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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 21.01.2004
Aktenzeichen: T-245/03 R
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 EG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 EG Art. 15 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 21. Januar 2004. - Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles (FNSEA) und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - Wettbewerb - Zahlung einer Geldbuße - Bankbürgschaft - Fumus boni iuris - Dringlichkeit - Interessenabwägung - Teilweise und bedingte Aussetzung. - Rechtssache T-245/03 R.

Parteien:

In der Rechtssache T-245/03 R

Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles (FNSEA) mit Sitz in Paris (Frankreich),

Fédération nationale bovine (FNB) mit Sitz in Paris,

Fédération nationale des producteurs de lait (FNPL) mit Sitz in Paris,

Jeunes agriculteurs (JA) mit Sitz in Paris,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. Néouze und V. Ledoux, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Antragsteller,

unterstützt durch

Französische Republik , vertreten durch G. de Bergues und F. Million als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch P. Oliver und A. Bouquet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Antragsgegnerin,

wegen vollständiger oder teilweiser Befreiung von der Verpflichtung, eine Bankbürgschaft zu stellen, um die Beitreibung der mit der Entscheidung 2003/600/EG der Kommission vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/C.38.279/F3 - Viandes bovines françaises) (ABl. L 209, S. 12) verhängten Geldbußen zu verhindern,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1. Mit der Entscheidung 2003/600/EG vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/C.38.279/F3 - Viandes bovines françaises) (ABl. L 209, S. 12, nachfolgend: Entscheidung) stellte die Kommission fest, dass die Antragsteller, die Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles (FNSEA), die Fédération nationale bovine (FNB), die Fédération nationale des producteurs de lait (FNPL) und die Jeunes agriculteurs (JA), dadurch gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstoßen hätten, dass sie zusammen mit zwei französischen Verbänden von Schlachthofbetreibern des Rindfleischsektors, der Fédération nationale de l'industrie et des commerces en gros des viandes (FNICGV) und der Fédération nationale de la coopération bétail et viande (FNCBV), an einem Kartell beteiligt gewesen seien, das die Aussetzung der Rindfleischeinfuhren nach Frankreich und die Festsetzung eines Mindestpreises für bestimmte Kategorien von Rindfleisch zum Ziel gehabt habe (Artikel 1 der Entscheidung).

2. Nach den Angaben in der Entscheidung schlossen die die Landwirte vertretenden Antragsteller einerseits und die beiden Schlachthofbetreiberverbände andererseits am 24. Oktober 2001, als eine Krise wegen der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE), dem so genannten Rinderwahnsinn, herrschte, eine Vereinbarung, mit der sie Mindestpreise festsetzten und sich verpflichteten, die Einfuhren von Rindfleisch nach Frankreich auszusetzen oder zumindest einzuschränken. Ende November und Anfang Dezember 2001 sollen dieselben Verbände eine mündliche Vereinbarung ähnlichen Inhalts geschlossen haben.

3. Die Kommission vertritt in der Entscheidung die Ansicht, dass die beiden Vereinbarungen (nachfolgend: streitige Vereinbarungen) einen schweren Verstoß gegen Artikel 81 EG darstellten. Sie verhängte Geldbußen von 12 Millionen Euro gegen die FNSEA, von 1,44 Millionen Euro gegen die FNB, von 600 000 Euro gegen die JA und von 1,44 Millionen Euro gegen die FNPL (Artikel 3 der Entscheidung).

4. Nach Artikel 4 der Entscheidung sind diese Geldbußen binnen drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung zu zahlen. Im Zustellungsschreiben vom 9. April 2003 wurde darauf hingewiesen, dass die Kommission im Falle einer Klageerhebung durch die Antragsteller vor dem Gericht von einer Beitreibung absehen werde, sofern die Forderung nach Ablauf der Zahlungsfrist verzinst und spätestens bis zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Bankbürgschaft gestellt werde.

5. Mit Klageschrift, die am 20. Juni 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Antragsteller nach Artikel 230 Absatz 4 EG Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung und, hilfsweise, auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen erhoben.

6. Mit besonderem Schriftsatz, der am 11. Juli 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Antragsteller einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, der darauf gerichtet ist, dass die JA von der Verpflichtung befreit werden, die Bankbürgschaft als Voraussetzung für die nicht sofortige Beitreibung der mit der Entscheidung verhängten Geldbuße zu stellen, und dass diese Verpflichtung für die FNSEA auf einen Betrag von 1 700 000 Euro und für die FNB auf einen Betrag von 670 000 Euro beschränkt wird. Für die FNPL wird kein Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt.

7. Die Kommission hat am 1. August 2003 schriftlich zum Antrag auf einstweilige Anordnung Stellung genommen.

8. Mit Schriftsatz, der am 7. Oktober 2003 bei der Kanzlei eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Antragsteller zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2003 hat der Präsident des Gerichts die Französische Republik als Streithelferin zugelassen und sie aufgefordert, in der Anhörung Stellung zu nehmen.

9. Die Anhörung vor dem Richter der einstweiligen Anordnung hat am 17. Oktober 2003 stattgefunden.

10. In der Anhörung hat der Präsident des Gerichts den Antragstellern die Vorlage bestimmter zusätzlicher Dokumente gestattet. Diese Dokumente sind am 30. Oktober 2003 übermittelt worden.

11. Die Parteien haben sich in der Anhörung verpflichtet, die Möglichkeit einer aufeinander abgestimmten gestaffelten Zahlung der Geldbußen zu prüfen und dem Präsidenten des Gerichts das Ergebnis ihrer Erörterungen mitzuteilen. Dieses Ergebnis und bestimmte damit zusammenhängende Dokumente haben sie am 7. November 2003 übermittelt.

Entscheidungsgründe

12. Das Gericht kann gemäß den Artikeln 242 EG und 243 EG in Verbindung mit Artikel 225 Absatz 1 EG, wenn es dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

13. Nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts müssen Anträge auf einstweilige Anordnung die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (Fumus boni iuris). Diese Voraussetzungen bestehen kumulativ, so dass ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs zurückgewiesen werden muss, wenn eine von ihnen nicht erfuellt ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C268/96 P[R], SCK und FNK/Kommission, Slg. 1996, I4971, Randnr. 30). Gegebenenfalls nimmt der Richter der einstweiligen Anordnung auch eine Abwägung der bestehenden Interessen vor (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. Februar 2001 in der Rechtssache C445/00 R, Österreich/Rat, Slg. 2001, I1461, Randnr. 73).

14. Vor der Prüfung, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfuellt sind, ist festzustellen, dass die Antragsteller keinen Antrag hinsichtlich der FNPL gestellt haben. Unter diesen Umständen wird im Rahmen des vorliegenden Verfahrens der einstweiligen Anordnung ausschließlich die Lage der FNSEA, der FNB und der JA geprüft.

Zum Fumus boni iuris

Vorbringen der Parteien

15. Zum Nachweis des Fumus boni iuris machen die Antragsteller eine Reihe von Gründen geltend, die ihrer Ansicht nach zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen müssen.

16. Erstens seien sie weder Unternehmensvereinigungen noch Vereinigungen von Unternehmensvereinigungen. Zweitens sei der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie ihnen eine Vereinbarung über die Einfuhren, die heimliche Fortführung der Preisvereinbarung nach dem 30. November 2001 und lokale Handlungsweisen nach diesem Datum zur Last gelegt habe. Drittens habe die fragliche Vereinbarung den Wettbewerb nicht beschränkt. Viertens sehe die Ausnahme in Artikel 2 der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen (ABl. 1962, Nr. 30, S. 993) vor, dass Artikel 81 EG nicht für Absprachen gelte, die zur Verwirklichung der Ziele des Artikels 33 EG notwendig seien.

17. Hilfsweise machen die Antragsteller geltend, die mit der Entscheidung verhängten Geldbußen müssten herabgesetzt werden.

18. Insoweit bringen sie erstens vor, die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), seien rechtswidrig, da die darin enthaltene Art und Weise der Ermittlung des Grundbetrags sowohl dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), widerspreche.

19. Zweitens habe die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung begangen. Insbesondere habe sie selbst festgestellt, dass die Umstände des Falles sowohl aufgrund der beteiligten Parteien - die alle im Landwirtschaftssektor tätige Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht seien - als auch der mit dem betroffenen Erzeugnis zusammenhängenden Besonderheiten sehr spezifisch seien. Sie habe nämlich in der Entscheidung ausgeführt, sie ahnde erstmals eine ausschließlich von Verbänden getragene Vereinbarung..., die ein landwirtschaftliches Grunderzeugnis und zwei Glieder der Produktionskette betrifft. Ferner habe sie die Krise als außergewöhnliches Ereignis und als Situation, die über den einfachen Einbruch von Kursen oder den Ausbruch einer inzwischen bekannten Krankheit hinausgeht, eingestuft (Randnrn. 181 und 184 der Entscheidung).

20. Drittens habe die Kommission insoweit gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstoßen, als die Höhe der verhängten Geldbußen über die zulässige Obergrenze hinausgehe. Für eine Unternehmensvereinigung, die keinen Umsatz erziele, betrage die nach Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Obergrenze der Geldbuße eine Million Euro. Gehe man davon aus, dass die jährlichen Beitragseinnahmen der Antragsteller als Umsatz anzusehen seien, so überstiegen die verhängten Geldbußen 10 % dieser Einnahmen bei weitem, da sie 200 % der Beitragseinnahmen der FNSEA, 240 % der Beitragseinnahmen der FNB und mehr als 200 % der Beitragseinnahmen der JA entsprächen.

