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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 30.04.1998
Aktenzeichen: T-214/95
Rechtsgebiete: Entscheidung 95/466/EG, EGV, Leitlinien vorgesehenen beschleunigten Genehmigungsverfahren für geringfügige Beihilfen


Vorschriften:

Entscheidung 95/466/EG
EGV Art. 92 Abs. 1
EGV Art. 92 Abs. 3 c
EGV Art. 190
EGV Art. 173 Abs. 4
Leitlinien vorgesehenen beschleunigten Genehmigungsverfahren für geringfügige Beihilfen Nr. 50
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Stellt die Kommission in einer Entscheidung fest, daß ein Darlehen, das eine Regionalbehörde eines Mitgliedstaats einem Unternehmen gewährt hat, eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe einschließt, so ist die genannte Behörde berechtigt, die Entscheidung der Kommission anzufechten, auch wenn sie sich an den betreffenden Mitgliedstaat richtet.

Regionalbehörden fallen zwar nicht unter den Begriff des Mitgliedstaats in Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages, sind aber, wenn sie nach dem nationalen Recht Rechtspersönlichkeit besitzen, als juristische Personen im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages anzusehen.

Im übrigen wirkt sich die fragliche Entscheidung unmittelbar und individuell auf die Rechtsstellung einer solchen Regionalbehörde aus, da sie diese unmittelbar daran hindert, ihre eigenen Befugnisse - die u. a. in der Gewährung von Beihilfen an Unternehmen bestehen - in der von ihr gewünschten Weise auszuüben, und sie zwingt, den mit dem Empfänger der Beihilfe geschlossenen Darlehensvertrag zu ändern.

Die Regionalbehörde hat ein eigenes, von dem des Mitgliedstaats zu trennendes Interesse an der Anfechtung einer solchen Entscheidung, wenn der Mitgliedstaat offenbar nicht in die Ausübung der eigenen Befugnisse der Regionalbehörde eingreifen kann.

2 Ein zinsloses Darlehen, das eine Regionalbehörde einer privaten Fluggesellschaft zur Förderung des Ausbaus und des Betriebes mehrerer europäischer Flugstrecken gewährt, auf denen das begünstigte Unternehmen mit anderen Fluggesellschaften, zu denen auch Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gehören, in Wettbewerb steht, und das nicht zur Finanzierung einer bestimmten Ausgabe zu verwenden ist, verfälscht den Wettbewerb im Sinne von Artikel 92 des Vertrages oder droht ihn zu verfälschen, da es das Unternehmen von gewöhnlichen Lasten befreit, die mit seinem laufenden Betrieb verbunden sind.

Betriebsbeihilfen, also Beihilfen, mit denen ein Unternehmen von Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seines laufenden Betriebes oder seiner üblichen Tätigkeiten hätte tragen müssen, verfälschen nämlich grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen.

Begünstigt eine staatliche Stelle ein Unternehmen, das in einer durch intensiven Wettbewerb gekennzeichneten Branche tätig ist, durch die Einräumung eines Vorteils, so liegt im übrigen eine Verzerrung des Wettbewerbs oder die Gefahr einer solchen Verzerrung vor. Ist der Vorteil geringer, so wird auch der Wettbewerb geringer verfälscht, aber verfälscht wird er gleichwohl. Das Verbot in Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages gilt für jede Beihilfe, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, unabhängig von ihrer Höhe, sofern sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

3 Weder der verhältnismässig geringe Umfang einer staatlichen Beihilfe noch die verhältnismässig geringe Grösse des begünstigten Unternehmens schließt von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus. Auch eine relativ geringfügige Beihilfe kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn in der Branche, in der das dadurch begünstigte Unternehmen tätig ist, ein lebhafter Wettbewerb herrscht.

Stärkt eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber konkurrierenden Unternehmen im innergemeinschaftlichen Handel, so muß dieser als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn eine Beihilfe einer Fluggesellschaft zugute kommt, die auf den internationalen Handel ausgerichtet ist, da sie Flugstrecken zwischen Städten bedient, die sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden, und mit Fluggesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten in Wettbewerb steht, und wenn die Beihilfe zur Förderung des Ausbaus und des Betriebes europäischer Flugstrecken dient, so daß ihre Eignung zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten noch gesteigert wird.

4 Verletzt ein Mitgliedstaat eine Verpflichtung, die ihm nach dem Vertrag obliegt, so kann dies nicht damit gerechtfertigt werden, daß andere Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung ebenfalls nicht nachkommen.

5 Die gemäß Artikel 190 des Vertrages erforderliche Begründung muß die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es den Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erfahren, und daß der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann. In der Begründung brauchen jedoch nicht alle einschlägigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Artikel 190 des Vertrages genügt, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.

Die Kommission braucht in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle Argumente einzugehen, die ihr die Betroffenen vortragen. Es reicht aus, daß sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.

Wird dieser Grundsatz auf die Einstufung einer Maßnahme als Beihilfe angewandt, so müssen die Gründe angegeben werden, aus denen die fragliche Beihilfemaßnahme nach Ansicht der Kommission unter Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages fällt. Insoweit hat die Kommission auch in Fällen, in denen sich aus den Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, ergibt, daß sie geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, diese Umstände in der Begründung ihrer Entscheidung zumindest zu erwähnen.

Dagegen braucht die Kommission, wenn sie ausführt, warum die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten offenkundig ist, keine ganz genaue zahlenmässige wirtschaftliche Analyse vorzunehmen.

Wurde eine Beihilfe nicht bei der Kommission angemeldet, so muß die Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, im übrigen nicht durch die Darlegung der tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb oder den Handel zwischen Mitgliedstaaten begründet werden. Andernfalls würden diejenigen Mitgliedstaaten, die Beihilfen unter Verstoß gegen die Anmeldepflicht in Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages zahlen, zu Lasten derjenigen begünstigt, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden.

6 Bei der Beurteilung einer Beihilfe an eine Fluggesellschaft braucht die Kommission nicht speziell zu prüfen, ob die Beihilfe angesichts ihrer Höhe gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages freigestellt werden kann, da die Höhe der Beihilfe kein nach dieser Bestimmung oder nach den im Luftverkehrssektor anwendbaren Leitlinien heranzuziehendes Kriterium darstellt.

Im Rahmen des weiten Ermessens, über das die Kommission bei der Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages verfügt, darf sie die Kriterien heranziehen, die ihr am geeignetsten erscheinen, um zu prüfen, ob eine Beihilfe als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden kann, vorausgesetzt, diese Kriterien sind von den Artikeln 3 Buchstabe g und 92 des Vertrages gedeckt. Dabei kann sie die Kriterien, die sie heranziehen möchte, in Leitlinien präzisieren, die mit dem Vertrag in Einklang stehen. Der Erlaß solcher Leitlinien durch die Kommission geschieht in Ausübung ihres Ermessens und führt nur zu einer Selbstbeschränkung dieses Ermessens bei der Prüfung der unter die Leitlinien fallenden Beihilfen, wobei der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten ist. Beurteilt die Kommission eine individuelle Beihilfe anhand solcher Leitlinien, so kann ihr weder eine Überschreitung noch eine Nichtausübung ihres Ermessens vorgeworfen werden.

7 Die Genehmigung staatlicher Beihilfen an bestimmte Fluggesellschaften begründet nicht ipso facto ein Recht der übrigen Fluggesellschaften, in den Genuß einer Ausnahme vom Grundsatz des Verbotes von Beihilfen zu kommen. Es ist Sache der Kommission, im Rahmen ihres Ermessens jedes Beihilfeprojekt individuell zu prüfen. Sie muß dies unter Berücksichtigung der das Projekt kennzeichnenden besonderen Umstände sowie der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts und der Leitlinien tun. Selbst wenn in anderen Mitgliedstaaten ansässige Gesellschaften rechtswidrige Beihilfen erhalten haben, hat dies keine Auswirkung auf die Beurteilung der fraglichen Beihilfe.

