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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: T-231/99
Rechtsgebiete: EGV, Entscheidung 1999/473/EG


Vorschriften:

EGV Art. 81 Abs. 3
Entscheidung 1999/473/EG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Andere Rechtssubjekte als die Adressaten einer Entscheidung können nur dann geltend machen, individuell im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender tatsächlicher Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.

Hat eine Person, die an einer Vereinbarung beteiligt ist, geltend gemacht, dass ihr durch diese Vereinbarung diskriminierende Preise aufgezwungen und sie dadurch an einem gleichberechtigten Wettbewerb mit anderen gehindert werde, und hat sie vor den nationalen Gerichten eine Schadensersatzklage gegen die andere Partei mit der Begründung erhoben, dass ihr durch die Vereinbarung Verpflichtungen auferlegt worden seien, die gegen Artikel 81 EG verstießen, so ist diese Person von einer Entscheidung über die Freistellung der Vereinbarung individuell betroffen.

( vgl. Randnrn. 28-30 )

2. Die Bürger haben nach dem Gemeinschaftsrecht einen Anspruch auf umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, wobei im EG-Vertrag ein umfassendes System des Rechtsschutzes gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane geschaffen werden sollte, die Rechtswirkungen entfalten können.

Dieser Anspruch des Bürgers würde jedoch seine Bedeutung verlieren, wenn die Gültigkeit einer Handlung, gegen die gemäß Artikel 230 Absatz 4 EG eine Nichtigkeitsklage zulässig ist, deshalb nicht in Frage gestellt werden könnte, weil diese Handlung zahlreiche weitere Personen betrifft und ihre Anfechtung deshalb gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen würde.

Wenn der Grundsatz der Rechtssicherheit dem Anspruch einer Vertragspartei entgegenstuende, eine Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung über die Freistellung einer Vereinbarung zu erheben, die diese Partei gemeinsam mit zahlreichen anderen Wirtschaftsteilnehmern geschlossen hat, dann wäre nach demselben Grundsatz auch ein nationales Gericht daran gehindert, dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG ein Vorabentscheidungsersuchen über die Gültigkeit dieser Entscheidung vorzulegen, wenn die betreffende Vertragspartei sich in einem Verfahren vor diesem Gericht auf deren Unwirksamkeit berufen würde. Die Feststellung der Ungültigkeit eines Rechtsakts durch den Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren hat nämlich eine vergleichbare Wirkung wie eine auf eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG hin ergangene Entscheidung des Gerichts, mit der der Rechtsakt für nichtig erklärt wird.

( vgl. Randnrn. 32-34 )

3. Der Gemeinschaftsrichter darf die komplexen wirtschaftlichen Bewertungen, die die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 81 Absatz 3 EG im Hinblick auf dessen vier Voraussetzungen vornimmt, nur daraufhin überprüfen, ob die Verfahrens- und Begründungsregeln beachtet wurden, ob der Tatbestand richtig festgestellt wurde, ob kein offenkundiger Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen.

( vgl. Randnr. 36 )

4. Nach Artikel 19 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Klagegründe, die sich auf die Verletzung zwingenden Rechts beziehen, sind vom Gericht von Amts wegen zu prüfen. Die Angaben zu den Klagegründen müssen hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht - gegebenenfalls ohne Einholung weiterer Informationen - über die Klage entscheiden kann. Entsprechende Erfordernisse gelten für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Zwar kann der Text der Klageschrift zu bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf in der Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der rechtlichen Ausführungen ausgleichen, die nach den genannten Bestimmungen in der Klageschrift enthalten sein müssen. Im Übrigen ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion.

( vgl. Randnr. 154 )

5. Aus Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt sich, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Allerdings ist ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und in engem Zusammenhang mit diesem steht, als zulässig anzusehen. Das Gleiche gilt für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge.

( vgl. Randnr. 156 )

6. Die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können, damit sie ihre Rechte vertreten können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse der Adressaten oder anderer durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffener Personen an Erläuterungen zu beurteilen. Die Begründung braucht nicht sämtliche tatsächlich oder rechtlich erheblichen Gesichtspunkte zu enthalten, da die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln, zu beurteilen ist.

Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind. Die Kommission muss auch nicht zu allen Argumenten Stellung nehmen, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen; vielmehr reicht es aus, dass sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.

( vgl. Randnrn. 164-166 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 21. März 2002. - Colin Joynson gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Bierlieferungsverträge - Einzelfreistellung - Artikel 81 Absatz 3 EG. - Rechtssache T-231/99.

Parteien:

In der Rechtssache T-231/99

Colin Joynson, wohnhaft in Manchester (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: B. Bedford, Barrister, sowie S. Ferdinand, J. Kelly, A. Oliver, E. Bonner-Evans, T. Malyn und M. Noble, Solicitors,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner als Bevollmächtigten im Beistand von N. Khan, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Bass plc mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: M. Farquharson, J. Block und N. Green, Solicitors, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/473/EG der Kommission vom 16. Juni 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/36.081/F3 - Bass) (ABl. L 186, S. 1)

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richter K. Lenaerts und M. Jaeger,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2001,

folgendes

Urteil(1)

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Bass plc (im Folgenden: Bass) ist eine an der Londoner Börse notierte Gesellschaft. Die Bass-Gruppe ist ein internationaler Konzern, der im Hotel-, Freizeit/Gaststätten-, Getränke- und Brauereibereich in Europa, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern tätig ist.

2 Im Juni 1996 gehörten der Bass-Gruppe etwa 4 182 Schankbetriebe im Vereinigten Königreich, von denen 2 736 von Angestellten der Brauerei geführt wurden, während 1 446 an Wirte verpachtet waren. Im März 1997 hatte die Bass-Gruppe insgesamt 1 430 Lokale verpachtet, von denen sich 106 in Schottland befanden. Von diesen 1 430 Lokalen waren 1 186 auf der Grundlage eines Musterpachtvertrags verpachtet, 178 aufgrund eines widerruflichen Pachtvertrags (tenancy at will) und 42 aufgrund eines kurzfristigen Pachtvertrags (foundation agreement); die restlichen 24 Betriebe waren entweder nach anderen Vertragsformen verpachtet oder nicht bewirtschaftet.

3 Im Laufe des Jahres 1998 verkaufte die Bass-Gruppe den größten Teil ihrer Pachtbetriebe und behielt nur etwas mehr als 20 Schankstätten.

4 Die Vertragsbeziehungen zwischen der Bass-Gruppe und den an sie gebundenen Wirten beruhten in den meisten Fällen auf einem Musterpachtvertrag, nach dem ein Unternehmen der Bass-Gruppe dem Wirt ein voll ausgestattetes Lokal mit Schankerlaubnis zur Verfügung stellte, die dieser zu betreiben hatte; als Gegenleistung bezahlte er einen Pachtzins und verpflichtete sich, die im Vertrag aufgeführten Biere von Bass oder einem von Bass benannten Lieferanten zu beziehen.

5 Der Musterpachtvertrag enthielt damit eine Alleinbezugsverpflichtung und ein Wettbewerbsverbot.

6 Durch die Alleinbezugsverpflichtung waren die gebundenen Wirte gezwungen, die im Vertrag aufgeführten Biere ausschließlich bei ihrem Vertragspartner oder einem von diesem benannten Lieferanten zu beziehen; nach einer als "Guest Beer Provision" bezeichneten nationalen Regelung hatten sie allerdings die Möglichkeit, ein Bier von einer anderen Brauerei zu beziehen.

7 Aufgrund des Wettbewerbsverbots war es den gebundenen Wirten untersagt, Biere einer Vertragsbiersorte, die nicht von ihrem Vertragspartner oder einem von diesem benannten Lieferanten geliefert worden waren, oder andere Biere, die nicht in Flaschen, Dosen oder sonstigen Kleinpackungen abgefuellt waren, in ihren Lokalen zu verkaufen oder zum Verkauf auszustellen oder sie zum Zwecke des Verkaufs in ihre Lokale zu verbringen, sofern nicht der Verkauf dieses anderes Bieres vom Fass üblich oder durch eine ausreichende Nachfrage der Kunden gerechtfertigt war.

Verwaltungsverfahren

8 Im Februar 1995 führte das Office of Fair Trading (im Folgenden: OFT) im Auftrag der Kommission eine Erhebung über die Großhandelspreispolitik der britischen Brauereien durch. Im Anschluss an diese Erhebung, von der auch Bass betroffen war, legte das OFT im Mai 1995 einen Bericht mit dem Titel "Erhebung über die Großhandelspreispolitik der britischen Brauereien" vor und veröffentlichte am 16. Mai 1995 eine Pressemitteilung hierzu.

9 Am 11. Juni 1996 meldeten die Bass Holdings Ltd und die The Bass Lease Company Ltd, beide hundertprozentige Tochtergesellschaften von Bass, nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), einen Musterpachtvertrag an, der die Verpachtung einer voll ausgestatteten Schankwirtschaft mit Schankerlaubnis in England und Wales zum Gegenstand hatte. Sie beantragten die Erteilung eines Negativattests oder die Bestätigung, dass für die Pachtverträge rückwirkend ab Vertragsschluss die Gruppenfreistellung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen (ABl. L 173, S. 5) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission vom 30. Juli 1997 (ABl. L 214, S. 27) oder eine Einzelfreistellung nach Artikel Artikel 81 Absatz 3 EG in Anspruch genommen werden kann. Titel II der Verordnung Nr. 1984/83 enthält besondere Vorschriften für Bierlieferungsverträge.

10 Die Kommission vervollständigte die in der Anmeldung enthaltenen Angaben durch eine Nachprüfung in den Geschäftsräumen von Bass gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und durch eine Reihe von Auskunftsersuchen. Insbesondere verlangte die Kommission eine Bestätigung der Angaben, die ihr von Bass vorgelegt worden waren.

11 Nach Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17, in der die Kommission ihre Absicht kundtat, die fragliche Vereinbarung nach Artikel 81 Absatz 3 EG rückwirkend vom Kartellverbot freizustellen, gingen bei der Kommission 20 Stellungnahmen von betroffenen Dritten ein. 16 dieser Stellungnahmen waren nach einem Muster einer Interessenvereinigung von gebundenen Wirten verfasst. Die Kommission erhielt außerdem Schreiben von drei anderen gebundenen Wirten und von einem Wirtschaftsprüfer.

