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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 09.07.1999
Aktenzeichen: T-231/97
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 215 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft ist an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Das den Gemeinschaftsorganen vorgeworfene Verhalten muß rechtswidrig sein, es muß ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden sein, und zwischen dem Verhalten des betreffenden Organs und dem angeblichen Schaden muß ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang bestehen.

2 Die durch das PHARE-Programm finanzierten Aufträge sind als nationale Aufträge anzusehen, die nur den begünstigten Staat und den Wirtschaftsteilnehmer binden. Dagegen ist die Verantwortung für die Finanzierung der Vorhaben der Kommission übertragen. Folglich muß die Möglichkeit einer Schadensersatzklage gegen diese eingeräumt werden, da sich nicht ausschließen lässt, daß anläßlich der Vergabe oder der Durchführung der Vorhaben, die gemäß dem PHARE-Programm finanziert werden, Dritte durch Handlungen oder Verhaltensweisen der Kommission, ihrer Dienststellen oder einzelner Bediensteter geschädigt werden.

3 Die Wahrung des Grundsatzes der ordnungsgemässen Verwaltung bei der Durchführung der Tätigkeiten im Rahmen des PHARE-Programms verpflichtet die Kommission, wenn sie eine Entscheidung trifft, die ernstliche wirtschaftliche Folgen für bestimmte Einzelpersonen haben kann, zur Prüfung aller Informationen, die sich auf das Ergebnis auswirken können.

Selbst wenn die für im Rahmen des PHARE-Programms finanzierte Aufträge geltende Regelung den Bietern keinen Anspruch auf Gehör durch die Kommission zubilligt, bevor diese die geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Verwaltung der für die PHARE-Vorhaben bestimmten Mittel einleitet, ist nach ständiger Rechtsprechung die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und muß auch dann sichergestellt werden, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, jeder Person, der gegenüber eine beschwerende Entscheidung ergehen kann, Gelegenheit zu geben, zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, auf die die Kommission bei der Begründung der streitigen Entscheidung zu ihrem Nachteil abstellt.

4 In einem System öffentlicher Ausschreibungen wie dem PHARE-Programm verfügt der Auftraggeber bei der Erteilung eines Auftrags über einen weiten Entscheidungsspielraum. Daher kann sich der Bieter selbst dann nicht sicher sein, den Zuschlag zu erhalten, wenn er vom Bewertungsausschuß vorgeschlagen worden ist, und er kann sich erst recht nicht sicher sein, den Zuschlag nur deshalb zu erhalten, weil er sein Angebot eingereicht oder ein Interesse geäussert hat.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 9. Juli 1999. - New Europe Consulting und Michael P. Brown gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - PHARE - Schadensersatzklage - Voraussetzungen - Grundsatz einer ordnungsgemäßen Verwaltung - Bezifferung des Schadens. - Rechtssache T-231/97.

Parteien:

In der Rechtssache T-231/97

New Europe Consulting Ltd, Gesellschaft irischen Rechts mit Sitz in Dublin,

Michael P. Brown, Geschäftsführer der New Europe Consulting Ltd, wohnhaft in Ballinasloe, County Galway (Irland),

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Alberic De Roeck und Benjamin De Roeck, Antwerpen (Belgien), Lange Lozanastraat, 2,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberaterin Marie-José Jonczy und Maurits Lugard, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst der Kommission, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

wegen Ersatzes des Schadens, den die Kommission den Klägern durch ihr pflichtwidriges Verhalten im Rahmen des PHARE-Programms diesen gegenüber verursacht haben soll,

erläßtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. M. Moura Ramos, der Richterin V. Tiili und des Richters P. Mengozzi,

Kanzler: A. Mair, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das PHARE-Programm, das auf der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für die Republik Ungarn und die Volksrepublik Polen (ABl. L 375, S. 11) beruht, die durch die Verordnungen (EWG) Nr. 2698/90 des Rates vom 17. September 1990 (ABl. L 257, S. 1), Nr. 3800/91 des Rates vom 23. Dezember 1991 (ABl. L 357, S. 10), Nr. 2334/92 des Rates vom 7. August 1992 (ABl. L 227, S. 1), Nr. 1764/93 des Rates vom 30. Juni 1993 (ABl. L 162, S. 1), Nr. 1366/95 des Rates vom 12. Juni 1995 (ABl. L 133, S. 1), Nr. 463/96 des Rates vom 11. März 1996 (ABl. L 65, S. 3) und Nr. 753/96 des Rates vom 22. April 1996 (ABl. L 103, S. 5) geändert wurde, um die Wirtschaftshilfe auf andere Länder Mittel- und Osteuropas auszudehnen, bildet den Rahmen, in dem die Europäische Gemeinschaft die Wirtschaftshilfe für die Länder Mittel- und Osteuropas kanalisiert, um die zur Unterstützung des laufenden wirtschaftlichen und sozialen Reformprozesses in diesen Ländern bestimmten Aktionen durchführen zu können.

