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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 17.02.2000
Aktenzeichen: T-241/97
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 81
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Maßnahmen, die bindende Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, sind unbeschadet der Form, in der sie ergehen, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage gegeben ist. Bei Handlungen oder Entscheidungen, die in mehreren Phasen erarbeitet werden, insbesondere nach Durchführung eines internen Verfahrens, sind jedoch grundsätzlich nur die Handlungen anfechtbar, die den Standpunkt des Organs am Ende des Verfahrens endgültig festlegen, nicht hingegen Zwischenmaßnahmen, die nur der Vorbereitung der abschließenden Entscheidung dienen.

Im Rahmen der Prüfung einer Beschwerde gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17, mit der eine Verletzung des Wettbewerbsrechts gerügt wird und die aus drei aufeinanderfolgenden Phasen besteht, können weder die vorläufigen Bemerkungen, die möglicherweise in der ersten Phase des Beschwerdeverfahrens abgegeben werden, noch die Mitteilungen nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 als anfechtbare Maßnahmen angesehen werden. Dagegen können die Einstellungsschreiben der Verwaltung, mit denen die Beschwerde endgültig zurückgewiesen und das Verfahren abgeschlossen wird, mit einer Klage angefochten werden, denn sie haben insofern den Inhalt und die Wirkungen einer Entscheidung, als sie die eingeleitete Untersuchung abschließen, eine Beurteilung der fraglichen Vereinbarungen umfassen und die Kläger daran hindern, die Wiederaufnahme der Untersuchung zu verlangen, es sei denn, sie bringen neues Beweismaterial vor.

Schreiben der Kommission, die eine eindeutige Beurteilung der Vereinbarung und insbesondere ihrer wirtschaftlichen Bedeutung enthalten und mit denen die Betroffenen von ihrer Absicht unterrichtet werden, das Verfahren einzustellen, gehören zur letzten Phase des Verfahrens und sind daher unbeschadet des Umstandes, daß sie von den Dienststellen der Kommission und nicht von dem für Wettbewerb zuständigen Mitglied der Kommission stammen, mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbar, da alles darauf hindeutet, daß diese Entscheidung über die Einstellung die letzte Phase des Verwaltungsverfahrens darstellt, mit der der Standpunkt der Kommission endgültig festgelegt werden soll. (vgl. Randnrn. 49, 51, 52-53, 63)

2 Der Umfang der Begründungspflicht hängt von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext ab, in dem er erlassen wurde. Die Begründung muß die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen erkennen können, ob die Entscheidung sachlich richtig oder mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung erlaubt, und daß dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin ermöglicht wird.

Insbesondere muß die Entscheidung begründet werden, mit der die Kommission unter Änderung ihres ursprünglichen Standpunkts, wonach das Verfahren über eine Beschwerde wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts wegen seiner begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung auf Gemeinschaftsebene eingestellt werden sollte, beschließt, das Verfahren wieder in Gang zu setzen. (vgl. Randnrn. 73, 76-77, 82)

3 Der in Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) verankerte Grundsatz einer ausreichend genauen Begründung gehört zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts, deren Beachtung vom Gericht sicherzustellen ist, das gegebenenfalls eine etwaige Verkennung der Begründungspflicht von Amts wegen aufgreifen kann. (vgl. Randnr. 74)

4 Verwaltungsschreiben, mit denen ein Verfahren betreffend eine Beschwerde wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln eingestellt wird, die eine Beurteilung der Kommission wiedergeben und ein von deren Dienststellen durchgeführtes Untersuchungsverfahren beenden können die innerstaatlichen Gerichte, vor denen die Unvereinbarkeit einer Vereinbarung mit Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) geltend gemacht wird, nicht daran hindern, diese Vereinbarungen aufgrund der ihnen vorliegenden Tatsachen anders zu beurteilen. Die in solchen Schreiben mitgeteilte Ansicht bindet die innerstaatlichen Gerichte nicht, stellt allerdings einen tatsächlichen Umstand dar, den diese Gerichte bei ihrer Prüfung der Frage, ob die betreffenden Vereinbarungen oder Verhaltensweisen mit Artikel 85 vereinbar sind, berücksichtigen können. (vgl. Randnr. 84)


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 17. Februar 2000. - Stork Amsterdam BV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Verwaltungsverfahren - Prüfung von Beschwerden - Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) - Abschließendes Verwaltungsschreiben - Wiedereröffnung des Verfahrens - Umfang der Begründungspflicht - Kooperationsvereinbarung - Klausel über die gegenseitige ausschließliche Belieferung - Wettbewerbsverbot. - Rechtssache T-241/97.

Parteien:

In der Rechtssache T-241/97

Stork Amsterdam BV, Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. J. Braakman, Rotterdam, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Loesch und Wolter, 11, rue Goethe, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, im Beistand von Rechtsanwalt H. Gilliams, Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Kirchberg, Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Serac Group, mit Sitz in Paris, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.-C. Mitchell, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts G. Harles, 8-10, rue Mathias Hardt, Luxemburg, Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung gemäß Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) der im Schreiben der Kommission vom 20. Juni 1997 enthaltenen Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin, die darauf gerichtet ist, die Unvereinbarkeit einer zwischen der Klägerin und der Serac Group geschlossenen Kooperationsvereinbarung auf dem Gebiet der Vermarktung vollständiger Maschinenstraßen für die Herstellung von Kunststoffflaschen und deren sterile Befuellung mit fluessigen Nahrungsmittelerzeugnissen feststellen zu lassen,

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. M. Moura Ramos sowie der Richterin V. Tiili und des Richters P. Mengozzi,

Kanzler: A. Mair, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die Stork Amsterdam BV (im folgenden: Klägerin) ist eine Gesellschaft niederländischen Rechts, die Maschinen für die Herstellung von Kunststoffflaschen mittels der Formungsmethode durch "blow-moulding" (Blasformen) herstellt.

2 Am 14. August 1987 schloß die Klägerin mit der Serac SA, nunmehr Serac Group (im folgenden: Streithelferin), einer Aktiengesellschaft französischen Rechts, die Maschinen herstellt, die eine sterile Befuellung von Kunststoffflaschen ermöglichen, eine Kooperationsvereinbarung für die Vermarktung vollständiger Maschinenstraßen für die Herstellung dieser Flaschen und ihre sterile Befuellung mit fluessigen Nahrungsmittelerzeugnissen (im folgenden: Kooperationsvereinbarung oder Vereinbarung). Die beiden Unternehmen verpflichteten sich, die von ihnen hergestellten Maschinen voneinander zu kaufen und sie in Form vollständiger Straßen unter der Bezeichnung "Stork-Serac" oder "Serac-Stork" zu vertreiben. Die Vereinbarung sah auch die Verpflichtung beider Unternehmen vor, einander die für Vertrieb, Einrichtung und Wartung dieser Maschinen erforderlichen Kenntnisse (knowledge) zur Verfügung zu stellen (Artikel 5 der Vereinbarung).

