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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 07.02.2002
Aktenzeichen: T-261/94
Rechtsgebiete: EGV, Verordnung (EWG) Nr. 857/84, Verordnung (EWG) Nr. 804/68, Verordnung (EWG) Nr. 1371/84, Verordnung (EG) Nr. 2187/93
Vorschriften:
EGV Art. 178 (jetzt EGV Art. 235) | |
EGV Art. 215 Abs. 2 (jetzt Art. 288 Abs. 2 EGV) | |
Verordnung (EWG) Nr. 857/84 | |
Verordnung (EWG) Nr. 804/68 Art. 5 c | |
Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 | |
Verordnung (EG) Nr. 2187/93 |
1. Die Gemeinschaft haftet für Schäden aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84, mit der im Rahmen der Regelung über die Zusatzabgabe für Milch und Milcherzeugnisse für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr gelieferten Erzeugung die Referenzmange festgesetzt wurde, gegebenenfalls nur bei solchen Schäden, die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 764/89, die die Verordnung Nr. 857/84 geändert hat, entstanden sind, da eine Versagung einer spezifischen Referenzmenge, die auf einer selbständigen Entscheidung der nationalen Behörden beruht, die auf Gründe gestützt wird, die sich in weitem Umfang von denjenigen unterscheiden, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-314/89, Rauh, angeführt hat, in dem es um Erzeuger ging, die einen Betrieb im Wege der Erbfolge oder in ähnlicher Weise nach Ablauf einer gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 von ihrem Rechtsvorgänger eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen haben.
( vgl. Randnr. 57 )
2. Die Verjährungsfrist für Klagen gegen die Gemeinschaft aus außervertraglicher Haftung nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes beginnt erst dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ersatzpflicht erfuellt sind, und insbesondere - in Fällen, in denen die Haftung auf einen Rechtsetzungsakt zurückgeht - nicht vor Eintritt der Schadensfolgen dieses Aktes.
In Bezug auf den Schaden, der den Erzeugern von Milch oder Milcherzeugnissen entstanden ist, die wegen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangener Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen unter Berücksichtigung der Verordnung Nr. 857/84 keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten konnten, waren am Tag der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 auf sie die Voraussetzungen für eine Schadensersatzklage in die Gemeinschaft erfuellt, und die Verjährungsfrist begann zu laufen. Da dieser Schaden im Übrigen nicht schlagartig verursacht wurde, sondern täglich neu entstanden ist, betrifft der Anspruch auf Entschädigung aufeinander folgende Zeitabschnitte, die an jedem Tag begannen, an dem die Vermarktung nicht möglich war. Da festgestellt worden ist, dass der Schaden, der einem Erzeuger, der einen Betrieb im Wege der Erbfolge nach Ablauf der von seinem Rechtsvorgänger eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen hat, angeblich nach dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 764/89, die die Verordnung Nr. 857/84 geändert hat, entstanden ist, nicht mehr im Zusammenhang mit der Rechtswidrigkeit der Gemeinschaftsrechtsetzung steht und somit der Gemeinschaft nicht zuzurechnen ist, ist die Verjährungsfrist fünf Jahre nach diesem Tag abgelaufen, es sei denn, sie wäre vor diesem Zeitpunkt unterbrochen worden.
( vgl. Randnrn. 59-62 )
3. Nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes wird die Verjährung nur durch Einreichung einer Klageschrift bei einem Gericht der Gemeinschaften oder durch vorherige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem zuständigen Organ der Gemeinschaft unterbrochen, wobei im letzteren Fall die Unterbrechung jedoch nur dann eintritt, wenn nach der Geltendmachung innerhalb der je nach Falllage maßgebenden Frist des Artikels 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) oder des Artikels 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG) Klage erhoben wird. Die Verweisung im letzten Satz von Artikel 43 der Satzung auf die Artikel 173 und 175 EG-Vertrag hat zur Folge, dass auf dem Gebiet der Verjährungsunterbrechung die in diesen Artikeln enthaltenen Vorschriften für die Fristenberechnung anzuwenden sind.
