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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 07.02.1991
Aktenzeichen: T-2/90
Rechtsgebiete: EWG/EAG BeamtStat
Vorschriften:
EWG/EAG BeamtStat Art. 90 Abs. 2 | |
EWG/EAG BeamtStat Art. 32 Abs. 2 Beamten | |
EWG/EAG BeamtStat Art. 5 Abs. 3 |
1. Im Rahmen eines allgemeinen Auswahlverfahrens, das zur Bildung einer Reserve für spätere Einstellungen durchgeführt wird, ist das Erfordernis des Besitzes eines Hochschuldiploms für die Zulassung zum Verfahren notwendigerweise in dem Sinne zu verstehen, den die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Bewerber seine Ausbildung absolviert hat, diesem Ausdruck beimessen.
Die Bestimmung des Datums, von dem an der Betroffene als Inhaber dieses Diploms anzusehen ist, liegt in der alleinigen Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden dieses Staates; sie unterliegt nicht der Nachprüfung durch das Gericht. Für die Entscheidung der Streitigkeiten über die Anwendung der betroffenen nationalen Rechtsvorschriften durch diese Verwaltungsbehörden sind die Gerichte dieses Mitgliedstaats allein zuständig.
2. Im Rahmen des vorprozessualen Verfahrens muß die Anstellungsbehörde in der Lage sein, die Beanstandungen des Betroffenen hinsichtlich der angefochtenen Entscheidung hinreichend genau zu kennen.
Da das vorprozessuale Verfahren informeller Natur ist und die Betroffenen in dieser Phase im allgemeinen ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts handeln, darf die Verwaltung jedoch Beschwerden nicht eng auslegen, sondern muß sie aufgeschlossen prüfen.
Im Stadium der Klage müssen die gestellten Anträge zwar denselben Gegenstand wie die vorherige Verwaltungsbeschwerde haben, jedoch können die in der Beschwerde enthaltenen Rügen vor dem Gericht auf Argumente gestützt werden, die nicht notwendigerweise in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen.
3. Mit den Vorschriften des Artikels 5 des Statuts soll das Mindestniveau eines Beamten der betreffenden Laufbahngruppe allgemein nach der Art der entsprechenden Tätigkeiten bestimmt werden. Diese Vorschriften betreffen nicht die Einstellungsvoraussetzungen und bedingen nicht die Ausübung des Ermessens, das die Einstellungsbehörde nach Artikel 32 Absatz 2 des Statuts bei der Gewährung einer Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe hat, bei der sie im Rahmen der Einstellung eines Beamten die Ausbildung und besondere Berufserfahrung des Betroffenen berücksichtigt.
4. Hinsichtlich der Einstufung in die Besoldungsgruppe und in die Dienstaltersstufe bei der Einstellung verfügt die Anstellungsbehörde im Rahmen der Artikel 31 und 32 Absatz 2 des Statuts oder der zu ihrer Durchführung erlassenen internen Beschlüsse über ein weites Ermessen, wenn es um die Beurteilung der früheren Berufserfahrung eines als Beamten eingestellten Bewerbers sowohl in bezug auf ihre Art und Dauer als auch auf den mehr oder weniger engen Zusammenhang, in dem sie mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen kann, geht.
Die Anstellungsbehörde überschreitet nicht die Grenzen ihres Ermessens, wenn sie entscheidet, daß für die Gewährung einer Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe die besondere Berufserfahrung des Betroffenen im Sinne des Artikels 32 Absatz 2 des Statuts erst von der Erlangung des Diploms an berücksichtigt wird, das Zugang zu dem Auswahlverfahren gegeben hat, welches zur Einstellung geführt hat.
5. Ein Beschluß eines Gemeinschaftsorgans, der seinem gesamten Personal mitgeteilt worden ist und die Bestimmung der Besoldungsgruppe sowie die Einstufung in die Dienstaltersstufe bei der Einstellung betrifft, stellt eine innerdienstliche Richtlinie dar, die - auch wenn sie nicht als eine allgemeine Durchführungsbestimmung im Sinne von Artikel 110 des Statuts angesehen werden kann - als eine Verhaltensnorm mit Hinweischarakter anzusehen ist, die die Verwaltung sich selbst auferlegt und von der sie nur unter Angabe von Gründen gegebenenfalls abweichen kann, da sie andernfalls den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzen würde.
Der Anstellungsbehörde ist es nämlich grundsätzlich nicht untersagt, in einem allgemeinen internen Beschluß Regeln für die Ausübung des ihr im Beamtenstatut eingeräumten Ermessens aufzustellen. Das Bestreben, allen Beamten, die auf der Grundlage desselben Auswahlverfahrens eingestellt worden sind, die Gleichbehandlung hinsichtlich der Beurteilung durch die Verwaltung gemäß Artikel 32 Absatz 2 des Statuts zu sichern, stellt ein Ziel dar, das diese mit Recht verfolgen kann.
URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 7. FEBRUAR 1991. - ANA FERNANDES FERREIRA DE FREITAS GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - EINSTUFUNG - VERBESSERUNG HINSICHTLICH DER DIENSTALTERSSTUFE - BERUFSERFAHRUNG. - RECHTSSACHE T-2/90.
Entscheidungsgründe:
Sachverhalt
1 Die Klägerin, die seit dem 1. September 1988 Beamtin der Besoldungsgruppe LA 5, Dienstaltersstufe 1, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist, wendet sich gegen die Einstufung, die sie im Hinblick auf ihre frühere Berufserfahrung und den Tag der Erlangung des Hochschuldiploms erhielt, das ihr Zugang zu dem von ihr bekleideten Amt gab.