3 Artikel 6 dieser Vereinbarung enthielt ein Wettbewerbsverbot, in dem es u. a. hieß:

"6.1 Die Parteien kommen überein, beide die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb, unmittelbar oder mittelbar über Agenturen oder Hilfspersonen jeder Art, von Geräten oder Teilen von Geräten zu unterlassen, die mit denjenigen in Wettbewerb stehen, die von der anderen Partei hergestellt werden und die von dieser Kooperation erfaßt werden oder damit vergleichbar sind.

6.2 Bestellt ein möglicher Kunde bei Stork oder Serac von Dritten hergestellte Abfuell- oder Hohlblasformgeräte, so hat der Verkäufer die Zustimmung der anderen Partei einzuholen. Diese kann die Zustimmung nicht ungerechtfertigt verweigern. Verkauft eine der Parteien die konkurrierende Maschine eines Dritten ohne die Zustimmung des anderen, so kann diese die Zahlung einer pauschalen Vertragsstrafe von 30 % (in Worten: dreißig Prozent) des Wertes der ersetzten Maschine verlangen.

6.3 Bei Beendigung der Vereinbarung gemäß Artikel 14 [d. h., nachdem die Vereinbarung fünf Jahre lang in Kraft war und nach schriftlicher Kündigung mit einer Frist von zwölf Monaten] und nur in diesem Fall bleibt das Wettbewerbsverbot nach Artikel 6.1 für die kündigende Partei in den auf diese Kündigung folgenden vier Jahren in Kraft."

4 1989 versuchte die Klägerin, die Zustimmung der Streithelferin zur Beendigung der Kooperationsvereinbarung zu erhalten, und zwar insbesondere mit Schreiben vom 13. Juli 1989, in dem die Klägerin auch drohte, eine Beschwerde bei der Kommission wegen Verstoßes gegen Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) einzulegen, wenn die Streithelferin die Beendigung der Vereinbarung ablehne.

5 Da die Streithelferin ihre Zustimmung nicht gab, reichte die Klägerin am 20. September 1989 bei der Kommission eine Beschwerde mit dem Antrag auf Feststellung der Unvereinbarkeit ihrer Kooperationsvereinbarung mit Artikel 85 des Vertrages ein. Die Klägerin machte geltend, die Streithelferin habe diese Bestimmung dadurch verletzt, daß sie es ablehne, die Vereinbarung zu beenden.

6 Am 24. Januar 1990 meldete die Streithelferin die Kooperationsvereinbarung bei der Kommission an, um ein Negativattest oder eine Freistellung zu erhalten, und erklärte dabei, sie könne sich mit einem Einstellungsschreiben der Verwaltung ("comfort-letter") begnügen.

7 Die Kommission beantwortete die Beschwerde der Klägerin und die Anmeldung der Streithelferin mit einem von Herrn J. Dubois, der die Aufgaben eines Direktors in der Generaldirektion Wettbewerb (GD IV) wahrnahm, unterzeichneten Schreiben vom 20. März 1991, das einen Vorschlag zur gütlichen Beilegung des Streites enthielt, der auf die Beschwerde bzw. Anmeldung "sowie auf die ergänzenden Informationen der beiden Unternehmen" hin vorgelegt wurde. Bei der Prüfung der Kooperationsvereinbarung führte Herr Dubois aus, diese erfuelle zwar nicht die Voraussetzungen für eine Freistellung, komme jedoch den von der Verordnung (EWG) Nr. 417/85 der Kommission vom 19. Dezember 1984 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen (ABl. 1985, L 53, S. 1) erfaßten Vereinbarungen ziemlich nahe; die Vereinbarung unterscheide sich davon im wesentlichen durch ihren Artikel 6 Absätze 2 und 3. Anhand aller Informationen, über die er verfüge, vertrete er die Ansicht, daß diese Klauseln den Wettbewerb beschränkten und für die Verwirklichung der Ziele der Vereinbarung nicht unerläßlich seien. Er schlug daher eine Änderung der Klauseln vor, um die Vereinbarung dem Geist der Verordnung Nr. 417/85 anzupassen.

8 Die vorgeschlagene Änderung von Artikel 6 Absatz 2 (der die gegenseitige ausschließliche Belieferung betrifft) solle diese Klausel dadurch in Einklang mit Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 417/85 bringen, daß für beide Parteien die Möglichkeit vorgesehen werde, sich - ohne Sanktion - von Dritten beliefern zu lassen, wenn diese günstigere Lieferbedingungen böten. Unter dem Gesichtspunkt der Anpassung der Vereinbarung an die Verordnung Nr. 417/85 stellte Herr Dubois weiter klar, daß Artikel 6 Absatz 3 (betreffend das Wettbewerbsverbot für vier Jahre nach Ablauf der Vereinbarung) "aufgehoben werden muß".

9 Wegen der begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit auf Gemeinschaftsebene erscheine es ihm "in dieser Phase nicht angebracht, der Kommission die Einleitung eines Verfahrens vorzuschlagen". Für den Fall, daß sich die Parteien nicht über eine Änderung der Klauseln im vorgeschlagenen Sinn einigen sollten, würden sie aufgefordert, die Angelegenheit unter Hinweis auf das Schreiben der Kommission vor die zuständigen nationalen Gerichte oder Verwaltungsbehörden zu bringen.

10 Das an die Klägerin gerichtete Schreiben enthielt einen zusätzlichen Absatz, der wie folgt lautet:

"Falls ich von Ihnen binnen vier Wochen nach Eingang dieses Schreibens keine Nachricht erhalte, werde ich diesen Vorgang abschließen; er kann jedoch jederzeit wiedereröffnet werden, wenn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eine erneute Prüfung der Situation erfordert."

11 Mit Schreiben vom 19. Juli 1991 teilte die Streithelferin der Kommission mit, die Parteien beabsichtigten, ihren Streit gütlich beizulegen. Die Erörterungen zwischen den beiden Parteien führten jedoch zu keinem Ergebnis, und die Vereinbarung lief am 14. August 1992 in unveränderter Form aus.