2 Die Klägerin New Europe Consulting Ltd führte seit 1991 im Rahmen des PHARE-Programms mehrere Unternehmensberatungsvorhaben durch. Der Kläger Brown ist der Geschäftsführer der Klägerin.

3 1994 wurde die Klägerin dafür ausgewählt, ein Programm zur Weiterbildung für Vorsitzende von Verwaltungsräten (Board chairmen training programme) in Ungarn durchzuführen.

4 Am 27. März 1995 erhielt die Kommission einen Bericht von Herrn Szopko, einem Beamten der ungarischen Regierung, und Frau Ravanel, der Koordinatorin des Vorhabens in Ungarn, über Schwierigkeiten, auf die die Klägerin bei der allgemeinen finanziellen Abwicklung dieses Programms gestoßen war.

5 Am 12. April 1995 sandte der für das Programm verantwortliche Beamte der Kommission an die Koordinatoren des Programms in Polen, in der Tschechischen Republik, in Ungarn und in Rumänien ein Fax (im folgenden: streitiges Fax), in dem er ausführte: "Obwohl die Firma NEC sehr interessante Angebote ab[gab] und befriedigende Weiterbildungsprogramme liefert[e], [bot] sie nicht das Mindestmaß an finanzieller Garantie, das es erlaubt hätte, sie als zuverlässigen Partner zu betrachten." Er führte aus, die Klägerin habe es im Rahmen der Durchführung eines Vertrages in Ungarn "systematisch unterlassen, ihre Lieferanten zu bezahlen und auf diese Weise das Personal der Kommission an Ort und Stelle gezwungen, sich ständig mit berechtigten Forderungen der ungarischen Behörden zu befassen". Nachdem die Kommission erfahren hatte, daß die Klägerin ihre Dienstleistungen anderen osteuropäischen Ländern anbieten wollte, empfahl sie diesen eindringlich, die Angebote dieses Unternehmens nicht zu berücksichtigen, um Probleme zu vermeiden, die das Image des PHARE-Programms verschlechtern könnten. Schließlich bat sie sie, ihre Information an alle anderen Personen weiterzuleiten, die von den betreffenden Fortbildungsmaßnahmen betroffen seien.

6 Von diesem Zeitpunkt an wurde die Klägerin nicht mehr für eines der im Rahmen des PHARE-Programms durchgeführten Vorhaben ausgewählt, mit Ausnahme eines Programms zur Umstrukturierung von Unternehmen und zur Entwicklung des privatrechtlichen Sektors in Rumänien (Entreprise restructuring and private sector development program), an dem sie sich als Subunternehmerin unter der Schirmherrschaft der Universität Dublin beteiligte.

7 Der Kläger, der inzwischen Kenntnis von dem streitigen Fax erlangt hatte, bat mehrfach um Besprechungen bei der Kommission und verlangte die Durchführung einer Untersuchung; schließlich traf er am 29. Januar 1996 mit dem Verantwortlichen für die horizontalen Programme der Generaldirektion "Außenbeziehungen: Europa und neue Unabhängige Staaten, gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitk, Außendienst" der Kommission (GD IA) zusammen. Dieser richtete am 11. April 1996 ein zweites Fax (im folgenden: Berichtigungsfax) an alle Delegationen der Europäischen Union, in dem er erklärte, eine Untersuchung habe keinerlei Beweis erbracht, der die scharfe Formulierung des streitigen Fax rechtfertigen könne, das die Klägerin im Ergebnis auf eine "schwarze Liste" gesetzt habe. Er wolle daher die Meinung der Kommission über die Klägerin berichtigen und empfehle, jede etwaige Streichung des Unternehmens aus den Vorschlagslisten rückgängig zu machen. Es sei wünschenswert, "vor der Unterzeichnung eines Vertrages [mit der Klägerin] oder anderen kleinen Unternehmen die Fragen im Zusammenhang mit der Finanzkraft dann zu erörtern, wenn sie sich ergeben und bevor sie sich zum Nachteil eines bestimmten Vorhabens auswirken".

8 Die Klägerin, die sich trotz dieser Berichtigung weiterhin von den im Rahmen des Programms durchgeführten Vorhaben ausgeschlossen erachtete, nahm erneut Verbindung mit der Kommission auf. Diese antwortete ihr mit Fax vom 16. April 1997, nachdem die Schwierigkeiten des Unternehmens in Ungarn überwunden seien, habe sie keinen Grund, die Klägerin von ihren Programmen auszuschließen, und es gebe keine schwarze Liste mit ihren Namen.

Verfahren

9 Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 5. August 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

10 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozeßleitender Maßnahmen sind die Parteien aufgefordert worden, vor der Sitzung schriftlich bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Unterlagen vorzulegen.

11 Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. März 1999 mündlich verhandelt.

