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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 21.02.1995
Aktenzeichen: T-29/92
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Das Gericht kann nur aufgrund einer Rüge, mit der ernsthafte und überzeugende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit der Rechtsakte vorgetragen werden, die Vorlage der Entscheidung, wie sie in der oder den Sprachen, in denen sie verbindlich ist, durch die Unterschriften des Präsidenten und des Exekutivsekretärs festgestellt worden ist, anordnen, um zu überprüfen, ob die übermittelten Texte mit dem vom Kommissionskollegium beschlossenen Text übereinstimmen.

2. Eine Abstimmung, die Unternehmen über die Art und Weise vornehmen, in der sie auf eine Ausschreibung zu antworten beabsichtigen, und in deren Rahmen sie Informationen über die Kosten des angebotenen Produkts, seine Besonderheiten und die Zusammensetzung der Preisangebote ausgetauscht haben, lässt, soweit sie namentlich bezweckt oder bewirkt, die Wettbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das jeder Unternehmer an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht, und soweit sie zur Festlegung bestimmter Bedingungen des Geschäfts führen kann, bewusst eine praktische Zusammenarbeit der Unternehmer an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten und verstösst damit gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages.

3. Die gemeinsame Festsetzung von Preiszuschlägen, die den Preisangeboten sämtlicher an einer Ausschreibung beteiligten Unternehmen zugerechnet werden und von dem Unternehmen, das den Zuschlag erhalten hat, erhoben werden, aber an eine berufsständische Einrichtung abgeführt werden, deren Aufgabe es ist, diese Zuschläge zwischen den Unternehmen, die ein Angebot abgegeben haben, aufzuteilen, und die damit erlauben, den pauschal ermittelten Betrag der Kalkulationskosten sämtlicher Ausschreibungsteilnehmer dem Auftraggeber aufzubürden, verstossen gegen die Verbote des Artikels 85 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrages. Erstens handelt es sich nämlich um die Festsetzung eines Teils des Preises, zweitens wird dadurch der Wettbewerb zwischen den Unternehmen bei den Kalkulationskosten beschränkt und drittens führt diese Festsetzung zu einer allgemeinen Erhöhung der Preise.

4. Eine Regelung, die innerhalb einer berufsständischen Einrichtung gilt und bei Aufträgen, die im Wege der Ausschreibung vergeben werden, durch Absprache zwischen den interessierten Unternehmen nach Vergleich der von ihnen beabsichtigten Preisangebote die Bestimmung des Unternehmens mit dem niedrigsten Gebot ermöglicht, das gegen die Gefahr der Einreichung nach unten korrigierter Preisangebote seitens seiner Wettbewerber geschützt ist und als einziges Unternehmen über sein Angebot mit dem Auftraggeber verhandeln darf, verstösst gegen die Verbote des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages.

Auch wenn dieser Schutz tatsächlich dem Unternehmen gewährt würde, das aus der Sicht der Bieter das beste Angebot einreicht, steht nämlich dem Auftraggeber das Recht zu, sich unter der eventuellen Zugrundelegung subjektiver Präferenzen wie des Rufs des Unternehmers, seiner Verfügbarkeit oder seiner Nähe eine eigene Meinung zu dieser Frage zu bilden.

5. Eine Regelung, die innerhalb einer berufsständischen Einrichtung gilt und einen Meinungsaustausch zwischen den an einer Ausschreibung interessierten Unternehmen vorsieht sowie bestimmte Formen des Wettbewerbs ausschließt, fällt unter die Verbote des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages, da schon das Bestehen der Regelung die Freiheit der Unternehmen, ihr beizutreten oder nicht, insoweit beeinträchtigt, als ihnen, wenn sie nicht beitreten, eine Reihe von Vorteilen, die mit dieser Regelung verbunden sind, vorenthalten bleiben und sie nicht mit einer Reihe voneinander unabhängig handelnder Unternehmer, sondern mit einer bestimmten Zahl von Unternehmern in Wettbewerb stehen, die gemeinsame Interessen verfolgen, gemeinsame Informationen besitzen und damit gemeinsame Verhaltensweisen an den Tag legen.

6. Kartelle, die sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, haben schon ihrem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, indem sie die vom Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindern.

7. Für ein Verbot der Kartelle nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages ist nicht erforderlich, daß sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigen, sondern nur, daß sie geeignet sind, eine derartige Wirkung zu entfalten. Da eine mögliche Auswirkung genügt, kann die zukünftige Entwicklung des Handels für die Beurteilung der Wirkung des Kartells auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten unabhängig von ihrer Vorhersehbarkeit berücksichtigt werden. Zur Spürbarkeit dieser Wirkung ist festzustellen, daß der Handel um so mehr von dem Kartell beeinträchtigt werden kann, je schwächer er ist.

8. Es ist Sache der Kommission, im Rahmen ihrer Befugnis gemäß Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages Freistellungen von den in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages vorgesehenen Verboten zu gewähren und die Besonderheiten bestimmter Wirtschaftszweige und die dort auftretenden Probleme zu berücksichtigen.

9. Es ist Sache der Unternehmen, die eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages beantragen, anhand von Beweismaterial darzutun, daß eine Freistellung gerechtfertigt ist.

Deshalb kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, keine anderen Lösungen vorgeschlagen oder nicht angegeben zu haben, was ihrer Ansicht nach eine Freistellung rechtfertigen würde.

10. In einem wettbewerbsrechtlichen Fall hat die Kommission im Rahmen ihrer Begründungspflicht lediglich die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie die Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlaß der Entscheidung veranlasst haben, mit der der Antrag auf Freistellung zurückgewiesen worden ist; die Unternehmen haben keinen Anspruch darauf, daß die Kommission auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte eingeht, die sie im Verwaltungsverfahren vorgetragen haben.

11. Der Gemeinschaftsrichter kann die komplexen wirtschaftlichen Bewertungen, die die Kommission bei der Ausübung ihres Beurteilungsspielraums nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages im Hinblick auf dessen vier Voraussetzungen vornimmt, nur darauf überprüfen, ob die Verfahrens- und Begründungsregeln beachtet wurden, ob der Tatbestand richtig festgestellt wurde, ob kein offenkundiger Beurteilungsfehler und kein Ermessensfehlgebrauch vorliegt.

12. Der Subsidaritätsgrundsatz stellte vor dem Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz dar, anhand dessen die Rechtmässigkeit der Gemeinschaftshandlungen zu prüfen war. Ein vor Inkrafttreten des Artikels 3b Absatz 2 EG-Vertrag erlassener Rechtsakt kann daher nicht anhand dieser Bestimmung überprüft werden, da man ihr sonst rückwirkende Kraft verleihen würde.

13. Das Verbot der Festsetzung von Geldbussen gemäß Artikel 15 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung Nr. 17 gilt nur für tatsächlich angemeldete Vereinbarungen und nicht für Vereinbarungen, die nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 dieser Verordnung von der Pflicht zur Anmeldung befreit sind. Selbst wenn die früheren Regelungen durch Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates gedeckt gewesen wären, hätte die Kommission gegen Unternehmen, die diese Regelungen angewendet haben, Geldbussen festsetzen können, da die Regelungen nicht angemeldet waren.

14. Die Einstufung einer Zuwiderhandlung als vorsätzlich setzt nicht voraus, daß das Unternehmen sich des Verstosses gegen ein durch Artikel 85 des Vertrages festgelegtes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt vielmehr, daß es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, daß das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte.

15. Der allgemeine Begriff "Verstoß" in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 umfasst ohne Unterscheidung die Vereinbarungen, die abgestimmten Verhaltensweisen und die Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen. Daraus ergibt sich, daß die dort genannten Hoechstgrenzen für Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen in derselben Weise gelten wie für Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen. Die Hoechstgrenze von 10 % des Umsatzes ist somit nach dem Umsatz jedes der Unternehmen zu berechnen, die an den Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt sind, oder nach den Umsätzen sämtlicher Unternehmen, die Mitglieder solcher Unternehmensvereinigungen sind, jedenfalls soweit die Vereinigung kraft ihrer Satzung ihre Mitglieder verpflichten kann. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird dadurch bestätigt, daß bei der Festsetzung der Geldbussen u. a. der Einfluß berücksichtigt werden kann, den das Unternehmen insbesondere kraft seiner Grösse und seiner Wirtschaftskraft ausüben kann, für die sein Umsatz einen Hinweis liefert. Der Einfluß, den eine Unternehmensvereinigung auf den Markt ausüben kann, hängt nämlich nicht von ihrem eigenen "Umsatz" ab, der weder ihre Grösse noch ihre Wirtschaftskraft aufzeigt, sondern vom Umsatz ihrer Mitglieder, der ein Hinweis auf ihre Grösse und ihre Wirtschaftskraft ist.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE KAMMER) VOM 21. FEBRUAR 1995. - VERENIGING VAN SAMENWERKENDE PRIJSREGELENDE ORGANISATIES IN DE BOUWNIJVERHEID UND ANDERE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - INEXISTENZ - BESCHLUESSE VON UNTERNEHMENSVEREINIGUNGEN - KOMPLEXE REGELUNG - VERSTOSS - BEEINTRAECHTIGUNG DES HANDELS ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN - FREISTELLUNG - GELDBUSSEN. - RECHTSSACHE T-29/92.

Entscheidungsgründe:

Der Klage zugrunde liegender Sachverhalt

1 Von 1952 an wurden auf dem niederländischen Baumarkt verschiedene Vereinigungen gegründet, in denen sich die Unternehmer nach Sektoren oder Regionen zusammenschlossen. Diese Vereinigungen erließen für ihre Mitglieder Regelungen zur Ordnung des Wettbewerbs.

2 1963 gründeten diese verschiedenen Vereinigungen die Vereniging van Samenwerkende Prijsregelende Organisaties in de Bouwnijverheid (nachstehend: SPO), die nach Artikel 3 ihrer Satzung zum Ziel hat, "einen geordneten Wettbewerb zu fördern und zu lenken, ungebührliches Verhalten bei der Abgabe von Preisangeboten zu verhindern und zu bekämpfen und die Bildung wirtschaftlich gerechtfertigter Preise zu fördern". Zu diesem Zweck arbeitet die SPO Regelungen aus, die sogenannte "institutionalisierte Preis- und Wettbewerbsreglementierung", und kann gegenüber Unternehmen, die den in ihr zusammengeschlossenen Vereinigungen angehören, bei Verstoß gegen die sich aus diesen Regelungen ergebenden Verpflichtungen Sanktionen auferlegen. Die Durchführung dieser Regelungen ist acht Durchführungsbüros übertragen, die unter der Aufsicht der SPO stehen. Es gibt derzeit 28 Mitgliedsvereinigungen der SPO, in denen insgesamt mehr als 4 000 in den Niederlanden ansässige Bauunternehmen zusammengeschlossen sind.

3 1969 traten die meisten sektoriellen oder regionalen Vereinigungen der SPO bei.

4 Zwischen 1973 und 1979 vereinheitlichten die verschiedenen Vereinigungen unter der Aufsicht der SPO ihre Regelungen (nachstehend: frühere Regelungen).

5 Am 3. Juni 1980 wurde von der Hauptversammlung der SPO der Erecode voor ondernemers in het Bouwbedrijf (Ehrenkodex für Unternehmer in der Bauwirtschaft, nachstehend: Ehrenkodex) beschlossen und für alle zu den Mitgliedsvereinigungen der SPO gehörenden Unternehmen verbindlich vorgeschrieben. Dieser Ehrenkodex sieht ein einheitliches Sanktionssystem bei Verstössen gegen die zwischen 1973 und 1979 vereinheitlichten Regelungen sowie einige materielle Bestimmungen vor, die für die Durchführung dieser Regelungen erforderlich sind. Der Ehrenkodex trat am 1. Oktober 1980 in Kraft.

6 Am 16. August 1985 ersuchte die Kommission die SPO aufgrund von Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), um Auskünfte über die Beteiligung ausländischer Unternehmen an der SPO.

7 Mit Ministerialerlaß vom 2. Juni 1986 erließen die niederländischen Behörden das Uniform Aanbestedingsreglement (Einheitliche Verdingungsverordnung, nachstehend: UAR), die die Vergabe von öffentlichen Aufträgen regelt und am 1. November 1986 in Kraft trat.

8 Am 9. Oktober 1986 erließ die Hauptversammlung der SPO zwei Uniforme Prijsregelende Reglementen (einheitliche Preisreglementierungen, nachstehend: UPR), durch die der verfahrensmässige Rahmen für den Wettbewerb zwischen den Unternehmern festgelegt werden sollte, die sich an einer Ausschreibung von Bauaufträgen beteiligen. Die erste der beiden UPR betrifft die Ausschreibungen nach dem nicht offenen Verfahren (nachstehend: UPRR) und die zweite Ausschreibungen nach dem offenen Verfahren (nachstehend: UPRO). Die beiden Regelungen haben die gleiche Struktur und enthalten sehr genaue und detaillierte Bestimmungen zur Festlegung der Verpflichtungen der angeschlossenen Unternehmen und der Arbeitsweise der Organisation. Diese UPR werden ergänzt durch vier Regelungen und drei Anhänge. Alle diese Regelungen traten am 1. April 1987 in Kraft.

9 Mit Königlicher Verordnung vom 29. Dezember 1986 erklärte die niederländische Regierung diese Regelungen mit Ausnahme derjenigen, die bestimmte Voraussetzungen erfuellten, für nicht verbindlich. Die Königliche Verordnung trat am 1. April 1987 in Kraft. Die UPR erfuellten die Voraussetzungen der Königlichen Verordnung.

10 Am 15. Juni 1987 führte die Kommission Nachprüfungen bei der SPO gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 durch. Im Juli und November desselben Jahres tat sie dies auch bei der Zuid Nederlandse Aannemers Vereniging (nachstehend: ZNAV). Sie wollte anhand dieser Nachprüfungen klären, ob die Regelungen der SPO geeignet waren, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

11 Am 13. Januar 1988 meldete die SPO bei der Kommission die UPR und den Ehrenkodex an, um ein Negativattest oder hilfsweise eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu erlangen.

12 Am 23. Juni 1988 wurden die UPR geändert. Diese Änderung trat am 1. Juli 1988 in Kraft.

13 Am 13. Juli 1989 ergänzte die SPO ihre Anmeldung vom 13. Januar 1988.

14 Am 26. Juli 1989 reichte die Stadt Rotterdam (Niederlande) bei der Kommission eine Beschwerde ein, die sich gegen bestimmte Teile der Regelungen richtete.

15 Am 7. November 1989 beschloß die Kommission, ein Verfahren gegen die SPO einzuleiten, und übermittelte ihr am 5. Dezember 1989 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte.

16 Die SPO nahm zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte am 5. April 1990 Stellung.

17 Die Anhörung nach Artikel 19 der Verordnung Nr. 17 fand am 12. Juni 1990 statt.

18 Am 15. März 1991 versuchte die SPO in einem Gespräch mit der Kommission die Frage zu klären, ob die angemeldeten Regelungen freistellungsfähig seien, wenn sie geändert würden. Hierüber fand zwischen dem 12. April 1991 und dem 15. Januar 1992 ein Schriftwechsel zwischen der SPO und der Kommission statt.

19 Am 5. Februar 1992 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

20 Am 12. Februar 1992 wurde den Klägerinnen eine Entscheidung übersandt, die vom 5. Februar 1992 datierte und das Aktenzeichen (C)92 66 endg. trug. Sie wurde am 17. Februar 1992 zugestellt. In dieser Entscheidung fehlte eine Stelle und die Adressen einiger im verfügenden Teil der Entscheidung genannten Unternehmensvereinigungen waren fehlerhaft.

21 Am 26. Februar 1992 wurde den Klägerinnen eine Entscheidung übersandt, die vom 5. Februar 1992 datierte und das Aktenzeichen C(92) 66 endg. rev. trug (und bei der SPO am 2. März 1992 einging). Diese Fassung enthielt die in der am 17. Februar 1992 zugestellten Fassung fehlende Stelle, die somit hinzugefügt worden war. Die fehlerhaften Adressen einiger Unternehmensvereinigungen waren ebenfalls berichtigt worden.

22 Die Kommission stellt in Artikel 1 der Entscheidung fest, daß die Satzung der SPO vom 10. Dezember 1963 in der heute geltenden Fassung, die beiden UPR vom 9. Oktober 1986 und die dazugehörigen Regelungen und Anhänge, die den UPR vorangegangenen früheren Regelungen ähnlichen Inhalts, die durch die UPR ersetzt worden seien, und der Ehrenkodex mit Ausnahme seines Artikels 10 gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstießen.

23 In Artikel 2 ihrer Entscheidung lehnt die Kommission den Antrag vom 13. Januar 1988 ab, die UPR vom 9. Oktober 1986 und den Ehrenkodex gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freizustellen.

24 In Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Entscheidung gibt die Kommission der SPO und ihren Mitgliedsorganisationen auf, die festgestellten Zuwiderhandlungen unverzueglich abzustellen und die betroffenen Unternehmen von der Entscheidung und von der Abstellung der Verstösse schriftlich in Kenntnis zu setzen und dabei auf die damit verbundenen praktischen Folgen wie die Freiheit jedes Unternehmens, sich zu jedem Zeitpunkt den genannten Regelungen zu entziehen, hinzuweisen. Ausserdem seien die SPO und ihre Mitgliedsorganisationen verpflichtet, der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung die den Unternehmen nach Artikel 3 Absatz 2 übermittelten Informationen mitzuteilen.

25 In Artikel 4 der Entscheidung setzt die Kommission gegenüber den betroffenen 28 Vereinigungen Geldbussen von insgesamt 22 498 000 ECU fest.

Das Verfahren

26 Die SPO sowie die 28 Mitgliedsvereinigungen haben mit Klageschrift, die am 13. April 1992 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung der Inexistenz, hilfsweise Nichtigerklärung der Entscheidung 92/204/EWG der Kommission vom 5. Februar 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.572 und IV/32.571 ° Niederländische Bauwirtschaft, ABl. L 92, S. 1).

27 Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen ausserdem gemäß Artikel 185 und 186 EWG-Vertrag und Artikel 105 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug der streitigen Entscheidung auszusetzen.

28 Die Parteien haben am 18. Juni 1992 mündlich verhandelt.

29 Am 16. Juli 1992 hat der Präsident des Gerichts einen Beschluß mit folgendem Tenor erlassen:

1) Der Vollzug von Artikel 3 der Entscheidung der Kommission in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.572 und IV/32.571 ° Niederländische Bauwirtschaft) wird ausgesetzt, soweit diese Bestimmung Teile der streitigen Regelungen betrifft, die nicht mit einer Abstimmung oder einem Informationsaustausch unter den Unternehmern, einer Präferenzgewährung oder der unmittelbaren Abwälzung der Beträge für die Kalkulationskostenvergütung und der Verbandsumlagen auf die Ausschreibenden zusammenhängen.

2) Die Antragstellerinnen haben der Kommission und dem Gericht bis spätestens 1. Oktober 1992 die Maßnahmen mitzuteilen, die sie ergriffen haben, um die Funktionsweise des Systems diesem Beschluß anzupassen.

3) Im übrigen wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückgewiesen.

4) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

30 Mit Schriftsatz, der am 14. August 1992 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen dem Präsidenten des Gerichts die vorläufigen seit dem 20. Juli 1992 geltenden Anweisungen übermittelt, die die Klägerin zu 1) aufgrund des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts vom 16. Juli 1992 an die anderen Klägerinnen gerichtet hat.

31 Am 27. August 1992 hat die Dennendäl BV, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, einen Antrag auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten gemäß Artikel 37 des Protokolls über die EWG-Satzung des Gerichtshofes eingereicht.

32 Mit Beschluß vom 12. Januar 1993 hat das Gericht diesem Antrag auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten stattgegeben.

33 Am 21. Januar 1993 hat die Streithelferin ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht.

34 Mit Schriftsatz vom 17. November 1993 hat die Streithelferin dem Gericht mitgeteilt, daß sie die Streithilfe zurücknehme. Mit Beschluß vom 4. Mai 1994 hat das Gericht davon Kenntnis genommen.

35 Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch die Parteien aufgefordert, einige Fragen vor der mündlichen Verhandlung schriftlich zu beantworten.

36 Aufgrund des Urteils des Gerichtshofes vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache C-137/92 P (Kommission/BASF u. a., Slg. 1994, I-2555) hat das Gericht der Kommission mit Beschluß vom 27. Juni 1994 aufgegeben, "die von der Kommission in ihrer Sitzung vom 5. Februar 1992 erlassene Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.572 und IV/32.571 ° Niederländische Bauwirtschaft), wie sie zu dem damaligen Zeitpunkt durch die Unterschriften des Präsidenten und des Exekutivsekretärs in der verbindlichen Sprache gemäß Artikel 12 Absatz 1 der seinerzeit geltenden Geschäftsordnung festgestellt worden ist", dem Gericht "bis spätestens 6. Juli 1994" vorzulegen.

37 Aufgrund dieses Beschlusses hat die Kommission mit Schreiben vom 4. Juli 1994 ihre Entscheidung C(92) 66 endg. rev. vom 5. Februar 1992 vorgelegt, die nach dem Vermerk: "La presente décision a été adoptée par la Commission lors de sa 1092ème réunion tenü à Bruxelles le 5 février 1992. Elle comprend 92 pages + annexes." (Diese Entscheidung ist von der Kommission in ihrer 1 092. Sitzung in Brüssel am 5. Februar 1992 erlassen worden. Sie umfasst 92 Seiten + Anlagen) vom Präsidenten der Kommission und ihrem Generalsekretär unterzeichnet ist. Die Kommission hat ausserdem eine Reihe weiterer Schriftstücke vorgelegt.

38 Das erste dieser Schriftstücke ist ein Schreiben eines der Rechtsanwälte der Klägerinnen vom 19. Februar 1992 an den zuständigen Beamten der Generaldirektion IV für Wettbewerb, das den Hinweis enthält, daß in der ihm zugestellten Entscheidung beim Übergang von der Seite 86 auf die Seite 87 etwas fehle. Der Beamte wird in diesem Schreiben gebeten, die erforderlichen Nachprüfungen vorzunehmen und die für die notwendigen Berichtigungen gebotenen Maßnahmen zu treffen.

39 Das zweite Schriftstück ist eine Fernkopie ebenfalls vom 19. Februar 1992, die der betreffende Beamte an einen Beamten des Generalsekretariats der Kommission mit der Bitte gerichtet hat, zu prüfen, "ob die Fassung der Entscheidung, wie sie von der Kommission angenommen und den Adressaten zugestellt worden ist, mit dem Entwurf völlig übereinstimmt, und gegebenenfalls das Erforderliche zu veranlassen, damit der vollständige Text der Entscheidung den Adressaten förmlich mitgeteilt wird".

40 Das dritte Schriftstück ist ein Schreiben eines der Rechtsanwälte der Klägerinnen vom 21. Februar 1992 an den zuständigen Beamten der Generaldirektion IV, in dem die Kommission gebeten wird, die Exemplare der berichtigten Fassung der Entscheidung nur der SPO zuzustellen, da einige Adressen der Mitgliedsorganisationen der SPO falsch seien.

41 Das vierte Schriftstück ist ein Schreiben des zuständigen Beamten der Generaldirektion IV, ebenfalls vom 21. Februar 1992, an die Rechtsanwälte der Klägerinnen, in dem darauf hingewiesen wird, daß das Generalsekretariat nach einem Telefongespräch mit einem der Rechtsanwälte verschiedene Modalitäten einer (erneuten) Zustellung und zwar an alle Vereinigungen, die Adressaten der Entscheidung seien, (gegebenenfalls an deren berichtigte Adresse) erwäge.

42 Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. Juli 1994 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. In der Sitzung ist auf Antrag der Klägerinnen ein Film über die im vorliegenden Fall streitigen Regelungen vorgeführt und der Sachverständige der Klägerin angehört worden.

Anträge der Parteien

43 Die Klägerinnen beantragen:

1) für Recht zu erkennen, daß der Rechtsakt der Kommission mit dem Titel "Entscheidung der Kommission vom 5. Februar 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.572 und IV/32.571 ° Niederländische Bauwirtschaft)" inexistent ist;

2) hilfsweise: die Entscheidung der Kommission vom 5. Februar 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.572 und IV/32.571 ° Niederländische Bauwirtschaft) für nichtig zu erklären;

3) alle weiteren Maßnahmen zu erlassen, die das Gericht für notwendig erachtet;

4) der Kommission die Kosten einschließlich der Kosten im Zusammenhang mit dem Antrag auf Erlaß einstweiliger Maßnahmen gemäß den Artikeln 185 und 186 EWG-Vertrag aufzuerlegen.

Die Kommission beantragt:

1) die Klage abzuweisen;

2) den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen.

Vorbringen der Parteien

44 Die Klägerinnen stellen zwei Klageanträge: erstens den Hauptantrag Feststellung, daß die angefochtene Entscheidung inexistent oder zumindest wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften unwirksam ist; zweitens den Hilfsantrag, diese Entscheidung für nichtig zu erklären.

Der Hauptantrag

Vorbringen der Parteien

45 Die Klägerinnen machen in erster Linie geltend, daß nach der Rechtsprechung des Gerichts (Urteil vom 27. Februar 1992 in den Rechtssachen T-79/89, T-84/89 bis T-86/89, T-89/89, T-91/89, T-92/89, T-94/89, T-96/89, T-98/89, T-102/89 und T -104/89, BASF u. a./Kommission, Slg. 1992, II-315) die angefochtene Entscheidung wegen Verstosses gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit des Rechtsakts, wegen Unzuständigkeit ° der Entscheidung sei eine Seite hinzugefügt worden, ohne daß sie von dem Kommissionskollegium angenommen worden sei ° und wegen des Verstosses gegen die Sprachenregelung inexistent sei, denn das Kommissionskollegium habe die Entscheidung nicht in der einzigen Sprache, in der sie verbindlich sei, beschlossen. In der Entscheidung C(92) 66 endg. vom 5. Februar 1992, die den Klägerinnen am 12. Februar 1992 übersandt und am 17. Februar 1992 zugestellt worden sei, fehle nämlich eine Stelle, und die Adressen verschiedener im verfügenden Teil der Entscheidung genannter Unternehmensvereinigungen seien fehlerhaft.

46 Am 26. Februar 1992 sei den Klägerinnen eine Entscheidung vom 5. Februar 1992 mit dem Aktenzeichen C(92) 66 endg. rev. übersandt worden (und bei der SPO am 2. März 1992 eingegangen). Diese Fassung enthalte die Stelle, die in der am 17. Februar 1992 zugestellten Fassung fehle und folglich hinzugefügt worden sei. Die fehlerhaften Adressen der verschiedenen Unternehmensvereinigungen seien ebenfalls berichtigt worden.

47 Ausserdem sei das Schriftstück mit dem Aktenzeichen C(92) 66 endg. zunächst mit einem vom Generalsekretär der Kommission unterzeichneten Schreiben vom 12. Februar 1992 an jede Klägerin gesandt und erst um den 17. Februar herum zugestellt worden. Die Tatsache, daß der Text der angefochtenen Entscheidung am Tag nach dem 5. Februar 1992 nicht verfügbar gewesen sei, bestätige, daß die den Klägerinnen zugestellte Fassung nicht dieselbe sei wie die, die dem Kommissionskollegium vorgelegen habe. Dafür spreche auch, daß das berichtigte Schriftstück ein neues Aktenzeichen (nämlich C(92) 66 endg. rev.) erhalten habe. Die Kommission bestreite im übrigen nicht, daß das Schriftstück C(92) 66 endg. rev. als solches niemals dem Kommissionskollegium vorgelegt worden sei.

48 Die Klägerinnen fordern die Kommission deshalb auf, anhand eines beglaubigten Auszugs aus dem Protokoll der Sitzung der Kommission vom 5. Februar 1992 nachzuweisen, daß sie tatsächlich zusammengekommen sei, um die niederländische Fassung der streitigen Entscheidung zu prüfen, und diese Fassung angenommen habe.

49 Nach Ansicht der Kommission haben die Klägerinnen nichts vorgetragen, was den Schluß zuließe, daß der Grundsatz der Unantastbarkeit eines beschlossenen Rechtsakts nach Erlaß der Entscheidung verletzt worden sei. Mangels entsprechender Anhaltspunkte sei die Entscheidung als rechtmässig anzusehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-10/89, Hoechst/Kommission, Slg. 1992, II-629, Randnr. 375).

50 Die Entscheidung sei den Klägerinnen ein zweites Mal übersandt worden, da in dem am 12. Februar 1992 übermittelten Text eine Seite gefehlt habe und in einigen Fällen die Entscheidung an eine Adresse gesandt worden sei, die nicht mehr richtig gewesen sei. Daß eine Seite verschwunden sei, sei auf einen technischen Fehler im kommissionsinternen System der elektronischen Post zurückzuführen, der nach dem Erlaß der Entscheidung aufgetreten sei.