12 Am 21. Dezember 1992 forderte die Streithelferin in einem weiteren Schreiben an Herrn Dubois die Kommission auf, ihre Analyse der Angelegenheit zu überdenken. Der Vorschlag der Kommission in ihrem Schreiben vom 20. März 1991 für eine Änderung oder Streichung einer Reihe von Klauseln der Vereinbarung sei Ergebnis einer Verkennung des betreffenden Marktes und einer falschen Beurteilung der Folgen der Kooperationsvereinbarung für den Wettbewerb. Weiter bestätigte die Streithelferin in diesem Schreiben, daß sie damit einverstanden sei, sich nicht auf Artikel 6 Absatz 3 der Kooperationsvereinbarung zu berufen, unter dem einzigen Vorbehalt, daß "während ihrer Laufzeit übermittelte vertrauliche Kenntnisse" nicht genutzt werden dürften.

13 Mit Schreiben vom 25. Februar 1993 antwortete F. Giuffrida, Referatsleiter in der GD IV, daß die von der Streithelferin vorgetragenen Argumente nicht geeignet seien, den im Schreiben der Kommission vom 20. März 1991 zum Ausdruck gebrachten Standpunkt, Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Vereinbarung beschränkten den Wettbewerb zu sehr und seien nicht unerläßlich, um die Ziele der Vereinbarung zu erreichen, in Frage zu stellen. Er beendete sein Schreiben mit folgenden Worten: "Ich bin daher der Ansicht, daß diese Angelegenheit als abgeschlossen zu betrachten ist." Die Kommission übersandte der Klägerin eine Kopie dieses Schreibens.

14 Am 15. Mai 1993 erhob die Streithelferin Klage beim Gericht auf Nichtigerklärung der im Schreiben der Kommission vom 25. Februar 1993 enthaltenen Entscheidung (Rechtssache T-31/93).

15 Am 16. Juli 1993 erhob die Kommission die Einrede der Unzulässigkeit und machte zur Begründung geltend, das Schreiben von Herrn Giuffrida sei keine anfechtbare Maßnahme, sondern eine bloße vorläufige Stellungnahme, denn es sei nicht dazu bestimmt, Rechtswirkungen zu entfalten, und enthalte keine abschließende Entscheidung über die Beschwerde oder die Anmeldung. Die Kommission kündigte in dem Schriftsatz, in dem sie die Einrede der Unzulässigkeit erhob, auch an, sie werde die Angelegenheit weiter untersuchen. Daraufhin nahm die Streithelferin ihre Klage zurück, und die Rechtssache wurde mit Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 20. Dezember 1993 im Register gestrichen.

16 Die Kommission richtete am 5. Oktober 1994 gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1963, Nr. 13, S. 204) an beide Parteien gleichlautende Ersuchen um Auskunft über "die neuesten Daten über die Aufteilung des Marktes nach Verpackungsarten (Brick-Packung, Kunststoff- oder Glasflasche, Karton usw.) für jedes Segment des Milchmarktes"; diese Auskunftsersuchen sollten es "der Kommission ermöglichen, die Vereinbarkeit der [Vereinbarung] mit dem Wettbewerbsrecht der EWG und insbesondere Artikel 85 des Vertrages... in voller Kenntnis des Sachverhalts und in ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Kontext zu beurteilen".

17 Nachdem die beiden Parteien die verlangten Auskünfte gegeben hatten, wurde die Angelegenheit von der Kommission gemeinsam mit dem Rechtsanwalt der Klägerin am 14. November 1994 und sodann mit dem Rechtsanwalt der Streithelferin am 13. Dezember 1994 untersucht.

18 Gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268) erläuterte Herr G. Rocca im Namen des Generaldirektors der GD IV, Alexander Schaub, mit Schreiben vom 23. Januar 1996 der Klägerin die Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerde. Herr Rocca legte seine Analyse des Vorgangs gemäß Artikel 85 des Vertrages dar und gelangte zu dem Ergebnis, realistischerweise lasse sich nicht die Auffassung vertreten, daß es "die Vereinbarung den beteiligten Unternehmen ermöglichte, den Wettbewerb auf einen wesentlichen Teil der betreffenden Erzeugnisse auszuschalten, zumal Serac in ihrem Schreiben vom 21. Dezember 1992 auf die Rechte aus Artikel 6 Absatz 3 der Vereinbarung verzichtet hat" (Ausschließlichkeitsrechte nach Beendigung der Vereinbarung). Das Schreiben der Kommission schloß mit der Ankündigung, daß diese keine endgültige Entscheidung erlassen werde, bevor sie von der Klägerin - binnen vier Wochen - eine Stellungnahme oder neue Informationen erhalten habe.

19 Mit Schreiben vom 22. März 1996 wies die Klägerin die Argumente der Kommission zurück und vertrat die Ansicht, die Beklagte könne die Angelegenheit nach ihren Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 nicht neu beurteilen.

20 Die Kommission übermittelte der Klägerin die Entscheidung über die Zurückweisung ihrer Beschwerde vom 20. September 1989 (Entscheidung IV/F-1/33.302 Stork; im folgenden: angefochtene Entscheidung). Sie übernahm im wesentlichen das Ergebnis ihrer Prüfung der Vereinbarung, zu dem sie in ihrem Schreiben vom 23. Januar 1996 gelangt war, und schloß daraus, daß, auch wenn die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln der Vereinbarung unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fielen, die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 erfuellt seien.

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

21 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 21. August 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung der im Schreiben vom 20. Juni 1997 enthaltenen Entscheidung der Kommission erhoben.

22 Serac ist mit Beschluß des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 20. April 1998 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

23 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Wege prozeßleitender Maßnahmen sind die Beteiligten aufgefordert worden, vor der mündlichen Verhandlung bestimmte Fragen schriftlich zu beantworten.

24 Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung des Gerichts vom 22. April 1999 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

25 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

26 Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

27 Die Streithelferin beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die gesamten Kosten des Verfahrens einschließlich der ihr durch ihre Streithilfe entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

28 Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe, mit denen sie erstens Unzuständigkeit oder Ermessensmißbrauch der Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidung, da ihre Schreiben vom März 1991 und vom Februar 1993 bereits eine abschließende Entscheidung enthalten hätten und das Verfahren zumindest nach dem Schreiben vom 25. Februar 1993 als eingestellt zu betrachten gewesen sei, zweitens einen tatsächlichen und rechtlichen Fehler, mit dem diese Entscheidung behaftet sei, und drittens Fehlen oder unzulängliche Begründung der angefochtenen Entscheidung geltend macht.

