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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 05.06.2002
Aktenzeichen: T-198/00
Rechtsgebiete: Verordnung 40/94/EWG
Vorschriften:
Verordnung 40/94/EWG Art. 73 |
1. Eine Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle), die mit einer Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke befasst ist, kann bei der Prüfung der Akte sämtliche Angaben im Anmeldungsformular heranziehen, ohne dem Beschwerdeführer zuvor Gelegenheit zu geben, sich zu diesen Angaben zu äußern. Insbesondere ist die Beschwerdekammer nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer dazu aufzufordern, sich zu den von ihm selbst in das Anmeldungsformular eingetragenen Wörtern zu äußern, soweit sich diese Wörter nicht als offenkundiger Fehler des Anmelders darstellen.
( vgl. Randnr. 20 )
2. Bei Beschwerden zu den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) gegen die Ablehnung der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke muss es diesen gestattet sein, ihre Entscheidungen auf vor dem Prüfer nicht erörterte Argumente zu stützen, soweit sich die betroffene Partei zu dem Sachverhalt äußern konnte, der für die Anwendung der in Frage stehenden Rechtsvorschrift von Bedeutung war. Nach dem Grundsatz der funktionellen Kontinuität zwischen dem Prüfer und den Beschwerdekammern können diese die Prüfung der Anmeldung wieder aufnehmen, ohne durch die Begründung des Prüfers eingeschränkt zu sein.
( vgl. Randnr. 25 )
3. Die in den Mitgliedstaaten oder sogar Drittländern bereits bestehenden Eintragungen bilden Umstände, die für die Prüfung einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung hinsichtlich der absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 der Verordnung Nr. 40/94 nicht entscheidend sind. Infolge des einheitlichen Charakters der Gemeinschaftsmarke ist die Gemeinschaftsregelung für Marken nämlich ein autonomes System, mit dem ihm eigene Zielsetzungen verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ist deshalb nur auf der Grundlage der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen, wobei die Eintragungen nationaler Marken Umstände sind, die das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) nicht binden können, die aber bei der Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse berücksichtigt werden können.
( vgl. Randnr. 32 )
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 5. Juni 2002. - Hershey Foods Corporation gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle). - Gemeinschaftsmarke - Bildmarke mit der Bezeichnung 'Kiss Device with plume' - Anspruch auf rechtliches Gehör - Artikel 73 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Voreintragung der Marke in bestimmten Mitgliedstaaten. - Rechtssache T-198/00.
Parteien:
In der Rechtssache T-198/00
Hershey Foods Corporation mit Sitz in Hershey, Pennsylvania (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigter: Barrister R. Wyand, QC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. von Mühlendahl, J. Miranda de Sousa und A. Di Carlo als Bevollmächtigte,
eklagter,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 29. Mai 2000 (Sache R 391/1999-3)
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten R. M. Moura Ramos sowie der Richter J. Pirrung und A. W. H. Meij,
Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat
aufgrund der am 28. Juli 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 13. November 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2002,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Sachverhalt
1 Die Klägerin meldete am 24. Dezember 1997 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der geänderten Fassung eine Gemeinschaftsmarke an.
2 Es handelte sich dabei um folgende Bildmarke:
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3 Die Marke wurde für Waren der Klassen 5 und 30 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.
4 Mit Schreiben vom 21. Januar 1999 teilte der Prüfer der Klägerin mit, dass das angemeldete Zeichen voraussichtlich nicht eintragungsfähig sei, da es für die angemeldeten Waren der Klasse 30 des Nizzaer Abkommens keine Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr.40/94 habe.
5 Mit Bescheid vom 12. Mai 1999 wies der Prüfer die Anmeldung aus den in seinem Schreiben vom 21. Januar 1999 genannten Gründen nach Artikel 38 der Verordnung Nr. 40/94 teilweise, nämlich für alle Waren der Klasse 30 des Nizzaer Abkommens, zurück.
6 Am 12. Juli 1999 erhob die Klägerin beim Amt eine Beschwerde nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 gegen diesen Prüferbescheid über die teilweise Zurückweisung ihrer Anmeldung.