12 Die Kommission erließ daraufhin die Entscheidung 1999/473/EG vom 16. Juni 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/36.081/F3 - Bass) (ABl. L 186, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Sie stellte darin fest, dass der angemeldete Musterpachtvertrag unter Artikel 81 Absatz 1 EG fiel, erklärte jedoch diese Bestimmung gemäß Artikel 81 Absatz 3 EG für den Zeitraum vom 1. März 1991 bis zum 31. Dezember 2002 für nicht anwendbar.

13 Der Kläger Joynson betrieb seit Juli 1992 aufgrund eines nach dem Musterpachtvertrag geschlossenen Vertrages eine Schankwirtschaft in Bolton (Vereinigtes Königreich), die Bass Holdings gehörte. Der Vertrag wurde beendet, als diese das Lokal im Februar 1998 verkaufte. Der Kläger Joynson hat im Verwaltungsverfahren eine Stellungnahme auf die Mitteilung der Kommission gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 abgegeben.

Verfahren und Anträge der Parteien

14 Der Kläger hat am 12. Oktober 1999 die vorliegende Klage erhoben.

15 Mit Beschluss vom 13. April 2000 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt.

16 Mit Beschluss vom 4. Juli 2000 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts Bass als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

17 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 26. April 2001 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

18 Der Kläger beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission und Bass die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19 Die Kommission, die von Bass unterstützt wird, beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen;

- dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit

20 Die Kommission und Bass bezweifeln das Rechtsschutzinteresse und die Klagebefugnis des Klägers.

1. Zum Rechtsschutzinteresse

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[21]

21 Der Kläger ist der Auffassung, er verfüge über ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse.

Würdigung durch das Gericht

22 Eine natürliche oder juristische Person muss ein bestehendes und gegenwärtiges Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung nachweisen (Urteil des Gerichts vom 17. September 1992 in der Rechtssache T-138/89, NBV und NVB/Kommission, Slg. 1992, II-2181, Randnr. 33).

23 Aus den Unterlagen, die der Kläger im Verfahren vorgelegt hat, und aus den bei ihm und bei der Streithelferin eingeholten Auskünften ergibt sich, dass der Kläger bei den englischen Gerichten gegen Bass Klage auf Ersatz der Schäden erhoben hat, die er angeblich dadurch erlitten habe, dass ihm durch den von der Kommission mit der angefochtenen Entscheidung freigestellten Musterpachtvertrag Verpflichtungen auferlegt worden seien, die Artikel 81 EG zuwiderliefen; diese Klage ist noch rechtshängig.

24 Damit hat der Kläger trotz der Kündigung des Pachtvertrags ein materielles und immaterielles Interesse an der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits.

2. Zur Klagebefugnis

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[26 und 27]

Würdigung durch das Gericht

25 Nach ständiger Rechtsprechung können andere Rechtssubjekte als die Adressaten einer Entscheidung nur dann geltend machen, individuell im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender tatsächlicher Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 211, 238, und vom 23. Mai 2000 in der Rechtssache C-106/98 P, Comité d'entreprise de la Société française de production u. a./Kommission, Slg. 2000, I-3659, Randnr. 39).

26 Vorliegend hat der Kläger Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung über die Freistellung einer Vereinbarung, an der er beteiligt war, erhoben, wobei er geltend macht, dass ihm durch diese Vereinbarung diskriminierende Preise aufgezwungen und er dadurch an einem gleichberechtigten Wettbewerb mit anderen gehindert worden sei. Er hat außerdem bei den englischen Gerichten eine Schadensersatzklage gegen Bass erhoben, da ihm durch die freigestellte Vereinbarung Verpflichtungen auferlegt worden seien, die gegen Artikel 81 EG verstießen. Überdies hat er am Verwaltungsverfahren teilgenommen.

27 Angesichts dieser Umstände, die belegen, dass der Kläger durch die angefochtene Entscheidung in seiner persönlichen rechtlichen Stellung beeinträchtigt wird, ist davon auszugehen, dass sich der Kläger in einer Situation befindet, die ihn in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten der Entscheidung. Er ist daher im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG individuell betroffen. Da es weder streitig noch zu bestreiten ist, dass er von der Entscheidung auch unmittelbar betroffen ist, erfuellt seine Nichtigkeitsklage die in der genannten Bestimmung enthaltenen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

28 Bass vertritt dennoch die Auffassung, die Klage sei unzulässig, da es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen würde, wenn ein einzelner Vertragspartner die Gültigkeit einer Entscheidung über die Freistellung eines Mustervertrags in Zweifel ziehen könne, den er gemeinsam mit zahlreichen anderen Wirtschaftsteilnehmern abgeschlossen habe.

29 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Bürger nach dem Gemeinschaftsrecht einen Anspruch auf umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz haben (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 29. Januar 1997 in der Rechtssache C-393/96 P [R], Antonissen/Rat und Kommission, Slg. 1997, I-441, Randnr. 36) und dass im EG-Vertrag ein umfassendes System des Rechtsschutzes gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane geschaffen werden sollte, die Rechtswirkungen entfalten können (Urteil des Gerichtshofes vom 27. September 1988 in der Rechtssache 302/87, Parlament/Rat, Slg. 1988, 5615, Randnr. 20).

30 Dieser Anspruch des Bürgers würde jedoch seine Bedeutung verlieren, wenn die Gültigkeit einer Handlung, gegen die gemäß Artikel 230 Absatz 4 EG eine Nichtigkeitsklage zulässig ist, deshalb nicht in Frage gestellt werden könnte, weil diese Handlung zahlreiche weitere Personen betrifft und ihre Anfechtung deshalb gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen würde.

31 Wenn der Grundsatz der Rechtssicherheit dem Anspruch einer Vertragspartei entgegenstuende, eine Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung über die Freistellung einer Vereinbarung zu erheben, die diese Partei gemeinsam mit zahlreichen anderen Wirtschaftsteilnehmern geschlossen hat, dann wäre nach demselben Grundsatz auch ein nationales Gericht daran gehindert, dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG ein Vorabentscheidungsersuchen über die Gültigkeit dieser Entscheidung vorzulegen, wenn die betreffende Vertragspartei sich in einem Verfahren vor diesem Gericht auf deren Unwirksamkeit berufen würde. Die Feststellung der Ungültigkeit eines Rechtsakts durch den Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren hat nämlich eine vergleichbare Wirkung wie eine auf eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG hin ergangene Entscheidung des Gerichts, mit der der Rechtsakt für nichtig erklärt wird. Die Argumentation von Bass würde also nicht nur zu einer Einschränkung des Systems des gerichtlichen Rechtsschutzes für den Einzelnen führen, sondern liefe auch darauf hinaus, unter Berufung auf den Grundsatz der Rechtssicherheit die Fortgeltung rechtswidriger Handlungen zu ermöglichen.

32 Das Vorbringen von Bass ist daher zurückzuweisen.

Zur Begründetheit

33 Der Gemeinschaftsrichter darf die komplexen wirtschaftlichen Bewertungen, die die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 81 Absatz 3 EG im Hinblick auf dessen vier Voraussetzungen vornimmt, nur daraufhin überprüfen, ob die Verfahrens- und Begründungsregeln beachtet wurden, ob der Tatbestand richtig festgestellt wurde, ob kein offenkundiger Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 62, und des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739, Randnr. 190).

34 Der Kläger macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet und unzureichend begründet sei.

A - Zum Klagegrund der offensichtlichen Beurteilungsfehler

35 Nach Auffassung des Klägers hat die Kommission mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler begangen, die die ungenügende Berücksichtigung der Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale, die Berechnung des Preisnachteils und des Pachtvorteils sowie verschiedene andere geldwerte Vorteile betreffen.

1. Zur ungenügenden Berücksichtigung der Auswirkungen des Musterpachtvertrags auf die Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale

36 In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt, dass eine Bierlieferungsvereinbarung in der Regel eine Verbesserung der Warenverteilung bewirke (Randnrn. 168 bis 172); es sei jedoch zu prüfen, ob diese Vorteile auch dann zum Tragen kämen, wenn die Wirte gebundener Betriebe mit nennenswerten Preisnachteilen konfrontiert würden (Randnr. 173).

37 Das Problem der Preisdiskriminierung spiele bei der wirtschaftlichen Begründung einer Freistellung von Alleinbezugsvereinbarungen eine wichtige Rolle. Erstens böten solche Vereinbarungen die Möglichkeit zur Diskriminierung, weil sie dem gebundenen Abnehmer während der Dauer des Vertrages im Gegensatz zu anderen Kunden des Herstellers keine legalen Bezugsalternativen ließen (Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung). Zweitens vertrete die Kommission im Hinblick auf das Kriterium der verbesserten Warenverteilung die Auffassung, dass ein Abnehmer, der im Ergebnis einen spürbar höheren Preis entrichten müsse, nur noch unter erschwerten Bedingungen mit anderen konkurrieren könne (Randnr. 175 der angefochtenen Entscheidung).

38 Die mögliche Unvereinbarkeit der Preisdiskriminierung mit Artikel 81 Absatz 3 EG komme auch in der Verordnung Nr. 1984/83 zum Ausdruck. In Begründungserwägung 21 dieser Verordnung sei vorgesehen, dass die Kommission den beteiligten Unternehmen den Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung entziehen könne, wenn die nach der Verordnung freigestellten Vereinbarungen im Einzelfall Wirkungen hätten, die mit Artikel 81 Absatz 3 EG nicht vereinbar seien. Zudem sei in Artikel 14 Buchstabe c Nummer 2 der Verordnung Nr. 1984/83 ausdrücklich der Fall einer sachlich nicht gerechtfertigten Preisdiskriminierung geregelt (Randnr. 175 der angefochtenen Entscheidung).

39 Wende man diese Erwägungen auf die Musterpachtverträge an, so ergebe sich unter den besonderen Umständen des britischen Bierausschankmarkts, dass ein gebundener Wirt, dem ohne sachliche Begründung höhere Preise berechnet würden, möglicherweise nicht wettbewerbsfähig sei. Sein Lokal sei im Vergleich zu anderen - bei ansonsten gleichen Ausgangsbedingungen - weniger rentabel und möglicherweise sogar unwirtschaftlich (Randnr. 176 der angefochtenen Entscheidung).