29 Die Kommission wendet sich gegen die Klagegründe und beantragt Klageabweisung.

Zum ersten Klagegrund: Unzuständigkeit oder Ermessensmißbrauch der Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidung

30 Mit dem ersten Klagegrund bestreitet die Klägerin der Kommission im Kern das Recht, das Verfahren in bezug auf die Beschwerde und die Anmeldung wiederzueröffnen und die angefochtene Entscheidung zu erlassen; der Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil macht die Klägerin geltend, die Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 enthielten eine mit einer Klage anfechtbare Entscheidung, und das Verfahren sei jedenfalls nach dem letzten Schreiben als eingestellt zu betrachten, da kein neuer Umstand eine Überprüfung der Angelegenheit rechtfertige. Im zweiten Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe ihre Verpflichtung, binnen angemessener Frist eine Entscheidung über ihre Beschwerde vom 20. September 1989 zu erlassen, verletzt, indem sie das Verwaltungsverfahren am 5. Oktober 1994 wiedereröffnet und am 20. Juni 1997 die abschließende Entscheidung erlassen habe.

31 In ihrer Erwiderung macht die Klägerin im Rahmen ihres zweiten Nichtigkeitsgrundes noch geltend, die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens sei unter Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) ergangen.

32 Das Gericht muß den ersten Teil des ersten Klagegrunds gemeinsam mit dem Klagegrund der fehlenden Begründung der Entscheidung, das Verfahren wiederzueröffnen, prüfen, um die Stichhaltigkeit des ersten Klagegrunds beurteilen zu können.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

33 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe in ihren Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993, unabhängig davon, ob diese getrennt oder in Verbindung miteinander berücksichtigt würden, eine mit einer Klage anfechtbare Entscheidung erlassen, mit der sie sich in der Absicht, Rechtswirkungen hervorzurufen, zur Anwendung des Artikels 85 des Vertrages auf die Kooperationsvereinbarung geäußert habe.

34 In Anbetracht seines Inhalts sei das Schreiben der Kommission vom 25. Februar 1993 als anfechtbare Maßnahme zu betrachten, denn es solle Rechtswirkungen entfalten. Dieses Schreiben enthalte eine Beurteilung der in Rede stehenden Vereinbarung und entspreche einer Stellungnahme der Kommission sowohl zur Unvereinbarkeit zweier Klauseln der Vereinbarung vom 14. August 1987 mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages als auch dazu, daß diese Klauseln nicht unter Absatz 2 des erwähnten Artikels fielen. Mit diesem Schreiben habe die Kommission das Verfahren förmlich abgeschlossen, und die rechtliche Beurteilung der Vereinbarung sei endgültig geworden.

35 Die Beklagte sei nicht befugt gewesen, das Verwaltungsverfahren wiederzueröffnen, nachdem sie eine Entscheidung erlassen habe und ohne daß ein neuer Umstand eine solche Wiedereröffnung rechtfertigen würde. Dadurch habe die Kommission ihr Ermessen mißbraucht.

36 Die Klägerin rügt in ihrer Erwiderung auch eine mangelhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung, in der die Kommission nicht die Gründe für die Änderung ihrer Ansicht zur wirtschaftlichen Bedeutung der Vereinbarung und für ihre Entscheidung nenne, die Angelegenheit eingehend zu überprüfen, anstatt, wie zuvor, vorzuschlagen, sie, falls die vorgeschlagenen Änderungen nicht erfolgten, den nationalen Behörden vorzulegen; es sei jedoch kein neuer Umstand eingetreten, der eine solche Überprüfung rechtfertigte.

37 Die Beklagte wendet sich gegen die Ansicht der Klägerin. Sie sei seit 1989 mit einem Streit zwischen der Klägerin und der Streithelferin über die Durchführung und die Gültigkeit ihrer Kooperationsvereinbarung befaßt gewesen; für ihr Eingreifen in einen solchen Fall gälten bestimmte Regeln. Sie beruft sich auf die Randnummern 45 bis 47 des Urteils vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89 (Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367; im folgenden: Urteil Automec I), in dem das Gericht festgestellt habe, daß im Ablauf des in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 geregelten Verfahrens drei aufeinanderfolgende Phasen zu unterscheiden seien und daß die vorläufigen Bemerkungen der Dienststellen der Kommission im Rahmen informeller Kontakte in der ersten Phase nicht als anfechtbare Maßnahmen angesehen werden könnten.

38 In diesem Zusammenhang stellten die Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 offenkundig vorläufige Bemerkungen dar, die die Dienststellen der Kommission in informeller Weise auf der Grundlage einer ersten Prüfung des Vorbringens der beiden Parteien geäußert hätten. In diesen Schreiben habe die Kommission keine Rechtswirkungen erzeugende abschließende Stellungnahme zur Anwendung von Artikel 85 des Vertrages abgegeben.

39 Das Schreiben vom März 1991 enthalte einen pragmatischen Vorschlag, der den Streit zwischen den beiden Parteien habe beenden sollen, und keine abschließende Auslegung von Artikel 85 des Vertrages. Der wichtigste Abschnitt dieses Schreibens sei derjenige, in dem Herr Dubois ausgeführt habe, unter Berücksichtigung der relativen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Angelegenheit erscheine es ihm in dieser Phase nicht angebracht, der Kommission die Einleitung eines Verfahrens vorzuschlagen. Diese Feststellung erkläre, weshalb den Parteien der Vorschlag unterbreitet worden sei, den Rechtsstreit im vorgeschlagenen Sinn beizulegen und bei fortbestehender Uneinigkeit die Angelegenheit vor die nationalen Gerichte zu bringen.

40 Das Schreiben vom Februar 1993 bestätige nur, daß die Kommission es selbst nach Kenntnisnahme des Vorbringens und der ergänzenden Angaben der Streithelferin nicht als angebracht erachtet habe, ein Verfahren einzuleiten, und daß daher "diese Angelegenheit als abgeschlossen zu betrachten [war]".

41 Die beiden erwähnten Schreiben könnten nicht als abschließende Entscheidung betrachtet werden, die Rechtswirkungen entfalte und mit der die Unvereinbarkeit der Vereinbarung mit Artikel 85 des Vertrages festgestellt werde, denn eine derartige Entscheidung könne nur unter Beachtung des durch die Verordnung Nr. 17 vorgeschriebenen Verfahrens, das insbesondere eine Mitteilung der Beschwerdepunkte vorsehe, erlassen werden. Im vorliegenden Fall sei nicht nachgewiesen, daß diese Mitteilung tatsächlich erfolgt sei, und die fehlende Unterzeichnung der Schreiben durch das für Wettbewerb zuständige Mitglied der Kommission oder in dessen Namen bestätige, daß in diesen nur eine erste, vorläufige Meinung zum Ausdruck gebracht werde.