In Bezug auf den Schaden, der den Erzeugern von Milch oder Milcherzeugnissen entstanden ist, die wegen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangener Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen unter Berücksichtigung der Verordnung Nr. 857/84 keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten konnten, ist der Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung in der Mitteilung des Rates und der Kommission betreffend den späteren Erlass der Verordnung Nr. 2187/93 über das Angebot einer Entschädigung an die betroffenen Erzeuger eine einseitige Handlung, die in dem Bestreben, die Zahl der Klagen zu beschränken, die Erzeuger dazu bewegen sollte, die Anwendung des in der erwähnten Verordnung vorgesehenen Systems der Pauschalentschädigung abzuwarten. Unter Berücksichtigung seines Zweckes verlor dieser Verzicht seine Wirkung mit Ablauf der Frist für die Annahme des Entschädigungsangebots gemäß der Verordnung oder mit dessen ausdrücklicher Ablehnung, falls diese vor Ablauf der fraglichen Frist erfolgte. Ab diesem Zeitpunkt konnten sich die Organe erneut auf Verjährung berufen.
Wenn ein Erzeuger ein Entschädigungsangebot im Rahmen der Verordnung Nr. 2187/93 erhalten hat, so kann ihm der Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung in der Mitteilung des Rates und der Kommission nur dann zugute kommen, wenn er innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Frist für die Annahme des Entschädigungsangebots oder nach dessen ausdrücklicher Ablehnung, wenn diese vor Ablauf der fraglichen Frist erfolgte, Klage auf Schadensersatz erhoben hat. Hat jedoch der erwähnte Erzeuger den Organen einen Schadensersatzantrag zu einem Zeitpunkt vor der Mitteilung übermittelt und ist dieser Antrag innerhalb der Frist des Artikels 43 Satz 3 der Satzung des Gerichtshofes für die Erhebung einer Klage eingereicht worden, so wurde die Verjährungsfrist am Tag der Stellung des Antrags auf Schadensersatz unterbrochen. In diesem Fall führt der Verzicht der Organe zu einer Hemmung dieser Frist, die so lange andauert, wie der Verzicht wirkt.
( vgl. Randnrn. 63, 66-69 )
Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 7. Februar 2002. - Bernhard Schulte gegen Rat der Europäischen Union und Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Schadensersatzklage - Außervertragliche Haftung - Milch - Zusatzabgabe - Referenzmenge - Verordnung (EG) Nr. 2187/93 - Entschädigung der Erzeuger - Maßnahme der nationalen Behörden - Verjährung. - Rechtssache T-261/94.
Parteien:
In der Rechtssache T-261/94
Bernhard Schulte, wohnhaft in Delbrück (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Freise,
Kläger,
gegen
Rat der Europäischen Union, vertreten durch A.-M. Colaert als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt M. Núñez Müller,
und
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Booß und M. Niejahr als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt M. Núñez Müller, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Ersatzes des Schadens gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG und 288 Absatz 2 EG), der dem Kläger angeblich dadurch entstanden ist, dass er aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung an der Vermarktung von Milch gehindert war,
erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
(Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mengozzi sowie der Richterin V. Tiili und des Richters R. M. Moura Ramos,
Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2001,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Rechtlicher Rahmen
1 Angesichts eines Überschusses bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft erließ der Rat 1977 die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1). Diese Verordnung bot den Erzeugern die Möglichkeit, gegen Erhalt einer Prämie für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Verpflichtung zur Nichtvermarktung oder Umstellung der Bestände einzugehen.
2 Obwohl viele Erzeuger solche Verpflichtungen eingingen, bestand die Überproduktion auch 1983 fort. Der Rat erließ daher die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13). Durch den neuen Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wurde eine "Zusatzabgabe" auf die von den Erzeugern gelieferten Milchmengen eingeführt, die über eine "Referenzmenge" hinausgingen.
3 In der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) wurde für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr - dem Kalenderjahr 1981, wobei die Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, stattdessen das Kalenderjahr 1982 oder das Kalenderjahr 1983 zu wählen - gelieferten Erzeugung die Referenzmenge festgesetzt. Die Bundesrepublik Deutschland wählte das Kalenderjahr 1983 als Referenzjahr.
4 Die von einigen Erzeugern im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtungen galten auch während der gewählten Referenzjahre. Da diese Erzeuger während dieser Jahre keine Milch erzeugt hatten, konnten sie keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten.
5 Mit Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321, im Folgenden: Urteil Mulder I) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für ungültig.
6 Um den genannten Urteilen nachzukommen, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 764/89 vom 20. März 1989 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 84, S. 2). Der neue Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 bestimmte im Kern, dass die Erzeuger, die in Erfuellung einer Verpflichtung nach der Verordnung Nr. 1078/77 im Referenzjahr keine Milch geliefert hatten, unter bestimmten Voraussetzungen eine spezifische Referenzmenge zugeteilt erhielten, die nach Maßgabe der vom Erzeuger in den zwölf Monaten vor der Einreichung des Antrags auf Gewährung der Nichtvermarktungs- oder Umstellungsprämie gelieferten Menge Milch oder der verkauften Menge Milchäquivalent berechnet wurde.
