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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 28.04.1999
Aktenzeichen: T-221/95
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, Verordnung Nr. 3384/94


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 2
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 3
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 11
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Art. 22 Abs. 3
Verordnung Nr. 3384/94 Art. 15 Abs. 5
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 sieht vor, daß die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats prüfen kann, ob ein Zusammenschluß ohne gemeinschaftsweite Bedeutung mit dieser Verordnung vereinbar ist; damit verleiht er dem Mitgliedstaat keine Befugnis, den Prüfungsvorgang der Kommission zu überwachen, nachdem er ihr die Untersuchung des betreffenden Zusammenschlusses übertragen hat, oder den Untersuchungsbereich der Kommission einzuschränken.

2 Das Verfahren der Akteneinsicht in Wettbewerbssachen soll die Empfänger einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage versetzen, die Beweisstücke in der Akte der Kommission zur Kenntnis zu nehmen, damit sie sich sinnvoll zu den Schlußfolgerungen äussern können, zu denen die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgrund dieser Beweisstücke gelangt ist. Das Recht auf Akteneinsicht soll sicherstellen, daß sich die betrofffenen Unternehmen wirkungsvoll gegen die ihnen gegenüber in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Beanstandungen verteidigen können.

Jedoch kann die Einsichtnahme in bestimmte Schriftstücke verweigert werden; dies gilt insbesondere für Schriftstücke oder Teile davon, die Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen enthalten, interne Schriftstücke der Kommission, Angaben, die die Identifizierung von Beschwerdeführern ermöglichen, die ihre Identität nicht preisgeben möchten, und Auskünfte, die der Kommission mit der Bitte um vertrauliche Behandlung übermittelt wurden.

Diese Grundsätze für die Akteneinsicht im Rahmen von Verfahren nach den Artikeln 85 und 86 des Vertrages gelten auch für die Akteneinsicht bei Zusammenschlüssen im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89, obwohl die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Beschleunigungsgebot in Einklang gebracht werden muß, das für die allgemeine Systematik dieser Verordnung kennzeichnend ist.

3 Aus dem Wortlaut des Artikels 15 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3384/94 über die Anmeldung, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89 geht klar hervor, daß die Kommission nur gehalten ist, die Erklärungen jeder während einer förmlichen Anhörung angehörten Person aufzeichnen zu lassen. Dagegen ist sie nicht verpflichtet, eine Niederschrift einer solchen Anhörung zu erstellen, und zwar im Gegensatz zum Verfahren des Artikels 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 99/63 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17, der vorsieht, daß über die wesentlichen Erklärungen jeder angehörten Person "eine Niederschrift angefertigt" und "die Niederschrift verlesen und von der angehörten Person genehmigt [wird]".

4 Die Grundregeln der Verordnung Nr. 4064/89, insbesondere ihr Artikel 2, räumen der Kommission ein bestimmtes Ermessen namentlich bei Beurteilungen wirtschaftlicher Art ein. Daher muß der Gemeinschaftsrichter die Ausübung einer solchen Befugnis, die bei der Beschreibung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlich ist, unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums kontrollieren, den die Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, umfassen.

5 Ein besonders hoher Marktanteil kann ohne weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung liefern, besonders wenn die übrigen Marktteilnehmer nur erheblich geringere Anteile innehaben.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 28. April 1999. - Endemol Entertainment Holding BV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 - Entscheidung, mit der ein Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird - Artikel 22 der Verordnung Nr. 4064/89 - Verteidigungsrechte - Akteneinsicht - Beherrschende Stellung. - Rechtssache T-221/95.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (berichtigte Fassung ABl. 1990, L 257, S. 13), die im vorliegenden Fall anzuwenden ist, bestimmt:

"(1) Zusammenschlüsse im Sinne dieser Verordnung sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen.

Bei dieser Prüfung berücksichtigt die Kommission:

a) die Notwendigkeit, im Gemeinsamen Markt wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln,insbesondere im Hinblick auf die Struktur aller betroffenen Märkte und den tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerb durch innerhalb oder ausserhalb der Gemeinschaft ansässige Unternehmen;

b) die Marktstellung sowie die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, ihren Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, rechtliche und tatsächliche Marktzutrittsschranken, die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage bei den jeweiligen Erzeugnissen und Dienstleistungen, die Interessen der Zwischen- und Endverbraucher sowie die Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, sofern diese dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert.

(2) Zusammenschlüsse, die keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, sind für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.

(3) Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, sind für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären."

2 Artikel 3 Absatz 1 dieser Verordnung lautet:

"Ein Zusammenschluß wird dadurch bewirkt, daß

a) zwei oder mehr bisher voneinander unabhängige Unternehmen fusionieren oder daß

b) - eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, oder

- ein oder mehrere Unternehmen

durch den Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Vertrag oder in sonstiger Weise die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erwerben."

3 Artikel 3 Absatz 3 lautet:

"Die Kontrolle im Sinne dieser Verordnung wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluß auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch:

a) Eigentums- oder Nutzungsrechte an der Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens;

b) Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluß auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren."

4 Artikel 8 Absatz 2 sieht folgendes vor:

"Stellt die Kommission fest, daß ein angemeldeter Zusammenschluß gegebenenfalls nach entsprechenden Änderungen durch die beteiligten Unternehmen den Voraussetzungen des Artikels 2 Absatz 2 entspricht, so erklärt sie den Zusammenschluß durch Entscheidung für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt.

Sie kann diese Entscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, daß die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich der Änderung des ursprünglichen Zusammenschlußvorhabens eingegangen sind. Die Entscheidung, mit der der Zusammenschluß für vereinbar erklärt wird, erstreckt sich auch auf die mit seiner Durchführung unmittelbar verbundenen und für sie notwendigen Einschränkungen."

5 Artikel 8 Absatz 3 lautet:

"Stellt die Kommission fest, daß ein Zusammenschluß dem Kriterium des Artikels 2 Absatz 3 entspricht, so erklärt sie den Zusammenschluß durch Entscheidung für mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar."

6 Artikel 11 bestimmt:

"(1) Die Kommission kann zur Erfuellung der ihr mit dieser Verordnung übertragenen Aufgaben von den Regierungen und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten von den in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) bezeichneten Personen sowie von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte einholen.

(2) Richtet die Kommission ein Auskunftsverlangen an eine Person, an ein Unternehmen oder an eine Unternehmensvereinigung, so übermittelt sie der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sich der Wohnsitz der Person oder der Sitz des Unternehmens bzw. der Unternehmensvereinigung befindet, gleichzeitig eine Kopie davon.

(3) In ihrem Auskunftsverlangen weist die Kommission auf die Rechtsgrundlagen und den Zweck des Auskunftsverlangens sowie auf die in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) für den Fall der Erteilung einer unrichtigen Auskunft vorgesehenen Sanktionen hin.

(4) Zur Erteilung der erforderlichen Auskünfte sind bei Unternehmen die Inhaber oder deren Vertreter, bei juristischen Personen, Gesellschaften und nicht rechtsfähigen Vereinen die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen verpflichtet.

(5) Wird eine von Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verlangte Auskunft innerhalb einer von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskunft durch Entscheidung an. Die Entscheidung bezeichnet die geforderten Auskünfte, bestimmt eine angemessene Frist zur Erteilung der Auskünfte und weist auf die in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b) und Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c) vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, beim Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben.

(6) Die Kommission übermittelt der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sich der Wohnsitz der Person oder der Sitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befindet, gleichzeitig eine Kopie der Entscheidung."

7 In Artikel 19 Absatz 2 heisst es:

"Die Kommission führt die in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren in enger und stetiger Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durch; diese sind berechtigt, zu diesen Verfahren Stellung zu nehmen..."

8 Artikel 22 Absatz 3 bestimmt:

"Stellt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats fest, daß ein Zusammenschluß im Sinne von Artikel 3, der jedoch keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne des Artikels 1 hat, eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt, durch welche wirksamer Wettbewerb im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats erheblich behindert würde, so kann die Kommission - sofern dieser Zusammenschluß den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt - die in Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 sowie in Artikel 8 Absätze 3 und 4 vorgesehenen Entscheidungen erlassen."

Sachverhalt

9 Mit ihrer nach Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 erlassenen Entscheidung 96/346/EG vom 20. September 1995 in einem Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 (IV/M.553 - RTL/Veronica/Endemol) (ABl. 1996, L 134, S. 32; im folgenden: streitige Entscheidung) erklärte die Kommission den Zusammenschluß in Form der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Holland Media Gröp (im folgenden: Zusammenschluß) für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

10 Die Parteien dieses Zusammenschlusses waren die Compagnie luxembourgeoise de télédiffusion SA (im folgenden: CLT), die NV Verenigd Bezit VNU (im folgenden: VNU), die RTL 4 SA (im folgenden: RTL), die Endemol Entertainment Holding BV (im folgenden: Endemol) und die Veronica Omröp Organisatie (im folgenden: Veronica).

11 CLT ist eine Rundfunkgesellschaft luxemburgischen Rechts, die auf den Märkten verschiedener Länder in den Bereichen Hörfunk, Fernsehen, Verlagswesen u. ä. tätig ist.

12 VNU ist eine Gesellschaft niederländischen Rechts auf dem Gebiet des Verlagswesens im Medienbereich für Verbraucher und Wirtschaft und im Bereich der Datenbanken. Sie hält Kapitalanteile an Sendegesellschaften, darunter mittelbar einen 44%igen Minoritätsanteil am kommerziellen belgischen Sender VTM, und ist indirekt mit 38 % an RTL beteiligt.

13 RTL ist eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts, die Fernsehen- und Radioprogramme zum Teil in niederländischer Sprache anbietet. Diese Programme werden von CLT ausgestrahlt, die - direkt und indirekt - 47,27 % des Gesellschaftskapitals von RTL hält. CLT kontrolliert letztlich RTL, die mit 51 % am Kapital der Holland Media Gröp (im folgenden: HMG) beteiligt war.

14 Veronica ist ein Verein niederländischen Rechts, der bis zum 1. September 1995 auf dem niederländischen Fernseh- und Hörfunkmarkt als öffentliche Rundfunkorganisation tätig war. Veronica gehörte zu den vier öffentlichen Rundfunkanstalten, die ihre Programme über den öffentlichen Kanal "Nederland 2" ausstrahlten. Am 1. September 1995 zog sich Veronica aus dem öffentlichen Rundfunk zurück und arbeitete als kommerzieller Fernsehsender weiter.

15 Endemol ist eine Gesellschaft niederländischen Rechts, die aus einem Zusammenschluß zwischen J. E. Entertainment BV und John de Mol Communications BV im Jahr 1994 hervorging. Die Gesellschaft ist in den Niederlanden tätig, sie unterhält jedoch auch andere Niederlassungen in Europa. Die Aktivitäten von Endemol liegen vornehmlich in der Produktion von Fernsehprogrammen, dem Betrieb von Fernsehstudios, der Nutzung von Fernsehformaten (d. h. reproduzierbarer Originalprogrammkonzepte), der Produktion und der Nutzung von Theaterprogrammen und der Organisation von Veranstaltungen.

16 Veronica und Endemol gründeten zum alleinigen Zweck des Zusammenschlusses die Veronica Media Gröp (im folgenden VMG), eine Gesellschaft niederländischen Rechts, an deren Gesellschaftskapital sie mit 53 % bzw. 47 % beteiligt sind. VMG hält 49 % der Aktien von HMG.

17 Zweck des Zusammenschlusses war die Gründung von HMG zum Anbieten von Fernseh- und Rundfunkprogrammen oder von derartigen Programm-"Paketen", die von dem Unternehmen selbst, von CLT, Veronica oder anderen Sendern in den Niederlanden und Luxemburg ausgestrahlt werden sollten. Alle Hörfunk- und Fernsehaktivitäten der Parteien für die Niederlande wurden HMG übertragen. Die durch RTL eingebrachten Vermögenswerte umfassten die Fernsehsender RTL 4 und RTL 5, die damit verbundenen Aktiva und den RTL-Rockrundfunkkanal. RTL übertrug an HMG auch das Recht zur Nutzung der Sendelizenz von CLT, das Geschäft mit den (vorwiegend niederländischsprachigen) Radio- und Fernsehprogrammen und -programmpaketen für die Niederlande und Luxemburg sowie ihre 50%ige Beteiligung an der IPN SA (im folgenden: IPN), einer Werbeagentur, die Werbezeiten für die Fernsehsender RTL 4 und RTL 5 verkauft. Zu den von Veronica und Endemol übertragenen Vermögenswerten gehörten der Fernsehsender Veronica mit den dazugehörigen Vermögenswerten und das Rundfunkgeschäft von Endemol (d. h. den Radiosender Holland FM).