42 Im übrigen räumt die Beklagte ein, daß sie nach der Klagerücknahme der Streithelferin in der Rechtssache T-31/93 unter Berücksichtigung insbesondere des Vorbringens der Streithelferin in ihrer Klageschrift entschieden habe, die Auswirkungen der Kooperationsvereinbarung auf den Wettbewerb - diesmal eingehend - zu überprüfen. Daher habe sie bei der "Wiederingangsetzung des Verfahrens" ihren ursprünglichen Standpunkt geändert, wonach der Angelegenheit keine hinreichende wirtschaftliche Bedeutung zukomme, um eine eingehende Untersuchung zu rechtfertigen.

43 Das Schreiben vom 20. März 1991 lasse bereits die Möglichkeit einer späteren Eröffnung des Verfahrens anklingen, da sein Verfasser angegeben habe, es erscheine ihm "in dieser Phase nicht angebracht, der Kommission die Einleitung eines Verfahrens vorzuschlagen".

44 Unter Berufung auf Randnummer 77 des Urteils des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90 (Automec/Kommission, Slg. 1992, II-2223; im folgenden: Automec II) macht die Kommission geltend, die Entscheidung, eine Angelegenheit, die bei einer ersten Prüfung als weniger bedeutungsvoll angesehen worden sei, später eingehend zu prüfen, stelle eine Maßnahme dar, die in das Ermessen jeder Verwaltung mit Überwachungs- und Kontrollaufgaben gestellt sei. Die Zuständigkeit für die Bestimmung von Prioritäten umfasse auch die Zuständigkeit, diese Prioritäten zu ändern, was in der vorliegenden Rechtssache um so mehr gelte, als die Wiedereröffnung des Verfahrens die Belange keiner der Parteien verletzt habe. Weder die Klägerin noch die Streithelferin hätten Einwände gegen die neue Priorität erhoben, die die Kommission der Untersuchung ihrer Angelegenheit beigemessen habe.

45 Die Beklagte bestreitet die Zulässigkeit des von der Klägerin in ihrer Erwiderung erhobenen Klagegrunds einer mangelhaften Begründung der angefochtenen Entscheidung (vgl. oben, Randnr. 36). Hilfsweise macht sie geltend, sie habe in dieser Entscheidung nicht die Gründe angeben müssen, aus denen sie im Oktober 1994 eine Untersuchung eingeleitet habe, zumal diese Frage von der Klägerin oder der Streithelferin nicht aufgeworfen worden sei, die im übrigen vorbehaltslos bei dieser Ermittlung mitgewirkt hätten.

46 Die Streithelferin wendet sich ebenfalls dagegen, daß die Schreiben der Kommission von 1991 und 1993 als endgültige nicht mehr in Frage zu stellende Entscheidung anzusehen seien.

47 Die Kommission habe mehrfach ausgeführt, daß die Schreiben von 1991 und 1993 keine abschließenden Entscheidungen darstellten. Die Klägerin habe ferner anerkannt, daß das 1989 eingeleitete Verfahren nicht endgültig eingestellt gewesen sei, als sie vorbehaltlos akzeptiert habe, das Auskunftsersuchen zu beantworten, das die Kommission im Oktober 1994 an sie gerichtet habe.

48 Erst das Schreiben von 1997 sei eine abschließende Stellungnahme der Kommission zu dem Vorgang; die beiden Schreiben von 1991 und 1993 hätten keinen Entscheidungsinhalt und hätten keine Rechtswirkungen entfaltet.

Würdigung durch das Gericht

Zur rechtlichen Einordnung der Schreiben der Kommission vom März 1991 und Februar 1993

49 Nach ständiger Rechtsprechung sind Maßnahmen, die bindende Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) gegeben ist. Bei Handlungen oder Entscheidungen, die in mehreren Phasen erarbeitet werden, insbesondere nach Durchführung eines internen Verfahrens, sind jedoch grundsätzlich nur die Handlungen anfechtbar, die den Standpunkt des Organs am Ende des Verfahrens endgültig festlegen, nicht hingegen Zwischenmaßnahmen, die nur der Vorbereitung der abschließenden Entscheidung dienen. Im übrigen ist die Form, in der Handlungen oder Entscheidungen ergehen, grundsätzlich ohne Einfluß auf ihre Anfechtbarkeit im Wege der Nichtigkeitsklage (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, und Urteil Automec I, Randnr. 42).

50 Zur Beurteilung der Rechtsnatur der in Rede stehenden Schreiben im Licht der in dieser Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind diese Schreiben im Rahmen des Verfahrens der Behandlung von Anträgen gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 zu prüfen.

51 Das Verfahren zur Prüfung einer Beschwerde besteht aus drei aufeinanderfolgenden Phasen. Während der ersten Phase nach der Einreichung der Beschwerde ermittelt die Kommission die Umstände, die ihr die Entscheidung darüber ermöglichen, wie sie die Beschwerde weiter behandeln soll. Diese Phase kann einen informellen Meinungsaustausch zwischen der Kommission und dem Beschwerdeführer umfassen, durch den die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die Gegenstand der Beschwerde sind, geklärt werden sollen und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben werden soll, seinen Standpunkt darzulegen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer ersten Reaktion der Dienststellen der Kommission. In der zweiten Phase legt die Kommission dem Beschwerdeführer in einer Mitteilung die Gründe dar, aus denen sie es nicht für gerechtfertigt hält, seiner Beschwerde stattzugeben, und gibt ihm Gelegenheit, innerhalb einer von ihr gesetzten Frist Bemerkungen vorzubringen. In der dritten Phase des Verfahrens nimmt die Kommission von den Bemerkungen des Beschwerdeführers Kenntnis. Obwohl Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 diese Möglichkeit nicht ausdrücklich vorsieht, kann diese Phase durch eine abschließende Entscheidung beendet werden (Urteile des Gerichts Automec I, Randnrn. 45 bis 47, und vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache T-37/92, BEUC und NCC/Kommission, Slg. 1994, II-285, Randnr. 29).

52 Daher können weder die vorläufigen Bemerkungen, die möglicherweise in der ersten Phase des Beschwerdeverfahrens abgegeben werden, noch die Mitteilungen nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 als anfechtbare Maßnahmen angesehen werden (Urteil Automec I, Randnrn. 45 und 46).