2 Am 9. Mai 1958 bestand die Klägerin die letzte Prüfung für die "licenciatura" im Fach Germanistik, die sie an der Universität Lissabon seit 1951 vorbereitet hatte. Sie legte die zur Erlangung des Diploms erforderliche Abschlussarbeit ("dissertaçao") nicht vor und begnügte sich mit dem von der Universität ausgestellten Zeugnis, das ihr das Bestehen der Prüfungen bescheinigte.
3 Nach diesem Studium war die Klägerin mehrere Jahre bei verschiedenen privaten Einrichtungen, u. a. der "Gulbenkian-Stiftung", und Filmgesellschaften als Übersetzerin beschäftigt.
4 Am 27. Juli 1974 erließ der portugiesische Minister für Bildungswesen und Kultur eine Verfügung, mit der den Verwaltungsausschüssen der Hochschuleinrichtungen für das Studienjahr 1973/74 ausnahmsweise die Befugnis eingeräumt wurde, die Modalitäten für die Beurteilung der Befähigung und Arbeit der Studenten festzulegen. Diese Befugnis erstreckte sich auf "Entscheidungen über die Beibehaltung oder Abschaffung der Prüfungsarbeiten oder anderer Abschlussarbeiten" (Nr. 1.2 der Verfügung).
5 Der Verwaltungsausschuß der philosophischen Fakultät Lissabon machte von dieser Befugnis sofort Gebrauch, um die Studenten auf der Grundlage der Verfügung vom 27. Juli 1974 von der Abschlussarbeit zu befreien.
6 Mit Verordnung vom 14. Januar 1975 des Staatssekretärs für Hochschulwesen und wissenschaftliche Forschung, veröffentlicht im Portugiesischen Gesetzblatt vom 20. Februar 1975, wurde in den philosophischen Fakultäten die Abschlussarbeit abgeschafft; alle, die im Studienjahr 1973/74 oder in den vorhergehenden Jahren den Studiengang für die "licenciatura" beendet hatten, wurden automatisch als "licenciados" [Inhaber einer "licenciatura"] betrachtet.
7 Am 30. Juli 1976 stellte der Rektor der Universität Lissabon der Klägerin ein Diplom aus, das bescheinigt, daß sie seit dem 27. Juli 1974 Inhaberin der "licenciatura" in Germanistik ist.
8 Am 6. November 1986 veröffentlichte die Kommission die Ausschreibung des Auswahlverfahrens KOM/LA/503 zur Bildung einer Reserve für spätere Einstellungen von Überprüfern/Hauptübersetzern/Gruppenleitern portugiesischer Sprache (Ausgabe des Amtsblattes in portugiesischer Sprache, C 280, S. 15). Gemäß Punkt III der Ausschreibung, der die Überschrift "Bedingungen für die Zulassung zum Auswahlverfahren" trug, mussten die Bewerber ein vollständiges Hochschulstudium mit einem Abschlußdiplom abgeschlossen haben und nachuniversitäre Berufserfahrung vorweisen können.
9 Die Klägerin wurde in die aufgrund des Auswahlverfahrens aufgestellte Eignungsliste aufgenommen. Am 22. Juni 1988 bot die Kommission ihr eine Beschäftigung als Hauptübersetzerin an.
10 Mit Verfügung vom 31. August 1988 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. September 1988 zur Beamtin auf Probe mit einer vorläufigen Einstufung in die Besoldungsgruppe LA 5, Dienstaltersstufe 1 und Besoldungsdienstalter vom 1. September 1988 an ernannt.
11 Mit Schreiben, die bei der Kommission am 15. November 1988 bzw. 26. Januar 1989 eingingen, verlangte die Klägerin, daß ihre Einstufung im Hinblick auf ihre gesamte Berufserfahrung überprüft werde.
12 Mit Verfügung vom 2. März 1989 stufte die Kommission die Klägerin mit Wirkung vom 1. September 1988 in die Besoldungsgruppe LA 5, Dienstaltersstufe 1, jedoch mit dem Besoldungsdienstalter vom 1. September 1987 an ein.
13 Der Einstufungsausschuß überprüfte in seiner Sitzung vom 13. April 1989 die Akte der Klägerin und gab eine Stellungnahme dahin ab, daß die Klägerin in die Besoldungsgruppe LA 5, Dienstaltersstufe 1, mit einem Besoldungsdienstalter von 12 Monaten einzustufen sei, weil nur die Berufserfahrung berücksichtigt werden könne, die nach der Erlangung des Diploms erworben worden sei, das Zugang zur Besoldungsgruppe 5 der Sonderlaufbahn Sprachendienst gegeben habe; im vorliegenden Fall sei das die Berufserfahrung, die nach dem 27. Juli 1974 - dem Datum, das auf dem von der Universität Lissabon ausgestellten Dokument angegeben sei - erworben worden sei.
14 Die mit der Verfügung vom 2. März 1989 vorgenommene Einstufung wurde mit Schreiben vom 11. Mai 1989 von der Anstellungsbehörde bestätigt.
15 Die Klägerin legte mit Schreiben vom 1. Juni 1989, eingegangen am 6. Juni 1989, Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften gegen die Verfügung vom 2. März 1989 ein.
16 Mit Schreiben vom 26. Juni 1989 an die Anstellungsbehörde ergänzte die Klägerin ihre Beschwerde.
17 Da die Verwaltung nicht antwortete, galt die Beschwerde als am 1. Oktober 1989 stillschweigend zurückgewiesen.
Verfahren
18 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 2. Januar 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe und auf Neueinstufung mit Rücksicht auf ihre Ausbildung und Berufserfahrung gemäß Artikel 32 Absatz 2 des Statuts erhoben.
19 Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.