Anträge der Parteien

12 Die Kläger beantragen,

- die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

- die Kommission zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von insgesamt 4 100 000 EUR zuzüglich Ausgleichszinsen vom Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, dem 12. April 1995, an sowie gerichtliche Zinsen ab dem Zeitpunkt des Erlasses des vorliegenden Urteils zu zahlen, und zwar

- 1 000 000 EUR an die Klägerin als Ersatz des ihr entstandenen materiellen Schadens und 3 000 000 EUR wegen der Beeinträchtigung ihres Rufes sowie

- 100 000 EUR an den Kläger wegen des ihm entstandenen immateriellen Schadens;

- die Beklagte außerdem zu verurteilen, die Klägerin durch ein Schreiben an alle betroffenen leitenden Beamten der Kommission und der Verwaltungseinheiten des PHARE-Programms in Mittel- und Osteuropa mit dem Tenor des vorliegenden Urteils zu rehabilitieren;

- der Beklagten die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

13 Die Beklagte beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen;

- den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zu den Klageanträgen auf Schadensersatz

Vorbringen der Parteien

14 Die Kläger beantragen, gemäß Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 Absatz 2 EG), der die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft regelt, den Ersatz des durch die Organe oder Bediensteten der Gemeinschaft in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schadens.

15 Sie machen erstens geltend, die Kommission habe dadurch, daß sie am 12. April 1995 das streitige Fax an alle Verantwortlichen für die Führungsausbildung des PHARE-Programms allein aufgrund der Behauptungen von Frau Ravanel versandt habe, mehrere Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, verletzt. Die Kommission habe dadurch, daß sie dieses Fax versandt habe, ohne sie von den gegen sie erhobenen Beschuldigungen zu informieren oder eingehende Ermittlungen durchzuführen, das Recht der Kläger auf Anhörung und ihre eigenen Pflichten zur Sorgfalt und zu einer gleichmäßigen Abwägung der betroffenen Interessen, somit also den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, verletzt.

16 Das streitige Fax habe dem geschäftlichen Ansehen der Klägerin, ihrer Tätigkeit und ihren Betriebsergebnissen einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt.

17 Dieser Schaden sei unmittelbar durch das Verhalten der Kommission verursacht worden, denn die Kläger seien vom Zeitpunkt der Verbreitung des streitigen Fax an von allen PHARE-Vorhaben ausgeschlossen worden, an denen sie ihr Interesse bekundet hätten. Das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen diesem unerlaubten Verhalten und dem den Klägern entstandenen Schaden werde insbesondere dadurch belegt, daß sie nach dem Versand des streitigen Fax erst dann bei einem Vorhaben berücksichtigt worden seien, als sie ein Angebot unter der Schirmherrschaft der Universität Dublin eingereicht hätten.

18 Zweitens habe die Kommission mangelnde Sorgfalt bewiesen. Denn obwohl sie sich des begangenen Fehlers völlig bewußt gewesen sei, habe sie mehr als ein Jahr benötigt, um ihn zu berichtigen.

19 Ferner habe die Kommission gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen, da die Berichtigung niemals Folgen gehabt habe. Wegen ihres berechtigten Vertrauens auf die Wirkungen dieser Berichtigung hätten die Kläger lange gewartet, bevor sie rechtliche Schritte unternommen hätten, was ihnen einen zusätzlichen Schaden verursacht habe.

20 Die Beklagte macht geltend, daß im vorliegenden Fall keine der drei Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag erfuellt sei.

21 Erstens hätten weder die Beklagte noch einer ihrer Beamten rechtswidrig gehandelt. Unter den Umständen des vorliegenden Falles sei das streitige Fax aufgrund einer schriftlichen Beschwerde einer wichtigen ungarischen Regierungsbehörde und des verantwortlichen Koordinators des Vorhabens völlig gerechtfertigt gewesen. Sie habe daher verantwortungsbewußt und im Einklang mit der ihr im Rahmen des PHARE-Programms anvertrauten Aufgabe gehandelt, als sie eine Sofortmaßnahme ergriffen habe, die geeignet gewesen sei, jede mögliche Beeinträchtigung des Ansehens des Programms zu verhindern und finanzielle Schwierigkeiten für die anderen Vorhaben in Mittel- und Osteuropa zu vermeiden. Zum anderen habe sie, da sie sich auf die Behauptungen des Koordinators des Vorhabens und des Beamten der ungarischen Regierung verlassen habe, keinen Grund gehabt, vor dem Versand des streitigen Fax eine eigene Untersuchung vorzunehmen.

22 Ferner stelle das Fax keine unverhältnismäßige Maßnahme dar, denn die Zweifel in bezug auf das Finanzgebaren der Klägerin seien schwerwiegend genug gewesen, um eine allgemeine "Warnung" zu rechtfertigen.

23 Im übrigen verpflichte im vorliegenden Fall keine Bestimmung der einschlägigen Regelung und kein Rechtsgrundsatz die Kommission, die Kläger anzuhören. Diese könnten daher keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügen.

24 Schließlich könne die Kommission jedenfalls nicht für den Inhalt des Schreibens haftbar gemacht werden, das ihr von einer unabhängigen Regierungsstelle und dem örtlichen Koordinator des Vorhabens, der ebenfalls unabhängig sei, übersandt worden sei.