53 Dagegen können die Einstellungsschreiben der Verwaltung, mit denen die Beschwerde endgültig zurückgewiesen und das Verfahren abgeschlossen wird, mit einer Klage angefochten werden, denn sie haben insofern den Inhalt und die Wirkungen einer Entscheidung, als sie die eingeleitete Untersuchung abschließen, eine Beurteilung der fraglichen Vereinbarungen umfassen und die Kläger daran hindern, die Wiederaufnahme der Untersuchung zu verlangen, es sei denn, sie bringen neues Beweismaterial vor (Urteile des Gerichtshofes vom 11. Oktober 1983 in der Rechtssache 210/81, Demo-Studio Schmidt/Kommission, Slg. 1983, 3045, Randnrn. 14 und 15, vom 28. März 1985 in der Rechtssache 298/83, CICCE/Kommission, Slg. 1985, 1105, Randnr. 18, und vom 17. November 1987 in den Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 12).

54 Im vorliegenden Fall ist zu ermitteln, ob die Schreiben von 1991 und 1993, wie die Kommission meint, zur ersten Phase des Verfahrens der Prüfung der Beschwerden gehören oder ob sie, wie die Klägerin geltend macht, als Verkörperung einer das Verfahren abschließenden Entscheidung zu betrachten sind, die Rechtswirkungen entfalten und somit zur letzten Phase des Verfahrens gehören.

55 Der Verfasser des Schreibens der Kommission vom 20. März 1991 führte in bezug auf Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Vereinbarung erstens aus:

"Aufgrund aller Informationen, über die ich gegenwärtig verfüge, erscheinen mir diese Klauseln zu wettbewerbsbeschränkend und nicht unerläßlich, um die Ziele der [Vereinbarung] zu erreichen."

Es wurde auch vorgeschlagen, Artikel 6 Absatz 3 der Vereinbarung zu streichen und Absatz 2 dieser Bestimmung dem Geist der Verordnung Nr. 417/85 anzupassen, die beim damaligen Stand nicht auf die Vereinbarung anwendbar war.

56 Zweitens führte er aus:

"Unter Berücksichtigung der relativen Bedeutung der Angelegenheit auf Gemeinschaftsebene erscheint es mir in dieser Phase nicht angebracht, der Kommission die Einleitung eines Verfahrens vorzuschlagen. Falls Sie nicht zu einer Einigung über die Änderung der Klauseln im angegebenen Sinn gelangen sollten, bitte ich Sie daher, diese Angelegenheit unter Hinweis auf dieses Schreiben vor die zuständigen nationalen Gerichte oder Verwaltungsbehörden zu bringen."

57 Das Exemplar des an die Klägerin gerichteten Schreibens enthielt folgenden zusätzlichen Absatz:

"Falls ich von Ihnen binnen vier Wochen nach Eingang dieses Schreibens keine Nachricht erhalte, werde ich diesen Vorgang abschließen; er kann jedoch jederzeit wiedereröffnet werden, wenn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eine neue Prüfung der Situation erfordert."

58 In Beantwortung des Schreibens der Streithelferin vom 21. Dezember 1992, mit dem die Kommission aufgefordert wurde, ihr Untersuchungsergebnis zu überprüfen, erklärte F. Giuffrida, Referatsleiter in der GD IV, in seinem Schreiben vom 25. Februar 1993 (von dem die Klägerin eine Kopie erhielt):

"Ihr Schreiben vom 21. Dezember 1992 habe ich eingehend geprüft. Ich bin jedoch zu der Auffassung gelangt, daß das Vorbringen nicht den Inhalt des Schreibens... vom 20. März 1991 in Frage stellen kann, wonach die Klauseln 6.2 und 6.3 Ihres Vertrages... mit Stork den Wettbewerb zu sehr beschränken und nicht unerläßlich sind, um die Ziele der [Vereinbarung] zu erreichen. Ich bin daher der Ansicht, daß diese Angelegenheit als abgeschlossen zu betrachten ist."

59 Aus den Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 geht klar hervor, daß die Kommission nach Prüfung der Vereinbarung entschieden hat, die Angelegenheit wegen ihrer begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung auf Gemeinschaftsebene abzuschließen. Die Kommission empfahl den Parteien im übrigen eine gütliche Beilegung des Streites, indem sie bestimmte Änderungen der Vereinbarung vorschlug, und forderte sie auf, falls diese Änderungen nicht vorgenommen würden und der Streit fortbestehe, die Angelegenheit vor die zuständigen nationalen Behörden oder Gerichte zu bringen.

60 Insbesondere das Schreiben vom 20. März 1991 weist alle Merkmale einer Mitteilung im Sinne von Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 auf, denn es nennt die Gründe, aus denen es nicht gerechtfertigt erscheint, der Beschwerde stattzugeben, nimmt ausdrücklich auf den Abschluß des Vorgangs Bezug und setzt der Klägerin eine Frist zur Stellungnahme (Urteil BEUC und NCC/Kommission, Randnr. 34).

61 In diesem Zusammenhang bestätigt das Schreiben vom 25. Februar 1993, daß die Angelegenheit wegen der begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung der Vereinbarung auf Gemeinschaftsebene abgeschlossen wurde, nachdem auf das Schreiben vom 20. März 1991 keine Antwort erfolgt war.

62 Daher kann dem Vorbringen der Beklagten, daß die Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 als "informelle vorläufige Bemerkungen der Dienststellen der Kommission" im Rahmen der ersten der drei Phasen des Prüfungsverfahrens zu betrachten seien, nicht gefolgt werden. Vielmehr sind sie in Anbetracht ihres Inhalts und des Kontextes, in dem sie verfaßt wurden, als Verkörperung einer Entscheidung über den Abschluß des Verfahrens über die Beschwerde der Klägerin zu betrachten und gehören daher zur letzten Phase des Verfahrens der Untersuchung einer Beschwerde.

63 Daher läßt sich auch nicht die Ansicht vertreten, daß diese Schreiben nur vorläufige Bemerkungen oder vorbereitende Maßnahmen enthielten. Sie enthalten vielmehr eine eindeutige Beurteilung der Vereinbarung und insbesondere ihrer wirtschaftlichen Bedeutung anhand aller Informationen, deren Einholung die Kommission für erforderlich gehalten hatte. Alles deutet darauf hin, daß die Entscheidung über die Einstellung, auf die sie sich beziehen, die letzte Phase des Verwaltungsverfahrens darstellen sollte, mit der der Standpunkt der Kommission endgültig festgelegt werden sollte. Ihr sollte somit keine weitere Maßnahme folgen, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage hätte sein können (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1994 in der Rechtssache C-39/93 P, SFEI u. a./Kommission, Slg. 1994, I-2681, Randnr. 28).

