gebiet auf die Frage zu beschränken, ob die Verwaltung, nach der Art und Weise zu urteilen, wie sie möglicherweise zu ihrer Entscheidung gelangt ist, die Grenzen des Zulässigen überschritten hat und bei der Ausübung ihres Ermessens einem offensichtlichen Irrtum unterlegen ist (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Oktober 1986 in der Rechtssache 26/85, Vaysse/Kommission, Slg. 1986, 3131). Weiter setzt die Ausübung des Ermessens der Anstellungsbehörde eine sehr sorgfältige Prüfung der Personalakten und eine gewissenhafte Beachtung der in der Ausschreibung einer freien Planstelle genannten Anforderungen voraus (Urteil des Gerichtshofes vom 30. Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73, Grassi/Kommission, a. a. O.), da einem solchen Ermessen die Pflicht entspricht, alle maßgeblichen Gesichtspunkte des Einzelfalles sorgfältig und unparteilich zu prüfen (Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90, Technische Universität München/Hauptzollamt München, Slg. 1991, I-5469).

70 Hieraus folgt, daß das Gericht sich darauf zu beschränken hat, Objektivität und Genauigkeit der in Artikel 45 des Statuts vorgesehenen Abwägung der Verdienste nachzuprüfen, wie sie die Anstellungsbehörde im Hinblick auf die Fassung der Stellenausschreibung vorliegend vorzunehmen hatte.

71 Bezueglich der ersten Frage, ob die Fachkenntnisse von Frau X den Anforderungen der Stellenausschreibung entsprachen, muß betont werden, daß die betreffende, 1989 veröffentlichte Ausschreibung die "Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken" voraussetzte, während die Ausschreibungen zweier Auswahlverfahren für Sprachberater spanischer beziehungsweise portugiesischer Sprache, die im Laufe des Jahres 1988 veröffentlicht und von der Generaldirektorin der GD VII in ihrem Vermerk vom 16. Oktober 1989 angeführt wurden (vgl. oben Randnrn. 23 ff.), sich darauf beschränkten, eine solche Kenntnis als wünschenswert zu bezeichnen. Wie das Parlament ausgeführt hat, war "die Computerisierung der Dokumentations- und Terminologiearbeiten der Abteilung" zwar nur eine von acht Aufgaben des Sprachberaters, doch ändert dies nichts daran, daß die zwischen 1988 und 1989 eingetretene Veränderung - bezueglich der Anforderungen an die EDV-Kenntnisse der Bewerber in den genannten Ausschreibungen von Auswahlverfahren zum einen und in der betreffenden Stellenausschreibung zum anderen - als entscheidungserheblich anzusehen ist. Diese Erheblichkeit ergibt sich insbesondere aus dem, was die Generaldirektorin persönlich in ihrer "Bilanz der Aktivitäten der GD VII im Laufe des Haushaltsjahres 1988" (a. a. O.) geschrieben und was das Parlament selbst als notwendigen Rahmen herausgestellt hat, innerhalb dessen die betreffende Stellenausschreibung zu untersuchen sei. Diese "Bilanz" betont nämlich die Notwendigkeit des Einsatzes neuer Technologien für die Zukunft, um eine Antwort auf die Probleme der Direktion Übersetzung zu finden. Die Bedeutung der EDV für die Arbeit der dänischen Übersetzungsabteilung ist ferner in den Vermerken von Herrn Hargreaves vom 2. Februar 1989 und von Herrn Drangsfeldt vom 31. Mai 1989 betont worden.

72 Unter diesen Umständen stellt das Gericht fest, daß entgegen der Darstellung des Parlaments das in der Stellenausschreibung angeführte Erfordernis einer "Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken" ein effektives Bedürfnis der Anstellungsbehörde im Hinblick auf die Organisation ihrer Dienste zum Ausdruck brachte und daß dieses von der Verwaltung selbst so festgelegte Erfordernis nicht als nebensächlich betrachtet werden kann. Auch wenn eine solche Voraussetzung in technischen Ausdrücken abgefasst ist, hat sie eine objektive Bedeutung, die die Entwicklung objektiver Kriterien zur Festlegung der Grenzen erlaubt, in denen sich die Ausübung des Ermessens der Anstellungsbehörde zu bewegen hat, weil die Festlegung eines solchen Rahmens nicht der ermessensbestimmten Auslegung durch diese selbst überlassen werden kann.