21. Die Umsätze der Mitglieder einer Unternehmensvereinigung dürften nur dann berücksichtigt werden, wenn diese kraft ihrer internen Regeln ihre Mitglieder verpflichten könne (Urteil des Gerichtshofes vom 16. November 2000 in der Rechtssache C298/98 P, Finnboard/Kommission, Slg. 2000, I10157). Im vorliegenden Fall könne aber keiner der Antragsteller seine Mitglieder verpflichten. Denn sie seien weder von Rechts wegen noch nach einer Klausel ihrer jeweiligen Satzung berechtigt, Verpflichtungen im Namen ihrer Mitglieder einzugehen. Erst recht seien sie nicht in der Lage, die ihren Mitgliedern angeschlossenen Mitglieder, also die den lokalen Verbänden angeschlossenen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (nachfolgend auch: verbandsangehörige Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe), zu verpflichten.

22. Viertens habe die Kommission gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen. Sie habe nämlich nicht nachgewiesen, dass sie bei der Berechnung der jeweiligen Geldbußen der Antragsteller berücksichtigt habe, dass ein Teil der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in bestimmten Fällen zugleich der FNSEA, der FNB, der FNPL und den JA angehören könne.

23. Schließlich machen die Antragsteller zu dem von der Kommission angewandten Verfahren geltend, diese habe die Verteidigungsrechte verletzt, da sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angegeben habe, dass sie den Betrag der Geldbußen anhand der Umsätze der Mitglieder der Antragsteller berechnen werde. Darüber hinaus habe sie gegen Artikel 253 EG verstoßen, da sie keine Begründung in Bezug auf die Einhaltung der Obergrenze nach der Verordnung Nr. 17 gegeben habe, obwohl im vorliegenden Fall eine äußerst genaue Begründung geboten gewesen wäre.

24. Nach Ansicht der Kommission genügt keiner der von den Antragstellern vorgebrachten Antragsgründe der Voraussetzung in Bezug auf den Fumus boni iuris.

25. Was zunächst die oben in Randnummer 16 wiedergegebenen Antragsgründe anbelange, so seien diese zu summarisch dargestellt, um darauf antworten zu können. Da sie nicht den Kriterien genügten, die im Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 7. Mai 2002 in der Rechtssache T306/01 R (Aden u. a./Rat und Kommission, Slg. 2002, II2387, Randnr. 52) aufgestellt worden seien, müssten sie als unzulässig zurückgewiesen werden. Hilfsweise macht die Kommission geltend, die Argumente griffen nicht durch.

26. Sodann müssten die auf die Änderung der Entscheidung in Bezug auf den Betrag der Geldbußen gerichteten Antragsgründe als rechtlich unbegründet zurückgewiesen werden.

27. Erstens stehe dem Argument der Rechtswidrigkeit der Leitlinien eine gefestigte Rechtsprechung entgegen, die ihre Rechtmäßigkeit anerkannt habe (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T9/99, HFB u. a./Kommission, Slg. 2002, II1487, Randnrn. 431 ff.).

28. Zweitens brächten die Antragsteller zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zum offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung nichts vor, was die in der Entscheidung festgestellten Tatsachen entkräften könne. Außerdem habe die Kommission die Krisensituation ordnungsgemäß berücksichtigt, indem sie damals zunächst Gemeinschaftsmaßnahmen zur Preisstabilisierung und insbesondere, abgesehen von den traditionellen Interventionsmechanismen, Sonderverordnungen mit Ausnahmecharakter erlassen habe. Die gegen die einzelnen Parteien verhängten Geldbußen seien zudem um 60 % herabgesetzt worden, um der Ausnahmesituation Rechnung zu tragen. Eine Marktkrise könne jedenfalls keine schwere Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln rechtfertigen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C238/99 P, C244/99 P, C245/99 P, C247/99 P, C250/99 P bis C252/99 P und C254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I8375, Randnr. 487).

29. Drittens sei das auf den Grundsatz ne bis in idem gestützte Vorbringen unzureichend dargelegt und deshalb für unzulässig zu erklären (Beschluss Aden u. a./Rat und Kommission, Randnr. 52). Jedenfalls habe die Kommission die Verbindungen zwischen den Antragstellern berücksichtigt, und jeder von ihnen sei für seine eigene Beteiligung an der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung belangt worden.

30. Was viertens die Obergrenze der Geldbußen anbelange, so gäben die Antragsteller nicht die kumulierten Umsätze ihrer Mitglieder an und wiesen nicht nach, dass die Geldbußen die Obergrenze von 10 % dieser Summe überschritten. Außerdem könne die Geldbuße im Hinblick darauf, dass der Umsatz im Rindfleischsektor 4,4 Milliarden Euro betrage und dass die große Mehrheit der Erzeuger in diesem Sektor den Antragstellern mittelbar angeschlossen sei, nicht 10 % der kumulierten Umsätze ihrer Mitglieder überschritten haben. Wenn man nämlich berücksichtige, dass die FNSEA letztlich fast 600 000 Mitglieder zähle und die JA nahezu 50 000, so mache die verhängte Geldbuße etwa 20 Euro bzw. 12 Euro pro Mitglied aus. Es sei schwer vorstellbar, dass sich solche Beträge der Obergrenze von 10 % des Jahresumsatzes näherten.

31. Hinsichtlich der Möglichkeit der Antragsteller, ihre Mitglieder zu verpflichten, weist die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen auf Artikel 8 der Satzung der FNSEA hin, wonach dieser Verband das gesamte Vorgehen in der nach den Umständen zulässigen oder erforderlichen Form [lenkt]. Ähnliche Bestimmungen fänden sich in den Satzungen der FNB (Artikel 7) und der JA (Artikel 6). In der Anhörung hat die Kommission auch auf Artikel 7 der Satzung der FNSEA verwiesen, wonach ein Mitglied wegen Missachtung der Satzung oder der Geschäftsordnung oder wegen eines immateriellen oder materiellen Schadens ausgeschlossen werden könne, insbesondere in dem Fall, dass die Tätigkeit des Mitglieds der politischen Linie der FNSEA zuwiderlaufe. Ähnliche Bestimmungen gebe es in den Satzungen der Mitglieder der FNSEA, was es den lokalen Verbänden letztlich erlaube, einen verbandsangehörigen Landwirt auszuschließen, wenn er der Verbandsorganisation schade, indem er z. B. die Teilnahme an Aktionen des Verbandes verweigere. Damit seien die Antragsteller aber in der Lage, alle ihre Mitglieder sowie die verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe zu verpflichten. Schließlich stelle sich die Frage, weshalb die Antragsteller die Vereinbarungen getroffen hätten, wenn sie ihre Mitglieder nicht verpflichten könnten.

32. Schließlich macht die Kommission geltend, sie müsse in einer Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht die Berechnungsgrundlage darlegen, die sie bei der Prüfung der Obergrenze heranziehen wolle (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T31/99, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, Slg. 2002, II1881, Randnrn. 78, 79, 85 und 86). Was die Begründung für die Obergrenze angehe, so habe sie sich ordnungsgemäß um Informationen über den Umsatz der Mitglieder der FNSEA bemüht, die aber keine Auskunft gegeben habe. Außerdem mache die verhängte Geldbuße einen Prozentsatz aus, der deutlich niedriger sei als 10 % des Umsatzes der Mitglieder der Antragsteller.

Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung

33. Zumindest einige der von den Antragstellern geltend gemachten Gründe scheinen auf den ersten Blick erheblich zu sein und jedenfalls nicht jeder Grundlage zu entbehren. So verhält es sich insbesondere mit dem Vorbringen, dass die Kommission eine Geldbuße festgesetzt habe, die die Schwelle von 10 % des Umsatzes der Antragsteller überschreite, und mit dem Vorbringen, dass in der Entscheidung eine Begründung in Bezug auf diese Obergrenze fehle.

34. Zum ersten dieser beiden Antragsgründe ist festzustellen, dass die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes bei Zuwiderhandlungen einer Unternehmensvereinigung gegebenenfalls anhand des Umsatzes aller der Vereinigung angehörenden Unternehmen zu berechnen ist; dies gilt zumindest dann, wenn die Vereinigung kraft ihrer internen Regeln ihre Mitglieder verpflichten kann (Urteile des Gerichts vom 23. Februar 1994 in den Rechtssachen T39/92 und T40/92, CB und Europay/Kommission, Slg. 1994, II49, Randnr. 136, vom 21. Februar 1995 in der Rechtssache T29/92, SPO u. a./Kommission, Slg. 1995, II289, Randnr. 385, vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T213/95 und T18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II1739, Randnr. 252, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T338/94, Finnboard/Kommission, Slg. 1998, II1617, Randnr. 270, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 16. November 2000, Finnboard/Kommission, Randnr. 66).

35. Die Kommission hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Antragsteller kraft ihrer Satzungen alle ihre Mitglieder sowie die verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe verpflichten könnten und dass darum die Heranziehung ihrer Umsätze bei der Berechnung der Obergrenze der Geldbußen gerechtfertigt gewesen sei.