7 Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 in der geänderten Fassung machte die Zuteilung einer Referenzmenge von mehreren Voraussetzungen abhängig; u. a. wurde verlangt, dass die Erzeuger
"a)... nicht... ihren Milchbetrieb vor Ablauf des Nichtvermarktungs- oder Umstellungszeitraums vollständig abgetreten haben;
b)... zur Stützung des Antrags nachweisen, dass sie in vollem Umfang die beantragte Referenzmenge in ihrem Betrieb erzeugen können;
..."
8 Diese Bestimmung wurde ergänzt durch Artikel 7a der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 der Kommission vom 3. Juni 1988 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 139, S. 12) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1033/89 der Kommission vom 20. April 1989 (ABl. L 110, S. 27). Dessen Absatz 1 bestimmt insbesondere:
"[I]m Falle der Vererbung oder erbähnlichen Übergabe des Betriebs wird die nach Artikel 3a der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 zugeteilte spezifische Referenzmenge... übertragen, sofern der den Betrieb ganz oder teilweise übernehmende Erzeuger sich schriftlich zur Einhaltung der Verpflichtungen seines Vorgängers verpflichtet."
9 Der Gerichtshof legte mit Urteil vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-314/89 (Rauh, Slg. 1991, I-1647, Randnr. 23) Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 in der geänderten Fassung dahin aus, dass "mit den dort genannten "Erzeugern" über die Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs hinaus, die selbst eine Verpflichtung nach der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangen sind, auch diejenigen gemeint sind, die den Betrieb nach Ablauf der vom Betriebsinhaber eingegangenen Verpflichtung im Wege der Erbfolge oder in erbähnlicher Weise übernommen haben".
10 Weitere Voraussetzungen für die Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge, die sich insbesondere auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nichtvermarktungsverpflichtung bezogen, wurden vom Gerichtshof mit Urteilen vom 11. Dezember 1990 in den Rechtssachen C-189/89 (Spagl, Slg. 1990, I-4539) und C-217/89 (Pastätter, Slg. 1990, I-4585) für ungültig erklärt.
11 Im Anschluss an diese Urteile erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 vom 13. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 150, S. 35), mit der die für ungültig erklärten Voraussetzungen gestrichen wurden, damit den betroffenen Erzeugern eine spezifische Referenzmenge zugeteilt werden konnte.
12 Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, im Folgenden: Urteil Mulder II) entschied der Gerichtshof, dass die Gemeinschaft für die Schäden haftet, die bestimmte Milcherzeuger, die durch die Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 an der Vermarktung von Milch gehindert waren, erlitten hatten, weil sie Verpflichtungen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangen waren.
13 Im Anschluss an dieses Urteil veröffentlichten der Rat und die Kommission am 5. August 1992 die Mitteilung 92/C 198/04 (ABl. C 198, S. 4). Unter Hinweis auf die Auswirkungen des Urteils Mulder II und um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten, brachten die Organe ihren Willen zum Ausdruck, die praktischen Modalitäten für die Entschädigung der betroffenen Erzeuger zu erlassen.
14 Die Organe verpflichteten sich, bis zum Erlass dieser Modalitäten gegenüber allen entschädigungsberechtigten Erzeugern von der Geltendmachung der Verjährung aufgrund des Artikels 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes abzusehen. Die Verpflichtung wurde jedoch davon abhängig gemacht, dass der Entschädigungsanspruch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Erzeuger an eines der Organe gewandt hat, noch nicht verjährt war.
15 Später erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6). Mit dieser Verordnung wird den Erzeugern, die eine endgültige Referenzmenge erhalten haben, ein pauschaler Ersatz für die Schäden angeboten, die sie aufgrund der Anwendung der im Urteil Mulder II genannten Regelung erlitten haben.
16 Mit Urteil vom 27. Januar 2000 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 2000, I-203) entschied der Gerichtshof über die Höhe der von den Klägern verlangten Entschädigung.
Sachverhalt
17 Der Kläger ist ein Milcherzeuger in Deutschland, dessen Vater eine am 5. Oktober 1984 ablaufende Nichtvermarktungsverpflichtung im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangen war.
18 Mit Hofübergabevertrag vom 17. November 1988, der durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 20. Juni 1990 rechtskräftig genehmigt wurde, erwarb der Kläger den mit der erwähnten Verpflichtung belasteten landwirtschaftlichen Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
19 Nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 12. Juni 1989 die Zuteilung einer vorläufigen spezifischen Referenzmenge. Nachdem diese ihm mit engültigem Bescheid der zuständigen nationalen Behörden vom 1. Dezember 1989 versagt wurde, da er die Voraussetzungen für die Zuteilung einer Quote nicht erfuelle, erhob er gegen diesen Bescheid Klage beim zuständigen deutschen Gericht.