Das der Kommission zustehende Ermessen kann jedenfalls nicht allein deshalb wegfallen, weil sie eine Beihilfe genehmigt hat, die für einen Konkurrenten ihres Empfängers bestimmt war, denn sonst würde den Bestimmungen des Vertrages, die ihr dieses Ermessen verleihen, die Wirksamkeit genommen.


Urteil des Gerichts Erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 30. April 1998. - Het Vlaamse Gewest (Flämische Region) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Nichtigkeitsklage - Luftverkehr - Staatliche Beihilfe - Geringe Höhe - Wettbewerbsverzerrung - Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten - Begründung. - Rechtssache T-214/95.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (im folgenden: Vertrag) lautet:

"Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen."

2 Gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages kann die Kommission "Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft", ausnahmsweise für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären.

3 Am 20. Mai 1992 verabschiedete die Kommission einen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. C 213, S. 2). Gemäß dessen Abschnitt 3.2 sind Beihilfen, die in einem Zeitraum von drei Jahren einen Gesamtbetrag von 50 000 ECU nicht überschreiten, von der Anmeldepflicht nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages befreit. Gemäß Abschnitt 1.6 gilt der Gemeinschaftsrahmen jedoch nicht für Beihilfen an Unternehmen in Wirtschaftszweigen, für die besondere gemeinschaftliche Vorschriften über staatliche Beihilfen bestehen; dazu gehört u. a. der Verkehrssektor.

4 Die Kommission legte die für staatliche Beihilfen an Luftverkehrsunternehmen geltenden Bestimmungen in ihrer Mitteilung 94/C 350/07 mit dem Titel "Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags sowie des Artikels 61 des [Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum] auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr" (ABl. 1994, C 350, S. 5; im folgenden: Leitlinien) fest. In Nummer 50 (Kapitel IX) dieser Leitlinien wird bestätigt, daß das für Regelungen über Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen vorgesehene beschleunigte Genehmigungsverfahren nicht für Beihilfen im Verkehrssektor gilt.

5 Die Leitlinien betreffen die Beihilfen, die den Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft von den Mitgliedstaaten gewährt werden (Nr. 10, Kapitel II). In Nummer 51 (Kapitel X) wird ausgeführt, daß sich die Kommission ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Leitlinien im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften an sie halten werde und daß sie entscheiden werde, wann der geeignete Zeitpunkt für ihre Überarbeitung gekommen sei.

6 In Nummer 8 (Abschnitt I.4) heisst es: "Die Kommission möchte den Luftverkehrsunternehmen des EWR gleiche Ausgangsbedingungen verschaffen, so daß sie sich effektiv am Wettbewerb beteiligen können."

7 In Nummer 14 (Kapitel III) wird ausgeführt: "Direkte Beihilfen, die Betriebsverluste ausgleichen sollen, sind grundsätzlich nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und können nicht von dem Beihilfeverbot ausgenommen werden."

8 In Kapitel V, das u. a. Freistellungen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige betrifft, die gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im folgenden: EWR-Abkommen) gewährt werden können, sehen die Leitlinien vor, daß Beihilfen zur Umstrukturierung nur unter bestimmten Bedingungen für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden können. Eine dieser Bedingungen lautet, daß die Beihilfe Bestandteil eines umfassenden, von der Kommission zu genehmigenden Umstrukturierungsprogramms sein muß (Nr. 38 Ziffer 1 der Leitlinien). Ein Programm, das mit staatlichen Beihilfemitteln finanziert werden solle, könne nur dann als nicht dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufend betrachtet werden, wenn es keine Ausweitung der Kapazität und des Angebots der betreffenden Fluggesellschaft auf Kosten ihrer unmittelbaren europäischen Wettbewerber zum Ziel habe (Nr. 38 Ziffer 4 der Leitlinien).

9 Schließlich wird in Nummer 50 (Kapitel IX) der Leitlinien im Interesse einer Vereinfachung der Verwaltungsverfahren ein beschleunigtes Verfahren für geringfügige Beihilfen im Luftverkehr eingeführt. Dort heisst es, die Kommission werde bei neuen Beihilferegelungen oder Änderungen bestehender Beihilferegelungen, die gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages angemeldet worden seien, ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren anwenden, wenn

- die Beihilfe zugunsten eines bestimmten Begünstigten über einen Dreijahreszeitraum hinweg nicht mehr als eine Million ECU betrage und

- die Beihilfe an ganz bestimmte Investitionsziele geknüpft sei, wobei Betriebsbeihilfen ausgeschlossen seien.

Sachverhalt

10 Die Vlaamse Luchttransportmaatschappij NV (VLM) ist ein privates Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Antwerpen. Sie wurde am 21. Februar 1992 mit einem Grundkapital von 10 Millionen BFR gegründet. Das Kapital wurde anschließend mehrmals erhöht und belief sich Ende 1993 auf 75 Millionen BFR; im Lauf des Jahres 1994 wurde es auf 100 Millionen BFR aufgestockt. Seit 1993 bietet VLM u. a. zwischen Antwerpen und London (London City Airport) und zwischen Rotterdam und London (London City Airport) Linienfluege an.

11 Die Strecke Antwerpen-London wird auch von anderen Gesellschaften bedient, u. a. von dem britischen Unternehmen Cityflyer Expreß Ltd (im folgenden: Cityflyer), dessen An- und Abflugort der Flughafen Gatwick ist.

12 Am 17. Dezember 1993 erhielt VLM von der Flämischen Region ohne vorherige Unterrichtung der Kommission ein zinsloses Darlehen von 20 Millionen BFR, das ab dem zweiten Jahr in Höhe von jährlich 4 Millionen BFR zurückzuzahlen war.

13 Im Darlehensvertrag heisst es:

"Artikel 1: Voorwerp

De begunstigde verbindt zich tot de verdere uitbouw en exploitatie van meerdere Europese vliegroutes.

Ter ondersteuning van deze activiteit verleent het Gewest de begunstigde een terugbetaalbaar renteloos voorschot.

...

Artikel 3: Voorwaarden

Voor de duur van het contract is voor de vervreemding of hypothekering van onrörend en rörend patrimonium en het handelsfonds van de zaak alsook voor de vervreemding van bepaalde activa van de begunstigde vooraf instemming nodig van het Gewest.

Bij wijziging van de aandeelhoudersstructuur is vooraf de instemming van het Gewest vereist.

Het kapitaal van de onderneming mag tijdens de duur van het contract niet worden verlaagd zonder voorafgaande töstemming van het Gewest.

Indien deze voorwaarden niet worden nageleefd, is de overeenkomst onmiddellijk opzegbaar en wordt het voorschot onmiddellijk opeisbaar."

("Artikel 1: Gegenstand

Die Begünstigte verpflichtet sich zum weiteren Ausbau und Betrieb mehrerer europäischer Flugstrecken.

Zur Unterstützung dieser Tätigkeit gewährt die Region der Begünstigten ein rückzahlbares zinsloses Darlehen.

...

Artikel 3: Voraussetzungen

Während der Laufzeit des Vertrages bedürfen die Veräusserung oder die hypothekarische Belastung von unbeweglichem und beweglichem Vermögen und des Firmenwerts sowie die Veräusserung bestimmter Aktiva der Begünstigten einer vorherigen Zustimmung durch die Region.

Bei einer Änderung der Struktur der Anteilseigner muß vorab die Zustimmung der Region eingeholt werden.

Das Kapital des Unternehmens darf während der Laufzeit des Vertrages nicht ohne vorherige Zustimmung der Region herabgesetzt werden.