18 Endemol und HMG trafen ferner eine zehnjährige Produktionsvereinbarung, um den Produktionsbedarf der drei HMG-Kanäle zu decken. Danach verpflichtete sich Endemol zur Deckung von 60 % des niederländischsprachigen Produktionsbedarfs von HMG. Im Gegenzug verpflichtete sich HMG, wertmässig 60 % des Bedarfs an speziellen Programmen von Endemol zu beziehen. HMG erhielt zudem ein Erstablehnungsrecht bei neuen von Endemol herausgebrachten, erworbenen oder entdeckten Stars und Formaten.

19 Am 19. April 1995 richtete die niederländische Regierung gemäß Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 ein Schreiben an die Kommission, mit dem sie diese um Prüfung des Zusammenschlusses ohne gemeinschaftsweite Bedeutung ersuchte.

20 Am 22. Mai 1995 traf die Kommission eine Entscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 zur Einleitung der zweiten Stufe des in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahrens.

21 Da die Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 22 der Verordnung Nr. 4064/89 nicht die übliche aufschiebende Wirkung des Artikels 7 Absatz 1 dieser Verordnung hat, konnten die Parteien den Zusammenschluß unter den vorstehend in Randnummer 17 genannten Bedingungen vollziehen. Somit wurden die Programme von RTL 4 und RTL 5 seit dem 1. September 1995 unter der luxemburgischen Sendelizenz von CLT ausgestrahlt. Die Programme von Veronica wurden unter einer niederländischen Sendelizenz für kommerzielle Programme ausgestrahlt.

22 Am 20. September 1995 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, mit der die Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens HMG für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurde, da der Zusammenschluß zur Begründung einer beherrschenden Stellung auf dem Fernsehwerbemarkt in den Niederlanden und zur Stärkung der beherrschenden Stellung von Endemol auf dem Markt der unabhängigen niederländischsprachigen Fernsehproduktion in den Niederlanden führen würde, durch die ein wirksamer Wettbewerb in den Niederlanden erheblich behindert werden könnte.

23 Die Kommission forderte die Parteien zugleich auf, binnen drei Monaten ab Zustellung der streitigen Entscheidung geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um auf dem Markt der Fernsehwerbung und der unabhängigen Fernsehproduktion in den Niederlanden einen wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen.

Verfahren, Vorgänge nach Klageerhebung und Anträge der Parteien

24 Alle Parteien des Zusammenschlusses haben mit Klageschrift, die am 4. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

25 Mit Schriftsatz, der am 7. Mai 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen erklärt, daß Verhandlungen mit den Dienststellen der Kommission im Gang seien, um zu einer Einigung über einen geänderten Zusammenschluß zu gelangen, den die Kommission als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar genehmigen könnte.

26 Mit Entscheidung 96/649/EG der Kommission vom 17. Juli 1996 in einem Verfahren gemäß der Verordnung Nr. 4064/89 (IV/M.553 - RTL/Veronica/Endemol) (ABl. 1996, L 294, S. 14) wurde der Zusammenschluß nach Änderung durch die Parteien für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt, sofern alle in den Zusagen der Parteien vorgesehenen Bedingungen und Verpflichtungen eingehalten würden. Diese Bedingungen sind in der elften und zwölften Begründungserwägung der genannten Entscheidung enthalten und stellen sich wie folgt dar:

a) Endemol verzichtet auf eine Beteiligung am Kapital von HMG; somit ist Endemol nicht mehr Aktionär von HMG; aufgrund der neu geschlossenen Fusionsvereinbarung hält RTL 65 % und Veronica 35 % der HMG-Anteile.

b) HMG stellt zum 1. Januar 1997 den Betrieb von RTL 5 als Vollprogramm ein und betreibt statt dessen ein Nachrichtenprogramm (d. h. ein Fernsehprogramm, das nur Nachrichten und nachrichtenbezogene Programme ausstrahlt); dazu legte HMG der Kommission am 1. Mai 1996 einen Geschäftsplan vor. Nach diesem Plan ist beabsichtigt, daß dieses Programm mit der Zeit als Bezahlfernsehkanal betrieben wird, der die Mehrheit seiner Einnahmen aus Zahlungen der Zuschauer oder von Kabelbetreibern erzielen wird. Auf Antrag der Parteien kann die Kommission die Frist für die Umwandlung von RTL 5 in einen Nachrichtenkanal um drei Monate verlängern, wenn dies für die Verwirklichung dieses Vorhabens durch die Parteien unabdingbar ist. In den ersten fünf Jahren nach Erlaß dieser Entscheidung wird HMG ohne die vorherige Einwilligung der Kommission weder den wesentlichen Charakter des Nachrichtenprogramms ändern noch erheblich vom oben genannten Geschäftsplan abweichen.

27 Diese Entscheidung wurde den Parteien mit Schreiben vom 25. Juli 1996 mitgeteilt.

28 Aufgrund dieser Entscheidung haben Veronica, RTL, CLT und VNU mit Schreiben, das am 11. September 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, sie als Klägerinnen des vorliegenden Verfahrens zu streichen.

29 Durch Beschluß der Präsidentin der Vierten erweiterten Kammer vom 7. Oktober 1996 sind Veronica, RTL, CLT und VNU als Klägerinnen des vorliegenden Verfahrens gestrichen und verurteilt worden, ihre eigenen Kosten sowie vier Fünftel der Kosten zu tragen, die der Beklagten bis zur Klagerücknahme entstanden sind.

30 Endemol ist somit nunmehr die alleinige Klägerin der vorliegenden Klage.

31 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch die Klägerin und die Kommission am 17. Juni 1998 aufgefordert, eine Reihe schriftlicher Fragen zu beantworten und verschiedene Schriftstücke vorzulegen. Die Klägerin und die Kommission haben die Fragen des Gerichts beantwortet und die verlangten Schriftstücke am 6. Juli 1998 vorgelegt.

32 In Beantwortung von Fragen des Gerichts hat die Klägerin am 6. Juli 1998 erklärt, daß sie auf zwei im Rahmen ihres vierten Klagegrundes vorgebrachte Argumente verzichte, die sich auf die Stellung von HMG auf dem Fernsehmarkt bzw. die beherrschende Stellung von HMG auf dem Markt der Fernsehwerbung beziehen.

33 Die Parteien haben in der Sitzung vom 15. Juli 1998 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

34 Die Klägerin beantragt,

- die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

35 Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Zur Begründetheit

36 Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vier Klagegründe vorgebracht. Der erste beruht auf einer mangelnden Zuständigkeit der Kommission für den Erlaß der streitigen Entscheidung, da sie nur zu einer Untersuchung des Fernsehwerbemarkts, nicht aber des Fernsehproduktionsmarkts befugt gewesen sei. Der zweite Klagegrund betrifft die Verletzung der Verteidigungsrechte, da die Klägerin ungenügende Akteneinsicht gehabt habe. Mit dem dritten und dem vierten Klagegrund werden eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften und ein Verstoß gegen die Artikel 2 und 3 der Verordnung Nr. 4064/89 geltend gemacht.

1. Der erste Klagegrund: mangelnde Zuständigkeit der Kommission

Vorbringen der Parteien

37 Die Klägerin macht geltend, die Kommission sei nur zur Untersuchung des Fernsehwerbemarkts, nicht aber des Fernsehproduktionsmarkts befugt gewesen. Die Zuständigkeit der Kommission gegenüber Zusammenschlüssen ohne gemeinschaftsweite Bedeutung hänge nach Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 vom Antrag eines Mitgliedstaats ab. Im vorliegenden Fall habe die niederländische Regierung bei der Kommission nur beantragt, den Zusammenschluß in bezug auf den Fernsehwerbemarkt zu prüfen. Somit habe sich die Untersuchung der Kommission nur auf diesen Markt erstrecken können; sie sei nicht befugt gewesen, die Untersuchung von sich aus auszuweiten.

38 Die niederländische Regierung habe die Begrenzung des Antrags auf den Fernsehwerbemarkt nicht nur in ihrem Schreiben vom 19. April 1995, sondern auch in ihren Erläuterungen zu diesem Schreiben ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, worin erklärt worden sei, daß die etwaigen Auswirkungen auf den Fernsehwerbemarkt dem Wunsch der niederländischen Regierung zugrunde gelegen hätten, die Prüfung dieses Zusammenschlusses in bezug auf die Verordnung Nr. 4064/89 zu beantragen.

39 Die Kommission trägt vor, Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 solle eine wirksame Kontrolle von Zusammenschlüssen gewährleisten, wenn ein Mitgliedstaat über keine einschlägige Regelung verfüge. Aufgrund dieser Bestimmung könne ein Mitgliedstaat somit die Kommission um Prüfung einer Angelegenheit ersuchen, wenn die nationalen Instrumente nicht ausreichten, um der wettbewerbswidrigen Wirkung eines Zusammenschlusses zu begegnen.

40 Nach der genannten Bestimmung könne ein Mitgliedstaat der Kommission keineswegs nur einen besonderen Aspekt eines Zusammenschlusses zur Prüfung vorlegen, sie impliziere im Gegenteil eine Prüfung des Zusammenschlusses insgesamt. Aufgrund eines solchen Antrags müsse die Kommission den Zusammenschluß prüfen, als hätte er eine gemeinschaftsweite Dimension. Ihre Befugnisse auf diesem Gebiet wären unangemessen, wenn zu erwarten wäre, daß der betreffende Mitgliedstaat in seinem Antrag bereits das Wettbewerbsproblem identifiziert habe, das eine Lösung erfordere.

41 Die Kommission bemerkt ferner, die niederländische Regierung habe ihren Antrag nicht auf den Fernsehwerbemarkt begrenzt. Es gehe aus dem Schreiben der niederländischen Regierung an die Kommission klar hervor, daß letztere ersucht worden sei, die Vereinbarkeit des Zusammenschlusses insgesamt mit der Verordnung Nr. 4064/89 zu prüfen. Die niederländische Regierung habe lediglich zum Ausdruck gebracht, daß der Zusammenschluß ihres Erachtens die Stellung der Parteien nicht anderweitig als auf dem Fernsehwerbemarkt spürbar verstärke und daß ihr Antrag an die Kommission auf ihre insoweit bestehende Besorgnis zurückzuführen sei. Zudem lasse nichts in den Erläuterungen zu ihrem Schreiben an die Kommission darauf schließen, daß sie die Kommission nur ersucht habe, Untersuchungen bezueglich des Fernsehwerbemarkts anzustellen.

Würdigung durch das Gericht

42 Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 sieht im wesentlichen vor, daß die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats prüfen kann, ob ein Zusammenschluß ohne gemeinschaftsweite Bedeutung mit dieser Verordnung vereinbar ist. Die Prüfung der Kommission wird nur durch den Wortlaut des Artikels 22 begrenzt. So hat die Kommission z. B. nach Absatz 5 dieses Artikels nur die Maßnahmen zu treffen, die unbedingt erforderlich sind, um einen wirksamen Wettbewerb im Gebiet des Mitgliedstaats zu wahren oder wiederherzustellen, auf dessen Antrag hin sie tätig geworden ist. Dagegen verleiht Artikel 22 dem Mitgliedstaat keine Befugnis, den Prüfungsvorgang der Kommission zu überwachen, nachdem er ihr die Untersuchung des betreffenden Zusammenschlusses übertragen hat, oder den Untersuchungsbereich der Kommission einzuschränken.

43 Zudem geht aus den Akten klar hervor, daß die niederländische Regierung im Gegensatz zur Behauptung der Klägerin die Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses durch die Kommission nicht beschränken wollte.

44 So bringt die niederländische Regierung in ihrem Schreiben vom 19. April 1995 an die Kommission zum Ausdruck, sie erwarte, daß die Kommission den Zusammenschluß insgesamt und nicht nur in einem seiner Aspekte prüfe. Punkt 1 dieses Schreibens lautet:

"Unter Bezugnahme auf Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 ersuche ich Sie im Namen der niederländischen Regierung, zu prüfen, ob der "joint venture" von RTL, CLT, VNU, Veronica und Endemol mit der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vereinbar ist."

