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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 21.05.1990
Aktenzeichen: T-23/90 R
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 186
EWG-Vertrag Art. 85 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Es ist Sache der Kommission, bei der Ausübung der ihr im EWG-Vertrag und in der Verordnung Nr. 17 verliehenen Kontrollbefugnis in Wettbewerbsangelegenheiten gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 zu entscheiden, ob einstweilige Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn dies bei ihr beantragt wurde. Diese Maßnahmen müssen jedoch vorläufiger Art sein und auf das bei der gegebenen Sachlage Notwendige beschränkt bleiben.

2. Die Verordnung Nr. 123/85 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs - und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge beschränkt sich darauf, den Wirtschaftsteilnehmern des Kraftfahrzeugsektors bestimmte Möglichkeiten an die Hand zu geben, ihre Vereinbarungen dem Verbot des Artikels 85 Absatz 1 zu entziehen, obwohl sie bestimmte Arten von Alleinvertriebs - und Wettbewerbsverbotsklauseln enthalten.

Es kann also nicht allgemein gesagt werden, daß der Vertrieb von Kraftfahrzeugen von der Anwendung der letztgenannten Vorschrift ausgenommen sei.

3. Ist der Richter im Verfahren der einstweiligen Anordnung mit einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer von der Kommission vor einer abschließenden Entscheidung im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 erlassenen einstweiligen Entscheidung befasst, so muß es prüfen, ob die ernsthafte Gefahr besteht, daß die nachteiligen Wirkungen dieser Entscheidung, wenn sie sofort durchgeführt wird, über diejenigen einer sichernden Maßnahme hinausgehen und in der Zwischenzeit zu Schäden führen, die erheblich grösser sind als die unvermeidlichen, aber vorübergehenden negativen Begleiterscheinungen einer solchen Maßnahme.


BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTS ERSTER INSTANZ VOM 21. MAI 1990. - AUTOMOBILES PEUGEOT SA UND PEUGEOT SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - AUSSETZUNG DES VOLLZUGS - VORLAEUFIGE MASSNAHMEN - WETTBEWERB. - RECHTSSACHE T-23/90 R.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1 Die Automobiles Peugeot SA und die Peugeot SA ( Antragstellerinnen ) haben mit Klageschrift, die am 24. April 1990 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 26. März 1990 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag ( IV/33.157 - Ecosystem/Peugeot - einstweilige Maßnahmen ).

2 Die Anstragstellerinnen haben mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 186 EWG-Vertrag einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung eingereicht.

3 Die Firma Ecosystem hat mit Schriftsatz, der am 4. Mai 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die Zulassung als Streithelferin in der Rechtssache T-23/90 R zur Unterstützung der Anträge der Antragsgegnerin beantragt.

4 Das Bureau européen des unions de consommateurs ( BEUC ) hat mit Schriftsatz, der am 7. Mai 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, ebenfalls die Zulassung als Streithelfer in der Rechtssache T-23/90 R zur Unterstützung der Anträge der Antragsgegnerin beantragt.

5 Mit Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 11. Mai 1990 sind die Firma Ecosystem und das BEUC für die mündliche Verhandlung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

6 Die Kommission hat zu dem Antrag auf einstweilige Anordnungen am 10. Mai 1990 Stellung genommen. Die Beteiligten haben am 16. Mai 1990 mündliche Ausführungen gemacht.

7 Vor der Prüfung der Begründetheit des vorliegenden Antrags ist der Kontext der vorliegenden Rechtssache kurz darzustellen, insbesondere die Umstände, die die Kommission zum Erlaß der Entscheidung über einstweilige Maßnahmen veranlassten, deren Aussetzung die Antragstellerinnen begehren.