Werden diese Voraussetzungen nicht eingehalten, so ist die Vereinbarung sofort kündbar, und das Darlehen kann sofort zurückgefordert werden.")

14 Im Anschluß an eine Beschwerde von Cityflyer eröffnete die Kommission am 16. November 1994 das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages (ABl. 1994, C 359, S. 2).

15 Cityflyer und das Luftverkehrsunternehmen British Airways gaben Stellungnahmen ab. Sie ersuchten die Kommission um die Feststellung, daß das zinslose Darlehen eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstelle.

16 Am 23. Januar 1995 nahm auch die belgische Regierung Stellung.

17 Am Ende des Verfahrens erließ die Kommission am 26. Juli 1995 die Entscheidung 95/466/EG über eine Beihilfe der Flämischen Region zugunsten des belgischen Unternehmens Vlaamse Luchttransportmaatschappij NV (im folgenden: angefochtene Entscheidung). Sie wurde der belgischen Regierung am 25. September 1995 mitgeteilt und am 9. November 1995 im Amtsblatt veröffentlicht (ABl. L 267, S. 49).

18 In dieser Entscheidung kam die Kommission zu dem Ergebnis, daß das Darlehen der Flämischen Region an VLM rechtswidrige staatliche Beihilfeelemente enthalte, da es dem Unternehmen unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt worden sei. Diese Beihilfeelemente seien nach Artikel 92 des Vertrages und Artikel 61 des EWR-Abkommens mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar (Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung). Belgien wurde daher aufgegeben, die Verzinsung dieses Darlehens zum Satz von 9,3 % (Artikel 2) und die Rückzahlung der Beihilfe in Höhe der bei diesem Zinssatz seit ihrer Gewährung angefallenen Zinsen anzuordnen (Artikel 3). Der Satz von 9,3 % ergibt sich aus einem Basiszinssatz von 7,3 %, der 1994 in Belgien für staatliche Obligationen galt, zuzueglich einer Risikoprämie von 2 % (letzter Absatz von Abschnitt V der angefochtenen Entscheidung).

Verfahren

19 Die Klageschrift ist am 27. November 1995 eingereicht und am folgenden Tag in das Register eingetragen worden.

20 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte erweiterte Kammer) die mündliche Verhandlung eröffnet. Die Parteien haben in der Sitzung vom 25. September 1997 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge

21 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

22 Die Beklagte beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

23 In der Sitzung hat die Beklagte beantragt, die Klage für unzulässig zu erklären.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

24 Die Beklagte trägt vor, die Klage sei nicht gemäß Artikel 173 Absatz 2 EG-Vertrag zulässig, da die Klägerin kein Mitgliedstaat sei. Die Klage sei auch nicht gemäß Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages zulässig, da sich die streitige Entscheidung weder an die Klägerin richte noch sie unmittelbar und individuell betreffe. Ausserdem habe sie kein eigenes Interesse daran, gegen die angefochtene Entscheidung vorzugehen. Ihr Rechtsschutzinteresse ergebe sich nämlich daraus, daß sie die streitige Beihilfe gewährt habe, und falle insofern mit dem des belgischen Staates zusammen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 282/85, DEFI/Kommission, Slg. 1986, 2469).

25 Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei in ihrer Eigenschaft als eigenständige juristische Person, die zur Gewährung der streitigen Beihilfe befugt sei, ebenso wie das Königreich Belgien, an das sich die angefochtene Entscheidung richte, im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages unmittelbar und individuell betroffen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 1988 in den Rechtssachen 62/87 und 72/87, Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, Slg. 1988, 1573).

Würdigung durch das Gericht

26 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das Gericht nur für Nichtigkeitsklagen, die unter Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages fallen, im ersten Rechtszug zuständig ist (Beschluß 94/149/EGKS, EG des Rates vom 7. März 1994 zur Änderung des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften [ABl. L 66, S. 29]). Es ist dagegen nicht für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, der Rat oder die Kommission gemäß Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages erhebt.

27 Gemäß Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages kann jede natürliche oder juristische Person gegen die Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

28 Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Entscheidung an das Königreich Belgien gerichtet. Insoweit geht aus der allgemeinen Systematik der Verträge eindeutig hervor, daß der Begriff des Mitgliedstaats im Sinne der institutionellen Bestimmungen und insbesondere derjenigen über die gerichtlichen Klagen nur die Regierungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften erfasst und nicht auf die Regierungen von Regionen oder autonomen Gemeinschaften erstreckt werden kann, welchen Umfang die ihnen zuerkannten Befugnisse auch haben mögen (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 21. März 1997 in der Rechtssache C-95/97, Wallonische Region/Kommission, Slg. 1997, I-1787, Randnr. 6, und vom 1. Oktober 1997 in der Rechtssache C-180/97, Regione Toscana/Kommission, Slg. 1997, I-5245, Randnr. 6). Die Flämische Region kann ihr Vorgehen daher nicht auf Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages stützen. Da sie nach dem nationalen belgischen Recht Rechtspersönlichkeit besitzt, ist sie aber als juristische Person im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages anzusehen (Beschlüsse Wallonische Region/Kommission, Randnr. 11, und Regione Toscana/Kommission, Randnr. 11; siehe auch die Schlussanträge von Generalanwalt Lenz zu dem bereits in Randnr. 25 genannten Urteil Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, Slg. 1988, 1573, 1581, 1582).

29 Die angefochtene Entscheidung wirkt sich unmittelbar und individuell auf die Rechtsstellung der Flämischen Region aus. Sie hindert sie nämlich unmittelbar daran, ihre eigenen Befugnisse - die im vorliegenden Fall in der Gewährung der streitigen Beihilfe bestehen - in der von ihr gewünschten Weise auszuüben, und zwingt sie, den mit VLM geschlossenen Darlehensvertrag zu ändern.

30 Folglich hat sie ein eigenes Interesse an der Anfechtung der Entscheidung. Ihre Lage kann nicht mit der des Comité de développement et de promotion du textile et de l'habillement in dem Verfahren, das zu dem bereits in Randnummer 24 genannten Urteil DEFI/Kommission führte, verglichen werden. In dieser Rechtssache war die französische Regierung berechtigt, die Geschäftsführung und die Politik dieses Komitees zu bestimmen und somit auch die Interessen festzulegen, die es zu vertreten hatte (Randnr. 18). Im vorliegenden Fall kann die Regierung des belgischen Staates dagegen offenbar nicht in die Ausübung der eigenen Befugnisse der Flämischen Region eingreifen, insbesondere soweit sie die Gewährung von Beihilfen an Unternehmen betreffen.

31 Demnach ist die Klage für zulässig zu erklären.

Zur Begründetheit

32 Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Gründe, und zwar auf

- einen Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages,

- einen Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und

- einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Artikel 190 des Vertrages.

Dieser Klagegrund besteht aus drei Teilen:

- unzureichende Begründung der streitigen Entscheidung in bezug auf die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages (erster Teil);

- unzureichende Begründung der Zurückweisung des Vorbringens zur Freistellung geringfügiger Beihilfen im Luftverkehr (zweiter Teil);

- unzureichende Begründung in bezug auf die Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages (dritter Teil).

33 Da sich die ersten beiden Teile des dritten Klagegrundes auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages stützen, wird das Gericht sie gleich nach dem ersten Klagegrund prüfen.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages

Vorbringen der Parteien

34 Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Beihilfe, wenn sie so geringfügig ist, daß sie die Wettbewerbsposition des Begünstigten gegenüber seinen Konkurrenten auf dem relevanten Markt nicht stärkt, weder den Wettbewerb verfälsche noch den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtige.