40 Eine sachlich nicht gerechtfertigte Preisdiskriminierung führe allerdings nur dann zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der gebundenen Wirte und zu einer anderen Beurteilung im Hinblick auf die Verbesserung der Warenverteilung, wenn sie erheblich sei und über einen längeren Zeitraum anhalte (Randnr. 177 der angefochtenen Entscheidung).

41 Auf der Grundlage dieser Erwägungen hat die Kommission den Preisnachteil zu Lasten der an Bass gebundenen Wirte untersucht und dabei festgestellt, dass der Preisunterschied von Jahr zu Jahr größer geworden sei (Randnr. 181 der angefochtenen Entscheidung). Sie ist jedoch der Argumentation von Bass gefolgt, dass bei der Klärung der Frage, ob ein gebundener Wirt am Markt "überleben" könne und insofern das Kriterium der verbesserten Warenverteilung erfuellt sei, nicht nur der Preisnachteil zu Lasten der gebundenen Wirte, sondern auch die geldwerten Vorteile zu berücksichtigen seien, die nur diesen zugute kämen (Randnrn. 182 und 183 der angefochtenen Entscheidung). Bei einem Vergleich zwischen dem Preisnachteil und den geldwerten Vorteilen gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Vorteile den Preisnachteil ausglichen und folgerte daraus im Rahmen des ihr bei der Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG zustehenden weiten Ermessens, dass die Musterpachtverträge zu einer Verbesserung der Warenverteilung im britischen Bierausschankmarkt beigetragen hätten (Randnrn. 184 bis 188 der angefochtenen Entscheidung).

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[45 und 46]

Würdigung durch das Gericht

42 In der fünften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1984/83 stellt die Kommission fest, dass Alleinbezugsvereinbarungen im Allgemeinen eine Verbesserung der Verteilung zur Folge haben, weil sie dem Lieferanten erlauben, den Absatz seiner Ware genauer und für längere Zeit im Voraus zu planen, und dem Wiederverkäufer während der Vertragsdauer die regelmäßige Befriedigung seines Bedarfs sichern, so dass die beteiligten Unternehmen die Möglichkeit erhalten, die Risiken von Marktschwankungen zu begrenzen und die Vertriebskosten zu senken.

43 Neben diesen Vorteilen, die mit Alleinbezugsvereinbarungen allgemein verbunden sind, haben Bierlieferungsverträge im Hinblick auf die Warenverteilung besondere Vorteile, die in der fünfzehnten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1984/83 aufgeführt sind. Durch die wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile, die der Lieferant dem Wiederverkäufer gewährt, werden nämlich die Errichtung, die Modernisierung, die Erhaltung und der Betrieb von Gaststätten wesentlich erleichtert. Der Wiederverkäufer wird durch die Verpflichtung zum Alleinbezug und das ihm auferlegte Wettbewerbsverbot dazu veranlasst, sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln um den Absatz der Vertragswaren zu bemühen. Derartige Vereinbarung führen zu einer auf Dauer angelegten Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern, die es ihnen erlaubt, die Qualität der Vertragswaren sowie der vom Wiederverkäufer zu erbringenden Kundendienstleistungen zu verbessern. Sie ermöglichen eine langfristige Vorausplanung des Absatzes und damit eine kostengünstige Organisation der Erzeugung und der Verteilung. Schließlich werden die Beteiligten unter dem Druck des Wettbewerbs zwischen Erzeugnissen verschiedener Marken dazu angehalten, Zahl und Charakter der Gaststätten ständig an den Wünschen der Kunden auszurichten.

44 In der angefochtenen Entscheidung bezieht sich die Kommission zu Recht auf diese Vorteile und weist zusätzlich darauf hin, dass die Verpachtung eines Lokals zu einem vereinbarten Pachtzins, wie sie in den Musterverträgen von Bass praktiziert werde, vor allem angesichts der restriktiven Konzessionsvorschriften im Vereinigten Königreich ein Weg sei, um einem Wirt die Mittel für den Betrieb einer Schankstätte zur Verfügung zu stellen und ihm damit zu einem kostengünstigen Eintritt in den Bierausschankmarkt zu verhelfen. Das Vertragssystem der britischen Brauereien, die es unabhängigen Geschäftsleuten ermöglichten, eine unternehmenseigene Schankwirtschaft zu betreiben, erhöhe infolgedessen die Marktzutrittsmöglichkeiten (Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung).

45 Die Musterpachtverträge von Bass bewirken daher grundsätzlich eine Verbesserung der Warenverteilung. Auf der Grundlage dieser Feststellung ist die Erheblichkeit der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach den Auswirkungen des Pachtvertragssystems von Bass auf die Rentabilität der an diese Brauerei gebundenen Lokale zu untersuchen. Die Frage nach der Rentabilität ist nur dann erheblich, wenn die beanstandeten Auswirkungen die soeben erwähnten Vorteile zunichte machen können. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale so stark verschlechtert würde, das ihre Biervertriebskapazität in Frage gestellt wäre. Soweit nämlich die Vertriebskapazität der gebundenen Lokale nicht ernsthaft beeinträchtigt ist, bestehen die genannten Vorteile fort. Die Rentabilität ist also nur insoweit maßgeblich, als sie sich auf die Vertriebskapazität auswirken kann.

46 Die Kommission hat daher zu Recht die Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale nur für den Fall berücksichtigt, dass sie so stark verschlechtert würde, dass die Biervertriebskapazität der Lokale in Frage gestellt wäre. Sie hat ebenfalls zu Recht hervorgehoben, dass eine willkürliche Preisdiskriminierung zwar die Wettbewerbsfähigkeit der gebundenen Wirte beeinträchtigen und bei ansonsten gleichen Ausgangsbedingungen ihre Gewinnaussichten im Vergleich zu denen der Konkurrenten verschlechtern könne, wobei jedoch nicht jede Diskriminierung beachtlich sei. Wie nämlich die Kommission in Randnummer 177 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, kann die positive Beurteilung der mit dem Bierlieferungsvertrag verbundenen Wirkungen auf die Warenverteilung nur durch eine spürbare und lange anhaltende ungerechtfertigte Diskriminierung, die erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des gebundenen Wirtes hat, in Frage gestellt werden.

47 Insofern kommt es nicht darauf an, ob die an Bass gebundenen Lokale eine vergleichbare Rentabilität aufwiesen wie ihre Konkurrenten.

48 Dass die gebundenen Lokale nicht unbedingt die gleiche Rentabilität wie ihre Konkurrenten erreichen, gehört im Übrigen teilweise schon zu den tatbestandlichen Grundannahmen bei der Prüfung einer Einzelfreistellung nach Artikel 81 Absatz 3 EG. Die Musterpachtverträge sind nämlich durch eine Alleinbezugsverpflichtung und ein Wettbewerbsverbot gekennzeichnet, so dass die gebundenen Wirte zwangsläufig daran gehindert sind, sich Waren auf dem freien Markt zu beschaffen und dabei Biere der Vertragsbiersorten bei anderen Lieferanten möglicherweise zu günstigeren Preisen zu erwerben. Insoweit sind die Möglichkeiten der Rentabilitätssteigerung für die gebundenen Wirte beschränkt. Die Kommission hat dem Rechnung getragen, als sie in den Randnummern 155 und 164 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass die Bestimmungen der Musterpachtverträge über die Alleinbezugsverpflichtung und das Wettbewerbsverbot den Wettbewerb einschränken und unter Artikel 81 Absatz 1 EG fallen.

49 Folglich hat die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie nicht geprüft hat, ob die an Bass gebundenen Betriebe eine vergleichbare Rentabilität aufwiesen wie ihre Konkurrenten.

50 Was die einzige erhebliche Frage angeht, die sich - wie in Randnummer 51 des vorliegenden Urteils dargelegt - im Zusammenhang mit der Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale stellen kann, so hat die Kommission zu Recht nur die Auswirkungen einer möglicherweise bestehenden willkürlichen Preisdiskriminierung durch Bass, nicht aber eine allgemeine Rentabilitätsschwäche berücksichtigt, die unabhängig von einer Preisdiskriminierung mit dem Pachtvertragssystem verbunden ist.

51 Dieses Vorgehen der Kommission beruht auf der Verordnung Nr. 1984/83, auf die in der Entscheidung zu Recht Bezug genommen wird.

52 Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Musterpachtverträge von Bass nicht unter die Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 1984/83 fielen, sondern eine Einzelfreistellung erhielten, weil die Bezugsverpflichtung entgegen den Voraussetzungen in Artikel 6 der Verordnung nach Biersorten und nicht nach Marken oder Benennungen spezifiziert war (Randnrn. 165 bis 167 der angefochtenen Entscheidung). Der Ausschluss von Verträgen mit derartigen Klauseln von der Gruppenfreistellung dient nach der achtzehnten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1984/83 der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Freiheit des Wiederverkäufers und der Sicherung des Zugangs anderer Lieferanten zur Einzelhandelsstufe. Bei der Prüfung der Pachtverträge von Bass im Hinblick auf die Gewährung einer Einzelfreistellung hat die Kommission jedoch in Randnummer 171 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sich diese Klausel angesichts der Besonderheiten des britischen Bierausschankmarktes und des Verhaltens von Bass für die praktische Anwendung von Bierlieferungsverträgen mit Alleinbezugsverpflichtung im Vereinigten Königreich besser eigne als die in der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehene Spezifizierung und dass sie einen besseren Marktzugang in- und ausländischer Brauereien ermögliche als die in der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehene Bindung nach Marken oder Benennungen.

53 Der Hauptgrund, aus dem Bierlieferungsverträge mit einer Bindung nach Biersorten von der Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 1984/83 ausgeschlossen wurden, sprach daher im vorliegenden Fall gerade für die Zulässigkeit einer solchen Klausel. Daraus folgt, dass die Musterpachtverträge von Bass den Voraussetzungen der Verordnung Nr. 1984/83 nur aus einem technischen Grund nicht genügen, der nichts daran ändert, dass die Verträge dem Geist dieser Verordnung entsprechen.