20 Das Gericht hat mit Schreiben vom 4. Oktober 1990 gemäß Artikel 21 Absatz 2 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes der EWG der portugiesischen Regierung folgende Frage gestellt:
"Verleiht die Verordnung des Staatssekretärs für das Hochschulwesen vom 14. Januar 1975 Personen, die ihre letzte Prüfung in Germanistik vor 1973 bestanden haben, ohne jedoch die Abschlussarbeit vorgelegt zu haben, die Eigenschaft eines 'licenciado' vom Bestehen ihrer letzten Prüfung oder erst vom Inkrafttreten dieser Verordnung an? Mit anderen Worten, ist eine Person, die ihre letzte Prüfung an der Universität Lissabon am 9. Mai 1958 bestanden hat, von diesem Datum an oder erst vom 20. Februar 1975 (dem Datum der Veröffentlichung der Verordnung vom 14. Januar 1975) an oder vom 27. Juli 1974, dem in dem am 30. Juli 1976 ausgestellten Diplom dieser Person angegebenen Datum, an als 'licenciado' anzusehen?"
21 Mit Schreiben, das am 10. Dezember 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Generaldirektion für das Hochschulwesen des portugiesischen Ministeriums für das Bildungswesen auf diese Frage wie folgt geantwortet:
" 1) Nach den Rechtsvorschriften, die am 24. April 1974 in Kraft waren, war es für die Erlangung des akademischen Grades eines 'licenciado' der philosophischen Fakultäten erforderlich,
a) Prüfungen in sämtlichen Fächern, aus denen sich das betreffende Studienprogramm zusammensetzte, zu bestehen;
b) eine Prüfungsarbeit zu verfassen und sie mit Erfolg vorzulegen.
2) Die Verpflichtung zur Vorlage einer 'licenciatura' -Prüfungsarbeit wurde durch Entscheidung der Hochschulorgane auf der Grundlage einer allgemeinen Regierungsermächtigung oder durch die Verordnung des Staatssekretariats für Hochschulwesen und wissenschaftliche Forschung vom 14. Januar 1975 (1) abgeschafft; diejenigen, die in dem Studienjahr oder in den vorhergehenden Jahren den Studiengang für die 'licenciatura' , d. h. den unter dem oben genannten Buchstaben a genannten Teil, beendet hatten, wurden somit als 'licenciados' betrachtet.
3) Für das Datum der Erteilung des akademischen Grades eines 'licenciado' ist auf das Datum der Entscheidung über die Abschaffung des oben unter Buchstabe b genannten Erfordernisses abzustellen (2).
4) Dieses Datum ist das, welches auf dem von der Hochschule ausgestellten Diplom angegeben ist."
22 Die mündliche Verhandlung hat am 16. Januar 1991 stattgefunden. Die Vertreter der Parteien haben mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Parteien
23 Die Klägerin beantragt,
1) die Klage für zulässig und begründet zu erklären;
2) demgemäß
- die Verfügung der Kommission vom 2. März 1989 aufzuheben, soweit mit ihr die Klägerin mit Wirkung vom 1. September 1987 in die Besoldungsgruppe LA 5, Dienstaltersstufe 1, eingestuft wird;
- soweit erforderlich, die stillschweigende Entscheidung aufzuheben, mit der die Kommission die am 1. Juni 1989 gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts gegen die
Verfügung vom 2. März 1989 eingelegte Beschwerde zurückgewiesen hat;
3) der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Kommission beantragt,
- die Klage als unbegründet abzuweisen;
- über die Kosten des Verfahrens nach Rechtslage zu
entscheiden.
Begründetheit
24 Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe. Mit dem ersten wird ein Verstoß gegen die Artikel 2 und 3 des Beschlusses der Kommission über die Kriterien für die Einstufung in die Besoldungsgruppe und die Dienstaltersstufe bei der Einstellung (im folgenden: Beschluß) geltend gemacht; dieser Beschluß trat am 1. September 1983 in Kraft und wurde dem Personal am 21. Oktober 1983 mitgeteilt. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Artikel 5 und 32 des Statuts und gegen die allgemeinen Grundsätze des Diskriminierungsverbots und der Gleichbehandlung von Beamten geltend gemacht.
Zum ersten Klagegrund
25 Mit diesem Klagegrund macht die Klägerin geltend, daß ihr aufgrund der Beendigung ihres Hochschulstudiums im Jahr 1958 gemäß den Artikeln 2 und 3 des Beschlusses und den Artikeln 5 und 32 des Statuts eine Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe ihrer Besoldungsgruppe von 48 Monaten und nicht nur von 12 Monaten hätte gewährt werden müssen, was zu einer Einstufung in die dritte Dienstaltersstufe dieser Besoldungsgruppe geführt hätte.
26 Die Klägerin ist nämlich der Ansicht, daß sie aufgrund der Rückwirkung der Verordnung des portugiesischen Staatssekretärs für Hochschulwesen und wissenschaftliche Forschung vom 14. Januar 1975 seit 1958 und nicht seit 1974, wie die Kommission aufgrund des der Klägerin von der Universität Lissabon ausgestellten Diploms darlege, als Inhaberin des Diploms anzusehen sei, das sie seit 1958 gemäß Artikel 5 des Statuts zum Zugang zur Laufbahngruppe LA berechtige.
27 Diese Verordnung bestimmt folgendes:
"1. Unabhängig von der künftigen Regelung, die in die neuen Studienpläne der philosophischen Fakultäten übernommen werden wird, werden die 'licenciatura' -Prüfungsarbeit ebenso wie die 'licenciatura' -Prüfung der Reform von 1930 (Verordnung Nr. 18003 vom 25. Februar 1930) abgeschafft und alle, die im Studienjahr 1973/74 oder in den vorhergehenden Jahren das Studium für die 'licenciatura' abgeschlossen haben, werden automatisch als 'licenciados' betrachtet.