25 Zweitens sei den Klägern kein Schaden entstanden, denn in einem System öffentlicher Ausschreibungen wie dem PHARE-Programm gebe es für die Unternehmen keine Gewißheit, einen bestimmten Auftrag zu erhalten. Daher könnten die Kläger Schadensersatz nur für die konkreten Aufträge verlangen, bei denen das Ausschreibungsverfahren bereits weit fortgeschritten gewesen sei und für die sie mit Sicherheit den Zuschlag erhalten hätten, was sie nicht dargetan hätten.

26 Insbesondere gebe der Umstand, daß die Kläger zwei Jahre lang an der Vorbereitung eines Vorhabens in der Tschechischen Republik beteiligt gewesen seien, ihnen keinen Anspruch darauf, diesen Auftrag zu erhalten. Im vorliegenden Fall seien die Gebote für dieses Vorhaben im Einklang mit den einschlägigen Regelungen geprüft worden, und es sei entschieden worden, daß ein anderes Unternehmen den Referenzkriterien besser entsprochen habe.

27 Drittens fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und dem Schaden, der den Klägern angeblich entstanden sei. Denn der Umstand, daß es diesen nicht gelungen sei, die Aufträge zu erhalten, sei entweder darauf zurückzuführen, daß günstigere Gebote als die ihrigen vorgelegen hätten, oder gegebenenfalls auf die Meinung der örtlichen Koordinatoren der PHARE-Vorhaben über sie, die in völliger Unabhängigkeit geäußert worden seien.

28 Jedenfalls habe sie ihre "Warnung" am 11. April 1996 zurückgezogen. Daher könne sie nicht für etwaige Schäden haftbar gemacht werden, die die Kläger nach diesem Zeitpunkt erlitten hätten.

Würdigung durch das Gericht

29 Nach ständiger Rechtsprechung ist die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Das den Gemeinschaftsorganen vorgeworfene Verhalten muß rechtswidrig sein, es muß ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden sein, und zwischen dem Verhalten des betreffenden Organs und dem angeblichen Schaden muß ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang bestehen (Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-54/96, Oleifici Italiani und Fratelli Rubino/Kommission, Slg. 1998, II-3377, Randnr. 66).

Zur Rechtswidrigkeit des Verhaltens

30 Die Kläger rügen zwei verschiedene Verhaltensweisen der Kommission, nämlich zum einen den Versand des streitigen Fax, der erfolgt sei, ohne daß eine Untersuchung durchgeführt worden sei und ohne daß sie angehört worden seien, und zum anderen die Verzögerung, mit der eine Berichtigung versandt worden sei.

31 Im Rahmen der Rügen, die sie gegen den Versand des streitigen Fax erheben, machen die Kläger erstens mangelnde Sorgfalt geltend, die die Kommission allgemein dadurch bewiesen habe, daß sie es unterlassen habe, eine Untersuchung einzuleiten, und daß sie sie nicht angehört habe, und zweitens eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, indem die Kommission nicht sofort auf den ihr zugegangenen Bericht dadurch habe reagieren dürfen, daß sie ohne irgendeine Nachprüfung ein Fax zur Warnung an die Koordinatoren des PHARE-Programms versandt habe. Mit diesem als getrennte Vorwürfe formulierten Vorbringen rügen die Kläger im Kern ein und dasselbe Verhalten, das den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletze.

32 Die durch das PHARE-Programm finanzierten Aufträge sind als nationale Aufträge anzusehen, die nur den begünstigten Staat und den Wirtschaftsteilnehmer binden (Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 1995 in der Rechtssache T-185/94, Geotronics/Kommission, Slg. 1995, II-2795, Randnr. 31; Urteil des Gerichtshofes vom 22. April 1997 in der Rechtssache C-395/95 P, Geotronics/Kommission, Slg. 1997, I-2271, Randnr. 12).

33 Dagegen ist im Rahmen des PHARE-Programms die Verantwortung für die Finanzierung der Vorhaben der Kommission übertragen. Folglich läßt sich nicht ausschließen, daß anläßlich der Vergabe oder der Durchführung der Vorhaben, die gemäß dem PHARE-Programm finanziert werden, Dritte durch Handlungen oder Verhaltensweisen der Kommission, ihrer Dienststellen oder einzelner Bediensteter geschädigt werden (Urteil des Gerichts Geotronics/Kommission, Randnr. 39).

34 Demnach ist zu prüfen, ob die Kommission einen Fehler begangen hat, der ihre Haftung im Sinne des Artikels 215 Absatz 2 des Vertrages auslösen kann.

35 Unstreitig hat die Kommission eine Untersuchung in bezug auf die in dem Bericht von Herrn Szopko und Frau Ravanel enthaltenen Beschuldigungen weder vor dem Versand des streitigen Fax vom 12. April 1995 noch danach vorgenommen, und das Berichtigungsfax vom 11. April 1996 beruht auf den Ermittlungen, die der Kläger selbst wiederholt bei den Stellen der Kommission beantragt hat, nachdem er zufällig vom Versand des streitigen Fax Kenntnis erhalten hatte.