51 Dem Kommissionskollegium habe am 5. Februar 1992 der Wortlaut des Entscheidungsentwurfs in allen Gemeinschaftssprachen einschließlich des Niederländischen vorgelegen. Dieser Entwurf sei in dieser Sitzung angenommen worden.

Würdigung durch das Gericht

52 Das Gericht stellt zunächst fest, daß aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1994 (Kommission/BASF u. a., a. a. O., Randnr. 52) folgt, daß die von den Klägerinnen angeführten Unregelmässigkeiten, die das Verfahren für den Erlaß der Kommissionsentscheidung betreffen, nicht derart schwerwiegend sind, daß die Entscheidung als rechtlich inexistent betrachtet werden müsste.

53 Somit ist der Hauptantrag der Klägerinnen abzuweisen, soweit mit ihm die Feststellung der Inexistenz der angefochtenen Entscheidung begehrt wird.

54 Sodann ist jedoch zu prüfen, ob die von den Klägerinnen angeführten Unregelmässigkeiten nicht, wie von ihnen hilfsweise geltend gemacht, zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung wegen Verstosses gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit des Rechtsakts und wegen Verstosses gegen die Sprachenregelung führen müssen.

55 Hinsichtlich der Unantastbarkeit des Rechtsakts ergibt sich aus dem genannten Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1994 (Kommission/BASF u. a., a. a. O., Randnr. 59), daß das Gericht nur aufgrund einer Rüge, mit der ernsthafte und überzeugende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit des Rechtsakts vorgetragen werden, die Vorlage der Entscheidung, wie sie in der oder den Sprachen, in denen sie verbindlich ist, durch die Unterschriften des Präsidenten und des Exekutivsekretärs festgestellt worden ist, anordnen kann, um zu überprüfen, ob die übermittelten Texte mit dem vom Kommissionskollegium beschlossenen Text vollkommen übereinstimmen.

56 Im vorliegenden Fall ist das Gericht aufgrund der ihm vorliegenden Angaben der Auffassung, daß die fehlende Übereinstimmung zwischen dem Text der am 17. Februar 1992 zugestellten Entscheidung und dem Text der am 26. Februar 1992 zugestellten Entscheidung auf den ersten Blick einen ernsthaften und überzeugenden Anhaltspunkt dafür bietet, daß die Änderungen am erstgenannten Text nicht vom Kommissionskollegium beschlossen wurden. Das Gericht hat deshalb am 27. Juni 1994 die Vorlage der von der Kommission in ihrer Sitzung vom 5. Februar 1992 getroffenen Entscheidung, wie sie in der Sprache, in der sie verbindlich ist, durch die Unterschriften des Präsidenten und des Exekutivsekretärs gemäß Artikel 12 Absatz 1 der seinerzeit geltenden Geschäftsordnung der Kommission festgestellt worden ist, angeordnet.

57 Die auf den Beschluß des Gerichts vom 27. Juni 1994 hin von der Kommission vorgelegten Schriftstücke zeigen jedoch, daß der Unterschied zwischen dem zuerst und dem später zugestellten Text auf einen technischen Fehler zurückzuführen ist, der beim Betrieb des Systems der elektronischen Post der Kommission aufgetreten ist und eine Seite hat verschwinden lassen. Daraus folgt, daß der am 26. Februar 1992 zugestellte Text dem vom Kommissionskollegium in seiner Sitzung vom 5. Februar 1992 beschlossenen Text vollkommen entsprach. Die Rechtsanwälte der Klägerinnen haben der Kommission nämlich schon am 19. Februar 1992 mitgeteilt, daß "in der SPO-Entscheidung beim Übergang von der Seite 86 auf die Seite 87 etwas fehlt. Wir bitten Sie, dem nachzugehen und die gebotenen Maßnahmen für eine Berichtigung zu treffen. Sollte sich herausstellen, daß der Text einen Fehler enthält, bitten wir Sie, allen Adressaten eine Berichtigung zukommen zu lassen." Der Adressat dieses Schreibens, der zuständige Beamte in der Generaldirektion IV, sandte am selben Tag eine Note an das Generalsekretariat der Kommission, damit dieses die erforderlichen Nachprüfungen veranlasste. In dieser Note heisst es: "Ich habe von Ihrem Dienst die niederländische Fassung der genannten Entscheidung erhalten. In diesem Dokument fehlt eine Stelle, die in dem der Kommission vorgelegten Entwurf noch enthalten war. Ich möchte Sie bitten, zu prüfen, ob die Fassung der Entscheidung, wie sie von der Kommission angenommen und den Adressaten zugestellt worden ist, mit dem Entwurf völlig übereinstimmt, und gegebenenfalls das Erforderliche zu veranlassen, damit der vollständige Text der Entscheidung den Adressaten förmlich mitgeteilt wird. Sie finden als Anlage I dieses Schreibens: das Deckblatt des Dokuments C(92) 66 endg. [...], die Seiten 86 und 87 dieses Dokuments. Sie finden als Anlage II dieses Schreibens: die Seiten 85, 86 und 87 des Entwurfs der betreffenden Entscheidung (niederländische Fassung), wie sie der Kommission vorgelegen hat: die in dem Dokument C(92) 66 endg. fehlende Stelle ist markiert."

58 Aufgrund dieses Sachverhalts, dessen Auslegung durch die Kommission von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt worden ist, können die von den Klägerinnen vorgebrachten Anhaltspunkte nicht mehr als ernsthaft und überzeugend angesehen werden.

59 Somit ist der Beweis erbracht worden, daß der Text der den Klägerinnen am 26. Februar 1992 zugestellten Entscheidung mit dem am 5. Februar 1992 von dem Kommissionskollegium angenommenen Text völlig übereinstimmt.

60 Was die Beachtung der Sprachenregelung betrifft, so ergibt sich aus dem Schreiben des Beamten der Generaldirektion IV an das Generalsekretariat, daß der Entscheidungsentwurf der Kommission in seiner niederländischen Fassung vorgelegen hat, was ebenfalls durch die Tatsache bestätigt wird, daß der verfügende Teil der Entscheidung den Klägerinnen durch Fernkopie schon am 5. Februar 1992 auf niederländisch mitgeteilt worden ist.

61 Somit kann im vorliegenden Fall von einem Verstoß gegen die Sprachenregelung keine Rede sein.

62 Darüber hinaus hat die Kommission auf den Beschluß des Gerichts vom 27. Juni 1994 die Entscheidung der Kommission vom 5. Februar 1992, Aktenzeichen C(92) 66 endg. rev., vorgelegt, die nach dem Vermerk: "La presente décision a été adoptée par la Commission lors de sa 1092ème réunion tenü à Bruxelles le 5 février 1992. Elle comprend 92 pages + annexes." (Diese Entscheidung ist von der Kommission in ihrer 1 092. Sitzung in Brüssel am 5. Februar 1992 erlassen worden. Sie umfasst 92 Seiten + Anlagen) vom Präsidenten der Kommission und ihrem Generalsekretär unterzeichnet ist. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen beanstandet, daß dieses Schriftstück nicht angibt, wann der Präsident und der Generalsekretär unterschrieben haben. In seinem Begleitschreiben vom 4. Juli 1994 und in der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Kommission versichert, daß dieses Dokument die Entscheidung ist, wie sie von dem Kommissionskollegium am 5. Februar 1992 angenommen und wie sie seinerzeit festgestellt worden ist. Auf eine Frage des Gerichts hat der Bevollmächtigte der Kommission zur Bekräftigung seiner Erklärung darauf hingewiesen, daß der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung die Folgen bereits bekannt gewesen seien, die vom Gericht festgesetzt werden könnten, wenn eine Ausfertigung ihrer Rechtsakte nicht vorhanden sei; zu diesem Zeitpunkt sei nämlich die mündliche Verhandlung in den Rechtssachen BASF u. a./Kommission vor dem Gericht bereits abgeschlossen und die Vorlage der in diesem Fall streitigen Entscheidung, wie sie durch die Unterschriften des Präsidenten und des Exekutivsekretärs gemäß Artikel 12 Absatz 1 der seinerzeit geltenden Geschäftsordnung der Kommission festgestellt worden sei, schon angeordnet gewesen. Die Klägerinnen haben gegen diese Klärung des Bevollmächtigten der Kommission keine Einwände erhoben.

63 Aus diesen Schriftstücken und den Erläuterungen des Bevollmächtigten der Kommission ergibt sich, daß das von der Kommission vorgelegte Schriftstück mit dem Aktenzeichen C(92) 66 endg. rev. die Entscheidung in der Fassung ist, in der sie am 5. Februar 1992 von dem Kommissionskollegium angenommen und seinerzeit festgestellt worden ist.

64 Somit ist der Hauptantrag der Klägerinnen abzuweisen.

Der Hilfsantrag

65 Zur Begründung ihres Hilfsantrags tragen die Klägerinnen neun Klagegründe vor, die sich in fünf Angriffsmittel zusammenfassen lassen. Mit dem ersten Angriffsmittel wird ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag geltend gemacht, da die Kommission den relevanten Markt unzutreffend festgelegt habe, die Tragweite der streitigen Regelungen verkannt und zu Unrecht angenommen habe, daß diese Regelungen den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigten. Mit dem zweiten Angriffsmittel wird ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag geltend gemacht, da die Kommission erstens den Besonderheiten der Bauwirtschaft in den Niederlanden nicht Rechnung getragen und die ihr obliegende Beweislast umgekehrt habe, zweitens die Tragweite der streitigen Regelungen im Hinblick auf die vier Voraussetzungen für die Gewährung einer Freistellung namentlich dadurch falsch beurteilt habe, daß sie die von den Klägerinnen "im Rahmen der Anmeldung" vorgetragenen Änderungsvorschläge nicht berücksichtigt habe, und drittens gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Subsidiarität verstossen habe, indem sie die beantragte Freistellung versagt habe. Mit dem dritten Angriffsmittel wird ein Verstoß gegen die Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 und 15 Absatz 2 der Vorschrift Nr. 17 geltend gemacht, da die Kommission eine Geldbusse festgesetzt habe, obwohl die Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen oder zumindest straffrei gewesen sei, zu Unrecht angenommen habe, daß die Zuwiderhandlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sei, und eine unverhältnismässige Geldbusse verhängt habe. Mit dem vierten Angriffsmittel wird ein Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag geltend gemacht, da die Kommission weder den angeblichen Verstoß nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag noch die Versagung der beantragten Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag rechtlich hinreichend begründet habe. Mit dem fünften Angriffsmittel wird eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen geltend gemacht.

Erstes Angriffsmittel: Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag

Erste Rüge: Unzutreffende Festlegung des relevanten Marktes

Vorbringen der Parteien

66 Die Klägerinnen verweisen auf die Rechtsprechung des Gerichts, nach der die angemessene Festlegung des relevanten Marktes notwendig jeder Beurteilung eines angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens vorauszugehen habe (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in den Rechtssachen T-68/89, T-77/89 und T-78/89, SIV u. a./Kommission, Slg. 1992, II-1403). Im vorliegenden Fall habe die Kommission den relevanten Produktmarkt und den relevanten räumlichen Markt nicht festgelegt.

67 Zum Produktmarkt führen sie aus, daß die von den streitigen Regelungen erfassten acht Sektoren der Bauwirtschaft nicht zu einem einzigen Produktmarkt gehörten, sondern zumindest ebensoviele ° wenn nicht noch mehr ° unterschiedliche Produktmärkte darstellten, da die Tätigkeiten, die sie abdeckten, weder unter dem Gesichtspunkt der Nachfrage noch unter dem des Angebots untereinander austauschbar seien.

68 Die Klägerinnen hätten in ihrer Anmeldung den niederländischen Baumarkt nur deshalb als einen einzigen Produktmarkt angesehen, weil ihr Antrag auf Erteilung eines Negativattests oder Freistellung für die 1987 eingeführten UPR gerichtet gewesen sei, die zum ersten Mal unterschiedslos für die acht relevanten Produktmärkte gegolten hätten. Die angefochtene Entscheidung sei unter einem völlig anderen Blickwinkel ergangen, da sie nicht nur gegen die UPR von 1987, sondern auch gegen die den UPR vorangegangenen Regelungen gerichtet sei, die für jeden Sektor der Bauwirtschaft anders gewesen seien. Deshalb hätte die Kommission zumindest insoweit nach den relevanten Produktmärkten unterscheiden müssen, soweit sie gegen die vor dem 1. April 1987 geltenden Regelungen habe vorgehen wollen.

69 Bezueglich des räumlichen Marktes verweisen die Klägerinnen auf die Feststellung der Kommission in Randnummer 23 der Entscheidung, wonach innerhalb des Marktes der Bauarbeiten, für den die Regelungen gälten, verschiedene relevante räumliche Märkte bestuenden. Die Kommission habe eingeräumt, daß die Grösse des relevanten räumlichen Marktes je nach dem Sektor und der Art der betreffenden Arbeiten variieren könne. Da der räumliche Markt für kleinere Bauarbeiten begrenzter sei, hätte die Kommission feststellen müssen, daß alle Regelungen, die diese Arbeiten beträfen, nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 85 EWG-Vertrag fielen, da sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen könnten (siehe unten, dritte Rüge im Rahmen dieses Angriffsmittels).

70 Bezueglich des Produktmarkts erwidert die Kommission, daß es nicht möglich sei, für die Festlegung des relevanten Marktes von der Substituierbarkeit der betreffenden Produkte auszugehen; Ausgangspunkt müssten vielmehr die Tätigkeiten der Unternehmer und der Anwendungsbereich der Regelungen sein. Die UPR und der Ehrenkodex gälten nämlich unterschiedslos für die einzelnen von den Klägerinnen genannten Sektoren, ohne nach Art, Bedeutung oder dem Ort der Arbeiten zu unterscheiden. Dieser Ansatz entspreche völlig dem Standpunkt, den die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren eingenommen hätten.

71 Zwischen den Regelungen vor 1987 und den UPR sei im Hinblick auf die Festlegung des relevanten Produktmarktes kein Unterschied zu machen, da die für die einzelnen Sektoren geltenden früheren Regelungen zwischen 1973 und 1979 unter der Aufsicht der SPO vereinheitlicht worden seien.

72 Bezueglich des räumlichen Marktes zeigten die regelmässigen Nachfrageschwankungen, der Aktionsradius der grossen und mittleren Unternehmen und die Tatsache, daß selbst einige kleinere Unternehmen sich für Arbeiten ausserhalb der Region, in der sie niedergelassen seien, bewürben, daß es innerhalb des Marktes für Bauarbeiten, für den die beanstandeten Regelungen gälten, keine getrennten räumlichen Märkte gebe. Ausserdem hätten die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren weder auf die Existenz verschiedener geographischer Märkte hingewiesen noch irgendetwas zu deren Abgrenzung vorgetragen.

Würdigung durch das Gericht

73 Nach Auffassung des Gerichts ist zunächst zu bestimmen, welche Bedeutung der Verpflichtung der Kommission zukommt, vor der Feststellung eines Verstosses gegen die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag den relevanten Markt festzulegen.

74 Die Festlegung des relevanten Marktes spielt in einem Fall des Artikels 85 nicht dieselbe Rolle wie in einem Fall des Artikels 86 EWG-Vertrag. In einem Fall des Artikels 86 hat die angemessene Festlegung des relevanten Marktes notwendig jeder Beurteilung eines angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens vorauszugehen (Urteil SIV u. a./Kommission, Randnr. 159), da vor dem Nachweis der mißbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung die Existenz einer solchen Stellung auf einem bestimmten Markt nachgewiesen werden muß, was die vorherige Festlegung dieses Marktes voraussetzt. In einem Fall des Artikels 85 ist der relevante Markt festzulegen, um zu bestimmen, ob die Vereinbarung, der Beschluß der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt.

75 Deshalb kann im Rahmen des Artikels 85 den Rügen, die die Klägerinnen gegen die Festlegung des Marktes durch die Kommission erheben, keine eigenständige Bedeutung gegenüber den Rügen der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und der Beeinträchtigung des Wettbewerb zukommen. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch, daß die Klägerinnen in ihrem Antrag auf Erteilung eines Negativattests oder auf Freistellung die Frage der Festlegung des Marktes ausschließlich in dem Abschnitt über die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten behandelt haben.

76 Indem die Kommission den niederländischen Baumarkt insgesamt als den relevanten Markt angesehen hat, hat sie sich nur die Auffassung zu eigen gemacht, die die Klägerinnen in der Anmeldung der UPR für die Erteilung eines Negativattests oder für eine Freistellung und in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vertreten haben. Die Klägerinnen haben im Verwaltungsverfahren niemals geltend gemacht, daß die acht Sektoren der Bauwirtschaft unterschiedliche Märkte im Sinne der gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften seien oder daß verschiedene räumliche Märkte bestuenden. Sie haben in der Anmeldung (S. 19, Nr. 2.2.1) vielmehr folgendes ausgeführt:

"Naar het oordeel van de SPO dient als de relevante produktmarkt vanuit een macro-perspectief te worden aangemerkt de markt voor het aannemen van bouwwerken. Slechts die produktmarkt lijkt vanuit kartelrechtelijk oogpunt relevant. Dit is een omvangrijke markt. Weliswaar is het in beginsel (wellicht) mogelijk binnen deze markt talloze marktsegmenten te onderscheiden naar gelang de aard en de omvang van de aan te nemen bouwwerken, doch het is twijfelachtig of dergelijke segmenten zouden kunnen worden aangemerkt als afzonderlijke produktmarkten in het licht van het Europees mededingingsrecht. Zowel de aanbodzijde als de vraagzijde van de betrokken markt heeft een dermate diverse samenstelling, dat het in beginsel onmogelijk lijkt bepaalde submarkten te isoleren, waarop bepaalde categorieën aanbesteders en aannemers bij uitsluiting opereren. Een ° noodgedwongen ° kunstmatige indeling van de bouwmarkt in submarkten is bovendien niet dienstig voor de beoordeling van de onderhavige mededingingsregelingen, aangezien enerzijds de Erecode van töpassing is op bouwwerken van alle categorieën, terwijl het UPR betrekking heeft op alle werken van de categorieën, genömd onder nr. 2.1.1."

["Nach Auffassung der SPO ist als relevanter Produktmarkt aus makroökonomischer Sicht der Markt für die Errichtung von Bauwerken anzusehen. Nur dieser Produktmarkt scheint kartellrechtlich relevant zu sein. Dies ist ein grosser Markt. So ist es (vielleicht) grundsätzlich möglich, innerhalb dieses Marktes je nach Art und Umfang der zu errichtenden Gebäude zahllose Marktsegmente zu unterscheiden, doch ist zweifelhaft, ob solche Segmente als gesonderte Produktmärkte im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts angesehen werden können. Sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite des betroffenen Marktes hat eine dermassen unterschiedliche Zusammensetzung, daß es grundsätzlich unmöglich ist, bestimmte Submärkte abzutrennen, auf denen ausschließlich bestimmte Gruppen von Auftraggebern und Auftragnehmern tätig sind. Eine ° notgedrungen ° künstliche Einteilung des Baumarkts in Submärkte ist ausserdem für die Beurteilung der streitigen Wettbewerbsregelungen nicht hilfreich, da der Ehrenkodex für Bauwerke aller Kategorien gilt, während die UPR alle Arbeiten der unter 2.1.1 genannten Kategorien betreffen" (d. h. diejenigen, auf die die UPR nach Ansicht der Kommission anwendbar sind).]

77 Die Kommission hat sich dieser Festlegung des Marktes zu Recht angeschlossen, soweit die 1987 eingeführten Regelungen unterschiedslos für sämtliche acht Sektoren gelten. Die Klägerinnen haben im übrigen in ihrer Erwiderung dieser Auffassung im Hinblick auf die Beurteilung der 1987 eingeführten UPR zugestimmt.

78 Sie halten jedoch ihre Einwände gegen die Festlegung des Marktes im Hinblick auf die früheren Regelungen aufrecht. Sie weisen darauf hin, daß die Auffassung, die sie im Verwaltungsverfahren vertreten hätten, darauf zurückzuführen sei, daß ihr Antrag auf Erteilung eines Negativattests oder auf Freistellung auf die 1987 eingeführten Regelungen gerichtet gewesen sei, während in der Entscheidung auch die früheren Regelungen, die für jeden Sektor verschieden gewesen seien, beanstandet würden.

79 Dazu ist festzustellen, daß die Ausführungen in der Anmeldung sich zwar ausschließlich auf die 1987 eingeführten Regelungen beziehen, jedoch werden in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auch die früheren Regelungen beanstandet. Deshalb bezieht sich die Antwort der Klägerinnen auf diese Mitteilung (vgl. die Seiten 23 bis 71, insbesondere den Teil 3 mit der Überschrift "De relevante markt: de bouwmarkt in Nederland" ["Der relevante Markt: der Baumarkt in den Niederlanden"]), in der sie im Hinblick auf die Festlegung des Marktes denselben Standpunkt vertreten haben, ebenfalls auf die früheren Regelungen.

80 Daraus folgt, daß die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren einen anderen Ansatz in bezug auf die Festlegung des Marktes für die früheren Regelungen nicht für notwendig gehalten haben.

81 Zudem ist das Gericht der Auffassung, daß die Kommission diese Festlegung des Marktes auch für die früheren Regelungen zu Recht übernommen hat. Die Klägerinnen haben nämlich zum einen nicht aufzeigen können, welche wesentlichen Unterschiede zwischen den früheren Regelungen und den 1987 eingeführten Regelungen sowie zwischen den einzelnen früheren Regelungen untereinander bestehen könnten. Daraus folgt, daß die verschiedenen früheren Regelungen für jeden Sektor und jedes geographische Gebiet, die sie erfassten, in gleicher Weise galten. Zum anderen haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß die verschiedenen früheren Regelungen sämtliche Produkte der Bauwirtschaft für die gesamten Niederlande erfasst hätten, da entweder eine regionale Regelung unterschiedliche Produkte erfasst habe oder eine besondere Regelung zwar auf bestimmte Produkte beschränkt gewesen sei, aber für die gesamten Niederlande gegolten habe.

82 Somit hat die Kommission den niederländischen Baumarkt zu Recht als den relevanten Markt sowohl in bezug auf die früheren als auch in bezug auf die 1987 eingeführten Regelungen zugrunde gelegt, um zu beurteilen, ob diese den Handel zwischen Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb beeinträchtigten.

83 Diese Rüge im Rahmen dieses Angriffsmittels ist deshalb zurückzuweisen, soweit sie nicht mit den beiden anderen Rügen dieses Angriffsmittels zusammenfällt und im weiteren mit diesen zu prüfen ist.

Zweite Rüge: Verkennung des Inhalts und der Tragweite der streitigen Regelungen

I ° Allgemein

Vorbringen der Parteien

84 Nach Ansicht der Klägerinnen ist entscheidend, die Zielsetzung der streitigen Regelungen im Auge zu behalten, wenn man ihre Vereinbarkeit mit dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht prüfe: Verhinderung des Herunterhandelns durch die Errichtung einer verbindlichen Regelung, bei der der Wettbewerb in einem einzigen Zeitpunkt stattfinde, und Verbesserung der Verhandlungsstruktur des Marktes durch die Abwälzung der Kalkulationskosten auf jedes ausgeschriebene Bauwerk, für das sie angefallen sind.

85 Die Kommission verstehe Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falsch, wenn sie meine, daß die Regelungen diese Bestimmung weitgehend verletzten. Dies falsche Verständnis beruhe darauf, daß die Kommission in bezug auf den Wettbewerb von einem rein theoretischen, abstrakten Begriff, der durch diese Bestimmung geschützt werden solle, ausgehe; ein solcher Begriff schließe jede Marktregelung von vornherein aus.

86 Nach Ansicht der Kommission ist im Rahmen des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nur entscheidend, ob eine Beschränkung des Wettbewerbs vorliege, und nicht, ob eine Beschränkung des Wettbewerbs hingenommen werden könne. Um diese Frage zu beantworten, habe die Kommission den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext der Zuwiderhandlung untersucht. Sie habe somit ihrer Beurteilung den Baumarkt und nicht einen "ideal funktionierenden Modellmarkt" zugrunde gelegt. Es könne jedoch nicht akzeptiert werden, daß auf dem Baumarkt Absprachen unvermeidlich seien. Ein unverfälschter Wettbewerb sei konkret geeignet, die Ziele des Vertrages zu verwirklichen.

Würdigung durch das Gericht

87 Das durch die Regelungen von 1987 errichtete System lässt sich nach den Ausführungen in der Entscheidung wie folgt darstellen. Durch diese Regelungen sollte ein Verfahren eingeführt werden, das die Mitglieder der Klägerinnen einhalten müssen, wenn sie ein Preisangebot für ein bestimmtes Bauwerk abgeben wollen. Dieses Verfahren hat ein doppeltes Ziel, nämlich ein Herunterhandeln, zu dem die Auftraggeber angeblich neigen, zu bekämpfen und das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aufgrund der fehlenden Transparenz des Marktes auf der Angebotsseite und aufgrund der mit dem Angebot verbundenen hohen Transaktionskosten auszugleichen.

88 Zu diesem Zweck haben die Klägerinnen die sachlichen und personellen Voraussetzungen für die Durchführung des mit den Regelungen eingeführten Verfahrens geschaffen. Dieses Verfahren, das je nachdem, ob es sich um eine offene oder beschränkte Ausschreibung oder um die gleichzeitige oder nicht gleichzeitige Abgabe eines Preisangebots handelt, ein wenig unterschiedlich durchgeführt wird, enthält mehrere Abschnitte zwischen der Anzeige bei dem zuständigen Büro der SPO, für ein bestimmtes Bauwerk ein Preisangebot abgeben zu wollen, und dem Abschluß des Vertrages zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer.

89 Diese Abschnitte lassen sich wie folgt zusammenfassen: Jeder Unternehmer, der Mitglied der Klägerinnen ist und für ein bestimmtes Bauwerk ein Preisangebot abgeben will, muß dies dem zuständigen Büro der SPO anzeigen, damit dieses die Regelungen anwenden kann (Entscheidung, Nr. 24).

90 Gehen mehrere Anzeigen ein, lädt das Büro die Unternehmen, die eine Anzeige eingereicht haben, zu einer Sitzung ein. Diese Unternehmen sind unter Androhung von Sanktionen zur Teilnahme an der Sitzung verpflichtet. In dieser Sitzung werden unter Leitung eines Bediensteten des Büros verschiedene Beschlüsse mehrheitlich oder einstimmig gefasst (Entscheidung, Nr. 25). Der erste Beschluß betrifft die Frage, ob aus dem Kreis der Sitzungsteilnehmer ein Berechtigter benannt wird, der dann als einziger mit dem Auftraggeber in Verhandlungen über die Bauleistungen und den Preis seines Angebots treten darf (Entscheidung, Nrn. 26 und 39 bis 41). Ist beschlossen worden, einen Berechtigten zu benennen, legt die Versammlung fest, anhand welcher Daten die Preisangebote zu vergleichen sind. So entscheidet die Versammlung ° nach dem Vortrag der Klägerinnen °, ob die Ausschreibungen vergleichbar sind oder vergleichbar gemacht werden können bzw. ° nach dem Vortrag der Kommission °, ob die Preisangebote der verschiedenen Unternehmer vergleichbar sind oder vergleichbar gemacht werden können (Entscheidung, Nr. 27). Wird dies bejaht, wird von der Versammlung ein Berechtigter benannt. Vor der Benennung des Berechtigten entscheidet die Versammlung, nach welchen Modalitäten die Preiszuschläge festzusetzen sind. Es handelt sich im wesentlichen um zwei Arten von Zuschlägen, die vom Auftraggeber zu tragen sind: die Vergütungen für Kalkulationskosten und die Beiträge zu den Verwaltungskosten der berufsständischen Organisationen, zu denen die SPO und ihre Büros gehören (Entscheidung, Nrn. 31 bis 33). Nach dieser Entscheidung legt jeder Unternehmer seinen Angebotspreis (sogenannte Blankozahl) fest und teilt diesen dem Vorsitzenden mit (Entscheidung, Nr. 28). Diese Zahl enthält noch nicht die Preiszuschläge. Zu diesem Zeitpunkt kann ein Unternehmer von der Versammlung verlangen, ihm die Präferenz zu gewähren, d. h. ihm die Stellung eines Berechtigten einzuräumen, sofern er ein Preisangebot abgibt, das der niedrigsten Blankozahl entspricht (Entscheidung, Nr. 30). Sodann nimmt der Vorsitzende von diesen Zahlen Kenntnis und kann diese den Teilnehmern mitteilen, falls die Versammlung dies beschließt (Entscheidung, Nr. 28). Nach Kenntnisnahme von den Zahlen der anderen kann jeder Unternehmer sein Angebot unter Verlust bestimmter Rechte zurücknehmen (Entscheidung, Nr. 29). Grundsätzlich wird der Unternehmer, der die niedrigste Blankozahl abgegeben hat, als Berechtigter benannt (Entscheidung, Nr. 39). Danach erhöht jeder Unternehmer seine Blankozahl um die Preiszuschläge, die nach den von der Versammlung vorher beschlossenen Modalitäten berechnet werden. Diese Zuschläge sind für jeden Unternehmer gleich und dienen namentlich dazu, sämtliche Kalkulationskosten für alle Sitzungsteilnehmer zu decken. Sie sind vom Auftraggeber zu tragen, wenn dieser den Auftrag an ein Mitglied der SPO vergibt (Entscheidung, Randnrn. 31 bis 33). Der Zuschlagsempfänger, an den die Beträge gezahlt werden, muß diese an das Büro weiterleiten, das sie im wesentlichen an die Unternehmer für die Kalkulationskosten und an die berufsständischen Organisationen für die Verbandsumlagen auszahlt (Entscheidung, Nrn. 42 bis 46). Schließlich können die Unterschiede zwischen den Angebotspreisen der einzelnen Unternehmer von der Versammlung vergrössert oder verringert werden (Entscheidung, Nr. 38).