7 Mit Entscheidung vom 29. Mai 2000 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die der Klägerin am 31. Mai 2000 zugestellt wurde, bestätigte die Dritte Beschwerdekammer die Zurückweisung der Anmeldung durch den Prüfer teilweise, und zwar mit der Begründung, dass das Zeichen für die meisten angemeldeten Waren in Klasse 30 des Nizzaer Abkommens nicht gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 unterscheidungskräftig sei, und hob den Prüferbescheid hinsichtlich verschiedener anderer Waren in Klasse 30 auf.
8 Die Beschwerdekammer führte im Wesentlichen aus, dass das angemeldete Zeichen die Form einer in Aluminiumpapier verpackten Süßware wiedergebe, die die Anmelderin als kiss device with plume" beschreibe. Die Beschwerdekammer stellte fest, dass die Verbraucher ein solches Zeichen als die gewöhnliche und übliche Verpackung für die zu der Klasse 30 gehörenden Süßwaren dieser Art wahrnähmen (Randnr. 19 der angefochtenen Entscheidung). Hinsichtlich des Nachweises der im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 erworbenen Unterscheidungskraft verwies die Beschwerdekammer die Sache an den Prüfer zurück (Nr. 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung).
Anträge der Parteien
9 Die Klägerin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung dahin zu ändern, dass der Bescheid des Prüfers über die Zurückweisung der Anmeldung aufgehoben wird, und die Eintragung der angemeldeten Marke für alle angemeldeten Waren anzuordnen.
10 Das Amt beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
11 Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe, nämlich erstens eine Verletzung von Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 und zweitens einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 40/94, der darin liege, dass den nationalen Voreintragungen kein hinreichendes Gewicht beigemessen worden sei.
Zum ersten Klagegrund: Verletzung von Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94
Vorbringen der Parteien
12 Nach Auffassung der Klägerin verletzt die angefochtene Entscheidung Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94, da sie auf Gründen und Beweisen beruhe, zu denen sie sich nicht habe äußern können; dabei handele es sich um folgende vier Punkte.
13 Erstens habe es die Dritte Beschwerdekammer für beachtlich gehalten, dass in dem Formular für die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke an der Stelle, die für die Wiedergabe einer Wortmarke vorgesehen sei, die Wörter kiss device with plume" eingetragen worden seien, obgleich die Klägerin eine Bildmarke angemeldet habe. Diese Wörter seien aber nur versehentlich in das Formblatt eingetragen worden und entsprächen nicht der Beschreibung des angemeldeten Zeichens. Sie hätten daher außer Betracht bleiben müssen. Wäre die Klägerin aufgefordert worden, sich hierzu zu äußern, hätte sie dies klarstellen können.
14 Zweitens sei sie auch nicht aufgefordert worden, zu den Definitionen des Wortes kiss" in den englischen Wörterbüchern Webster's Ninth New Collegiate Dictionary und The New Shorter Oxford English Dictionary und insbesondere dazu Stellung zu nehmen, ob diese Definitionen richtig und im vorliegenden Fall einschlägig seien.
15 Drittens habe sie auch keine Gelegenheit gehabt, sich zu der Feststellung der Beschwerdekammer zu äußern, wonach die in Frage stehende Marke die Form einer allgemein als kiss" bezeichneten Süßware darstelle (Randnr. 13 der angefochtenen Entscheidung). Eine Süßware, die allgemein so bezeichnet werde, gebe es aber nicht.
16 Viertens habe die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen, dass die Bildmarke von den betroffenen Verkehrskreisen als die gewöhnliche und übliche Form der in der Gemeinschaftsmarkenanmeldung genannten, in Aluminiumpapier verpackten Süßwaren der Klasse 30 wahrgenommen werde (Randnr. 19 der angefochtenen Entscheidung). Soweit diese Annahme auf einer verfehlten Auslegung der Definitionen des Ausdrucks kiss" in den Wörterbüchern beruhe, habe die Klägerin keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Schließlich habe die Klägerin auch nicht eingeräumt, dass die fragliche Marke die Form eines kiss" in einer Verpackung aus Aluminiumpapier habe, und auch hierzu habe sie sich nicht äußern können.