54 Die Kommission hat sich daher bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Einzelfreistellung zu Recht an der Systematik der Verordnung Nr. 1984/83 orientiert.

55 Diese Verordnung enthält mehrere Fallgruppen, in denen Vereinbarungen, die grundsätzlich die Voraussetzungen für die Gruppenfreistellung erfuellen, Wirkungen haben, die mit Artikel 81 Absatz 3 EG unvereinbar sind. Dazu zählt auch die von der Kommission herangezogene Fallgruppe, bei der der Lieferant ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber dem zum Alleinbezug verpflichteten Wiederverkäufer ungünstigere Preise anwendet als gegenüber anderen Wiederverkäufern derselben Vertriebsstufe (Artikel 14 Buchstabe c Nummer 2 der Verordnung Nr. 1984/83).

56 Die Kommission hat somit zu Recht in Anlehnung an die Systematik der Verordnung Nr. 1984/83 geprüft, ob der in dieser Verordnung erwähnte Fall der willkürlichen Preisdiskriminierung vorlag.

57 Die Verordnung Nr. 1984/83 sieht demgegenüber keine Fallgruppe vor, bei der Bierlieferungsverträge aus strukturellen Gründen eine so schlechte Rentabilität für die gebundenen Wirte aufweisen, dass die Kommission ihnen den Vorteil der Gruppenfreistellung entziehen müsste. Vielmehr geht die Verordnung davon aus, dass Alleinbezugsvereinbarungen im Allgemeinen (fünfte bis siebte Begründungserwägung) und Bierlieferungsverträge im Besonderen (vierzehnte bis siebzehnte Begründungserwägung) zahlreiche Vorteile aufweisen; sie setzt damit voraus, dass solche Vereinbarungen und Verträge nicht aus strukturellen Gründen die Rentabilität der Wiederverkäufer derart verschlechtern, dass die erwähnten Vorteile in Frage gestellt würden.

58 Im Übrigen beruht die Auffassung der Kommission auf den in der angefochtenen Entscheidung dargestellten Besonderheiten des britischen Bierausschankmarkts.

59 Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass ein Unternehmer, der im Vereinigten Königreich im Alkoholausschankmarkt auf der Einzelhandelsstufe tätig werden will, nicht nur die Möglichkeit hat, ein Pachtlokal einer Brauerei zu betreiben. Er kann auch ein Lokal, das einer Brauerei oder einer Schankstättenkette gehört, als Geschäftsführer betreiben oder ein eigenes Lokal eröffnen, wobei er sich u. U. über eine günstige Darlehensfinanzierung an eine Brauerei binden kann (Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung). Dass diese Möglichkeiten nicht nur in der Theorie bestehen, zeigt sich daran, dass im Jahr 1997 Lokale, die Brauereien oder Schankstättenketten gehörten und von deren Angestellten geführt wurden, 25,5 % (Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung, Tabelle 2, Spalten b und d) und unabhängige Betriebe mit oder ohne Darlehensbindung 53,1 % (Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung, Tabelle 2, Spalten e und f) des in britischen Schankstätten verkauften Bieres abgesetzt haben. Außerdem sind die Hindernisse für die Eröffnung einer neuen Schankwirtschaft nach den Feststellungen der Kommission relativ niedrig (Randnr. 36 der angefochtenen Entscheidung).

60 Ein Unternehmer, der im Alkoholausschankmarkt auf der Einzelhandelsstufe tätig werden will, ist folglich nicht gezwungen, einen Pachtvertrag mit Alleinbezugsverpflichtung mit einer Brauerei zu schließen. Angesichts der Wahlmöglichkeiten erscheint es ausgeschlossen, dass ein Unternehmer sich für dieses Betriebsmodell entscheiden würde, wenn es ihn aus strukturellen Gründen daran hindern würde, sein Geschäft mit einer hinreichenden Rentabilität zu führen.

61 Ein solcher Zustand wäre offensichtlich auch nicht im Interesse der Brauereien. Wenn die Lokale keine ausreichenden Erträge erwirtschafteten, würden die Brauereien nämlich, wie die Kommission zu Recht betont, keine Pächter mehr finden und damit ihre Vertriebskapazität in Frage stellen.

62 Damit ist nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie ihre Untersuchung auf das Vorliegen einer willkürlichen Preisdiskriminierung durch Bass beschränkt hat, ohne zu prüfen, ob das Pachtvertragssystem von Bass die gebundenen Wirte daran hinderte, ihre Betriebe ebenso rentabel zu führen wie ihre Wettbewerber.

2. Zur Berechnung des Preisnachteils

63 Der Kläger beanstandet die von der Kommission herangezogene Definition des Preisnachteils und die Bestimmung der Bezugsgruppe für die Berechnung dieses Nachteils.

a) Zur Definition des Preisnachteils

64 In Randnummer 60 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, dass Wirte, die beim Biereinkauf nicht an ein bestimmtes Unternehmen gebunden seien, im Vereinigten Königreich Preisnachlässe erhalten könnten, die den Betreibern gebundener Lokale nicht offen stuenden. Ausgehend von dieser Feststellung wird der Preisnachteil in Randnummer 61 der angefochtenen Entscheidung definiert als die Differenz zwischen den durchschnittlichen Preisnachlässen (ausgedrückt in GBP/Fass), die Bass unabhängigen Wirten gewährt, und den Preisnachlässen, die gebundene Wirte erhalten. Aufgrund dieser Definition hat die Kommission festgestellt, dass der Preisnachteil, der 1990/91 bei 19 GBP/Fass gelegen habe, zunehmend angestiegen sei und 1996/97 48 GBP/Fass erreicht habe (Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung, Tabelle 3).

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[70 bis 73]

- Würdigung durch das Gericht

65 Die Argumentation des Klägers beruht auf der Annahme, dass es im Hinblick auf die Voraussetzung der Verbesserung der Warenverteilung entscheidend darauf ankomme, ob das Pachtvertragssystem von Bass die gebundenen Wirte aus strukturellen Gründen daran hindere, eine Rentabilität zu erreichen, die der ihrer Wettbewerber entspreche.

66 Es ist bereits dargelegt worden, dass eine solche Beurteilung nicht erforderlich ist und dass - abgesehen von der Möglichkeit einer willkürlichen Preisdiskriminierung, die von der Kommission hinreichend geprüft worden ist - kein Anlass zur Prüfung der einzigen möglicherweise erheblichen Frage besteht, die anders gelagert ist und dahin geht, ob das Pachtvertragssystem von Bass die Rentabilität der an die Brauerei gebundenen Lokale soweit verschlechtert, dass deren Vertriebskapazität erheblich beeinträchtigt werden könnte.

67 Damit ist nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie keinen Vergleich zwischen dem durchschnittlichen Preis, zu dem das Bier auf dem freien Markt im Allgemeinen verkauft wird, und dem von den an Bass gebundenen Wirten zu zahlenden Preis durchgeführt hat.

68 Im Übrigen erweist sich das Vorbringen des Klägers zur Notwendigkeit eines Vergleichs zwischen dem auf dem freien Markt allgemein angebotenen Nachlass, der 1990/91 ca. 37,50 GBP/Fass und 1997/98 ca. 65 GBP/Fass betragen habe und dem von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 108, Tabelle 3) zugrunde gelegten Preisnachteil, der 1990/91 bei 19 GBP/Fass und 1996/97 - dem letzten in der Entscheidung untersuchten Geschäftsjahr - bei 48 GBP/Fass gelegen habe, als nicht stichhaltig. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht hinreichend substanziiert ist, steht ihr auch entgegen, dass die Kommission in Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung anerkannt hat, dass in Einzelfällen höhere Nachlässe gewährt worden seien als die von ihr zugrunde gelegten, bei denen es sich um Durchschnittswerte handele. Außerdem entspricht der Preisnachteil, wie er in Randnummer 60 der angefochtenen Entscheidung definiert wird, der Differenz zwischen den Preisnachlässen, die Bass unabhängigen Wirten gewährt, und den Preisnachlässen, die gebundene Wirte erhalten, während die vom Kläger vorgelegten Werte einen anhand der Verkäufe der verschiedenen auf dem Markt tätigen Brauereien ermittelten Nachlass darstellen.

b) Zur Bestimmung der Bezugsgruppe

69 Die Kommission führt in Randnummer 178 der angefochtenen Entscheidung aus, dass alle Abnehmer von Bass im britischen Bierausschankmarkt, die mit dem Unternehmen keine Vereinbarungen mit Alleinbezugsverpflichtungen geschlossen hätten, d. h. Großhändler, Schankstättenketten und andere Brauereien sowie unabhängige Wirte, Nachlässe erhielten. Dabei seien die Nachlässe für Großhändler, vom Unternehmen selbst geführte Betriebe, Schankstättenketten oder andere Brauereien im Durchschnitt höher als die für unabhängige Wirte einzelner Lokale.

70 Bei der Bewertung dieser Nachlässe im Vergleich mit der Situation der an Bass gebundenen Wirte wurden allerdings nur die den unabhängigen Wirten gewährten Nachlässe berücksichtigt. Diese Beschränkung des Kontrollbereichs wird auf Artikel 14 Buchstabe c Nummer 2 der Verordnung Nr. 1984/83 gestützt. Nach dieser Bestimmung kann die Kommission den Vorteil der Anwendung dieser Verordnung entziehen, wenn sie in einem Einzelfall feststellt, dass eine nach dieser Verordnung freigestellte Vereinbarung gleichwohl Wirkungen hat, die mit den in Artikel 81 Absatz 3 EG vorgesehenen Voraussetzungen unvereinbar sind, insbesondere dann, wenn der Lieferant ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber dem zum Alleinbezug verpflichteten Wiederverkäufer ungünstigere Preise oder Verkaufsbedingungen anwendet als gegenüber anderen Wiederverkäufern "derselben Vertriebsstufe".

71 Die Kommission stellt hierzu in Randnummer 180 der angefochtenen Entscheidung fest, dass unter den angeführten Gruppen von Konkurrenten der gebundenen Wirte lediglich die unabhängigen Wirte als Wiederverkäufer auf derselben Vertriebsstufe wie die gebundenen Wirte, d. h. vorliegend auf der Einzelhandelsstufe, ihr Bier direkt zu marktüblichen Bedingungen von Bass bezögen. Daher seien die unabhängigen Wirte als Bezugsgruppe herangezogen worden.