91 Geht bei dem Büro nur eine einzige Anzeige für einen Auftrag ein, wird dieser als freihändig vergeben behandelt, und das Unternehmen, das als einziges eine Anzeige eingereicht hat, ist dann Berechtigter, d. h., daß die Unternehmen, die den Klägerinnen angeschlossen sind und später hinzugezogen werden, nur mit Zustimmung des Berechtigten oder, wenn dieser die Zustimmung verweigert, mit Zustimmung einer Schiedskommission ein Preisangebot abgeben dürfen (Entscheidung, Nrn. 41, 52 und 53). Es ist jedoch möglich, daß zwischen der Anzeige des ersten Unternehmers und der Vergabe des Auftrags an diesen der Auftraggeber andere den Klägerinnen angeschlossene Unternehmer hinzuzieht, deren Anzeige nach der Vergabe des Auftrags eingeht. In diesen Fällen ist der Zuschlagsempfänger verpflichtet, dem Büro einen Betrag in Höhe von 3 % des Preises für Preiszuschläge abzuführen (Entscheidung, Nr. 60).

92 Ausserdem besteht eine Regelung, die für die Abgabe von Preisangeboten durch Subunternehmer gilt und im wesentlichen die gleichen Bestimmungen enthält, wie sie für die anderen Preisangebote gelten, sie allerdings an die Besonderheiten der Auftragsuntervergabe anpasst (Entscheidung, Nrn. 55 bis 59).

93 In der Entscheidung werden im wesentlichen vier Arten von Rügen gegen die von den Klägerinnen eingeführten Regelungen erhoben. Die erste Art von Rügen bezieht sich darauf, daß sie eine Abstimmung zwischen Unternehmern einführen, in deren Verlauf Informationen über die Kostenbestandteile des Auftrags, die Merkmale der Angebote und die von jedem vorgeschlagenen Preise ausgetauscht werden. Die zweite Art von Rügen richtet sich dagegen, daß im Laufe dieser Abstimmung Preisbestandteile festgesetzt werden, Preisangebote manchmal geändert und ebenfalls Teilpreise festgesetzt werden. Die dritte Art von Rügen betrifft den Schutz eines der Unternehmer ° des Berechtigten ° nach dieser Abstimmung gegenüber den anderen an der Abstimmung Beteiligten, denn diese verlieren das Recht, mit dem Bauherrn über ihr Angebot zu verhandeln. Der Berechtigte wird auch gegenüber den anderen den Klägerinnen angeschlossenen Unternehmern insoweit geschützt, als diese ein Angebot, wenn sie später dazu aufgefordert werden, nur mit Zustimmung des Berechtigten oder mit Zustimmung eines Unternehmerausschusses unter der Voraussetzung abgeben dürfen, daß dieses Angebot um einen bestimmten Prozentsatz unter dem des Berechtigten liegt. Die vierte Art von Rügen bezieht sich auf den Umstand, daß die Regelungen den Mitgliedern der Klägerinnen Vorteile im Wettbewerb gegenüber Dritten verschaffen.

94 Die Klägerinnen nehmen zu diesen verschiedenen Arten von Rügen auf verschiedenen Ebenen Stellung: Sie stellen die günstigen Auswirkungen der Regelungen auf den Wettbewerb und damit für den Verbraucher heraus oder bestreiten, daß Tatsachen vorliegen, die die Rügen rechtfertigen, oder wenden sich gegen die Subsumtion des Sachverhalts unter Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag.

95 Das Gericht stellt zunächst fest, daß die Kommission die Regelungen der Klägerinnen zu Recht als eine Einheit ansieht, aus der man nicht künstlich einzelne Bestandteile herauslösen kann.

96 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß die von den Klägerinnen behaupteten günstigen Auswirkungen der Regelungen im Rahmen des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht berücksichtigt werden können, und nur für die Anwendung der in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag festgelegten Kriterien eine Rolle spielen. Deshalb sind diese verschiedenen Argumente im Rahmen des zweiten Angriffsmittels zu prüfen. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 692A0029.1

97 Infolgedessen sind im Rahmen des vorliegenden Angriffsmittels ausschließlich die Argumente der Klägerinnen zu prüfen, die sich auf den Sachverhalt und seine Subsumtion unter Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag beziehen. Zu diesem Zweck wird das Gericht nacheinander die Argumente prüfen, die sich beziehen auf die Abstimmung zwischen Unternehmern, die ein Preisangebot abgeben wollen, auf die abgestimmte Festsetzung von Preisen oder Preisbestandteilen, auf die Beschränkung der Verhandlungsfreiheit der Unternehmer und auf das Verhalten der SPO gegenüber nicht angeschlossenen Unternehmern.

II ° Die Abstimmung zwischen Unternehmern, die ein Preisangebot abgeben wollen

Vorbringen der Parteien

1) Verpflichtung zur Anzeige der Absicht, ein Preisangebot abzugeben (Entscheidung, Nrn. 24 und 79)

98 Die Klägerinnen, die die Darstellung dieses Teils der Regelungen in Nr. 24 der Entscheidung nicht beanstanden, machen geltend, daß die Anzeigepflicht und die Anzeige selbst als solche wettbewerbsrechtlich ohne Bedeutung seien. Insbesondere sei Nr. 79 Absatz 3 der Entscheidung schlecht begründet, soweit dort gerügt werde, daß das Büro einem Unternehmen, das eine Anzeige einreiche, auf Wunsch die Zahl der Unternehmen bekanntgeben könne, die eine Anzeige eingereicht hätten.

99 Nach Ansicht der Kommission ist die Anzeigepflicht nicht für sich allein zu sehen, sondern als Bestandteil der Regelungen. Ausserdem könnten die Unternehmen, die eine Anzeige einreichten, durch die aufgrund der Anzeigen erhaltenen Informationen auf die zu erwartende Intensität des Wettbewerbs und damit mittelbar auf die wahrscheinliche Höhe des Endgebots schließen.

2) Die gemäß den UPR abgehaltenen Versammlungen (Entscheidung, Nrn. 25 bis 58 und 80 bis 92)

a) Einigung über die grundsätzliche Frage der Benennung eines Berechtigten (Entscheidung, Nrn. 26 und 80)

100 Die Klägerinnen bestreiten die Behauptung in Nummer 80 der Entscheidung, daß die Versammlung nur in wenigen Fällen beschlossen habe, auf die Benennung eines Berechtigten zu verzichten, und machen geltend, daß nach ihren Untersuchungen ein Berechtigter nur in 39 % der Fälle benannt worden sei.

101 Die Kommission hält dem entgegen, daß Nummer 80 sich auf die Fälle beziehe, in denen die Versammlung von vornherein, d. h. vor der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Vergabebedingungen, auf die Benennung eines Berechtigten verzichtet habe, und nicht auf die Fälle, in denen die Versammlung keinen Berechtigten benannt habe, obwohl sie nicht von vornherein darauf verzichtet habe, was meistens der Fall sei, wenn sie feststelle, daß die Vergabebedingungen nicht vergleichbar seien.

b) Gegenüberstellung der Kostenbestandteile der Aufträge (Entscheidung, Nrn. 27 und 81)

102 Die Klägerinnen machen geltend, daß die Entscheidung die Art der Informationen verkenne, die in der Versammlung ausgetauscht würden. Diese Informationen bezögen sich ausschließlich auf die vom Auftraggeber festgesetzten Vergabebedingungen. Ihr Austausch sei unerläßlich, um prüfen zu können, ob die Aufforderungen zur Angebotsabgabe, auf die die Sitzungsteilnehmer geantwortet hätten, vergleichbar seien, und um damit zu verhindern, daß anschließend Blankozahlen verglichen würden, die sich auf unterschiedliche Aufforderungen zur Angebotsabgabe bezögen. So werde durch diesen Austausch der Wettbewerb zur grössten Zufriedenheit der Auftraggeber verbessert.

103 Im übrigen müssten die Informationen sich auch auf bestimmte Vergabebedingungen beziehen, wenn diese unangemessen seien, um zu verhindern, daß die Auftraggeber unvorhersehbare Risiken auf die Unternehmer abwälzten. Ohne diese Abstimmung stände jeder Unternehmer vor folgendem Dilemma: Entweder akzeptiere er die maßlosen Bedingungen ° und habe dann Probleme bei der Ausführung ° oder er verbinde sein Preisangebot mit weiteren Bedingungen und müsse dann zusehen, wie ihm ein Konkurrent vorgezogen werde. So finde eine Abstimmung über die Ausführungsfristen nur statt, wenn die vom Auftraggeber festgelegten Fristen unrealistisch seien.

104 Ausserdem führe der Informationsaustausch dazu, daß die Unternehmer schärfer kalkulierte Preisangebote abgäben, da die Risiken besser vorhersehbar seien, was letztlich den Auftraggebern zugute komme.

105 Die Beanstandung des Austauschs von Informationen über die Aufforderung zur Angebotsabgabe beruhe nicht nur auf einer falschen Vorstellung vom Inhalt dieser Informationen, sondern auch auf dem schiefen Vergleich zwischen einer Ausschreibung und einem Oligopol, aufgrund dessen die Kommission jeden Informationsaustausch über eine Ausschreibung als vertragswidrig ansehe.

106 Schließlich sei die Auffassung der Kommission falsch, daß jeder Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern, der die Unsicherheiten eines völlig undurchsichtigen Marktes vermindern könne, bereits eine Wettbewerbsbeschränkung sei.

107 Nach Ansicht der Kommission vermitteln die Klägerinnen ein völlig falsches Bild vom Inhalt der ausgetauschten Informationen. Es lasse sich nämlich nicht feststellen, ob die erbetenen Preisangebote vergleichbar seien oder vergleichbar gemacht werden könnten, wenn nicht bekannt sei, wie die Sitzungsteilnehmer auf die Aufforderung zur Angebotsabgabe zu reagieren gedächten. So beziehe sich der Informationsaustausch auf Besonderheiten des Bauwerks, die nur dem einen oder anderen der Teilnehmer bekannt seien, so daß ihm ein Wettbewerbsvorteil verlorengehe. Die Folge sei kein besserer, sondern ein eingeschränkter Wettbewerb. Zum Beleg für ihre Behauptungen legt die Kommission verschiedene Berichte über Unternehmersitzungen vor.

108 Ausserdem sei es nicht Sache der Unternehmer, zusammen zu entscheiden, ob bestimmte Vergabebedingungen wie Ausführungsfristen oder der Umfang der Fundamente unangemessen seien, und noch weniger komme es ihnen in diesem Fall zu, ihre eigenen Bedingungen untereinander abzustimmen.

109 Der Informationsaustausch in den Versammlungen sei für den Wettbewerb ebenso schädlich wie ein Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern auf einem oligopolistischen Markt.

c) Einreichung der Blankozahlen (Entscheidung, Nrn. 28 und 82)

110 Nach Ansicht der Klägerinnen beschränkt die Übergabe der nicht mehr abänderbaren Blankozahlen an den Vorsitzenden des Büros nicht den Wettbewerb, sondern verlegt nur den Zeitpunkt des Wettbewerbs vor. Anstatt die Preisangebote beim Auftraggeber einzureichen, übergäben die Unternehmer die Blankozahlen dem unabhängigen Vorsitzenden des betreffenden SPO-Büros. Die Unabänderbarkeit der Blankozahlen nach ihrer Abgabe gewährleiste, daß der Wettbewerb nicht verfälscht werde; er werde lediglich vorverlegt, um ein "Herunterhandeln" zu verhindern.

111 Die Kommission trägt vor, daß nicht die Einreichung der unabänderbaren Blankozahlen als solche eine Zuwiderhandlung darstelle, sondern die Tatsache, daß sie aufgrund des Informationsaustauschs in der Sitzung festgelegt worden seien. Die Einreichung der Blankozahlen sei Bestandteil eines Verfahrens, in dem die praktische Zusammenarbeit zwischen Unternehmern an die Stelle der mit dem Wettbewerb verbundenen Risiken trete und das insoweit zu verurteilen sei.

d) Rücktrittsrecht nach dem Preisvergleich (Entscheidung, Nrn. 29, 83 und 84)

112 Die Klägerinnen sind der Meinung, daß das Rücktrittsrecht nach dem Vergleich der Preise nicht nur zu keiner Beschränkung des Wettbewerbs führe, sondern diesen noch verstärke, da die Unternehmer ihre Angebote schärfer kalkulieren könnten, denn sie wüssten, daß sie bei einem Fehler, der wirtschaftlich nicht zu rechtfertigende Preise zur Folge habe, ihr Angebot zurücknehmen könnten. Von diesem Recht werde im übrigen nur Gebrauch gemacht, wenn einer der Unternehmer, der eine Blankozahl eingereicht habe, bei seinem Angebot einen Rechenfehler gemacht habe.

113 Im übrigen könne der Vergleich der Preise nach der Einreichung der Blankozahlen keine wettbewerbswidrigen Wirkungen haben, da die Blankozahlen nicht mehr geändert werden könnten. Darüber hinaus könnten die durch diesen Vergleich gewonnenen Informationen, z. B. über den Unterschied zwischen dem Preis des Berechtigten und den Preisen seiner Wettbewerber, von dem Berechtigten bei seinen Verhandlungen mit dem Auftraggeber nicht ausgenutzt werden, da die Blankozahlen endgültige Zahlen seien.

114 Nach Ansicht der Kommission stuende es selbst dann, wenn von dem Rücktrittsrecht ° was aber nicht der Fall sei ° nur Gebrauch gemacht würde, falls ein Fehler zu einem wirtschaftlich nicht zu rechtfertigenden Preis geführt habe, den Unternehmern keineswegs zu, einseitig zu beurteilen, ob ein Preis wirtschaftlich gerechtfertigt sei, und dem Auftraggeber ein vorteilhaftes Preisangebot vorzuenthalten, insbesondere wenn die miteinander konkurrierenden Unternehmen zu dieser Beurteilung nach dem Informationsaustausch über die Preise gelangt seien.

115 Ausserdem könne der Berechtigte die Informationen über die Preise der anderen Bieter, über die er verfüge, bei seinen Verhandlungen mit dem Auftraggeber ausnutzen, da der Unterschied zwischen seinem Preis und dem der anderen die Marge darstellt, innerhalb derer er geschützt sei, weil die anderen Bieter keinen niedrigeren Preis unterbreiten dürften (vgl. unten die Randnrn. über den Schutz des Berechtigten). Insoweit beschränke der Preisvergleich auch den Wettbewerb.

Würdigung durch das Gericht

116 Das Gericht stellt fest, daß die Verpflichtung der Mitglieder der Klägerinnen, dem zuständigen Büro der SPO ihre Absicht zur Abgabe eines Preisangebots anzuzeigen, die Grundlage der Abstimmung bildet. Mit der Kommission ist davon auszugehen, daß die Möglichkeit des zuständigen Büros, den Unternehmen, die eine Anzeige eingereicht haben, auf Wunsch die Anzahl der Unternehmen mitzuteilen, die eine Anzeige eingereicht haben, zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führen kann, soweit die Unternehmen, die eine Anzeige eingereicht haben, dadurch die Intensität des Wettbewerbs untereinander erkennen, und ihr Verhalten darauf einstellen und über Informationen verfügen können, über die der SPO nicht angeschlossene Mitglieder zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfügen.

117 Die in der Entscheidung beanstandete Abstimmung zwischen den Unternehmern findet nur statt, wenn die Versammlung auf die Benennung eines Berechtigten nicht von vornherein verzichtet hat. Hat sie dies nicht getan, tauschen die Teilnehmer Informationen aus. Eine Abstimmung liegt also selbst dann vor, wenn sie zu dem Ergebnis führt, daß die Preisangebote nicht vergleichbar sind oder nicht vergleichbar gemacht werden können, so daß ein Berechtigter nicht benannt werden kann. Zu der Behauptung der Klägerinnen, daß ein Berechtigter nur in 39 % der Fälle benannt worden sei, ist festzustellen, daß zumindest in diesen Fällen die in der Entscheidung beanstandete Abstimmung zwischen Unternehmern voll zum Tragen gekommen ist und daß bezueglich der anderen Fälle die Klägerinnen weder behauptet noch dargetan haben, daß die Versammlung auf die Benennung eines Berechtigten von vornherein verzichtet hatte und damit jede spätere Abstimmung überfluessig war. Die Klägerinnen haben also nicht die Feststellung in Nummer 80 der Entscheidung widerlegen können, daß die Versammlung der Unternehmer "[n]ur in wenigen Fällen beschließt..., auf die Benennung eines Berechtigten zu verzichten, womit ein unverfälschter Wettbewerb einsetzen kann". Diese Feststellung bezieht sich nämlich auf die Anzahl der Fälle, in denen die Versammlung von vornherein auf die Benennung eines Berechtigten verzichtet hatte, während die Feststellung der Klägerinnen die Anzahl der Fälle betrifft, in denen ein Berechtigter nicht benannt werden konnte, weil entweder von vornherein darauf verzichtet wurde oder weil die Preisangebote nicht vergleichbar waren oder nicht vergleichbar gemacht werden konnten.

118 Verzichtet die Versammlung nicht von vornherein auf die Benennung eines Berechtigten, müssen die Teilnehmer entscheiden, anhand welcher technischen und wirtschaftlichen Bedingungen die Preise zu vergleichen sind, da ein Berechtigter nur auf der Grundlage vergleichbarer Preisangebote benannt werden kann. Hier gehen die Meinungen der Parteien über die Art der Informationen, die für die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Preisangebote ausgetauscht werden, auseinander: Für die Klägerinnen beziehen sich diese Informationen ausschließlich auf die Ausschreibung des Auftraggebers und dienen nur der Überprüfung, ob alle Teilnehmer von denselben Bedingungen ausgehen. Die Klägerinnen räumen jedoch ein, daß die ausgetauschten Informationen sich auch auf die Haltung beziehen könnten, die gegenüber bestimmten, unangemessenen Bedingungen des Auftraggebers einzunehmen sei. Für die Kommission geht der Informationsaustausch sehr viel weiter und betrifft die Art und Weise, in der die einzelnen Unternehmer auf die Ausschreibung zu antworten beabsichtigen.

119 Dazu ist zunächst festzustellen, daß es mit Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unvereinbar ist, wenn Unternehmer sich über die Art und Weise abstimmen, in der sie auf eine Ausschreibung zu antworten beabsichtigen, selbst wenn diese Ausschreibung unangemessene Bedingungen enthält. Jeder Unternehmer muß nämlich selbständig entscheiden, was er für angemessen und was er für unangemessen hält, und daraus die Konsequenzen für sein eigenes Verhalten ziehen.

120 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß entgegen den Behauptungen der Klägerinnen die ausgetauschten Informationen nicht nur die Ausschreibung betreffen. Zum einen ergibt sich aus Artikel 1 b in Verbindung mit den Artikeln 6.2 UPRO und 6.3 UPRR, daß diese Informationen sich auf Bedingungen beziehen, die die Ausschreibung nicht enthält. Die Artikel 6.2 und 6.3 UPR bestimmen nämlich:

"Bevor die Vordrucke für die Blankozahlen ausgefuellt werden, wird von der Versammlung anhand der vom Bauherrn festgelegten Vergabebedingungen sowie anderer für einen objektiven Preisvergleich bedeutsamer Bedingungen beschlossen, aufgrund welcher Bedingungen der Vordruck ausgefuellt werden soll bzw. welche Zahl[en] und eventuellen Beschreibungen der Vordruck dazu enthalten muß."

Nach Artikel 1 b sind mit "Vergabebedingungen" dagegen gemeint:

"alle Unterlagen, darunter Leistungsbeschreibung, Zeichnungen, Aufforderung zur Angebotsabgabe, Angebotsvordruck und dergleichen sowie alle Anweisungen oder Mitteilungen, die für das Preisangebot von Bedeutung sind."

Dies zeigt, daß durch die "anderen für einen objektiven Preisvergleich bedeutsamen Bedingungen" Informationen vermittelt werden, die in den Vergabeunterlagen fehlen. Zum anderen ergibt sich aus einigen Protokollen von Unternehmersitzungen eindeutig, daß die Unternehmer auf diesen Sitzungen über die Gestaltung ihrer Angebote gesprochen haben, da sie die Besonderheiten des Bauwerks, die sie vorzuschlagen beabsichtigten, und damit preisbestimmende Bestandteile miteinander verglichen haben. So kamen die Teilnehmer in einer Sitzung vom 14. März 1988 zu dem Ergebnis, daß die Angebote nicht vergleichbar seien, da ein Unternehmer ein rundes Silo und ein anderer ein viereckiges Silo vorgeschlagen hatte (Gegenerwiderung, Anlage 1). Die Unternehmen verglichen nicht nur die technischen Merkmale der Angebote, die sie abgeben wollten, sondern gelegentlich auch die verschiedenen Bestandteile jedes Preisangebots. So heisst es in dem Protokoll der Sitzung 040388 über ein Bauwerk in Tilburg (Niederlande), daß einer der Sitzungsteilnehmer "wil blanken maar geen inzicht geven in samenstelling prijsaanbieding. Prijsvergelijking daarom niet mogelijk. VH stapt kwaad op. Verliest rechten" ["eine Blankozahl einreichen, die Zusammensetzung seines Preisangebots aber nicht mitteilen will. Preisvergleich deshalb nicht möglich. VH geht wütend weg. Verliert seine Rechte"]. Der Satz "Preisvergleich deshalb nicht möglich" zeigt, daß das, was die Klägerinnen als eine Prüfung der Vergleichbarkeit der Vergabebedingungen bezeichnen, in Wirklichkeit von der Bereitschaft der Sitzungsteilnehmer abhängt, einander die Zusammensetzung ihrer Preisangebote mitzuteilen.

121 Somit ist der Kommission rechtlich der Beweis gelungen, daß die Unternehmer in den aufgrund der Regelungen abgehaltenen Versammlungen namentlich über die Kosten des angebotenen Produkts, seine Besonderheiten und die Zusammensetzung der Preisangebote Informationen ausgetauscht haben, obwohl es sich dabei um Informationen handelt, die ein unabhängiger Unternehmer streng als Geschäftsgeheimnisse hütet (Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II-1711, Randnr. 217).

122 Ausserdem tauschten die Teilnehmer in diesen Sitzungen Informationen über die Preise aus. Die Artikel 6.4 und 7 UPR sehen nämlich die Möglichkeit vor, die Blankozahlen sämtlichen Sitzungsteilnehmern mitzuteilen. Auch wenn dieser Informationsaustausch, wie die Klägerinnen vorgetragen haben, grundsätzlich zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem die Zahlen nicht mehr geändert werden können (siehe unten Randnr. 157), können die Klägerinnen diesen Austausch nicht damit rechtfertigen, daß die Regelungen den Zeitpunkt, zu dem der Wettbewerb stattfinde, nur verschöben, indem sie ihn von der Abgabe der Angebote beim Auftraggeber auf die Abgabe der Blankozahlen beim Vorsitzenden des Büros vorverlegten, so daß Informationen über Preise ausgetauscht würden, nachdem der Wettbewerb beendet sei. Es ist nämlich festzustellen, daß die Abgabe der Blankozahlen, wie die Klägerinnen vor allem in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, den Wettbewerb nicht beendet, da Verhandlungen zwischen dem Auftraggeber und dem Berechtigten sowie zwischen dem Auftraggeber und Unternehmern, die nicht an der Sitzung teilgenommen haben, weiterhin möglich sind. Im Rahmen dieser Verhandlungen verfügt der Berechtigte über Informationen namentlich in bezug auf die Besonderheiten des Produkts und in bezug auf die Preise, zu denen die Sitzungsteilnehmer ein Angebot abgeben dürfen oder zu denen sie kein Angebot abgeben wollen, wenn sie sich nach Artikel 10 UPR zurückziehen und dem Auftraggeber damit ein interessantes Angebot vorenthalten, dessen Ausführung er gerichtlich erzwingen könnte, wenn es ihm wegen fehlender Abstimmung zwischen den Unternehmern unterbreitet worden wäre.

123 Somit ist die Kommission in ihrer Entscheidung (Nr. 81) zu Recht davon ausgegangen, daß eine solche Abstimmung zwischen Unternehmern, soweit sie namentlich bezweckt oder bewirkt, die Wettbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das jeder Unternehmer selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie/Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnrn. 173 und 174, vgl. auch Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, a. a. O., Randnr. 260), und soweit sie zur Festlegung bestimmter Bedingungen des Geschäfts führen kann, bewusst eine praktische Zusammenarbeit der Unternehmer an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 191) und infolgedessen gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstösst.

III ° Abgestimmte Festsetzung der Preise oder Preisbestandteile

Vorbringen der Parteien

1) Die Preiszuschläge bei gleichzeitiger Abgabe (Entscheidung, Nrn. 31 bis 34, 42 bis 46, 86, 87 und 96)

124 Die Klägerinnen weisen zunächst darauf hin, daß das System der Vergütung der Kalkulationskosten den Wettbewerb zwischen den Unternehmern nicht beeinträchtige, da jeder Unternehmer bei der Abgabe seiner Blankozahl die Höhe der Vergütung, die er erhalten werde, vorhersehen könne, da diese in der Regel auf der Grundlage des Durchschnitts der von den Unternehmen eingereichten Blankozahlen errechnet werde und dieser Durchschnitt sich wegen der geringen Unterschiede zwischen den eingereichten Blankozahlen vorhersehen lasse. Die Vergütung lasse sich auch vorhersehen, wenn sie auf einer anderen Grundlage berechnet werde. Im Rahmen der UPRR sei dies jedem Bieter möglich, indem er die geltenden Vergütungstabellen anwende (für die kleineren Bauwerke), indem er das Angebot jedes Unternehmers, das in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vergütet werde, gedanklich vorwegnehme (wenn keine Blankozahl eingereicht worden sei) oder indem er von seinem Angebot als dem niedrigsten ausgehe (wenn die Höhe der Vergütung von demjenigen festgestellt werde, der die niedrigste Blankozahl eingereicht habe). Darüber hinaus stehe der Umstand, daß im Rahmen der UPRO die Auszahlung der Vergütungen jährlich durch die Kalkulationskasse erfolge, der Möglichkeit der Vorhersage der ausgezahlten Beträge nicht entgegen, da jeder Unternehmer die Anzahl Punkte, die er erhalten könne, wenn er das geringste Gebot abgebe, sowie den Wert dieser Punkte, der sich von Jahr zu Jahr kaum ändere, vorhersagen könne. Schließlich stehe die Berücksichtigung des Werts der Lieferungen oder der Arbeiten des Auftraggebers oder Dritter für die Berechnung der Vergütung einer solchen Vorhersage ebenfalls nicht im Wege, da dieser Wert bekannt sei oder ungefähr geschätzt werden könne.

125 Die Klägerinnen weisen sodann darauf hin, daß das System der Vergütung der Kalkulationskosten die Verhandlungsstruktur des Marktes verbessern solle und verbessere, da die Transaktionskosten dem jeweiligen Bauwerk, für das sie anfielen, zugerechnet werden könnten.

126 Die Kommission hält dem zunächst entgegen, daß das System der Vergütung der Kalkulationskosten den Wettbewerb aus den in der Entscheidung genannten Gründen beeinträchtige. Entgegen den Behauptungen der Klägerinnen lasse sich nämlich die Höhe der Vergütung nicht so genau vorhersehen, daß das System neutralisiert würde, da die Höhe stets von Faktoren abhänge, die bei der Abgabe der Blankoziffern nicht hinreichend bekannt seien. Deshalb neigten die Unternehmer dazu, die Vergütungen der Kalkulationskosten ihrem Preisangebot einfach hinzuzurechnen, ohne dieses anzupassen. Aus diesem Grunde qualifizierten die niederländischen Behörden diese Vergütungen als "Zuschläge". Selbst wenn sich die Vergütung regelmässig vorhersehen ließe, müsste im Hinblick auf das Vergütungssystem von einer unmittelbaren Festsetzung eines Teils der Verkaufspreise im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag gesprochen werden.

127 Die Kommission bestreitet sodann, daß das System der Vergütung der Kalkulationskosten durch die Beschränkung der Transaktionskosten die Wirksamkeit des Marktes verstärke. Die Auftraggeber hätten nämlich keine Möglichkeit, die in ihrem Fall festgelegten Vergütungen der Kalkulationskosten zu kontrollieren.