17 Nach Auffassung des Amtes verstieß die Dritte Beschwerdekammer nicht gegen Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94, da sie nicht verpflichtet gewesen sei, der Klägerin Gelegenheit zu geben, zu der Beachtlichkeit der Wörter kiss device with plume" oder zur Gültigkeit der Definitionen des Wortes kiss" in den Wörterbüchern Stellung zu nehmen.
18 Das fragliche Zeichen habe keine Unterscheidungskraft, denn es sei einfach nur eine Zeichnung der gewöhnlichen Form einer in Aluminiumpapier verpackten Süßware.
Würdigung durch das Gericht
19 Nach Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 dürfen die Entscheidungen des Amtes nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
20 Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe sich nicht zur Beachtlichkeit der Wörter kiss device with plume" äußern können, die sie versehentlich in die Rubrik Wiedergabe der Wortmarke" im Anmeldungsformular eingetragen habe, ist festzustellen, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer auf Umständen beruht, die sich aus der Anmeldungsakte ergaben und die die Klägerin kannte. Bei der Prüfung der Akte durfte die Beschwerdekammer sämtliche Angaben im Anmeldungsformular heranziehen, ohne der Klägerin zuvor Gelegenheit zu geben, sich zu diesen Angaben zu äußern. Eine Verpflichtung, die Klägerin dazu aufzufordern, sich zu den von ihr selbst in das Anmeldungsformular eingetragenen Wörtern kiss device with plume" zu äußern, bestand für die Beschwerdekammer nicht, da sich diese Wörter nicht als offenkundiger Fehler des Anmelders darstellen.
21 Indem sie die in das Formular eingetragenen Wörter kiss device with plume" berücksichtigte, verletzte die Beschwerdekammer daher Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 nicht.
22 Die Klägerin meint zweitens, sie hätte dazu aufgefordert werden müssen, zu den Definitionen des Wortes kiss" in den von der Beschwerdekammer verwendeten Wörterbüchern und insbesondere zur Richtigkeit und Einschlägigkeit dieser Definitionen im vorliegenden Fall Stellung zu nehmen.
23 Insoweit stellte der Prüfer sowohl in seinem Schreiben vom 21. Januar 1999 als auch in seinem die Anmeldung zurückweisenden Bescheid vom 12. Mai 1999 fest, dass die Marke keine Unterscheidungskraft habe, weil sie aus der gewöhnlichen Wiedergabe eines kiss" bestehe. Um festzustellen, ob diese Beurteilung fehlerfrei war, musste die Beschwerdekammer die Bedeutung dieses Ausdrucks prüfen. Anhand von Wörterbüchern stellte sie fest, dass dieser Begriff die Form bestimmter Waren, für die diese Marke angemeldet wurde, bezeichnen kann. Dies erlaubte es der Beschwerdekammer, die Beurteilung des Prüfers zu bestätigen, wonach die Marke eine der gewöhnlichen Formen einer solchen Ware wiedergibt. Die Bezugnahme auf die Definitionen des Wortes kiss" in Wörterbüchern war somit ein relevanter Bestandteil der von der Beschwerdekammer gegebenen Begründung.
24 Unter diesen Umständen kann die Heranziehung von Wörterbuchdefinitionen zur Klärung der Bedeutung des Wortes kiss" seitens der Beschwerdekammer nicht als einer der Gründe" im Sinne von Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 angesehen werden, hinsichtlich dessen der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müssen. Dass in der angefochtenen Entscheidung auf die Definitionen des Wortes kiss" in Wörterbüchern Bezug genommen wurde, verstieß daher nicht gegen diese Bestimmung.
25 Jedenfalls muss es den Beschwerdekammern gestattet sein, ihre Entscheidungen auf vor dem Prüfer nicht erörterte Argumente zu stützen, soweit sich die betroffene Partei zu dem Sachverhalt äußern konnte, der für die Anwendung der in Frage stehenden Rechtsvorschrift von Bedeutung war. Nach dem Grundsatz der funktionellen Kontinuität zwischen dem Prüfer und den Beschwerdekammern können diese die Prüfung der Anmeldung wieder aufnehmen, ohne durch die Begründung des Prüfers eingeschränkt zu sein (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Februar 2000 in der Rechtssache T-122/99, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], Slg. 2000, II-265, Randnr. 27).