36 Die Kommission begründet ihr Verhalten damit, daß die Beschwerde, die Anlaß zum Versand des streitigen Fax gegeben habe, von einer wichtigen ungarischen Regierungsbehörde und dem verantwortlichen Koordinator des Vorhabens stamme, deren Vertrauenswürdigkeit sie nicht in Frage stellen könne. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission hinzugefügt, daß die Durchführung einer Untersuchung in bezug auf die Beschwerde die Zusammenarbeit mit den Behörden der Drittländer, die an den im Rahmen des PHARE-Programms durchgeführten Vorhaben beteiligt seien, beeinträchtigt hätten.

37 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

38 Zwar ist die enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Regierungen der Drittländer bei der Durchführung von Aktionen im Rahmen des Programms in der Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 610/90 des Rates vom 13. März 1990 zur Änderung der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 70, S. 1) vorgesehen, und sie ist unerläßlich für eine ordnungsgemäße Durchführung dieser Aktionen, doch kann sie nicht über die Grenzen hinausgehen, die sich aus den dem Organ obliegenden Verpflichtungen zur Beachtung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung ergeben.

39 Insbesondere verpflichtet der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung die Kommission, die in Rede stehenden Interessen, insbesondere die Interessen der Privatpersonen, gegeneinander abzuwägen. Im vorliegenden Fall hätte es die Beachtung dieses Grundsatzes erfordert, daß die Kommission eine Untersuchung in bezug auf die angeblich von der Klägerin begangenen Unregelmäßigkeiten und die möglichen Auswirkungen ihres Verhaltens auf das Ansehen des Unternehmens vorgenommen hätte.

40 Dem Vorbringen der Kommission, daß der Schutz des Ansehens des PHARE-Programms sie verpflichtet habe, eine Sofortmaßnahme zu ergreifen, ohne die Einleitung einer Untersuchung anzuordnen, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Selbst unterstellt, daß dieser Schutz eine Sofortmaßnahme verlangt hätte, hätte die Kommission den Koordinatoren des Programms in den anderen Ländern eine vorläufige Information zukommen lassen und dann die Ermittlungen anstellen können. Denn es unterliegt keinem Zweifel, daß der Inhalt des streitigen Fax besonders schwerwiegend für ein Unternehmen war, das keine Warnung erhalten hatte.

41 Das Gericht hat zudem in seinem Urteil vom 19. März 1997 in der Rechtssache T-73/95 (Oliveira/Kommission, Slg. 1997, II-381) festgestellt, daß sich "die Verpflichtung der Kommission, bei der Vorbereitung einer Entscheidung mit aller erforderlichen Sorgfalt vorzugehen und die Entscheidung auf der Grundlage aller Informationen zu treffen, die sich auf das Ergebnis auswirken können, insbesondere aus den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung, der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung ergibt" (Randnr. 32). Selbst wenn der vorliegende Fall anders liegt als in der Rechtssache Oliveira/Kommission, schuf der Grundsatz einer ordnungsgemäßen Verwaltung für die Kommission die gleichen Pflichten zur Prüfung der Informationen, die sich auf das Ergebnis auswirken konnten, da den Klägern in dem streitigen Fax schwerwiegende Unregelmäßigkeiten vorgeworfen wurden und dieses Fax ernstliche wirtschaftliche Folgen für sie haben konnte (vgl. auch Urteil des Gerichts vom 14. Juli 1997 in der Rechtssache T-81/95, Interhotel/Kommission, Slg. 1997, II-1265, Randnr. 63).

42 Selbst wenn die einschlägige Regelung den Bietern keinen Anspruch auf Gehör durch die Kommission zubilligt, bevor diese die geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Verwaltung der für die PHARE-Vorhaben bestimmten Mittel einleitet, ist nach ständiger Rechtsprechung die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und muß auch dann sichergestellt werden, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, jeder Person, der gegenüber eine beschwerende Entscheidung ergehen kann, Gelegenheit zu geben, zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, auf die die Kommission bei der Begründung der streitigen Entscheidung zu ihrem Nachteil abstellt (vgl. u. a. Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1994 in der Rechtssache T-450/93, Lisrestal u. a./Kommission, Slg. 1994, II-1177, Randnr. 42, bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21).

43 Im vorliegenden Fall betraf das streitige Fax ausdrücklich die Kläger. Selbst wenn es sich dabei formal nicht um eine gegen sie gerichtete Entscheidung handelt, ist offenkundig, daß ihr Inhalt sie unmittelbar betraf und ihnen Unregelmäßigkeiten zur Last legte, deren Feststellung zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen für sie hätte führen können.

44 Daher hätte es der Kommission zur Einhaltung des Grundsatzes einer ordnungsgemäßen Verwaltung oblegen, nach dem Versand einer Informationsmitteilung an die Koordinatoren des PHARE-Programms eine Untersuchung zum Inhalt des Berichtes des Vertreters der ungarischen Regierung und des verantwortlichen Koordinators des Vorhabens in Ungarn einzuleiten und dabei die Kläger aufzufordern, zu den behaupteten Tatsachen Stellung zu nehmen.