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[81 und 82]

- Würdigung durch das Gericht

72 Wie in Randnummer 61 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, hat sich die Kommission bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Einzelfreistellung zu Recht an der Systematik der Verordnung Nr. 1984/83 orientiert. Artikel 14 Buchstabe c Nummer 2 der Verordnung Nr. 1984/83 regelt die hier einschlägige Fallgruppe, bei der der Lieferant ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber dem zum Alleinbezug verpflichteten Wiederverkäufer ungünstigere Preise anwendet als gegenüber anderen Wiederverkäufern. In dieser Bestimmung ist ausdrücklich festgelegt, dass hierunter nur Wiederverkäufer derselben Vertriebsstufe fallen.

73 Die unabhängigen Wirte, die die Bezugsgruppe darstellen, sind jedoch die einzigen Marktbeteiligten, die sich auf derselben Vertriebsstufe befinden wie die an Bass gebundenen Wirte, wodurch ein zuverlässiger Vergleich mit diesen ermöglicht wird.

74 Es ist unstreitig, dass die von Bass gewährten Nachlässe mit der Menge des von einem Wiederverkäufer abgenommenen Bieres zunehmen. In dieser Hinsicht befinden sich aber nur die unabhängigen Wirte einzelner Lokale in einer Situation, die mit der der an Bass gebundenen Wirte vergleichbar ist, weil sie wie diese Wirte einzeln von Bass beliefert werden. Die Belieferung von Schankstättenketten oder von Betrieben, die von anderen Brauereien als Bass geführt werden, erfolgt dagegen einheitlich für die gesamte Kette oder die gesamten Betriebe. Dadurch sind die bestellten Biermengen wesentlich größer als bei unabhängigen Wirten einzelner Lokale, so dass die von Bass gewährten Nachlässe bei solchen Gesamtbestellungen höher sind als bei Bestellungen unabhängiger Wirte.

75 Folglich ist nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie andere Betriebe als von unabhängigen Wirten geführte einzelne Lokale und insbesondere von Schankstättenketten oder anderen Brauereien geführte Lokale von der Bezugsgruppe ausgenommen hat.

3. Zur Berechnung des Pachtvorteils

76 Die Kommission führt in den Randnummern 63 bis 74 der angefochtenen Entscheidung aus, der Pachtvorteil ergebe sich aus der Differenz zwischen der Pacht für einen gebundenen Betrieb und den entsprechenden Aufwendungen des Betreibers einer bindungsfreien Wirtschaft. Stelle sich bei diesem Vergleich heraus, dass die genannten Aufwendungen höher seien als die von den gebundenen Wirten gezahlte Pacht, so liege ein geldwerter Vorteil vor, der den beschriebenen Preisnachteil ausgleichen könne.

77 Die Kommission hat mehrere Methoden zur Berechnung des Pachtvorteils geprüft und sich schließlich für ein Verfahren entschieden, bei dem das Verhältnis Pacht/Umsatz einer gebundenen Gaststätte mit dem Verhältnis Pacht/Umsatz eines bindungsfreien Betriebes verglichen wird. Dabei hat sie folgende Annahmen zugrunde gelegt:

- Bei den bindungsfreien Gaststätten sind 15 % des Umsatzes als Pacht zu veranschlagen;

- für die gebundenen Gaststätten entspricht die Pacht 11,36 % des Umsatzes.

78 Aufgrund dieser Annahmen wurde der Pachtvorteil folgendermaßen berechnet: Die Kommission legte einen Wert zugrunde, der 15 % des Umsatzes der gebundenen Gaststätten entsprach, zog hiervon 11,36 % dieses Umsatzes ab und teilte das Ergebnis durch die Gesamtzahl der von Bass an die gebundenen Betriebe gelieferten Fässer.

79 Die Ergebnisse dieser Berechnung sind in Tabelle 3 in Randnummer 108 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben. Daraus ergibt sich, dass der Pachtvorteil 1990/91 16 GBP/Fass, 1991/92 15 GBP/Fass, 1992/93 19 GBP/Fass, 1993/94 23 GBP/Fass, 1994/95 22 GBP/Fass, 1995/96 22 GBP/Fass und 1996/97 24 GBP/Fass betragen habe. Der Pachtvorteil stellt den wichtigsten geldwerten Vorteil dar.

80 Der Kläger beanstandet die Berechnung des Pachtvorteils durch die Kommission; er wendet sich dabei sowohl gegen die gewählte Berechnungsmethode anhand des Verhältnisses Pacht/Umsatz als auch gegen die in Anwendung dieser Methode erfolgte Festlegung der Pacht eines bindungsfreien Betriebes auf 15 % des Umsatzes.

a) Zu der Rüge hinsichtlich der Wahl einer auf dem Verhältnis Pacht/Umsatz beruhenden Berechnungsmethode

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[92 bis 95]

- Würdigung durch das Gericht

81 Die Einwände des Klägers gegen die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung gewählte Methode zur Berechnung des Pachtvorteils und sein Vorschlag einer alternativen Methode beruhen auf der Annahme, dass hier wie auch bei der Prüfung der Voraussetzung der Verbesserung der Warenverteilung im Sinne von Artikel 81 Absatz 3 EG eine Methode anzuwenden sei, die einen Vergleich der Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale mit der bindungsfreier Lokale ermögliche, wobei sich ergebe, dass die Rentabilität der Ersteren niedriger sei als die der Letzteren.

82 Auch insoweit wird in der Argumentation des Klägers vorausgesetzt, dass es im Hinblick auf die Voraussetzung der Verbesserung der Warenverteilung entscheidend darauf ankomme, ob das Pachtvertragssystem von Bass die gebundenen Wirte aus strukturellen Gründen daran hindere, eine Rentabilität zu erreichen, die der ihrer Wettbewerber entspreche.

83 Es ist jedoch bereits dargelegt worden, dass eine solche Beurteilung im Hinblick auf die Voraussetzung der Verbesserung der Warenverteilung nicht erforderlich ist und dass - abgesehen von der Möglichkeit einer willkürlichen Preisdiskriminierung, die von der Kommission hinreichend geprüft worden ist - kein Anlass zur Prüfung der einzigen möglicherweise erheblichen Frage besteht, die anders gelagert ist und dahin geht, ob das Pachtvertragssystem von Bass die Rentabilität der an die Brauerei gebundenen Lokale soweit verschlechtert, dass deren Vertriebskapazität erheblich beeinträchtigt werden könnte.

84 Die Einwände des Klägers sind somit unbeachtlich.

85 Zum Vorbringen des Klägers, die von ihm vorgeschlagene alternative Methode ermögliche eine bessere Beurteilung der Rentabilität der an Bass gebundenen Lokale, weil sie deren Kostenstruktur berücksichtige, ist festzustellen, dass der Kläger weder dargelegt noch bewiesen hat, dass die Kostenstruktur der gebundenen Betriebe außer beim Preisnachteil und den geldwerten Vorteilen Unterschiede gegenüber der Kostenstruktur bindungsfreier Lokale aufweist. Die genannten Gesichtspunkte sind jedoch von der Kommission bereits berücksichtigt worden.

86 Im Übrigen hat der Kläger keine Angaben zur Kostenstruktur des von ihm betriebenen Lokals gemacht.

87 Die vom Kläger vorgeschlagene Berechnungsmethode ist außerdem wesentlich schwieriger anzuwenden als die der Kommission, die in Randnummer 71 der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hinweist, dass ihre Methode gegenüber der des Klägers den Vorteil habe, dass sie weniger Variablen enthalte. Die vom Kläger vorgeschlagene Methode beruht auf den Unterschieden im Verhältnis zwischen Durchschnittspacht und aufteilbarem Überschuss. Sie erfordert daher eine Berechnung des aufteilbaren Überschusses, die wiederum außer der Feststellung des Umsatzes eine Bestimmung der Kosten notwendig macht, die vom Umsatz abzuziehen sind, um den Überschuss zu erhalten. Die von der Kommission angewandte Methode beruht dagegen auf dem Verhältnis Pachtzins/Umsatz, zu dessen Bestimmung es keiner Berechnung der Kosten bedarf, so dass sie einfacher und sicherer anzuwenden ist als die vom Kläger vorgeschlagene Methode.

88 Das Vorbringen des Klägers ist daher zurückzuweisen.

b) Zu der Rüge hinsichtlich der Festlegung der Pacht eines bindungsfreien Betriebes auf 15 % des Umsatzes

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[104 bis 113]

- Würdigung durch das Gericht

89 Für den Fall, dass die Berechnung des Pachtvorteils auf der Grundlage des Verhältnisses Pacht/Umsatz gebilligt werden sollte, beanstandet der Kläger, dass die Kommission für die bindungsfreien Lokale einen Pachtzins in Höhe von 15 % des Umsatzes zugrunde gelegt habe. Diese Schätzung treffe nur bei besonders erstragsstarken Betrieben zu; bei der Festlegung der Pacht auf dem freien Markt könne jedoch ein ertragsstarker Betrieb nicht mit einem weniger ertragsstarken gleichgesetzt werden.

90 Dass ein Lokal einen geringeren Ertrag erbringt als ein anderes kann entweder daran liegen, dass der Wirt nicht in der Lage ist, den Ertrag zu erzielen, den man von dem Lokal vernünftigerweise erwarten kann, oder auf strukturellen Gründen beruhen, auf die der Wirt keinen Einfluss hat, wie etwa der Tatsache, dass das Lokal in einer wirtschaftlich schwachen Region liegt, oder dass es sich um ein kleines Lokal handelt.

91 Die erstgenannte Ursache für eine Ertragsschwäche des Lokals hat keinen Einfluss auf die Höhe des Pachtzinses und die damit verbundenen Folgen im Hinblick auf Artikel 81 Absatz 3 EG. Die Höhe des Pachtzinses für die gebundenen Lokale richtet sich nämlich nach dem Ertrag, den ein geschäftstüchtiger Pächter erzielen kann (Randnr. 69 der angefochtenen Entscheidung); erwirtschaftet ein Lokal nur geringe Erträge, weil der Wirt diesen Anforderungen nicht genügt, so besteht - wie die Kommission zu Recht hervorhebt - kein Anlass zu Schlussfolgerungen auf die Höhe der Pachtzinses, der für das Lokal auf dem freien Markt zu erzielen ist, und damit auf den Pachtvorteil.