2) Die Preiserhöhungen bei freihändig vergebenen Aufträgen (Entscheidung, Nrn. 60, 61 und 100)

128 Die Klägerinnen widersprechen der Nummer 61 der Entscheidung, wonach die Regelungen zu einer allgemeinen Erhöhung der Preise für freihändig vergebene Aufträge um 3 % führten, weil der erste Bieter, wenn der Bauherr dessen Angebot erhalten habe und anschließend Kontakt zu anderen Unternehmern aufnehme, nach Eingang der später verlangten Angebote aber trotzdem dem ersten Bieter den Zuschlag erteile, einen Betrag in Höhe von bis zu 3 % des Auftragwertes für die in den Regelungen vorgesehenen Preiszuschläge abzuführen habe.

129 Nach Ansicht der Klägerinnen verwechselt die Kommission hier die Verpflichtung, 3 % des Preises an das SPO-Büro abzuführen, mit der Verpflichtung, diese 3 % in das Preisangebot aufzunehmen. Ausserdem bildeten die 3 % den Hoechstbetrag, der nur selten angesetzt worden sei. Ausserdem berücksichtige die Kommission nicht, daß die 3 % nicht abzuführen seien, wenn die Unternehmer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, von vornherein auf die Rechte eines Berechtigten zu verzichten; sie lasse auch ausser acht, daß der Auftraggeber, wenn er tatsächlich die Absicht habe, den Auftrag an den ersten Unternehmer, den er zur Angebotsabgabe aufgefordert habe, zu vergeben, und dazu mit offenem Etat oder im Team mit ihm verhandele, feststellen könne, ob in dem Preis ein Risikozuschlag eingeschlossen sei, und daß er im Falle der Vergabe, wenn er keine weiteren Angebote einhole, die Streichung dieses Zuschlags erreichen könne.

130 Ausserdem habe der erste Unternehmer, der zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werde, zwei Möglichkeiten, das Risiko in seinem Preisangebot zu berücksichtigen, ohne daß dies deshalb zu einer Erhöhung des Preises für den freihändig vergebenen Auftrag führe. Zum einen könne er sich das Recht vorbehalten, sein Preisangebot um höchstens 3 % zu erhöhen, wenn der Auftraggeber später andere Angebote einhole. Zum anderen könne er bei der Abgabe seines Angebots den Auftraggeber darauf hinweisen, daß dieses Angebot einen Risikozuschlag enthalte, der entfallen könne, wenn der Auftraggeber später keine weiteren Angebote einhole. Meistens sehe der Unternehmer keinen Risikozuschlag vor.

131 Schließlich gewährleisteten der lebhafte Wettbewerb zwischen den Unternehmern und das Übergewicht der Nachfrageseite, daß die 3 % am Ende dem Auftraggeber erstattet würden, wenn das einkalkulierte Risiko später nicht eintrete.

132 Die Kommission führt zunächst aus, daß die Unternehmer nach ihren Feststellungen aufgrund der 3-%-Regel gewöhnlich einen Betrag an das Büro abführen müssten.

133 Sie bezweifelt, daß die Unternehmer von den von der Klägerin angeführten Möglichkeiten Gebrauch machten, um dem sich aus der 3%-Regel ergebenden Risiko Rechnung zu tragen, da sie sich gefahrlos darauf beschränken könnten, in ihr Preisangebot einen Risikobetrag in Höhe dieser 3 % aufzunehmen.

134 Die Aufnahme eines solchen Risikobetrags in das Preisangebot bedeute für den Unternehmer keinen Wettbewerbsnachteil, da die anderen Unternehmer, die später zur Abgabe eines Angebots aufgefordert würden, ebenso verführen, es sei denn, daß Aussenstehende zur Abgabe aufgefordert würden, was verhältnismässig selten passiere.

135 Schließlich sei entscheidend, daß die Unternehmer ohne eine solche 3%-Regel das Risiko, am Ende diese 3 % abführen zu müssen, in ihr Preisangebot nicht einzukalkulieren brauchten.

3) Die Preiserhöhungen bei Auftragsuntervergabe (Entscheidung, Nrn. 55 bis 59 und 100 Absatz 3)

136 Die Klägerinnen tragen vor, die Tatsache, daß dem Hauptunternehmer nur die Ausschreibungskosten derjenigen Subunternehmer zugerechnet würden, die ihm gegenüber ein Preisangebot abgegeben hätten, und somit nicht die Kosten der Subunternehmer, die gegenüber anderen Hauptunternehmern Preisangebote abgegeben hätten, stehe in keiner Weise in Widerspruch zu der allgemeinen Philosophie der Regelung über die Ausschreibungskosten, da danach jedem Bauherrn die durch seine Ausschreibung bedingten Transaktionskosten zugerechnet würden. Einem Hauptunternehmer könnten nämlich nicht Ausschreibungskosten angelastet werden, zu deren Entstehung er nicht beigetragen habe. Ausserdem könne durch dieses besondere Zurechnungssystem ausgeschlossen werden, daß Subunternehmer, die im Rahmen eines einzigen Auftrags Angebote bei mehreren Hauptunternehmern eingereicht hätten, eine zwei- oder sogar dreifache Vergütung erhalten könnten.

137 Schließlich könne die Kommission nicht behaupten, daß die Regelung über die Untervergabe regelmässig zu einer Erhöhung des Preisangebots um 3 % führe, wenn der Hauptunternehmer zur Abgabe eines Angebots auf freiwilliger Basis auffordere. Die Klägerinnen verweisen dazu auf ihre Ausführungen im Zusammenhang mit der freihändigen Auftragsvergabe.

138 Nach Ansicht der Kommission ist das durch die Regelung über die Auftragsuntervergabe eingeführte System mit der allgemeinen Philosophie des Systems der Vergütung der Kalkulationskosten, wie die Klägerinnen es dargestellt hätten, unvereinbar. Im Rahmen der Auftragsuntervergabe würden nämlich nicht sämtliche durch das Bauwerk bedingten Kosten der Angebotsabgabe diesem Bauwerk zugerechnet, da die Subunternehmer eines Hauptunternehmers, dem der Zuschlag für das Bauwerk nicht erteilt worden sei, keine Vergütung erhielten und deshalb die Kosten für ihre Angebotsabgabe als allgemeine Kosten verbuchen müssten. Infolgedessen müsse der Auftraggeber bei der späteren Vergabe von Aufträgen neben der Vergütung der Kalkulationskosten die allgemeinen Kosten tragen, die durch die Nichtvergütung der Kosten der Angebotsabgabe im Rahmen früherer Ausschreibungen angefallen seien.

139 Durch das System erhöhten sich die Preisangebote um 3 %, wie es auch im Rahmen der freihändig vergebenen Aufträge der Fall sei.

Würdigung durch das Gericht

140 Das Gericht weist zunächst darauf hin, daß das Vorbringen der Klägerinnen über die Verbesserung der Verhandlungsstruktur des Marktes im Rahmen des Angriffsmittels eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht erheblich ist und im Rahmen des Angriffsmittels eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu prüfen sein wird.

141 Die Regelungen sehen die Festsetzung von zwei Arten von Preiszuschlägen vor, die den Preisangeboten der einzelnen Unternehmer, die an der Sitzung teilnehmen, einheitlich hinzugerechnet werden und damit vom Auftraggeber zu tragen sind. Zum einen handelt es sich um Vergütungen für Kalkulationskosten (Entscheidung, Nrn. 32 und 33 sowie 86 und 87) und zum anderen um Beiträge zu den Verwaltungskosten der berufsständischen Organisationen (Entscheidung, Nrn. 34 bis 37).

142 Die Rügen der Klägerinnen beziehen sich in der Hauptsache auf die Art und Weise, in der die Kommission die erstgenannten Zuschläge analysiert hat. Die Preisangebote der einzelnen Unternehmer werden danach um den gleichen Betrag erhöht, von dem allgemein angenommen wird, daß er die Summe der Kalkulationskosten sämtlicher Sitzungsteilnehmer wiedergibt. Diese Preiszuschläge werden nach den Tabellen für die einzelnen Sektoren im Anhang zu den UPR berechnet. Diese Tabellen, die die Hoechstsätze der Vergütungen festsetzen, werden je nach Fall auf den Durchschnitt der Blankozahlen oder auf den geschätzten Wert des Bauwerks angewendet (vgl. wegen der Einzelheiten die Nrn. 32 und 33 der Entscheidung, die von den Klägerinnen nicht bestritten werden). Dieses System hat zur Folge, daß der Auftraggeber den pauschal ermittelten Gesamtbetrag trägt, der sich aus den durch die Ausschreibung bedingten Kalkulationskosten einschließlich der Kosten derjenigen Unternehmen, die den Auftrag nicht erhalten haben, zusammensetzt. Durch dieses System soll der Auftraggeber dazu gebracht werden, das Für und Wider der Aufforderung einer grösseren oder kleineren Zahl von Unternehmern zur Angebotsabgabe abzuwägen. Diese Preiszuschläge, die Bestandteil des Preisangebots sind, werden von dem Unternehmer erhoben, der den Zuschlag erhalten hat und der den grössten Teil dieses Geldes an das Büro abführen muß, das es anschließend zwischen den einzelnen Unternehmern und sich selbst aufteilt. Diese Auszahlung findet im Rahmen des UPRR-Systems für jedes Bauvorhaben und im Rahmen des UPRO-Systems jährlich statt. Ausserdem gilt das System der Preiszuschläge bei der freihändigen Auftragsvergabe und bei der Auftragsuntervergabe entsprechend. Bei diesen Aufträgen muß der Unternehmer, der zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist, sich nämlich gegen das Risiko schützen, daß der Auftraggeber oder Hauptunternehmer andere Unternehmen zur Abgabe auffordert und daß er in diesem Fall einen Betrag von 3 % des Auftrags an das Büro zur Deckung der Kalkulationskosten derjenigen Unternehmer weiterleiten muß, die später zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sind und den Auftrag nicht erhalten haben (wegen der Einzelheiten vgl. die Entscheidung, Nrn. 55 bis 59).

143 Die Klägerinnen bestreiten nicht die Darstellung des Systems der Preiserhöhungen in der Entscheidung, wohl aber, daß der Wettbewerb dadurch beschränkt werde, denn die an einer Ausschreibung teilnehmenden Unternehmer hätten die Möglichkeit, die Höhe der Vergütung vorherzusehen, die sie als Kalkulationskosten erhalten würden. Daher sei das System wegen seines pauschalen Charakters wettbewerbsrechtlich neutral, da die Unternehmer, die ihre Kosten am schärfsten kalkuliert hätten und somit wüssten, daß sie eine Vergütung erhielten, die über ihren Kosten liege, ihren Angebotspreis entsprechend herabsetzen könnten. Für die Kommission reichen dagegen die Möglichkeiten, die Vergütung vorherzusehen, für eine Neutralisierung des Systems nicht aus. Nach ihrer Meinung stellt die gemeinsame Festsetzung dieser Vergütungen jedenfalls eine Festsetzung eines Teils des Preises dar.

144 Das Gericht weist darauf hin, daß in der Entscheidung im wesentlichen drei Rügen gegen das System der Preiszuschläge erhoben werden: Erstens handele es sich um die Festsetzung eines Teils des Preises, zweitens um ein Wettbewerbsverbot hinsichtlich der Kalkulationskosten (Entscheidung, Nr. 86 Absatz 3), und drittens führe dieses System zu einer Erhöhung des Preisniveaus im Falle von Auftraggebern, die eine grosse Zahl von Unternehmern zur Angebotsabgabe aufforderten, sowie im Falle freihändig vergebener Aufträge und bei der Auftragsuntervergabe (Entscheidung, Nrn. 57, 87 und 100).

145 Erstens ist festzustellen, daß die Klägerinnen nichts vorgetragen haben, was die Auffassung widerlegt, daß die gemeinsame Festsetzung von Preiszuschlägen, die den Preisangeboten der einzelnen Unternehmer einheitlich hinzugerechnet werden, eine Festsetzung eines Teils des Preises im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 Buchstabe a EWG-Vertrag ist. Das Vorbringen der Klägerinnen zu den Möglichkeiten, die Höhe der Preiszuschläge vorherzusehen, ist nämlich in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung und betrifft nur die Frage, ob das System der Preiszuschläge dazu führt, den Wettbewerb zwischen Unternehmern bei ihren Kalkulationskosten zu beseitigen, was eine gesonderte Rüge darstellt.

146 Somit ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, daß die gemeinsame Festsetzung der Preiszuschläge eine Festsetzung eines Teils des Preises darstellt, die nach Artikel 85 Absatz 1 Buchstabe a EWG-Vertrag verboten ist.

147 Zweitens ist bezueglich der Frage, ob diese Festsetzung eines Teils des Preises dazu führt, daß der Wettbewerb zwischen Unternehmern bei den Kalkulationskosten beseitigt wird, und damit die leistungsschwächsten Unternehmer in diesem Bereich gegenüber den leistungsstärksten begünstigt, zu prüfen, ob, wie die Klägerinnen behaupten, die Unternehmer die Höhe der Vergütung, die sie für Kalkulationskosten erhalten werden, sicher vorhersehen können und ob, wenn dies zutrifft, das System wegen seines pauschalen Charakters vollständig neutral ist, da jeder Unternehmer sein Preisangebot um den Betrag herabsetzen kann, der dem Unterschied zwischen den ihm tatsächlich entstandenen Kalkulationskosten und der Vergütung, die er erhalten wird, entspricht.

148 Dazu genügt die Feststellung, daß sich die Höhe der Vergütung keineswegs sicher vorhersehen lässt. Dies ist nämlich unmöglich, wenn das Preisangebot zu einem Zeitpunkt berechnet wird, zu dem die für eine solche Vorhersage unerläßlichen Parameter noch nicht bekannt sind (Durchschnitt der Blankozahlen, geschätzter Wert des Bauwerks, niedrigstes Preisangebot).

149 Im Rahmen der UPRO ist eine auch nur einigermassen genaue Vorhersage wegen des Systems der jährlichen Rückzahlung der Vergütungen und der Schwierigkeit, die Zahl der Punkte und deren Wert vorherzusehen, unmöglich.

150 Am ehesten lässt sich offensichtlich eine Vorhersage treffen, wenn im Rahmen der UPRR die Versammlung es dem Unternehmer mit der niedrigsten Blankozahl überlässt, die Preiszuschläge festzulegen. In diesem Fall nimmt nämlich jeder Unternehmer an, daß er das niedrigste Angebot abgibt und selbst die Vergütung festsetzen kann. Dazu ist jedoch zu bemerken, daß der Unternehmer sich in diesem Fall des Risikos bewusst sein muß, daß nicht er das geringste Gebot abgibt und dann seinem Preisangebot den von dem Bieter mit dem geringsten Gebot bestimmten Betrag hinzurechnen muß, der über oder unter seinen eigenen Kalkulationskosten liegen kann. Zwar kann jeder Unternehmer seine Blankozahl nach Maßgabe des Vergütungsbetrags anpassen, den er selbst festsetzen würde, doch muß er, um seiner Blankozahl die endgültig festgesetzte Vergütung richtig hinzurechnen zu können, die insoweit bestehenden Absichten aller seiner Wettbewerber kennen, von denen jeder der Mindestbietende sein kann und als solcher die Vergütung nach Maßgabe seiner eigenen Kalkulationskosten festsetzen wird. Die Unternehmer können über solche Informationen aber nicht verfügen, die für jeden von ihnen ein Geschäftsgeheimnis darstellen.

151 Durch dieses System wird ausserdem dem Auftraggeber die Möglichkeit genommen, aus dem Umstand, daß sich ein bestimmter Unternehmer bei den Kalkulationskosten als der leistungsfähigste erweist, Nutzen zu ziehen. Wenn z. B. ein Unternehmer A, der bei den Kalkulationskosten sehr leistungsfähig ist, sich vornimmt, für diese als Vergütung den Betrag 12 festzusetzen, falls sein Gebot mit der Blankozahl 105 das niedrigste ist, während der Unternehmer B, der weniger leistungsfähig ist, hierfür einen Betrag von 20 ansetzen will, falls sein Gebot mit der Blankozahl 100 das niedrigste ist, besteht die Gefahr, daß folgender Fall eintritt: Da B sich als der Mindestbietende erweist, beschließt er, die Vergütung auf 20 festzusetzen. Somit beträgt sein Preisangebot, das er gegenüber dem Auftraggeber abgeben wird, 120, während das Angebot von A sich auf 125 beläuft. Im Falle eines freien Wettbewerbs hätte A ein Preisangebot von 117 und B eines von 120 abgegeben. Dem Auftraggeber wird also plötzlich B statt A als der Mindestbietende im Hinblick auf das endgültige Angebot vorgeführt, wobei der Preis höher ist, als er im Falle eines unverfälschten Wettbewerbs gewesen wäre. Wenn A gewusst hätte, daß B die Vergütung auf 20 festsetzen würde, hätte er seine Blankozahl von 105 auf 97 senken können, da er gewusst hätte, daß er insgesamt immer noch die für ihn erforderlichen 117 erreichen würde, und damit das niedrigste Gebot abgeben können. A hätte jedoch die Höhe der Vergütung, die B festsetzen würde, nur nach einer unzulässigen Abstimmung mit B kennen können, was nichts mit der von den Klägerinnen angeführten objektiven Transparenz des Systems und der Möglichkeit einer sicheren Vorhersage der Höhe der Vergütung zu tun hat.

152 Somit wird in allen diesen Fällen der Wettbewerb zwischen den Unternehmern bei den Kalkulationskosten durch das System der Vergütung dieser Kosten beschränkt und dem Auftraggeber damit der Vorteil eines solchen Wettbewerbs genommen.

153 Drittens ist zu prüfen, ob das System der Vergütung der Kalkulationskosten ebenso wie das System der Beiträge zu den Verwaltungskosten der berufsständischen Organisationen zu einer allgemeinen Erhöhung der Preise führt. Dazu ist zwischen drei Fällen zu unterscheiden: Gleichzeitige Angebote, freihändige Auftragsvergabe und Auftragsuntervergabe.

154 Im ersten Fall lässt sich nicht bestreiten, daß das System zu einer Erhöhung der Preise für Auftraggeber führt, die eine grosse Zahl von Unternehmern zur Abgabe eines Angebots auffordern, da sie die Kalkulationskosten aller dieser Unternehmer zu tragen haben. Ebenso bleiben den Auftraggebern bei diesem System günstigere Angebote als das des Berechtigten vorenthalten, wenn die grössere Leistungsfähigkeit eines Unternehmers bei den Kalkulationskosten seine geringere Leistungsfähigkeit in anderen Bereichen mehr als ausgleicht und dieser Unternehmer, der nicht weiß, um wieviel seine Leistungsfähigkeit grösser ist, diese Kosten nicht vollständig seiner Blankozahl hinzurechnen konnte (siehe oben, Randnr. 151). Schließlich führen die Beiträge zu den Verwaltungskosten der berufsständischen Organisationen ebenfalls zu einer Erhöhung der Preise.

155 Bezueglich des zweiten und des dritten Falls ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Unternehmer, die im Verfahren der freihändigen Vergabe oder der Auftragsuntervergabe ein Angebot abgeben, Gefahr laufen, an das Büro der SPO einen Betrag in Höhe von 3 % des Preisangebots zahlen, falls der Auftraggeber oder Hauptunternehmer für die Vergabe des betreffenden Auftrags andere Angebote einholt. Zwar kann der Auftraggeber oder Hauptunternehmer, wie die Klägerinnen ausgeführt haben, mit den Unternehmern verhandeln, daß sie dieses Risiko nicht einbeziehen und den Preis nicht entsprechend erhöhen, doch verleitet das System die Unternehmer dazu, dieses Risiko auf ihre Kunden abzuwälzen und zwingt die Kunden, wenn sie dies vermeiden wollen, zu Verhandlungen. Auch in diesem Fall kann das System also zu einer Erhöhung der Preise führen.

156 Somit ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, daß das System der Preiszuschläge eine Festsetzung eines Teils des Preises darstellt, den Wettbewerb zwischen Unternehmern bei den Kalkulationskosten beschränkt und zu einer Erhöhung der Preise führt, die im Rahmen der UPR um so bedeutender ist, wenn der Auftraggeber an einem Wettbewerb zwischen einer grösseren Zahl von Unternehmern interessiert ist.

157 Ausserdem bestreiten die Klägerinnen nicht, daß nach der Hinzurechnung der Preiszuschläge zu den Blankozahlen die Preisangebote der Unternehmer, die nicht Berechtigter sind, herabgesetzt werden können, sofern sich die Reihenfolge der Blankozahlen dadurch nicht ändert, so daß die Preisunterschiede zwischen den gegenüber dem Bauherrn abgegebenen Preisangeboten nicht übermässig erscheinen, daß die Angebote aber auch erhöht werden können, wenn einem Unternehmen die Präferenz gewährt worden ist, um dem Berechtigten seine Vorzugsposition zu sichern, und daß Teil- oder Stückpreise festgesetzt werden können, um zu verhindern, daß der Auftraggeber einzelne Auftragsteile ausschreibt.

158 Solche Preismanipulationen sind unbestreitbar abgestimmte Preisfestsetzungen im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 Buchstabe a EWG-Vertrag, da, wie die Klägerinnen wiederholt bekräftigt haben, die Möglichkeit bestehen bleibt, daß der Auftraggeber einem anderen Unternehmer als dem Mindestbietenden den Zuschlag für den Auftrag erteilt.

IV ° Die Beschränkung der Verhandlungsfreiheit der Unternehmer und des Bauherrn

Vorbringen der Parteien

1) Präferenz (Entscheidung, Nrn. 30 und 85)

159 Die Klägerinnen machen geltend, daß die Präferenzregelung nicht zu einer Marktaufteilung führe, da jede Ausschreibung als ein "Ad-hoc"-Markt anzusehen sei, bei dem der Auftraggeber den Kreis der Bieter festlege. Die Unternehmer könnten die Arbeiten nicht unter sich aufteilen, da keiner von ihnen die Garantie habe, daß sie später mit dem Unternehmer konkurrierten, dem sie die Präferenz gewährt hätten, und von diesem daher einen Ausgleich erhalten könnten.

160 Ausserdem sei für die Erteilung der Präferenz grundsätzlich ein einstimmiger Beschluß aller Sitzungsteilnehmer erforderlich. Die Präferenz sei daher nur selten erteilt worden (in 0,3 % der Fälle im Jahr 1988).

161 Schließlich weisen die Klägerinnen darauf hin, daß der Unternehmer, dem die Präferenz gewährt worden sei, ein Angebot in Höhe des niedrigsten Angebots abgeben müsse, was für ihn die Risiken, abhängig von seinem Interesse an dem Bauwerk, erhöhe.

162 Nach Ansicht der Kommission muß das Interesse eines Unternehmers an einem Bauwerk in seinem Preisangebot und nicht in der Zuteilung einer Präferenz seitens seiner Wettbewerber zum Ausdruck kommen.

163 Die Erteilung der Präferenz an einen der Bieter stelle eine Aufteilung des relevanten Marktes dar, da die Wettbewerber unter sich ausmachten, wer gegen den Wettbewerb anderer geschützt werden solle.

2) Der Schutz des Berechtigten (Entscheidung, Nrn. 39 bis 41, 52 bis 54 und 93 bis 95)

164 Die Klägerinnen, die die theoretische Darstellung der Funktionsweise des Systems in der Entscheidung nicht bestreiten, werfen der Entscheidung vor, das Ziel des Systems, nämlich den Schutz gegen ein "Herunterhandeln", ausser Betracht gelassen und die praktischen Auswirkungen des Systems auf den Wettbewerb falsch analysiert zu haben.

165 Der Schutz gegen ein "Herunterhandeln", d. h. gegen einen Versuch des Bauherrn, die Angebote, die er gleichzeitig oder nacheinander bei verschiedenen Unternehmen eingeholt habe, gegeneinander auszuspielen, um niedrigere Preise zu erzielen, werde von allen Marktteilnehmern gewünscht und sei unerläßlich, um der Gefahr wirtschaftlich nicht zu rechtfertigender Preise als Folge der Übermacht der Nachfrageseite gegenüber der Angebotsseite zu begegnen, um den Verlust der Wirksamkeit der Verhandlungsstruktur des Marktes als Folge einer Vorwegnahme des Herunterhandelns in den ersten Preisangeboten zu verhindern und um einer Beeinträchtigung der Objektivität der Ausschreibung entgegenzutreten, die darauf zurückzuführen sei, daß die Auftraggeber bei ihrem Versuch, die Preise herunterzuhandeln, subjektive Präferenzen an die Stelle des niedrigstens Preises setzten. Die Regelung gehe nicht über das hinaus, was unerläßlich sei, um einem Herunterhandeln entgegenzutreten, und sei weniger streng als die nationalen und gemeinschaftlichen Regelungen, die dasselbe Ziel verfolgten.

166 Unter diesem Blickwinkel sei der Schutz des Berechtigten das Ergebnis eines objektiven Verfahrens, durch das der Mindestbietende automatisch als Berechtigter benannt werde und das damit, statt den Wettbewerb zu beschränken, nur den Zeitpunkt verändere, zu dem er stattfinde. Ausserdem könne die Kommission den Regelungen nicht vorwerfen, daß sie den Auftraggeber daran hinderten, bei seinen Verhandlungen mit den Unternehmern an die Stelle des Preises andere Erwägungen zu setzen, da der Auftraggeber mit der Aufforderung, vergleichbare Angebote abzugeben, seine Absicht zum Ausdruck bringe, den Wettbewerb auf den Preis zu konzentrieren.

167 Die Regelung über nicht gleichzeitige Preisangebote und Teilpreisangebote sei unerläßlich, um zu verhindern, daß die Regelung über die gleichzeitigen Preisangebote dadurch umgangen werde, daß solchen Angeboten nacheinander abgegebene Preisangebote oder Teilpreisangebote entgegengesetzt würden.

168 Bezueglich der praktischen Folgen des Systems bestreiten die Klägerinnen, daß es für den Berechtigten tatsächlich ein zeitlich begrenztes Monopol für einen bestimmten Auftrag schaffe. Zum einen verhindere die Regelung nicht, daß der Auftraggeber im Falle gleichzeitiger Preisangebote den Auftrag einem anderen Bieter als dem Berechtigten erteile. Zum anderen hindere die Regelung im Falle nicht gleichzeitiger Angebote Unternehmen, die nach dem Berechtigten Angebote einreichten, nicht daran, ein Preisangebot abzugeben, mache dies im Falle vergleichbarer Ausschreibungen aber von der Zustimmung des Berechtigten oder einer Kommission abhängig, die eigens zur Überprüfung der Frage eingesetzt werde, ob diese Angebote nicht Ergebnis eines Herunterhandelns seien. Diese Zustimmung sei tatsächlich selten verweigert worden und könne nicht verweigert werden, wenn das neue Angebot einen bestimmten Prozentsatz unter dem Angebot des Berechtigten liege. Dieser Prozentsatz, der je nach dem betreffenden Sektor unterschiedlich sei, sei dem Vorsprung angemessen, den der neue Bieter habe, wenn er das alte Angebot kenne. Wenn die neuen Angebote einer Aufforderung zur Angebotsabgabe entsprächen, die nicht mit der vergleichbar sei, auf die sich die alten Angebote bezögen, werde der Berechtigte nach einer empirischen Untersuchung von Hartelust mit dem Titel: "De ontmöting van vraag en aanbod op de Nederlandse bouwmarkt in de periode 1975°1979" niemals geschützt. Schließlich habe das System im Falle nicht gleichzeitiger Angebote nur in 10,5 % der Fälle zu einem Schutz des Berechtigten geführt.

169 Für die Kommission führt das System zum Schutz des Berechtigten dagegen dazu, daß die Unternehmer nicht nur gegen ein Herunterhandeln und den damit verbundenen ruinösen Wettbewerb, sondern auch gegen jede Form des Wettbewerbs geschützt würden, da nach dieser Regelung andere Bieter als der Berechtigte von Verhandlungen mit dem Auftraggeber ausgeschlossen seien oder zumindest die Teilnahme an diesen Verhandlungen von der Zustimmung des Berechtigten oder einer Unternehmerkommission abhänge.

170 Die Klägerinnen könnten das System zum Schutz des Berechtigten nicht mit öffentlich-rechtlichen Regelungen in anderen Mitgliedstaaten und Regelungen vergleichen, die durch die Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 185, S. 5) eingeführt worden seien. Diese Regelungen beträfen nämlich nur öffentliche Aufträge und hätten ein anderes Ziel als die streitigen Regelungen, da sie die Chancengleichheit der Unternehmer gegenüber den Behörden sicherstellen sollten. Im übrigen beschränkten die streitigen Regelungen nicht nur die Verhandlungsfreiheit des Auftraggebers, wie dies die gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Regelungen täten, sondern sähen auch einen Informationsaustausch und eine vorherige gegenseitige Abstimmung der Preisangebote vor. Schließlich böten auch die niederländischen Rechtsvorschriften den Unternehmern bei Verhandlungen im Anschluß an die Abgabe der Preisangebote einen gewissen Schutz, so daß das System der Regelungen nicht so unerläßlich sei, wie die Klägerinnen behaupteten.