45 Daher hat die Kommission durch den Versand des streitigen Fax den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt.

46 Die Kläger machen ferner geltend, daß auch die bei der Kommission eingetretene Verzögerung bei der Berichtigung des streitigen Fax einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstelle. Sie berufen sich hierfür auf das Urteil des Gerichts vom 15. März 1995 in der Rechtssache T-514/93 (Cobrecaf u. a./Kommission, Slg. 1995, II-621), in dem das Gericht festgestellt hat, daß die Kommission dadurch, daß sie einen von ihr eingeräumten offenkundigen Fehler nicht innerhalb einer angemessenen Frist berichtigte, einen Amtsfehler begangen hat, der geeignet ist, ihre außervertragliche Haftung auszulösen (Randnr. 70). In dieser Rechtssache hatte die Kommission eingeräumt, daß sie einen Fehler begangen habe, und diesen Fehler erst fünfzehn Monate nach seiner Entdeckung förmlich berichtigt, während die Kommission in der vorliegenden Rechtssache ihre Ansicht unverzüglich änderte, nachdem sie festgestellt hatte, daß es keinen Grund zu Zweifeln an der guten wirtschaftlichen Lage der Klägerin gebe. Daher hat es die Kommission zwar offenkundig schuldhaft an Sorgfalt fehlen lassen, indem sie nicht nach dem Eingang des Berichtes, der zum streitigen Fax geführt hat, eine Untersuchung angeordnet hat, doch kann ihr der Umstand, daß sie dieses Fax erst ein Jahr nach seinem Versand berichtigt hat, nicht gleichermaßen zur Last gelegt werden, da sie unverzüglich tätig geworden ist, nachdem sie ihren Fehler erkannt hatte.

47 Somit hat die Kommission nicht gegen ihre Verpflichtungen aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie das streitige Fax erst ein Jahr nach seinem Versand berichtigt hat.

48 Zweitens machen die Kläger geltend, daß diese Berichtigung einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes darstelle, da sie "niemals Wirkungen zeitigte".

49 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich jeder Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat, auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen (Urteil des Gerichts vom 13. Juli 1995 in den Rechtssachen T-466/93, T-469/93, T-473/93, T-474/93 und T-477/93, O'Dwyer u. a./Rat, Slg. 1995, II-2071, Randnr. 48). Es ist offenkundig, daß die erhoffte "Wirkung" der Berichtigung durch die Kommission nicht in der Erteilung eines Zuschlags für einen Auftrag im Rahmen des PHARE-Programms bestehen konnte, da die Auftragsvergabe nach einer vergleichenden Bewertung der Angebote durch den Empfängerstaat erfolgt und da kein Bieter Anspruch auf eine automatische Vergabe der Aufträge an ihn hat. Da sich die Kläger somit nicht auf eine Verletzung des Vertrauensschutzes berufen können, ist ihr Vorbringen als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Zum Vorliegen eines tatsächlichen und bestimmten Schadens

50 Obwohl die Kläger behaupten, daß sich der der Klägerin entstandene Schaden aus drei Bestandteilen zusammensetze, nämlich dem erlittenen Verlust, dem entgangenen Gewinn und der Beeinträchtigung ihres Ansehens, berufen sie sich tatsächlich im Rahmen der Bezifferung dieses Schadens nur auf den Umstand, daß die Klägerin Aufträge hätte erhalten können, wenn die Kommission nicht das gerügte rechtswidrige Verhalten an den Tag gelegt hätte, so daß ihr ein Gewinn entgangen und ihr Ruf beeinträchtigt worden sei. Denn die Kläger erwähnen zwar einen Auftrag in Höhe von 800 000 EUR, den die Klägerin in der Tschechischen Republik ungefähr zu dem Zeitpunkt hätte erhalten können, zu dem das streitige Fax versandt worden sei, sie geben jedoch klar an, daß es sich um einen Auftrag gehandelt habe, bei dem sie große Chancen auf die Zuschlagserteilung gehabt hätten, für den sie jedoch noch kein Gebot eingereicht gehabt hätten. Daher braucht das Gericht nur über den der Klägerin entgangenen Gewinn und die Beeinträchtigung ihres Ansehen zu entscheiden.