92 Die letztgenannte Ursache für eine abweichende Ertragslage wirkt sich dagegen auf die Höhe des Pachtzinses aus. Da die Höhe der Pacht von der Leistungsfähigkeit des Wirtes abhängt, steigt mit dessen Leistung auch der Pachtzins. Die damit verbundenen Ertragsunterschiede zwischen den Lokalen scheinen jedoch bei der Berechnungsmethode der Kommission bereits berücksichtigt zu werden, so dass im Hinblick auf die Bestimmung des Pachtzinses ertragsschwächere Lokale mit ertragsstarken vergleichbar sind. Die Kommission geht nämlich von der Annahme aus, dass der Pachtzins einer bindungsfreien Gaststätte 15 % des Umsatzes dieser Gaststätte entspricht. Je höher also der Umsatz ist, desto höher ist der als Pachtzins zugrunde gelegte Betrag. Für ein ertragsschwaches Lokal wird folglich ein geringerer Pachtzins zugrunde gelegt als für ein ertragsstarkes Lokal. Allerdings bleibt bei diesem System das Verhältnis zwischen Umsatz und Pachtzins stets gleich, unabhängig von der Höhe des Umsatzes.

93 Der Kläger macht geltend, dieses Verhältnis dürfe nicht gleich bleiben sondern müsse je nach der Höhe des Umsatzes angepasst werden. Der von der Kommission für den Pachtzins angenommene Wert von 15 % des Umsatzes gelte nur für sehr ertragsstarke Lokale, zu denen die an Bass gebundenen Betriebe nicht gehörten.

94 Dieses Vorbringen wird auf zwei Argumente gestützt.

95 Das erste Argument bezieht sich auf die Entscheidung Scottish and Newcastle, mit der die Kommission aufgrund einer ähnlichen Argumentation wie in der angefochtenen Entscheidung eine Einzelfreistellung für die Musterpachtverträge der britischen Brauerei Scottish and Newcastle gewährte. In dieser Entscheidung berechnete die Kommission ebenfalls den Pachtvorteil, wobei sie für die bindungsfreien Lokale wie in der angefochtenen Entscheidung einen Pachtzins in Höhe von 15 % des Umsatzes zugrunde legte.

96 Als Begründung für diese Annahme führte die Kommission u. a. in Randnummer 71 der Entscheidung Scottish and Newcastle aus, die Brauerei habe ihr mit Schreiben vom 22. April 1998 mitgeteilt, dass sie 1998 innerhalb von sechs Wochen rund 184 Pachtbetriebe aus der Bindung entlassen habe, um den von den Behörden des Vereinigten Königreichs erlassenen Bierlieferungsverordnungen nachzukommen; dieser Schritt habe zu Verhandlungen über die Neufestsetzung der Pacht geführt. Nach den Feststellungen der Kommission betrug die dabei erzielte durchschnittliche Pachterhöhung gegenüber den vormals gebundenen Pachtverhältnissen etwa 18 %, so dass der Pachtzins etwa 14,6 % des Umsatzes ausgemacht habe. Wäre die Verhandlungsperiode länger gewesen, so hätte die Brauerei nach eigenen Angaben ein noch höheres Pachtniveau erzielen können. In Randnummer 65 derselben Entscheidung bezifferte die Kommission das Verhältnis Pacht/Umsatz für die an Scottish and Newcastle gebundenen Betriebe mit 12,59 %.

97 Der Kläger macht geltend, die Umsätze der Lokale von Scottish and Newcastle seien höher als die der Lokale von Bass, wobei der Pachtvorteil für die erstgenannten Lokale nur bei ca. 2 % - der Differenz zwischen 14,6 % und 12,59 % - gelegen habe. Er sei damit niedriger gewesen als der in der angefochtenen Entscheidung für die an Bass gebundenen Wirte angenommene Pachtvorteil, der bei 3,64 % - der Differenz zwischen 15 % und 11,36 % - liege. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass die an Bass gebundenen Lokale, die niedrigere Umsätze hätten als die Lokale von Scottish and Newcastle, einen höheren Pachtvorteil erhielten als er den an diese Brauerei gebundenen Betrieben gewährt werde.

98 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das vom Kläger angeführte Beispiel insofern von Interesse ist, als es für dieselben Lokale einen Vergleich zwischen der Pacht, die während der Phase der Bindung zu zahlen war, und der Pacht nach der Entlassung aus der Bindung erlaubt, wobei der Pachtzins unter den Bedingungen des freien Marktes ausgehandelt wurde. Das Beispiel bestätigt also, dass die gebundenen Betriebe einen Pachtvorteil erhalten.

99 Es bestätigt ebenfalls - zumindest dem ersten Anschein nach -, dass die Kommission in der Entscheidung Scottish and Newcastle und in der angefochtenen Entscheidung zu Recht den auf dem freien Markt zu erzielenden Pachtzins in Höhe von 15 % des Umsatzes veranschlagt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kommission für das Verhältnis Pacht/Umsatz einen Wert von 15 % zugrunde legte, obwohl der Pachtzins der von Scottish and Newcastle aus der Bindung entlassenen Lokale nur 14,6 % von deren Umsatz ausmachte. Sie verwies insoweit in Randnummer 71 der Entscheidung Scottish and Newcastle darauf, dass ein höheres Pachtniveau erzielbar gewesen wäre, wenn die Verhandlungsperiode, die wegen der besonderen Umstände sehr kurz gewesen sei, länger gewesen wäre; den Wert von 15 % entnahm sie aus anderen von ihr eingeholten Auskünften.

100 Die Richtigkeit des von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung für die an Bass gebundenen Lokale zugrunde gelegten Pacht/Umsatz-Verhältnisses von 15 % wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass diese Lokale weniger ertragsstark sind als die von Scottish and Newcastle. Auf der Grundlage des genannten Zahlenverhältnisses führt nämlich diese relative Ertragsschwäche, die sich in einem niedrigeren Umsatz auswirkt, zu einem niedrigeren Pachtzins. Die von der Kommission gewählte Methode trägt - zumindest dem ersten Anschein nach - den unterschiedlichen Umsätzen Rechnung. Dass zwischen den an Bass gebundenen Betrieben und den Lokalen von Scottish and Newcastle Ertragsunterschiede bestehen, rechtfertigt es dagegen für sich genommen nicht, außer einem anderen Betrag des Pachtzinses auch ein anderes Verhältnis zwischen Umsatz und Pacht zugrunde zu legen.

101 Das Vorbringen des Klägers ist daher nur auf der Grundlage der von ihm vorausgesetzten Annahme erheblich, dass Lokale mit einem niedrigeren Umsatz nicht mit ertragsstärkeren Betrieben verglichen werden können, und dass die erstgenannten Lokale ein niedrigeres Pacht/Umsatz-Verhältnis haben. Seine Argumentation enthält jedoch keinerlei Anhaltspunkte, mit denen sich diese Annahme erhärten ließe.

102 Das erste Argument erweist sich damit als unbeachtlich und ist folglich zurückzuweisen.

103 Mit dem zweiten Argument bezieht sich der Kläger auf Stellungnahmen eines Wirtschaftsprüfers, nach denen nur bei Lokalen mit sehr hohen Umsätzen realistischerweise von einem Pachtzins in Höhe von 15 % des Umsatzes ausgegangen werden könne. Ein solcher Pachtzins entspräche für ein Lokal, das mit einem Absatz von 375 Fass Bier pro Jahr einen sehr hohen Umsatz hätte, 54 % des Nettogewinns; er läge damit in etwa auf derselben Höhe wie bei der vom Kläger vorgeschlagenen Alternativmethode. Bei einem Lokal, das mit einem Absatz von 325 Fass Bier pro Jahr einen durchschnittlichen Umsatz aufweise, beliefe sich die Pacht dagegen bereits auf 72 % des Nettogewinns und für einen umsatzschwachen Betrieb wie beispielweise ein Lokal mit einem Jahresabsatz von 275 Fass Bier erreichte die Pacht bei dieser Berechnungsmethode 108 % des Nettogewinns. Das von der Kommission zugrunde gelegte Pacht/Umsatz-Verhältnis von 15 % sei daher nur bei Lokalen mit sehr hohen Umsätzen anwendbar, nicht jedoch bei umsatzschwachen Betrieben wie den an Bass gebundenen Lokalen.

104 Dieser Ansatz beruht auf einer Schätzung des Gewinns, den ein Lokal mit einem bestimmten Umsatz erzielt. Er macht daher eine schwierige und komplizierte Ermittlung der Kosten erforderlich, die vom Umsatz abgezogen werden müssen, um den Gewinn zu erhalten.

105 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige zwei verschiedene Stellungnahmen verfasst hat, wobei die erste im Verwaltungsverfahren und die zweite zusammen mit der Klageschrift vorgelegt wurde (Stellungnahmen vom 1. März 1998 und 8. Oktober 1999). Diese beiden Stellungnahmen weisen erhebliche Unterschiede auf, für die keine Erklärung gegeben wird und die die Schwierigkeit der genannten Bewertung verdeutlichen.

106 So nahm der Sachverständige in der ersten Stellungnahme für ein Lokal mit einem Umsatz, der einem jährlichen Verkauf von 260 Fass Bier entspricht, einen Bruttogewinn von 94 000 GBP an. In der zweiten Stellungnahme bezifferte er den Bruttogewinn eines Lokals mit einem Umsatz, der einem Jahresverkauf von 275 Fass Bier entspricht, nur mit 87 700 GBP (dieser Wert ergibt sich, wenn man die Kosten [89 700 GBP] vom Verkaufserlös [177 400 GBP] abzieht). Überdies wurde in der ersten Stellungnahme der Bruttogewinn eines Lokals mit einem Umsatz, der einem Jahresverkauf von 360 Fass Bier entspricht, mit 134 000 GBP veranschlagt, während in der zweiten Stellungnahme der Nettogewinn eines Lokals mit einem höheren Umsatz, der beispielsweise einem Jahresverkauf von 375 Fass Bier entspricht, lediglich mit 119 500 GBP beziffert wurde (dieser Wert wurde auf die gleiche Weise berechnet wie der vorgenannte).