36. In der Anhörung haben die Antragsteller bestritten, dass ihre Satzungen und die ihrer Mitglieder den Ausschluss eines Mitglieds erlaubten, das die Teilnahme an einer Verbandsaktion verweigere. Sie haben außerdem ausgeführt, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 zwar im Interesse ihrer Mitglieder getroffen worden sei, aber allein dazu gedient habe, ihnen psychologischen und politischen Auftrieb zu geben. Schließlich haben sie darauf hingewiesen, dass mehrere lokale Vereinbarungen getroffen worden seien, was belege, dass die von ihnen getroffene Vereinbarung nicht zwingend gewesen sei.

37. Aus Artikel 8 der Satzung der FNSEA ergibt sich, dass dieser Verband hauptsächlich zum Ziel hat, die Interessen des landwirtschaftlichen Berufsstands auf sittlicher, technischer, sozialer, wirtschaftlicher und gesetzgeberischer Ebene unter Ausschluss aller Handelsgeschäfte... zu vertreten und zu verteidigen. Die FNSEA hat u. a. die Aufgabe, die Vertretung und Verteidigung der landwirtschaftlichen Interessen bei allen Gelegenheiten, insbesondere gegenüber den Behörden und in überberuflichen Einrichtungen, sicherzustellen sowie das gesamte Vorgehen in der nach den Umständen zulässigen oder erforderlichen Form vorzubereiten, zu beschließen und zu lenken (Artikel 8 Nummer 5). Sie hat ferner die Aufgabe, die Vertretung und Verteidigung der Interessen der Arbeitgeber landwirtschaftlicher Beschäftigter insbesondere gegenüber den Behörden und den Gewerkschaftsorganisationen der Beschäftigten sicherzustellen, und ist zu diesem Zweck befugt, alle arbeitsrechtlichen Gesamtvereinbarungen oder Tarifabkommen auszuhandeln und abzuschließen und an der Verwaltung aller paritätischen Strukturen mitzuwirken, die durch diese Vereinbarungen oder Abkommen errichtet werden (Artikel 8 Nummer 6). Zudem geht aus Artikel 7 der Satzung der FNSEA hervor, dass die Mitgliedschaft bei ihr u. a. durch Ausschluss wegen Nichtbeachtung der Satzung oder der Geschäftsordnung oder wegen eines der [FNSEA] zugefügten immateriellen oder materiellen Schadens, insbesondere in dem Fall, dass die Tätigkeit des Mitglieds der allgemeinen politischen Linie der [FNSEA] zuwiderläuft, erlischt.

38. Aus Artikel 7 der Satzung der FNB ergibt sich, dass dieser Verband die Organisation, Vertretung und Verteidigung der gemeinsamen Interessen aller Züchter von Rindern zum Ziel hat. Nach Artikel 4 dieser Satzung erlischt die Mitgliedschaft durch Ausschluss wegen Nichtbeachtung der Satzung oder Geschäftsordnung oder wegen eines der [FNB] zugefügten materiellen oder immateriellen Schadens.

39. Schließlich ergibt sich aus Artikel 6 der Satzung der JA, dass dieser Verband im Wesentlichen zum Ziel hat, alle beruflichen Tätigkeiten zu organisieren, zu koordinieren und zu harmonisieren [und] die Interessen der [die JA] konstituierenden Departementsverbände zu vertreten und zu verteidigen. Artikel 5 dieser Satzung sieht vor, dass die Mitgliedschaft u. a. durch Ausschluss wegen Nichtbeachtung der Satzung oder der Geschäftsordnung oder wegen eines [den JA] zugefügten immateriellen oder materiellen Schadens, insbesondere in dem Fall, dass die Tätigkeit des Mitglieds der allgemeinen politischen Linie der [JA] zuwiderläuft, erlischt.

40. Außer Artikel 8 Nummer 6 der Satzung der FNSEA, der die spezielle Frage der Aushandlung und des Abschlusses von Kollektivvereinbarungen betrifft, scheint den Antragstellern auf den ersten Blick keine Bestimmung ihrer Satzungen zu gestatten, Entscheidungen zu treffen, die ihre Mitglieder binden können. Zwar ermächtigt die Satzung der FNSEA diese dazu, das gesamte Vorgehen... vorzubereiten, zu beschließen und zu lenken, scheint es ihr aber auf den ersten Blick entgegen der Behauptung der Kommission nicht zu gestatten, ihre Mitglieder zu verpflichten.

41. Insbesondere enthalten die Satzungen der Antragsteller auf den ersten Blick keine Bestimmungen, die es ihnen erlauben, ihre Mitglieder in der in den Urteilen CB und Europay/Kommission, SCK und FNK/Kommission und vom 14. Mai 1998, Finnboard/Kommission, genannten Weise zu verpflichten.

42. Insoweit hat das Gericht im Urteil CB und Europay/Kommission (Randnr. 138) und im Urteil vom 14. Mai 1998, Finnboard/Kommission (Randnrn. 275 und 280), hervorgehoben, dass die Mitglieder der Verbände, um die es dort ging, kraft der Satzungen gesamtschuldnerisch für vom Verband gegenüber Dritten eingegangene Verpflichtungen hafteten.

43. In der Rechtssache, die zum Urteil SCK und FNK/Kommission führte, sah die Satzung des fraglichen Verbandes ausdrücklich vor, dass dieser Entscheidungen mit bindender Wirkung für seine Mitglieder treffen und diejenigen Mitglieder, die diese Entscheidungen nicht befolgten, ausschließen konnte.

44. Ferner ist im Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache T5/00 R (Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, Slg. 2000, II4121, Randnr. 56) festgestellt worden, dass die Mitglieder nach der Satzung des Verbandes gehalten waren, sich genauestens an die Bestimmungen der Satzung, die Geschäftsordnung und die Entscheidungen des Vorstands und der Vollversammlung zu halten.

45. In Anbetracht dieser Entscheidungen scheint die von der Kommission in der Anhörung vorgetragene These, wonach es ausreiche, dass die Antragsteller kraft ihrer Satzungen diejenigen Mitglieder ausschließen könnten, die sich nicht an ihre allgemeine Politik hielten, über die Rechtsprechung hinauszugehen.

46. Außerdem setzt im vorliegenden Fall die Berücksichtigung der Umsätze der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe bei der Berechnung der Obergrenze der Geldbußen voraus, dass die von den Antragstellern getroffenen Entscheidungen nicht nur ihre unmittelbaren, sondern auch die mittelbaren Mitglieder binden. Die Kommission hat insoweit auf den ersten Blick keine Erläuterungen gegeben und erst recht keine Unterlagen geliefert, die diese Annahme stützen könnten.

47. Nach alledem entbehrt der vorliegende Antragsgrund nicht jeder Grundlage. Außerdem verdient die Ermittlung der Umstnde, die es gestatten, bei der Anwendung der Obergrenze von 10 % gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 die Umsätze der Mitglieder einer Unternehmensvereinigung heranzuziehen, eine vertiefte Prüfung und eine Beurteilung allein durch den Richter der Hauptsache.

48. Zum zweiten Antragsgrund, der auf einen Begründungsmangel hinsichtlich der Obergrenze der Geldbußen gestützt wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die in Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I1719, Randnr. 63). Der Umfang der Begründungspflicht nach Artikel 253 EG hängt von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I395, Randnrn. 15 und 16, und Urteil Kommission/Sytraval und Brink's France, Randnr. 63).

49. Bei einer Entscheidung, mit der wie im vorliegenden Fall gegen mehrere Unternehmen Geldbußen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft verhängt werden, ist der Umfang der Begründungspflicht namentlich unter Berücksichtigung des Erfordernisses zu bestimmen, die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I1611, Randnr. 54).

50. Die Randnummern 162 bis 186 der Entscheidung sind der Anwendung von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 gewidmet. In Randnummer 170 der Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Höhe der von jedem Antragsteller erhobenen Jahresbeiträge ein objektiver Maßstab für die jeweilige Bedeutung der einzelnen Verbände und für das Ausmaß ihrer Beteiligung an der festgestellten Zuwiderhandlung sei. In Anbetracht dessen hat die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße bei der FNSEA auf 20 Millionen Euro und bei den JA und der FNB auf 1/20 bzw. 1/10 dieses Betrages festgesetzt.

51. Dagegen wird in keiner Randnummer der Entscheidung geprüft, ob etwa die Obergrenze von 10 % überschritten wird, oder gar, ob die Umsätze der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe herangezogen werden dürfen. Die Entscheidung lässt deshalb auf den ersten Blick für die Betroffenen und den Gemeinschaftsrichter nicht die Gründe erkennen, aus denen die Kommission es für angebracht gehalten hat, diese Umsätze zu berücksichtigen.

52. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, da der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und den Umständen, unter denen er erlassen wurde, abhängt (siehe oben, Randnr. 48), ihre Erwägungen ausführlich darlegen muss, wenn sie im Rahmen ihrer Entscheidungspraxis erheblich über frühere Entscheidungen hinausgeht (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74, Fabricants de papiers peints/Kommission, Slg. 1975, 1491, Randnr. 31, und Urteil SCK und FNK, Randnr. 226). Dies gilt umso mehr, wenn sie, wie es in der vorliegenden Rechtssache der Fall zu sein scheint (siehe oben, Randnr. 45), über die Rechtsprechung hinausgeht.

53. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens hat die Kommission nur geltend gemacht, sie habe sich vor Erlass der Entscheidung bei den Antragstellern ordnungsgemäß um Informationen über die Umsätze ihrer Mitglieder bemüht, aber ihr sei keine Auskunft darüber erteilt worden.

54. Zu diesem Argument ist festzustellen, dass die Kommission zum einen das Vorbringen der Antragsteller, dass die Entscheidung keine Begründung hinsichtlich der Obergrenze der Geldbußen enthalte, nicht wirklich zu bestreiten scheint, und dass zum anderen der Umstand, dass die Kommission die Umsätze der Mitglieder der Antragsteller nicht im Einzelnen kannte, sie auf den ersten Blick nicht davon entbinden konnte, im Rahmen der Entscheidung die Gründe anzuführen, aus denen sie es für angebracht hielt, die Umsätze dieser Mitglieder zu berücksichtigen.

55. Die vorstehenden Überlegungen genügen, um zu dem Schluss zu kommen, dass zumindest ein Teil der von den Antragstellern vorgebrachten Gründe auf den ersten Blick erheblich ist und jedenfalls nicht jeder Grundlage entbehrt. Unter diesen Umständen ist im vorliegenden Fall der Fumus boni iuris zu bejahen.

Zur Dringlichkeit

Vorbringen der Parteien

56. Nach Ansicht der Antragsteller ist im vorliegenden Fall die Voraussetzung der Dringlichkeit erfuellt.

57. Sie machen einleitend geltend, die Gefahr eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens müsse anhand der Lage jedes Einzelnen von ihnen und nicht anhand der Lage ihrer Mitglieder beurteilt werden.

58. Da sie nämlich nicht die Befugnis hätten, ihre Mitglieder zu verpflichten, könnten sich ihre objektiven Interessen nicht mit denen der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe vermischen. Unter diesen Umständen seien die Größe und die Wirtschaftskraft der Rindfleischerzeuger bei der Beurteilung des Schadens, der ihnen drohe, nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen besäßen die Antragsteller keine Informationen über die Umsätze der Fleischerzeuger.

59. Speziell zur FNSEA führen die Antragsteller zunächst aus, sie sei ein Verband, der den Bestimmungen des französischen Code du travail (Arbeitsgesetzbuch) unterliege (Artikel 1 der Satzung) und dessen Mitglieder die Fédérations départementales des syndicats d'exploitants agricoles (FDSEA) und die Unions départementales des syndicats d'exploitants agricoles (UDSEA), die JA und die auf nationaler Ebene auf ein Erzeugnis spezialisierten Verbände wie die FNB und die FNPL seien (Artikel 5 der Satzung). Sie weisen außerdem darauf hin, dass die FNSEA hauptsächlich zum Ziel [hat], die Interessen des landwirtschaftlichen Berufsstands auf sittlicher, technischer, sozialer, wirtschaftlicher und gesetzgeberischer Ebene unter Ausschluss aller Handelsgeschäfte... zu vertreten und zu verteidigen; zu diesem Zweck organisiert, koordiniert und harmonisiert sie die gesamten... Interessen (Artikel 8 der Satzung). Somit erwirtschafte die FNSEA mit ihrer Haupttätigkeit keine Erträge. Sie habe vielmehr in Anbetracht ihrer Aufgabe im französischen Landwirtschaftssektor, insbesondere gegenüber den französischen Behörden, äußerst hohe Betriebskosten, die mit ihrer weit verzweigten Struktur und der Komplexität ihrer Organisation zusammenhingen.

60. Ferner entspreche die gegen die FNSEA verhängte Geldbuße in Höhe von 12 Millionen Euro genau der Höhe ihrer ordentlichen Einnahmen für das Jahr 2001. Diese setzten sich aus Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 5,95 Millionen Euro, Zuschüssen in Höhe von 3,28 Millionen Euro und sonstigen Einkünften in Höhe von 2,81 Millionen Euro zusammen.

61. Zur Liquidität der FNSEA führen die Antragsteller aus, dass zwar auf der Habenseite (Anlagevermögen, Wertpapieranlagen und Barmittel) der Bilanz der FNSEA vom 31. Dezember 2002 insgesamt etwa 14 Millionen Euro zu Buche stuenden, aber der Wert der verwertbaren und verfügbaren Aktiva 3 Millionen Euro betrage.

62. Die Antragsteller verweisen auch auf Schreiben von drei französischen Banken, die es alle abgelehnt hätten, eine Bankbürgschaft zu stellen. Eine dieser Banken habe der FNSEA angeboten, gegen Verpfändung ihrer freien Aktiva eine Bürgschaft in Höhe von 1,7 Millionen Euro zu stellen.

63. Zur FNB führen die Antragsteller zunächst aus, dass diese ein Verband sei, der den Bestimmungen des französischen Code du travail unterliege (Artikel 1 der Satzung) und dessen Mitglieder die Fachsektionen der FDSEA und der UDSEA seien (Artikel 2 der Satzung). Die FNB habe die Organisation, Vertretung und Verteidigung der gemeinsamen Interessen aller daran interessierten Züchter von Rindern und verwandten Arten gemäß der Satzung der FNSEA zum Ziel (Artikel 7 der Satzung). Die FNB verfolge also eine Haupttätigkeit, mit der sie keine Erträge erwirtschaften könne.

64. Ihre Einnahmen stammten im Wesentlichen aus Beiträgen der Rindfleischsektionen der Departementsverbände und der Züchtervereinigungen. Der Gesamtbetrag ihrer Einnahmen habe sich im Jahr 2001 auf 816 935 Euro belaufen. Die von der Kommission gegen sie verhängte Geldbuße von 1 440 000 Euro entspreche somit mehr als 176 % des Betrages ihrer Einnahmen für das Jahr 2001. Dies sei in Anbetracht ihrer Eigenschaft als Verband und ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit überhöht. Am 31. Dezember 2002 habe sie über freie Aktiva in Höhe von 1,091 Millionen Euro verfügt. Folglich könne sie keine höhere Summe als 750 000 Euro aufbringen.

65. Drei französische Banken hätten ihr die Stellung einer Bankbürgschaft für die verhängte Geldbuße verweigert. Eine davon habe sich bereit erklärt, gegen Verpfändung der freien Aktiva eine Bankbürgschaft in Höhe von 670 000 Euro zu stellen.

66. Zu den JA führen die Antragsteller zunächst aus, dass sie ein Verband seien, der ebenfalls dem französischen Code du travail unterliege (Artikel 1 der Satzung) und dessen Mitglieder die Departementszentren junger Landwirte seien, die zuvor der FDSEA oder der UDSEA in ihrem Departement beigetreten sein müssten (Artikel 3 der Satzung). Die JA hätten zum Ziel, alle beruflichen Tätigkeiten zu organisieren, zu koordinieren und zu harmonisieren [und] die Interessen der sie konstituierenden Departementsverbände zu vertreten und zu verteidigen; sie hätten somit insbesondere die Aufgabe, die jungen Landwirte bei den Berufsorganisationen, den Behörden und in der Öffentlichkeit zu vertreten [und] die Interessen der jungen Landwirte überall dort zu verteidigen, wo dies möglich ist (Artikel 6 der Satzung). Ihre Haupttätigkeit erlaube es den JA somit nicht, Erträge zu erwirtschaften.

67. Der Betrag der gegen die JA verhängten Geldbuße mache mehr als 200 % ihrer Beiträge und auch mehr als 200 % ihrer Eigenmittel und Rücklagen aus.

68. Der Betrag der fälligen Schulden der JA sei beträchtlich und belaufe sich auf 1,51 Millionen Euro im Jahr 2001 und auf 2,9 Millionen Euro Ende 2002. Außerdem hätten die JA in den vorangegangenen Jahren Verluste in Form eines Defizits von 64 775 Euro im Jahr 2001 und 42 175 Euro im Jahr 2002 verzeichnet.

69. Die Aktiva, über die die JA verfügten, erlaubten es ihnen nicht, eine Bankbürgschaft beizubringen. Alle insoweit angesprochenen Banken hätten es insbesondere wegen fehlender Eigenmittel sowie wegen ihrer Verluste und der Höhe ihrer fälligen Schulden abgelehnt, eine Bankbürgschaft zu stellen.

70. Nach Ansicht der Kommission haben die Antragsteller nicht in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit im vorliegenden Fall erfuellt ist.

71. Da die Antragsteller ihre Mitglieder verpflichten könnten, stimmten ihre Interessen mit denen ihrer letztlichen Mitglieder, der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, überein. Somit hätten die Antragsteller die streitigen Vereinbarungen für Rechnung und im Interesse ihrer Mitglieder geschlossen.