20 Nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 30. September 1991 erneut die Zuteilung einer vorläufigen spezifischen Referenzmenge. Mit Bescheid der nationalen Behörden vom 17. März 1992 wurde ihm die für die Zuteilung dieser Referenzmenge erforderliche Bescheinigung erteilt. Daraufhin erklärte der Kläger, der gegen den Bescheid der nationalen Behörden vom 1. Dezember 1989 Klage erhoben hatte, im betreffenden Verfahren die Hauptsache für erledigt. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 15. April 1993 eingestellt.
21 Am 1. Mai 1992 nahm der Kläger die Milcherzeugung wieder auf. Mit Bescheid vom 29. Juni 1993 wurde ihm eine endgültige Referenzmenge zugeteilt.
22 Nach dem Erlass des Urteils Mulder II verlangte der Kläger mit Schreiben vom 23. Juni 1992 an die Beklagten Ersatz des ihm angeblich entstandenen Schadens.
23 Am 27. Januar 1994 unterbreitete ihm das deutsche Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft (im Folgenden: BEF) ein Entschädigungsangebot gemäß der Verordnung Nr. 2187/93.
24 Der Kläger lehnte dieses Angebot mit Schreiben vom 18. März 1994 ab und verlangte eine höhere Entschädigung. Das BEF übermittelte ihm mit Schreiben vom 18. April 1994 ein neues, höheres Angebot, das er mit Schreiben vom 22. April 1994 ablehnte.
Verfahren und Anträge der Parteien
25 Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 8. Juli 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
26 Das Gericht hat das Verfahren mit Beschluss vom 31. August 1994 bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofes ausgesetzt, das das Verfahren in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 (Mulder u. a./Rat und Kommission) und C-37/90 (Heinemann/Rat und Kommission) abschließt.
27 Das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache ist nach dem Erlass des Urteils des Gerichtshofes in den erwähnten Rechtssachen fortgesetzt worden.
28 Die Rechtssache ist durch Beschluss des Gerichts vom 6. Juni 2000 an eine aus drei Richtern gebildete Kammer verwiesen worden.
29 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Verfügungen hat es die Parteien aufgefordert, schriftlich bestimmte Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dieser Aufforderung nachgekommen.
30 Die für den 29. März 2001 anberaumte mündliche Verhandlung hat nicht abgehalten werden können, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend war.
31 Die Parteien haben in der Sitzung des Gerichts vom 26. April 2001 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.
32 Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an ihn 254 922,45 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen.
33 Die Beklagten beantragen,
- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;
- dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
34 Der Kläger hat dem Gericht mit Schriftsatz vom 17. April 2001 mitgeteilt, er habe den Betrag des Schadensersatzes anhand der vom Gerichtshof in seinem Urteil Mulder u. a./Rat und Kommission vom 27. Januar 2000 aufgestellten Grundsätze neu berechnet und mache daher nur noch 30 000 DM nebst Zinsen als Schadensersatzforderung geltend.
35 Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung beantragt, dieses Schriftstück nicht zu den Akten zu nehmen, da es nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens eingereicht worden sei, ohne dass es einen Grund zur Rechtfertigung einer derartigen Verspätung gebe. Ferner haben sie beantragt, unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens dem Kläger gemäß Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts die Kosten aufzuerlegen, die am 29. März 2001 für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung entstanden sind, die schließlich nicht stattgefunden hat.
Rechtliche Würdigung
Vorbringen der Parteien
36 Der Kläger macht geltend, die Voraussetzungen des Eintritts der Haftung der Gemeinschaft für die ihm entstandenen Schäden seien erfuellt. Er habe Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, dass er an der Milcherzeugung gemäß der Verordnung Nr. 857/84 gehindert worden sei.
37 Der Zeitraum, für den er Schadensersatz begehrt, beginnt am 23. Juni 1987, also fünf Jahre vor dem Schreiben vom 23. Juni 1992, das nach seinem Vorbringen die Verjährung unterbrach, und endet am 5. April 1992. Er beziffert den Schaden mit 30 000 DM nebst Zinsen.
38 Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist der Kläger der Ansicht, er sei SLOM-II-Erzeuger, d. h. ein Erzeuger, dessen durch die Ablehnung der Gewährung einer Quote entstandener Schaden erst mit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91 abgeschlossen worden sei.