107 Außerdem unterschied der Sachverständige in der zweiten Stellungnahme bei der Berechnung der Kosten zwischen so genannten fixen Kosten, die unabhängig vom Umsatz des Lokals seien und die er mit 50 000 GBP bezifferte, und umsatzabhängigen Kosten, die er für ein Lokal mit einem Umsatz, der einem Jahresverkauf von 275 Fass Bier entspricht mit 8 900 GBP und für ein Lokal mit einem Umsatz in Höhe eines Jahresbierverkaufs von 375 Fass Bier mit 12 100 GBP veranschlagte.

108 Diese Bewertung gibt Anlass zu Zweifeln im Hinblick auf die Berücksichtigung der Personalkosten. In der ersten Stellungnahme wurden diese für ein Lokal mit einem Umsatz, der einem Jahresbierverkauf von 310 Fass Bier entspricht, mit 24 500 GBP beziffert. Ebenso wie in der zweiten Stellungnahme wurden die umsatzabhängigen Kosten mit einem Betrag zwischen 8 900 GBP und 12 100 GBP und die fixen Kosten mit 50 000 GBP veranschlagt. Die Personalkosten werden in der zweiten Stellungnahme zu den fixen Kosten gezählt. Die Kommission weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es nicht realistisch erscheine, zu unterstellen, dass die Personalkosten unabhängig von der Bedeutung des Lokals gleich blieben, so dass es keine Rolle spiele, ob der Jahresumsatz, wie in der zweiten Stellungnahme angenommen, einem Jahresverkauf von 275 oder 375 Fass Bier entspreche.

109 Die Schwierigkeit der theoretischen Bewertung der Betriebskosten eines Lokals zeigt sich daran, dass der Sachverständige in seiner ersten Stellungnahme 31 Kostenarten unterscheidet. Wie problematisch die Berechnung ist, wird auch dadurch unterstrichen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen bei der Ermittlung der Betriebskosten ein erheblicher Bewertungsspielraum besteht. Diese Kosten könnten zwischen 27,5 % und 35 % des Umsatzes veranschlagt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gewinn umso niedriger ist, je höher der Anteil der Betriebskosten liegt. Da der Sachverständige als Pachtzins 50 % des Nettogewinns zugrunde legt, wird die Pacht umso niedriger, je höher der Anteil der Fixkosten ist. Der sich hieraus ergebende niedrige Pachtzins führt dann zwangsläufig zu einem ebenfalls niedrigen Pacht/Umsatz-Verhältnis.

110 Diese Zusammenhänge werden dadurch verdeutlicht, dass ein Lokal mit einem niedrigen Umsatz, der einem Jahresbierverkauf von 260 Fass entspricht, nach den Annahmen des Sachverständigen bei sonst gleichen Ausgangsbedingungen nur ein Pacht/Umsatz-Verhältnis von 11 % hätte, wenn man die Betriebskosten mit 35 % des Umsatzes veranschlagte. Das Pacht/Umsatz-Verhältnis läge dagegen bei 14,4 % und damit nahe bei dem Wert aus der angefochtenen Entscheidung, wenn man Betriebskosten in Höhe von 27,5 % des Umsatzes zugrunde legte.

111 Die Stellungnahmen des Sachverständigen beruhen somit auf komplexen Voraussetzungen im Hinblick auf die theoretische Berechnung des Gewinns und damit der Betriebskosten der Lokale; wegen der Anzahl und der Komplexität dieser Voraussetzungen lassen sich keine hinreichend sicheren Schlussfolgerungen ziehen, wie die genannten Unterschiede zwischen den Stellungnahmen deutlich zeigen.

112 Die Stellungnahmen können somit keinen Beweis dafür erbringen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie den Pachtzins der bindungsfreien Lokale einheitlich auf 15 % des Umsatzes festgelegt hat. Diese Annahme beruht im Übrigen auf zuverlässigen Anhaltspunkten, die in Randnummer 73 der angefochtenen Entscheidung angegeben sind. Dort führt die Kommission aus, die Ergebnisse der Studie des OFT bestätigten, dass "Pächter bindungsfreier Lokale zwei bis drei Prozent von ihrem Umsatz mehr an Pacht entrichten als Pächter von gebundenen Brauereilokalen und der Pachtzins für bindungsfreie Betriebe 14 % bis 15 % des Umsatzes ausmacht". Auf dieser Grundlage habe im Bericht des OFT der Pachtvorteil berechnet werden können, der sich aus der Differenz zwischen dem auf ca. 14 % bis 15 % des Umsatzes geschätzten Pachtzins bindungsfreier Lokale und dem Pachtzins ergebe, den die Pächter gebundener Betrieb tatsächlich bezahlten.

113 Der Kläger bezweifelt die Überzeugungskraft des Berichts des OFT; er beruft sich dabei auf einen Vortrag des stellvertretenden Direktors des Juristischen Dienstes dieser Einrichtung vom Juni 1996, in dem dieser erklärt habe, das OFT habe die betreffende Studie in drei Monaten erstellt und sei sich bewusst, dass die gewonnen Ergebnisse in hohem Maße von der Art der zugrunde gelegten Daten und von den Annahmen bei ihrer Auslegung abhängig seien.

114 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Ausführungen des stellvertretenden Direktors des OFT im Zusammenhang des Vortrages nicht auf die Festlegung der Pacht bindungsfreier Betriebe, sondern auf die wesentlich allgemeinere Frage bezogen, wie die Auswirkungen der Bierlieferungsverträge auf den Wettbewerb angesichts des Preisnachteils zu bewerten seien. Die zitierte Bemerkung ist daher für sich genommen nicht geeignet, um die Tatsachenfeststellungen des OFT und die Richtigkeit der Berechnungen dieser Behörde in Frage zu stellen.

115 Die Kommission hat außerdem in Randnummer 73 der angefochtenen Entscheidung weitere Anhaltspunkte angeführt, die die Annahmen des OFT unterstützen. Sie bezieht sich dabei auf ein Schreiben des Gutachterbüros Fleurets, Chartered Surveyors for Hotel and Licensed Property Valuers, an Bass vom 28. September 1998, wonach der Pachtzins bei der Neuverpachtung bindungsfreier Lokale häufig im Bereich von 15 % bis 18 % des Umsatzes liege. Diese Angaben stimmten mit den Schätzungen anderer Sachverständiger für überregionale Brauereien überein.

116 Der Kläger zieht die Erheblichkeit dieser Anhaltspunkte mit der Begründung in Zweifel, es sei nicht erwiesen, dass die Lokale, auf die sich diese Erhebung beziehe, nach Art und Qualität mit den an Bass gebundenen Betrieben vergleichbar seien, die die Kommission für die Bestimmung des Pachtzinses der an Bass gebundenen Lokale ausgewählt habe (Randnr. 65 der angefochtenen Entscheidung).

117 Dieser Einwand beruht auf der Voraussetzung, dass nur Lokale mit gleicher Ertragsstärke vergleichbar seien und dass ein Pacht/Umsatz-Verhältnis von 15 % nur bei sehr ertragsstarken Lokalen vorliege. Es ist jedoch bereits festgestellt worden, dass der Kläger keine überzeugenden Anhaltspunkte für diese Behauptung vorgelegt hat.

118 Damit ist nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie den Pachtzins für bindungsfreie Lokale auf 15 % des Umsatzes festgelegt hat.

119 Folglich ist ebenfalls nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie davon abgesehen hat, für die von ihr ausgewählten an Bass gebundenen Lokale durch Sachverständigengutachten den hypothetischen Pachtzins im Verhältnis zum Umsatz zu ermitteln, den diese Lokale zu zahlen hätten, wenn es sich um bindungsfreie Betriebe handeln würde.

120 Das Vorbringen des Klägers ist somit zurückzuweisen.

4. Zur Bewertung der anderen geldwerten Vorteile

121 In den Randnummern 76 bis 108 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission weitere geldwerte Vorteile geprüft und bewertet, die in Verbindung mit dem Pachtvorteil den Preisnachteil ausgleichen können. Dabei handelt es sich um Mehrwertdienste, Investitionen, Reparaturen, finanzielle Förderungsleistungen, direkte betriebliche Unterstützung, der Beteiligung an Anlauf- und Entwicklungskosten sowie Maßnahmen zur Verkaufsförderung.

122 Der Kläger beanstandet, dass die Kommission auch Vorteile berücksichtigt habe, die nicht auf einer vertraglichen Verpflichtung von Bass beruhten; er wendet sich außerdem gegen die Bewertung dieser Vorteile.

a) Zu dem Vorbringen, dass nur aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung gewährte Vorteile berücksichtigt werden dürften

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[148 und 149]

- Würdigung durch das Gericht

123 Durch die Bewertung der geldwerten Vorteile soll festgestellt werden, ob die mit den Musterpachtverträgen grundsätzlich verbundenen Verbesserungen der Warenverteilung trotz des Preisnachteils für die gebundenen Wirte eintreten können. Hierfür bedarf es eines konkreten Vergleichs der Situation der an Bass gebundenen Wirte mit der unabhängiger Wirte. Dabei sind sämtliche geldwerten Vorteile zu berücksichtigen, die ausschließlich den gebundenen Wirten zugute kommen. Insoweit ist es unerheblich, ob diese Vorteile auf einer vertraglichen Verpflichtung beruhen oder ob sie von Bass auf freiwilliger Basis gewährt werden, wenn feststeht, dass es sich um quantifizierbare Vorteile handelt, die ausschließlich den gebundenen Wirten zugute kommen.