2. Der Durchschnitt der Noten in den Fächern der 'licenciados' , die keine Prüfungsarbeit vorgelegt haben, wird auf folgende Weise errechnet:
2.1. Reform von 1930: Durchschnitt aus den Fächern sämtlicher Gebiete, die für die Erlangung der 'licenciatura' erforderlich sind;
2.2. andere Reformen: Durchschnitt aus den Fächern der Gruppe, zu dem die Seminarnote addiert wird, bevor der Durchschnitt erneut berechnet wird. Der Durchschnitt aus den Gebieten, die nicht dieser Gruppe angehören, wird nur berücksichtigt, wenn er den Enddurchschnitt verbessert.
3. Die unter Nr. 2 vorgesehenen Diplome werden von der Hochschule ausgestellt, die für die Studenten zuletzt zuständig war.
4. Die 'licenciaturas' der Studenten, die keine Prüfungsarbeit vorgelegt haben, sind den anderen gleichwertig; jedoch können die, die eine Prüfungsarbeit vorgelegt haben, diese unter Voraussetzungen, die noch festgelegt werden, und entsprechend ihrer Bedeutung vorlegen, um einen zusätzlichen 'licenciatura' -Grad zu erlangen, falls dieser in der philosophischen Fakultät geschaffen wird.
5. Dieses ist von der Fakultät in jedem einzelnen Fall unter Berücksichtigung der Bedeutung der vorgelegten Prüfungsarbeit und ihrer Beurteilung im Hinblick auf die Erlangung dieses Grades zu prüfen."
28 Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der ratio dieser Verordnung ergebe, daß mit dieser nicht nur die Verpflichtung, zur Erlangung des Diploms eines "licenciado" der Philosophie eine Prüfungsarbeit vorzulegen, ex nunc abgeschafft worden, sondern auch allen jenen dieses Diplom ex tunc erteilt worden sei, die die zur Erlangung des akademischen Grades eines "licenciado" erforderlichen Prüfungen bestanden hätten. Die Klägerin sei daher seit dem 9. Mai 1958 als "licenciado" der Philosophie zu betrachten, da sie an diesem Tag ihre letzte Prüfung abgelegt habe.
29 Auf Vorhalt der Antwort der portugiesischen Regierung auf die Frage des Gerichts hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß diese Antwort die gestellte Frage nicht beantwortet habe, da sie im Widerspruch zu der genannten portugiesischen Verordnung stehe und es Sache des Gemeinschaftsrichters sei, diese Verordnung zum Zweck der korrekten Anwendung der einschlägigen Statutsvorschriften selbst auszulegen.
30 Die Kommission lehnt die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der Verordnung des portugiesischen Staatssekretärs ab und hält folglich diesen Klagegrund für unbegründet. Ihrer Ansicht nach ist allein das auf dem Diplom angegebene Datum des Wirksamwerdens dieses Diploms maßgebend. Falls die Universität Lissabon als portugiesische Verwaltungsbehörde sich hinsichtlich dieses Datums geirrt hätte, hätte die Klägerin leicht eine Berichtigung ihres Diploms erreichen können, so daß die Kommission ihren Anträgen hätte stattgeben können.
31 Nach den Urteilen des Gerichtshofes vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 108/88 (Cendoya/Kommission, Slg. 1989, 2711, Randnr. 14) und vom 9. November 1989 in den verbundenen Rechtssachen 75/88, 146/88 und 147/88 (Bonazzi-Bertottilli u. a./Kommission, Slg. 1989, 3599, Randnr. 20) sei jedenfalls zur Beantwortung der Frage, ab wann die Klägerin als Inhaberin der "licenciatura" zu betrachten sei, allein die portugiesische Verwaltungsbehörde zuständig. Nach Nr. 4 der Antwort der portugiesischen Regierung auf die Frage des Gerichts sei dieses Datum "das, welches auf dem von der Hochschule ausgestellten Diplom angegeben ist", nämlich der 27. Juli 1974.
32 Das Erfordernis des Besitzes eines Hochschuldiploms ist notwendigerweise in dem Sinne zu verstehen, den die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Bewerber seine Ausbildung absolviert hat, - im vorliegenden Fall die portugiesischen Rechtsvorschriften - diesem Ausdruck beimessen (vgl. Urteil vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 108/88, Cendoya, a. a. O., Randnr. 14).
33 Gemäß diesen Rechtsvorschriften setzte die Universität Lissabon als zuständige Verwaltungsbehörde das Datum des Wirksamwerdens des Diploms der Klägerin auf den 27. Juli 1974 fest.
34 Die Universität Lissabon hat die portugiesischen Rechtsvorschriften in eindeutigem Sinne angewandt; das Gericht ist nicht befugt, zu überprüfen, ob dies rechtens war. Für die Entscheidung solcher Streitigkeiten sind die portugiesischen Gerichte ausschließlich zuständig, und es ist allein Sache der Betroffenen, diese Gerichte nach Maßgabe des anwendbaren nationalen Rechts anzurufen (siehe Urteil vom 9. November 1989 in den verbundenen Rechtssachen 75/88, 146/88 und 147/88, Bonazzi -Bertottilli, a. a. O., Randnr. 20). Demnach hätte die Klägerin, wenn sie es für erforderlich hielt, das auf ihrem Diplom eingetragene Wirksamkeitsdatum vor dem zuständigen portugiesischen Gericht anfechten und gegebenenfalls der Kommission die berichtigte Fassung ihres Diploms vorweisen müssen.
35 Folglich hat die Kommission dadurch, daß sie auf das auf dem Diplom der Klägerin angegebene Datum abgestellt hat, die nach Artikel 2 Absatz 6 und Artikel 3 des Beschlusses zu berücksichtigende Dauer der Berufserfahrung der Klägerin korrekt berechnet.