73 Aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten der Sachverständigen ergibt sich, daß das Erfordernis der "Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken" in der Stellenausschreibung dahin auszulegen ist, daß von den Bewerbern eine Kenntnis verlangt wurde, die sich qualitativ einmal von der eines Anwenders oder Benutzers einer Datenbank, zum anderen von der eines Programmierers oder Systemanalytikers unterscheidet. Es ergibt sich weiter, daß lediglich eine Kenntnis, die dem von der Sachverständigen entwickelten Bild eines "Verwalters" entspricht, in spezifischer Weise der in der Stellenausschreibung beschriebenen "Art der Tätigkeiten", nämlich der "Computerisierung der Dokumentations- und Terminologiearbeiten der Abteilung", entsprach.

74 Bezueglich der Kenntnisse von Frau X lässt sich der schriftlichen Erklärung von Herrn Y bezueglich der Seminare, die er geleitet und an denen Frau X teilgenommen hat (vgl. oben Randnr. 35), entnehmen, daß "eine der hauptsächlichen Zielsetzungen... darin [bestand], Teilnehmer, die über keinerlei Kenntnis von EDV-Material verfügten, mit der rein technischen Handhabung eines Terminals vertraut zu machen". Im Lichte der Erläuterungen der Sachverständigen stellt das Gericht fest, daß weder eine solche Ausbildung noch die spätere Benutzung eines Terminals für das Aufsuchen von Dokumentationen oder Präzedenzfällen eine ausreichende Kenntnis der bei der Verwaltungsarbeit zum Einsatz gelangenden EDV-Techniken zu vermitteln vermögen, die den vorstehend genannten qualitativen Anforderungen entspreche würde. Unter diesem Blickwinkel ist die Stelle im schriftlichen Gutachten der Sachverständigen von besonderem Interesse, wo es heisst: "Der wiederholte Hinweis des Bewerbers auf die Bedeutung dieser Ausbildung könnte als Indiz für mangelnde Sensibilität gegenüber den anderen Aspekten der EDV gedeutet werden." Wie bereits festgestellt, hat die Sachverständige bei ihrer Anhörung ausdrücklich bekräftigt, daß die Kenntnisse, die Frau X zugeschrieben wurden, nicht ausreichten, um die Kriterien zu erfuellen, die sie als die für die Bewertung der Kenntnisse der Bewerber auf diesem Gebiet maßgeblichen bezeichnet habe.

75 Unter diesen Umständen stellt das Gericht fest, daß die Kenntnisse von Frau X nicht den Anforderungen der Stellenausschreibung entsprachen, wie sie objektiverweise auszulegen waren. Hieraus folgt, daß die Anstellungsbehörde, soweit sie davon ausging, daß Frau X die Anforderungen der Stellenausschreibung in der von ihr veröffentlichten Fassung erfuelle, sich nicht an die Grenzen gehalten hat, die sie sich selbst bezueglich ihrer Auswahlmöglichkeiten gezogen hatte und in denen sie sich sowohl zum Zeitpunkt der Beförderung von Frau X als auch zum Zeitpunkt der Zurückweisung der Beschwerde des Klägers bewegen musste. Da sie die ursprüngliche Stellenausschreibung nicht annulliert und durch eine Ausschreibung mit ausdrücklich geänderten Bedingungen ersetzte, blieb der Anstellungsbehörde nur die Wahl, die Bewerbung von Frau X unberücksichtigt zu lassen.

76 Zudem hat das Parlament nicht den Nachweis erbracht, daß die Anstellungsbehörde die Prüfung, ob die Kenntnisse der Frau X den Anforderungen der Stellenausschreibung entsprachen, mit der erforderlichen Objektivität und Genauigkeit vorgenommen hätte. Den Erläuterungen des Parlaments lässt sich nämlich entnehmen, daß die dem Präsidenten des Parlaments als Anstellungsbehörde aus Anlaß der Entscheidung über die Besetzung des Dienstpostens eines Sprachberaters dänischer Sprache übermittelten Akten keinen Hinweis enthielten, der ihm eine solche Prüfung gestattet hätte, da die Stellenausschreibung und die vom Kläger seiner Bewerbung beigeheftete Erklärung von allen dem Präsidenten übermittelten Schriftstücken die einzigen waren, die sich auf EDV-Kenntnisse bezogen. Prüft man weiter die Beurteilungen seitens der nachgeordneten Instanzen sowohl während des Verfahrens, das zu der streitigen Beförderung führte, als auch während des Verfahrens, das zur Zurückweisung der Beschwerde des Klägers führte, so muß festgestellt werden, daß die Beurteilungen der Generaldirektorin der GD VII in ihren Vermerken vom 7. Juni, 3. Oktober und 16. Oktober 1989 insofern Fehler aufwiesen, als sie zu Unrecht von der Annahme ausgingen, wie sich klar aus dem Vermerk vom 16. Oktober 1989 ergibt, daß die Anforderungen der Stellenausschreibung die gleichen seien wie die in den im Vorjahr veröffentlichten Auswahlverfahren für die Besetzung der Dienstposten eines Sprachberaters spanischer beziehungsweise portugiesischer Sprache. Auch die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Parlaments, wie sie dem Präsidenten im Hinblick auf die Entscheidung über die Beschwerde des Klägers zugeleitet worden ist, wies insoweit einen Fehler auf, als sie sich ausdrücklich auf die frühere Bewertung durch die Generaldirektorin bezog und sich auf die Feststellung beschränkte, daß "eine solche Beurteilung... im Ermessen der Anstellungsbehörde [liegt], die sich dem Standpunkt ihrer Generaldirektorin angeschlossen hat".