26 Die dritte und die vierte Rüge der Klägerin gehen dahin, dass sie sich auch zu den weiteren Feststellungen der Beschwerdekammer, die fragliche Marke gebe die Form einer allgemein als kiss" bezeichneten Süßware wieder und sie werde von den betroffenen Verkehrskreisen als die gewöhnliche und übliche Form in Aluminium verpackter Süßwaren wahrgenommen, nicht habe äußern können.
27 Bereits im Prüferbescheid vom 12. Mai 1999 war darauf abgestellt worden, dass die Marke ausschließlich aus der gewöhnlichen Wiedergabe eines kiss" bestehe (the trade mark simply consists of the ordinary representation of a kiss") und dass, wie allgemein bekannt sei, kisses", so wie die oben abgebildete Marke dies wiedergebe, eine rundliche Form hätten und in Papier oder Aluminiumpapier verpackt seien (it is commonplace that kisses are round-shaped and wrapped in paper or foil as represented in the above mark"). Damit konnte die Klägerin der Begründung des Prüferbescheids die Gründe für die Zurückweisung ihrer Gemeinschaftsmarkenanmeldung entnehmen und diesen Bescheid vor der Beschwerdekammer sachgerecht anfechten (in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001 in den Rechtssachen T-135/99, Taurus-Film/HABM [Cine Action], Slg. 2001, II-379, Randnr. 35, und T-136/99, Taurus-Film/HABM [Cine Comedy], Slg. 2001, II-397, Randnr. 35), was auch ihre bei der Dritten Beschwerdekammer eingereichte Beschwerdebegründung belegt. Demgemäß waren der Klägerin die von der Beschwerdekammer herangezogenen Argumente, mit denen diese die Zurückweisung der Anmeldung bestätigte, im Wesentlichen bekannt, und somit konnte sie sich zu ihnen auch äußern.
28 Demach stellt es keinen Verstoß gegen Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 dar, dass die Beschwerdekammer die Klägerin nicht zu einer Stellungnahme zu den vorgenannten Fragen aufforderte, denn sie stützte ihre Entscheidung im Vergleich zum Prüferbescheid nicht auf neue Gründe, zu denen sich die Klägerin nicht hätte äußern können. Der erste Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund eines Verstoßes gegen die Verordnung Nr. 40/94, da den nationalen Voreintragungen kein hinreichendes Gewicht beigemessen worden sei, und zur Prüfung von Amts wegen, ob insoweit die Begründungspflicht gewahrt wurde
Vorbringen der Parteien
29 Nach Auffassung der Klägerin verstieß die Beschwerdekammer in Randnummer 22 der angefochtenen Entscheidung dadurch gegen die Verordnung Nr. 40/94, dass sie die in Frankreich, Irland, den Benelux-Staaten, Spanien und Griechenland bereits eingetragenen Marken, die mit dem als Gemeinschaftsmarke angemeldeten Zeichen identisch seien, nicht hinreichend berücksichtigt habe.
30 Laut der 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 solle es vermieden werden, dass sich in Rechtsstreitigkeiten über denselben Tatbestand zwischen denselben Parteien voneinander abweichende Gerichtsurteile aus einer Gemeinschaftsmarke und aus parallelen nationalen Marken ergäben. Aus dieser Begründungserwägung folge überdies zwingend, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 ebenso auszulegen seien wie die der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1). Das Amt habe deshalb die Entscheidungen der nationalen Ämter der Mitgliedstaaten über identische Zeichen zu berücksichtigen und dürfe von ihnen nur abweichen, wenn sie offenkundig verfehlt seien.
31 Das Amt meint, dass dieser Klagegrund auf einem Fehlverständnis des Verhältnisses zwischen dem Gemeinschaftsmarkensystem und dem nationalen Markenrecht der Mitgliedstaaten sowie des Wortlauts der 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 beruhe.