39 Die Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes sei durch sein Schreiben an die Beklagten vom 23. Juni 1992 unterbrochen worden und daher seien nur vor dem 23. Juni 1987 entstandene Ansprüche verjährt.
40 Die Beklagten machen geltend, die Klage sei unbegründet und auf alle Fälle seien seine Ansprüche vollständig verjährt.
Würdigung durch das Gericht
41 Vorab ist klarzustellen, dass im vorliegenden Fall die Prüfung der Verjährung die vorherige Feststellung erfordert, ob die Haftung der Gemeinschaft gemäß Artikel 215 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 EG) ausgelöst werden konnte, und falls ja, bis zu welchem Zeitpunkt.
42 Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für einen durch ihre Organe verursachten Schaden setzt nach Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag voraus, dass das zur Last gelegte Verhalten rechtswidrig ist, dass ein Schaden vorliegt und dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 197/80 bis 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18, und des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 80).
43 Was die Lage der Milcherzeuger angeht, die eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen waren, so haftet die Gemeinschaft gegenüber jedem Erzeuger, der dadurch einen ersatzfähigen Schaden erlitten hat, dass er aufgrund der Verordnung Nr. 857/84 an der Lieferung von Milch gehindert war (Urteil Mulder II, Randnr. 22).
44 Diese Haftung beruht auf der Verletzung des berechtigten Vertrauens, das die Erzeuger, die durch eine Handlung der Gemeinschaft dazu veranlasst worden sind, die Vermarktung von Milch im Allgemeininteresse und gegen Zahlung einer Prämie für eine begrenzte Zeit einzustellen, in die Begrenztheit ihrer Nichtvermarktungsverpflichtung setzen durften (Urteile Mulder I, Randnr. 24, und von Deetzen, Randnr. 13).
45 Die Beklagten machen geltend, die Haftung der Gemeinschaft könne im vorliegenden Fall nicht ausgelöst worden sein, weil der Vater des Klägers die Milcherzeugung freiwillig vor Ablauf seiner Nichtvermarktungsverpflichtung aufgegeben habe. Da der Vater des Klägers nicht die Absicht gehabt habe, die Milcherzeugung beim Ablauf dieser Verpflichtung wieder aufzunehmen, könne der Kläger nicht geltend machen, ihm sei durch das Inkrafttreten der Milchquotenregelung ein Schaden entstanden.
46 Im vorliegenden Fall braucht über diese Ansicht der Beklagten nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sich erwiese, dass die Verordnung Nr. 857/84 die Ursache des vom Kläger geltend gemachten Gewinnentgangs ist, geht aus den Akten hervor, dass die möglicherweise davon herrührende Haftung der Gemeinschaft mit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 am 29. März 1989 beendet wurde und dass alle vor diesem Zeitpunkt gegebenenfalls entstandenen Schadensersatzansprüche verjährt sind.
47 Der Kläger vertritt die Ansicht, er sei ein SLOM-II-Erzeuger, da er erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91 am 15. Juni 1991 eine Quote erhalten habe. Die Gründe, aus denen die nationalen Behörden ihm 1989 eine Milchquote versagt hätten, hätten darauf beruht, dass die Verordnung Nr. 764/89 keine Zuteilung solcher Quoten an Erzeuger vorgesehen habe, die wie er den SLOM-Betrieb im Wege der Erbfolge nach Ablauf der vom Erblasser eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen hätten; diese Lage sei die gleiche, wie sie der Gerichtshof im Urteil Rauh behandelt habe. Da diese Lage erst mit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91 bereinigt worden sei, die es diesen Erzeugern schließlich ermöglicht habe, eine Milchquote zu erhalten, habe sich der von der Gemeinschaft zu vertretende Gewinnentgang bis zu dem Tag erstreckt, an dem er nach dem erwähnten Zeitpunkt eine Quote erhalten habe, die es ihm erlaubt habe, die Milcherzeugung wieder aufzunehmen.
48 Zwar hat der Kläger unbestritten eine Milchquote erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91 erhalten, doch geht aus den Akten hervor, dass die Gründe für die Versagung, die die nationalen Behörden gegenüber dem Kläger 1989 aussprachen, nicht allein im Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Erbe standen, sondern auch damit, dass der Sachverhalt beim Kläger nicht den Voraussetzungen genügte, die die Zuteilung einer Milchquote gemäß Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 in der geänderten Fassung erlaubten.