8 Die streitige Entscheidung wurde auf eine von der Firma Ecosystem am 19. April 1989 bei der Kommission eingereichte Beschwerde hin erlassen, mit der die Feststellung begehrt wurde, daß die Peugeot SA und ihre Tochtergesellschaft in Paris, die Automobiles Peugeot SA, dadurch gegen Artikel 85 EWG-Vertrag verstossen hätten, daß sie seit März 1990 die Tätigkeit der Firma Ecosystem behinderten, die in Belgien und im Großherzogtum Luxemburg für Rechnung französischer Endverbraucher den Ankauf von Peugeot-Fahrzeugen vermittelte.

9 Die Beschwerde war ursprünglich gegen die Automobiles Peugeot SA als für die genannten Behinderungen Verantwortliche sowie gegen drei ihrer Vertragshändler in Belgien gerichtet, da diese die durch Vermittlung der Firma Ecosystem geschlossenen Kaufverträge nicht erfuellten. In der Folge übersandte die Peugeot SA am 9. Mai 1989 ihren Vertragshändlern und zugelassenen Wiederverkäufern in Frankreich, Belgien und Luxemburg ein Rundschreiben, in dem sie diese aufforderte, ihre Lieferungen an die Firma Ecosystem einzustellen und von dieser unabhängig davon keine Bestellungen von Neufahrzeugen des Fabrikats Peugeot mehr anzunehmen, ob sie auf eigene Rechnung oder für Rechnung eines Auftraggebers handelt.

10 Die Firma Ecosystem beantragte bei der Kommission erneut den Erlaß einstweiliger Maßnahmen, um auch den schweren Nachteil zu beseitigen, der ihr aus den erwähnten Behinderungen und insbesondere dem Rundschreiben vom 9. Mai 1989 entstehe.

11 Mit Entscheidung vom 26. März 1990 gab die Kommission den Antragstellerinnen unter Androhung eines Zwangsgelds auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen an alle Vertragshändler und Agenten ein Schreiben zu schicken, durch das die Durchführung des Rundschreibens vom 9. Mai 1989 so lange aufgehoben wird, bis die Kommission in dem aufgrund einer Beschwerde der Firma Ecosystem eingeleiteten Hauptverfahren eine abschließende Entscheidung erlassen hat, und setzte das Kontingent - 1 211 Fahrzeuge pro Jahr, monatlich jedoch höchstens 150 - für die Geschäftsabschlüsse fest, die die Firma Ecosystem für Rechnung ihrer Kunden aufgrund vorher erteilter schriftlicher Aufträge mit dem Peugeot-Vertriebsnetz tätigen darf und gegen die die Antragstellerinnen keine Einwände erheben dürfen. Die Kommission ordnete auch an, daß die Antragstellerinnen die zugelassenen Mitglieder ihrer Vertriebsnetze in Frankreich, Belgien und Luxemburg anweisen, daß sie der Kommission die Zahl der durch die Firma Ecosystem verkauften Fahrzeuge unter Angabe der Modelle mitteilen.

12 In den Gründen ihrer Entscheidung rechtfertigt die Kommission diese einstweiligen Maßnahmen mit der auf erwiesene Tatsachen gestützten Feststellung, daß eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 bestehe, daß sich für die Firma Ecosystem ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden ergeben könne, wenn keine Maßnahmen getroffen würden, und daß deshalb solche Maßnahmen dringend erforderlich seien.

13 Für die Festsetzung des Umfangs der Geschäftsabschlüsse, die die Firma Ecosystem jährlich mit dem Peugeot-Vertriebsnetz tätigen darf, stützte sich die Kommission auf den Umfang, der im Lauf der zwölf Monate vor dem 9. Mai 1990, dem Zeitpunkt, zu dem das genannte Rundschreiben der Firma Peugeot versandt wurde, getätigt wurde. Die Geschäftsabschlüsse sollen "zum einen durch entsprechende Mitteilung der Vertragshändler an die Kommission, die ihrerseits Peugeot ohne Nennung des Käufers informiert, und zum anderen durch entsprechende Mitteilung von Ecosystem aufgrund seiner gegenüber der Kommission eingegangenen Verpflichtungen kontrolliert" werden ( siehe Nrn. 1 und 3, S. 20 der deutschen Fassung der Entscheidung ).