Würdigung durch das Gericht
32 Nach der ersten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 soll es die Gemeinschaftsmarke den Unternehmen ermöglichen, ihre Waren oder Dienstleistungen in der gesamten Gemeinschaft ohne Rücksicht auf Grenzen [zu] kennzeichnen". Folglich bilden die in den Mitgliedstaaten oder sogar Drittländern bereits bestehenden Eintragungen Umstände, die für die Prüfung einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung hinsichtlich der absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 der Verordnung Nr. 40/94 nicht entscheidend sind (in diesem Sinne Urteil Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], Randnrn. 60 und 61). Infolge des einheitlichen Charakters der Gemeinschaftsmarke ist die Gemeinschaftsregelung für Marken nämlich ein autonomes System, mit dem ihm eigene Zielsetzungen verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T-32/00, Messe München/HABM [Electronica], Slg. 2000, II-3829, Randnr. 47). Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ist deshalb nur auf der Grundlage der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Die Eintragungen nationaler Marken sind daher keine Umstände, die das Amt binden könnten. Sie können aber bei der Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse berücksichtigt werden.
33 Die Bedeutung, die nationale Eintragungen für die Beurteilung der Eintragungsfähigkeit einer Anmeldung im Hinblick auf die Eintragungshindernisse gemäß Artikel 7 der Verordnung Nr. 40/94 haben können, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalls ab.
34 Im vorliegenden Fall stellte die Klägerin gegenüber der Beschwerdekammer besonders auf die Voreintragung in Irland ab, denn in diesem Mitgliedstaat seien die markenrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen vor der Umsetzung der Richtlinie 89/104 strenger gewesen als die nach der Verordnung Nr. 40/94 anwendbaren. Die Klägerin untermauerte dieses Vorbringen jedoch nicht durch genaue Angaben zur Ausgestaltung des irischen Rechts. Anhand der Informationen, die sie zu der eingetragenen Marke in Irland beibrachte, lässt sich auch nicht sicher feststellen, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dieser Marke durch die nationalen Behörden eine Benutzung des Zeichens unberücksichtigt geblieben wäre. Die Angaben der Klägerin zu den übrigen nationalen Eintragungen der angemeldeten Gemeinschaftsmarke sind nicht präziser.
35 Unter diesen Umständen kann der Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, dass sie den Wert verkannt hätte, der den von der Klägerin geltend gemachten nationalen Eintragungen beizumessen ist.
36 Zu der weiteren, in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen und vom Gericht von Amts wegen zu prüfenden Frage, ob die angefochtene Entscheidung insoweit ordnungsgemäß begründet ist, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in dieser Entscheidung erwähnt, dass sie die von der Klägerin geltend gemachten nationalen Voreintragungen berücksichtigt habe (Randnrn. 21 und 22 der angefochtenen Entscheidung). Dass die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung insoweit nur knapp begründet hat, ist jedoch nicht zu beanstanden, da die Klägerin zu den nationalen Eintragungen keine genauen Angaben gemacht hatte, die die Beschwerdekammer ohne eine vertiefte Prüfung nicht hätte zurückweisen dürfen. Demnach hat das Amt die Begründungspflicht aus Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 nicht verletzt.
37 Auch das Vorbringen der Klägerin, dass das Amt seiner sich aus der 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 ergebenden Verpflichtung zur Vermeidung abweichender Gerichtsurteile nicht nachgekommen sei, greift nicht durch. Die 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 zielt nämlich, wie das Amt dargelegt hat, im Wesentlichen auf das Erfordernis ab, abweichende Urteile nationaler Gerichte zu verhindern, sei es durch nationale Verfahrensvorschriften oder durch Bestimmungen, die sich an den im Übereinkommen von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 1968 (konsolidierte Fassung, ABl. 1998, C 27, S. 1) enthaltenen Regeln über die Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren orientieren. Dagegen bezieht sich diese Begründungserwägung nicht auf Verwaltungsakte des Amtes und der nationalen Ämter der Mitgliedstaaten.
38 Auch dass die parallelen Bestimmungen der Richtlinie 89/104 und der Verordnung Nr. 40/94 grundsätzlich in gleicher Weise auszulegen sind, ändert schließlich an dieser Beurteilung nichts.
39 Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.
40 Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
41 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Amtes die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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