171 Die Klägerinnen könnten nicht behaupten, daß der Berechtigte erst nach Beendigung des Wettbewerbs geschützt werde. Bei den gleichzeitigen Preisangeboten sei das Verfahren der Benennung des Berechtigten nämlich nicht so objektiv, wie die Klägerinnen behaupteten, insbesondere dann nicht, wenn die Unternehmer selbst die Vergleichbarkeit der Angebote beurteilen sollten. Die Klägerinnen stützten ihre Argumentation auf die falsche Vorstellung, daß der Auftraggeber, der mehrere Preisangebote einhole, damit beschlossen habe, seine Entscheidung nach dem Preis zu treffen. Dem Auftraggeber könne nämlich zu Recht daran gelegen sein, mit anderen Bietern zu verhandeln als dem Mindestbietenden, und es sei durch nichts gerechtfertigt, ihm diese Möglichkeit durch eine einseitige Entscheidung der Unternehmer zu nehmen.

172 Das System des Schutzes des Berechtigten sei im Falle nicht gleichzeitiger Preisangebote noch weniger gerechtfertigt. In diesem Fall werde nämlich der Berechtigte schon zu dem Zeitpunkt geschützt, zu dem der Auftraggeber, nachdem er ursprünglich ein einziges Preisangebot eingeholt habe, beschließe, noch ein oder mehrere Angebote einzuholen, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem der Wettbewerb noch gar nicht begonnen habe. Dieser Schutz des Berechtigten führe dazu, daß die Unternehmer, die später zur Angebotsabgabe aufgefordert würden, ihr Angebot dem Auftraggeber gegenüber nur abgeben könnten, wenn es einen bestimmten Prozentsatz unter dem des Berechtigten liege, sofern die Aufforderung zur Angebotsabgabe mit der vergleichbar sei, auf die der Berechtigte geantwortet habe. Dieser Prozentsatz gehe aber weit über das hinaus, was erforderlich sei, um den ersten Bieter dagegen zu schützen, daß die späteren Bieter den Inhalt seines Angebots verwerteten.

173 Die Regelung zur Festsetzung der Teil- oder Stückpreise sei nicht erforderlich, um die Unternehmer vor einem Herunterhandeln zu schützen, da sie entgegen den Behauptungen der Klägerinnen die Möglichkeit hätten, ihr Teilpreisangebot davon abhängig zu machen, daß ihnen das gesamte Bauwerk übertragen werde. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 692A0029.2

174 Jedenfalls hätten die Klägerinnen zugegeben, daß in 10,5 % der Fälle der Berechtigte seine Stellung aufgrund des ihm durch die Regelung über nicht gleichzeitige Preisangebote eingeräumten Vorrangs behalten habe. Bei diesen 10,5 % gehe es gerade um Fälle, in denen die Stellung des Berechtigten es diesem erlaubt habe, die Abgabe von späteren Preisangeboten, die unter seinem gelegen hätten, zu verhindern.

175 Zur Markttransparenz führt die Kommission aus, daß das von den Klägerinnen eingeführte System den Markt für gelegentliche Auftraggeber völlig undurchsichtig gemacht habe. In diesem Fall hätten die Unternehmer das Übergewicht auf dem Markt und nicht umgekehrt.

3) Die Auftragsuntervergabe (Entscheidung, Nrn. 55 bis 59 und 100 Absatz 3)

176 Die Klägerinnen machen geltend, daß die Regelung über die Auftragsuntervergabe verhindern solle, daß die Hauptunternehmer auf der Grundlage der Angebote, die die einzelnen Subunternehmer ihnen gegenüber abgegeben hätten, die Preise herunterhandelten. Zu diesem Zweck sei die allgemeine Regelung an die Besonderheit der Auftragsuntervergabe angepasst worden, wobei das Verhältnis Bauherr/Bieter auf das Verhältnis Generalunternehmer/Subunternehmer übertragen worden sei.

177 Die Kommission verweist zu der Notwendigkeit eines Schutzes der Subunternehmer gegen die Gefahr eines Herunterhandelns auf ihre Ausführungen zum Schutz des Berechtigten.

Würdigung durch das Gericht

178 Das Gericht weist zunächst darauf hin, daß das Vorbringen der Klägerinnen zum Nachweis, daß der Schutz des Berechtigten unerläßlich sei, um ein Herunterhandeln der Preise zu verhindern, das zu einem ruinösen Wettbewerb führen würde, im Rahmen des Angriffsmittels eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht erheblich ist und im Rahmen des Angriffsmittels eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu prüfen sein wird.

179 Wenn die Preisangebote der einzelnen Sitzungsteilnehmer von der Versammlung als vergleichbar angesehen werden oder vergleichbar gemacht worden sind, soll mit Hilfe des eingeführten Verfahrens ein Berechtigter benannt werden. Es sei daran erinnert, wozu der Schutz des Berechtigten dient. Der Berechtigte ist der einzige, der zu Verhandlungen mit dem Bauherrn über sein Preisangebot berechtigt ist. Den anderen Bietern ist es nämlich untersagt, mit dem Bauherrn in Verhandlungen über den Preis der Bauleistungen oder die verschiedenen Auftragsteile zu treten (Artikel 28 UPRR und Artikel 30 UPRO in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 des Ehrenkodex). Sie können mithin den Auftrag nur erhalten, wenn sie den gebotenen Preis einhalten und wenn das Lastenheft nicht verändert wird. Bei nicht gleichzeitigen Preisangeboten erstreckt sich der Schutz des berechtigten Unternehmens auch auf die späteren Preisangebote (Artikel 28 UPRR, Artikel 30 UPRO und Artikel 5 Absatz 3 des Ehrenkodex sowie die Regelung betreffend nicht gleichzeitige Preisangebote). Von einem Bauherrn später zur Angebotsabgabe aufgeforderte Unternehmen dürfen ein Preisangebot nur mit Zustimmung des berechtigten Unternehmens oder, sofern dieses die Zustimmung verweigert, mit Zustimmung einer von dem betreffenden Büro eingesetzten Ad-hoc-Kommission abgeben. Diese kann eine positive Entscheidung nur treffen, wenn der Preis in dem späteren Angebot gegenüber dem Preis in dem Angebot des Berechtigten erheblich nach unten abweicht (je nach Sektor zwischen 2,5 % und 10 %). Dieser Schutz des Berechtigten dauert zwischen zwei und fünf Jahren (je nach Wert des betreffenden Auftrags).

180 Die Regelungen sehen drei Arten der Benennung des Berechtigten vor. Berechtigter kann der Unternehmer mit dem niedrigsten Gebot in der Versammlung sein oder der Unternehmer, der bei nicht gleichzeitiger Aufforderung zur Angebotsabgabe als erster dazu aufgefordert wird oder schließlich der Unternehmer, der von der Versammlung nach der Präferenzregelung von vornherein als Berechtigter benannt wird.

181 Im Falle gleichzeitiger Preisangebote ist, wenn keiner zurücktritt oder die Präferenz beansprucht, der Unternehmer mit der niedrigsten Blankozahl Berechtigter. Es ist jedoch zu prüfen, ob dieser Schutz, abgesehen davon, daß er nach einem wettbewerbswidrigen Informationsaustausch und im Anschluß an die Festsetzung von Teilen des Preises eintritt, nicht ebenfalls an sich schon den Wettbewerb beschränkt.

182 Durch das System des Schutzes des Berechtigten soll der Unternehmer, der in der Versammlung die niedrigste Blankozahl eingereicht hat (d. h. das niedrigste Preisangebot, von dem die Preiszuschläge abgezogen worden sind) sowohl im Hinblick auf den Inhalt als auch auf den Preis seines Angebots vor Verhandlungen geschützt, die zwischen dem Auftraggeber und anderen Mitgliedern der SPO, sowohl denen, die an der Sitzung teilgenommen haben, als auch denen, die nicht daran teilgenommen haben, stattfinden könnten. Erstere dürfen über ihr Angebot nicht verhandeln, während letztere die Zustimmung des Berechtigten oder einer Schiedskommission benötigen, um ein Angebot abgeben zu können. Zu diesem Zweck legen die Unternehmer, die an der Sitzung teilnehmen, zunächst untereinander den Rahmen fest, innerhalb dessen sie miteinander konkurrieren. So bestimmen sie, welchen Inhalt die einzelnen Angebote haben müssen, um für den Auftraggeber gleichwertige Alternativen zu sein, über deren Annahme nur noch der Preis entscheiden darf.

183 Selbst wenn die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Angebote in der Versammlung so objektiv wie möglich wäre, könnte nicht hingenommen werden, daß die Unternehmer ihre Beurteilung einseitig an die Stelle der des Auftraggebers setzten, der billigerweise die Möglichkeit haben muß, subjektive Präferenzen wie den Ruf des Unternehmers, seine Verfügbarkeit und seine Nähe zugrunde zu legen und selbst als künftiger Benutzer die Gleichwertigkeit der verschiedenen Angebote aus seiner Sicht zu beurteilen.

184 Bezueglich der nicht gleichzeitigen Preisangebote haben die Klägerinnen nur vorgetragen, daß die Benennung des ersten zur Angebotsaufgabe aufgeforderten Unternehmers als Berechtigter unerläßlich sei, um eine Umgehung der Regelung über die gleichzeitigen Preisangebote zu verhindern; sie bestreiten aber nicht, daß in diesem Fall ein Schutz gewährt wird, ohne daß ein Wettbewerb stattgefunden hat. Somit ist unbestritten, daß der Schutz des Berechtigten bei nicht gleichzeitiger Aufforderung zur Angebotsabgabe den Wettbewerb beschränkt; es bleibt aber noch zu prüfen, ob diese Regelung als unerläßliche Ergänzung der Regelung über die gleichzeitige Aufforderung zur Angebotsabgabe den Voraussetzungen für die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genügt (siehe unten zweite Rüge).

185 Zu der Präferenz ist festzustellen, daß derjenige, dem sie eingeräumt wird, von den Sitzungsteilnehmern unabhängig von der von ihm eingereichten Blankozahl als Berechtigter benannt werden kann, allerdings unter der Voraussetzung, daß er als endgültigen Angebotspreis die niedrigste Blankozahl zusätzlich der anwendbaren Vergütungen abgibt. Wie die Kommission dargelegt hat (Entscheidung, Nr. 85), stellt die Präferenzregelung somit eine Marktaufteilung in dem Sinne dar, daß die Sitzungsteilnehmer zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein Wettbewerb stattgefunden hat, darüber entscheiden, wem von ihnen der Schutz eines Berechtigten zugute kommt. Damit teilen sie den Markt auf und beeinträchtigen die freie Lieferantenwahl durch den Verbraucher (Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 180). Dabei spielt es keine Rolle, daß die Sitzungsteilnehmer wegen der Besonderheiten jedes Bauwerks nicht in dauerhafter oder organisierter Form miteinander konkurrieren. Es brauchen nämlich nicht die Gründe untersucht zu werden, aus denen Unternehmen einen Markt untereinander aufteilen, um festzustellen, ob eine solche Aufteilung des Marktes unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fällt.

186 Zwar beseitigt die Regelung des Schutzes des Berechtigten nicht völlig die Wahlmöglichkeiten des Auftraggebers, der den Auftrag immer noch einem anderen Sitzungsteilnehmer als dem Berechtigten (allerdings ohne die Möglichkeit, über dessen Angebot zu verhandeln) oder einem anderen Unternehmer (nach Zustimmung des Berechtigten oder einer Schiedskommission, wenn es sich um ein Mitglied der SPO handelt) erteilen kann. Diese Wahlmöglichkeiten sind jedoch durch den Schutz des Berechtigten äusserst eingeschränkt, da die anderen Sitzungsteilnehmer den Auftrag nur in der Form annehmen können, wie er in ihrem Preisangebot enthalten ist. So wird dem Auftraggeber das Recht genommen, seine Wünsche hinsichtlich Inhalt und Preis innerhalb jedes dieser Angebote zur Geltung zu bringen, und er kann nur zwischen Angeboten im ganzen wählen. Ausserdem sind seine Wahlmöglichkeiten sogar innerhalb des Angebots des Berechtigten stark beschränkt, da dieser sich geschützt weiß und den Umfang seines Schutzes im Preisbereich gegenüber den der SPO angeschlossenen Unternehmer kennt, denn ihm sind die Angebotspreise der anderen Sitzungsteilnehmer und die auf nicht gleichzeitige Preisangebote anwendbaren Tabellen bekannt.

187 Somit beschränkt der Schutz, den der Berechtigte genießt, den Wettbewerb, doch wird im Rahmen des zweiten Angriffsmittels zu prüfen sein, ob dieser Schutz, der die Unternehmer vor einem Herunterhandeln der Preise schützen soll, nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freistellungsfähig ist.

V ° Verhalten der SPO gegenüber nicht angeschlossenen Bauunternehmern (Entscheidung, Nrn. 49 bis 51 sowie 98 und 99)

Vorbringen der Parteien

188 Die Klägerinnen machen geltend, daß es den Unternehmern völlig frei stehe, sich der SPO auf Dauer anzuschließen oder sich ihren Regelungen nur für einen bestimmten Auftrag zu unterwerfen. Auf die der SPO nicht angeschlossenen Unternehmer werde keinerlei Druck ausgeuebt, damit sie beiträten. Es sei jedoch notwendig, Sanktionen vorzusehen, um zu verhindern, daß bestimmte Unternehmer das System mißbrauchten, indem sie sich ihm das eine Mal unterwürfen und das andere Mal nicht. Da das System der Regelungen eine Einheit darstelle, müsse nämlich verhindert werden, daß einige nur dessen Vorteile ausnutzten, ohne dessen Lasten zu tragen.

189 Zwar hätten die Büros der SPO Kontakte zu nicht angeschlossenen Unternehmern, doch kämen diese Kontakte nur gelegentlich zustande und könnten der Ausübung von Druck keinesfalls gleichgestellt werden. Hoechstens würden einige Nichtmitglieder von Zeit zu Zeit zu einer Sitzung eingeladen.

190 Die Behauptung in Nummer 99 Absatz 2 der Entscheidung sei unzutreffend, wonach ausländische Unternehmen, um auf dem niederländischen Markt auftreten zu können, sich einem niederländischen Unternehmen anschließen müssten, das den Regelungen unterliege. Diese Behauptung werde durch die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen sowohl hinsichtlich der Anzahl der eingegangenen Kooperationsvereinbarungen als auch hinsichtlich der Anzahl der Aufträge widerlegt, die ausländische Unternehmen erhalten hätten, ohne daß sie den Regelungen beigetreten wären.

191 Zwar habe man in den Sitzungen in Erfahrung zu bringen versucht, ob neben den Teilnehmern auch Dritte zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden seien, doch habe dieser Informationsaustausch den Wettbewerb nicht beschränkt. Dieser Informationsaustausch habe nämlich wenig Wert und versetze die Teilnehmer nicht in die Lage, ihr Verhalten danach auszurichten, insbesondere bei der Festsetzung ihrer Blankozahl, da diese von anderen wirtschaftlichen Faktoren abhänge.

192 Es sei falsch, daß die Regelungen den Mitgliedern der SPO die Möglichkeit gäben, sich wirksam gegen den Wettbewerb Dritter zu schützen. Die Kommission lasse bei dieser Behauptung ausser acht, daß die Mitglieder der SPO trotzdem Konkurrenten geblieben seien, die sowohl miteinander als auch mit Dritten in Wettbewerb stuenden. So sei nicht richtig, daß die Teilnehmer bei der Benennung eines Berechtigten oder der Festsetzung der Vergütungen für die Kalkulationskosten ein unterschiedliches Verhalten an den Tag legten, je nachdem, ob Drittbewerber vorhanden seien oder nicht. Die Kommission habe zwischen diesen beiden Faktoren keinen Zusammenhang aufzeigen können, und die von ihr genannten Zahlen seien weder aussagekräftig noch erheblich. Insbesondere sei die in Nummer 51 der Entscheidung genannte Zahl von 80 % kein Indiz dafür, daß die Sitzungsteilnehmer mehr Chancen als die Nichtteilnehmer gehabt hätten, den Auftrag zu erhalten, und erst recht kein Indiz dafür, daß diese besseren Chancen das Ergebnis eines Zusammenwirkens seien.

193 Schließlich seien die Vorwürfe, die die Kommission erhebe, ohne eine Untersuchung durchgeführt zu haben, haltlos. Als Beweis dafür führen die Klägerinnen an, daß die nicht angeschlossenen Unternehmer, wenn sie tatsächlich durch das Verhalten der Mitglieder der SPO benachteiligt worden wären, sich dagegen beschwert hätten oder Mitglieder der SPO geworden wären. Zudem dürfe nicht übersehen werden, daß es in den meisten Fällen der Auftraggeber sei, der mit Hilfe einer beschränkten Ausschreibung bestimme, wieviele und welche Unternehmer sich um das zu vergebende Bauwerk bewerben könnten.

194 Die Kommission meint dagegen, daß das in den Regelungen vorgesehene Sanktionssystem die Nichtmitglieder dazu veranlassen könne, sich mehr oder weniger dauerhaft den Regelungen zu unterwerfen, auch wenn dieses System dazu diene, die mißbräuchliche Ausnutzung der Regelungen zu verhindern.

195 Die Kommission trägt vor, die Klägerinnen bestritten nicht, daß die Büros Kontakt mit den nicht angeschlossenen Unternehmen aufnähmen, und diese Kontakte beschränkten sich nach den Ermittlungen der Kommission nicht auf die Anfrage, ob diese Unternehmen die Regelungen befolgen wollten.

196 Die Freiheit, die Regelungen anzuerkennen oder nicht, bestehe für die ausländischen Unternehmen nur in Grenzen, da sie meistens nur durch die Zusammenarbeit mit einem niederländischen Unternehmer Zutritt zum Markt erhielten, wie eine Empfehlung der deutsch-niederländischen Handelskammer zeige. Die meisten Unternehmer, mit denen eine Zusammenarbeit möglich sei, seien aber Mitglieder der SPO. Die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen seien unvollständig, da sie sich nur auf förmliche Unternehmervereinigungen bezögen.

197 Durch die Art des Informationsaustausches in den Versammlungen seien die Teilnehmer im Vorteil gegenüber Aussenstehenden, wie in der Entscheidung dargelegt sei (Nrn. 49 bis 51, 98 und 99).

198 Schließlich liege eine Beschränkung des Wettbewerbs vor, da jeder Aussenstehende vor folgendem Dilemma stuende: Entweder als einzelner die geschlossene Front der Sitzungsteilnehmer anzugreifen oder sich in sie einzureihen und damit seine Möglichkeiten, mit anderen Unternehmern zu konkurrieren, zu beschränken.

Würdigung durch das Gericht

199 Das Gericht stellt fest, daß unabhängig von jedem gelegentlichen Druck der Klägerinnen auf Nichtmitglieder, der SPO beizutreten, das System der Regelungen an sich schon aufgrund seines Bestehens einen Druck auf die Nichtmitglieder zum Beitritt ausübt, da es den an dem System beteiligten Unternehmen erhebliche Vorteile insbesondere durch den Informationsaustausch und die Erstattung der Kalkulationskosten verschafft (siehe Entscheidung, Nr. 98).

200 Zudem erreicht das System der Regelungen naturgemäß um so besser seine Ziele, je mehr Unternehmen daran beteiligt sind. Die Begrenzung der Transaktionskosten und der Kampf gegen das Herunterhandeln sind nämlich um so wirkungsvoller, je weniger Aufträge an Unternehmen vergeben werden, die der SPO nicht angeschlossen sind. Unter diesem Blickwinkel wird die Vergabe eines Auftrags an ein Nichtmitglied als ein Risiko angesehen, gegen das es sich durch die Zuweisung eines Teils der Preiszuschläge an einen insbesondere zur Deckung dieses Risikos bestimmten Garantiefonds zu schützen gilt (Entscheidung, Nr. 43).

201 Somit sind die Voraussetzungen erfuellt, um auf Nichtmitglieder Druck ausüben zu können, sich dem System anzuschließen. Unter diesen Umständen kann schon die von den Klägerinnen eingeräumte Kontaktaufnahme der Büros der SPO zu Nichtmitgliedern der Ausübung von Druck gleichgesetzt werden.

202 Im übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Regelungen die Möglichkeit vorsehen, daß die Versammlung von vornherein auf die Benennung eines Berechtigten (vgl. oben, Randnrn. 100, 101 und 117) und auf Preiszuschläge verzichtet. Diese Möglichkeiten erlauben den Sitzungsteilnehmern, ihr Marktverhalten der Intensität des Wettbewerbs mit Aussenstehenden anzupassen. Sie können auf diese Weise an einem solchen Wettbewerb mit den Vorteilen teilnehmen, die sie früher aus der Regelung der Vergütung der Kalkulationskosten gezogen haben, und dabei aufgrund dieser Regelung im Einzelfall davon absehen, keine Kalkulationskosten für ein Bauwerk in Ansatz zu bringen, um dessen Zuschlag sie mit Unternehmen konkurrieren, die nicht Mitglieder der Klägerinnen sind. Ebenso gestattet ihnen ein von vornherein beschlossener Verzicht auf die Benennung eines Berechtigten, sich gegebenenfalls auf einen Handel, bei dem sie mit Nichtmitgliedern konkurrieren, einzulassen und auf diese Weise die Chancen zu erhöhen, daß einer von ihnen den Auftrag erhält.

203 Die Tatsache, daß die Mitglieder der Klägerinnen sich gezwungen sehen können, einheitlich eine defensive Haltung zu vertreten, wenn sie einem Wettbewerb mit Aussenstehenden ausgesetzt sind, Verstärkt ihr Interesse an einer Erhöhung der Mitgliederzahl und damit an einer Veringerung der Anzahl aussenstehender Konkurrenten, die sie zu einem Verzicht auf die mit dem Beitritt zu den Klägerinnen verbundenen Vorteile zwingen könnten.

204 Somit ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, daß das System der 1987 eingeführten Regelungen die Unternehmen in ihrer Freiheit, diesem beizutreten oder nicht, tatsächlich beeinträchtigt, da ihnen, wenn sie nicht beitreten, eine Reihe von Vorteilen, die mit diesem System verbunden sind, vorenthalten bleiben und sie nicht mit einer Reihe voneinander unabhängig handelnder Unternehmer, sondern mit einer bestimmten Zahl von Unternehmern in Wettbewerb stehen, die gemeinsame Interessen verfolgen, gemeinsame Informationen besitzen und damit gemeinsame Verhaltensweisen an den Tag legen.

205 Somit stellen die 1987 eingeführten Regelungen einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag dar.

206 Trotz der Feststellung, daß diese früheren Regelungen sich von den 1987 eingeführten Regelungen in einigen wesentlichen Punkten wie der Existenz eines Gegenanzeigeverfahrens, der Möglichkeit einer Nachbesserung und Berichtigung der Preise und einer Präferenzregelung, die zu einer Erhöhung der Preise sämtlicher Teilnehmer führte, unterscheiden, vertritt die Kommission in der Entscheidung (Nrn. 62 bis 65) die Auffassung vertritt, daß die 1987 eingeführten Regelungen im wesentlichen nur die Weiterführung der früheren Regelungen seien und dementsprechend die von ihr vorgenommene rechtliche Würdigung der ersteren sinngemäß auch für die letzteren gelte (Nr. 114). Zudem meint die Kommission (Entscheidung, Nr. 138), daß die verschiedenen früheren Regelungen ab dem 1. Oktober 1980 hinreichend vereinheitlicht gewesen seien, da sie von der SPO genehmigt worden (Nrn. 15, 62 und 138) und Gegenstand eines einheitlichen Sanktionssystems seien, das durch den Ehrenkodex eingeführt und für die Mitglieder der SPO durch Beschluß der Hauptversammlung am 1. Oktober 1980 in Kraft getreten sei (Nrn. 12, 13 und 138).

207 Die Klägerinnen halten dem entgegen, daß die 1987 eingeführten Regelungen keine "Fortführung gleichartiger früherer Absprachen", sondern "eine Wende" gegenüber diesen dargestellt hätten (Klageschrift, rechtliche Ausführungen, 3.14) und die SPO niemals die einheitliche Preisreglementierung "Burger- & Utiliteitsbouw Openbaar" (Bauvergabe nach dem offenen Verfahren), die am 1. Januar 1973 in Kraft getreten sei, beschlossen habe, da die verschiedenen Vereinigungen ihre eigenen Regelungen bis 1987 weiterhin individuell angewandt hätten (Erwiderung, S. 24).

208 Zunächst ist festzustellen, daß das Vorbringen der Klägerinnen keineswegs im Gegensatz zu den Nummern 62 und 65 der Entscheidung steht, sondern in Wirklichkeit die Richtigkeit der von der Kommission dort vorgenommenen Analyse bestätigt. Um darzutun, daß die 1987 eingeführten Regelungen eine "Wende" gegenüber den früheren gleichartigen Absprachen darstellen, weisen die Klägerinnen nämlich darauf hin, daß diese Regelungen bestimmte Möglichkeiten wie die "Gegenanzeige" oder die "Nachbesserungen" und "Berichtigungen der Preise" nicht mehr enthielten. Nach ihrem eigenen Eingeständnis bot die erste Möglichkeit "den betreffenden Unternehmern einen Anknüpfungspunkt für eine unzulässige Absprache", und die zweite sei verboten worden, "weil von ihr nicht nur in einer verheerenden Wettbewerbssituation Gebrauch gemacht wurde, sondern auch weil dieses System zur Messung der preisdrückenden Wirkung unvermeidbar eine Reihe willkürlicher Elemente enthielt" (Klageschrift, rechtliche Ausführungen, 3.14). Mit der Feststellung, daß die 1987 eingeführten Regelungen den Wettbewerb weniger beschränkten als die früheren Regelungen und insoweit eine Wende gegenüber diesen darstellten, haben die Klägerinnen also zu erkennen gegeben, daß sie die Fortführung der alten waren.

209 Somit ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, daß die 1987 eingeführten Regelungen eine Fortführung der früheren Regelungen sind und die früheren in einigen Punkten zumindest ebenso bedeutsame Wettbewerbsbeschränkungen enthielten wie die späteren Regelungen.

210 Sodann ist festzustellen, daß im Gegensatz zu der von den Klägerinnen in ihrer Erwiderung offenbar vertretenen Ansicht die Entscheidung nicht behauptet, daß die verschiedenen früheren Regelungen nach dem 1. Oktober 1980 von der SPO beschlossen worden seien. In der Entscheidung wird lediglich behauptet, daß ab diesem Zeitpunkt diese Regelungen von der SPO genehmigt sein mussten, was von den Klägerinnen nicht bestritten worden ist, die lediglich vorgetragen haben, daß bis 1987 die einzelnen Vereinigungen diese Regelungen erlassen hätten. Im übrigen ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung insoweit nur die Tatsachen wiedergibt, die die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 19. Dezember 1988 auf das von der Kommission an sie gerichtete Auskunftsverlangen mitgeteilt haben (Gegenerwiderung, Anlage 2). Zudem haben die Klägerinnen nicht bestritten, daß nach Artikel 4 Besluit Algemene Bepalingen (Beschluß über die allgemeinen Bestimmungen) für den Erlaß und die Anwendung der Regelungen der einzelnen Klägerinnen ab dem 25. November 1980 die Genehmigung der SPO erforderlich war.

211 Schließlich ist festzustellen, daß für die einzelnen früheren Regelungen vom 1. Oktober 1980 an ein einheitliches Sanktionssystem galt, das durch von den Ehrenkodex eingeführt und für die Mitglieder der SPO durch Beschluß der Hauptversammlung ab diesem Zeitpunkt verbindlich war.

212 Unter diesen Umständen ist in der Entscheidung der Inhalt der früheren Regelungen zu Recht nicht getrennt untersucht worden, und es ist zu Recht davon ausgegangen worden, daß sie den Wettbewerb zumindest genauso wie die sie weiterführenden Regelungen von 1987 beschränken. Weiterhin ist in der Entscheidung zu Recht festgestellt worden, daß die verschiedenen Regelungen vom 1. Oktober 1980 an aufgrund des Systems der Genehmigung durch die SPO und des einheitlichen Sanktionssystems genügend vereinheitlicht waren, um als ein homogenes Ganzes angesehen werden zu können.

213 Somit ist die zweite Rüge des ersten Angriffsmittels zurückzuweisen.

Dritte Rüge: Keine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

Vorbringen der Parteien

214 Die Klägerinnen machen geltend, daß Artikel 85 EWG-Vertrag auf Vereinbarungen, die auf das Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats beschränkt seien, nur anwendbar sei, wenn diese den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigten. Dies setze voraus, daß es einen Handel zwischen Mitgliedstaaten in dem relevanten Markt gebe (Urteil des Gerichtshofes vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 22/78, Hugin/Kommission, Slg. 1979, 1869) und daß dieser Handel durch die betreffenden Vereinbarungen spürbar beeinträchtigt werde (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Mai 1989 in der Rechtssache 320/87, Ottung, Slg. 1989, 1177, Randnr. 19). Im vorliegenden Fall sei keine dieser Voraussetzungen erfuellt, so daß Artikel 85 EWG-Vertrag nicht anwendbar sei.