36 Nach allem kann der erste Klagegrund keinen Erfolg haben.
Zum zweiten Klagegrund
37 Die Kommission bestreitet in ihrer Gegenerwiderung die Zulässigkeit dieses Klagegrundes, soweit mit ihm die Vereinbarkeit des Beschlusses mit dem Statut in Abrede gestellt werde. Die Klägerin habe weder in ihrer Beschwerde vom 1. Juni 1989 noch in deren Ergänzung vom 26. Juni 1989 auf den Beschluß Bezug genommen, noch gar seine Vereinbarkeit mit dem Statut in Frage gestellt.
38 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dargelegt, daß sie in ihrer Beschwerde die Art, wie die Verwaltung sie eingestuft habe, beanstandet habe, und daß sie damit vielleicht stillschweigend, jedenfalls aber bestimmt die Vorschrift gerügt habe, auf deren Grundlage die Kommission ihre ausserordentlich lange Berufserfahrung vor 1975 ausser acht gelassen habe. Sie habe ihre gegen die Verfügung über die Einstufung gerichtete Beschwerde ohne die Hilfe eines Rechtsanwalts und ohne jeglichen Formalismus im Geist eines vorprozessualen Verfahrens abgefasst, das habe ermöglichen sollen, eine gütliche Lösung zu finden. Die Kommission habe ihre Beschwerde nicht beantwortet und könne daher vor dem Gericht nicht geltend machen, daß die Beschwerde juristisch nicht genau genug gewesen sei.
39 Die Klägerin führt in der Ergänzung ihrer Beschwerde, deren Eigenschaft als Bestandteil der Beschwerde die Kommission nicht in Abrede stellt, folgendes aus: "Ich bin, wie es der Praxis entspricht, in der Weise eingestuft worden, daß meine Berufserfahrung erst vom Datum des offiziellen Diploms (1974) an gezählt worden ist... Ich bitte Sie um die Überprüfung meines Falles, denn diese Einstufung entspricht nicht den wirklichen Umständen, weil sie nicht meine tatsächliche Berufserfahrung berücksichtigt und weil ich das Studium, das den Zugang zu meiner Laufbahngruppe ermöglicht, 1958 abgeschlossen habe."
40 Die Überprüfung der Beschwerde ergibt, daß die Klägerin dort zwei "Rügen" (Urteil des Gerichtshofes vom 14. März 1989 in der Rechtssache 133/88, Del Amo Martinez/Parlament, Slg. 1989, 689, Randnr. 10) anführte, nämlich erstens, daß die Berufserfahrung, die vor dem Datum des Wirksamwerdens ihres Diploms liege, bei ihrer Einstufung nicht berücksichtigt worden sei und zweitens, daß ihr Diplom im Jahr 1958 und nicht im Jahr 1974 wirksam geworden sei.
41 Die erste dieser Rügen wird durch den zweiten Klagegrund gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes können die in der Beschwerde enthaltenen Rügen vor dem Gerichtshof auf Argumente gestützt werden, die nicht notwendigerweise in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen (Urteil vom 14. März 1989 in der Rechtssache 133/88, Del Amo Martinez, a. a. O., Randnr. 10). Hierzu hat der Gerichtshof weiter ausgeführt, daß die Verwaltung Beschwerden nicht eng auslegen dürfe, da das Verfahren informeller Natur sei und die Betroffenen in dieser Phase im allgemeinen ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts handelten, sondern sie aufgeschlossen prüfen müsse (Urteil vom 14. März 1989 in der Rechtssache 133/88, Del Amo Martinez, a. a. O., Randnr. 11).
42 Im vorliegenden Fall hätte die Anstellungsbehörde bei einer aufgeschlossenen Auslegung der Beschwerde erkennen müssen, daß die Klägerin mit ihrer ersten Rüge - wenn auch nicht juristisch genau - den Beschluß, den sie als "Praxis" bezeichnet, beanstandete.
43 Demnach konnte das vorprozessuale Verfahren voll und ganz seinen Zweck erfuellen, weil die Anstellungsbehörde in der Lage war, die Beanstandungen der Klägerin hinsichtlich ihrer Entscheidung hinreichend genau zu kennen.
44 Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.
45 Für die Prüfung der Begründetheit des zweiten Klagegrundes ist Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses zu zitieren, der wie folgt lautet:
"Als Berufserfahrung zählt vorbehaltlich von Artikel 2 von Anhang I dieses Beschlusses nur die Tätigkeit nach Erlangung des ersten Diploms, das nach Artikel 5 des Statuts zum Zugang zu der Laufbahngruppe berechtigt, in der der Dienstposten zu besetzen ist; ihr Niveau muß mit dem dieser Laufbahngruppe vergleichbar sein."
46 Die Klägerin führt aus, daß Artikel 5 des Statuts im Gegensatz zum Wortlaut des Artikels 2 des Beschlusses für die Ernennung zum Beamten in der Laufbahngruppe A nicht ausdrücklich den Besitz eines Diploms, sondern nur einer "Hochschulausbildung" oder eine gleichwertige Berufserfahrung verlange. Die Klägerin weise aber unstreitig seit dem 9. Mai 1958 eine "Hochschulausbildung" auf; an
diesem Tage habe sie ihre letzte Prüfung des Studiengangs für die "licenciatura" der Germanistik der Universität Lissabon bestanden.