Entscheidungsgründe

14 Gemäß Artikel 186 EWG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 4 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften kann das Gericht in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

15 Nach Artikel 83 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 11 Absatz 3 des genannten Beschlusses des Rates bis zum Inkrafttreten der Verfahrensordnung des Gerichts entsprechend gilt, müssen Anträge auf einstweilige Anordnungen im Sinne von Artikel 186 EWG-Vertrag den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen. Die beantragten Maßnahmen müssen in dem Sinne vorläufig sein, als sie der Entscheidung in der Hauptsache nicht vorgreifen dürfen.

16 Im vorliegenden Fall machen die Antragstellerinnen zur Begründung ihres Antrags im wesentlichen geltend, daß die von der Kommission verfügten einstweiligen Maßnahmen

- offensichtlich rechtsfehlerhaft seien;

- nicht unerläßlich seien, da die Firma Ecosystem ihre Tätigkeit noch unter normalen finanziellen Bedingungen fortsetze;

- unangemessen, weil in Wirklichkeit völlig unanwendbar, seien;

- dem Unternehmen Peugeot einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden verursachen könnten.

17 Wie der Gerichtshof in seinem Beschluß vom 17. Januar 1980 in der Rechtssache 792/79 R ( Camera Care/Kommission, Slg. 1980, 119 ) ausgeführt hat, ist es Sache der Kommission, bei der Ausübung der ihr im EWG-Vertrag und in der Verordnung Nr. 17 - Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages - ( ABl. 1962, S. 204 ), verliehenen Kontrollbefugnis in Wettbewerbsangelegenheiten gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 zu entscheiden, ob einstweilige Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn dies bei ihr beantragt wurde. Diese Maßnahmen müssen jedoch vorläufiger Art sein und auf das bei der gegebenen Sachlage Notwendige beschränkt bleiben.

18 Deshalb braucht nicht über alle Rügen entschieden zu werden, die die Antragstellerinen gegen die von der Kommission ergriffenen einstweiligen Maßnahmen erheben - die Antragstellerinnen erheben sie im übrigen auch in der Klage; sie sind daher im Verfahren zur Hauptsache zu prüfen -; im Rahmen des vorliegenden Verfahrens der einstweiligen Anordnung genügt es vielmehr, zum einen zu prüfen, ob die Notwendigkeit der beantragten Aussetzung des Vollzugs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht wurde, und zum anderen, ob die Aufrechterhaltung der Entscheidung der Kommission bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache den Antragstellerinnen einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden verursachen kann.

19 Die Antragstellerinnen machen geltend, daß der Kommission beim Erlaß der streitigen Entscheidung ein offensichtlicher Rechtsfehler unterlaufen sei. Da nämlich der Vertrieb von Kraftfahrzeugen durch die Verordnung ( EWG ) Nr. 123/85 der Kommission vom 12. Dezember 1984 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs - und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge ( ABl. 1985, L 15, S. 16 ) von der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 ausgenommen worden sei, müsse die Kommission dartun, daß das streitige Rundschreiben nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung falle und insbesondere den Begriff Tätigkeit, die der Tätigkeit eines Wiederverkäufers gleichzusetzen ist, definieren, bevor sie entscheide, daß im Ergebnis die Ausnahmeverordnung keine Anwendung finde und somit ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 festgestellt werde.

20 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( Urteil vom 18. Dezember 1986 in der Rechtssache 10/86, VAG France/Magne, Slg. 1986, 4071, Randnr. 12 ) beschränkt sich die Verordnung Nr. 123/85 "als Durchführungsverordnung zu Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag... darauf, den Wirtschaftsteilnehmern des Kraftfahrzeugsektors bestimmte Möglichkeiten an die Hand zu geben, ihre Vertriebs - und Kundendienstvereinbarungen dem Verbot des Artikels 85 Absatz 1 zu entziehen, obwohl sie bestimmte Arten von Alleinvertriebs - und Wettbewerbsverbotsklauseln enthalten ".