215 Zu der ersten Voraussetzung tragen die Klägerinnen vor, daß es insbesondere nach der Untersuchung von Hartelust auf dem Baumarkt ° gleich, ob man dabei auf die Anzahl der Bauwerke oder auf deren Wert abstelle ° praktisch keinen Handel zwischen Mitgliedstaaten gebe und auf bestimmten Produktmärkten, wie dem der Abbruchs- und Markierungsarbeiten, dieser Handel überhaupt fehle. In ihrer Erwiderung fügen die Klägerinnen hinzu, die Kommission könne nicht unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 1. Februar 1978 in der Rechtssache 19/77 (Miller/Kommission, Slg. 1978, 131) geltend machen, daß nicht nur auf den bestehenden Handel, sondern auch auf dessen zukünftige Entwicklung aufgrund gesetzlicher oder auf anderen Faktoren beruhender Änderungen abzustellen sei. Die gesetzlichen Änderungen, auf die die Kommission sich beziehe, seien nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerinnen die jeweiligen Regelungen aufgestellt und angewendet hätten, nicht vorhersehbar gewesen.

216 Zu der zweiten Vorraussetzung tragen die Klägerinnen im wesentlichen vor, daß ein Handel, den es nicht gebe, durch die Regelungen nicht spürbar beeinträchtigt werden könne, es sei denn, daß die Kommission nachweise, daß das Fehlen eines Handels von Bedeutung den Regelungen zuzuschreiben sei. Im vorliegenden Fall habe die Kommission den entsprechenden Nachweis deshalb nicht erbracht, weil das Fehlen des Handels auf strukturellen Gegebenheiten beruhe wie dem begrenzten räumlichen Aktionsradius der Unternehmen, den hohen Transportkosten, der Rolle des Hauptunternehmers, den Problemen im Zusammenhang mit den unterschiedlichen (Standard-)Lastenheften, Kulturunterschieden, unterschiedlichem Geschmack und Sprachunterschieden usw. und weil der Auftraggeber festlege, wie viele und welche Unternehmer er einlade. Darüber hinaus habe die Kommission nicht für jede der früheren Regelungen dargetan, daß es auf jedem Produktmarkt und auf jedem der räumlichen Märkte, die von diesen Regelungen getrennt erfasst worden seien, einen grenzueberschreitenden Handel gegeben habe. Die Kommission könne nicht die Theorie der kumulativen Wirkung heranziehen, da hierfür Voraussetzung wäre, daß die verschiedenen Vereinbarungen sich auf denselben Produktmarkt und denselben räumlichen Markt bezögen. Die Klägerinnen hätten nachgewiesen, daß jeder Sektor einen gesonderten Markt darstelle (vgl. oben, erste Rüge des Angriffsmittels). Schließlich müssten diese Regelungen parallel zu den Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Aufträge gesehen werden, die mit der Festlegung einer Grenze von 5 Millionen ECU (die wesentlich höher als die Grenze von 200 000 ECU in der Richtlinie für öffentliche Lieferaufträge sei) zu erkennen gäben, daß ein grenzueberschreitender Handel von Bedeutung nur bei sehr grossen Bauwerken möglich sei.

217 Jedenfalls führten die Regelungen nicht zu einer Abschottung des niederländischen Marktes, da sie ohne Unterschied auf ausländische und auf niederländische Unternehmen anwendbar seien; sowohl den einen als auch den anderen stehe es nämlich frei, an der Ausschreibung teilzunehmen.

218 Es sei falsch, daß durch die Regelungen von dem Verfahren der offenen Ausschreibung weniger Gebrauch gemacht werde und damit die ausländischen Unternehmer benachteiligt würden. Offene Ausschreibungen seien nämlich in den Niederlanden nicht seltener als anderswo, und die ausländischen Unternehmen nähmen daran nicht öfter als an den beschränkten Ausschreibungen teil.

219 Ausserdem hätten die angeblichen Auswirkungen der Regelungen auf die Nachfrage in den Niederlanden, die von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Bauherren ausgehe, nichts mit dem Begriff des Handels zwischen Mitgliedstaaten im Sinne des Artikels 85 EWG-Vertrag zu tun; jedenfalls gehe die Kommission bei ihrer Argumentation von der falschen Vorstellung aus, daß die Regelungen zu einer einheitlichen Preiserhöhung in den Niederlanden führten.

220 Schließlich werde die Behauptung, daß die niederländischen Unternehmen dank der Regelungen, insbesondere des Systems der Anrechnung der Kalkulationskosten, einen Wettbewerbs"vorteil" hätten, wenn sie auf dem Markt anderer Mitgliedstaaten aufträten, durch die geringe Rentabilität der Bauunternehmen in den Niederlanden sowie durch den Vergleich widerlegt, den die PRC BV Management Consultants (nachstehen: PRC) zwischen der Höhe der in den Niederlanden in Ansatz gebrachten Gemeinkosten zuzueglich der Vergütung der Kalkulationskosten und dem in vier anderen Mitgliedstaaten für Gemeinkosten verlangten Prozentsatz durchgeführt habe.

221 Die Kommission verweist in ihrer Antwort hierauf auf die Nummern 103 bis 108 der Entscheidung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes sei nämlich nicht erforderlich, daß die Regelungen die ausländischen Unternehmer vom niederländischen Markt ausschlössen, sondern es werde nur verlangt, daß die Regelungen den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigen könnten. Somit sei nicht nur auf den derzeitigen zwischenstaatlichen Handel abzustellen, sondern auch auf den möglichen zwischenstaatlichen Handel (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Miller/Kommission, a. a. O.).

222 Der Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Hugin/Kommission (a. a. O.) liege völlig neben der Sache, da es sich in diesem Fall um Beeinträchtigungen des Wettbewerbs gehandelt habe, die sich keineswegs auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats ausgewirkt hätten, sondern nur einen ganz kleinen Teil dieses Gebietes erfasst hätten oder die eine ganz andere Bedeutung als die vorliegenden Regelungen gehabt hätten. Vereinbarungen, die wie im vorliegenden Fall für das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats gälten, seien schon ihrem Wesen nach geeignet, zu einer Abschottung des nationalen Marktes zu führen, was im Widerspruch zu der vom Vertrag angestrebten wirtschaftlichen Verflechtung stehe (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1972 in der Rechtssache 8/72, Vereniging van Cementhandelaren/Kommission, Slg. 1972, 977). Solche Vereinbarungen führten nämlich zu einer Aufteilung des Gemeinsamen Marktes in mehrere nationale Märkte mit künstlich herbeigeführten unterschiedlichen Bedingungen (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 246/86, Belasco/Kommission, Slg. 1989, 2117). Die Kommission müsse nicht nachweisen, daß die Regelungen die ausländischen Unternehmer vom niederländischen Baumarkt ausschlössen, sondern nur, wie sie es in der Entscheidung getan habe, daß die Regelungen Wettbewerbsbedingungen tiefgreifend veränderten, unter denen ausländische Unternehmer ° unabhängig davon, ob sie am System teilnähmen oder ausserhalb des Systems Angebote abgäben ° antreten müssten. Diese Art der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten sei in der Mitteilung der Beschwerdepunkte (Nrn. 98 ff.) und in der Entscheidung (Nrn. 106 ff.) behandelt worden.

223 Im vorliegenden Fall sei der Handel zwischen Mitgliedstaaten zwar gering, doch gebe es ihn, und die Untersuchung von Hartelust sei ohne Bedeutung, weil dort der Handel ausserhalb der Regelungen nicht berücksichtigt worden sei, weil nicht klargestellt werde, ob sich die Untersuchung auf die Protokolle aller aufgrund der Regelungen abgehaltenen Sitzungen beziehe und weil nur ein begrenzter Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis zum 1. Oktober 1988 erfasst werde.

224 Im übrigen hielten die Regelungen die Auftraggeber durch das System der Vergütung der Kalkulationskosten davon ab, eine offene Ausschreibung durchzuführen. Ein solches Verfahren sei aber das beste Mittel für ausländische Unternehmer, um auf dem niederländischen Markt Fuß zu fassen, da in diesem Fall vom Auftraggeber der Kreis der Bieter nicht festgelegt werde. Einen Beweis hierfür liefere die Beschwerde der Stadt Rotterdam.

225 Die Regelungen seien deshalb durchaus geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Die Klägerinnen versuchten vergebens, nach Zeiträumen und Einheitlichkeit oder Uneinheitlichkeit der Regelungen zu unterscheiden, da der Inhalt der vor dem 1. April 1987 ergangenen Regelungen unter dem Blickwinkel des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag noch stärker zu kritisieren sei als der der derzeit geltenden Regelungen. Die früheren Regelungen seien unter der Leitung oder Aufsicht der SPO eingeführt und vereinheitlicht worden und unterlägen seit 1980 einer einheitlichen Sanktionsregelung nach dem Ehrenkodex. Deshalb spiele es keine Rolle, ob in bestimmten Sektoren ein Handel zwischen Mitgliedstaaten bestanden habe, sondern entscheidend sei nur, ob die Regelungen insgesamt gesehen geeignet seien, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (siehe oben, erste Rüge des Angriffsmittels).

Würdigung durch das Gericht

226 Nach Auffassung der Kommission beeinträchtigen die Regelungen den Handel zwischen Mitgliedstaaten auf drei verschiedene Arten: Sie beeinträchtigen das Angebot aus anderen Mitgliedstaaten (Nrn. 103 bis 111 der Entscheidung), die Nachfrage aus anderen Mitgliedstaaten (Nr. 112) und das Angebot der der SPO angeschlossenen Unternehmen in den anderen Mitgliedstaaten (Nr. 113).

227 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Voraussetzung hinsichtlich der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten in den Artikeln 85 und 86 EWG-Vertrag den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des innerstaatlichen Rechts abgrenzen soll (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966 in den verbundenen Rechtssachen 56/64 und 58/64, Consten & Grundig/Kommission Slg. 1966, 321).

228 Es genügt somit, daß eine der drei von der Kommission in den Nummern 103 bis 113 der Entscheidung genannten Arten der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten bewiesen ist, damit Artikel 85 EWG-Vertrag auf die von den Klägerinnen erlassenen Regelungen anwendbar ist.

229 Nach ständiger Rechtsprechung haben Kartelle, die sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, schon ihrem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, indem sie die vom Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindern (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1972 in der Rechtssache Vereniging van Cementhandelaren/Kommission, a. a. O., Randnr. 29 und vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia u. a./Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 22).

230 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß die Regelungen von 1987 für das gesamte niederländische Gebiet gelten. Bezueglich der früheren Regelungen ist daran zu erinnern, daß sie einander entsprechen und in ihrer Gesamtheit das gesamte Gebiet der Niederlande sowie den ganzen Baumarkt erfassen (vgl. oben, Randnr. 81). Deshalb kann keine dieser Regelungen getrennt von den anderen untersucht werden, mit denen sie eine Einheit bildet, zumal für diese Regelungen seit 1980 einheitliche Sanktionsverfahren im Rahmen einer einzigen Vereinigung galten. Die früheren Regelungen sind deshalb den Regelungen von 1987 gleichzustellen (vgl. oben, Randnrn. 206 bis 212). Alle diese Regelungen sind daher schon ihrem Wesen nach geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beschränken, da sie die Wettbewerbsbedingungen in den Niederlanden durch die künstliche Trennung von den in anderen Mitgliedstaaten geltenden Bedingungen verändern und damit eine Aufteilung des Gemeinsamen Marktes herbeiführen.

231 Jedenfalls ist die Kommission nach Auffassung des Gerichts zu Recht davon ausgegangen, daß die Regelungen sich auf das Angebot aus anderen Mitgliedstaaten und auf das Angebot der der SPO angeschlossenen Unternehmen in den anderen Mitgliedstaaten spürbar auswirken können.

232 Bezueglich des Einflusses der Regelungen auf das Angebot aus den anderen Mitgliedstaaten ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, daß die Klägerinnen selbst darauf hingewiesen haben, daß das System der Vergütung der Kalkulationskosten insbesondere die Auftraggeber dazu bewegen soll, das Für und Wider der Aufforderung einer kleineren oder grösseren Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe abzuwägen, da der Auftraggeber, nachdem die Transaktionskosten scihtbar geworden sind, weiß, daß er sie letztlich zu tragen hat. Ein solches System soll insgesamt gesehen zu geringeren Transaktionskosten führen. Um dieses Ziel zu erreichen, schafft das System durch die Abwälzung der Kalkulationskosten aller zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmer auf den Auftraggeber für diesen einen Anreiz, die Ausschreibungen stärker einzugrenzen und damit weniger Unternehmer zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Da die Zahl der vom Auftraggeber eingeladenen Bieter nur im Rahmen eines beschränkten Verfahrens begrenzt werden kann, begünstigt das System die beschränkten Ausschreibungen gegenüber den offenen und unter den beschränkten Ausschreibungen wiederum die am stärksten beschränkten, wie die Beschwerde der Stadt Rotterdam zeigt (Nrn. 19 und 34 dieser Beschwerde).

233 Die Kommission vertritt zu Recht die Auffassung, daß das offene Verfahren für die ausländischen Unternehmer das Mittel schlechthin ist, um den niederländischen Markt zu durchdringen.

234 Aus diesen Gründen sind die Regelungen geeignet, eine unmittelbare oder mittelbare Wirkung auf das Angebot aus anderen Mitgliedstaaten zu entfalten.

235 Wie die Kommission dargelegt hat, können die Klägerinnen gegen diese Analyse nicht den geringen Umfang des Handels zwischen Mitgliedstaaten anführen, da sie die von der Kommission in der Entscheidung vorgelegten Zahlen nicht bestreiten, die belegen, daß ein Handel zwischen Mitgliedstaaten tatsächlich besteht, auch wenn sein Umfang noch gering ist. So bestreiten die Klägerinnen nicht, daß etwa 150 in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen mehr oder weniger dauerhaft den UPR beigetreten sind. Diese Unternehmen sind überwiegend in Deutschland und Belgien niedergelassen, und zu ihnen gehören sämtliche führenden deutschen und belgischen Bauunternehmen; die übrigen Unternehmen sind französische, luxemburgische oder italienische Unternehmen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist für ein Verbot der Kartelle nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht erforderlich, daß sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigen, sondern nur, daß sie geeignet sind, eine derartige Wirkung zu entfalten (Urteil des Gerichtshofes vom 1. Februar 1978, Miller/Kommission, a. a. O., Randnr. 15). Da eine mögliche Auswirkung genügt, kann die zukünftige Entwicklung des Handels für die Beurteilung der Wirkung des Kartells auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten unabhängig von ihrer Vorhersehbarkeit berücksichtigt werden. Zur Spürbarkeit dieser Wirkung ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, daß der Handel um so mehr von dem Kartell beeinträchtigt werden kann, je schwächer er ist.

236 Ebenso können sich die Klägerinnen nicht auf den in der Richtlinie 71/305 festgelegten Grenzwert von 5 Millionen ECU berufen. Wie die Kommission in ihrer Entscheidung (Nr. 105) ausgeführt hat, unterscheiden sich die Ziele des Artikels 85 EWG-Vertrag und die dieser Richtlinie zu sehr voneinander, um den von der Richtlinie festgelegten Grenzwert als Bezugsgrösse für die Anwendung des Artikels 85 heranziehen zu können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß diese Richtlinie auf einer anderen Rechtsgrundlage als Artikel 85 EWG-Vertrag beruht und diese Bestimmung in keiner ihrer Begründungserwägungen genannt wird. Somit lässt sich nichts dafür anführen, daß sich die Kommission bei der Anwendung des Artikels 85 EWG-Vertrag von dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Grenzwert leiten lassen muß.

237 Bezueglich der Auswirkung der Regelungen auf das Angebot der der SPO angeschlossenen Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten ist unbestreitbar, daß die Mitglieder der SPO Vorteile gegenüber Nichtmitgliedern haben, wenn sie bezueglich eines bestimmten Bauwerks ausserhalb des Anwendungsbereichs der Regelungen tätig werden, wie dies bei Tätigkeiten ausserhalb der Niederlande der Fall ist.

238 Der von den Klägerinnen in diesem Zusammenhang angeführte Vergleich ist ein globaler Vergleich, während der Vorteil, den die niederländischen Unternehmer genießen, wenn sie im Ausland tätig werden, für jedes einzelne Bauwerk zu beurteilen ist. Es ist unbestreitbar, daß das System der Anrechnung der Kalkulationskosten einschließlich des Garantiefonds den Mitgliedern der Klägerinnen die Möglichkeit gibt, in ihre Gemeinkosten die Kalkulationskosten nicht aufzunehmen, die ihnen durch ihre Angebote, für die sie nicht den Zuschlag erhalten haben, entstanden sind, während die ausländischen Unternehmer diese Kosten in ihre Gemeinkosten aufnehmen müssen. So brauchen die Mitglieder der Klägerinnen für einen bestimmten ausserhalb der Niederlande ausgeschriebenen Auftrag in ihr Angebot nur die durch diesen Auftrag verursachten Kalkulationskosten aufzunehmen, während die anderen Unternehmer einen Teil der Kalkulationskosten aufnehmen müssen, die ihnen durch sämtliche von ihnen ohne Erfolg eingereichten Angebote entstanden sind. Damit verfügen die Mitglieder über einen künstlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen, die im wesentlichen in anderen Mitgliedstaaten tätig sind. Der Handel zwischen Mitgliedstaaten wird dadurch also beeinträchtigt.

239 Die Klägerinnen können den Beweiswert dieser Tatsachen nicht dadurch entkräften, daß sie sich auf die geringen Gewinnspannen der niederländischen Bauunternehmer berufen, die durch einen Vergleich zwischen dem in den Niederlanden um die Kalkulationskostenvergütungen erhöhten Betrag der der Gemeinkosten und dem in vier anderen Mitgliedstaaten als Gemeinkosten verlangten Prozentsatz belegt würden. Die geringe Rentabilität der niederländischen Unternehmen kann nämlich auf zahlreichen anderen Faktoren als dem System der Anrechnung der Kalkulationskosten beruhen.

240 Somit sind die Regelungen geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Diese Rüge des Angriffsmittels ist daher zurückzuweisen.

241 Nach alledem greift das erste Angriffsmittel nicht durch.

Zweites Angriffsmittel: Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag

Erste Rüge: Verkennung der Besonderheiten des Marktes und der Beweislastregeln

1) Die Besonderheiten des Marktes

Vorbringen der Parteien

242 Die Klägerinnen machen geltend, daß nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1987 in der Rechtssache 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission, Slg. 1987 405, Randnrn. 14 und 15) die Wettbewerbsbestimmungen der Gemeinschaft zwar auf den niederländischen Bausektor uneingeschränkt Anwendung fänden, dies aber keineswegs bedeute, daß das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nicht zuließe, den Besonderheiten bestimmter Wirtschaftszweige Rechnung zu tragen. Es sei vielmehr Sache der Kommission, im Rahmen ihrer Befugnis gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag Freistellungen von den in Artikel 85 vorgesehenen Verboten zu gewähren und die Besonderheiten bestimmter Wirtschaftszweige und die dort auftretenden Probleme zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall habe die Kommission den Besonderheiten des Bausektors wie etwa der Tatsache, daß in diesem Sektor hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen tätig seien, ebensowenig Rechnung getragen wie den Schwierigkeiten dieses Sektors, die den Erlaß der angemeldeten Regelungen, die typische sektorielle Regelungen seien, gerechtfertigt hätten.

243 Unter diesen Besonderheiten seien vor allem hervorzuheben: die Tatsache, daß jeder Auftraggeber sein Produkt definiere und dieses daher nur einmal angeboten werden könne, die Eigenheit der Bauunternehmen (gekennzeichnet durch das ungleiche Verhältnis zwischen dem Umfang des Unternehmens und dem Umfang der Bauarbeiten, durch die Probleme der Kontinuität, durch das Fehlen von Skalenerträgen, durch die Tatsache, daß innerhalb desselben Produktmarkts die Bauunternehmen weitgehend austauschbar seien, durch das Fehlen einer Zugangsschwelle für einfache Wirtschaftsteilnehmer), die Tatsache, daß der Preis des Bauwerks im voraus festgesetzt werden müsse, die Tatsache, daß die Ausarbeitung eines Angebots hohe Transaktionskosten mit sich bringe, und schließlich, daß bei der Ausschreibung als Form der Auftragsvergabe die Gefahr bestehe, daß sie zu wirtschaftlich ungerechtfertigten Preisen führe.

244 Diese verschiedenen Besonderheiten führten zu einem strukturellen Ungleichgewicht auf dem Markt zwischen der Nachfrageseite, für die der Markt vollkommen transparent sei, die bestimmen könne, welche Unternehmer für den Auftrag in Frage kämen und die die verschiedenen eingereichten Angebote gegeneinander ausspielen könne, und der Angebotsseite, für die der Markt nicht transparent sei, die von der Wahl der Auftraggeber abhängig sei und die hohe Transaktionskosten in Kauf nehmen müsse, um für den Auftrag in Betracht gezogen zu werden. Dieses strukturelle Ungleichgewicht führe zu wirtschaftlich ungerechtfertigten Preisen und zu einem ruinösen Wettbewerb.

245 Dieses durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen nachgewiesene strukturelle Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage sei in den Niederlanden besonders ausgeprägt, da der Hauptunternehmer in den Niederlanden gegenüber dem Bauherrn für die fachgerechte Ausführung der Arbeiten einschließlich der von den Subunternehmern ausgeführten Arbeiten verantwortlich sei und weil das niederländische Recht dem Auftraggeber nicht ebenso streng, wie dies im Recht anderer Mitgliedstaaten der Fall sei, verbiete, die von den einzelnen Bietern eingereichten Angebote gegeneinander auszuspielen, eine Praxis, die als "Herunterhandeln" zu qualifizieren sei.

246 Die beanstandeten Regelungen sollten dieses strukturelle Ungleichgewicht lediglich korrigieren, indem sie im wesentlichen die durch das Angebot bedingten Transaktionskosten verringerten und ein Herunterhandeln verhinderten. Die geringen Gewinnspannen, die auf dem niederländischen Baumarkt zu beobachten seien, bestätigten diese Analyse. Für dieses Ziel träten sämtliche Marktteilnehmer und sogar die niederländischen Behörden ein, da ohne die verbotenen Regelungen entweder ein ruinöser Wettbewerb oder heimliche Kartelle zur Korrektur dieses Ungleichgewichts zu gewärtigen seien.

247 In ihrer Erwiderung machen die Klägerinnen geltend, daß keine einzige Behauptung der Kommission über das Funktionieren anderer Dienstleistungsmärkte oder des Baumarkts in anderen Mitgliedstaaten auf irgendeiner Analyse oder einer von der Kommission durchgeführten Untersuchung beruhten. Die Behauptungen seien daher aus der Luft gegriffen. Die Kommission habe lediglich auf mikroökonomischer Ebene untersucht, inwieweit die Handlungsfreiheit der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt sei, und habe jede Beschränkung der Handlungsfreiheit einer Wettbewerbsbeschränkung gleichgestellt, obwohl sie die Regelungen auf makroökonomischer Ebene hätte untersuchen müssen.

248 Die Kommission räumt zwar ein, daß die Besonderheiten des Bausektors berücksichtigt werden müssten, soweit sie für den wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmen maßgeblich seien, in dem die streitigen Regelungen zu beurteilen seien. Diese Besonderheiten könnten jedoch nicht dazu führen, daß diese Regelungen dem Anwendungsbereich des Artikels 85 ganz oder teilweise entzogen seien. Deshalb sei eine abstrakte Erörterung der Merkmale des Marktes, wie sie die Klägerinnen vorgenommen hätten, sinnlos.

249 Der Bausektor in den Niederlanden unterscheide sich von anderen Dienstleistungssektoren oder dem Bausektor in anderen Mitgliedstaaten nicht so sehr, daß er im Hinblick auf Artikel 85 EWG-Vertrag erheblich anders zu beurteilen wäre. Deshalb nehme die Tatsache, daß der Markt dieser verschiedenen Sektoren ohne solche Regelungen wie die verbotenen ordnungsgemäß funktioniere, der Behauptung, daß die streitigen Regelungen die notwendige Korrektur des strukturellen Ungleichgewichts des niederländischen Bausektors seien, jede Grundlage.

250 Die Kommission verweist im übrigen auf die Nummern 71 bis 77 der Entscheidung, in denen sie zu den Argumenten der Klägerinnen bereits Stellung genommen habe.

251 In ihrer Entgegnung auf die Behauptung, daß die Ausschreibung als Form der Auftragsvergabe zu einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Preisniveau führe, weist sie insbesondere darauf hin, daß es kein wirtschaftlich gerechtfertigtes Preisniveau gebe, da der Gestehungspreis eines jeden Unternehmens insgesamt verschieden und je nach den Umständen unterschiedlich sei. Unter bestimmten Umständen könne es nämlich wirtschaftlich gerechtfertigt sein, Preise anzusetzen, die unter dem Kostendurchschnitt lägen, um die Fixkosten hereinzuholen.

252 Schließlich könne der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie die makroökonomische Bedeutung der Regelungen nicht berücksichtigt habe. Um eine Freistellung zu erlangen, müssten die Klägerinnen nämlich u. a. dartun, daß die Regelungen konkret zu einer Verbesserung der Warenverteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitrügen. Dafür könne es nicht genügen, Fortschritte im makroökonomischen Bereich geltend zu machen, von denen keineswegs nachgewiesen sei, daß sie den Regelungen zuzuschreiben seien.

Würdigung durch das Gericht

253 Das Gericht weist darauf hin, daß es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes Sache der Kommission ist, im Rahmen ihrer Befugnis gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag Freistellungen von den in Artikel 85 Absatz 1 vorgesehenen Verboten zu gewähren und die Besonderheiten bestimmter Wirtschaftszweige und die dort auftretenden Probleme zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1987, Verband der Sachversicherer/Kommission, a. a. O., Randnr. 15).

254 Im vorliegenden Fall werfen die Klägerinnen der Kommission vor, eine mikroökonomische Analyse der Regelungen vorgenommen zu haben, obwohl diese das Ungleichgewicht hätten korrigieren sollen, das auf makroökonomischer Ebene zwischen Angebot und Nachfrage wegen der Besonderheiten der in diesem Sektor tätigen Unternehmen, der Besonderheiten der betreffenden Produkte und der Unzulänglichkeiten der niederländischen Rechtsvorschriften bestehe, die dem Hauptunternehmer die Verantwortung auferlegten und die ein wirksames Vorgehen gegen das Herunterhandeln nicht zuließen.

255 Das Gericht stellt fest, daß die Kommission in ihrer Entscheidung die von den Klägerinnen beschriebenen Besonderheiten des Marktes zur Kenntnis genommen hat (Nrn. 71 bis 77), aber der Auffassung ist, daß diese Besonderheiten eine Freistellung nicht rechtfertigten (Nrn. 115 bis 128). Die Argumente der Klägerinnen im Zusammenhang mit den Besonderheiten des Marktes sind daher bei der Prüfung der Zurückweisung des von den Klägerinnen gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag eingereichten Antrags auf Freistellung der betreffenden Regelungen zu behandeln. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 692A0029.3

256 Zudem hat die Kommission zu Recht, und ohne daß die Klägerinnen Einwände erhoben hätten, auf die Tatsache hingewiesen, daß entsprechende Regelungen wie die in diesem Verfahren streitigen weder in anderen Dienstleistungssektoren, die grosse Ähnlichkeiten mit dem Baumarkt haben, noch im Bausektor anderer Mitgliedstaaten bestehen. Ebenfalls zu Recht hat die Kommission es abgelehnt, die Unvermeidlichkeit von Kartellen im Bausektor anzuerkennen, wie dies die Klägerinnen wollten. Die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag lässt sich nämlich nicht damit rechtfertigen, daß im Falle einer Versagung der Freistellung des angemeldeten Kartells sich andere noch bedenklichere Kartelle bilden würden. Ebenso kann nicht hingenommen werden, daß Unternehmen die Wirkungen von Rechtsvorschriften, in denen sie eine übermässige Begünstigung der Verbraucher sehen, unter dem Vorwand, daß durch diese Vorschriften ein Ungleichgewicht zu ihren Lasten geschaffen worden sei, neutralisieren, indem sie Kartelle abschließen, die die den Verbrauchern durch diese Vorschriften eingeräumten Vorteile korrigieren sollen.

257 Infolgedessen ist das Vorbringen der Klägerinnen, daß die Kommission die Besonderheiten des Marktes unzureichend berücksichtigt habe, insoweit zurückzuweisen, als die Klägerinnen dem gegenüber der zweiten Rüge dieses Angriffsmittels eine eigenständige Bedeutung beimessen.