64 Der endgültige Charakter dieser Entscheidung wird nicht durch die Erklärung von Herrn Dubois in seinem Schreiben vom 20. März 1991 in Frage gestellt, wonach es ihm nicht "angebracht" erschien, "in dieser Phase der Kommission die Einleitung eines Verfahrens vorzuschlagen", eine Äußerung, die die Möglichkeit anklingen ließ, später ein Verfahren mit einer eingehenden Untersuchung des Vorgangs zu eröffnen. Denn es diese Erklärung ist als auf die beiden anderen in dem Schreiben erwähnten Umstände bezogen anzusehen, daß die vorgenommene Untersuchung und die getroffene Entscheidung auf den verfügbaren Informationen beruhten und daß das Verfahren wiedereröffnet werden könne, wenn neue tatsächliche oder rechtliche Umstände dies rechtfertigten.

65 Auch das Vorbringen der Beklagten, die fehlende Unterzeichnung durch das für Wettbewerb zuständige Mitglied der Kommission oder in dessen Namen bestätige, daß sie nur eine vorläufige Stellungnahme habe abgeben wollen, ist zurückzuweisen. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist die Form, in der Handlungen oder Entscheidungen ergehen, grundsätzlich ohne Einfluß auf die Frage, ob sie mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden könne; für die Feststellung, ob sie anfechtbare Handlungen im Sinne von Artikel 173 des Vertrages darstellen, ist vielmehr auf ihr Wesen abzustellen (Urteil IBM/Kommission, Randnr. 9).

66 Da im vorliegenden Fall die beiden in Rede stehenden Schreiben eine Beurteilung der bei der Kommission anhängigen Beschwerde enthalten, kann ihre Rechtsnatur nicht allein deshalb anders gesehen werden, weil diese Beurteilung nur von den Dienststellen der Kommission stammt, denn andernfalls würde Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 jeder praktischen Wirkung beraubt (Urteil BEUC und NCC/Kommission, Randnr. 38).

67 Zu dem Argument, die Klägerin habe anerkannt, daß die Schreiben vom März 1991 und vom Februar 1993 vorläufige Bemerkungen darstellten, indem sie das Auskunftsersuchen beantwortet habe, das die Kommission ihr im Oktober 1994 übersandt habe, ist festzustellen, daß nach ständiger Rechtsprechung Maßnahmen rein vorbereitender Art zwar nicht als solche anfechtbar sind, daß die ihnen etwa anhaftenden rechtlichen Mängel jedoch im Rahmen der Klage gegen die endgültige Handlung, deren Vorbereitung sie dienen, geltend gemacht werden können (Urteil IBM/Kommission, Randnr. 12). Um die Begründetheit der Entscheidung der Wiedereröffnung des Verfahrens anfechten zu können, mußte die Klägerin daher, wie sie es getan hat, den Erlaß der Entscheidung über die mit dem Auskunftsersuchen, das die Kommission ihr im Oktober 1994 übersandte, eingeleitete Ermittlung abwarten. Erst nach Abschluß dieses Verfahrens konnte die Klägerin beurteilen, ob die Entscheidung sachlich richtig war und ob insbesondere neue tatsächliche oder rechtliche Umstände, die die Kommission gegebenenfalls erhalten und berücksichtigt hatte, eine erneute Prüfung des Vorgangs notwendig machten.

68 Daher stellen die Schreiben der Kommission vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 ihrem Inhalt nach Entscheidungen dar und entfalten Rechtswirkungen, da sie eine Entscheidung über den Abschluß des Verfahrens über die Beschwerde der Klägerin verkörpern, die auf einer Untersuchung der Vereinbarung beruht, die als von begrenzter wirtschaftlicher Bedeutung auf Gemeinschaftsebene betrachtet wurde.

69 Nachdem somit die Rechtsnatur dieser Schreiben festgestellt worden ist, sind ihre rechtlichen Folgen zu beurteilen, um die Frage zu beantworten, ob die Kommission im vorliegenden Fall das Verwaltungsverfahren wiedereröffnen und, wenn ja, die angefochtene Entscheidung erlassen durfte.

Zur Entscheidung über die Wiedereröffnung des Verwaltungsverfahrens

70 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission als Verantwortliche für die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik und im Rahmen der geltenden Vorschriften über ein gewisses Ermessen bei der Behandlung der gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 eingelegten Beschwerden verfügt. Sie kann insbesondere bei der Prüfung der bei ihr anhängigen Beschwerden unterschiedliche Prioritäten setzen und ein Verfahren einstellen, ohne Verfahren zur Feststellung von Verletzungen des Gemeinschaftsrechts einzuleiten, wenn sie zu der Ansicht gelangt ist, daß kein ausreichendes Gemeinschaftsinteresse an der Einleitung von Untersuchungsmaßnahmen in diesem Verfahren bestehe (Urteil Automec II, Randnrn. 73 bis 77 und 83 bis 85).

71 Zu den Normen, die das Ermessen der Kommission einschränken, gehören die Verfahrensrechte, die in den Verordnungen Nr. 17 und Nr. 99/63 zugunsten von Personen vorgesehen sind, die bei der Kommission eine Beschwerde eingelegt haben.

72 Nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 muß die Kommission die ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam daraufhin prüfen, ob sie eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Personen, die die Kommission mit einer Beschwerde befassen, sind über die Gründe zu informieren, aus denen die Kommission ihre Beschwerde zurückzuweisen gedenkt (Urteil Automec II, Randnrn. 72 und 79).

73 Nach ständiger Rechtsprechung hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext ab, in dem er erlassen wurde. Die Begründung muß die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen erkennen können, ob die Entscheidung sachlich richtig oder mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung erlaubt, und daß dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin ermöglicht wird (Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739, Randnr. 226).

74 Der in Artikel 190 EWG-Vertrag verankerte Grundsatz einer ausreichend genauen Begründung gehört zudem zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts, deren Beachtung vom Gericht sicherzustellen ist, das gegebenenfalls eine etwaige Verkennung der Begründungspflicht von Amts wegen aufgreifen kann (Urteil des Gericht vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 129).

75 Im vorliegenden Fall ist daher die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen, die die Beklagte gegenüber dem Klagegrund erhoben hat, mit dem die Klägerin die mangelhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung rügt, weil diese nicht die Gründe für die Änderung der Ansicht der Beklagten in bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarung und ihre Entscheidung, den Vorgang eingehend zu überprüfen, darlege.