47 Artikel 2 des Beschlusses sei insofern rechtswidrig, als er automatisch und endgültig jede Berufserfahrung auf Hochschulniveau vor der Erlangung eines Hochschuldiploms ausschließe. Diese Bestimmung erweise sich im Rahmen der Einstellung von Personal als zu starr, weil das Organ danach nicht die unterschiedlichen Sachverhalte berücksichtigen könne, die sich aus den zahlreichen in den Mitgliedstaaten geltenden Unterrichtssystemen ergäben. Diese Starrheit führe ausserdem dazu, daß bei allen den Beamten, die nur auf der Grundlage einer einem Hochschuldiplom vergleichbaren Berufserfahrung zu einem Auswahlverfahren zugelassen worden seien, die Erfahrung unabhängig von ihrer Dauer nicht berücksichtigt werden könne, die sie vor ihrem Amtsantritt erworben hätten.
48 Schließlich verstosse die Kommission dadurch, daß sie die Bewerber, die eine Prüfungsarbeit vorgelegt hätten, anders behandele als jene, die dies nicht getan hätten, nicht nur gegen die portugiesische Verordnung vom 14. Januar 1975, sondern auch gegen die allgemeinen Grundsätze des Diskriminierungsverbotes und der Gleichbehandlung der Beamten.
49 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausserdem dargelegt, daß ihre Lage anders gewesen wäre, wenn sie beschlossen hätte, nach zehn Jahren (im Jahr 1968) die Prüfungsarbeit vorzulegen, um so den alten Grad eines "licenciado" zu erlangen. In diesem Fall hätte sie sich in der Lage einer Person befunden, die freiwillig und wissentlich ihr Studium unterbrochen hätte;
das wäre für die Anstellungsbehörde ein Grund, gemäß Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses nur die nach der Erlangung des Diploms erworbene Berufserfahrung zu berücksichtigen. Die Situation der Klägerin sei jedoch grundlegend anders, da ihr der portugiesische Staat nur deshalb ein Diplom gegeben habe, ohne irgendeine zusätzliche akademische Leistung zu verlangen, um ihre Rechtslage mit ihrer tatsächlichen Lage in Einklang zu bringen. Daher sei die Anstellungsbehörde nicht verpflichtet gewesen, Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses mechanisch anzuwenden, und hätte in Anbetracht der Aussergewöhnlichkeit ihres Falles ihre gesamte seit 1958 erworbene Berufserfahrung berücksichtigen können.
50 Die Kommission erwidert, daß Artikel 5 Absatz 1 des Statuts keineswegs verbiete, von den Bewerbern, die auf die Ausschreibung eines Auswahlverfahrens, das Zugang zur Laufbahngruppe A gebe, antworteten, nicht nur eine "Hochschulausbildung", sondern auch deren Nachweis durch die Vorlage eines Diploms zu verlangen. Nach Ansicht der Kommission "spricht [nichts] dagegen, daß für bestimmte Dienstposten oder bestimmte Gruppen von Dienstposten in der Stellenausschreibung Voraussetzungen festgesetzt werden, die über die Mindestvoraussetzungen für die jeweilige Laufbahngruppe (Artikel 5 Absatz 1 des Statuts) hinausgehen, und zwar unabhängig davon, ob eine bestimmte freie Planstelle zu besetzen oder eine Einstellungsreserve für die Dienstposten einer bestimmten Laufbahngruppe zu bilden ist" (Urteil des Gerichtshofes vom 2. Oktober 1979 in der Rechtssache 178/78, Szemerey/Kommission, Slg. 1979, 2855, Randnr. 3). Diese Entscheidung bezueglich einer Stellenausschreibung, die strengere Zulassungsvoraussetzungen als die in Artikel 5 Absatz 1 des Statuts für die Einteilung der Dienststellen genannten "Mindestvoraussetzungen" aufstelle, gelte aus den gleichen Gründen im vorliegenden Fall für die Voraussetzungen der Einstufung in die in Artikel 2 des Beschlusses festgelegten Besoldungsgruppen und Dienstaltersstufen. Die gegenteilige Ansicht führe zu einer fehlenden Einheitlichkeit
innerhalb desselben Bereichs, nämlich der Einstellung von Beamten. Daher sei es unannehmbar, der Klägerin zu gestatten, zur Erlangung einer Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe eine Berufserfahrung geltend zu machen, die beim Zugang zum Auswahlverfahren, das zu ihrer Einstellung geführt habe, nicht habe berücksichtigt werden können.
51 Zu dem Vorbringen, Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses sei rechtswidrig, weil er die Berücksichtigung einer einer Hochschulausbildung gleichwertigen Berufserfahrung nicht zulasse, die vor der Erlangung eines Hochschuldiploms erworben worden sei, und zu der daraus folgenden angeblichen Starrheit macht die Kommission im wesentlichen geltend, daß ein Verweis auf Artikel 2 Absatz 8 des Beschlusses für die Feststellung genüge, daß nach einer Sonderregelung die vor der Ernennung liegende Berufserfahrung dann berücksichtigt werden könne, wenn "für den Zugang zu dem freien Dienstposten kein Diplom verlangt [wird]", und daß folglich die Kommission mit dem Erlaß dieser Vorschrift keinen rechtswidrigen Gebrauch von der weiten Beurteilungsbefugnis gemacht habe, die Artikel 32 Absatz 2 des Statuts ihr einräume. Dafür spreche auch, daß Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses erlassen worden sei, um "den Beamten im Rahmen von Artikel 5 Absatz 3 des Statuts gleiche Voraussetzungen bei der Einstellung und bei den Aufstiegsmöglichkeiten [zu] garantieren", wie es in der dritten Begründungserwägung des Beschlusses heisse.