21 Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerinnen kann also nicht allgemein gesagt werden, daß der Vertrieb von Kraftfahrzeugen von der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 ausgenommen sei und daß die Kommission deshalb im Rahmen der vorliegenden Rechtssache vor Erlaß der einstweiligen Maßnahmen hätte dartun müssen, daß das Rundschreiben vom 9. Mai 1989 nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 123/85 falle.

22 Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß einige der Fragen, die sich in der vorliegenden Rechtssache stellen, ernsthafte Auslegungsprobleme verursachen. Dies trifft insbesondere auf die Frage zu, ob und inwieweit die Ausübung einer berufsmässigen Vermittlertätigkeit unter Rückgriff auf eine aktive Absatzförderungs - und Werbepolitik für bestimmte Modelle einer Fahrzeugmarke die Ausübung einer der Tätigkeit eines Wiederverkäufers gleichzusetzenden Tätigkeit darstellt. Die Kommission selbst führt in ihrer Bekanntmachung 85/C 17/03 zu ihrer Verordnung Nr. 123/85 ( ABl. C 17, S. 4, Abschnitt I Nr. 3 ) aus, daß die Unternehmen eines Vertriebsnetzes verpflichtet werden können, an einen Dritten keine neuen Kraftfahrzeuge des Vertragsprogramms zu verkaufen, der eine dem Wiederverkauf gleichzusetzende Tätigkeit entfaltet.

23 Selbst wenn diese Erwägungen die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung rechtfertigen könnten, genügen sie für sich allein hierfür jedoch nicht.

24 Es ist nämlich auch zu prüfen - unter Berücksichtigung dessen, daß die Entscheidung der Kommission selbst nur eine vorläufige Maßnahme darstellt -, ob die ernsthafte Gefahr besteht, daß die nachteiligen Wirkungen dieser Entscheidung, wenn sie sofort durchgeführt wird, über diejenigen einer sichernden Maßnahme hinausgehen und in der Zwischenzeit zu Schäden führen, die erheblich grösser sind als die unvermeidlichen, aber vorübergehenden negativen Begleiterscheinungen einer solchen Maßnahme ( Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 29. September 1982 in den verbundenen Rechtssachen 229/82 und 228/82 R, Ford/Kommission, Slg. 1982, 3091, Randnrn. 11 und 14 ).

25 Hierzu führen die Antragstellerinnen zunächst aus, daß ein solcher Schaden daraus entstuende, daß die Abgeschlossenheit des von Peugeot aufgebauten Netzes von Alleinvertriebshändlern zunichte werde, da die Entscheidung der Kommission im Ergebnis vorläufig die Möglichkeit des Genusses der Rechte, die die Verordnung Nr. 123/85 den Mitgliedern des Vertriebsnetzes zubillige, aufhebe und infolgedessen den Grund für die Existenz des Peugeot-Alleinvertriebsnetzes beseitige.

26 Die streitige Entscheidung verpflichtet die Antragstellerinnen jedoch nur, die Durchführung des Rundschreibens vom 9. Mai 1989 bis zu dem Zeitpunkt auszusetzen, zu dem die abschließende Entscheidung ergeht, so daß die Firma Ecosystem in der Lage ist, für Rechnung der Kunden, die sie damit vorher schriftlich beauftragt haben, jährlich Geschäftsabschlüsse in einer Höhe zu tätigen, wie sie das in den zwölf Monaten vor der Übermittlung dieses Rundschreibens an die Mitglieder des Netzes tat. Diese einstweiligen Maßnahmen betreffen nur die Geschäfte mit der Firma Ecosystem. Sie nehmen den Antragstellerinnen nicht die Möglichkeit, den Verkauf an einen Dritten zu verweigern, der eine dem Wiederverkauf gleichzusetzende Tätigkeit ausübt.