45 Aus Punkt 3 dieses Schreibens ergibt sich auch, daß die niederländische Regierung zwar die Aufmerksamkeit der Kommission auf den Fernsehwerbemarkt im besonderen lenken, aber nicht den Umfang der Untersuchung durch die Kommission beschneiden wollte. Dort heisst es:

"Soweit die niederländische Regierung beurteilen kann, nimmt die Partnerschaft die Form eines Zusammenschlusses an... Die niederländische Regierung hält es für wünschenswert, näher zu prüfen, ob der Zusammenschluß eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken könnte, durch die ein wirksamer Wettbewerb auf dem Fernsehwerbemarkt in den Niederlanden erheblich behindert würde."

46 Dieser Schluß wird auch dadurch bestätigt, daß der Beratende Ausschuß in seiner Stellungnahme vom 5. September 1995 zu dem Vorentwurf der streitigen Entscheidung nach Artikel 19 der Verordnung Nr. 4064/89 die Meinung der Kommission geteilt hat, daß sich ihre Prüfung auf den Zusammenschluß insgesamt und nicht nur auf besondere Aspekte desselben beziehen müsse. Die betreffende Stellungnahme des Ausschusses erfolgte einstimmig, also auch mit Zustimmung des Vertreters der Niederlande.

47 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

2. Der zweite Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Parteien

48 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe durch die Art und Weise, wie sie ihr Recht auf Akteneinsicht behandelt habe, ihre Verteidigunsgrechte verletzt.

49 Die Verteidigungsrechte umfassten das Recht der betroffenen Unternehmen auf Einsicht in die von der Kommission herangezogenen Schriftstücke, damit sie in die Lage versetzt würden, zu deren Wahrheitsgehalt und Erheblichkeit Stellung zu nehmen. Die Kommission sei verpflichtet, den von einem Verfahren zur Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag betroffenen Unternehmen die Gesamtheit der belastenden und entlastenden Schriftstücke zugänglich zu machen, die sie im Laufe der Untersuchung gesammelt habe, ausgenommen nur Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen, interne Schriftstücke der Kommission und andere vertrauliche Informationen (Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in den verbundenen Rechtssachen T-10/92, T-11/92, T-12/92 und T 15/92, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2667, Randnr. 41).

50 Diese Rechtsprechung beziehe sich zwar auf Rechtssachen wegen Verfahren nach den Artikeln 85 und 86 des Vertrages, doch dürfe der Grundsatz des Schutzes der Verteidigungsrechte in Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 nicht in einem geringwertigen Recht auf Zugang zu den Schriftstücken der Kommission zum Ausdruck kommen. Artikel 18 der Verordnung Nr. 4064/89 wie auch Artikel 13 der im entscheidungserheblichen Zeitraum geltenden Durchführungsverordnung (EG) Nr. 3384/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über die Anmeldung, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89 (ABl. 1994, L 377, S. 1) enthielten nämlich gleiche Vorschriften über das Anhörungsrecht wie Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) und Artikel 4 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268). Es sei somit klar, daß die vorgenannte Rechtsprechung in vollem Masse auf die in der Verordnung Nr. 4064/89 vorgesehenen Verfahren Anwendung finde.

51 Die Klägerin macht geltend, daß die Akte, zu der die Parteien des Zusammenschlusses Zugang gehabt hätten, offensichtlich unvollständig gewesen sei, vor allem weil die Kommission zahlreiche Schriftstücke der von der Angelegenheit betroffenen Parteien durch nichtvertrauliche Zusammenfassungen ersetzt habe, aus denen die Identität dieser Parteien nicht hervorgegangen sei. Die Kommission habe sich sogar geweigert, die Identität der Unternehmen bekanntzugeben, die keine vertrauliche Behandlung verlangt hätten, und zwar mit der Begründung, daß die Parteien anderenfalls daraus schließen könnten, welches die anderen Gesellschaften seien. Dies könne vertretbar sei, soweit es sich um den ersten Fragebogen der Kommission an die unabhängigen Produzenten handele, der fünf unabhängigen Produzenten von Fernsehprogrammen übermittelt worden sei, ein derartiges Verhalten sei aber kaum verständlich in bezug auf den zweiten, allgemeinen Fragebogen, der allen anderen unabhängigen Produzenten zugegangen sei, die im Nederlands Omröp Handbök 1994/95 (Handbuch des niederländischen Hörfunk- und Fernsehbüros; im folgenden: Handbök) verzeichnet seien.

52 Diese nichtvertraulichen Zusammenfassungen böten in Ermangelung der Nennung der Gesellschaften, die geantwortet hätten, ein täuschendes Bild der Marktbedingungen, so daß die Klägerin ohne Kenntnis der Identität der betreffenden Gesellschaften nicht in der Lage sei, auf die Behauptungen einzugehen.

53 Die Klägerin beanstandet auch, daß in der Übersicht über die Schriftstücke, die die Parteien des Zusammenschlusses hätten einsehen können, weder Art noch Inhalt dieser Schriftstücke angegeben gewesen seien. Ihres Erachtens hätten die Angaben in dieser Übersicht den genannten Parteien so präzise Informationen bieten müssen, daß sie hätten prüfen können, ob die beschriebenen Schriftstücke für die Verteidigung der Parteien von Bedeutung sein könnten.

54 Ausserdem hätten die Parteien keinen Zugang zu den Antworten eines unabhängigen Produzenten, nämlich der Firma IDTV, gehabt, der ein spezieller Fragebogen der Kommission übermittelt worden sei. Ferner hätten weder D & D Productions International BV, also die niederländische Tochter der belgischen Produktionsgesellschaft D & D, noch Sleeswijk Entertainment BV, die von der Firma D & D erworben worden sei, einen Fragebogen erhalten.

55 Bei der Kommission seien auch neue Schriftstücke eingegangen, nachdem die Parteien des Zusammenschlusses Akteneinsicht erhalten hätten; die Parteien seien nie davon unterrichtet worden und hätten auch keine Gelegenheit gehabt, diese Schriftstücke einzusehen. Die Behauptung der Kommission, daß die Eigenproduktion der öffentlichen Sender im wesentlichen deren eigenem Gebrauch diene, sei nämlich nur dadurch erklärbar, daß sie nach der Anhörung Informationen eingeholt habe. Sollte diese Behauptung auf Informationen beruhen, die von den Parteien des Zusammenschlusses stammten, was weniger wahrscheinlich sei, so sei sie offensichtlich mit einem materiellen Fehler behaftet.

56 Ferner beanstandet die Klägerin, daß die Kommission fernmündliche Antworten eingeholt habe, die den Parteien des Zusammenschlusses niemals vorgelegt worden seien. Dadurch sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, zu diesen Informationen Stellung zu nehmen. Da letztere jedenfalls nicht überprüfbar seien, hätte sie die Kommission nicht verwenden dürfen. Die Einholung fernmündlicher Informationen verstosse gegen die grundlegenden Prinzipien der Verteidigungsrechte in Wettbewerbsfällen. Solche Auskünfte könnten falsch verstanden werden, und darüber hinaus verpflichte kein Rechtstext die befragte Person zu genauen Angaben, im Gegensatz zu einem Auskunftsverlangen, das eine klare Warnung vor Sanktionen bei falschen Informationen erhalte. Dies verstosse auch offensichtlich gegen den Wortlaut und Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers und stelle praktisch eine Weigerung der Kommission dar, das Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Die praktischen Schwierigkeiten, denen die Kommission begegne, könnten sie nicht von ihrer Verpflichtung zur Anwendung der Verordnung Nr. 4064/89 entbinden.

57 Die Kommission bestreitet nicht, daß die Grundsätze für den Aktenzugang in Verfahren nach den Artikeln 85 und 86 des Vertrages auch bei Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 Anwendung finden müssten. Sie macht jedoch darauf aufmerksam, daß die Entscheidungen über die Zusammenschlüsse einem sehr genauen Zeitplan unterlägen, um die Interessen der betroffenen Parteien des Zusammenschlusses zu schützen, und daß hierbei demgemäß der Schutz der Verteidigungsrechte der Parteien mit dem weitergehenden öffentlichen Interesse an einer wirksamen Prüfung der Zusammenschlüsse in Einklang zu bringen sei.

58 Der Zugang zu den Zusammenfassungen der Antworten auf die den unabhängigen Produzenten zugeleiteten Fragebogen habe ausgereicht, damit die Klägerin die gesammelten Beweise habe bestreiten können, da diese Zusammenfassungen ganz klar die Auffassung der betroffenen Dritten zu den voraussichtlichen Folgen des Zusammenschlusses wiedergegeben hätten. Die Glaubwürdigkeit dieser Stellungnahmen werde nicht durch die Identität derjenigen berührt, die sie abgegeben hätten. Wichtig sei, daß sie die Bedenken der Teilnehmer des Produktionsmarkts und deren Überzeugungskraft verdeutlichten. Die Klägerin sei somit in der Lage gewesen, auf alle Behauptungen Dritter zu antworten, mit denen sie nicht einverstanden sei.

59 Die Kommission bemerkt, sie müsse, um ihre im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe der Kontrolle von Zusammenschlüssen zu erfuellen, in der Lage sein, offene und erschöpfende Äusserungen potentiell betroffener Dritter zu erhalten. Sie müsse auch gewährleisten können, daß diese Äusserungen vertraulich behandelt würden (Urteil des Gerichts vom 1. April 1993 in der Rechtssache T-65/89, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, Slg. 1993, II-389, Randnr. 33, bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofes vom 6. April 1995 in der Rechtssache C-310/93 P, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, Slg. 1995, I-865, Randnrn. 26 und 27).

60 Der Umstand, daß nicht alle Antworten auf die übermittelten Fragebogen vorgelegen hätten, als die Klägerin die Akten eingesehen habe, schmälere nicht den Wert der Beweisstücke, auf die sich die Kommission gestützt habe. Die meisten wichtigsten unabhängigen Produzenten, die das Handbök enthalte, hätten auf ihren Fragebogen geantwortet, so daß die der Kommission bei der Erstellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Verfügung stehenden Antworten die Ansichten der wichtigsten Teilnehmer des niederländischsprachigen Fernsehproduktionsmarkts wiedergäben.

61 Die Kommission betont, die Inhaltsübersicht habe den Parteien allgemeine Informationen über die Art der erteilten Auskünfte gegeben.

62 Sie erklärt ferner, die Antworten der Firmen IDTV und D & D seien den Parteien durchaus über die nichtvertraulichen Zusammenfassungen zugänglich gewesen.

63 Die Kommission bestätigt, daß sie nach dem 26. Juli 1995, also nach dem Zeitpunkt, zu dem die Parteien die Akte eingesehen hätten, keine schriftlichen Beweisstücke erhalten habe. Es treffe jedoch zu, daß sie danach mit unabhängigen Produzenten, die nicht auf die Fragebogen geantwortet hätten, fernmündlich in Verbindung getreten sei. Dies sei den Parteien bei der Anhörung zur Kenntnis gebracht worden, diese hätten jedoch nicht verlangt, daß ihnen die so eingeholten ergänzenden Informationen zugänglich gemacht würden. Diese Informationen hätten nur die Stundenzahl von Fernsehprogrammen aus der Produktion des befragten Unternehmens und den Wert dieser Programme in Gulden betroffen. Da die Informationen ihrem Wesen nach nur den befragten Unternehmen hätten bekannt sein können, wären die Parteien durch ihre Bekanntgabe nicht in die Lage versetzt worden, sie zu bestreiten. Selbst wenn ein Verfahrensfehler vorläge, was allerdings bestritten werde, sei die Klägerin also dadurch nicht geschädigt worden.

64 Die Kommission führt schließlich aus, daß ein Rückgriff auf das Verfahren des Artikels 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4064/89 in einer Angelegenheit wie der hier gegebenen unverhältnismässig gewesen wäre, da die meisten betroffenen Unternehmen sehr klein seien. Es sei also angemessen gewesen, daß die Kommission die schriftlichen Antworten, die sie erhalten habe, durch fernmündliche Auskunftsverlangen ergänzt habe.