72. Unter diesen Umständen müsse der geltend gemachte schwere und nicht wieder gutzumachende Schaden anhand der finanziellen Leistungsfähigkeit der Mitglieder der Antragsteller beurteilt werden. Die Antragsteller könnten aber mit Hilfe ihrer Mitglieder zweifelsfrei die erforderliche Bankbürgschaft beibringen, indem sie z. B. einen Sonderbeitrag erhöben. Die gegen die FNSEA verhängte Geldbuße mache insoweit für jeden der von ihr vertretenen 600 000 Landwirte etwa 20 Euro aus, und die gegen die JA verhängte Geldbuße mache für jedes ihrer 50 000 Mitglieder etwa 12 Euro aus. In der Anhörung hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die FNSEA 68 unmittelbare Mitglieder habe, darunter die FNPL, die imstande gewesen sei, die Bankbürgschaft beizubringen. Auch sei klar, dass sich die FNSEA, selbst wenn sie auf dieser Ebene bleibe, finanziell auf ihre Mitglieder stützen könne. Ihr Vorstand könnte nämlich zusammentreten, einen Beitrag für das folgende Jahr festsetzen und so ihre 68 Mitglieder verpflichten, den Beitrag zu zahlen. Die Kommission stellt klar, dass sie die genaue finanzielle Lage der Mitglieder der FNSEA nicht kenne, da diese ihr nie die insoweit erbetene Auskunft gegeben habe.

73. Die Kommission fügt hinzu, wenn die Mitglieder der Antragsteller entschieden, die Bankbürgschaft nicht beizubringen, und wenn gegebenenfalls die gerichtliche Beitreibung der Geldbuße dazu führen sollte, dass einige Verbände aufgelöst werden müssten, so ergebe sich diese Folge nicht aus der von der Kommission auferlegten Verpflichtung, sondern aus der Entscheidung der Verbandsmitglieder. Unter diesen Umständen gebe es keinen unmittelbaren und zwangsläufigen Kausalzusammenhang zwischen der Auflösung der Verbände und dem Handeln der Kommission (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 4. Juni 1996 in der Rechtssache T18/96 R, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1996, II407, Randnrn. 36 bis 38, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C268/96 P[R], SCK und FNK/Kommission, Slg. 1996, I4971; Beschluss Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, Randnrn. 52, 54, 58 und 59, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. März 2001 in der Rechtssache C7/01 P[R], FEG/Kommission, Slg. 2001, I2559, Randnrn. 42 bis 44 und 46). Außerdem gelte die Überlegung, die dazu führe, dass die Mittel von Unternehmensgruppen, zu denen ein Unternehmen gehöre, berücksichtigt würden, auch für eine Unternehmensvereinigung (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Dezember 1999 in der Rechtssache C335/99 P[R], HFB u. a./Kommission, Slg. 1999, I8705, Randnrn. 62 und 63).

74. Falls in Bezug auf die Antragsteller ein Sanierungs oder Liquidationsverfahren eröffnet werden sollte, sei es das Ziel eines solchen Verfahrens, die betroffenen Verbände zu retten, und es sei wahrscheinlich, dass die Mitgliedsunternehmen die zur Sanierung der Verbände erforderliche Unterstützung leisteten. Jedenfalls bestehe kein Interesse daran, einen Verband zu erhalten, dessen Mitglieder seinen Fortbestand nicht wünschten.

75. Da die Antragsteller nicht nachgewiesen hätten, dass sie mit der Bürgschaft ihrer Mitglieder die geforderten Bankbürgschaften nicht erlangen könnten, sei die Voraussetzung der Dringlichkeit nicht erfuellt.

76. Hilfsweise analysiert die Kommission die jeweilige finanzielle Lage der Antragsteller und kommt zu dem Ergebnis, dass sie über ausreichende Mittel verfügten, um die erforderlichen Bankbürgschaften beizubringen. Die von der FNB und den JA eingereichten Belege hätten mangels Beglaubigung keinen absoluten Beweiswert, und die Schreiben der Banken, auf die sich die Antragsteller zum Nachweis dafür, dass sie die geforderten Sicherheiten nicht beibringen könnten, beriefen, seien irrelevant, da aus ihnen nicht hervorgehe, dass die Antragsteller bereit gewesen seien, alle ihre verfügbaren Eigenmittel einzusetzen, um eine Bankbürgschaft zu erlangen.

Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung

77. Nach ständiger Rechtsprechung kann einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Verpflichtung, eine Bankbürgschaft als Voraussetzung dafür zu stellen, dass eine Geldbuße nicht sofort beigetrieben wird, nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände stattgegeben werden (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 6. Mai 1982 in der Rechtssache 107/82 R, AEG/Kommission, Slg. 1982, 1549, Randnr. 6, und Beschluss FEG/Kommission, Randnr. 44). Die Möglichkeit, die Stellung einer finanziellen Sicherheit zu verlangen, ist nämlich für Verfahren der einstweiligen Anordnung in den Verfahrensordnungen des Gerichtshofes und des Gerichts ausdrücklich vorgesehen und entspricht einer allgemeinen und vernünftigen Vorgehensweise der Kommission (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 5. August 2003 in der Rechtssache T79/03 R, IRO/Kommission, Slg. 2003, II0000, Randnr. 25).

78. Das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände kann grundsätzlich dann angenommen werden, wenn die Partei, die von der Stellung der verlangten Bankbürgschaft befreit werden möchte, den Beweis dafür erbringt, dass es ihr objektiv unmöglich ist, diese Bürgschaft zu stellen (Beschluss IRO/Kommission, Randnr. 26).

79. Im vorliegenden Fall machen die Antragsteller geltend, angesichts der finanziellen Lage der FNSEA, der FNB und der JA würde die Stellung der gesamten Bankbürgschaft mit den damit verbundenen Kosten zwangsläufig zu ihrer Auflösung führen. Zur Stützung dieser Behauptung verweisen sie auf ihre jeweilige Vermögenssituation am 31. Dezember 2002 (siehe oben, Randnrn. 61, 62, 64 und 68). Außerdem legen sie eine Reihe von Schreiben von drei - im Fall der JA von vier - französischen Banken vor, die es insbesondere im Hinblick auf ihr unzureichendes Vermögen abgelehnt haben, ihnen eine Bankbürgschaft für die verhängten Geldbußen zu gewähren. In Bezug auf die FNSEA und die FNB hat eine der angesprochenen Banken angeboten, eine niedrigere als die erbetene Bürgschaft zu stellen.

80. In der Anhörung haben die Antragsteller eine Reihe von Fragen zu ihrem Vermögen beantwortet und die verschiedenen Posten ihrer Bilanzen erläutert. Im Anschluss daran haben sich die Antragsteller verpflichtet, die Möglichkeit einer aufeinander abgestimmten gestaffelten Zahlung der streitigen Geldbußen zu prüfen und der Kommission einen dahin gehenden Vorschlag zu machen.

81. Am 7. November 2003 haben die Antragsteller und die Kommission das Ergebnis ihrer Erörterungen mitgeteilt. Demzufolge hat die FNSEA angeboten, sofort eine Bankbürgschaft in Höhe von 1,7 Millionen Euro zu stellen, am 31. Dezember 2003 einen Betrag von 1,5 Millionen Euro zu zahlen und am 15. Mai 2004 weitere 1,5 Millionen Euro zu zahlen. Die FNB hat angeboten, sofort eine Bankbürgschaft in Höhe von 670 000 Euro zu stellen und am 31. Dezember 2003 einen Betrag von 200 000 Euro zu zahlen. Die JA haben angeboten, am 31. Dezember 2003 einen Betrag von 15 000 Euro und am 15. Juli 2004 weitere 85 000 Euro zu zahlen.

82. Die Kommission hat die Angebote der Antragsteller zurückgewiesen. Für sie steht außer Zweifel, dass die Antragsteller mit Hilfe ihrer unmittelbaren und mittelbaren Mitglieder die Geldbuße zahlen oder die Stellung der erforderlichen Bankbürgschaften finanzieren könnten. Sie weist insbesondere darauf hin, dass die Antragsteller nicht erläuterten, weshalb es ihnen nach einer Vollversammlung nicht möglich sei, die erforderlichen Maßnahmen zur Erlangung der zusätzlichen Bankbürgschaften oder zur Zahlung der Geldbuße zu treffen. Außerdem hätten die Antragsteller nicht nachgewiesen, dass es ihnen aufgrund ihres Vermögens objektiv unmöglich sei, die genannten Bürgschaften zu stellen.

83. Angesichts der Erläuterungen der Antragsteller und des Inhalts ihrer Angebote hält der Richter der einstweiligen Anordnung ihre Angaben, wonach ihr eigenes Vermögen es ihnen nicht erlaube, mehr als die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens bereits angebotenen Mittel bereitzustellen, für hinreichend untermauert.

84. Nach gefestigter Rechtsprechung ist jedoch der Schaden einer Unternehmensvereinigung unter Berücksichtigung der finanziellen Lage ihrer Mitglieder zu beurteilen, wenn die objektiven Interessen der Vereinigung nicht unabhängig von den Interessen der ihr angeschlossenen Unternehmen sind (Beschluss vom 14. Oktober 1996, SCK und FNK/Kommission, Randnrn. 35 bis 38, und Beschluss HFB u. a./Kommission, Randnr. 63).

85. Daher ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die finanzielle Lage der Antragsteller unter Berücksichtigung der Lage ihrer Mitglieder zu beurteilen ist.

86. In ihren Schriftsätzen führen die Antragsteller aus, da sie nach ihren Satzungen ihre Mitglieder nicht verpflichten könnten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich ihre Interessen mit denen ihrer Mitglieder deckten.