35 Im vorliegenden Fall sei die Beihilfe derart gering, daß sie sich nicht auf die Kosten oder die Preisstruktur von VLM auswirke. Sie betrage pro befördertem Passagier nur wenige belgische Franken. Sie habe VLM folglich keinen Vorteil verschafft, der ihre Wettbewerbsposition gegenüber den anderen Fluggesellschaften gestärkt habe, mit denen sie auf dem innergemeinschaftlichen Luftverkehrsmarkt konkurriere. Die Beihilfe könne daher auch den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen.

36 Um eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten bejahen zu können, hätte die Beklagte feststellen müssen, daß die streitige Beihilfe VLM einen Vorteil verschafft habe, der ihre Wettbewerbsposition (gegenüber der ihrer Konkurrenten) gestärkt habe. Sie habe aber keine Angaben darüber gemacht, inwiefern VLM durch das erhaltene Darlehen begünstigt worden sei.

37 Zunächst seien die Ausführungen der Beklagten zu den Merkmalen des Luftverkehrssektors und der Umstand, daß sie durch eine Beschwerde eines Konkurrenten über die Beihilfe unterrichtet worden sei, insoweit unerheblich. Ferner lasse sich aus der Tatsache, daß eine staatliche Beihilfe einem Unternehmen gewährt werde, dessen Tätigkeit dem Wesen nach den Handel zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten betreffe, nicht ableiten, daß das begünstigte Unternehmen dadurch einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten erlange. Im übrigen treffe es nicht zu, daß die Bedienung der Strecke Antwerpen-London City Airport durch VLM andere Gesellschaften davon abhalte, diese Strecke ebenfalls zu bedienen, da der Markt liberalisiert worden sei und die Liberalisierungsmaßnahmen ein spezielles Verfahren für die Bereitstellung von Zeitfenstern für neue Marktteilnehmer vorsähen. Schließlich habe sich VLM weder zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens noch zwei Jahre später in finanziellen Schwierigkeiten befunden, denn es sei völlig normal, daß eine neu gegründete Fluggesellschaft Anlaufverluste erleide.

38 Die streitige Beihilfe habe VLM somit keinen Vorteil gegenüber den Konkurrenzunternehmen verschafft, die im Rahmen von Umstrukturierungsprogrammen, die die Kommission genehmigt habe, mehrere Milliarden belgische Franken erhielten oder die, wie die Beschwerdeführerin Cityflyer, zu einem Franchisesystem gehörten und dadurch von der Gruppe, deren Mitglied sie seien, indirekt subventioniert würden. Insoweit sei nicht nachvollziehbar, wie die Kommission behaupten könne, daß ein von ihr auf höchstens 1 860 000 BFR pro Jahr geschätzter Betrag VLM in die Lage versetzt habe, ihre Preise unverändert zu lassen, ihre Marktstellung gegenüber ihren Konkurrenten zu verteidigen sowie grössere Verluste und sogar den Konkurs zu verhindern.

39 Schließlich habe die Beklagte dadurch gegen Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages verstossen, daß sie den Betrag der Beihilfe zu hoch angesetzt habe. Sie habe die Beihilfe nämlich unter Ansatz einer Risikoprämie von 2 % berechnet und dies damit begründet, daß es für das streitige Darlehen keine Sicherheit gebe, die unmittelbar an bewegliches oder unbewegliches Vermögen anknüpfe. Diese Risikoprämie hätte aber 1 % betragen müssen, da nach Artikel 3 des Darlehensvertrags die Einräumung einer Hypothek und die Veräusserung von Aktiva der vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürften und da diese berechtigt sei, sich auf erste Anforderung eine Hypothek einräumen zu lassen. Die Höhe der Beihilfe entspreche folglich der Summe der bei Anwendung eines Zinssatzes von 8,3 % und nicht von 9,3 % geschuldeten Zinsen.

40 Nach Ansicht der Beklagten ist der Klagegrund zurückzuweisen, da alle Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages im vorliegenden Fall erfuellt seien. Das streitige Darlehen sei von einer staatlichen Stelle (der Flämischen Region) gewährt worden und verschaffe der Begünstigten in einer Branche mit starkem Wettbewerb einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten. Es verfälsche somit den Wettbewerb und beeinträchtige den Handel zwischen Mitgliedstaaten, da - insbesondere in Belgien - ein sehr grosser Teil des europäischen Luftverkehrs innergemeinschaftlich sei.

Würdigung durch das Gericht

41 Es ist zu prüfen, ob die Beklagte zu dem Schluß berechtigt war, daß die fragliche Beihilfe den Wettbewerb verfälschte oder zu verfälschen drohte und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigte.

A - Zur Verzerrung des Wettbewerbs

42 Die streitige Beihilfe dient zur Förderung des Ausbaus und des Betriebes mehrerer europäischer Flugstrecken (Artikel 1 des streitigen Darlehensvertrags; siehe oben, Randnr. 13), auf denen die Begünstigte mit anderen Fluggesellschaften, zu denen auch Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gehören, in Wettbewerb steht. Der Darlehensvertrag schreibt somit nicht vor, die Beihilfe zur Finanzierung einer bestimmten Ausgabe zu verwenden. Durch die Zinslosigkeit des fraglichen Darlehens wird die Begünstigte daher von gewöhnlichen Lasten befreit, die mit ihrem laufenden Betrieb verbunden sind.

43 Wie der Gerichtshof und das Gericht ausgeführt haben, verfälschen Betriebsbeihilfen, also Beihilfen, mit denen ein Unternehmen - wie mit der streitigen Beihilfe - von Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seines laufenden Betriebes oder seiner üblichen Tätigkeiten hätte tragen müssen, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen (Urteil des Gerichts vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-459/93, Siemens/Kommission, Slg. 1995, II-1675, Randnrn. 48 und 77, und die dort genannte Rechtsprechung).

44 Im fünften Absatz von Abschnitt V der angefochtenen Entscheidung hat die Beklagte folgendes ausgeführt: "Angesichts des intensiven Wettbewerbs im Luftverkehrssektor der Gemeinschaft ist die Tatsache, daß nur VLM die Strecke Antwerpen-London bis und ab London City Airport fliegt, für die Beurteilung der Kommission unerheblich, da die Beihilfe die Zugangsmöglichkeiten vorhandener oder potentieller Wettbewerber zum Markt der betreffenden Flugstrecke auf jeden Fall einschränkt und dadurch den Wettbewerb verfälscht. Darüber hinaus ist es VLM nicht untersagt, die fragliche Beihilfe für ein Vordringen in andere Märkte zu verwenden." Hierzu ist festzustellen, daß die Klägerin die Existenz starken Wettbewerbs im Luftverkehrssektor der Gemeinschaft nicht bestritten hat.

45 Die Klägerin leugnet nicht, daß das streitige Darlehen VLM einen Vorteil verschafft hat, da es ihr zinslos gewährt wurde. Sie ist jedoch der Ansicht, daß der VLM zugeflossene Vorteil ihre Wettbewerbsposition gegenüber den konkurrierenden Fluggesellschaften nicht gestärkt habe.

46 Begünstigt eine staatliche Stelle ein Unternehmen, das in einer durch intensiven Wettbewerb gekennzeichneten Branche tätig ist, durch die Einräumung eines Vorteils, so liegt eine Verzerrung des Wettbewerbs oder die Gefahr einer solchen Verzerrung vor. Ist der Vorteil geringer, so wird auch der Wettbewerb geringer verfälscht, aber verfälscht wird er gleichwohl. Das Verbot in Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages gilt für jede Beihilfe, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, unabhängig von ihrer Höhe, sofern sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

47 Folglich ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, daß die streitige Beihilfe den Wettbewerb verfälschte oder zu verfälschen drohte.

B - Zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

48 Nach ständiger Rechtsprechung schließt weder der verhältnismässig geringe Umfang einer Beihilfe noch die verhältnismässig geringe Grösse des begünstigten Unternehmens von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus (Urteile des Gerichtshofes vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959, Randnr. 43, und vom 14. September 1994 in den Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I-4103, Randnrn. 40 bis 42).