Würdigung durch das Gericht

Zur Einsichtnahme in nichtvertrauliche Zusammenfassungen

65 Nach der Rechtsprechung soll das Verfahren der Akteneinsicht in Wettbewerbssachen die Empfänger einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage versetzen, die Beweisstücke in der Akte der Kommission zur Kenntnis zu nehmen, damit sie sich sinnvoll zu den Schlußfolgerungen äussern können, zu denen die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgrund dieser Beweisstücke gelangt ist. Das Recht auf Akteneinsicht soll sicherstellen, daß sich die betrofffenen Unternehmen wirkungsvoll gegen die ihnen gegenüber in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Beanstandungen verteidigen können (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnr. 38).

66 Aus der Rechtsprechung geht jedoch auch hervor, daß die Einsichtnahme in bestimmte Schriftstücke verweigert werden kann; dies gilt insbesondere für Schriftstücke oder Teile davon, die Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen enthalten, interne Schriftstücke der Kommission, Angaben, die die Identifizierung von Beschwerdeführern ermöglichen, die ihre Identität nicht preisgeben möchten, und Auskünfte, die der Kommission mit der Bitte um vertrauliche Behandlung übermittelt wurden (Urteil vom 1. April 1993, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, Randnr. 29, bestätigt durch Urteil vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, Randnrn. 26 und 27).

67 Das Gericht hat bereits festgestellt, daß die Unternehmen zwar Anspruch auf den Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse haben, daß dieses Recht jedoch mit der Gewährleistung der Verteidigungsrechte in Einklang gebracht werden muß (Urteil des Gerichts vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache T-36/91, ICI/Kommission, Slg. 1995, II-1847, Randnr. 98). So kann die Kommission gehalten sein, die gegensätzlichen Interessen dadurch miteinander in Einklang zu bringen, daß sie nichtvertrauliche Fassungen von Schriftstücken anfertigt, die Geschäftsgeheimnisse oder andere sensible Gegebenheiten enthalten (Urteil ICI/Kommission, Randnr. 103).

68 Nach Auffassung des Gerichts gelten die gleichen Grundsätze für die Akteneinsicht bei Zusammenschlüssen im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89, obwohl die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Beschleunigungsgebot in Einklang gebracht werden muß, das für die allgemeine Systematik dieser Verordnung kennzeichnend ist (Urteil des Gerichts vom 27. November 1997 in der Rechtssache T-290/94, Kaysersberg/Kommission, Slg. 1997, II-2137, Randnr. 113).

69 Im vorliegenden Fall steht fest, daß bestimmte unabhängige Produzenten den Fragebogen der Kommission unter der Bedingung beantwortet haben, daß ihre Identität den Parteien des Zusammenschlusses nicht preisgegeben wird. Daher kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, die Identität dieser Unternehmen verschwiegen und den Parteien nur eine nicht vertrauliche Zusammenfassung dieser Antworten gegeben zu haben.

70 Ferner durfte die Kommission, um dieser Bedingung gerecht zu werden, nicht die Identität der anderen unabhängigen Produzenten bekanntgeben, die vor Beantwortung der Fragebogen der Kommission keine vertrauliche Behandlung verlangt hatten. Wie die Kommission erklärt, geben die Antworten auf die Fragebogen nämlich Informationen über das Marktsegment, in dem der Verfasser einer bestimmten Antwort tätig ist. Somit konnte die Kommission nicht ausschließen, daß die Parteien auf die Identität der Produzenten, die eine vertrauliche Behandlung ihrer Antworten verlangt hatten, schließen konnten, wenn sie die Identität der Produzenten bekanntgab, die eine solche Behandlung nicht gefordert hatten.

71 Die Antworten auf die Fragebogen enthielten im vorliegenden Fall im übrigen, wie die Kommission ausführt, nur die Ansicht der betroffenen Dritten zu den voraussichtlichen Folgen des Zusammenschlusses. Die nichtvertraulichen Zusammenfassungen ließen die genaue Tragweite dieser Ansichten erkennen. Es war daher nicht erforderlich, die Identität der in Rede stehenden betroffenen Dritten zu kennen, um die zum Ausdruck gebrachten Auffassungen zu bestreiten.

72 Somit wurden die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht dadurch verletzt, daß sie nur nichtvertrauliche Zusammenfassungen der Antworten auf die Fragebogen einsehen konnte, die den unabhängigen Produzenten übermittelt worden waren.

Zur Gestaltung der Inhaltsübersicht

73 Die Inhaltsübersicht durch die Kommission entspricht in ihrer Gestaltung der Übersicht, die das Gericht bereits in seinem Urteil BPB Industries und British Gypsum/Kommission vom 1. April 1993, Randnummern 29 bis 33, als nicht zu beanstanden bezeichnet hat, was der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren in seinem Urteil BPB Industries und British Gypsum/Kommission vom 6. April 1995 bestätigt hat.

74 So steht im vorliegenden Fall fest, daß die Schriftstücke der Akte, die die Parteien am 26. Juli 1995 eingesehen haben, chronologisch geordnet waren und daß die Kommission eine zusammenfassende Aufstellung aller 279 Stücke angefertigt hatte, aus denen sich die Akte zusammensetzte. Diese Aufstellung, die als Anlage 16 zur Klageschrift vorgelegt wurde, enthielt zweierlei Angaben. Zum einen umfasste sie ein Verzeichnis der Schriftstücke nach ihrer Art. Hierzu wurde den betroffenen Gesellschaften eine Einteilung in dreizehn Rubriken übermittelt (Jahresberichte, interne Aufzeichnungen, Informationsverlangen usw.). Die Aufstellung enthielt für jedes Schriftstück oder jede Gruppe von Schriftstücken die Kennziffer(n) entsprechend der Rubrik, der das betreffende Schriftstück oder die betreffende Gruppe angehört. Zum anderen gab die Aufstellung für jedes Schriftstück oder jede Gruppe an, ob die betroffenen Unternehmen Einsicht oder Teileinsicht haben und ob es sich um vertrauliche oder nicht relevante Schriftstücke handelt.

75 Den Parteien soll die Einsichtnahme in fünf Arten von Schriftstücken verwehrt worden sein. Es handelt sich dabei erstens um rein interne Schriftstücke der Kommission, zweitens um einen bestimmten Schriftwechsel mit den Mitgliedstaaten, drittens um bestimmte Antworten auf Auskunftsverlangen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 4064/89, viertens um einen bestimmten Schriftwechsel mit betroffenen Dritten und schließlich fünftens um eine oder mehrere Studien.

76 Die Klägerin kann nicht beanstanden, daß die Kommission ihr die Einsichtnahme in rein interne Schriftstücke verwehrt hat, für die das Gericht bereits entschieden hat, daß sie nicht mitgeteilt zu werden brauchen (siehe oben, Randnr. 66). Gleiches gilt für den Schriftwechsel mit den Mitgliedstaaten und bestimmten betroffenen Dritten, für den die Kommission angesichts seines vertraulichen Charakters zu Recht die Einsichtnahme verwehren konnte. Bezueglich der Antworten auf Auskunftsverlangen der Kommission gegenüber betroffenen Dritten hat das Gericht bereits festgestellt, daß die Kommission im vorliegenden Fall nicht die Verteidigungsrechte verletzt hat, indem sie nur nichtvertrauliche Zusammenfassungen bestimmter Antworten zur Verfügung gestellt hat (siehe oben, Randnrn. 69 bis 72).

77 Zu der oder den der Klägerin nicht zur Verfügung gestellten Studie(n), die die zusammenfassende Aufstellung erwähnt, auf die die Klägerin in ihrer Erwiderung Bezug nimmt, ist festzustellen, daß sich die Kommission in der streitigen Entscheidung ebenso wie in der gemäß Artikel 18 der Verordnung Nr. 4064/89 zugeleiteten Mitteilung der Beschwerdepunkte nur auf zwei Studien bezieht. Es handelt sich dabei um eine ökonometrische Studie von KPMG Management Consulting zu Untersuchungszwecken bzw. um eine Studie von Young & Rubicam mit dem Titel "Media in Europe, Europe Media Cost Comparison 1993". Von der erstgenannten Studie wurde den Parteien eine Kopie übermittelt und von der letztgenannten fand sich eine Kopie in der Akte, in die die Parteien am 26. Juli 1995 Einsicht erhielten. Die Kommission bezieht sich in der streitigen Entscheidung und in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auf keine andere Studie, und die Klägerin hat keine konkreten Hinweise gegeben, wonach diese Dokumente sich auf Informationen aus einer solchen Studie stützen könnten.

78 Somit hat die Kommission bei der Gestaltung der Inhaltsübersicht der Akte nicht gegen die Verteidigungsrechte verstossen.

Zu den Antworten von IDTV und Sleeswijk-D & D

79 Die Klägerin bestreitet nicht die Behauptung der Kommission, daß sie die nichtvertraulichen Zusammenfassungen der Antworten der Firmen IDTV und Sleeswijk-D & D habe einsehen können. Die Rüge ist daher zurückzuweisen.

Zum angeblichen Vorliegen von Schriftstücken, die nach der Akteneinsicht der Klägerin eingegangen sein sollen

80 Die Klägerin hat ihre Behauptung, daß die Kommission nach Akteneinsicht durch sie neue, ihr nicht zugeleitete Schriftstücke bezueglich des niederländischen Fernsehproduktionsmarkts erhalten habe, nicht untermauert. In der Klageschrift bezieht sich die Klägerin insbesondere auf die ersten drei Sätze der 89. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung, wo es heisst:

"Die Eigenproduktionen der öffentlichen Anstalten werden im wesentlichen für deren eigene Zwecke verwendet. Sie werden zwar zuweilen auf dem internationalen Markt, normalerweise jedoch nicht den anderen niederländischen Sendern angeboten. Es besteht deshalb kein direkter Wettbewerb zwischen den Eigenproduktionen und den auf dem Markt angebotenen Produktionen der unabhängigen Hersteller."

81 Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung indessen dargetan, daß die ersten beiden Sätze aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte bzw. aus der Antwort der Parteien auf diese Mitteilung stammen. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte datiert vom 18. Juli 1995 und liegt somit zeitlich vor der Akteneinsicht der Parteien vom 26. Juli. Der dritte Satz beschränkt sich auf die logische Schlußfolgerung aus den ersten beiden Sätzen und enthält keine Neuaussage.

82 Da die Klägerin auf ihr Argument aus der Untersuchung der Stellung von HMG auf dem Fernsehwerbemarkt durch die Kommission verzichtet hat (siehe oben, Randnr. 32), braucht nicht geprüft zu werden, ob die Behandlung des an die Kommission gerichteten Schreibens der Nederlandse Vereniging van Erkende Reclame Adviesbureaus (Niederländische Werbeagenturvereinigung; im folgenden: VEA) vom 25. August 1995 durch die Kommission gegen die Verteidigungsrechte verstösst.

Zur fernmündlichen Einholung von Auskünften

83 Es ist unbestritten, daß die Kommission gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 4064/89 ein Schreiben mit einem Fragebogen an alle im Handbök verzeichneten unabhängigen Produzenten gerichtet hat und danach mit denjenigen Produzenten fernmündlich in Verbindung getreten ist, die nicht geantwortet hatten, um die Stundenzahl der von ihnen im Jahr 1994 produzierten Fernsehprogramme und den Wert dieser Programme in Gulden zu erfahren. Die Kommission benötigte diese Zahlen zur Schätzung der Grösse des Marktes der unabhängigen Fernsehproduktion und des betreffenden Marktanteils von Endemol.

84 Artikel 11 der Verordnung Nr. 4064/89 soll der Kommission ermöglichen, alle Auskünfte einzuholen, die erforderlich sind, damit sie die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben erfuellen kann. Wenn die Kommission ein Auskunftsverlangen an eine Person richtet, muß sie dessen Rechtsgrundlage und Zweck sowie die Sanktionen angeben, die für den Fall der Erteilung einer unrichtigen Auskunft vorgesehen sind. Nach Artikel 11 ist es jedoch nicht erforderlich, daß solche um Auskunft ersuchten Unternehmen schriftlich antworten. Im vorliegenden Fall haben indessen die meisten wichtigsten Unternehmen schriftliche Antworten erteilt. In Anbetracht des Beschleunigungsgebots, das für die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 4064/89 kennzeichnend ist (Urteil Kaysersberg/Kommission, Randnr. 113), hat die Kommission beschlossen, fernmündlich die Antworten der Unternehmen einzuholen, an die sie ein Schreiben gemäß Artikel 11 gerichtet hatte, deren Antwort jedoch noch nicht eingegangen war. Da die meisten in dieser Weise angesprochenen Unternehmen ebenfalls die für die Untersuchung der Kommission erforderlichen Antworten erteilt haben und somit ihrer Verpflichtung aus Artikel 11 der Verordnung Nr. 4064/89 nachgekommen sind, wäre ein Rückgriff auf das förmliche Verfahren des Artikels 11 Absatz 5 dieser Verordnung unverhältnismässig gewesen.