49 Denn aus dem Bescheid der nationalen Behörden vom 1. Dezember 1989, mit dem diese es ablehnten, dem Kläger die zur Erlangung einer Milchquote erforderliche Bescheinigung auszustellen, geht hervor, dass der Kläger unabhängig von der Frage in Bezug auf seine Eigenschaft als Erbe aus drei Gründen keinen Anspruch auf eine Milchquote gemäß Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung Nr. 764/89 geänderten Fassung haben soll. Erstens habe der Vater des Klägers, nachdem er praktisch seine gesamten Ländereien bis 1991 verpachtet habe, die Milcherzeugung im Nichtvermarktungszeitraum freiwillig eingestellt; zweitens habe der Kläger den SLOM-Betrieb nur in sehr geringem Umfang bewirtschaftet, da ein sehr großer Teil der landwirtschaftlichen Flächen verpachtet gewesen sei, und drittens könne der geringe verbliebene Flächenanteil nicht als landwirtschaftlicher Betrieb angesehen werden (Bescheid vom 1. Dezember 1989, S. 4 f.).
50 Die nationalen Behörden gelangten in diesem Bescheid zu folgendem Ergebnis:
"Eine Bescheinigung nach §... scheitert also nicht nur daran, dass es nicht Ihr Nichtvermarktungszeitraum ist, der nach dem 31. 12. 1983 abgelaufen ist (Buchstabe a), sondern auch daran, dass der Betrieb, für den die Nichtvermarktungsprämie in Anspruch genommen worden ist, praktisch bereits während des laufenden Nichtvermarktungszeitraums vollständig abgetreten worden ist (Buchstabe b), von Ihnen jedenfalls auch nicht mehr teilweise "bewirtschaftet" wird (Buchstabe c), da man die Nutzung von 0,5 ha Grünland für Schafe nicht als landwirtschaftlichen Betrieb ansehen kann. Außerdem ist zweifelhaft, ob bei der geringen Flächenausstattung bescheinigt werden kann, dass Sie die vorläufige spezifische Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von rd. 38 060 kg in Ihrem Betrieb erzeugen können (Buchstabe f der Bescheinigung), zumal mir die behaupteten Zupachtungen bislang nicht nachgewiesen worden sind."
51 Somit geht aus diesem Bescheid hervor, dass die nationalen Behörden dem Kläger selbst dann, wenn er die Nichtvermarktungsverpflichtung selbst eingegangen wäre, nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 keine Referenzmenge zugeteilt hätten, da sie der Ansicht waren, dass er die Voraussetzungen dafür nicht erfuelle.
52 Somit beruht die Entscheidung, die den vom Kläger geltend gemachten Schaden verursacht hat, nämlich der Bescheid vom 1. Dezember 1989, mit dem die Ausstellung einer für den Erhalt einer Quote erforderlichen Bescheinigung abgelehnt wurde, nicht auf einer Lücke oder einer mangelnden Klarheit der Verordnung Nr. 764/89 in Bezug auf die Lage der Erzeuger, die den SLOM-Betrieb im Wege der Erbfolge oder in ähnlicher Weise wieder aufgenommen haben, sondern auf der unabhängigen Würdigung der Lage des Klägers durch die nationalen Behörden im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Zuteilung einer Quote (siehe oben, Randnr. 7), deren Rechtmäßigkeit der Kläger im Übrigen nicht bezweifelt.
53 Demgemäß wäre ein Kausalitätszusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 857/84 und dem vom Kläger geltend gemachten Schaden, selbst wenn er dargetan wäre, was die Beklagten bestreiten, durch die fragliche Entscheidung der nationalen Behörden unterbrochen worden.
54 Dieses Ergebnis wird nicht dadurch abgeschwächt, dass der Kläger nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91 eine Referenzmenge erhielt, nachdem ihm die nationalen Behörden die erforderliche Bescheinigung am 17. März 1992 ausgestellt hatten.
55 In diesem Zusammenhang geht aus den Akten, insbesondere dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden (Deutschland) vom 15. April 1993, hervor, dass das vom Kläger gegen den Bescheid der nationalen Behörden vom 1. Dezember 1989 angestrengte Klageverfahren abgeschlossen ist, weil die beiden Parteien zu einer Einigung gelangt sind. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2001 bestätigt, dass diese Einigung erfolgt ist, nachdem die nationalen Behörden schließlich entschieden hatten, ihm eine Milchquote zuzuteilen. Seines Erachtens steht diese Entscheidung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Änderung des Gemeinschaftsrechts durch das Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91, die für Erzeuger, die wie er den SLOM-Betrieb im Wege der Erbfolge übernommen hätten, ausdrücklich vorgesehen habe, dass sie eine Quote erhalten könnten.