87. Es ist zwar richtig, dass im vorliegenden Fall die internen Regeln der FNSEA, der FNB und der JA es ihnen auf den ersten Blick nicht erlauben, ihre Mitglieder im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung (siehe oben, Randnrn. 40 und 46) zu verpflichten, doch führt dieser Umstand nicht automatisch zu dem Schluss, dass die Handlungen der Antragsteller im Rahmen der Rindfleischkrise von 2001 nicht den objektiven Interessen ihrer Mitglieder entsprachen. Nach der vorgenannten Rechtsprechung (vgl. insbesondere Beschluss vom 14. Oktober 1996, SCK und FNK/Kommission, Randnr. 37) kann, um zu klären, inwieweit die objektiven Interessen eines Verbandes von den Interessen seiner Mitglieder unabhängig sind, berücksichtigt werden, dass es interne Regeln gibt, die es dem Verband erlauben, seine Mitglieder zu verpflichten. Eine Deckung der objektiven Interessen des Verbandes und seiner Mitglieder kann sich jedoch aus anderen, von der Existenz oder dem Fehlen solcher Regeln unabhängigen Umständen ergeben.

88. In ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung haben die Antragsteller nichts zum Nachweis dafür vorgetragen, dass ihre Handlungen nicht den objektiven Interessen ihrer Mitglieder und insbesondere der im Bereich der Rindfleischerzeugung tätigen Mitglieder entsprachen.

89. In Beantwortung einer vom Richter der einstweiligen Anordnung dazu in der Anhörung gestellten Frage haben die Antragsteller darauf hingewiesen, dass es nach den Angaben in Randnummer 10 der Entscheidung in Frankreich etwa 240 000 Betriebe mit mehr als fünf ausgewachsenen Rindern gebe. Wenn man unterstelle, dass 50 % einem Verband angeschlossen seien, seien somit 120 000 der 650 000 Mitglieder der FNSEA Rindfleischerzeuger, also weniger als 20 %. Deshalb liege es auf der Hand, dass die meisten Mitglieder der FNSEA kein Interesse daran hätten, diese bei der Zahlung der Geldbuße oder der Beibringung der Bankbürgschaft zu unterstützen.

90. Der Richter der einstweiligen Anordnung hält diese Erwägungen, die bloße Annahmen darstellen und im Übrigen nur die FNSEA und nicht die FNB oder die JA betreffen, für nicht ausreichend, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Handlungen der FNSEA beim Abschluss der streitigen Vereinbarungen einem von den Interessen ihrer Mitglieder unabhängigen Interesse entsprachen.

91. In Bezug auf die FNSEA ist darauf hinzuweisen, dass dieser Verband nach Artikel 8 seiner Satzung hauptsächlich zum Ziel hat, die Interessen des landwirtschaftlichen Berufsstands auf sittlicher, technischer, sozialer, wirtschaftlicher und gesetzgeberischer Ebene unter Ausschluss aller Handelsgeschäfte... zu vertreten und zu verteidigen, und dass er u. a. die Aufgabe hat, die Vertretung und Verteidigung der landwirtschaftlichen Interessen bei allen Gelegenheiten, insbesondere gegenüber den Behörden und in überberuflichen Einrichtungen, sicherzustellen sowie das gesamte Vorgehen in der nach den Umständen zulässigen oder erforderlichen Form vorzubereiten, zu beschließen und zu lenken.

92. Daraus folgt, dass die Aufgabe und die Handlungen der FNSEA auf einem Prinzip der Solidarität beruhen, nach dem dieser Verband die Interessen aller seiner Mitglieder verteidigt. Gehören einem Verband wie der FNSEA eine große Zahl von Mitgliedern aus verschiedenen Bereichen der landwirtschaftlichen Erzeugung an, so können seine Handlungen nicht stets allen Mitgliedern dienen oder diese unmittelbar betreffen. Gleichwohl haben sie ein gemeinsames, auf dem Prinzip der Solidarität beruhendes Interesse daran, dass die FNSEA Handlungen zur Unterstützung der am stärksten gefährdeten Mitglieder vornimmt, insbesondere wenn auf einem bestimmten Markt eine Krisensituation besteht.

93. Auch wenn die Handlungen der FNSEA im Rahmen der BSE-Krise vorgenommen wurden, um nur einen bestimmten Teil ihrer Mitglieder zu unterstützen, und zwar die verbandsangehörigen Rindfleischerzeuger, ändert dies somit nichts daran, dass ihre Handlungen die objektiven Interessen aller ihrer Mitglieder widerspiegelten.

94. Es ist daher unerheblich, ob in einem konkreten Fall die von den Handlungen der FNSEA betroffenen Erzeuger einen geringen oder größeren Teil ihrer Mitglieder ausmachen.

95. Ferner ist hervorzuheben, dass die FNSEA die streitigen Vereinbarungen nicht hätte unterzeichnen können, wenn sie nicht die erforderliche Unterstützung einer Mehrheit der Mitglieder ihres Vorstands gehabt hätte. Die Mehrheit der Vorstandsmitglieder war der Ansicht, dass der Abschluss einer Vereinbarung zum Schutz der Interessen der Rindfleischerzeuger so wichtig war, dass die FNSEA tätig werden sollte, statt das Handeln den Fachverbänden für die Rindfleischerzeugung zu überlassen.

96. Die JA haben zum Ziel, alle beruflichen Tätigkeiten zu organisieren, zu koordinieren und zu harmonisieren [und] die Interessen der sie konstituierenden Departementsverbände zu vertreten und zu verteidigen, und haben damit insbesondere die Aufgabe, die jungen Landwirte bei den Berufsorganisationen, den Behörden und in der Öffentlichkeit zu vertreten [und] die Interessen der jungen Landwirte überall dort zu verteidigen, wo dies möglich ist (Artikel 6 der Satzung).

97. Hinsichtlich der FNB geht aus Artikel 7 ihrer Satzung hervor, dass sie die Organisation, Vertretung und Verteidigung der gemeinsamen Interessen aller daran interessierten Züchter von Rindern und verwandten Arten gemäß der Satzung der FNSEA zum Ziel hat.

98. Daraus kann geschlossen werden, dass die Ziele der JA und der FNB denen der FNSEA weitgehend zu ähneln scheinen und dass ihr Interesse am Abschluss der streitigen Vereinbarungen auf den ersten Blick nicht vom Interesse ihrer Mitglieder unabhängig war. Diese Schlussfolgerung liegt hinsichtlich der FNB umso mehr auf der Hand, als ihr die von den genannten Vereinbarungen am stärksten betroffenen Landwirte angehören, nämlich die im Bereich der Rindfleischerzeugung tätigen Landwirte.

99. Kein Aktenbestandteil und kein Argument der Antragsteller erlauben es somit, die Tatsache in Zweifel zu ziehen, dass ihre Handlungen den Interessen ihrer Mitglieder entsprachen. Die objektiven Interessen der Antragsteller können daher nicht als unabhängig von den Interessen ihrer Mitglieder angesehen werden.

100. Dieses Ergebnis wird im Übrigen durch die Erläuterungen der Antragsteller bestätigt. Sie haben nämlich in der Anhörung erklärt, es sei undenkbar, dass ein Zusammenschluss von Berufsverbänden gegen die Interessen seiner Mitglieder handeln würde.

101. Folglich ist nach der oben in Randnummer 84 angeführten Rechtsprechung die Gefahr eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens, die sich aus der Stellung der Bankbürgschaften ergeben soll, anhand von Größe und Wirtschaftskraft der den Antragstellern angehörenden Unternehmen zu beurteilen.

102. Dass sich, wie die Antragsteller in der Anhörung geltend gemacht - aber im Übrigen nicht dargetan - haben, die Mehrheit ihrer Mitglieder weigern könnte, für die zum Überleben der Antragsteller erforderliche finanzielle Unterstützung zu stimmen, ist im Rahmen einer Beurteilung ihrer Wirtschaftskraft unerheblich (in diesem Sinne auch Beschluss FEG/Kommission, Randnr. 46). Überdies erscheint es nach den Akten nicht undenkbar, dass die Mehrheit der Mitglieder für eine Erhöhung der Beiträge der von den streitigen Vereinbarungen am stärksten betroffenen Mitglieder, d. h. der im Bereich der Rindfleischerzeugung tätigen Mitglieder, stimmt.

103. Ferner ist festzustellen, dass die Antragsteller nicht behauptet und erst recht nicht dargetan haben, dass die Gesamtheit der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe oder allein die im Bereich der Rindfleischerzeugung tätigen Landwirte finanziell nicht in der Lage waren, die zur Zahlung der Geldbuße oder zur Stellung der gesamten Bankbürgschaft erforderliche Unterstützung zu geben.

104. In der Anhörung haben die Antragsteller jedoch darauf hingewiesen, dass zur Erhöhung der jährlichen Beiträge eine Vollversammlung einberufen werden müsse, was Zeit brauche. Beispielsweise finde die ordentliche Vollversammlung der FNSEA erst im April 2004 statt. Zudem müsse auf mehreren Ebenen eine Reihe von Vollversammlungen durchgeführt werden. Um von den verbandsangehörigen Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe einen Beitrag zu erheben, sei es aufgrund der Struktur der Antragsteller nämlich erforderlich, dass ihre Mitglieder sowie deren Mitglieder von ihren Mitgliedern einen außerordentlichen Beitrag verlangten.

105. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich aus den Erläuterungen der Antragsteller ergibt, dass sie die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Erhöhung der Beiträge der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe zur Zahlung der Geldbuße oder zur Stellung der Bankbürgschaft anerkennen.

106. Ferner haben die Antragsteller zwar nicht geltend gemacht, dass ihre unmittelbaren Mitglieder finanziell nicht zur Zahlung der Geldbuße oder zur Stellung der erforderlichen Bankbürgschaft in der Lage seien, doch enthalten die Akten genügend ernsthafte Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Möglichkeit tatsächlich nicht besteht. Ungeachtet dessen, dass die FNPL, die Mitglied der FNSEA ist, die erforderliche Bankbürgschaft gestellt und damit eine gewisse finanzielle Leistungsfähigkeit bewiesen hat, bleibt nämlich der von jedem unmittelbaren Mitglied der Antragsteller zu zahlende Betrag erheblich.

107. Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Antragsteller die Beiträge der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in relativ naher Zukunft erhöhen können.

108. Insoweit geht aus den Satzungen der Antragsteller hervor, dass jede Erhöhung der Beiträge ihrer Mitglieder von der jeweiligen Vollversammlung gebilligt werden muss (Artikel 44 der Satzung der FNSEA, Artikel 9 der Satzung der JA und Artikel 20 der Satzung der FNB). Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller daran gehindert wären, zu diesem Zweck eine außerordentliche Vollversammlung einzuberufen, statt eine ordentliche Vollversammlung abzuwarten. Zwar sieht Artikel 44 der Satzung der FNSEA vor, dass der Betrag der von den Verbänden und Gruppierungen zu zahlenden Beiträge... jedes Jahr vom Vorstand vorgeschlagen und der Vollversammlung zur Ratifizierung vorgelegt [wird], doch geht aus Artikel 14 der Satzung hervor, dass die Vollversammlung... so oft zusammen[tritt], wie es das Interesse der [FNSEA] erfordert. Dies wird durch Artikel 17 bestätigt, wonach die außerordentliche Vollversammlung einberufen werden kann, wenn die Interessen der FNSEA es verlangen.

109. Ähnliche Bestimmungen sind in Artikel 9 der Satzung der FNB und in Artikel 8 der Satzung der JA zu finden.

110. Weiter ergibt sich aus der Satzung der FNSEA (Artikel 14), dass jede Vollversammlung durch einfachen Brief mit einer Frist von mindestens einem Monat einberufen werden kann. Die Satzung der JA (Artikel 8) sieht vor, dass die außerordentliche Vollversammlung durch einfachen Brief mit einer Frist von mindestens zwei Wochen einberufen werden kann, während nach der Satzung der FNB (Artikel 20) bei der Einberufung einer außerordentlichen Vollversammlung in dringenden Fällen keine Frist eingehalten werden muss.

111. Zur Möglichkeit, die Beiträge der verbandsangehörigen Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe zu erhöhen, haben die Antragsteller in der Anhörung ausgeführt, dies müsse in vier Schritten geschehen. Erstens müssten die Antragsteller die Beiträge ihrer Mitgliedsverbände erhöhen, die zweitens eine Vollversammlung einberufen und einen außerordentlichen Beitrag von ihren Mitgliedern, den Departementsverbänden, erheben müssten. Letztere müssten drittens die genannten Beiträge von ihren Mitgliedern, den Berufsverbänden, verlangen, die viertens die Beiträge von den verbandsangehörigen Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe fordern müssten.

112. Nach Ansicht des Richters der einstweiligen Anordnung werden die Erläuterungen der Antragsteller zu ihrer Struktur und zu den Erfordernissen, die mit der Erhöhung der Beiträge der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe verbunden sind, durch die Akten hinreichend untermauert. Zweifel bestehen nur hinsichtlich der Zahl der erforderlichen Schritte zur Anhebung der Beiträge der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe. Nach den Akten scheinen nämlich in den meisten Fällen drei Schritte auszureichen, und zwar erstens die Vollversammlungen der Antragsteller, zweitens die Vollversammlungen ihrer Mitglieder, d. h. der FDSEA und der UDSEA, und drittens die Vollversammlungen der örtlichen Verbände der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe.

113. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Antragsteller in rechtlich hinreichender Weise das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nachgewiesen haben, die darin bestehen, dass ihnen ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden droht, wenn die Verpflichtung, die gesamte Bankbürgschaft zu stellen, nicht für einen Zeitraum von fünf Monaten ab Zustellung des vorliegenden Beschlusses ausgesetzt wird.

Zur Interessenabwägung

Vorbringen der Parteien

114. Die Antragsteller tragen vor, die Kommission gehe kein Risiko ein, wenn dem vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung stattgegeben werde. Angesichts der grundlegenden Aufgabe, mit der die FNSEA im Bereich der französischen Landwirtschaft seit ihrer Gründung im Jahr 1946 betraut sei, ihrer Rolle bei den französischen Behörden und ihrer Befugnisse werde sie ihre Tätigkeit während der Dauer des Hauptverfahrens weiterhin in genau der gleichen Weise ausüben. Auch die JA und die FNB würden ihre Tätigkeit in gleicher Weise fortsetzen.

115. Die Kommission macht zunächst geltend, diese Ausführungen der Antragsteller zur Fortführung ihrer Tätigkeit seien mit ihrem Vorbringen zum angeblich irreparablen Charakter einer etwaigen Zwangsvollstreckung unvereinbar. Da die Fortführung ihrer Tätigkeit von ihrem Willen abhänge, bestehe zudem die Gefahr, dass sie sich auflösten, um mit denselben Mitgliedern einen neuen Verband zu gründen.

116. Ferner bestehe die Gefahr, dass sich das Vermögen der Antragsteller im Lauf der Zeit verringere, so dass der Teil der Geldbuße, der beigetrieben werden könne, immer kleiner werde.

117. Allgemein macht die Kommission geltend, wenn Unternehmensvereinigungen aufgrund ihrer geringen finanziellen Eigenmittel von der Stellung einer Bankbürgschaft befreit werden könnten, ohne dass die finanziellen Mittel ihrer Mitglieder berücksichtigt würden, hätten Unternehmen, die wettbewerbswidrige Verhaltensweisen planten, stets ein Interesse daran, für den Abschluss gegen das Wettbewerbsrecht verstoßender Vereinbarungen eine Unternehmensvereinigung zu gründen.

118. Schließlich sei das Erfordernis, die Wirksamkeit der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln und ihre abschreckende Wirkung zu wahren, im vorliegenden Fall insofern von ganz besonderer Bedeutung, als die Antragsteller an einer schwerwiegenden Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln teilgenommen hätten (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 28. Juni 2000 in der Rechtssache T191/98 R II, Cho Yang Shipping/Kommission, Slg. 2000, II2551, Randnr. 54).

Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung

119. Das Interesse der Antragsteller an der Abwendung der sofortigen Beitreibung der Geldbuße für den Fall, dass sie keine Bankbürgschaft zu stellen vermögen, ist gegen das finanzielle Interesse der Gemeinschaft an einer Beitreibung und, allgemeiner, das öffentliche Interesse an einer Erhaltung der Wirksamkeit der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln und der abschreckenden Wirkung der von der Kommission verhängten Geldbußen abzuwägen (in diesem Sinne auch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 13. Juni 1989 in der Rechtssache 56/89 R, Publishers Association/Kommission, Slg. 1989, 1693, Randnr. 35, Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 16. Juni 1992 in den Rechtssachen T24/92 R und T28/92 R, Langnese-Iglo und Schöller Lebensmittel/Kommission, Slg. 1992, II1839, Randnr. 28, und vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache T88/94 R, Société commerciale des potasses et de l'azote et Entreprise minière et chimique/Kommission, Slg. 1994, II401, Randnr. 32, und Beschluss Cho Yang Shipping/Kommission, Randnr. 53).

120. Zu den finanziellen Interessen der Gemeinschaft ist zunächst zu sagen, dass nach den obigen Feststellungen das Vermögen der Antragsteller es ihnen nicht erlaubt, die gesamte Geldbuße zu zahlen oder die erforderliche Bankbürgschaft zu stellen. Zudem besteht, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen eingeräumt hat, keine Rechtspflicht der Mitglieder der Antragsteller, die Geldbuße zu zahlen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Kommission, wenn sie die Zwangsvollstreckung der Geldbußen der Antragsteller betreiben würde, nicht den der verhängten Geldbuße entsprechenden Betrag erlangen würde. Ferner steht fest, dass die Kommission im Fall des Konkurses der Antragsteller keine Möglichkeit hätte, ihre unbezahlten Forderungen bei den neuen Berufsverbänden geltend zu machen, die gegebenenfalls in dem Sektor neu gegründet würden. Unter diesen Umständen dürften die finanziellen Interessen der Kommission besser geschützt werden, wenn den Antragstellern die nötige Zeit gegeben wird, um sich um die freiwillige finanzielle Unterstützung ihrer unmittelbaren und mittelbaren Mitglieder zu bemühen.

121. Sodann werden die finanziellen Interessen der Kommission auch durch die Verpflichtung der FNSEA und der FNB geschützt, Bankbürgschaften zu stellen, die einen erheblichen Teil der Geldbuße abdecken (siehe oben, Randnr. 81).