52 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission noch ergänzt, daß es, entgegen der Ansicht der Klägerin, zur Gleichbehandlung der portugiesischen Beamten, die im Rahmen der alten Regelung der philosophischen "licenciatura" eine Prüfungsarbeit vorgelegt hätten, und jener, die dies nicht getan hätten, gerade geboten
sei, bei allen nur die Berufserfahrung vom Datum des Wirksamwerdens ihres förmlichen Diploms an zu berücksichtigen. Andernfalls könnte die Klägerin ihre Erfahrung von 1958 an berücksichtigen lassen, während diejenigen, die nach 1958 eine Prüfungsarbeit vorgelegt hätten, ihre Berufserfahrung erst von dem durch ein formgerechtes Diplom nachgewiesenen Datum der Vorlage dieser Arbeit an berücksichtigen lassen könnten. Daraus ergäbe sich eine Ungleichbehandlung von Beamten, die im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht unannehmbar sei.
53 Mit dem zweiten Klagegrund soll im wesentlichen die auf Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses gestützte Weigerung der Anstellungsbehörde, für die Berechnung einer Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe die von der Klägerin vor dem 27. Juli 1974 erworbene Berufserfahrung zu berücksichtigen, mit der Begründung gerügt werden, daß diese Weigerung gegen die Artikel 5 und 32 Absatz 2 des Statuts verstosse.
54 In bezug auf Artikel 5 des Statuts genügt ein Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes vom 2. Oktober 1979 in der Rechtssache 178/78 (Szemerey, a. a. O., Randnr. 3), wonach mit den Vorschriften des Artikels 5 des Statuts "das Mindestniveau eines Beamten der betreffenden Laufbahngruppe allgemein nach der Art der entsprechenden Tätigkeiten bestimmt werden [soll]; sie betreffen nicht die Einstellungsvoraussetzungen". Daher kann eine Stellenausschreibung Voraussetzungen aufstellen, die über die Mindestvoraussetzungen für die jeweilige Laufbahngruppe hinausgehen. Ebenso hängt die Ausübung des Ermessens, das die Anstellungsbehörde nach Artikel 32 Absatz 2 des Statuts bei der Gewährung einer Verbesserung hinsichtlich der Dienstaltersstufe hat, nicht von der in Artikel 5 Absatz 1 des Statuts enthaltenen
Beschreibung des von einem Beamten der betroffenen Besoldungsgruppe verlangten "Mindestniveaus" ab.
55 Daher ist zu prüfen, ob die Anstellungsbehörde durch den Erlaß des Artikels 2 Absatz 6 des Beschlusses und durch seine Anwendung auf den vorliegenden Fall die Grenzen des ihr in Artikel 32 Absatz 2 des Statuts eingeräumten Ermessens überschritten hat.
56 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes verfügt "die Anstellungsbehörde im Rahmen der Artikel 31 und 32 Absatz 2 des Statuts oder der zu ihrer Durchführung erlassenen internen Beschlüsse über ein weites Ermessen..., wenn es um die Beurteilung der früheren Berufserfahrung eines als Beamter eingestellten Bewerbers sowohl in bezug auf ihre Art und Dauer als auch auf ihren mehr oder weniger engen Zusammenhang, in dem sie mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen kann, geht" (siehe zuletzt Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1988 in den verbundenen Rechtssachen 314/86 und 315/86, De Szy-Tarisse/ Kommission, Slg. 1988, 6013, Randnr. 26).
57 Aus Artikel 2 Absatz 6 in Verbindung mit Absatz 8 des Beschlusses ergibt sich, daß - wie die Kommission ausgeführt hat - Absatz 6 nur auf Beamte anwendbar ist, die aufgrund einer Stellenausschreibung eingestellt worden sind, die wie im vorliegenden Fall als Zugangsvoraussetzung den Abschluß eines vollständigen Hochschulstudiums mit einem Abschlußdiplom verlangt hat. Für diese Beamten lässt Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses eine Berücksichtigung ihrer "besonderen Berufserfahrung" im Sinne des Artikels 32 Absatz 2 des Statuts nur von der Erlangung des Diploms an zu, das Zugang zu dem Auswahlverfahren gegeben hat, welches zur Einstellung des Beamten geführt hat.
58 In Anbetracht des "weiten Ermessens", über das die Anstellungsbehörde verfügt, muß diese Festlegung, die sich sowohl auf die Dauer und Art der zu berücksichtigenden Berufserfahrung als auch auf die Beziehung zwischen dieser und dem (oder den) auf der Grundlage der fraglichen Stellenausschreibung zu besetzenden Dienstposten erstreckt, als angemessen angesehen werden. Dafür spricht auch, daß sie sicherstellen soll, daß Artikel 5 Absatz 3 des Statuts in bezug auf die gemäß Artikel 32 Absatz 2 gewährten Verbesserungen der Dienstaltersstufe auf alle Personen angewendet wird, die aufgrund desselben Auswahlverfahrens eingestellt worden sind. Dieses Bestreben, alle Beamten gleich zu behandeln, die aufgrund desselben Auswahlverfahrens eingestellt worden sind, ist nicht nur der Einleitung des Beschlusses, sondern auch der Übergangsvorschrift des Artikels 10 Absatz 2 zu entnehmen, wonach alle erfolgreichen Teilnehmer eines Auswahlverfahrens, falls sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses bereits auf der Grundlage des Beschlusses vom 6. Juni 1973 eingestuft worden waren, auf der Grundlage des letztgenannten Beschlusses eingestuft wurden.
59 Da die Anstellungsbehörde verpflichtet war, sich hinsichtlich des Datums des Wirksamwerdens des Diploms der Klägerin an die Entscheidung der portugiesischen Verwaltungsbehörde zu halten, stellt die angefochtene Entscheidung eine korrekte Anwendung von Artikel 2 Absatz 6 und von Artikel 3 des Beschlusses dar.
60 Folglich kann die Beanstandung der angefochtenen Verfügung durch die Klägerin nur bedeuten, daß sie eine zusätzliche Berücksichtigung ihrer "besonderen Berufserfahrung" im Sinne des Artikels 32 Absatz 2 des Statuts über die Grenzen der Artikel 2 Absatz 6 und 3 des Beschlusses hinaus verlangt.