85 Somit hat die Kommission nicht gegen die Bestimmungen des Artikels 11 der Verordnung Nr. 4064/89 verstossen, indem sie zur Vervollständigung ihrer Untersuchungen fernmündlich an die Unternehmen herangetreten ist, denen sie nach dieser Vorschrift ein Schreiben übermittelt hatte, die jedoch nicht geantwortet hatten.

86 Obgleich kein Verstoß gegen die Bestimmungen der Verordnung Nr. 4064/89 vorliegt, ist noch zu prüfen, ob die Kommission die Verteidigungsrechte im Sinne der vorstehend genannten Rechtsprechung (Randnr. 65) verletzt hat, indem sie, was von den Parteien nicht bestritten wird, die fernmündlich eingeholten Auskünfte als solche der Klägerin nicht zugeleitet hat.

87 Nach dieser Rechtsprechung genügt für die Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Nachweis, daß das Versäumnis der Übermittlung der betreffenden Schriftstücke den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung zuungunsten der Klägerin hat beeinflussen können (Urteil ICI/Kommission, Randnr. 78).

88 Hierbei ist darauf hinzuweisen, daß anhand der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu prüfen ist, ob eine Verletzung der Verteidigungsrechte vorliegt (Urteil ICI/Kommission, Randnr. 70).

89 Erstens hat die Kommission die fernmündlich eingeholten Auskünfte verwendet, um den Anteil von Endemol am Markt der unabhängigen niederländischsprachigen Fernsehproduktion zu errechnen, den sie auf "eindeutig mehr als 50 %" veranschlagt hat. Diese Pauschalsumme wurde der Klägerin bei der Anhörung am 8. August 1995 mitgeteilt. Anhand dieser Auskünfte hat die Kommission auch den Marktanteil der übrigen zehn grössten Produzenten errechnet. Sie hatte Endemol bereits in der nach Artikel 18 der Verordnung Nr. 4064/89 an dieses Unternehmen gerichteten Mitteilung vom 18. Juli 1995 und bei der Akteneinsicht der Parteien am 26. Juli 1995 wissen lassen, daß sie den Marktanteil von Endemol auf etwa 60 % schätze. Gleichzeitig hatte die Kommission auch eine erste Schätzung der Marktanteile der übrigen fünf grössten Produzenten gegeben. Endemol hatte demnach Gelegenheit, zu diesen Schätzungen in der am 4. August 1995 eingegangenen Verteidigungsschrift der Parteien schriftlich Stellung zu nehmen und die revidierten Zahlen der Kommission bei der Anhörung selbst zu erörtern.

90 Zweitens steht fest, daß die betreffenden Auskünfte, die die einzelnen Unternehmen gegeben haben, nur die Stundenzahl von Fernsehprogrammen, die sie 1994 als unabhängige Produzenten hergestellt hatten, und den Wert dieser Programme betrafen. Somit konnten sie nur die befragten Unternehmen genau kennen. Selbst wenn die Kommission diese Informationen bekanntgegeben hätte, die im übrigen vertraulich waren, wäre Endemol also nicht in der Lage gewesen, sie zu bestreiten.

91 Demgemäß hat die Kommission dadurch, daß sie diese Informationen nicht in der von den einzelnen Produzenten gelieferten Form weitergegeben hat, nicht die Verteidigunsgrechte der Klägerin verletzt.

3. Der dritte Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften

Vorbringen der Parteien

92 Die Klägerin macht geltend, daß bei der Anhörung am 8. August 1995 zahlreiche neue und wichtige sachliche und rechtliche Faktoren bekannt geworden seien. Somit hätten der Beratende Ausschuß und das Kollegium der Mitglieder der Kommission keine volle Kenntnis der wesentlichen Tatsachen der Angelegenheit haben können, da sie keinen Bericht mit der Niederschrift der Anhörung erhalten hätten. Der Umstand, daß die Anhörung auf Band aufgenommen worden sei, könne diese Verletzung der wesentlichen Formvorschriften keineswegs heilen, so daß die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären sei.

93 Die Kommission erwidert im wesentlichen, sie müsse in Angelegenheiten, die unter die Verordnung Nr. 4064/89 fielen, keine amtlichen Niederschriften über die Anhörungen erstellen; darüber hinaus habe der Umstand, daß der Beratende Ausschuß und die Mitglieder der Kommission keine derartige Niederschrift erhalten hätten, im vorliegenden Fall keinen Einfluß auf den Ausgang des Verfahrens haben können.

Würdigung durch das Gericht

94 Aus dem Wortlaut des Artikels 15 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3384/94 geht klar hervor, daß die Kommission nur gehalten ist, die Erklärungen jeder während einer förmlichen Anhörung angehörten Person aufzeichnen zu lassen. Dagegen ist sie nicht verpflichtet, eine Niederschrift einer solchen Anhörung zu erstellen, und zwar im Gegensatz zum Verfahren des Artikels 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 99/63, der vorsieht, daß über die wesentlichen Erklärungen jeder angehörten Person "eine Niederschrift angefertigt" und "die Niederschrift verlesen und von der angehörten Person genehmigt [wird]".

95 Folglich kann die Klägerin nicht geltend machen, daß eine derartige Niederschrift den Mitgliedern der Kommission und den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses vor Erlaß der streitigen Entscheidung hätte übermittelt werden müssen.

96 Dieser Klagegrund ist demnach als unbegründet zurückzuweisen.

4. Der vierte Klagegrund: Verstoß gegen die Artikel 2 und 3 Absätze 1 und 3 der Verordnung Nr. 4064/89

97 Mit ihrem vierten Klagegrund bestreitet die Klägerin die Richtigkeit der Schlußfolgerung der Kommission, wonach der Anteil der Klägerin an HMG deren beherrschende Stellung auf dem niederländischen Markt der unabhängigen Fernsehproduktion niederländischer Sprache verstärke. Sie erhebt insoweit hauptsächlich zwei Rügen. Erstens habe sie keine beherrschende Stellung auf dem in Rede stehenden Markt inne. Zweitens verstärke ihre Beteiligung am Zusammenschluß nicht ihre Stellung auf dem genannten Markt.

Zur beherrschenden Stellung der Klägerin

98 Die Klägerin erklärt, zum einen habe die Kommission den relevanten Markt der unabhängigen Fernsehproduktion niederländischer Sprache falsch definiert und zum anderen könne ihre Stellung auf diesem Markt, selbst wenn man von der engen Marktdefinition der Kommission ausgehe, nicht als beherrschend angesehen werden.

Zur falschen Definition des relevanten Marktes

- Vorbringen der Parteien

99 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den relevanten Markt falsch definiert, da sie die Auffassung vertreten habe, daß es sich bei dem Markt der unabhängigen Produktion niederländischsprachiger Fernsehprogramme und dem Markt der Eigenproduktion der öffentlichen Anstalten um zwei unterschiedliche Märkte handele. Die drei von der Kommission zur Rechtfertigung dieser Auffassung genannten Gründe - die öffentlichen Anstalten produzierten andersartige Programme als Endemol, die Produktion der öffentlichen Anstalten diene hauptsächlich der Eigenverwendung, und die öffentlichen Anstalten könnten nicht frei wählen, ob sie ein Programm selbst produzierten oder bei einem unabhängigen Hersteller bestellten - träfen nicht zu.

100 Erstens sei die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, daß die öffentlichen Anstalten andersartige Programme produzierten als die Klägerin. Sie produzierten Unterhaltungsprogramme, die mit den ihrigen vergleichbar seien, und sie selbst produziere Gewinnspiele, "Talkshows" und "Infotainment". 1994 hätten die grossen Unterhaltungssendungen wertmässig nur 35 % und nach Produktionsstunden nur 16,7 % ihrer Produktion ausgemacht.

101 Zweitens sei die Produktion der öffentlichen Anstalten nicht hauptsächlich für den Eigenbedarf bestimmt, wobei die Klägerin betont, daß diese Anstalten über die Verkaufsagenturen der Nederlandse Omröpprogramma Stichting (NOS, einer Dachorganisation zur Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen für die öffentlichen Sendeanstalten) 345 Programme auf dem internationalen Markt angeboten hätten, während sich ihr Katalog für diesen Markt auf ein Angebot von 80 Programmen beschränke.

102 Drittens sei es falsch, zu behaupten, eine öffentliche Anstalt habe nicht die Möglichkeit, frei zu wählen, ob sie ein Programm selbst produziere oder bei einem unabhängigen Hersteller bestelle. Bestimmte Anstalten hätten sehr grosse Eigenproduktionseinheiten, andere verfügten über viel bescheidenere Mittel. Das Argument der Kommission, daß die öffentlichen Anstalten in Anbetracht ihrer erheblichen Investitionen gezwungen seien, ihre eigenen Programme zu produzieren, entspreche also nicht der sachlichen Beschreibung des Marktes, die die Kommission gegeben habe. Im übrigen werde einer Anstalt die Wahl zwischen Eigen- und Fremdproduktion erleichtert, wenn sie über genügend Personal und Material für eine grössere Anzahl von Produktionen verfüge.

103 Die Kommission erklärt erstens, daß bei den öffentlichen Sendern die deutliche Tendenz bestehe, hochwertige Unterhaltungsprogramme auswärts zu erwerben, während sie die mit ihrer Rolle als öffentliche Sender verbundenen Programme und die geringwertigen komplementären Programme selbst herstellten. Die Klägerin sei viel stärker auf dem Gebiet der grossen Unterhaltungssendungen. Während ihre Produktion nur 13,3 % der Gesamtdauer der in den Niederlanden ausgestrahlten Sendungen umfasse, mache ihre Herstellung wertmässig 17,8 % der Produktion aus. Demnach koste ihre Produktion je Stunde 42 % mehr als die Produktion auf dem restlichen Markt, was deutlich zeige, daß ihr "production mix" ganz anders sei.

104 Zweitens bemerkt die Kommission, daß die Eigenproduktionen zumindest in den Niederlanden nicht vermarktet würden. Selbst wenn NOS auf dem internationalen Markt 345 Programme anbiete, die von öffentlichen Anstalten hergestellt worden seien, wirke sich dieser internationale Vertrieb nicht auf den niederländischen Markt aus.

105 Drittens führt die Kommission aus, daß die Möglichkeit einer "make-or-buy"-Entscheidung in hohem Masse illusorisch sei. Wenn eine öffentliche Anstalt grössere Investitionen in Eigenproduktionsanlagen getätigt habe, stellten diese Anlagen erhebliche Kosten dar, die zum grossen Teil gebunden seien. Es gebe daher kurzfristig keine andere Wahl, als diese Anlagen in möglichst hohem Masse zu nutzen. Da die Anstalten, die nicht über Eigenproduktionsanlagen verfügten, einer solchen Entscheidung nicht gegenüberstuenden, könnten sie schwerlich als Faktoren angesehen werden, die einen Einfluß auf dem Markt der unabhängigen Produktion ausübten.

- Würdigung durch das Gericht

106 Vor einer Prüfung der Definition, die die Kommission für den betreffenden Markt gegeben hat, ist darauf hinzuweisen, daß die Grundregeln der Verordnung Nr. 4064/89, insbesondere Artikel 2, der Kommission ein bestimmtes Ermessen namentlich bei Beurteilungen wirtschaftlicher Art einräumen. Daher muß der Gemeinschaftsrichter die Ausübung einer solchen Befugnis, die bei der Beschreibung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlich ist, unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums kontrollieren, den die Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, umfassen (Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1998 in den verbundenen Rechtssachen C-68/94 und C-30/95, Frankreich u. a./Kommission, Slg. 1998, I-1375, Randnrn. 223 und 224).

107 Die Kommission hat den Markt richtig definiert, indem sie zu dem Schluß gelangte, daß die unabhängige Produktion von Fernsehprogrammen niederländischer Sprache einen Markt darstelle, der sich vom Markt der Eigenproduktionen der öffentlichen Anstalten unterscheide.