51 In bezug auf den Schaden wegen entgangenen Gewinns genügt die Feststellung, daß ein solcher Schaden voraussetzt, daß die Klägerin Anspruch auf Erteilung des Zuschlags für Aufträge der PHARE-Vorhaben hatte, für die sie ihr Interesse bekundet hatte. In einem System öffentlicher Ausschreibungen wie dem PHARE-Programm verfügt der Auftraggeber bei der Erteilung eines Auftrags über einen weiten Entscheidungsspielraum. Daher kann sich der Bieter selbst dann nicht sicher sein, den Zuschlag zu erhalten, wenn er vom Bewertungsausschuß vorgeschlagen worden ist (Urteil des Gerichts vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache T-13/96, TEAM/Kommission, Slg. 1998, II-4073, Randnr. 76). Erst recht kann sich der Bieter nicht sicher sein, den Zuschlag nur deshalb zu erhalten, weil er sein Angebot eingereicht oder ein Interesse geäußert hat. Ferner haben die Kläger nicht dargetan, daß sie selbst dann von einem Auftrag ausgeschlossen worden wären, wenn sie, wie sie behaupten, der den Referenzkriterien am besten entsprechende Bieter waren.

52 Daher ist im vorliegenden Fall der Schaden wegen entgangenen Gewinns weder tatsächlich noch bestimmt.

53 Was den Schaden wegen der Beeinträchtigung des Images der Klägerin angeht, so kann zweifellos ein Fax wie das vom 12. April 1995 als solches das Image des Unternehmens ernsthaft beeinträchtigen, das eindeutig seine Tätigkeit im Rahmen des PHARE-Programms im Lauf der Jahre vor dem Versand des streitigen Fax erweitert und sich damit einen Ruf erworben hatte. Die Klägerin wurde ausschließlich zu dem Zweck gegründet, PHARE-Vorhaben durchzuführen. Daher hat die Kommission durch ihre Behauptung, die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, die für die Teilnahme am Programm erforderlichen Voraussetzungen der finanziellen Zuverlässigkeit zu erfuellen, deren Image um so schwerwiegender beeinträchtigt, als ihre gesamten Tätigkeiten betroffen sind.

54 Unter den Umständen dieses Falles ist auch das Vorliegen des immateriellen Schadens des Klägers anzuerkennen. Zum einen steht fest, daß der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin mehrfach versucht hat, das Ansehen des Unternehmens bei den Koordinatoren des PHARE-Programms und der Kommission selbst wiederherzustellen, und dabei seitens der Kommission bis zum 29. Januar 1996, dem Zeitpunkt seines Treffens mit dem Verantwortlichen für horizontale Programme der GD IA keinerlei Aufklärung erhalten hatte. Daher hat die Kommission ihn in Ungewißheit versetzt und ihn gezwungen, ihm nicht obliegende Anstrengungen zu unternehmen, um die von der Kommission selbst geschaffene Lage zu ändern (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache T-203/96, Embassy Limousines & Services/Parlament, Slg. 1998, II-4239, Randnr. 108).

55 Zum anderen hatte die Beeinträchtigung des Rufes des Unternehmens notwendigerweise schwerwiegende Auswirkungen auf den Ruf des Klägers, da er 99 % der Anteile der Klägerin hält. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin zunächst als Einzelfirma eingetragen war, unter der der Kläger die PHARE-Vorhaben durchführte. Dessen Ruf ist daher eng mit dem Ruf der Klägerin verknüpft.

56 Somit hat das streitige Fax auch den Ruf des Klägers beeinträchtigt.

Zum Kausalzusammenhang

57 Nach ständiger Rechtsprechung tragen die Kläger die Beweislast für einen Kausalzusammenhang zwischen dem von dem Organ begangenen Fehler und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 30. Januar 1992 in den Rechtssachen C-363/88 und C-364/88, Finsider u. a./Kommission, Slg. 1992, I-359, Randnr. 25).

58 Die Kläger machen geltend, daß der Umstand, daß sie keine Aufträge mehr erhalten hätten, nur auf einem Fehler bei der Beurteilung der finanziellen Zuverlässigkeit der Klägerin beruhen könne.

59 Der Inhalt des streitigen Fax mußte zwangsläufig dazu führen, daß das Ansehen des Unternehmens in den Augen der Koordinatoren des PHARE-Programms beeinträchtigt wurde. Die Auswirkungen auf das Image der Klägerin bei den Koordinatoren des Programms sind nämlich ein unmittelbare und unvermeidbare Folge einer Mitteilung derartigen Inhalts (vgl. Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 10. Februar 1999 in der Rechtssache T-211/98 R, Willeme/Kommission, Slg. ÖD 1999, I-A-15, Randnr. 42, bestätigt durch Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 25. März 1999 in der Rechtssache C-65/99 P (R), Willeme/Kommission, Slg. 1999, I-1857, Randnr. 60).

60 Nach allem hat das Verhalten der Kommission den Ruf des Klägers geschädigt.

61 Somit ist der Kausalzusammenhang zwischen dem den Klägern entstandenen Schaden und dem Verhalten der Kommission dargetan.

Zur Höhe des Schadens

62 Die Kläger vertreten in ihrer Klageschrift die Ansicht, daß der der Klägerin entstandene Schaden wie folgt mit 1 300 000 EUR beziffert werden könne:

- 1 000 000 EUR für Aufträge, die sie in der Zeit vom 12. April 1995, dem Zeitpunkt des Versandes des streitigen Fax, und dem Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage hätten erhalten können. Die Kläger führen hierzu aus, daß diese Schätzung des der Klägerin entstandenen Schadens auf der Grundlage der Aufträge erstellt worden sei, die sie vor dem erstgenannten Zeitpunkt hätte erhalten können, und des Auftrags im Wert von 800 000 EUR, dessen Erteilung in der Tschechischen Republik ihr sicher gewesen sei, einschließlich der Zinsen;

- 300 000 EUR für die Beeinträchtigung ihres Rufes.