49 Auch eine relativ geringfügige Beihilfe kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn - wie im vorliegenden Fall - in der Branche, in der das dadurch begünstigte Unternehmen tätig ist, ein lebhafter Wettbewerb herrscht (Urteile des Gerichtshofes vom 11. November 1987 in der Rechtssache 259/85, Frankreich/Kommission, Slg. 1987, 4393, Randnr. 24, und vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 27).

50 Stärkt eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber konkurrierenden Unternehmen im innergemeinschaftlichen Handel, so muß dieser als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden (Urteil des Gerichtshofes vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnr. 11).

51 Im vorliegenden Fall verfälscht das Darlehen nach Ansicht der Beklagten den Wettbewerb und beeinträchtigt den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, "da es einem einzelnen Unternehmen zugute kommt, dessen Luftfahrttätigkeit - die den Handel naturgemäß unmittelbar berührt - sich auf mehrere Mitgliedstaaten und möglicherweise den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstreckt. Dies gilt insbesondere seit Inkrafttreten des dritten Luftverkehrspakets am 1. Januar 1993, mit dem die Liberalisierung des Sektors vollendet und die Wettbewerbsmöglichkeiten erheblich gesteigert werden. Bei VLM handelt es sich um ein Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft mit einer aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates erteilten Betriebsgenehmigung. Gemäß Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates und Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2409/92 des Rates müssen die betreffenden Mitgliedstaaten VLM ausser in den ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmefällen die Genehmigung erteilen, bei freier Tarifgestaltung Verkehrsrechte auf den innergemeinschaftlichen Strecken auszuüben" (vierter Absatz von Abschnitt V der angefochtenen Entscheidung).

52 Diese und die oben in Randnummer 44 wiedergegebenen Erwägungen sind voll und ganz begründet. Die streitige Beihilfe kommt einem auf den internationalen Handel ausgerichteten Unternehmen zugute, da es Strecken zwischen Städten bedient, die sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden, und mit Fluggesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten in Wettbewerb steht. Wie Randnummer 42 zu entnehmen ist, dient die Beihilfe zur Förderung des Ausbaus und des Betriebes europäischer Flugstrecken; dadurch wird ihre Eignung zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten noch gesteigert.

53 Folglich ist die Beklagte zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die streitige Beihilfe den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigte.

C - Zur Auswirkung der den Konkurrenten von VLM gewährten Beihilfen

54 Der Umstand, daß Konkurrenten von VLM staatliche Beihilfen erhalten, die möglicherweise rechtswidrig sind, hat keine Auswirkung auf die Einstufung als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages. Verletzt ein Mitgliedstaat eine Verpflichtung, die ihm nach dem Vertrag im Zusammenhang mit dem Verbot in Artikel 92 obliegt, so kann dies nicht damit gerechtfertigt werden, daß andere Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung ebenfalls nicht nachkommen (Urteil des Gerichtshofes vom 22. März 1977 in der Rechtssache 78/76, Steinike & Weinlig, Slg. 1977, 595, Randnr. 24).

D - Zur Beurteilung der Höhe der Beihilfe

55 Das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe dadurch gegen Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages verstossen, daß sie den Betrag der Beihilfe zu hoch angesetzt habe, ist zurückzuweisen. Die Klägerin hat nicht dargetan, daß VLM das streitige Darlehen dank der aus Artikel 3 des in Rede stehenden Darlehensvertrags hervorgehenden Rechte zu dem - ihrer Ansicht nach heranzuziehenden - Satz von 8,3 % hätte erhalten können.

E - Ergebnis

56 Wie sich aus den obenstehenden Ausführungen ergibt, hat die Klägerin nicht nachgewiesen, daß die Beklagte Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages unrichtig angewandt hat. Der Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Erster Teil des dritten Klagegrundes: unzureichende Begründung in bezug auf die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages

Vorbringen der Parteien

57 Die Klägerin bringt vor, nach ständiger Rechtsprechung müsse die gemäß Artikel 190 des Vertrages erforderliche Begründung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen habe, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es den Betroffenen möglich sei, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erfahren, und daß der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben könne (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, und die dort genannte Rechtsprechung, und Urteil des Gerichts vom 28. September 1995 in der Rechtssache T-95/94, Sytraval und Brink's France/Kommission, Slg. 1995, II-2651, Randnr. 52).

58 Um feststellen zu können, daß eine Beihilfe den Wettbewerb verfälsche und den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtige, müsse die Kommission klar und unzweideutig nachweisen, daß die Beihilfe dem Begünstigten einen Vorteil verschafft habe, der es ihm ermöglicht habe, seine Position im innergemeinschaftlichen Handel gegenüber seinen Konkurrenten zu stärken (Urteil Philip Morris/Kommission, bereits in Randnr. 50 genannt).

59 Der angefochtenen Entscheidung zufolge sei es zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, daß eine Beihilfe (auch wenn sie relativ geringfügig sei) den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könne. Ihr lasse sich jedoch nicht entnehmen, daß die streitige Beihilfe VLM tatsächlich einen spürbaren Wettbewerbsvorteil verschaffe und dadurch den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtige. Die Beklagte habe abstrakte Erwägungen angestellt, ohne konkret den geringen Umfang der Beihilfe, die Besonderheiten des Luftverkehrssektors und die Tatsache zu berücksichtigen, daß der Anteil von VLM am relevanten Markt sehr klein sei.

60 Schließlich gehe aus der Entscheidung nicht hervor, ob die Beklagte die Auswirkung der streitigen Beihilfe auf die Kostenstruktur, die Preise oder andere betriebliche Aspekte von VLM untersucht habe.

61 Die Beklagte bestreitet, zu einer so eingehenden Begründung verpflichtet zu sein, und macht geltend, die im fünften und sechsten Absatz von Abschnitt V der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen genügten völlig den Anforderungen von Artikel 190 des Vertrages. Dieser Teil des Klagegrundes sei daher zurückzuweisen.

Würdigung durch das Gericht

62 Nach ständiger Rechtsprechung muß die gemäß Artikel 190 des Vertrages erforderliche Begründung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es den Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erfahren, und daß der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann (Urteile des Gerichts vom 18. September 1995 in der Rechtssache T-471/93, Tiercé Ladbroke/Kommission, Slg. 1995, II-2537, Randnr. 29, und die dort genannte Rechtsprechung, und vom 24. April 1996 in den Rechtssachen T-551/93, T-231/94, T-232/94, T-233/94 und T-234/94, Industrias Pesqueras Campos u. a./Kommission, Slg. 1996, II-247, Randnr. 140, und die dort genannte Rechtsprechung).

63 In der Begründung brauchen jedoch nicht alle einschlägigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Artikel 190 des Vertrages genügt, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86, und vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-278/95 P, Siemens/Kommission, Slg. 1997, I-2507, Randnr. 17; Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1996 in der Rechtssache T-266/94, Skibsvärftsforeningen u. a./Kommission, Slg. 1996, II-1399, Randnr. 230). Die Kommission braucht in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle Argumente einzugehen, die ihr die Betroffenen vortragen. Es reicht aus, daß sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteile des Gerichts vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, Slg. 1992, II-1, Randnr. 41, und die dort genannte Rechtsprechung, und vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache Siemens/Kommission, bereits in Randnr. 43 genannt, Randnr. 31).