108 Erstens lassen sich die von den öffentlichen Anstalten produzierten Programme nur teilweise durch die von den unabhängigen Produzenten hergestellten Programme ersetzen. So produzieren die öffentlichen Anstalten zumeist selbst die mit ihrer Rolle als öffentliche Sender verbundenen Programme und die geringwertigen komplementären Programme. Dagegen ist die Klägerin, die als der bei weitem grösste unabhängige Produzent in den Niederlanden anzusehen ist, auf dem Gebiet der grossen Unterhaltungssendungen, die 35 % ihrer Produktion ausmachen, unbestritten viel stärker als die öffentlichen Anstalten. Nach den von der Kommission vorgelegten Zahlen, die die Klägerin nicht bestritten hat, liegen ihre Herstellungskosten je Stunde um 42 % über den entsprechenden Kosten der Produktion auf dem restlichen Markt, was deutlich zeigt, daß die Programme der Klägerin ein anderes Profil haben.

109 Zweitens werden zwar bestimmte von den öffentlichen Anstalten hergestellte Programme auf dem internationalen Markt vertrieben, doch wirkt sich dieser Vertrieb nicht auf den niederländischen Markt aus. Die Klägerin bestreitet nicht, daß die Eigenproduktion der öffentlichen Anstalten hinsichtlich des niederländischen Marktes im wesentlichen für den Eigenbedarf bestimmt ist. Somit besteht kein unmittelbarer Wettbewerb zwischen der Eigenproduktion der öffentlichen Anstalten, deren Programme anderen Sendern auf dem niederländischen Markt grundsätzlich nicht angeboten werden, und den von den unabhängigen Produzenten hergestellten Programmen, die auf diesen Markt gelangen.

110 Drittens konnte die Kommission bei vernünftiger Betrachtung zu dem Schluß gelangen, daß eine öffentliche Anstalt im allgemeinen nicht die Möglichkeit hat, zu wählen, ob sie ein Programm selbst produziert oder bei einem unabhängigen Produzenten bestellt.

111 Zum einen hat die Klägerin das Argument der Kommission nicht widerlegt, daß die öffentlichen Anstalten mit grösserer Eigenproduktion hierfür erhebliche Investitionen hätten tätigen müssen und vor allem auch das nötige Produktionspersonal eingestellt hätten, was ein wichtiges Element des Gestehungspreises eines Programms darstelle. Somit musste die Kommission vernünftigerweise zu der Auffassung gelangen, daß die öffentlichen Anstalten, falls sie erheblich mehr Aufträge an unabhängige Produzenten zu Lasten ihrer Eigenproduktion vergeben wollten, weiter die Kosten ihrer eigenen Produktionskapazität tragen müssten, ohne ihre Investitionen durch selbst produzierte Programme zu nutzen. Eine derartige Politik wäre wirtschaftlich zumindest auf längere Sicht nicht möglich.

112 Zum anderen wird das Argument der Kommission, daß die öffentlichen Anstalten angesichts ihrer erheblichen Investitionen gezwungen seien, ihre Programme selbst zu produzieren, nicht dadurch entkräftet, daß bestimmte Anstalten nur über sehr bescheidene Produktionseinheiten verfügen, da solche Anstalten, die nicht selbst Produktionsmittel haben, dadurch natürlich gezwungen sind, Programme bei unabhängigen Produzenten zu beziehen.

Zum Fehlen einer beherrschenden Stellung von Endemol auf dem relevanten Markt

- Vorbringen der Parteien

113 Die Klägerin erklärt, selbst wenn man der engen Marktdefinition der Kommission folge, könne man nicht davon ausgehen, daß sie eine beherrschende Marktposition einnehme. Es gebe nämlich 97 Produzenten auf dem niederländischen Markt. Nur 29 hätten schriftlich auf die Fragebogen der Kommission geantwortet, und die fernmündlichen Auskünfte der übrigen seien nicht zuverlässig. Die Kommission habe somit den Marktanteil der Klägerin anhand unvollständiger Beweisstücke errechnet.

114 Die Kommission schließt aus dem Umstand, daß die Klägerin nicht die Produzenten gekannt habe, die nicht im Handbök verzeichnet seien, das die Namen von 85 unabhängigen Produzenten, darunter den der Klägerin, enthalte, daß erstere so klein seien, daß sie keinerlei Bedeutung für die Marktanalyse der Kommission hätten.

115 Sie weist darauf hin, daß sehr grosse Marktanteile als äusserst wichtig für die Feststellung der beherrschenden Stellung eines Unternehmens angesehen würden. Ein Unternehmen, das lange Zeit einen beständig grossen Marktanteil innehabe, könne nämlich ein als Partner nicht zu umgehender Marktteilnehmer werden, so daß hierbei schon allein aus dem Marktanteil geschlossen werden könne, daß eine beherrschende Stellung vorliege. Im vorliegenden Fall liege der Marktanteil der Klägerin bei über 50 %, und die Klägerin sei als der bei weitem grösste Marktteilnehmer anzusehen.

116 Die Klägerin erklärt weiter, auch die übrigen Faktoren, anhand deren die Kommission ihre beherrschende Marktstellung festgestellt habe, seien unrichtig.

117 Erstens treffe es nicht zu, daß sie bevorzugten Zugang zu ausländischen Formaten habe, die dann für die niederländischen Zuschauer angepasst würden. Sie habe in den letzten drei Jahren nur 38 Programme anhand ausländischer Formate produziert und nicht über 60, wie die Kommission behaupte. Diese habe sich wohl auf bestimmte subjektive Antworten ihrer Konkurrenten gestützt, die in keiner Weise zuverlässig seien, da diese Konkurrenten nicht genau wüssten, welche Formate ihr gehörten.

118 Im übrigen hätten 45 der 143 von ihr im Jahr 1994 produzierten Programme nicht auf einem Format beruht. Ferner gehörten mehrere von ihr verwendete beliebte Formate anderen Sendern. Es sei nicht richtig, daß ihr die beliebtesten niederländischen Formate gehörten.

119 Die Kommission ist der Auffassung, sie habe klar genug gezeigt, daß die Klägerin eine grosse Anzahl der beliebtesten niederländischen Formate besitze und über einen bevorzugten Zugang zu ausländischen Formaten verfüge. Bei der Feststellung des bevorzugten Zugangs der Klägerin zu diesen Formaten habe sie nur die Ansicht einer grossen Zahl der Konkurrenten der Klägerin wiedergegeben, wonach sich diese in einer Machtposition befinde, insbesondere weil sie über die Finanzkraft verfüge, die es ihr erlaube, Programme mit Hilfe von "output deals" (Verträge mit Sendern über ein bestimmtes Programmvolumen) zu erwerben. Die Klägerin habe in der Saison 1993/94 die Hälfte der beliebtesten nicht sportgebundenen Unterhaltungsprogramme produziert.

120 Zweitens legt die Klägerin dar, es stimme nicht, daß sie Verträge mit einer grossen Anzahl von Ansagern oder Stars geschlossen habe, die zu den beliebtesten des niederländischen Fernsehens gehörten.

121 Ferner sei ihre Präsenz im Theatergeschäft kein wichtiger Gesichtspunkt für die im Fernsehen auftretenden Personen, da praktisch keine von ihnen diese Gelegenheit wahrnehme. Es sei auch ohne Bedeutung, ob sie eine eigene Künstleragentur unterhalte. Sie besitze nur eine Agentur, die sich um den Veranstaltungskalender kümmere und nicht zum Abschluß von Verträgen für das Engagement von Künstlern befugt sei.

122 Die Kommission wendet ein, sie sei aufgrund der Besorgnis, die die anderen Marktteilnehmer des Produktionsgewerbes geäussert hätten, zu der Überzeugung gelangt, daß die Klägerin Verträge, häufig auch Exklusivverträge, mit einer grossen Anzahl der beliebtesten Ansager und Stars des niederländischen Fernsehens geschlossen habe. Der Umstand, daß diese nur wenig von der Möglichkeit Gebrauch machten, ausserhalb des Fernsehens aufzutreten, sei praktisch bedeutungslos, da das Bestehen dieser Möglichkeiten die Betreffenden veranlassen könne, eher bei der Klägerin zu arbeiten als bei einer anderen Gesellschaft, wodurch die Stellung der Klägerin gestärkt werde. Jedenfalls habe die Kommission diesen Gesichtspunkt nie als besonders wichtig für die Feststellung der beherrschenden Stellung der Klägerin angesehen.

123 Drittens gibt die Klägerin zu bedenken, daß die Kommission zu Unrecht von dem Grundsatz ausgegangen sei, die in anderen Ländern erzielten Einnahmen könnten ihre Stellung in den Niederlanden verstärken. Diese Mittel würden in erster Linie verwendet, um die Tochtergesellschaften der verschiedenen betreffenden Länder zu entwickeln.

124 Die Kommission erklärt, die umfangreichen Tätigkeiten der Klägerin ausserhalb der Niederlande verstärkten deren beherrschende Stellung auf dem niederländischen Markt. Die Tochtergesellschaften der Klägerin verschafften ihr einen besonders guten Zugang zum internationalen Markt und verstärkten die Ressourcen der gesamten Unternehmensgruppe, indem Grossproduktionen finanziert würden oder bestimmt werde, welche künftigen Investitionen am rentabelsten sein könnten. Dies werde besonders dadurch deutlich, daß die Klägerin der grösste Lieferant von RTL Deutschland, des wichtigsten kommerziellen Fernsehsenders in Deutschland, sei.

125 Viertens erklärt die Klägerin, bestimmte von ihr vorgetragene, aber von der Kommission übergangene Sachverhaltselemente bewiesen, daß sie keine beherrschende Stellung einnehme. Sie sei nämlich nicht in der Lage, die derzeitigen Konkurrenten auszuschalten oder Neuzugänge zu verhindern, von denen es in den letzten Jahren auf dem niederländischen Produktionsmarkt einige gegeben habe. Ferner befänden sich ihre Kunden nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis ihr gegenüber, was auch der Boykott beweise, dem sie seit der Gründung von HMG seitens der öffentlichen Anstalten unterliege, die auf drei sehr beliebte Programme verzichtet hätten. Ausserdem habe die Kommission nicht genügend dem künftigen Wachstum des Fernsehproduktionsmarktes und der Tatsache Rechnung getragen, daß ihr dieses Wachstum nicht zugute komme. So habe der neue Privatsender SBS keinen Produktionsvertrag mit ihr abgeschlossen, Kindernet, ein zweiter neuer Sender, sei ein unmittelbarer Konkurrent von RTL 4, und Euro 7, ein dritter Sender, habe für 1995 keine Produktion bei ihr bestellt.

126 Die Kommission betont, daß die Unternehmen, die in den letzten Jahren auf dem niederländischen Markt hätten Fuß fassen können, einen eingesessenen Partner benötigt hätten. D & D habe sich mit Sleeswijk assoziiert, einem Unternehmen, das bereits ein grosser niederländischer Produzent gewesen sei. Grundy habe auf dem niederländischen Markt mit Hilfe eines gemeinsamen Unternehmens mit der Klägerin Fuß gefasst. Es sei also klar, daß selbst grosse internationale Unternehmensgruppen nicht ohne Unterstützung durch eingesessene Marktteilnehmer in den niederländischen Markt eindringen könnten.

127 Die Entwicklung auf dem niederländischen Fernsehmarkt bringe zwar einen zunehmenden Bedarf aller Sender mit sich, doch gehe der grösste Nachfragezuwachs wertmässig höchstwahrscheinlich vom zusätzlichen Programmbedarf von Veronica aus. Da die Klägerin der Hauptlieferant von Veronica sei und nunmehr über eine Produktionsvereinbarung und eine strukturelle Verbindung durch die mit RTL gemeinsam ausgeuebte Kontrolle über HMG verfüge, sei kaum anzunehmen, daß der Hauptteil des zusätzlichen Programmbedarfs von Veronica nicht durch die Klägerin gedeckt würde. Zudem werde die Nachfrage von Veronica als finanziell stärkstem Sender höchstwahrscheinlich mehr kostspielige Fiction- und Unterhaltungsprogramme umfassen, auf die sich die Klägerin spezialisiert habe. Dagegen hätten die anderen drei neuen Privatsender bescheidenere Budgets, und ihr Produktionsbedarf sei daher verhältnismässig unbedeutend.