56 Selbst unterstellt, dass diese Beurteilung richtig ist, so erlaubt sie doch nicht, den eindeutigen Wortlaut außer Acht zu lassen, in dem der Bescheid vom 1. Dezember 1989 gefasst ist. In dieser Entscheidung werden die Ablehnungsgründe zum Ausdruck gebracht, die, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 52), über die Gründe hinausgehen, die den Gemeinschaftsgesetzgeber veranlasst haben, insbesondere aufgrund des Urteils Rauh die erwähnte Änderung durch die Verordnung Nr. 1639/91 vorzunehmen.
57 Somit beruht die Versagung der Milchquote nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 am 29. März 1989 auf einer selbständigen Entscheidung der nationalen Behörden, die auf Gründe gestützt wird, die sich in weitem Umfang von denjenigen unterscheiden, die der Gerichtshof im Urteil Rauh angeführt hat. Daher kann die Haftung der Gemeinschaft für Schäden aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 nicht durch Schäden ausgelöst werden, die nach diesem Zeitpunkt entstanden sind.
58 Im Folgenden sind die Gründe darzustellen, aus denen der Anspruch des Klägers verjährt ist.
59 Die Frist für die Verjährung nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 46 dieser Satzung auch für das Verfahren vor dem Gericht gilt, beginnt erst dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ersatzpflicht erfuellt sind, und insbesondere - in Fällen, in denen die Haftung auf einen Rechtsetzungsakt zurückgeht - nicht vor Eintritt der Schadensfolgen dieses Aktes (Urteil des Gerichts vom 16. April 1997 in der Rechtssache T-20/94, Hartmann/Rat und Kommission, Slg. 1997, II-595, Randnr. 107).
60 Im vorliegenden Fall ist der Schaden, der dem Kläger dadurch entstanden ist, dass er keine Referenzmenge verwerten konnte, von dem Tag an eingetreten, an dem der Kläger nach Ablauf der von seinem Vater eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung die Milchlieferungen hätte wieder aufnehmen können, wenn ihm die Referenzmenge nicht verweigert worden wäre, d. h. ab dem 6. Oktober 1984, von dem an die Verordnung Nr. 857/84 ihm gegenüber galt. An diesem Tag waren daher die Voraussetzungen für eine Schadensersatzklage gegen die Gemeinschaft erfuellt, und die Verjährungsfrist begann zu laufen.
61 Zum Zeitraum des Schadenseintritts ist festzustellen, dass die Schäden nicht schlagartig verursacht wurden. Ihr Eintritt setzte sich über eine gewisse Zeit fort, und zwar so lange, wie der Kläger keine Referenzmenge erhalten konnte. Es handelt sich um kontinuierliche Schäden, die täglich neu entstanden (vgl. Urteil Hartmann, Randnr. 132). Der Anspruch auf Entschädigung betrifft daher aufeinander folgende Zeitabschnitte, die an jedem Tag begannen, an dem die Vermarktung nicht möglich war.
62 Da festgestellt worden ist, dass die Schäden, die dem Kläger angeblich nach dem 29. März 1989, dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 764/89, entstanden sind, nicht mehr im Zusammenhang mit der Rechtswidrigkeit der Gemeinschaftsrechtsetzung stehen und somit der Gemeinschaft nicht zuzurechnen sind, ist die Verjährungsfrist fünf Jahre nach diesem Tag, also am 29. März 1994, abgelaufen, es sei denn, sie wäre vor diesem Zeitpunkt unterbrochen worden.
63 Nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes wird die Verjährung nur durch Einreichung einer Klageschrift bei einem Gericht der Gemeinschaften oder durch vorherige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem zuständigen Organ der Gemeinschaft unterbrochen, wobei im letzteren Fall die Unterbrechung jedoch nur dann eintritt, wenn nach der Geltendmachung innerhalb der je nach Falllage maßgebenden Frist des Artikels 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) oder des Artikels 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG) Klage erhoben wird (Urteile des Gerichtshofes vom 5. April 1973 in der Rechtssache 11/72, Giordano/Kommission, Slg. 1973, 417, Randnr. 6, und des Gerichts vom 25. November 1998 in der Rechtssache T-222/97, Steffens/Rat und Kommission, Slg. 1998, II-4175, Randnrn. 35 und 42). Die Verweisung im letzten Satz von Artikel 43 der Satzung auf die Artikel 173 und 175 EG-Vertrag hat zur Folge, dass auf dem Gebiet der Verjährungsunterbrechung die in diesen Artikeln enthaltenen Vorschriften für die Fristenberechnung anzuwenden sind (Urteil des Gerichts vom 9. Dezember 1997 in den Rechtssachen T-195/94 und T-202/94, Quiller und Heusmann/Rat und Kommission, Slg. 1997, II-2247, Randnr. 132).