77 Bezueglich der zweiten Frage, die die Abwägung der Verdienste der Bewerber nach Artikel 45 des Statuts betrifft, tragen die bisher getroffenen Feststellungen bereits für sich genommen die weitere Feststellung, daß diese Abwägung die notwendige Objektivität und Genauigkeit hat vermissen lassen. Die einzige Abwägung, die dem Präsidenten des Parlaments als Anstellungsbehörde für die ihm obliegende Ernennung zur Kenntnis gebracht worden ist, nämlich die Beurteilung durch die Generaldirektorin in ihrem Vermerk vom 10. März 1989, war sowohl in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht unvollständig und offenkundig fehlerhaft.

78 Der Vermerk, den Herr Hargreaves am 2. Februar 1989 an die Generaldirektorin richtete, enthielt eine Abwägung der Verdienste der drei Bewerber und bezog sich hierbei zum einen auf die Natur der mit dem ausgeschriebenen Dienstposten verbundenen Aufgaben, zum anderen auf die in der Stellenausschreibung geforderten Fachkenntnisse und Kenntnisse. Der Vermerk der Generaldirektorin vom 10. März 1989 schweigt sich demgegenüber zu verschiedenen von Herrn Hargreaves angesprochenen Aspekten aus, insbesondere bezueglich der Terminologieerfahrung von Frau X, der pädagogischen Erfahrung des Klägers und vor allem bezueglich der EDV-Kenntnisse und -erfahrungen der drei Bewerber. Sie enthält darüber hinaus einen schwerwiegenden Fehler bei der Bewertung der Beurteilungen, da Frau X und der Kläger - anders als in dem Vermerk behauptet - gleich viele Benotungen mit "ausgezeichnet" erhalten hatten. Schließlich bezieht sie sich in Form einer vielleicht nicht entscheidenden, wohl aber den anderen Erwägungen bei der Abwägung der Verdienste zumindest gleichrangigen Erwägung auf das Anliegen, die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau sicherzustellen, wenn auch das Parlament sowohl in seiner schriftlichen Erklärung als auch in der mündlichen Verhandlung darauf bestanden hat, daß diese Erwägung in keiner Weise maßgeblich und im übrigen auch von der Anstellungsbehörde nicht berücksichtigt worden sei.

79 Das Gericht ist der Auffassung, daß ein solcher Mangel an Objektivität und Genauigkeit weder, wie das Parlament vorgebracht hat, dadurch, daß die dem Präsidenten übermittelten Akten eine maschinengeschriebene Tabelle enthielten, auf der der Generalsekretär des Parlaments handschriftlich eine richtige Bewertung der Beurteilungen angebracht hatte - ohne allerdings die der Generaldirektorin zu berichtigen -, noch dadurch ausgeglichen werden kann, daß die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Parlaments im Rahmen der Behandlung der Beschwerde des Klägers auf Seite 13 in Klammern den Irrtum der Generaldirektorin in diesem Punkt vermerkt.

80 Aus den gesamten vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß die Anstellungsbehörde mit dem Erlaß der angefochtenen Verfügung den rechtlichen Rahmen, den sie sich selbst mit der Stellenausschreibung gesetzt hatte, überschritten hat und daß ferner ihre Meinungsbildung sowohl bei der Prüfung der Frage, ob die ernannte Bewerberin die Anforderungen der Stellenausschreibung erfuellte, als auch bei der Abwägung der jeweiligen Verdienste der Bewerber einen offensichtlichen Irrtum aufweist. Damit ist den beiden vom Kläger vorgebrachten Klagegründen Erfolg beschieden; die Entscheidung des Präsidenten des Parlaments, Frau X auf den Dienstposten eines Sprachberaters dänischer Sprache zu befördern, wird aufgehoben.

Kostenentscheidung:

Kosten

81 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Beklagte mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Verfügung des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 3. Juli 1989, mit der Frau X im Anschluß an die Stellenausschreibung Nr. 5809 (PE 128908) auf den Dienstposten eines Sprachberaters der dänischen Übersetzungsabteilung (Generaldirektion Übersetzung und Allgemeine Dienste) befördert wurde, wird aufgehoben.

2) Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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