2) Beweislast

Vorbringen der Parteien

258 Die Klägerinnen machen zunächst geltend, daß die Kommission angesichts all dessen, was ihr die Klägerinnen zur Kenntnis gebracht hätten, um die beantragte Freistellung zu erlangen, sich nicht damit hätte begnügen dürfen, die Argumente einfach zurückzuweisen, sondern zu dem Beweis verpflichtet gewesen sei, daß eine Freistellung wirtschaftlich nicht gerechtfertigt gewesen sei. So hätte sie insbesondere aufzeigen müssen, daß der niederländische Baumarkt ohne die Regelungen besser funktioniert hätte, oder angeben müssen, was sie in den Regelungen für akzeptabel halte.

259 Zudem hätte die Kommission mit den Klägerinnen die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile der Regelungen erörtern müssen, statt von vornherein jede wirtschaftliche Rechtfertigung auszuschließen. Im vorliegenden Fall habe die Kommission nicht der ihr von der Rechtsprechung auferlegten Verpflichtung genügt, an der Erlangung einer Freistellung aktiv mitzuwirken (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966, Consten & Grundig/Kommission, a. a. O.).

260 Nach Ansicht der Kommission ist es dagegen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes vor allem Sache der Unternehmen, sie auf der Grundlage von Beweismaterial davon zu überzeugen, daß eine Freistellung gerechtfertigt sei. Die Zusammenarbeit, auf die die Unternehmen von seiten der Kommission Anspruch hätten, bestehe in einer Prüfung der Argumente, die die Unternehmen zur Begründung ihres Antrags auf Freistellung vortrügen (siehe Urteil Consten & Grundig/Kommission, a. a. O., S. 321). Diese Zusammenarbeit verpflichte die Kommission nicht dazu, andere Lösungen vorzuschlagen. Erst recht nicht könne man von der Kommission verlangen, daß sie nachweise, daß eine Freistellung nicht gerechtfertigt sei, oder daß sie angebe, was sie für akzeptabel halte.

261 Die Regelungen bildeten eine Einheit, wie die Klägerinnen selbst unablässig hervorhöben. Selbst wenn bestimmte Aspekte der streitigen Regelungen den Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genügt hätten, hätte die Kommission sie nicht getrennt freistellen können. Daher sei eine bedingte Freistellung nicht in Frage gekommen.

Würdigung durch das Gericht

262 Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache der Unternehmen, die eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag beantragen, anhand von Beweismaterial darzutun, daß eine Freistellung gerechtfertigt ist. Deshalb kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, keine anderen Lösungen vorgeschlagen oder nicht angegeben zu haben, was ihrer Ansicht nach eine Freistellung rechtfertigen würde (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 52). Die Kommission hat im Rahmen ihrer Begründungspflicht lediglich die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie die Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlaß der Entscheidung veranlasst haben, mit der der Antrag auf Freistellung zurückgewiesen worden ist; die Klägerinnen haben keinen Anspruch darauf, daß die Kommission auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte eingeht, die sie im Verwaltungsverfahren vorgetragen haben (Urteil Remia u. a./Kommission, a. a. O., Randnrn. 26 und 44).

263 Somit müssen im vorliegenden Fall die Klägerinnen nachweisen, daß die Kommission mit der Versagung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag einen rechtlichen oder tatsächlichen Fehler begangen hat.

264 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren wiederholt betont haben, daß die Regelungen ein zusammenhängendes Ganzes darstellten, das als solches freizustellen sei. Deshalb hat die Kommission sich zu Recht in ihrer Entscheidung auf die Prüfung beschränkt, ob die beiden Bestandteile, die den Kern der Regelungen ausmachen und insbesondere das angebliche makroökonomische Ungleichgewicht auf dem Markt beseitigen sollen, nämlich der Schutz des Berechtigten und die Vergütung für der Kalkulationskosten, den vier Voraussetzungen für die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genügten.

265 Somit ist die erste Rüge des zweiten Angriffsmittels zurückzuweisen.

Zweite Rüge: Verkennung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Freistellung

266 Für die Feststellung, ob die Kommission eine Freistellung der Regelungen nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu Recht versagt hat, ist erstens zu prüfen, ob diese Regelungen unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, und zweitens, ob die Regelungen den beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegen, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind oder diesen Unternehmen Möglichkeiten eröffnen, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

267 Die vier Voraussetzungen für die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag müssen zusammen erfuellt sein (vgl. u. a. Urteil Consten & Grundig, a. a. O., Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994 in der Rechtssache T-39/92 und T-40/92, CB und Europay/Kommission, Slg. 1994, II-49, Randnr. 110). Ist auch nur eine dieser Bedingungen nicht erfuellt, muß die Entscheidung, mit der der Antrag der Klägerinnen auf Freistellung zurückgewiesen worden ist, bestätigt werden. Aus diesem Grund wird das Gericht im einzelnen prüfen, ob die Auffassung der Kommission zutrifft, daß die Regelungen die Verbraucher an dem durch die Regelungen entstehenden Gewinn nicht angemessen beteiligt haben und daß die den Unternehmern durch die Regelungen auferlegten Wettbewerbsbeschränkungen zur Erreichung dieser Ziele nicht unerläßlich gewesen sind.

1) Der Beitrag der Regelungen zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts und die angemessene Beteiligung der Verbraucher

Vorbringen der Parteien

268 Bezueglich des Beitrags der Regelungen zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts weisen die Klägerinnen darauf hin, daß die beanstandeten Regelungen im wesentlichen einem zweifachen Ziel dienten: Zum einen sollten sie einem Herunterhandeln der Preise entgegenwirken, das die Folge der strukturellen Schwäche des Angebots gegenüber der Nachfrage sei und zu einem ruinösen Wettbewerb führen könne, und zum anderen die Transaktionsstruktur des Marktes verbessern, indem die Transaktionskosten so weit wie möglich dem Bauwerk zugerechnet würden, bei dem sie anfielen. Die zu diesem Zweck eingeführte Vergütungsregelung für die Kalkulationskosten bringe jeden Auftraggeber dazu, das Für und Wider der Aufforderung einer grösseren oder kleineren Anzahl von Unternehmern zur Angebotsabgabe abzuwägen und damit die Zielgruppe der Ausschreibung besser zu bestimmen bzw. das Für und Wider einer genaueren oder weniger genaueren Spezifizierung der Ausschreibung abzuwägen, denn der Auftraggeber wisse, nachdem die Transaktionskosten sichtbar geworden seien, daß er diese zu tragen habe. Insgesamt gesehen führe ein solches System zu geringeren und gerechter verteilten Transaktionskosten als ein System, bei dem die vom Auftraggeber verursachten Transaktionskosten den Gemeinkosten der Unternehmer hinzugerechnet würden, wodurch letztere diese Kosten blind auf ihre Preise insgesamt abwälzten, so daß alle Auftraggeber die von einigen verursachten hohen Transaktionskosten tragen müssten. Für diese Ziele der Regelungen träten alle Marktteilnehmer und sogar die niederländischen Behörden ein, da ohne die verbotenen Regelungen entweder ein ruinöser Wettbewerb oder heimliche Kartelle zur Korrektur dieses Ungleichgewichts zu gewärtigen wären.

269 Die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie die Wirkungen des Systems der Vergütungen der Kalkulationskosten lediglich für jede einzelne Ausschreibung getrennt geprüft habe, ohne die Tatsache zu berücksichtigen, daß das System auf makroökonomischer Ebene zu einer Verringerung der Transaktionskosten und damit der Preise führe. Die Notwendigkeit einer makroökonomischen Analyse werde durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt, denen zufolge das System die Auftraggeber nicht davon abhalte, Ausschreibungen nach dem offenen Verfahren durchzuführen, was auch durch die Tatsache belegt werde, daß die Aussetzung des Systems aufgrund des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts vom 16. Juli 1992 nicht zu einer Erhöhung dieser Art von Ausschreibungen geführt habe. Aus den Untersuchungen ergebe sich weiter, daß die Gemeinkosten einschließlich der Angebotskosten in mehreren benachbarten Mitgliedstaaten gleich oder höher als die Gemeinkosten in den Niederlanden zuzueglich der Vergütungen der Kalkulationskosten und der Beiträge zu den Verwaltungskosten der berufsständischen Organisationen seien.

270 Die Tatsache, daß der niederländische Baumarkt funktioniere, zeige, daß sich die Regelungen günstig auf die Produktion und den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt auswirkten. Den wirtschaftlichen Untersuchungen zufolge funktioniere nämlich der niederländische Baumarkt verhältnismässig sehr wirksam und die Produktivität dieses Sektors weise eine der höchsten Wachstumsraten Europas auf, während die Kosten, Preise und Gewinnspannen in diesem Sektor zu den niedrigsten in Europa gehörten.

271 Die Kommission sei durch ihre falsche Darstellung dieser durch die Regelungen eingeführten Mechanismen zu der Auffassung gelangt, daß sie der ersten Voraussetzung für die Gewährung einer Freistellung nicht genügten. Die Klägerinnen verweisen dazu auf ihre Einwände, die sie im Rahmen der zweiten Rüge des ersten Angriffsmittels erhoben haben.

272 Bezueglich der Voraussetzung der angemessenen Beteiligung der Verbraucher an dem Gewinn sei die Beurteilung der Kommission unzutreffend, was dadurch bewiesen werde, daß die Auftraggeber mit dem Funktionieren des Marktes zufrieden seien und daß einzige Auftraggeber, der Kritik geäussert habe (die Stadt Rotterdam), einer Anpassung der Regelungen den Vorzug gegenüber einem Verbot in Bausch und Bogen gebe. Das Kriterium der "angemessenen Beteiligung" sei seinem Wesen nach kein "starres" Kriterium, so daß es selten möglich sei, einen zwingenden Beweis dafür oder dagegen zu führen. Gerade unter diesem Blickwinkel seien die söben genannten Faktoren von grosser Bedeutung. In ihrer Erwiderung führen die Klägerinnen aus, daß die grossen Auftraggeber im Gegensatz vielleicht zu einem Privatmann kein Interesse an der möglichst intensiven Ausnutzung der Transaktionsstruktur des Marktes hätten, was ihnen einen kurzfristigen Vorteil verschaffen würde, sondern an gesunden Marktverhältnissen interessiert seien und aus diesem Grund die Regelungen einstimmig befürworteten.

273 Im Gegensatz zu der Behauptung der Kommission zeige die Untersuchung von PRC, daß ein System der Vergütung der Kalkulationskosten keineswegs weniger wirksam sei als ein System, bei dem die Kosten, die dem abgelehnten Bieter entstanden seien, in dessen Gemeinkosten eingerechnet würden.

274 Schließlich übersehe die Kommission, daß auch der Bauherr unter dem Strich Vorteile aus einem Ausschreibungssystem ziehe, das zu klaren und eindeutigen Ergebnissen führe. Ausserdem trage die Regelung gegen ein Herunterhandeln der Preise zu einer Öffnung des niederländischen Marktes bei, da es den Auftraggebern dadurch schwerer gemacht werde, niederländische Unternehmer gegenüber ausländischen Unternehmern zu bevorzugen.

275 Die Klägerinnen verweisen hier noch einmal auf ihre Ausführungen im Rahmen der zweiten Rüge des ersten Angriffsmittels.

276 Sie kommen zu dem Ergebnis, daß diese Analyse durch die niedrigen Gewinnspannen der niederländischen Unternehmer bestätigt werde, die zeigten, daß der Ertrag ihrer grossen Produktivität gerecht zwischen Unternehmern und Auftraggebern aufgeteilt sei.

277 Zur ersten Voraussetzung führt die Kommission aus, daß sie das Vorbringen der Klägerinnen zum Inhalt der Regelungen bereits im Rahmen der zweiten Rüge des ersten Angriffsmittels widerlegt habe.

278 Ohne die Möglichkeit einer Kontrolle der Vergütung der Kalkulationskosten könne der Auftraggeber nicht, in der Sprache der Klägerinnen, "das Für und Wider" der ein oder anderen Form der Ausschreibung "wirksam abwägen". Ausserdem seien in den Tabellen im Anhang zu den UPR nur Hoechstbeträge angegeben, so daß der Auftraggeber nicht in der Lage sei, den Umfang der tatsächlich angefallenen Transaktionskosten zu ermitteln.

279 Zudem könne die Vergütung der Kalkulationskosten den Bauherrn dazu bewegen, keine offene Ausschreibung durchzuführen. In diesem Zusammenhang sei angesichts der Länge des berücksichtigten Zeitraums die von den Klägerinnen angeführte Tatsache, daß der Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 16. Juli 1992 nicht zu mehr offenen Ausschreibungen geführt habe, ohne Bedeutung.

280 Zu der Verteilung der Vergütungen der Kalkulationskosten weist die Kommission ausserdem darauf hin, daß der Unterschied zwischen den Beträgen, die der Zuschlagsempfänger erhalte, und den an die anderen Unternehmer ausgezahlten Beträge dazu führe, daß die Stellung der Unternehmer, die den Zuschlag erhielten, gegenüber denen, die ihn nicht erhalten hätten, gestärkt würde.

281 Aus dem Bericht von PRC ergebe sich nicht, inwiefern das System der Vergütung der Kalkulationskosten das Ausschreibungsverfahren wirksamer mache, da dieser Bericht die Höhe der Gemeinkosten betreffe, die von so vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig sei, daß eine solche Schlußfolgerung unmöglich aus diesem Bericht gezogen werden könne.

282 Im übrigen hätten die Klägerinnen nicht nachgewiesen, daß die guten Leistungen, die für den niederländischen Bausektor insgesamt kennzeichnend seien, den Regelungen zuzuschreiben seien; die Regelungen funktionierten keineswegs zur Zufriedenheit aller betroffenen Parteien. Dies ergebe sich insbesondere aus der Beschwerde der Stadt Rotterdam und der Intervention der Dennendäl BV in diesem Verfahren.

283 Zur zweiten Voraussetzung trägt die Kommission vor, die Tatsache, daß einige Auftraggeber einer Anpassung der Regelungen den Vorzug gegenüber einem Verbot in Bausch und Bogen gäben, reiche nicht aus, um sagen zu können, daß diese Voraussetzung erfuellt sei. Die Intervention der Dennendäl BV zeige, daß einige Auftraggeber den Regelungen sehr kritisch gegenüberständen, die für sie zu beträchtlichen und überfluessigen Kostenerhöhungen führten.

284 Die Höhe der Gewinnspannen im niederländischen Bausektor insgesamt hänge von so vielen Faktoren ab, daß sich daraus unmöglich etwas für die Frage herleiten lasse, ob die Verbraucher an dem behaupteten Gewinn angemessen beteiligt seien.

285 Im übrigen verweist die Kommission auf ihre Antwort auf die zweite Rüge des ersten Angriffsmittels.

Würdigung durch das Gericht

286 Da die vier Voraussetzungen für die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zusammen erfuellt sein müssen, wird das Gericht seine Prüfung vor allem auf die Voraussetzung der angemessenen Beteiligung der Verbraucher konzentrieren.

287 Die Klägerinnen und die Kommission argumentieren auf zwei verschiedenen Ebenen. Die Klägerinnen stützen ihr Vorbringen auf eine makroökonomische Analyse der Vorteile, die sich ihrer Meinung nach aus den Regelungen ergeben können. Sie meinen unter Bezugnahme auf makroökonomische Untersuchungen wie die von PRC, daß die Leistungen des niederländischen Bausektors, auf dem die Preise sehr niedrig und die Gewinnspannen sehr begrenzt seien, die günstige Wirkung der Regelungen bewiesen. Für die Klägerinnen sind diese besseren Leistungen Folge der Regelungen, vor allem weil durch sie verhindert werden könne, daß in den Niederlanden heimliche Kartelle geschlossen würden, wie dies in den anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft der Fall sei. Dagegen argumentiert die Kommission auf der mikroökonomischen Ebene, da sie von der Sicht des einzelnen Auftraggebers ausgeht und die Wirkungen untersucht, die die Regelungen auf seine Lage habe. Für die Kommission ist dieser mikroökonomische Ansatz der einzig mögliche, da sie ° im Gegensatz zu den Klägerinnen ° ganz entschieden bestreitet, daß heimliche Kartelle zwischen den Unternehmern im Bausektor unvermeidlich seien und den Regelungen das Verdienst zukomme, solche Kartelle zu verhindern. Ausserdem haben die Klägerinnen nach Ansicht der Kommission nicht den Nachweis eines Zusammenhangs zwischen den Regelungen und den Leistungen des niederländischen Bausektors erbracht, da diese Leistungen anderen Faktoren zugeschrieben werden könnten.

288 Angesichts dieser unterschiedlichen Ansätze gegenüber den Regelungen, die zu unterschiedlichen Antworten auf die Frage führen, ob die Regelungen nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freistellungsfähig sind, ist darauf hinzuweisen, daß das Gericht die komplexen wirtschaftlichen Bewertungen, die die Kommission bei der Ausübung ihres Beurteilungsspielraums nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag im Hinblick auf dessen vier Voraussetzungen vornimmt, nur darauf überprüfen kann, ob die Verfahrens- und Begründungsregeln beachtet wurden, ob der Tatbestand richtig festgestellt wurde, ob kein offenkundiger Beurteilungsfehler und kein Ermessensfehlgebrauch vorliegt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 62, und Urteil CB und Europay/Kommission, a. a. O., Randnr. 109).

289 Im vorliegenden Fall muß das Gericht also prüfen, ob die Kommission den Tatbestand, auf den sie ihre Ablehnung des Antrags auf Freistellung gestützt hat, richtig festgestellt und keinen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie statt des von den Klägerinnen vorgeschlagenen makroökonomischen Ansatzes einen mikroökonomischen Ansatz für die Regelungen gewählt hat.

290 Zunächst ist die Kommission zu Recht der Auffassung, daß Ausgangspunkt einer Untersuchung der Wirkungen der streitigen Regelungen nicht die Tatsache sein durfte, daß ohne diese Regelungen auf dem niederländischen Baumarkt noch schwerere Verstösse gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag begangen worden wären, und sie bestreitet zu Recht die Unvermeidlichkeit heimlicher Kartelle.

291 Sodann ist die Kommission ebenfalls zu Recht der Auffassung, daß den Klägerinnen auch nicht anhand der von ihnen vorgelegten makroökonomischen Untersuchungen der Nachweis gelungen ist, daß zwischen den Regelungen und den Leistungen des niederländischen Bausektors eine ursächliche Verknüpfung besteht, da diese Leistungen, selbst wenn sie nachgewiesen wären, auf einer Vielzahl anderer Faktoren beruhen können. So ergibt sich aus der ersten Untersuchung von PRC (Klageschrift, Anlage 11, S. 13), daß die Produktion je Produktionsstunde in den Niederlanden sehr hoch ist und die Baumaterialien dort billiger als in den Nachbarländern sind. Zudem lässt sich der Untersuchung vom 22. Januar 1993 zufolge (Erwiderung, Anlage 2, S. 22 bis 24) die Wirksamkeit der Organisation des Bauprozesses wahrscheinlich am besten vergleichen, wenn man die Transaktionskosten den Produktionskosten des Unternehmers gegenüberstellt. Wie diese Untersuchung zeigt, ist der niederländische Markt unter diesem Gesichtspunkt nicht wirksamer als der französische und weniger wirksam als der belgische Markt, für die keine den hier streitigen Regelungen entsprechende Regelung besteht.

292 Angesichts dieser beiden Feststellungen hat die Kommission, indem sie die Behauptung der Klägerinnen auf der Grundlage einer von ihnen vorgeschlagenen makroökonomischen Untersuchung, daß die Regelungen günstige Auswirkungen hätten, zur Kenntnis genommen und deren Analyse mit einer mikroökonomischen Analyse verglichen hat, in deren Rahmen die praktischen Wirkungen der Regelungen auf den Wettbewerb im Falle einer jeden Ausschreibung geprüft worden sind (Entscheidung, Nrn. 76 und 120 bis 123), keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

293 Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß die Richtigkeit des Ansatzes der Kommission sich u. a. daraus ergibt, daß die Klägerinnen wiederholt zu erkennen gegeben haben, daß die Regelung zum Schutz des Berechtigten verhindern solle, daß die Preise ein unangemessenes Niveau erreichten. Somit haben die Klägerinnen selbst eingeräumt, daß die Regelungen insoweit die Preise auf einem höheren Niveau halten sollten als dem, das sich im Falle eines von den Regelungen unbeeinflussten Wettbewerbs ergeben hätte. Der Vorteil der Bekämpfung des Herunterhandelns, selbst wenn sie zulässig wäre, fließt infolgedessen den Unternehmern zu. Zudem kann der Auftraggeber aufgrund dieser Regelung nur mit dem Berechtigten verhandeln, während er ohne die Regelungen sowohl mit dem Berechtigten als auch mit den anderen Sitzungsteilnehmern über ihre Angebote hätte verhandeln können.

294 Die Klägerinnen können dem nicht entgegenhalten, daß solche Verhandlungen zwangsläufig zu einem ruinösen Wettbewerb führten, der sich letztlich gegen die Auftraggeber selbst wende. Wie die Kommission dargelegt hat, ist nämlich eine Unterscheidung zwischen normalem Wettbewerb und ruinösem Wettbewerb nicht möglich. Jeder Wettbewerb ist für die weniger leistungsstarken Unternehmen potentiell ruinös. Deshalb schränken die Klägerinnen mit ihrem Kampf gegen das, was sie einen ruinösen Wettbewerb nennen, zwangsläufig den Wettbewerb ein und berauben damit den Verbraucher der Vorteile dieses Wettbewerbs.

295 Ebenso kommen fast nur die Unternehmer in den Genuß der angeblichen Begrenzung der Transaktionskosten. Indem das eingeführte System diese Kosten in vollem Umfang auf den Auftraggeber abwälzt, erlaubt es eine Verringerung der Transaktionskosten, die andernfalls von den Unternehmern zu tragen wären, insbesondere, wenn sie einen Auftrag nicht erhalten haben. Somit werden die Kosten vom Angebot auf die Nachfrage übertragen. Zwar ist diese Kostenübertragung wirtschaftlich nicht ganz ungerechtfertigt, da die Höhe der Transaktionskosten u. a. mit der Zahl der vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmer zusammenhängt, der damit als einziger die Kosten begrenzen kann, doch verlangt eine solche Begrenzung der Transaktionskosten vom Auftraggeber, daß er die Zahl der von ihm eingeladenen Unternehmer begrenzt, was eine Beschränkung seiner Wahlmöglichkeiten und damit des Wettbewerbs ist. Selbst wenn diese Begrenzung zu einer Verringerung der Transaktionskosten des Auftraggebers führen kann, da er nicht so viele Angebote prüfen muß, ist dieser Vorteil gering gegenüber den Nachteilen, die ihn treffen, und gegenüber dem Vorteil, der den Unternehmern aus dieser Regelung zufließt.

296 Ausserdem kann der Vorteil, den die Auftraggeber angeblich aus der Tatsache ziehen, daß die Unternehmer die Kalkulationskosten, die sie für die nicht an sie vergebenen Aufträge tragen müssen, nicht mehr ihren Gemeinkosten hinzurechnen müssen, nur bei Auftraggebern, die regelmässig sehr viele Ausschreibungen im Rahmen der Regelungen durchführen, den Nachteil ausgleichen, daß sie die Vergütung der Kalkulationskosten zu tragen haben. Der Auftraggeber, der nur selten Aufträge vergibt, muß nämlich zwangsläufig Vergütungen für Kalkulationskosten zahlen, die den Vorteil weit übersteigen, den er aus der Tatsache ziehen kann, daß der Zuschlagsempfänger aufgrund des Systems seine Gemeinkosten und damit den Angebotspreis niedriger ansetzen kann. Ausserdem hat dieses System zur Folge, daß die Auftraggeber, die es für erforderlich halten, sehr viele Unternehmer zur Angebotsabgabe aufzufordern, zwangsläufig Vergütungen für Kalkulationskosten zahlen müssen, die die Kosten weit übersteigen, die sie ohne dieses System zu tragen hätten.

297 Zudem ist noch einmal festzustellen, daß die Kommission zu Recht der Auffassung ist, daß dieses System zu weniger offenen Ausschreibungen führt (vgl. oben, Randnr. 232) und daß der Zeitraum nach dem Beschluß des Präsidenten des Gerichts nicht aussagekräftig ist.

298 Deshalb erlaubt das System der Vergütung der Kalkulationskosten, selbst wenn es zu einer allgemeinen Verringerung der Transaktionskosten auf dem Markt führen sollte, keine angemessene Aufteilung dieser Verringerung zwischen den Unternehmern und dem Auftraggeber.

299 Entgegen den Behauptungen der Klägerinnen wird ihr Standpunkt nicht von allen Marktteilnehmern geteilt. Wie sich ganz eindeutig aus der von der Stadt Rotterdam bei der Kommission eingereichten Beschwerde ergibt, spricht sich diese gegen die Aufrechterhaltung der Vergütungsregelung für die Kalkulationskosten aus, wie sie in den Regelungen ausgestaltet ist. Die Stadt Rotterdam weist insbesondere darauf hin, daß die Höhe der Vergütungen der Kalkulationskosten unverhältnismässig sei und nichts die Tatsache rechtfertige, daß diese Vergütungen nicht auf der Grundlage der niedrigsten Blankozahl, sondern dem Durchschnitt der von den einzelnen Unternehmern eingereichten Blankozahlen berechnet würden.

300 Nach alledem ist die Kommission zu Recht der Auffassung, daß die Regelungen, insbesondere soweit sie eine von den Auftraggebern zu tragende Vergütung der Kalkulationskosten und einen Schutz des Berechtigten gegen mögliche Verhandlungen des Auftraggebers mit anderen Sitzungsteilnehmern vorsehen, die Verbraucher nicht angemessen an dem Gewinn beteiligen, der sich aus ihnen ziehen lässt.

2) Unerläßlichkeit der Beschränkungen und Fehlen der Möglichkeit, den Wettbewerb auszuschalten

Vorbringen der Parteien

301 Bezueglich der angemeldeten Regelungen tragen die Klägerinnen vor, die Wettbewerbsbeschränkungen seien unerläßlich, um das mit ihnen verfolgte Ziel zu erreichen, nämlich ein Herunterhandeln der Preise zu verhindern und die Wirksamkeit der Verhandlungsstruktur des Marktes zu verbessern. Die Kommission verkenne die Tragweite des Systems des Schutzes des Berechtigten und des Systems der Vergütung der Kalkulationskosten sowie die Rolle des Garantiefonds. Die Klägerinnen halten es für normal, daß das erste System nur bei vergleichbaren Angeboten zum Tragen komme; Nummer 125 der Entscheidung sei daher unzutreffend. Beim zweiten System sei es gerade der pauschale und allgemeine Charakter der Vergütung, der anders als ein System der individuellen Festlegung der Vergütung, das zudem im Gegensatz zu der Behauptung in Nummer 126 der Entscheidung nicht praktikabel sei, eine Förderung des Wettbewerbs erlaube. Die Behauptung der Kommission werde auch nicht durch die Regelung über die Auftragsuntervergabe gestützt.

302 Im übrigen hätten die Klägerinnen der Kommission ihre Bereitschaft mitgeteilt, mit ihr die Notwendigkeit bestimmter Einzelheiten der Regelungen zu erörtern, und hätten zu diesem Zweck eine Reihe von Änderungsvorschlägen gemacht, die wesentliche Punkte des Systems betroffen hätten. Die Kommission habe in ihrer Antwort zu verstehen gegeben, daß sie die Regelungen vollständig verbieten wolle, wodurch jede Diskussion über die Unerläßlichkeit einiger Aspekte dieser Regelungen sinnlos geworden sei. Durch ihre Weigerung, diese Änderungen zu diskutieren, habe die Kommission die Voraussetzung der Unerläßlichkeit der festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen nicht zutreffend beurteilen können.

303 Die Klägerinnen meinen entgegen der Auffassung der Kommission, daß die Änderungsvorschläge der SPO Gegenstand dieses Verfahrens sein könnten. Angesichts der Umstände dieses Falls unterliege nämlich das gesamte Verhalten der Kommission im Rahmen des Verwaltungsverfahrens der Beurteilung des Gerichts, da sonst die Verteidigungsrechte der Klägerinnen verletzt würden. Es sei nämlich die einzige Möglichkeit, die Rechtmässigkeit der Ablehnung der Änderungsvorschläge der SPO vom Gericht prüfen zu lassen, da die Klägerinnen keine Klage nach Artikel 173 EWG-Vertrag gegen die einzelnen Verwaltungsschreiben, mit denen diese Vorschläge zurückgewiesen worden seien, erheben könnten (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1990 in der Rechtssache T-116/89, Vereniging Prodifarma u. a./Kommission, Slg. 1990, II-843).