27 Nach den Zahlen, die die Antragsgegnerin anführt und die von den Antragstellerinnen nicht bestritten werden, beträgt im übrigen der Umfang der Geschäftsabschlüsse, die die Firma Ecosystem vorläufig tätigen kann, nur 0,24 % der Gesamtzahl der Zulassungen von Peugeot-Fahrzeugen in Frankreich im Jahr 1988, aber 34,29 % der Gesamtzahl der von der Firma Ecosystem im selben Zeitraum nach Frankreich eingeführten Fahrzeuge.

28 Damit lässt sich entgegen dem Vorbringen der Antragstellerinnen nicht die Gefahr feststellen, daß die Abgeschlossenheit des Peugeot-Netzes zunichte würde, so daß den Antragstellerinnen ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entstuende, was eine Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen würde.

29 Zweitens machen die Antragstellerinnen geltend, ein schwerer und nicht wiedergutzumachenden Schaden könnte ihnen entstehen, weil die von der Kommission erlassenen einstweiligen Maßnahmen das Markenimage von Peugeot schädigten.

30 Es ist nicht dargetan, inwiefern die streitige Entscheidung eine schwere und nicht wiedergutzumachende Störung verursachen soll, die das Markenimage von Peugeot beeinträchtigen könnte. Mit der Entscheidung der Kommission wird derzeit nämlich nur das Ergebnis angestrebt, zugunsten der Firma Ecosystem vorläufig eine frühere Sachlage wiederherzustellen, die für sich alleine nicht, wie die Antragstellerinnen vortragen, "einen unvermeidlichen Wildwuchs... von Zwischenhandelsunternehmen, die Fahrzeuge aller Art ohne jeden Respekt vor der Besonderheit eines Markenerzeugnisses vertreiben", herbeiführen kann.

31 An dritter und letzter Stelle machen die Antragstellerinnen geltend, daß die Dringlichkeit der Aussetzung der von der Kommission erlassenen einstweiligen Maßnahmen auch auf dem Umstand beruhe, daß mit der streitigen Entscheidung ein Zwangsgeld von 1 000 ECU pro Tag angedroht werde.

32 Die Verhängung eines Zwangsgeldes von 1 000 ECU pro Tag gemäß Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung für den Fall, daß die Antragstellerinnen gegen die an sie gerichteten Anordnungen verstossen, kann ebenfalls nicht als Argument für die Glaubhaftmachung der Dringlichkeit der Aussetzung der verfügten einstweiligen Maßnahmen angesehen werden. Das Zwangsgeld wird nur fällig, wenn die Antragstellerinnen der Entscheidung nicht nachkommen. Selbst unterstellt, ein derartiges Zwangsgeld wäre unverhältnismässig - was jedenfalls nicht dargetan ist -, braucht nur festgestellt zu werden, daß das Zwangsgeld nicht fällig wird, wenn die Antragstellerinnen ihren Verpflichtungen aus der Entscheidung nachkommen, und ihnen deshalb auch keinen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden verursachen kann.

33 Deshalb besteht nicht die ernsthafte Gefahr, daß die nachteiligen Wirkungen der von der Kommission erlassenen einstweiligen Maßnahme in der Zwischenzeit zu Schäden führen, die erheblich grösser sind als die unvermeidlichen, aber vorübergehenden negativen Begleiterscheinungen einer solchen Maßnahme.

34 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlaß der beantragten einstweiligen Anordnungen nicht erfuellt sind und daß der Antrag deshalb zurückzuweisen ist.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

im Verfahren der einstweiligen Anordnung

beschlossen :

1 ) Der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung der Kommission vom 26. März 1990 betreffend einstweilige Maßnahmen wird zurückgewiesen.

2 ) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 21. Mai 1990.

Ende der Entscheidung

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