64 Der Kläger hat mit Schreiben vom 23. Juni 1992 bei der Kommission einen Antrag auf Schadensersatz gestellt, und die Mitteilung vom 5. August 1992 erfolgte innerhalb der in den erwähnten Artikeln vorgeschriebenen Frist.
65 Daher ist zu prüfen, inwieweit sich der Kläger auf den in der erwähnten Mitteilung enthaltenen Verzicht der Gemeinschaftsorgane auf Geltendmachung der Verjährung berufen kann, um in den Genuss der Unterbrechung der Verjährungsfrist zum Zeitpunkt seines Antrags vom 23. Juni 1992 zu gelangen.
66 Der Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung in der Mitteilung vom 5. August 1992 war eine einseitige Handlung, die in dem Bestreben, die Zahl der Klagen zu beschränken, die Erzeuger dazu bewegen sollte, die Anwendung des in der Verordnung Nr. 2187/93 vorgesehenen Systems der Pauschalentschädigung abzuwarten (Urteil Steffens/Rat und Kommission, Randnr. 38). Nach dieser Verordnung konnten die Erzeuger verlangen, dass ihnen ein Entschädigungsangebot unterbreitet wird, für das eine Annahmefrist von zwei Monaten galt.
67 Unter Berücksichtigung seines Zweckes verlor dieser Verzicht seine Wirkung mit Ablauf der Frist für die Annahme des Entschädigungsangebots oder mit dessen ausdrücklicher Ablehnung, falls diese vor Ablauf der fraglichen Frist erfolgte. Ab diesem Zeitpunkt konnten sich die Organe, wenn das Angebot nicht angenommen und keine Klage erhoben worden war, erneut auf Verjährung berufen (Urteil Steffens/Rat und Kommission, Randnrn. 39 und 40).
68 Wenn ein Erzeuger ein Entschädigungsangebot im Rahmen der Verordnung Nr. 2187/93 erhalten hat, so kann ihm der Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung in der Mitteilung vom 5. August 1992 nur dann zugute kommen, wenn er innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Frist für die Annahme des Entschädigungsangebots oder nach dessen ausdrücklicher Ablehnung, wenn diese vor Ablauf der fraglichen Frist erfolgte, Klage auf Schadensersatz erhoben hat. In diesem Fall wurde die Verjährungsfrist am 5. August 1992 unterbrochen.
69 Hat jedoch der erwähnte Erzeuger den Organen einen Schadensersatzantrag zu einem Zeitpunkt vor der Mitteilung vom 5. August 1992 übermittelt und ist dieser Antrag innerhalb der Frist des Artikels 43 Satz 3 der Satzung des Gerichtshofes für die Erhebung der Klage beim Gericht eingereicht worden, so wurde die Verjährungsfrist am Tag der Stellung des Antrags auf Schadensersatz unterbrochen. In diesem Fall führt der Verzicht der Organe zu einer Hemmung der Frist für die in Artikel 43 Satz 3 der Satzung des Gerichtshofes erwähnte Klageerhebung, die so lange andauert, wie der Verzicht wirkt.
70 Nach allem hätte der Kläger, der mit Schreiben der nationalen Behörden vom 18. April 1994 ein geändertes Entschädigungsangebot erhielt und dieses mit Schreiben vom 29. April 1994 ablehnte, sich nur dann auf die Unterbrechung der Verjährung zum Zeitpunkt seines Schreibens vom 23. Juni 1992 berufen können, wenn er spätestens innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt seiner Ablehnung zuzüglich der Entfernungsfrist, also am 28. Juni 1994, Klage auf Schadensersatz erhoben hätte.
71 Es ist festzustellen, dass der Kläger dies nicht getan hat, da er die vorliegende Klage am 8. Juli 1994 eingereicht hat.
72 Da der letzte dem Kläger entstandene Schaden mehr als fünf Jahre vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist, nämlich am 28. März 1989, dem Tag vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89, die die Haftung der Gemeinschaft gegenüber dem Kläger beendet hat, ist die Klage verspätet zu einer Zeit eingereicht worden, als bereits sämtliche Schadensersatzansprüche des Klägers verjährt waren.
73 Nach allem ist die Klage abzuweisen, ohne dass über den Antrag der Beklagten auf Aufnahme des Schriftsatzes vom 17. April 2001 in die Akten entschieden zu werden braucht.
Kostenentscheidung:
Kosten
74 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT
(Vierte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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