61 Hierzu ist zu bemerken, daß dieser Beschluß, auch wenn er nicht als eine allgemeine Durchführungsbestimmung im Sinne von Artikel 110 des Statuts angesehen werden kann, eine innerdienstliche Richtlinie darstellt, die als eine Verhaltensnorm mit Hinweischarakter anzusehen ist, die die Verwaltung sich selbst auferlegt und von der sie nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, da sie andernfalls den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzen würde (Urteile des Gerichtshofes vom 1. Dezember 1983 in der Rechtssache 190/82, Blomefield/Kommission, Slg. 1983, 3981, Randnr. 20, und in der Rechtssache 343/82, Michäl/Kommission, Slg. 1983, 4023, Randnr. 14). Der Anstellungsbehörde ist es nämlich grundsätzlich nicht untersagt, in einem allgemeinen internen Beschluß Regeln für die Ausübung des ihr im Beamtenstatut eingeräumten Ermessens aufzustellen. Das Bestreben, allen Beamten, die auf der Grundlage desselben Auswahlverfahrens eingestellt worden sind, die Gleichbehandlung hinsichtlich der Beurteilung durch die Anstellungsbehörde gemäß Artikel 32 Absatz 2 des Statuts zu sichern, stellt ein Ziel dar, das diese mit Recht verfolgen kann (siehe die Urteile des Gerichtshofes vom 15. Januar 1985 in der Rechtssache 266/83, Samara/Kommission, Slg. 1985, 189, Randnr. 15, und vom 6. Juni 1985 in der Rechtssache 146/84, De Santis/Rechnungshof, Slg. 1985, 1723, Randnr. 11).
62 Unter diesen Umständen kann die Klägerin einen Anspruch aus dem Statut nur auf diejenige weitergehende Berücksichtigung ihrer "besonderen Berufserfahrung" geltend machen, die sich für alle Beamte, die auf der Grundlage des allgemeinen Auswahlverfahrens KOM/LA/503 eingestellt worden sind, aus der korrekten Anwendung von Artikel 2 Absatz 6 und von Artikel 3 des Beschlusses ergibt, auch wenn die Anstellungsbehörde gegebenenfalls unter Angabe der Gründe von diesen Vorschriften hätte abweichen können.
63 Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, daß die Anwendung von Artikel 2 Absatz 6 und von Artikel 3 des Beschlusses dazu führe, daß die Klägerin gegenüber denjenigen schlechter behandelt werde, die im Rahmen der alten portugiesischen Regelung der philosophischen "licenciatura" ihr Diplom nach der Vorlage einer Prüfungsarbeit erlangt hätten und deren "besondere Berufserfahrung" deshalb von einem Datum vor dem 27. Juli 1974 an berücksichtigt werde.
64 Hierzu ist nämlich festzustellen, daß die Behandlung der Klägerin, die von der dieser anderen Beamten abweicht, weder auf dem Wortlaut von Artikel 2 Absatz 6 und von Artikel 3 des Beschlusses noch auf deren Anwendung auf den vorliegenden Fall beruht, sondern auf der in den Nrn. 3 und 4 der Antwort der portugiesischen Regierung auf die Frage des Gerichts beschriebenen bewussten Entscheidung der portugiesischen Behörden. Danach beabsichtigten die portugiesischen Behörden, die Gleichbehandlung dadurch zu wahren, daß sie darauf achteten, den objektiven Unterschieden zwischen denjenigen, die eine Prüfungsarbeit vorgelegt hatten, und denjenigen, die dies nicht getan hatten, Rechnung zu tragen. Daher war es ihr Bestreben, daß diejenigen, die die Abschlussarbeit vorgelegt hatten, für die Zeit vor dem 27. Juli 1974 als "licenciados" angesehen werden, diejenigen aber, die zu diesem Zeitpunkt keine Arbeit vorgelegt hatten, den Studenten gleichgestellt würden, die ihr Studium im Rahmen der neuen Regelung abgeschlossen haben. Die portugiesischen Behörden haben ausserdem denjenigen, die die "licenciatura" im Rahmen der alten Regelung erlangt haben, gestattet, für die Zeit nach diesem Datum ihre Prüfungsarbeit zur Erlangung eines zusätzlichen Titels vorzuweisen, um deutlich zu machen, daß sie im Unterschied zu den gewöhnlichen "licenciados" eine Prüfungsarbeit vorgelegt hatten.
65 Ausserdem würde, wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, das von der Klägerin befürwortete System auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts insofern zu einer Ungleichbehandlung führen, als nach ihm die Anstellungsbehörde die besondere
Berufserfahrung der Klägerin vom Ende ihrer Hochschulprüfungen (1958) an berücksichtigen müsste, während die der anderen Hochschüler ihres Jahrgangs erst von einem Datum nach dem Ende der Prüfungen, nämlich dem der Vorlage der Prüfungsarbeit an, berücksichtigt würde.
66 Nach allem kann sich die Klägerin für ihre Forderung, daß die Anstellungsbehörde ihr eine höhere Dienstaltersstufe als diejenige zuerkennt, die sich für sie aus der Anwendung von Artikel 2 Absatz 6 und von Artikel 3 des Beschlusses ergeben hat, weder auf eine höherrangige Norm noch auf den übergeordneten Rechtsgrundsatz der Gleichbehandlung berufen. Demzufolge kann auch der zweite Klagegrund keinen Erfolg haben.
67 Unter diesen Umständen ist die Klage abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
68 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die für das Verfahren vor dem Gericht entsprechend gilt, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Ende der Entscheidung
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