76 Zur Begründetheit ist festzustellen, daß die Kommission der Klägerin mit den Schreiben vom 20. März 1991 und vom 25. Februar 1993 ihre Entscheidung mitgeteilt hat, das Verfahren wegen seiner begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung auf Gemeinschaftsebene einzustellen (vgl. Randnrn. 59 bis 61). Durch die "Wiederingangsetzung des Verfahrens" mit der den Parteien im Schreiben vom 5. Oktober 1994 mitgeteilten Entscheidung hat die Kommission ihren vorherigen Standpunkt zur wirtschaftlichen Bedeutung der Vereinbarung auf Gemeinschaftsebene geändert (vgl. Randnr. 42).

77 Die Kommission hat diese Änderung ihres Standpunkts weder ausdrücklich begründet, noch ergibt sich eine Begründung aus dem Kontext dieser Entscheidung. Ferner hat die Kommission in ihren Schriftsätzen und in ihren mündlichen Antworten auf die Fragen des Gerichts nach den Gründen für die Überprüfung des Vorgangs erklärt, sie habe die Untersuchung 1994 auf die Klage der Streithelferin hin eröffnet, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Sie hat nicht auf die Begründung verwiesen, die sie in ihren Schreiben von 1991 und 1993 für die Einstellung des Verfahrens gegeben hatte, nämlich die geringe wirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarung.

78 Dieser Begründungsmangel ist um so schwerwiegender, als die Begründungspflicht, die nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden muß, im vorliegenden Fall besonders weit reicht.

79 Denn die Kommission hatte bereits geraume Zeit vor ihrem zweiten Schreiben vom 25. Februar 1993, mit dem die Einstellung des Verfahrens bestätigt wurde, eine Entscheidung in bezug auf die Vereinbarung getroffen, die im August 1992 ausgelaufen war. Ferner geht aus den Akten hervor, daß die Einstellungsentscheidung, die in den Schreiben von 1991 und 1993 verkörpert ist, nach mehreren Kontakten zwischen der Kommission und den beiden Parteien der Vereinbarung ergangen war, in deren Verlauf die Beklagte völlige Klarheit über den Standpunkt beider Parteien gewinnen konnte.

80 Daher steht fest, daß die Entscheidung über die Wiedereröffnung des Verwaltungsverfahrens, die zum Erlaß der angefochtenen Entscheidung geführt hat, nicht darauf gestützt ist, daß neue tatsächliche oder rechtliche Umstände vorgelegen hätten, die eine Überprüfung der Angelegenheit gerechtfertigt hätten, oder daß solche Umstände bekannt geworden wären (vgl. in diesem Sinn Urteile des Gerichtshofes vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C-279/95 P, Langnese-Iglo/Kommission, Slg. 1998, I-5609, Randnr. 30, und des Gerichts vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-7/93, Langnese-Iglo/Kommission, Slg. 1995, II-1533, Randnr. 40).

81 Unter diesen Umständen war die Klägerin nicht in der Lage, die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu erfahren, die bedeutete, daß die Kommission der Angelegenheit so große wirtschaftliche Bedeutung beimaß, daß ihr eine eingehende Untersuchung durch ihre Dienststellen gerechtfertigt erschien, und daß sie somit ihren ursprünglichen Standpunkt geändert hatte.

82 Nach allem hat der erste Klagegrund Erfolg, mit dem die Klägerin der Kommission die Befugnis abspricht, eine neue Entscheidung über eine Beschwerde in bezug auf eine Angelegenheit, die zuvor wegen ihrer begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung auf Gemeinschaftsebene eingestellt worden war, zu erlassen, ohne die Wiedereröffnung des Verwaltungsverfahrens, das zu dieser Entscheidung geführt hat, ordnungsgemäß, insbesondere anhand neuer Umstände, zu begründen.

83 Daher ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, ohne daß die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

84 Im übrigen können nach ständiger Rechtsprechung Einstellungsschreiben der Verwaltung, wie die beiden Schreiben der Kommission von 1991 und 1993, die eine Beurteilung der Kommission wiedergeben und ein von deren Dienststellen durchgeführtes Untersuchungsverfahren beenden, können die innerstaatlichen Gerichte, vor denen die Unvereinbarkeit einer Vereinbarung mit Artikel 85 geltend gemacht wird, nicht daran hindern, diese Vereinbarungen aufgrund der ihnen vorliegenden Tatsachen anders zu beurteilen. Die in solchen Schreiben mitgeteilte Ansicht bindet die innerstaatlichen Gerichte nicht, stellt allerdings einen tatsächlichen Umstand dar, den diese Gerichte bei ihrer Prüfung der Frage, ob die betreffenden Vereinbarungen oder Verhaltensweisen mit Artikel 85 vereinbar sind, berücksichtigen können (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1980 in der Rechtssache 81/80, L'Oréal, Slg. 1980, 3775, Randnrn. 11 und 12).

85 In vorliegenden Fall könnten die nationalen Gerichte, vor denen die Unvereinbarkeit der Vereinbarung mit Artikel 85 des Vertrages geltend gemacht würde, im Rahmen der Untersuchung der Vereinbarung das genannte Verfahren vor der Kommission völlig frei als tatsächlichen Umstand berücksichtigen.

Kostenentscheidung:

Kosten

86 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen sowie die der Klägerin entstandenen Kosten mit Ausnahme der durch die Streithilfe von Serac verursachten Kosten aufzuerlegen. Da die Klägerin nicht beantragt hat, Serac die mit ihrer Streithilfe verbundenen Kosten aufzuerlegen, trägt die Streithelferin nur ihre eigenen Kosten. Die Klägerin trägt die ihr im Rahmen der Streithilfe von Serac entstandenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die im Schreiben der Kommission vom 20. Juni 1997 enthaltene Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin, die darauf gerichtet ist, die Unvereinbarkeit einer zwischen der Stork Amsterdam BV und der Serac Group geschlossenen Kooperationsvereinbarung auf dem Gebiet der Vermarktung vollständiger Maschinenstraßen für die Herstellung von Kunststoffflaschen und deren sterile Befuellung mit fluessigen Nahrungsmitteln mit Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) feststellen zu lassen, wird für nichtig erklärt.

2. Die Kommission trägt ihre eigenen und die der Klägerin entstandenen Kosten mit Ausnahme der durch die Streithilfe von Serac verursachten Kosten. Die Streithelferin Serac trägt ihre eigenen Kosten. Die Klägerin trägt die ihr im Rahmen der Streithilfe von Serac entstandenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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