64 Wird dieser Grundsatz auf die Einstufung einer Maßnahme als Beihilfe angewandt, so müssen die Gründe angegeben werden, aus denen die fragliche Beihilfemaßnahme nach Ansicht der Kommission unter Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages fällt. Insoweit hat die Kommission auch in Fällen, in denen sich aus den Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, ergibt, daß sie geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, diese Umstände in der Begründung ihrer Entscheidung zumindest zu erwähnen (Urteile des Gerichtshofes vom 7. Juni 1988 in der Rechtssache 57/86, Griechenland/Kommission, Slg. 1988, 2855, Randnr. 15, und vom 24. Oktober 1996 in den Rechtssachen C-329/93, C-62/95 und C-63/95, Deutschland u. a./Kommission, Slg. 1996, I-5151, Randnr. 52, und die dort genannte Rechtsprechung).

65 Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im zweiten Absatz von Abschnitt V der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, daß das streitige Darlehen eine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages und Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens darstelle. Wie aus der angefochtenen Entscheidung und insbesondere aus dem ersten Satz des vierten Absatzes und dem dritten Satz des fünften Absatzes von Abschnitt V hervorgeht, deren wesentliche Passagen in den obigen Randnummern 51 und 44 wiedergegeben werden, hat die Beklagte die Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel nicht nur abstrakt beurteilt. In bezug auf die Voraussetzung der Verzerrung des Wettbewerbs wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, daß die VLM gewährte Beihilfe den Wettbewerb verfälsche oder zu verfälschen drohe, da sie in einer Branche mit starkem Wettbewerb die Zugangsmöglichkeiten der Konkurrenten zum Markt der Strecke Antwerpen-London einschränke und die Möglichkeiten von VLM zum Vordringen in andere Märkte erhöhe. Zur Voraussetzung der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten heisst es in der Entscheidung, da sich die Tätigkeit von VLM auf mehrere Mitgliedstaaten und möglicherweise den gesamten EWR erstrecke, sei auch diese Voraussetzung erfuellt.

66 Aus dieser Begründung ergibt sich, daß die Beklagte geprüft hat, ob die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages vorlagen. Dabei hat sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen angeführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt. Die Begründung ermöglicht es der Klägerin und dem Gemeinschaftsrichter, die Gründe zu erfahren, aus denen die Beklagte die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages im vorliegenden Fall als erfuellt ansah.

67 Die Klägerin kann der Beklagten nicht vorwerfen, die konkreten Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht geprüft zu haben. Zum einen trifft dieses Argument sachlich nicht zu, wie den obigen Randnummern 44, 51, 65 und 66 zu entnehmen ist. Die Kommission brauchte im vorliegenden Fall keine ganz genaue zahlenmässige wirtschaftliche Analyse vorzunehmen, da sie ausgeführt hatte, warum die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten offenkundig war. Zum anderen war die Kommission nicht verpflichtet, die tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfe darzulegen, da diese nicht angemeldet worden war. Müsste sie nämlich in ihrer Entscheidung die tatsächlichen Auswirkungen bereits gewährter Beihilfen darlegen, so würden dadurch diejenigen Mitgliedstaaten, die Beihilfen unter Verstoß gegen die Anmeldepflicht in Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages zahlen, zu Lasten derjenigen begünstigt, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307, Randnr. 33).

68 Demnach sind die von der Klägerin im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes vorgetragenen Rügen zurückzuweisen.

Zweiter Teil des dritten Klagegrundes: unzureichende Begründung der Zurückweisung des Vorbringens zur Freistellung geringfügiger Beihilfen im Luftverkehr

Vorbringen der Parteien

69 Die Klägerin ist der Ansicht, die Existenz des in Nummer 50 der Leitlinien vorgesehenen beschleunigten Genehmigungsverfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages zeige, daß Beihilfen im Luftverkehr, die diese Hoechstgrenze nicht überschritten, in den Augen der Kommission als auf den ersten Blick mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen seien.

70 Die streitige Entscheidung sei in diesem Punkt nicht ausreichend begründet, da sie keine Angaben enthalte, anhand deren der Gemeinschaftsrichter und die Klägerin ermitteln könnten, inwieweit die Beklagte geprüft habe, ob die kleine Beihilfe, die VLM erhalten habe, als geringfügige Beihilfe im Luftverkehr freigestellt werden könne.

71 Ausserdem werde in der angefochtenen Entscheidung die von der Flämischen Region am 23. Januar 1995 hierzu abgegebene Stellungnahme in irreführender Weise wiedergegeben.

72 In der Erwiderung trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe dadurch ihr Ermessen überschritten, daß sie die Auffassung vertreten habe, daß die Freistellung geringfügiger Beihilfen im Bereich des Luftverkehrs, in dem lebhafter innergemeinschaftlicher Wettbewerb herrsche und eine grosse Zahl von Unternehmen mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, nicht möglich sei, weil selbst eine geringe Beihilfe zu schweren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Es sei unlogisch, daß neue Gesellschaften, die nach der Liberalisierung des Luftverkehrssektors in diesen Markt hätten eindringen können, nicht ebenso wie kleine und mittlere Unternehmen in anderen Bereichen einen geringen Betrag als Investitionsbeihilfe erhalten könnten, während die meisten nationalen Fluggesellschaften ganz erhebliche Beihilfen erhielten. Insoweit habe die Beklagte im übrigen festzustellen versäumt, daß es ihr die Rechtsvorschriften im Bereich des Luftverkehrs ermöglichten, sehr hohe Beihilfen zu genehmigen.

73 Nach Ansicht der Beklagten ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen, da schon die Existenz des beschleunigten Genehmigungsverfahrens zeige, daß Beihilfen, die unterhalb der vorgesehenen Hoechstgrenze lägen, nicht als auf den ersten Blick mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten.

Würdigung durch das Gericht

74 Aus dem in Nummer 50 der Leitlinien vorgesehenen beschleunigten Genehmigungsverfahren für geringfügige Beihilfen lässt sich nicht ableiten, daß Beihilfen, die niedriger sind als die dort festgelegte Hoechstgrenze, nicht unter das Verbot in Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages fallen oder normalerweise als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt anzusehen sind.

75 Wie die Beklagte zu Recht ausführt, zeigt allein die Existenz dieses Verfahrens, daß dies nicht der Fall sein kann. Folglich brauchte die Beklagte nicht zu prüfen, ob die streitige Beihilfe freigestellt werden konnte, weil sie unter der in Nummer 50 der Leitlinien festgelegten Hoechstgrenze blieb.

76 Selbst wenn man unterstellt, daß Beihilfen, die diese Hoechstgrenze unterschreiten, als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden können, geht aus der Entscheidung gleichwohl hervor, daß die Beihilfe im vorliegenden Fall nach Ansicht der Beklagten nicht für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden konnte (siehe oben, Randnrn. 44 und 51).

77 Die Rüge, daß die Beklagte die Stellungnahme der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung unrichtig wiedergegeben habe, ist zurückzuweisen. Auf diese Stellungnahme wird im Rahmen einer Antwort auf das Argument der Klägerin Bezug genommen, daß die streitige staatliche Maßnahme gemäß Nummer 50 der Leitlinien freigestellt werden könne (achter Absatz von Abschnitt VII der angefochtenen Entscheidung). Diese Antwort ist aber kein wesentlicher Bestandteil der den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung stützenden Begründung. Dies folgt im übrigen daraus, daß die Auffassung der Beklagten, die streitige Beihilfemaßnahme falle unter Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages, ausreichend begründet ist (siehe oben, Randnrn. 65 bis 67). Daher kann die Rüge selbst dann keinen Erfolg haben, wenn die Stellungnahme der Klägerin nicht zutreffend wiedergegeben wurde.

78 Schließlich hat die Klägerin durch den in der Erwiderung erhobenen Vorwurf an die Beklagte, bei der Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages ihr Ermessen überschritten zu haben, im Lauf des Verfahrens ein neues Angriffsmittel geltend gemacht, das sich vom Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht unterscheidet. Da dieses Angriffsmittel nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, ist es im Hinblick auf Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung für unzulässig zu erklären.