122. Schließlich machen die Antragsteller in Bezug auf die Gefahr, dass sie sich auflösen und sofort danach neu gründen könnten, geltend, diese Gefahr bestehe angesichts ihrer Aufgabe und ihrer Rolle bei den französischen Behörden in Wirklichkeit nicht. Diese Behauptung der Antragsteller, die im Übrigen schwer mit der These vereinbar erscheint, dass ihnen im Fall der Ablehnung des vorliegenden Antrags auf einstweilige Anordnung ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen würde, wird jedoch in keiner Weise untermauert. Unter diesen Umständen ist den Antragstellern aufzugeben, der Kommission bis zur Stellung der erforderlichen Bankbürgschaften monatlich die wichtigsten Angaben über die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Lage, die von der Kommission sogleich nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses zu bestimmen sind, sowie alle Entscheidungen mitzuteilen, die wesentlichen Einfluss auf ihre wirtschaftliche Lage haben können oder die auf eine Änderung ihres rechtlichen Status gerichtet sind, und zwar bevor sie getroffen werden.

123. Zum öffentlichen Interesse an einer Erhaltung der Wirksamkeit der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln und der abschreckenden Wirkung der von der Kommission verhängten Geldbußen ist festzustellen, dass die Kommission nicht dargetan hat, inwiefern eine teilweise und zeitlich begrenzte Aussetzung im vorliegenden Fall dieses Interesse beeinträchtigen würde.

124. Zu den vorstehenden Erwägungen kommt hinzu, dass sich die Antragsteller aufgrund ihrer besonderen und ganz speziellen Aufgabe und insbesondere der Rolle, mit der sie von den französischen Behörden bei der Aushandlung von Tarifverträgen betraut wurden (siehe oben, Randnr. 37), nicht in einer vergleichbaren Lage wie alle anderen Unternehmensvereinigungen befinden. Somit bestehen ernstliche Gründe für die Annahme, dass die Auflösung der Antragsteller im Fall der Zwangsvollstreckung der Entscheidung die Organisation des Verbandswesens im französischen Landwirtschaftssektor stark beeinträchtigen könnte und dass entgegen dem Vorbringen der Kommission die Neugründung der Antragsteller nach ihrer Auflösung nicht geeignet wäre, den daraus resultierenden Schaden zu beheben.

125. Nach dem Vorstehenden ist der FNSEA die beantragte Aussetzung unter der Bedingung zu gewähren, dass sie binnen drei Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses 1,5 Millionen Euro an die Kommission zahlt und zu ihren Gunsten eine Bürgschaft in Höhe von 1,7 Millionen Euro stellt oder alternativ zugunsten der Kommission eine Bankbürgschaft in Höhe von 3,2 Millionen Euro stellt und dass sie binnen fünf Monaten nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses den Restbetrag der geschuldeten Geldbuße zuzüglich Zinsen an die Kommission zahlt oder eine Bankbürgschaft in dieser Höhe stellt.

126. Der FNB ist die beantragte Aussetzung unter der Bedingung zu gewähren, dass sie binnen drei Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses 200 000 Euro an die Kommission zahlt und zu ihren Gunsten eine Bürgschaft in Höhe von 670 000 Euro stellt oder alternativ zugunsten der Kommission eine Bankbürgschaft in Höhe von 870 000 Euro stellt und dass sie binnen fünf Monaten nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses den Restbetrag der geschuldeten Geldbuße zuzüglich Zinsen an die Kommission zahlt oder eine Bankbürgschaft in dieser Höhe stellt.

127. Den JA ist die beantragte Aussetzung unter der Bedingung zu gewähren, dass sie binnen drei Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses 15 000 Euro an die Kommission zahlen oder alternativ zu ihren Gunsten eine Bürgschaft in Höhe dieses Betrages stellen und dass sie binnen fünf Monaten nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses den Restbetrag der geschuldeten Geldbuße zuzüglich Zinsen an die Kommission zahlen oder eine Bankbürgschaft in dieser Höhe stellen.

128. Die in den Randnummern 126 und 127 des vorliegenden Beschlusses erwähnte Aussetzung wird wirkungslos, wenn die Antragsteller der Kommission nicht binnen sechs Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses die von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von internationalem Ruf geprüften und bestätigten Jahresabschlüsse der FNB und der JA für die Wirtschaftsjahre 2001 und 2002 übermitteln.

129. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Richter der einstweiligen Anordnung nach Artikel 108 der Verfahrensordnung die einstweilige Anordnung jederzeit wegen veränderter Umstände abändern oder aufheben kann (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 4. April 2002 in der Rechtssache T198/01 R, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, Slg. 2002, II-2153, Randnr. 123, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 18. Oktober 2002 in der Rechtssache C232/02 P[R], Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, Slg. 2002, I8977). Nach dieser Rechtsprechung sieht der Richter der einstweiligen Anordnung als veränderte Umstände insbesondere tatsächliche Gegebenheiten an, die die Beurteilung des Kriteriums der Dringlichkeit im konkreten Fall ändern können. Nach Ansicht des Gerichtshofes kommt in dieser Möglichkeit zudem zum Ausdruck, dass die Maßnahmen des Richters der einstweiligen Anordnung nach dem Gemeinschaftsrecht grundsätzlich vorläufigen Charakter haben (Beschluss des Gerichtshofes vom 14. Februar 2002 in der Rechtssache C440/01 P[R], Kommission/Artegodan, Slg. 2002, I1489).

130. Die Kommission muss sich daher gegebenenfalls an das Gericht wenden, insbesondere wenn die in den Randnummern 122 und 128 des vorliegenden Beschlusses genannten Informationen zeigen, dass sich die Umstände in einer Weise verändert haben, die zu einer Änderung der vorliegenden Entscheidung führen kann.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1. Die Verpflichtung der Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles, zugunsten der Kommission eine Bankbürgschaft zu stellen, um die sofortige Beitreibung der nach Artikel 3 der Entscheidung 2003/600/EG vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/C.38.279/F3 - Viandes bovines françaises) gegen sie verhängten Geldbuße zu vermeiden, wird unter folgenden Bedingungen ausgesetzt:

a) Die Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles zahlt binnen drei Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses 1,5 Millionen Euro an die Kommission und stellt zu ihren Gunsten eine Bürgschaft in Höhe von 1,7 Millionen Euro, oder sie stellt alternativ eine Bankbürgschaft zugunsten der Kommission in Höhe von 3,2 Millionen Euro.

b) Die Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles zahlt binnen fünf Monaten nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses den Restbetrag der geschuldeten Geldbuße zuzüglich Zinsen an die Kommission oder stellt eine Bankbürgschaft in Höhe dieses Betrages.

2. Die Verpflichtung der Fédération nationale bovine, zugunsten der Kommission eine Bankbürgschaft zu stellen, um die sofortige Beitreibung der nach Artikel 3 der Entscheidung 2003/600 gegen sie verhängten Geldbuße zu vermeiden, wird unter folgenden Bedingungen ausgesetzt:

a) Die Fédération nationale bovine zahlt binnen drei Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses 200 000 Euro an die Kommission und stellt zu ihren Gunsten eine Bürgschaft in Höhe von 670 000 Euro, oder sie stellt alternativ eine Bankbürgschaft zugunsten der Kommission in Höhe von 870 000 Euro.

b) Die Fédération nationale bovine zahlt binnen fünf Monaten nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses den Restbetrag der geschuldeten Geldbuße zuzüglich Zinsen an die Kommission oder stellt eine Bankbürgschaft in Höhe dieses Betrages.

3. Die Verpflichtung der Jeunes agriculteurs, zugunsten der Kommission eine Bankbürgschaft zu stellen, um die sofortige Beitreibung der nach Artikel 3 der Entscheidung 2003/600 gegen sie verhängten Geldbuße zu vermeiden, wird unter folgenden Bedingungen ausgesetzt:

a) Die Jeunes agriculteurs zahlen binnen drei Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses 15 000 Euro an die Kommission oder stellen alternativ zu ihren Gunsten eine Bürgschaft in Höhe dieses Betrages.

b) Die Jeunes agriculteurs zahlen binnen fünf Monaten nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses den Restbetrag der geschuldeten Geldbuße zuzüglich Zinsen an die Kommission oder stellen eine Bankbürgschaft in Höhe dieses Betrages.

4. Die in den Nummern 2 und 3 des Tenors des vorliegenden Beschlusses gewährte Aussetzung wird wirkungslos, wenn die Antragsteller der Kommission nicht binnen sechs Wochen nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses die von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von internationalem Ruf geprüften und bestätigten Jahresabschlüsse der Fédération nationale bovine und der Jeunes agriculteurs für die Wirtschaftsjahre 2001 und 2002 übermitteln.

5. Bis zur Stellung der die Zinsen einschließenden Bankbürgschaften teilen die Antragsteller der Kommission Folgendes mit:

a) monatlich die wichtigsten Angaben über die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Lage, die von der Kommission sogleich nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses zu bestimmen sind;

b) alle Entscheidungen, die wesentlichen Einfluss auf ihre wirtschaftliche Lage haben können oder die auf eine Änderung ihres rechtlichen Status gerichtet sind, und zwar bevor sie getroffen werden.

6. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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