128 Die Kommission betont schließlich auch, sie habe gezeigt, daß die Einkünfte der öffentlichen Anstalten in der Zukunft zurückgehen würden, wodurch eine Zunahme des Erwerbs hochwertiger Programme unwahrscheinlich werde. Es lasse sich nicht behaupten, daß sich die Eigenproduktionskapazität der öffentlichen Anstalten wettbewerbsmässig in erheblichem Masse auf den Markt der unabhängigen Produktion auswirken könne.

- Würdigung durch das Gericht

129 Zunächst ist die Methode der Kommission für die Berechnung des Anteils der Klägerin am niederländischen Markt der unabhängigen niederländischsprachigen Fernsehproduktion zu prüfen.

130 Erstens hat die Kommission für die Berechnung der Marktanteile der einzelnen Produzenten zu Recht den Programmwert und nicht das Stundenvolumen der Produktion zugrunde gelegt. Die Klägerin hat nämlich den Untersuchungsergebnissen der Kommission nicht widersprochen, die gezeigt haben, daß der Stundenwert der Fernsehproduktionen zwischen 30 000 HFL und 300 000 HFL schwankt. Unter diesen Umständen ist die Berechnungsmethode für die Marktanteile nur stichhaltig, wenn sie auf dem Wert und nicht auf dem Volumen beruht.

131 Zweitens hat die Kommission den Marktanteil von Endemol in angemessener Weise errechnet. Aus den schriftlichen Antworten der Kommission an das Gericht geht hervor, daß sie Fragebogen an 84 und nicht nur, wie in den Schriftsätzen angegeben, an 75 unabhängige Produzenten verschickt hat. Diese 84 Produzenten machten, mit Ausnahme der Klägerin selbst, alle Produzenten aus, die im Handbök verzeichnet waren. Den während der Untersuchung gefertigten Vermerken zufolge hat die Kommission von 29 Produzenten schriftliche Auskünfte erhalten, die u. a. die Stundenzahl von 1994 hergestellten Fernsehprogrammen und den Wert dieser Programme in Gulden betrafen. Sie erhielt zu diesen beiden Fragen auch fernmündliche Auskünfte von 37 weiteren Produzenten. Somit verfügte die Kommission über Antworten von 78 % der 84 Produzenten. Sodann nahm sie eine Schätzung des Wertes der produzierten Stunden der restlichen 18 Produzenten vor, für die ihr keine Informationen vorlagen, wobei sie sich auf die Auskünfte anderer Produzenten mit ähnlicher Mitarbeiterzahl stützte. Schließlich berücksichtigte sie auch die Angaben der Klägerin, um den Umfang des Gesamtmarkts und den Marktanteil der Klägerin zu errechnen.

132 Somit hat die Kommission keinen Fehler begangen, indem sie in der streitigen Entscheidung erklärte, daß der Marktanteil von Endemol "eindeutig mehr als 50 %" ausmache.

133 Zudem hat die Kommission in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts dargetan, daß sich an ihrer Schätzung des eindeutig über 50 % liegenden Marktanteils von Endemol auch dann nichts geändert hätte, wenn sie eine Schätzung des Programmwerts eines der 29 Produzenten hätte einbeziehen müssen, der schriftlich geantwortet, aber nicht die nötige Zahl genannt hat.

134 Sodann ist zu prüfen, ob die Kommission zu Recht zu dem Schluß gelangen konnte, daß Endemol eine beherrschende Stellung auf dem in Rede stehenden Markt einnimmt. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein besonders hoher Marktanteil ohne weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung liefern, besonders wenn die übrigen Marktteilnehmer, wie im vorliegenden Fall, nur erheblich geringere Anteile innehaben (siehe Urteile des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnr. 41, und vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C-62/86, Akzo/Kommission, Slg. 1991, I-3359, Randnr. 60, sowie Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1991 in der Rechtssache T-30/89, Hilti/Kommission, Slg. 1991, II-1439, Randnrn. 91 und 92).

135 Die Kommission hat anhand ihrer Untersuchungen festgestellt, daß der zweitgrösste Produzent einen Marktanteil innehat, der zwischen 5 % und 10 % liegt, daß vier weitere Produzenten jeweils einen Marktanteil zwischen 2 % und 5 % besitzen und daß die übrigen fünf grössten Produzenten jeweils einen Marktanteil zwischen 1 % und 2 % innehaben, während alle anderen Hersteller jeweils unter 1 % liegen. Unter diesen Umständen ist die Schlußfolgerung der Kommission, wonach die Klägerin eine beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt einnimmt, nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet.

136 Die Kommission hat sich ferner auf die übrigen Stärken von Endemol berufen, die der Klägerin eine weit bessere Stellung als ihren Konkurrenten verleihen. Das Gericht prüft im folgenden der Reihe nach diese übrigen Faktoren.

137 Was den besonders guten Zugang der Klägerin zu ausländischen Formaten betrifft, so hat diese nicht die Ansicht der Kommission widerlegt, daß sich die Klägerin dank ihrer Finanzkraft in einer Machtposition befinde, die es ihr erlaube, Programme durch den Abschluß von "output deals" zu erwerben. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, ist es für einen Produzenten leichter, sich die nötigen Formate zu beschaffen, wenn er mit einem Sender bereits einen Vertrag über ein bestimmtes Programmvolumen abgeschlossen hat. Dies wird im Gegensatz zur Behauptung der Klägerin nicht dadurch entkräftet, daß der Vertrag grundsätzlich nicht den Inhalt der Programme angibt. Wesentlich ist, daß der betreffende Produzent bereits einen Vertrag mit einem Sender hat, der ihm die Möglichkeit sichert, eine bestimmte Zahl von Programmstunden herzustellen.

138 Bezueglich der Formate im allgemeinen hat die Klägerin nicht bestritten, daß sie in der Saison 1993/94 die Hälfte der beliebtesten nicht sportgebundenen Unterhaltungsprogramme hergestellt hat und 24 dieser 28 Programme auf einem Format beruhten. Unter diesen Umständen wird die Auffassung der Kommission nicht dadurch entkräftet, daß einem Drittel der von der Klägerin im Jahr 1994 produzierten Programme kein Format zugrunde lag, und auch nicht dadurch, daß andere beliebte Formate der Klägerin zufolge Sendern und nicht ihr selbst gehörten.

139 Die Kommission ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin in den drei Jahren vor dem Zusammenschluß mehr als 60 auf ausländischen Formaten beruhende Programme hergestellt hat, wie die Aufstellung beweist, die die Klägerin selbst der Kommission als Anlage zu ihrer Antwort vom 14. Juli 1995 auf das Auskunftsverlangen der Kommission vom 7. Juni 1995 (Anlage 11 zur Klageschrift) vorgelegt hat. Aus dieser Aufstellung ergibt sich, daß sich die von der Klägerin genannte Zahl von 38 Programmen auf die Zahl ausländischer Formate bezieht, die während dieses Zeitraums verwendet wurden, und nicht auf die Zahl produzierter Programme, die auf diesen Formaten beruhen.

140 Die Kommission konnte auch nicht die Ansicht der übrigen Produzenten, der Sendeanstalten und der übrigen privaten Sender ausser acht lassen, die erklärt hatten, die Klägerin besitze eine grosse Anzahl der beliebtesten niederländischen Formate und habe einen bevorzugten Zugang zu den ausländischen Formaten.

141 Zweitens genügt die Erklärung der Klägerin, viele im Fernsehen auftretende Personen seien entweder vertraglich an Sender gebunden oder allgemein verfügbar, nicht, um die Feststellung der Kommission zu entkräften, nach der die Klägerin Verträge mit einer grossen Anzahl der beliebtesten Ansager und Stars des niederländischen Fernsehens abgeschlossen hat. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, daß die diesen Personen gebotenen Möglichkeiten, auch an anderer Stelle als im Fernsehen aufzutreten, und der Umstand, daß die Klägerin eine eigene Künstleragentur unterhält, die Marktposition der Klägerin in gewissem Umfang stärken können, wenngleich es sich, wie die Kommission einräumt, hierbei nicht um wichtige Gesichtspunkte für die Feststellung der beherrschenden Stellung der Klägerin handelt.

142 Drittens hat die Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeiten ausserhalb der Niederlande nicht die Feststellung der Kommission widerlegt, daß ihre umfangreichen Auslandsaktivitäten ihre Stellung auf dem niederländischen Markt verstärken könnten, da ihr ihre Tochtergesellschaften einen bevorzugten Zugang zum internationalen Markt verschafften und diese zu den Ressourcen der gesamten Unternehmensgruppe beitrügen.

143 Viertens wird die Auffassung der Klägerin nicht durch die übrigen von ihr vorgetragenen Sachverhaltselemente gestützt. Zwar haben in den Jahren vor dem Zusammenschluß andere Gesellschaften auf dem niederländischen Produktionsmarkt Fuß gefasst, die Klägerin hat aber nicht widerlegt, daß diese Neuzugänge zumindest in der ersten Zeit einen eingesessenen Partner brauchten. Zu dem angeblichen Boykott der Klägerin durch bestimmte öffentliche Anstalten seit Bekanntgabe der Gründung von HMG ist festzustellen, daß die Klägerin, wie sie selbst bemerkt, im Jahr 1994 88,2 % ihrer Produktion bei den Sendern Veronica, RTL 4 und RTL 5 abgesetzt hat, so daß die Kommission durchaus zu dem Schluß gelangen konnte, daß ein derartiger Boykott nur von geringer Bedeutung wäre.

144 Ferner hat die Klägerin nicht dargetan, weshalb die Kommission mit ihrer Auffassung Unrecht haben soll, Kindernet und Euro 7 seien Sender mit sehr bescheidenem Budget, da Kindernet nur tagsüber sende und sich im wesentlichen an Kinder wende und Euro 7 als Nachrichten- und Dokumentarsender zu betrachten sei, so daß der Produktionsbedarf dieser Sender wertmässig verhältnismässig unbedeutend sei. Ausserdem seien die von der Klägerin hergestellten Programme für Euro 7 nicht von Interesse. Die Klägerin hat im übrigen nicht bestritten, daß alleine das Programmbudget von Veronica beinahe dreimal so hoch war wie das von SBS.

145 Darüber hinaus hat die Klägerin nicht dargetan, daß die Kommission zu Unrecht zu der Auffassung gelangt ist, der grösste Teil der zusätzlichen niederländischsprachigen Produktionsnachfrage gehe von Veronica aus, das Programmaterial für 4,5 Tage zusätzlicher Sendezeit benötigen werde, während die öffentlichen Anstalten nach dem Ausscheiden von Veronica aus dem öffentlichen Fernsehsystem nur eine Lücke von 2,5 Tagen zusätzlicher Sendezeit zu fuellen hätten. Da die Klägerin schon der Hauptlieferant von Veronica war, konnte die Kommission auch zu der Auffassung gelangen, daß der grösste Teil des zusätzlichen Programmaterials für Veronica von der Klägerin geliefert würde.

146 Nach alledem hat die Kommission den betreffenden Markt und den entsprechenden Marktanteil der Klägerin richtig bestimmt und zu Recht das Vorliegen einer beherrschenden Stellung der Klägerin auf diesem Markt festgestellt.

147 Dieses Vorbringen der Klägerin ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Stärkung der beherrschenden Stellung der Klägerin

148 Die Klägerin erklärt, die Kommission sei zu Unrecht zu dem Schluß gelangt, daß VMG mit RTL eine gemeinsame Kontrolle über HMG ausübe und daß ihre Beteiligung an dem Zusammenschluß ihre Stellung auf dem niederländischen Markt der unabhängigen niederländischsprachigen Fernsehproduktion stärke.

Zum Fehlen einer gemeinsamen Kontrolle von VMG und RTL über HMG

- Vorbringen der Parteien

149 Die Klägerin trägt vor, daß HMG aus vier Organen bestehe, der Hauptversammlung der Aktionäre, dem Aktionärsausschuß, dem Verwaltungsrat und den Programmdirektoren. Der Verwaltungsrat benötige die vorherige Genehmigung der Hauptversammlung bei den meisten wichtigen Geschäftsentscheidungen betreffend die Strategie von HMG, den dreijährlichen Tätigkeitsplan und das Jahresbudget, wichtige Kapitalinvestitionen sowie Anleihen und Darlehen. Hierzu gehörten auch das "Konzept der Gesamtplanung" sowie die Ernennung und Entlassung von Programmdirektoren und des Direktors/Generalsekretärs.