79 Diese Rüge ist jedenfalls nicht begründet. Die Beklagte hat im vorliegenden Fall die Leitlinien angewandt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß sich die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens durch Maßnahmen wie die fraglichen Leitlinien selbst binden kann, sofern sie Regeln enthalten, denen sich die von diesem Organ zu verfolgende Politik entnehmen lässt und die nicht von Normen des Vertrages abweichen (Urteil des Gerichtshofes vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 34 und 36; Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-380/94, AIUFFASS und AKT/Kommission, Slg. 1996, II-2169, Randnr. 57; siehe auch Urteil des Gerichts vom 5. November 1997 in der Rechtssache T-149/95, Ducros/Kommission, Slg. 1997, II-2031, Randnr. 61). Die Klägerin hat aber nicht dargetan, daß die Leitlinien vom Vertrag abwichen. Im übrigen hat nach der obigen Randnummer 54 der Umstand, daß Konkurrenten von VLM staatliche Beihilfen erhalten, die möglicherweise rechtswidrig sind, keine Auswirkung auf die Einstufung als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages.

80 Demnach sind die von der Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des dritten Klagegrundes vorgetragenen Rügen zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages, der es der Kommission ermöglicht, Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären

Vorbringen der Parteien

81 Die Klägerin trägt vor, selbst wenn die streitige Beihilfe unter Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages falle, sei sie durch Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages gedeckt. Die Beklagte habe bei der Prüfung der Möglichkeit, die Beihilfe gemäß der letztgenannten Bestimmung zu genehmigen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und ihr Ermessen offensichtlich überschritten.

82 Die Kommission habe durch den Erlaß der Leitlinien ihr Ermessen nicht ausgeschöpft. Sie müsse in jedem Einzelfall prüfen, inwieweit eine Beihilfe nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden könne. Die Leitlinien dürften nicht dazu führen, daß von ihnen nicht erfasste Fälle prima facie als offensichtlich rechtswidrig behandelt würden und nicht gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden könnten. Werde eine bestimmte Form von Beihilfen von den Leitlinien nicht erfasst, so könne sich die Kommission nicht darauf beschränken, schlicht und einfach auf diese zu verweisen.

83 In der vorliegenden Rechtssache habe die Beklagte diese Pflicht verletzt, da sie nicht geprüft habe, inwieweit die VLM gewährte Beihilfe angesichts ihrer Höhe als Beihilfe zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages hätte freigestellt werden können. Sie hätte dies im Licht von Nummer 8 der Leitlinien (wo auf die Notwendigkeit hingewiesen werde, den Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft gleiche Ausgangsbedingungen zu verschaffen, so daß sie sich am Wettbewerb beteiligen könnten) und in Anbetracht der Tatsache prüfen müssen, daß sich neue Fluggesellschaften wie VLM seit dem Inkrafttreten des dritten Maßnahmenpakets für den Luftverkehr mit Konkurrenten auseinandersetzen müssten, von denen die meisten in den Genuß eines von der Kommission genehmigten Subventionsprogramms kämen.

84 Die Beklagte sei ferner zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich bei der streitigen Beihilfe um eine Betriebsbeihilfe gehandelt habe, daß sie an keine Bedingung hinsichtlich der Verwendung des Betrages geknüpft worden sei, daß die Klägerin keine Sicherheiten erhalten habe und daß sich VLM zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe. In Wirklichkeit handele es sich bei der fraglichen Beihilfe um eine Investitionsbeihilfe, da sie zum Ausbau verschiedener europäischer Strecken habe verwendet werden sollen.

85 Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Klagegrundes und führt aus, sie habe sich genau an die von ihr im Rahmen ihres Ermessens erlassenen Leitlinien gehalten.

Würdigung durch das Gericht

86 In Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages wird der Kommission ein Ermessen eingeräumt, da er vorsieht, daß die dort aufgeführten Beihilfen als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden "können", soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft (vgl. Urteil Philip Morris/Kommission, bereits in Randnr. 50 genannt, Randnr. 17).

87 Die Klägerin kann der Beklagten nicht vorwerfen, ihr Ermessen dadurch überschritten zu haben, daß sie nicht geprüft habe, inwieweit die streitige Beihilfe als Beihilfe zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige hätte freigestellt werden können. Die Beklagte hat dies nämlich im siebenten Absatz von Abschnitt VII der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich getan und ist dabei auf das Vorbringen der belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren eingegangen. Sie hat insbesondere ausgeführt, daß sie "Freistellungen nur für Beihilfen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung von Unternehmen [gewährt]... Nach Angaben der belgischen Behörden liegt jedoch keine Umstrukturierungsbeihilfe vor. Von einem Sanierungsplan für das Unternehmen VLM ist ebenfalls keine Rede. Die Freistellungsvoraussetzungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag und [des Artikels] 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen sind daher auf keinen Fall erfuellt." Mit der Feststellung, daß es sich bei der streitigen Beihilfe nicht um eine Umstrukturierungsbeihilfe handele, nahm die Beklagte ausdrücklich auf die Leitlinien Bezug, nach denen eine Freistellung zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c nur bei Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht kommt (Nrn. 37 und 38 der Leitlinien).

88 Da die Höhe der Beihilfe kein nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages oder nach den auf den vorliegenden Fall anwendbaren Leitlinien heranzuziehendes Kriterium darstellt, brauchte die Beklagte nicht speziell zu prüfen, ob die Beihilfe angesichts ihrer Höhe gemäß dieser Bestimmung freigestellt werden konnte.

89 Im Rahmen des weiten Ermessens, über das die Beklagte bei der Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages verfügt, darf sie die Kriterien heranziehen, die ihr am geeignetsten erscheinen, um zu prüfen, ob eine Beihilfe als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden kann, vorausgesetzt, diese Kriterien sind von den Artikeln 3 Buchstabe g und 92 des Vertrages gedeckt. Dabei kann sie die Kriterien, die sie heranziehen möchte, in Leitlinien präzisieren, die mit dem Vertrag in Einklang stehen (siehe oben, Randnr. 79). Der Erlaß solcher Leitlinien durch die Kommission geschieht in Ausübung ihres Ermessens und führt nur zu einer Selbstbeschränkung dieses Ermessens bei der Prüfung der unter die Leitlinien fallenden Beihilfen, wobei der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten ist. Beurteilt die Kommission eine individuelle Beihilfe anhand solcher von ihr zuvor erlassener Leitlinien, so kann ihr weder eine Überschreitung noch eine Nichtausübung ihres Ermessens vorgeworfen werden. Denn zum einen behält sie ihre Befugnis, diese Leitlinien aufzuheben oder zu ändern, wenn die Umstände es gebieten. Zum anderen betreffen die Leitlinien einen abgegrenzten Bereich und beruhen auf dem Bestreben, eine von ihr festgelegte Politik zu verfolgen.

90 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich aus Nummer 10 der Leitlinien, daß sie auf die streitige Beihilfe anwendbar sind. Gemäß Nummer 14 der Leitlinien (Abschnitt III) können direkte Betriebsbeihilfen für einzelne Flugstrecken im Prinzip nur genehmigt werden, wenn die Beihilfe ihrem Empfänger die Erfuellung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ermöglichen soll (Nrn. 15 bis 23, Unterabschnitt III.2) oder sozialer Art ist (Nr. 24, Unterabschnitt III.3). In den Nummern 37 bis 42 der Leitlinien wird eine Reihe von Bedingungen aufgezählt, die die Empfänger von Beihilfen, die gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages zur Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige genehmigt werden können, erfuellen müssen. Aus dem systematischen Zusammenhang der fraglichen Punkte geht hervor, daß nur Umstrukturierungsbeihilfen genehmigt werden können.