124 Das Vorbringen des Klägers ist daher zurückzuweisen.

b) Zur Bewertung bestimmter geldwerter Vorteile

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[152 und 153]

- Würdigung durch das Gericht

125 Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Rügen bezüglich der Ausführungen zu den Mehrwertdiensten, der Franchise-Förderung und den Verkaufsförderungsmaßnahmen in der angefochtenen Entscheidung ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Artikel 19 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Klagegründe, die sich auf die Verletzung zwingenden Rechts beziehen, sind vom Gericht von Amts wegen zu prüfen. Die Angaben zu den Klagegründen müssen hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht - gegebenenfalls ohne Einholung weiterer Informationen - über die Klage entscheiden kann. Entsprechende Erfordernisse gelten für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-352/94, Mo och Domsjö/Kommission, Slg. 1998, II-1989, Randnrn. 333). Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 24. Februar 2000 in der Rechtssache T-145/98, ADT Projekt/Kommission, Slg. 2000, II-387, Randnrn. 65 und 66). Zwar kann der Text der Klageschrift zu bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf in der Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der rechtlichen Ausführungen ausgleichen, die nach den genannten Bestimmungen in der Klageschrift enthalten sein müssen (Beschluss des Gerichts vom 21. Mai 1999 in der Rechtssache T-154/98, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1999, II-1703, Randnr. 49). Im Übrigen ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (Urteil des Gerichts vom 7. November 1997 in der Rechtssache T-84/96, Cipeke/Kommission, Slg. 1997, II-2081, Randnr. 34).

126 Vorliegend sind die genannten Rügen im Text der Klageschrift nicht einmal in gedrängter Form wiedergegeben; sie ergeben sich lediglich aus einer pauschalen Bezugnahme auf eine Anlage. Sie sind demnach unzulässig.

127 Für die Zulässigkeit der Rüge in Bezug auf die direkte betrieblichen Unterstützung, die erstmals im Stadium der Erwiderung vorgebracht wurde, ist auf die Artikel 44 § 1 Buchstabe c und 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts hinzuweisen, aus denen sich ergibt, dass die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss und dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Allerdings ist ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und in engem Zusammenhang mit diesem steht, als zulässig anzusehen (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 20. September 1990 in der Rechtssache T-37/89, Hanning/Parlament, Slg. 1990, II-463, Randnr. 38). Das Gleiche gilt für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge.

128 Im vorliegenden Fall ist die neue, nur in knapper Form dargestellte Rüge, mit der der geldwerte Vorteil der direkten betrieblichen Unterstützung in Abrede gestellt wird, nicht auf neue Gesichtspunkte gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Es handelt sich auch nicht um eine Erweiterung einer bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgebrachten Rüge, die mit dieser in engem Zusammenhang steht.

129 Sie ist daher für unzulässig zu erklären.

130 Nach alledem ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

B - Zum Klagegrund der unzureichenden Begründung

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

[160 bis 162]

Würdigung durch das Gericht

131 Im Gegensatz zum Klagegrund des offensichtlichen Beurteilungsfehlers, der die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung betrifft und vom Gemeinschaftsrichter nur geprüft werden darf, wenn sich der Kläger darauf beruft, enthält der Klagegrund der fehlenden oder unzureichenden Begründung den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Artikel 230 EG und stellt einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts dar, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen prüfen muss (Urteil des Gerichtshofes vom 30. März 2000 in der Rechtssache C-265/97 P, VBA/Florimex u. a., Slg. 2000, I-2061, Randnr. 114).

132 Die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können, damit sie ihre Rechte vertreten können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 2000 in der Rechtssache C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-6857, Randnr. 96).

133 Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse der Adressaten oder anderer durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffener Personen an Erläuterungen zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T-198/98, Micro Leader Business/Kommission, Slg. 1999, II-3989, Randnr. 40). Die Begründung braucht nicht sämtliche tatsächlich oder rechtlich erheblichen Gesichtspunkte zu enthalten, da die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln, zu beurteilen ist (Urteil Deutschland/Kommission, Randnr. 97).

134 Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind (Urteil des Gerichtshofes vom 6. April 1995 in den Rechtssachen C-241/91 P und C-242/91 P, RTE und ITP/Kommission, Slg. 1995, I-743, Randnr. 99). Die Kommission muss auch nicht zu allen Argumenten Stellung nehmen, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen; vielmehr reicht es aus, dass sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteil des Gerichts vom 30. November 2000 in der Rechtssache T-5/97, Industrie des poudres sphériques/Kommission, Slg. 2000, II-3755, Randnr. 199).

135 Zu dem Vorwurf, die Kommission habe bei der Bewertung des Pachtvorteils die Zurückweisung der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen des Klägers und des von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfers unzureichend begründet, ist festzustellen, dass in den Stellungnahmen im Wesentlichen die Wahl der Methode des Pacht/Umsatz-Verhältnisses durch die Kommission beanstandet und stattdessen die Anwendung der am Verhältnis Pacht/Nettogewinn orientierten Methode gefordert wurde. Die Kommission hat sich in den Randnummern 68 bis 72 der angefochtenen Entscheidung mit den Stellungnahmen eines Wirtschaftsprüfers und einiger Pächter auseinander gesetzt, die angeführt hatten, "dass der Pachtzins in der Praxis bei der Hälfte des aufteilbaren Überschusses, d. h. des Reingewinns, liegt" und dass "[d]ie Annahme, der Pachtzins basiere auf einem prozentualen Anteil des Umsatzes,... daher falsch [sei], weshalb auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Zins für die Pacht eines bindungsfreien Lokals 15 % des Umsatzes beträgt".

136 In ihrer Entgegnung auf diese Einwände bestritt die Kommission, dass das Modell des Wirtschaftsprüfers den Gegebenheiten auf dem freien Markt entspreche. Sie wies darauf hin, dass bei der Aushandlung oder Neufestsetzung des Pachtzinses zwar die künftigen Gewinne berücksichtigt würden, aber auch andere Faktoren wie der Markt, in dem der Pächter tätig werde, und die Produktpalette zugrunde gelegt würden. Der effektive Pachtzins, den die Parteien untereinander aushandelten, liege nicht immer exakt bei 50 % des Nettogewinns, sondern könne zwischen 40 % und 60 % dieses Gewinns schwanken. Die Methode, bei der das Verhältnis Pachtzins/Umsatz zugrunde gelegt werde, habe gegenüber dem vom Kläger vorgeschlagenen Verfahren praktische Vorteile. Außerdem ergäben sich bei einem Vergleich der Ergebnisse der beiden Methoden bedeutende Übereinstimmungen.

137 Selbst wenn man davon absieht, dass die Kommission nach der Rechtsprechung nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen braucht, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind, und dass es ausreicht, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt, kann angesichts dieser ausführlichen Begründung nicht angenommen werden, dass die Kommission es versäumt hätte, auf die Stellungnahmen des Klägers und des Wirtschaftsprüfers einzugehen.

138 Im Hinblick auf die Bewertung des Pachtvorteils macht der Kläger zunächst geltend, die Kommission habe die von ihr für diese Bewertung gewählte Methode unzureichend begründet. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Randnummer 63 der angefochtenen Entscheidung drei mögliche Berechnungsweisen des Pachtvorteils angeführt und schließlich die auf dem Verhältnis Pacht/Umsatz beruhende Methode übernommen hat, da diese auch vom OFT herangezogen worden sei, so dass die Kommission auf den Erkenntnissen dieser Behörde aufbauen könne. Die Randnummern 64 bis 66 und 73 der angefochtenen Entscheidung enthalten sodann Ausführungen über die Art und Weise der Anwendung dieser Methode, während in den Randnummern 67 bis 72 der angefochtenen Entscheidung die Wahl der Methode gegen die Einwände von Pächtern verteidigt wird, die sich für eine am Verhältnis Pacht/Nettogewinn orientierte Methode ausgesprochen hatten.

139 Unter diesen Umständen und in Anbetracht der Feststellungen zu der Rüge der mangelnden Berücksichtigung der vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen, die einen ähnlichen Gegenstand hatten, kann nicht angenommen werden, dass die Kommission unzureichend begründet hätte, warum sie sich bei der Berechnung des Pachtvorteils für die auf dem Pacht/Umsatz-Verhältnis beruhende Methode und gegen das am Verhältnis Pacht/Nettogewinn orientierte Verfahren entschieden hat.

140 Der Kläger macht weiter geltend, die Kommission hätte die Festlegung des Pachtzinses der an Bass gebundenen Lokale auf 11,36 % des Umsatzes in Randnummer 65 der angefochtenen Entscheidung unzureichend begründet. Für eine hinreichende Begründung hätten der Gesamtumsatz der an Bass gebundenen Lokale, die Anzahl der gebundenen Wirte und der Gesamtbetrag der Pachteinnahmen von diesen Wirten angegeben werden müssen.

141 Die Kommission hat in Randnummer 65 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Wert von 11,36 % des Umsatzes internen Unterlagen von Bass entnommen worden sei, die in erster Linie für Verhandlungen über die Pachthöhe oder über die Neufestsetzung des Pachtzinses ausgearbeitet worden seien und auf einer von der Kommission vorgenommenen repräsentativen Auswahl von 30 Betrieben beruht hätten. Diese Unterlagen hätten auch Schätzungen für den Umsatz einzelner Schankbetriebe enthalten, mit deren Hilfe das durchschnittliche Verhältnis Pachtzins/Umsatz berechnet worden sei. Damit hat die Kommission zwar summarisch, aber in klarer und zusammenhängender Form die Kriterien angegeben, anhand deren sie den Wert von 11,36 % festgelegt hat. Die Begründung ist somit ausreichend.

142 Soweit die zur Stützung des Klagegrundes der unzureichenden Begründung vorgebrachte Rüge darauf abzielt, die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen, ist sie unbeachtlich. Die Beanstandung des Fehlens oder der Unzulänglichkeit einer Begründung stellt nämlich die Rüge einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar, die sich von der Rüge der Unrichtigkeit der Gründe der angefochtenen Entscheidung unterscheidet, deren Kontrolle zur Prüfung der Begründetheit dieser Entscheidung gehört (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-266/97, Vlaamse Televisie Maatschapij/Kommission, Slg. 1999, II-2329, Randnr. 144).

143 Da sich keine der zur Stützung des Klagegrundes der unzureichenden Begründung vorgebrachten Rügen als begründet erwiesen hat, ist der Klagegrund zurückzuweisen.

144 Damit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

145 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, hat er entsprechend dem Antrag der Beklagten die Kosten des Verfahrens zu tragen.

146 Die Streithelferin trägt gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 3 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.

3. Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

(1) - Es sind nur die Randnummern der Gründe des vorliegenden Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für angebracht hält.

Ende der Entscheidung

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