150 In der Hauptversammlung der Aktionäre hätten VMG und RTL eine gleiche Zahl von Vertretern. Jedoch verfüge Endemol als mit Veronica im Rahmen von VMG verbundene Gesellschaft über einen Minderheitsanteil, da VMG nur 49 % der Anteile von HMG halte und VMG und RTL gemäß dem luxemburgischen Recht, dem HMG unterliege, nicht nach der Zahl der Vertreter, sondern nach den jeweiligen Anteilen abstimmten.

151 Nach Artikel 3 Absatz 4 der Fusionsvereinbarung sei die Hauptversammlung bemüht, Probleme einvernehmlich zu lösen. Werde kein Einvernehmen erzielt, komme die Frage auf die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung, auf der "ein angemessener Vorschlag mit einfacher Mehrheit der Stimmen dieser Versammlung angenommen werden kann". Dies bedeute, daß RTL für diese zweite Versammlung mit 51 % der Stimmen praktisch über eine Mehrheit verfüge.

152 Die Klägerin bezieht sich auf das Urteil des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-2/93 (Air France/Kommission, Slg. 1994, II-323), wo der Umstand, daß wichtige Beschlüsse des Verwaltungsrats wenigstens von einem der von TAT SA und British Airways ernannten Mitglieder gefasst werden müssten, den Schluß zugelassen habe, daß eine gemeinsame Kontrolle vorliege, und vertritt die Auffassung, daß RTL eine ausschließliche Kontrolle ausübe, da die anderen Aktionäre nicht die Möglichkeit hätten, wichtige Entscheidungen zu blockieren.

153 Der Aktionärsausschuß von HMG, dem auch die gleiche Zahl von Vertretern von RTL und VMG angehöre, beschließe einstimmig, er sei aber nur für die in Artikel 3 Absatz 3 der Fusionsvereinbarung genannten Fragen zuständig, nämlich diejenigen betreffend die Rechte zum üblichen Schutz der Minderheitsaktionäre; diese Fragen hätten nichts mit der Programmplanung von HMG zu tun.

154 Die Klägerin schließt daraus, daß die Kommission kein überzeugendes Argument oder Beweisstück zur Stützung ihrer Auffassung beigebracht habe, daß sie über ihre strukturellen Verbindungen zu HMG in der Lage sei, deren allgemeine Programmplanung und Einkaufspolitik so zu beeinflussen, daß ihre derzeitige Stellung auf dem Markt der unabhängigen Produktionen noch verstärkt würde (100. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung).

155 Sie erklärt ferner, da sie nur eine Minderheit der HMG-Anteile halte, lägen bei ihr nicht die Voraussetzungen vor, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. November 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84 (BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487; im folgenden: Urteil Philip Morris) aufgestellt habe und unter denen eine Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen unter das Verbot des Artikels 85 des Vertrages fallen könne, so daß der Zusammenschluß wettbewerbsrechtlich unproblematisch sei.

156 Die Kommission bemerkt, sie sei zu dem Schluß gelangt, daß HMG gemeinsam von RTL und VMG kontrolliert werde, weil die wichtigsten strategischen Entscheidungen des Verwaltungsrats vorher von der Hauptversammlung der Aktionäre genehmigt werden müssten. RTL könne theoretisch zwar letztlich seinen Willen durchsetzen, dies komme aber wegen der im Verfahren nach Artikel 3 Absatz 4 der Fusionsvereinbarung zu beachtenden Frist und der Tatsache nicht in Betracht, daß HMG und RTL gute Beziehungen zur Klägerin aufrechterhalten müssten, da diese aufgrund der Produktionsvereinbarung der hauptsächliche Programmlieferant von HMG sei. Dies zeige, daß VMG einen entscheidenden Einfluß auf HMG dadurch ausübe, daß RTL und VMG die wichtigsten Entscheidungen über HMG praktisch gemeinsam treffen müssten. Hierbei macht die Kommission geltend, daß die Klägerin die Bedeutung des genannten Urteils Air France/Kommission verkenne.

157 Sie fügt hinzu, Aufgabe des Aktionärsausschusses sei es, die Probleme zu lösen, die die Einwilligung aller Aktionäre erforderten. Es könne keine Entscheidung anders als einstimmig getroffen werden, wenn es um eine wesentliche Änderung des Erscheinungsbilds, der Stellung oder des Programmzuschnitts eines der drei Sender gehe. Ein ähnliches Verfahren sei erforderlich, um die allgemeinen Bedingungen der Verträge des Personals der Sender zu ändern. Die Bedingung, daß solche Änderungen nur einstimmig genehmigt werden könnten, gehe über das Maß dessen hinaus, was erforderlich sei, um die Interessen eines Minderheitsaktionärs zu schützen, und bestärke somit die Kommission in ihrer Auffassung, daß HMG gemeinsam kontrolliert werde.

158 Die Kommission hält im übrigen das Urteil Philipp Morris im vorliegenden Fall nicht für relevant.

- Würdigung durch das Gericht

159 Nach Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 wird die Kontrolle durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluß auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben.

160 Angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Umstände des vorliegenden Falles ist die Kommission zu Recht zu der Feststellung gelangt, daß HGM von VMG (Veronica und Endemol) und RTL gemeinsam kontrolliert wird.

161 Wie nämlich aus der Fusionsvereinbarung hervorgeht, müssen die wichtigsten strategischen Entscheidungen von der Hauptversammlung der Aktionäre genehmigt werden, bevor sie dem Verwaltungsrat vorgelegt werden. Diese Entscheidungen umfassen insbesondere die Strategie von HMG, den dreijährlichen Tätigkeitsplan und das Jahresbudget sowie wichtige Investitionen, das "Konzept der Gesamtplanung" sowie die Ernennung und Entlassung der Programmdirektoren und des Direktors/Generalsekretärs.

162 Nach Artikel 3 Absatz 4 der Fusionsvereinbarung sind die der Hauptversammlung unterbreiteten Fragen einvernehmlich zu regeln. Für alle diese Entscheidungen ist demnach die Zustimmung von RTL und VMG einzuholen; kann kein Einvernehmen erzielt werden, ist eine Frist von 15 Tagen vorgesehen, während deren die Vertreter von RTL und VMG alle Anstrengungen unternehmen müssen, um zu einem Einvernehmen zu gelangen. Eine endgültige Entscheidung kann erst nach diesen beiden Verfahrensabschnitten durch Abstimmung mit einfacher Mehrheit getroffen werden, wobei RTL mit 51 % der Stimmen über eine Mehrheit verfügt.

163 Zudem muß der Aktionärsausschuß, der einstimmig beschließt, zuvor bestimmte Entscheidungen des Verwaltungsrats genehmigen, die über das Maß dessen hinausgehen, was erforderlich ist, um die Interessen eines Minderheitsaktionärs zu schützen. So kann eine Entscheidung, die das Erscheinungsbild, die Stellung oder den Programmzuschnitt eines der drei Sender wesentlich verändert, nur einstimmig getroffen werden. Dasselbe gilt für eine Entscheidung über die Gründung eines neuen Senders, der mit einem der bereits bestehenden Sender in unmittelbarem Wettbewerb stuende. Somit sind diese Aspekte der Strategie von HMG und ihres "Konzepts der Gesamtplanung" notwendigerweise Gegenstand eines Einvernehmens von RTL und VMG.

164 Somit konnte die Kommission bei vernünftiger Betrachtung aufgrund der Bestimmungen der Fusionsvereinbarung zu dem Schluß gelangen, daß eine gemeinsame Kontrolle von RTL und VMG über HMG vorliegt. Demgemäß braucht das Vorbringen der Klägerin nicht geprüft zu werden, das sich auf die angebliche ausschließliche Kontrolle durch RTL und auf das Urteil Philip Morris stützt.

Zum Fehlen einer Stärkung der Stellung der Klägerin auf dem relevanten Markt

- Vorbringen der Parteien

165 Die Klägerin macht geltend, daß ihr Anteil an HMG es ihr nicht erlaube, einen Einfluß auf die allgemeine Programmgestaltung oder den Programmerwerb von HMG auszuüben. Ihre angebliche Möglichkeit, anderen Produzenten den Zugang zu HMG zu verwehren, beruhe auf der angeblichen gemeinsamen Kontrolle; dazu sei aber in bezug auf RTL 4, RTL 5 und Veronica zu sagen, daß die Klägerin bereits seit fünf Jahren der Hauptlieferant von RTL und Veronica gewesen sei und ihre Programme somit schon weitgehend dazu beigetragen hätten, das Erscheinungsbild von RTL und Veronica in diesem Zeitraum zu formen. Demnach werde durch die Gründung von HMG ihre Stellung nicht verstärkt und der Wettbewerb nicht behindert.

166 Die Kommission erklärt, die Muttergesellschaften könnten HMG nur verwalten, wenn sie sich über die wichtigsten strategischen Entscheidungen einig seien. Es sei nicht denkbar, daß die Beteiligung der Klägerin nur eine finanzielle Investition sei, die ihr nicht den Vorteil eines entscheidenden Einflusses auf die Tätigkeiten von HMG verschaffe. Die Kommission habe daher vor allem verhindern wollen, daß die strukturellen Bindungen zwischen der Klägerin und HMG anderen Produzenten den betreffenden Markt versperrten und die Stellung der Klägerin auf diesem Markt verstärkten.

- Würdigung durch das Gericht

167 Die Kommission hat keine fehlerhafte Beurteilung vorgenommen, indem sie zu dem Schluß gelangte, daß sich die Klägerin durch die strukturelle Verbindung zwischen den Parteien des Zusammenschlusses und durch die gemeinsame Kontrolle, die sie demnach zusammen mit RTL im Einvernehmen mit Veronica über HMG ausübe, einen umfangreichen Absatz ihrer Produktion gesichert habe. Ohne diese strukturelle Verbindung wäre die Annahme realistisch, daß andere Produzenten einen wesentlich grösseren Teil des zusätzlichen Programmbedarfs von HMG decken könnten. Kein anderer Produzent in den Niederlanden konnte in dieser Weise über einen gesicherten Absatz für seine Produktion verfügen und Einfluß auf einen Sender für den Kauf seiner Programme ausüben. Diese Schlußfolgerung wird durch den Inhalt der Produktionsvereinbarung (siehe oben, Randnr. 18) nur bestätigt.

168 Zudem hatten die Parteien selbst erklärt, daß die Lieferbeziehung von Endemol zu RTL und Veronica einen wesentlichen Faktor für die Prägung des Erscheinungsbilds von RTL 4, RTL 5 und Veronica darstelle und daß sie auch entscheidend für den Erfolg von HMG sei. Sie hatten ferner eingeräumt, daß durch den Zusammenschluß auch bezweckt werde, das Risiko der Klägerin, das sie durch die Produktion neuer Programmformate eingehe, zu vermindern, indem sie für eine Optimierung der Einnahmen sorge, die ihr die Erfolgsformate brächten. Die Kommission konnte daher bei vernünftiger Betrachtung davon ausgehen, daß die Klägerin ihre aussichts- und erfolgreichsten Programme an HMG zum Nachteil der übrigen Sender liefern werde.

169 Unter diesen Umständen hat die Klägerin nicht bewiesen, daß die Kommission die Grenzen ihrer Beurteilungsbefugnis überschritten oder einen offensichtlichen Fehler begangen hat, indem sie zu dem Schluß gelangte, daß der Zusammenschluß zur Stärkung der beherrschenden Stellung der Klägerin auf dem niederländischen Markt der unabhängigen niederländischsprachigen Fernsehproduktion führen und dadurch ein wirksamer Wettbewerb auf diesem Markt erheblich behindert würde.

170 Somit ist dieses Vorbringen zurückzuweisen, und die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

171 Die unterliegende Partei ist gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Beklagten und dem Beschluß des Präsidenten der Vierten erweiterten Kammer vom 7. Oktober 1996 ihre eigenen Kosten, ein Fünftel der Kosten, die der Beklagten vor der Klagerücknahme von Veronica, RTL, CLT und VNU entstanden sind, und die gesamten Kosten, die der Beklagten nach dieser Klagerücknahme entstanden sind, aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten, ein Fünftel der Kosten, die der Beklagten bis zur Klagerücknahme der anderen Parteien vom 7. Oktober 1996 entstanden sind, und die gesamten Kosten, die der Beklagten danach entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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