91 Hilfsweise vertritt die Klägerin die Ansicht, die Beklagte habe dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, daß sie die Frage nicht im Licht von Nummer 8 der Leitlinien geprüft habe, wo sie erkläre, daß sie den Luftverkehrsunternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen verschaffen wolle. Mit dieser Rüge gibt sie zu verstehen, daß die streitige Beihilfe im Hinblick auf die staatliche Unterstützung, die andere Fluggesellschaften erhalten hätten, genehmigt werden müsse, damit VLM in der Lage sei, diesen durch staatliche Beihilfen begünstigten Gesellschaften zu gleichen Bedingungen gegenüberzutreten.

92 Hierzu ist festzustellen, daß die Genehmigung staatlicher Beihilfen an bestimmte Fluggesellschaften nicht ipso facto ein Recht der übrigen Fluggesellschaften begründet, in den Genuß einer Ausnahme vom Grundsatz des Verbotes von Beihilfen zu kommen. Es ist Sache der Kommission, im Rahmen ihres Ermessens jedes Beihilfeprojekt individuell zu prüfen. Sie muß dies unter Berücksichtigung der das Projekt kennzeichnenden besonderen Umstände sowie der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts und der Leitlinien tun. Selbst wenn in anderen Mitgliedstaaten ansässige Gesellschaften rechtswidrige Beihilfen erhalten haben, hat dies keine Auswirkung auf die Beurteilung der fraglichen Beihilfe (siehe oben, Randnr. 54).

93 Das der Kommission zustehende Ermessen kann jedenfalls nicht allein deshalb wegfallen, weil sie eine für einen Konkurrenten bestimmte Beihilfe genehmigt hat, denn sonst würde den Bestimmungen des Vertrages, die ihr dieses Ermessen verleihen, die Wirksamkeit genommen.

94 Die Klägerin kann der Beklagten nicht vorwerfen, daß sie die streitige Beihilfe als Betriebsbeihilfe angesehen hat, die an keine Bedingung hinsichtlich der Verwendung des Betrages geknüpft war, für die die Klägerin keine Sicherheiten erhalten hatte und bei deren Gewährung sich VLM in finanziellen Schwierigkeiten befand. Der Darlehensvertrag schreibt nämlich nicht vor, die Beihilfe zur Finanzierung einer bestimmten Ausgabe zu verwenden (siehe oben, Randnr. 42), so daß sie VLM von Lasten befreit, die mit ihrem laufenden Betrieb verbunden sind. Bei der fraglichen Beihilfe handelt es sich somit um eine Betriebsbeihilfe (vgl. dazu Urteil Siemens/Kommission, bereits in Randnr. 43 genannt, Randnr. 77) und nicht um eine Umstrukturierungs- oder Investitionsbeihilfe.

95 Die Beklagte hat in der angefochtenen Entscheidung nicht geltend gemacht, daß die Klägerin keine Sicherheit als Gegenleistung für das Darlehen erhalten habe. Sie hat im siebenten und achten Absatz von Abschnitt V ausgeführt, daß der "Darlehensgeber... über eine gewisse Garantie [verfügt]" und daß "es sich nicht um eine Beleihung beweglicher oder unbeweglicher Gegenstände (z. B. Hypothek) handelt"; dies wird durch den Wortlaut von Artikel 3 des streitigen Darlehensvertrags bestätigt.

96 Schließlich hat die Beklagte ihre Behauptung, daß VLM bereits knapp zwei Jahre nach ihrer Gründung finanzielle Schwierigkeiten gehabt habe (sechster Absatz von Abschnitt V), nicht bei der Beurteilung der streitigen Beihilfe im Rahmen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages aufgestellt, sondern bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers in einer Marktwirtschaft im Zusammenhang mit der Prüfung, ob es sich bei dem fraglichen Darlehen um eine Beihilfe im Sinne des Vertrages handelte. Insoweit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, daß die Beklagte dieses Kriterium falsch angewandt hat, so daß, auch wenn die streitige Behauptung zu undifferenziert sein mag, dieser Umstand für sich genommen nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen kann.

97 Demnach hat die Beklagte eine Freistellung gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages zu Recht abgelehnt.

Dritter Teil des dritten Klagegrundes: unzureichende Begründung in bezug auf die Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages

Vorbringen der Parteien

98 Die Klägerin führt aus, die Kommission dürfe sich in einer Einzelfallentscheidung nicht darauf beschränken, Leitlinien zu erstellen, in denen ihre Politik im betreffenden Sektor zum Ausdruck komme, oder festzustellen, daß die darin festgelegten Voraussetzungen nicht vorlägen. Sie müsse konkret prüfen, ob die fragliche Beihilfe nicht unter die Ausnahme in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages fallen könne.

99 Im vorliegenden Fall könne anhand der in der Entscheidung genannten Gründe nicht überprüft werden, ob die Beklagte alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigt habe, die eine Ausnahme vom Verbot staatlicher Beihilfen hätten rechtfertigen können. Der Begründungsmangel sei um so offenkundiger, als in den Leitlinien, auf die die Beklagte in ihrer Entscheidung Bezug genommen habe, die Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages nicht per se auf Umstrukturierungsbeihilfen beschränkt werde.

100 Der Begründung der Entscheidung lasse sich insbesondere nicht entnehmen, inwieweit die Beklagte konkret untersucht habe, ob die streitige Beihilfe dem im dritten Absatz von Kapitel VII der angefochtenen Entscheidung genannten Kriterium entspreche. Nach diesem Kriterium seien die in Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages und in Artikel 61 Absatz 3 des EWR-Abkommens vorgesehenen Freistellungsvoraussetzungen nur auf Fälle anwendbar, in denen die Kommission feststelle, daß die Marktkräfte allein, d. h. ohne die betreffende Beihilfe, nicht ausreichen würden, um den Begünstigten zu veranlassen, eines der Ziele dieser Voraussetzungen zu verwirklichen.

101 Die Beklagte meint, in ihrer Entscheidung hinreichend erläutert zu haben, weshalb sie die streitige Beihilfe nicht genehmigt habe; sie habe namentlich darauf hingewiesen, daß die streitige Beihilfe nicht zu einem zuvor von ihr genehmigten Umstrukturierungsprogramm gehört habe. Daher sei der dritte Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

Würdigung durch das Gericht

102 Die Beklagte hat ihre Entscheidung durch die Bezugnahme auf die in den Leitlinien festgelegten Kriterien und durch die Feststellung, daß diese Kriterien im vorliegenden Fall nicht erfuellt seien (siebenter Absatz von Abschnitt VII der angefochtenen Entscheidung), rechtlich hinreichend begründet. Der Empfänger der Beihilfe, die Drittbetroffenen und der Gemeinschaftsrichter sind ohne weiteres in der Lage, die Gründe zu erkennen, aus denen die Beklagte eine Freistellung gemäß Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages abgelehnt hat.

103 Die Klägerin kann der Beklagten nicht vorwerfen, nicht geprüft zu haben, ob die Marktkräfte ohne die streitige Beihilfe ausgereicht hätten, um den Begünstigten zu veranlassen, eines der Ziele der in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und in Artikel 61 Absatz 3 des EWR-Abkommens vorgesehenen Freistellungsvoraussetzungen zu verwirklichen (vgl. den dritten Absatz von Abschnitt VII der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission brauchte nämlich nur festzustellen, daß eine der in den Leitlinien festgelegten Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit der Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages nicht erfuellt war (im vorliegenden Fall war dies das Fehlen einer Umstrukturierungsabsicht), um mit ausreichender Begründung zu dem Ergebnis zu kommen, daß die Beihilfe nicht gemäß dieser Bestimmung genehmigt werden konnte.

104 Folglich ist auch der dritte Teil des dritten Klagegrundes unbegründet.

105 Somit ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

106 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Beklagte beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, hat sie neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Beklagten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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