63 Der Kläger verlangt 100 000 EUR als Ersatz des ihm entstandenen immateriellen Schadens.

64 In ihrer Erwiderung bestätigen die Kläger die Bezifferung des dem Kläger entstandenen immateriellen Schadens und verlangen die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4 000 000 EUR an die Klägerin wegen der langen Zeit, die zwischen dem Versand des streitigen Fax am 12. April 1995 und der Erhebung der vorliegenden Klage verstrichen sei, und wegen des Umstands, daß die von der Kommission vorgenommene Richtigstellung unwirksam geblieben sei. Der der Klägerin entstandene Schaden habe sich vergrößert, denn ihre Umsatzeinbuße im Laufe dieser drei Jahre belaufe sich auf 3 000 000 EUR. Hilfsweise beantragen die Klägerinnen, ein Kollegium von Sachverständigen für die Bezifferung des entstandenen Schadens zu bestellen.

65 Die Beklagte macht geltend, eine Schätzung des Umsatzes, den die Klägerin dank der Aufträge des PHARE-Programms hätte erzielen können, anhand der in der Vergangenheit getätigten Umsätze sei im vorliegenden Fall nicht aussagekräftig, und der einzige konkrete Umstand sei der Verlust des Auftrags in der Tschechischen Republik mit einem Gesamtwert von 800 000 EUR.

66 Da jedoch der Wert eines Vertrages nicht nur die Gewinne, sondern auch die mit dem Vorhaben verbundenen Kosten sowie weitere Kosten und Honorare abdecke, lägen die endgültigen Einbußen der Klägerin unter der von dieser vorgenommenen Schätzung.

67 Schließlich bestreitet die Kommission in ihrer Gegenerwiderung die Stichhaltigkeit der Erwägungen der Kläger, die sie dazu veranlaßten, den Betrag des für die Klägerin begehrten Schadensersatzes auf 4 000 000 EUR zu erhöhen, da alle Ereignisse, die nach dem Zeitpunkt der Rücknahme der "Warnung" durch die Kommission eingetreten seien, der Kommission in keiner Weise und auf keinen Fall zuzurechnen seien.

Würdigung durch das Gericht

68 Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Beeinträchtigung des Images und des Ansehens der Kläger durch die Kommission, die ein Fehlverhalten darstellt, die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen kann. Dagegen steht ebenfalls fest, daß die Kläger keinen Ersatz des Vermögensschadens verlangen können, unabhängig davon, ob dieser vor oder nach dem Versand des Berichtigungsfax am 11. April 1996 entstanden ist.

69 Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles braucht kein Kollegium von Sachverständigen für die Bezifferung des den Klägern entstandenen Nichtvermögensschadens bestellt zu werden, der durch die Beeinträchtigung des Images und des Rufes der Kläger entstanden ist; die Zahlung von 100 000 EUR an die Klägerin und von 25 000 EUR an den Kläger stellt eine angemessene Entschädigung dar.

70 Nach ständiger Rechtsprechung sind von dem geschuldeten Entschädigungsbetrag Verzugszinsen vom Tag der Verkündung des Urteils an zu zahlen, durch das die Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt wird (Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 35).

71 Da in den Klageanträgen kein Zinssatz angegeben ist, ist der Jahreszinssatz von 4,5 % vom Zeitpunkt des Erlasses des vorliegenden Urteils bis zur tatsächlichen Zahlung anzuwenden.

Zum Antrag auf Wiederherstellung des Rufes

72 Die Klageparteien beantragen auch, die Beklagte dazu zu verurteilen, den Ruf der Klägerin durch den Versand eines Schreibens an alle betroffenen Verantwortungsträger der Kommission und der Verwaltungseinheiten des PHARE-Programms in Mittel- und Osteuropa, in dem der Tenor des vorliegenden Urteils des Gerichts wiedergegeben wird, wiederherzustellen.

73 Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Kommission am 11. April 1996 ein Berichtigungsfax an alle Delegationen der Europäischen Union versandt hat. Daher braucht über diesen Antrag der Klagepartei nicht entschieden zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

74 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Beklagte mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr dem Antrag der Kläger entsprechend die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die New Europe Consulting Ltd Schadensersatz in Höhe von 100 000 EUR und an Herrn Michael P. Brown Schadensersatz in Höhe von 25 000 EUR zu zahlen.

2. Von diesen Beträgen sind Verzugszinsen zum Satz von 4,5 % pro Jahr vom Zeitpunkt des vorliegenden Urteils an bis zur tatsächlichen Zahlung zu entrichten.

3. Die Beklagte trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klageparteien.

Ende der Entscheidung

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