304 Ausserdem könne den Klägerinnen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie diese Änderungen in den Regelungen nicht übermittelt und die Anmeldung der Regelungen nicht förmlich geändert hätten. Die Folgen dieser Änderungen für die Organisation der SPO sowie für deren Angestellte seien nämlich so weit reichend, daß es weder sinnvoll noch möglich gewesen wäre, vollständig geänderte UPR zu entwerfen, bevor nicht zumindest in den wesentlichen Punkten die Genehmigung der Kommission vorgelegen habe. Ausserdem habe die SPO diese Änderungen der Kommission ausdrücklich im Rahmen ihrer Anmeldung vom 13. Januar 1988 vorgelegt und dabei erklärt, sie sei zu einer Anpassung der angemeldeten Regelungen im Sinne dieser Änderungen bereit, sobald die Kommission dafür grünes Licht gegeben habe.

305 Anschließend erläutern die Klägerinnen, inwiefern ihre Vorschläge zur Änderung der Regelungen geeignet seien, den Anforderungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu genügen.

306 Die Klägerinnen kommen zu dem Ergebnis, daß diese Änderungen den Unternehmern jede ° theoretische ° Möglichkeit der Verfälschung des Wettbewerbs nähmen.

307 Die Kommission verweist bezueglich der angemeldeten Regelungen auf ihre Entscheidung (Nrn. 124 bis 128) und die Widerlegung der zweiten Rüge des ersten Angriffsmittels. Insbesondere wiederholt sie, daß ein System, in dem alle Bieter eine vom Bauherrn zu tragende Vergütung erhielten, nicht zur Wirksamkeit des Ausschreibungsverfahrens beitrage. Ausserdem böten die Zahlungen des Garantiefonds im Falle der Vergabe des Auftrags an einen Aussenstehenden den Mitgliedern der SPO, die ein Angebot abgegeben hätten, einen kollektiven Schutz gegen Aussenstehende.

308 Die Vorschläge zur Änderung der Regelungen, die mit den Dienststellen der Kommission besprochen worden seien, seien nicht geeignet gewesen, die von der Kommission gegen die Regelungen geäusserten Bedenken zu zerstreuen. Deshalb seien sie von den Dienststellen der Kommission verworfen worden.

309 Da die Klägerinnen die vorgeschlagenen Änderungen in die Regelungen nicht aufgenommen hätten und auch die Anmeldung der Regelung nicht geändert hätten, habe für die Kommission kein Grund bestanden, in der Entscheidung auf die Änderungsvorschläge einzugehen. Aus diesem Grund betreffe die Entscheidung ausschließlich die Regelungen in ihrer Form zum Zeitpunkt der Entscheidung und nicht die Änderungsvorschläge der Klägerinnen. In diesem Rahmen seien die Änderungsvorschläge nicht relevant (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 1992 in der Rechtssache T-66/89, Publishers Association/Kommission, Slg. 1992, II-1995, Randnr. 90). Damit habe die Kommission den Klägerinnen nicht die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen die Zurückweisung ihrer Änderungsvorschläge genommen, da sie diese Änderungen nur in die Regelungen hätten aufnehmen oder die Anmeldung hätten ändern müssen, um die Kommission zu zwingen, eine Entscheidung hierüber zu treffen, weil sie andernfalls dazu durch eine Untätigkeitsklage gezwungen würde (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. Juli 1991 in der Rechtssache T-23/90, Peugeot/Kommission, Slg. 1991, II-653). Die Änderung der Anmeldung sei unerläßlich, da nur die tatsächlich angemeldeten Vereinbarungen Gegenstand einer Freistellung sein könnten. Die Klägerinnen hätten sich damit begnügen können, die Anmeldung zu ändern, ohne die vorgeschlagenen Änderungen sogleich durchzuführen, soweit deren Durchführung auf praktische Schwierigkeiten gestossen wäre.

Würdigung durch das Gericht

310 Das Gericht stellt angesichts der Tatsache, daß die Regelungen die Verbraucher nicht angemessen am Gewinn beteiligen, nur der Vollständigkeit halber noch fest, daß die durch die Regelungen eingeführten Wettbewerbsbeschränkungen auch nicht unerläßlich sind, um die Ziele zu erreichen, die ihnen die Klägerinnen zuschreiben, nämlich die Verhandlungsstruktur des Marktes durch eine Beschränkung der Transaktionskosten zu verbessern und das angeblich zu einem ruinösen Wettbewerb führenden Herunterhandeln der Preise zu bekämpfen. Die Kommission ist nämlich zu Recht der Auffassung, daß die schweren Wettbewerbsbeschränkungen, die sie festgestellt hat, zur Erreichung der von den Regelungen verfolgten Ziele nicht unerläßlich sind.

311 Zunächst ist es zur Erreichung dieser Ziele keineswegs erforderlich, daß das gesamte Verfahren, das zur Benennung eines Berechtigten führen soll, ohne den Auftraggeber durchgeführt wird. Der Auftraggeber ist nämlich am besten in der Lage, zusammen mit den Unternehmern die Vergleichbarkeit ihrer Preisangebote zu beurteilen, sich zu vergewissern, daß der Informationsaustausch in der Sitzung den Wettbewerb nicht beeinträchtigt, und zu vermeiden, daß die von den einzelnen Unternehmern eingereichten Preise nicht geändert werden, um den Wettbewerbsvorteil der einen zu vergrössern oder den Wettbewerbsnachteil der anderen zu verringern.

312 Sodann zeigt die Regelung über die Auftragsuntervergabe, nach der nur Subunternehmer eine Vergütung der Kalkulationskosten erhalten, die gegenüber dem Hauptunternehmer, dem der Zuschlag erteilt worden ist, ein Angebot abgegeben haben, daß die Klägerinnen selbst es nicht für unerläßlich erachten, zur Verbesserung der Verhandlungsstruktur des Marktes jedem Bauherrn sämtliche durch seine Ausschreibung verursachten Kosten aufzuerlegen. Zudem haben die Klägerinnen nicht nachweisen können, daß die Höhe der Vergütungen der Kalkulationskosten im grossen und ganzen den tatsächlich dem Durchschnitt der Unternehmer entstandenen Kosten entspricht. So erscheinen die verschiedenen Berechnungsgrundlagen für diese Vergütungen sehr hoch, wie die Stadt Rotterdam in ihrer Beschwerde vorgetragen hat. Die Tatsache, daß die für die Berechnung der Vergütung der Kalkulationskosten angewandten Tabellen Hoechstbeträge angeben, die nicht immer erreicht werden, dem Auftraggeber die angewandte Tabelle aber nicht mitgeteilt wird und er gegen die Anwendung des Hoechstsatzes nichts unternehmen kann, zeigt im übrigen, daß in den Regelungen nichts vorgesehen ist, um sicherzustellen, daß die Vergütung der Kalkulationskosten nicht den Betrag übersteigt, der unerläßlich ist, um die Transaktionskosten der einzelnen Unternehmer zu decken.

313 Es ist daran zu erinnern, daß der Schutz des Berechtigten gewährt wird, nachdem die Unternehmer, die ein Angebot abgeben wollen, hierüber eine Abstimmung durchgeführt haben, von der der Auftraggeber ausgeschlossen ist und durch die die allein von den Unternehmern getroffenen gemeinsamen Entscheidungen an die Stelle der Wahl des Auftraggebers treten.

314 Somit sind die Wettbewerbsbeschränkungen, die die von den Klägerinnen bei der Kommission angemeldeten Regelungen enthalten, zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Ziele nicht unerläßlich.

315 Infolgedessen sind die von den Klägerinnen insoweit erhobenen Rügen zurückzuweisen.

316 Im übrigen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht nicht über die Änderungsvorschläge entschieden, die die Klägerinnen in den Gesprächen mit der Kommission zwischen April 1991 und Januar 1992 gemacht haben. Die Klägerinnen haben nämlich ihre erste Anmeldung weder zurückgenommen noch diese Änderungen formell bei der Kommission angemeldet. Die Kommission blieb damit verpflichtet, über die Regelungen in der angemeldeten Form zu entscheiden, und war mangels einer förmlichen Anmeldung nicht dazu befugt, über die Vereinbarkeit der Änderungsvorschläge mit Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu befinden.

317 Die Klägerinnen können der Kommission deshalb nicht zum Vorwurf machen, daß sie nur über die Regelungen in der bei ihr angemeldeten Form entschieden hat.

318 Wie die Kommission ausgeführt hat, nimmt dies den Klägerinnen nicht die Möglichkeit, im Wege eines Rechtsbehelfs überprüfen zu lassen, ob die formlose Zurückweisung ihrer Änderungsvorschläge durch die Kommission mit Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag vereinbar ist. Wenn die Klägerinnen diese Zurückweisung gerichtlich hätten überprüfen lassen wollen, hätte es genügt, diese Änderungen in die Regelungen aufzunehmen und diese erneut anzumelden oder die Anmeldung zu ändern. Hätte die Kommission über diese Anmeldungen nicht entschieden, hätten die Klägerinnen sie durch Erhebung einer Untätigkeitsklage zur Aufgabe ihres Stillschweigens zwingen können (Urteil Peugeot/Kommission, a. a. O.).

319 Die Klägerinnen können sich ebenfalls nicht darauf berufen, daß eine sofortige Änderung der Regelungen zu tiefgreifende Auswirkungen auf deren Funktionieren gehabt hätte und sie deshalb eine solche Änderung nicht hätten vornehmen können, ohne von der Kommission die Garantie einer Freistellung erhalten zu haben. Um die Kommission zu verpflichten, über die Änderungsvorschläge der Klägerinnen zu entscheiden, hätten diese sie nicht tatsächlich in Kraft treten lassen müssen, sondern sie lediglich erlassen und der Kommission förmlich mitteilen müssen.

320 Nach alledem ist, da die vier Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zusammen erfuellt sein müssen, die zweite Rüge des zweiten Angriffsmittels der Klägerinnen zurückzuweisen, ohne daß zu prüfen wäre, ob die vierte Voraussetzung erfuellt ist.

Dritte Rüge: Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Subsidiarität

Vorbringen der Parteien

321 Nach Auffassung der Klägerinnen hat die Kommission durch ihre Weigerung, die Regelungen nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freizustellen, gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Subsidiarität verstossen.

322 Bezueglich des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit tragen sie vor, daß die Kommission, indem sie sich geweigert habe, die Regelungen freizustellen, und sie damit ganz einfach verboten habe, die Grenze dessen überschritten habe, was zur Verwirklichung der Ziele des Vertrages notwendig sei, und sogar ein Ergebnis herbeigeführt habe, das angesichts der Merkmale des betreffenden Sektors diesen Zielen zuwiderlaufe. Als Beweis führen die Klägerinnen die Stellungnahmen verschiedener Marktteilnehmer an, die sich alle gegen ein einfaches Verbot der Regelungen ausgesprochen hätten. Da die Kommission eine starre, abstrakte Auffassung von Wettbewerb habe, die jede Maßnahme zur Regulierung des Wettbewerbs auf einem Markt ausschließe, habe sie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verkannt, demzufolge die Kommission sich für einen "wirksamen Wettbewerb" einsetzen müsse. Die Kommission habe auch deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen, da sie nicht einmal die Möglichkeit einer Freistellung unter Auflagen oder einer befristeten Freistellung mit der Verpflichtung zur Erstellung von Berichten ins Auge gefasst habe. Die Kommission habe weiterhin gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz verstossen, da sie ihr Eingreifen nicht auf das beschränkt habe, was unbedingt erforderlich sei, um für die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer den freien Zugang zum niederländischen Baumarkt sicherzustellen. Die Kommission hätte sich um so mehr Zurückhaltung auferlegen müssen, als es im vorliegenden Fall um einen einzigen nationalen Markt gehe, bei dem die Wettbewerbspolitik eng mit der Ordnungspolitik verknüpft sei, die nicht in die Zuständigkeit der Kommission falle.

323 Bezueglich des Grundsatzes der Subsidiarität tragen die Klägerinnen vor, daß die niederländischen Behörden aufgrund ihrer Kenntnis des niederländischen Baumarktes sehr viel besser als die Kommission das Wettbewerbsrecht auf die streitigen Regelungen hätten anwenden können. Man könne gegen die niederländischen Behörden nicht den Vorwurf erheben, daß sie nicht zum Schutz des Wettbewerbs eingegriffen hätten, da sie bestimmte Aspekte der Regelungen verboten hätten, in denen sie einen Verstoß gegen das nationale Wettbewerbsrecht gesehen hätten.

324 Schließlich sei es Aufgabe des Gerichts, die Verstösse gegen den Subsidiaritätsgrundsatz zu ahnden; da dieser Grundsatz, wie die Kommission selbst einräume, bereits vor seiner ausdrücklichen Aufnahme in Artikel 3b Absatz 2 EG-Vertrag implizit bestanden habe, könne die Kommission nicht geltend machen, eine Entscheidung könne nicht anhand dieses Grundsatzes geprüft werden, wenn sie vor dem Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Union, durch den diese Bestimmung eingeführt worden sei, erlassen worden sei.

325 Die Kommission hält dem entgegen, daß die Klägerinnen mit dieser Rüge die Zweckmässigkeit der Entscheidung angriffen; diese Rüge greife nicht durch, da die Beurteilungen der Kommission im Hinblick auf Artikel 85 Absätze 1 und 3 rechtmässig seien.

326 Zu dem angeblichen Verstoß gegen den Subsidiaritätsgrundsatz trägt die Kommission vor, dieser Grundsatz gehöre nach dem derzeitigen Stand der Dinge nicht zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, anhand derer die Rechtmässigkeit von Gemeinschaftshandlungen zu prüfen sei, die vor dem Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union ergangen seien.

Würdigung durch das Gericht

327 Da feststeht, daß die Kommission zu Recht die Auffassung vertritt, daß die angemeldeten Regelungen nicht die zweite und die dritte Voraussetzung für die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erfuellen, kann von einem Verstoß gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz keine Rede sein. Dies gilt um so mehr, als die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren und in dem Verfahren vor dem Gericht wiederholt auf die Tatsache hingewiesen haben, daß die Regelungen eine Einheit darstellten, deren einzelne Teile nicht künstlich voneinander getrennt werden könnten.

328 Die Einwände der Klägerinnen gegen die Zweckmässigkeit der Entscheidung beruhen, wie die Kommission dargelegt hat, auf der falschen Annahme, daß sämtliche Marktteilnehmer sich für die Beibehaltung der Regelungen ausgesprochen hätten. Die Stadt Rotterdam sowie die Verbraucherorganisationen sind aber der Auffassung, daß die Regelungen grundlegend geändert werden müssten, um nach Artikel 85 Absatz 3 freigestellt werden zu können.

329 Nach alledem ist die Rüge der Klägerinnen, daß der Verhältnismässigkeitsgrundsatz verletzt worden sei, zurückzuweisen.

330 Bezueglich des angeblichen Verstosses gegen den Subsidiaritätsgrundsatz stellt das Gericht fest, daß Artikel 3b Absatz 2 EG-Vertrag zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht in Kraft getreten war und ihm keine rückwirkende Kraft zuerkannt werden kann.

331 Ausserdem stellte der Subsidaritätsgrundsatz im Gegensatz zu der Ansicht der Klägerinnen vor dem Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz dar, anhand dessen die Rechtmässigkeit der Gemeinschaftshandlungen zu prüfen war.

332 Infolgedessen ist die Rüge der Klägerinnen, daß gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz verstossen worden sei, zurückzuweisen.

333 Nach alledem ist die zweite Rüge der Klägerinnen, daß ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag vorliege, zurückzuweisen.

Drittes Angriffsmittel: Verstoß gegen die Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 und 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17

Erste Rüge: Fehlen eines Verstosses und Schutz vor Geldbussen

Vorbringen der Parteien

334 Die Klägerinnen meinen, im Rahmen ihres ersten Angriffsmittels nachgewiesen zu haben, daß sie keine Zuwiderhandlung begangen hätten. Wenn diesem Angriffsmittel stattgegeben werde, sei die gegen sie festgesetzte Geldbusse demnach aufzuheben.

335 Zudem habe die Kommission gegen Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 17 verstossen, da sie davon ausgegangen sei, daß die früheren Regelungen nach Artikel 4 Absatz 1 dieser Verordnung hätten angemeldet werden müssen. Da es sich bei den Regelungen um Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen gehandelt habe, seien sie von der Anmeldung befreit gewesen, weil alle Mitglieder der betreffenden Vereinigung bis auf eines (die ZNAV) aus demselben Mitgliedstaat stammten und in dem betreffenden Zeitraum niemals ein ausländischer Unternehmer Mitglied einer der Vereinigungen gewesen sei.

336 Die Klägerinnen machen hilfsweise geltend, daß, wenn das Kriterium der Beteiligung an den Regelungen zugrunde zu legen sei, wie die Kommission meine, ausländische Unternehmer zumindest an drei Regelungen während des betreffenden Zeitraums nicht beteiligt gewesen seien und die Kommission hinsichtlich der anderen Regelungen eine solche Beteiligung nicht und erst recht nicht für den gesamten Zeitraum nachgewiesen habe.

337 Da Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 anwendbar sei, könne die Kommission den Klägerinnen nicht zum Vorwurf machen, daß sie die früheren Regelungen nicht angemeldet hätten. Die Klägerinnen hätten nämlich mit guten Gründen davon ausgehen können, daß die Nichtanmeldung die Möglichkeit einer Freistellung nicht ausschließe. Zur Rechtfertigung der Geldbussen im Hinblick auf Artikel 4 Absatz 2 hätte die Kommission nämlich zumindest dartun müssen, daß jede Klägerin sich seit vielen Jahren darüber im klaren hätte sein müssen, daß die früheren Regelungen niemals freistellungsfähig seien. Diesen Nachweis habe sie nicht erbracht.

338 Die Kommission verweist zunächst darauf, daß ihr rechtlich der Beweis gelungen sei, daß ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag vorliege.

339 Zu dem angeblichen Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 17 trägt sie vor, daß die Argumente der Klägerinnen ohne Bedeutung seien, soweit die Geldbussen den Zeitraum vom 1. April 1987 bis zum 13. Januar 1988 beträfen.

340 Selbst wenn, was nicht der Fall sei, die früheren Regelungen nicht hätten angemeldet werden müssen, würde Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 17 keinen Schutz vor Geldbussen bieten, da die früheren Regelungen niemals hätten freigestellt werden können, denn sie hätten Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, die noch schwerwiegender als die in den UPR gewesen seien, für die eine Freistellung ebenfalls abgelehnt worden sei.

341 Schließlich bedeute die Befreiung von der Anmeldepflicht nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 17 nicht, daß zur Sanktionierung der Vereinbarung oder des betreffenden Beschlusses keine Geldbusse verhängt werden könne.

Würdigung durch das Gericht

342 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes gilt das Verbot der Festsetzung von Geldbussen gemäß Artikel 15 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung Nr. 17 nur für tatsächlich angemeldete Vereinbarungen und nicht für Vereinbarungen, die nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 dieser Verordnung von der Pflicht zur Anmeldung befreit sind (Urteil des Gerichshofes vom 10. Dezember 1985 in den Rechtssachen 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Stichting Sigarettenindustrie/Kommission, Slg. 1985, 3831, Randnrn. 73 bis 78).

343 Selbst wenn die früheren Regelungen durch Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates gedeckt gewesen wären, hätte die Kommission gegen Klägerinnen, die diese Regelungen angewendet haben, Geldbussen festsetzen können, da die Regelungen nicht angemeldet waren.

344 Im übrigen sei daran erinnert, daß die Kommission zu Recht der Auffassung ist, daß die streitigen Regelungen einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellten.

345 Somit ist diese Rüge des Angriffsmittels zurückzuweisen.

Zweite Rüge: Fehlen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit

Vorbringen der Parteien

346 Die Klägerinnen rügen die Feststellung der Kommission in der Entscheidung, daß sie die Verstösse "vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig", d. h. durch eine an Vorsatz grenzende Fahrlässigkeit begangen hätten. Die Geldbusse sei auf der Grundlage dieser Beurteilung bemessen worden, obwohl keine Fahrlässigkeit und erst recht keine schwere Fahrlässigkeit vorgelegen habe. Die Kommission hätte nachweisen müssen, daß die Klägerinnen wussten oder hätten wissen müssen, daß die Regelungen in den Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 fielen und nicht nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freistellungsfähig seien. Aus den ersten beiden Angriffsmitteln ergebe sich, daß der Verstoß, wenn er denn vorläge, nicht offenkundig gewesen sei, und die Tatsache, daß die Klägerinnen sich des Verstosses nicht bewusst gewesen seien, stelle keine Fahrlässigkeit dar.

347 Verschiedene Faktoren hätten sie in ihrer Überzeugung, daß die Regelungen rechtmässig seien, bestärkt: Erstens hätten die niederländischen Kartellbehörden im Bereich der Regelungen stets aktiv eingegriffen, und dieses Eingreifen komme in der Königlichen Verordnung vom 29. Dezember 1986 zum Ausdruck, mit der die UPR unter rein wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten erneut ausdrücklich bestätigt worden seien. Zweitens hätten Wissenschaftler und die betroffenen Marktteilnehmer, die die Regelungen stets aufmerksam verfolgt hätten, ebenfalls nicht den geringsten Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelungen mit dem europäischen Wettbewerbsrecht geäussert. Einige Wissenschaftler hätten sogar den Standpunkt vertreten, daß die Regelungen den Wettbewerb nicht beschränkten. Drittens habe die Haltung der einzelnen Marktteilnehmer, insbesondere der Nachfrageseite, die Klägerinnen in ihrer Überzeugung bestärkt. Viertens habe die Kommission keine Einwendungen gegen die Regelungen vor 1987 erhoben, obwohl sie diese wegen ihrer Öffentlichkeit wahrscheinlich seit langem, sicher aber seit 1982 gekannt habe, als die Regelungen Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens in der Rechtssache Peters Bauunternehmung vor dem Gerichtshof (Urteil vom 22. März 1983 in der Rechtssache 34/82, Slg. 1983, 987) gewesen seien, was die Klägerinnen ebenfalls in ihrer Überzeugung bestärkt habe, daß die Regelungen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien. Die Klägerinnen führen auch einen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (ÖCD) von 1976 an, der insbesondere der Kollusion im Bausektor gewidmet sei. In diesem Bericht, der der Kommission bekannt gewesen sein müsse, sei eine der den UPR vorangegangenen Regelungen ausführlich besprochen worden.

348 Die Behauptung der Kommission, daß ein aussergewöhnlich schwerer Verstoß vorliege, vertrage sich schlecht mit der Tatsache, daß die Kommission sich im Verlauf des Verwaltungsverfahrens offensichtlich selbst lange Zeit nicht sicher gewesen sei, ob die Regeln des europäischen Wettbewerbsrechts anwendbar seien. Zudem ergebe sich aus der Klagebeantwortung, daß die Kommission selbst den Beginn einer Überprüfung, die sie im Rahmen ihrer Kontakte mit den niederländischen Behörden habe durchführen wollen, bewusst verzögert habe.

349 Da die Kommission selbst einräume, daß die Geldbussen wegen der früheren Regelungen festgesetzt worden seien, gelte die Argumentation der Klägerinnen erst recht, denn die Kommission hätte jeder für die sektoriellen oder regionalen Regelungen verantwortlichen Vereinigung Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachweisen müssen, zumal diese Vereinigungen nicht das Bewusstsein hätten haben können, daß die Voraussetzung der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels erfuellt gewesen sei, weil es praktisch weder auf den räumlichen noch auf den Produktmärkten, auf die die Regelungen sich bezogen hätten, einen zwischenstaatlichen Handel gegeben habe.

350 Nach Ansicht der Kommission spielt es keine Rolle, ob die Klägerinnen vorsätzlich oder nicht vorsätzlich gegen das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen hätten. Wichtig sei, ob die Klägerinnen gewusst hätten oder hätten wissen müssen, daß die Regelungen den Wettbewerb beschränkten und den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigen könnten (vgl. Urteile des Gerichtshofes, Miller/Kommission, a. a. O.; vom 12. Juli 1979 in den Rechtssachen 32/78, 36/78 bis 82/78, BMW u. a./Kommission, Slg. 1979, 2435, vom 8. November 1983 in den Rechtssachen 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, IAZ u. a./Kommission, Slg. 1983, 3369, Urteil Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, a. a. O., Urteil des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 157). Die Kommission frage sich im vorliegenden Fall, wie die Klägerinnen sich nicht dessen hätten bewusst sein können, daß ein System wie das im vorliegenden Verfahren streitige den Wettbewerb beschränke.

351 Sodann weist die Kommission die einzelnen Argumente zurück, die die Klägerinnen zur Widerlegung des Vorwurfs der groben Fahrlässigkeit angeführt haben. Erstens versuchten die Klägerinnen zu Unrecht den Eindruck zu erwecken, daß die Regelungen von den niederländischen Behörden vollständig gebilligt worden seien, da bestimmte Teile der früheren Regelungen durch die Königliche Verordnung vom 29. Dezember 1986 auf der Grundlage des Artikels 10 der Wet economische mededinging (Gesetz über wirtschaftlichen Wettbewerb) für unverbindlich erklärt worden seien. Nach dem Aufbau dieses Artikels bedeute die Tatsache, daß eine Regelung des Wettbewerbs für unverbindlich erklärt worden sei, höchstens, daß sie nach Ansicht der Behörden dem Allgemeininteresse nicht zuwiderlaufe. Dies bedeute keineswegs, daß die betreffende Regelung nicht den Wettbewerb beschränke. Ausserdem spielten die Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Artikels keine Rolle.

352 Zweitens hätten die von den Klägerinnen angeführten zwei Wissenschaftler die Auffassung vertreten, daß die Regelungen den Wettbewerb beschränkten. Im übrigen hätten die Klägerinnen nicht der Meinung sein können, daß die Regelungen den innergemeinschaftlichen Handel deshalb nicht beeinträchtigten, weil deren Anwendung auf das Gebiet der Niederlande begrenzt sei (vgl. in diesem Zusammenhang auch Urteil Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 65). Selbst wenn die niederländischen Behörden in irgendeiner Weise den Eindruck erweckt hätten, daß Artikel 85 im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, hätte dies die Klägerinnen nicht von ihrer Verantwortlichkeit befreit.

353 Wenn die Klägerinnen tatsächlich angenommen hätten, daß die Regelungen nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freistellungsfähig seien, hätten sie diese bei der Kommission angemeldet. Dies hätten sie aber erst getan, nachdem die Kommission ihre Untersuchung eingeleitet habe.

354 Da die früheren Regelungen bei der Kommission niemals angemeldet worden seien, könnten sich die Klägerinnen nicht darauf berufen, daß die Kommission nicht eingegriffen habe, da sie weder die Existenz noch den Inhalt aller dieser Regelungen gekannt habe, die niemals veröffentlicht worden seien. Da das genannte Urteil des Gerichtshofes Peters Bauunternehmung aufgrund einer Vorlagefrage des Hoge Raad der Niederlanden betreffend die Auslegung des Artikels 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens im Zusammenhang mit der Anwendung einer der streitigen Regelungen ergangen sei, hätten wettbewerbsrechtliche Aspekte keine Rolle gespielt.

355 Es sei richtig, daß die Kommission 1985 ein Auskunftsverlangen an die SPO gerichtet habe und nach einer Prüfung der Antworten hierauf mit dieser vereinbart habe, im April 1986 eine Nachprüfung durchzuführen. Sie habe darüber auch die niederländischen Behörden informiert. Im April 1986 habe das Wirtschaftsministerium die Kommission gebeten, von der geplanten Nachprüfung abzusehen oder sie angesichts des unmittelbaren bevorstehenden Erlasses der Königlichen Verordnung vom 29. Dezember 1986 zu verschieben. Nach der Verkündung der Verordnung am 29. Dezember 1986 habe die Kommission dem Wirtschaftsministerium im März 1987 erneut mitgeteilt, daß sie bei der SPO eine Nachprüfung durchführen werde. Diese Nachprüfung habe im Juni 1987 stattgefunden und ihr habe sich eine Nachprüfung bei einer der anderen Klägerinnen im Juli 1987 angeschlossen. Die Klägerinnen könnten daraus keinesfalls ableiten, daß die Kommission seinerzeit der Meinung gewesen sei, daß die streitigen Regelungen nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fielen. Die Klägerinnen könnten sich auch nicht darauf berufen, daß die Kommission nicht von ihrer Möglichkeit nach Artikel 15 Absatz 6 der Verordnung Nr. 17 Gebrauch gemacht habe, da die Kommission aufgrund dieser Bestimmung höhere Geldbussen hätte festsetzen können.

Würdigung durch das Gericht

356 Wie die Kommission hervorgehoben hat, setzt nach ständiger Rechtsprechung die Einstufung einer Zuwiderhandlung als vorsätzlich nicht voraus, daß das Unternehmen sich des Verstosses gegen ein durch Artikel 85 EWG-Vertrag festgelegtes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt vielmehr, daß es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, daß das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 8. Februar 1990 in der Rechtssache C-279/87, Tipp-Ex/Kommission, Slg. 1990, I-261, Randnr. 29; vgl. auch Urteil Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, a. a. O., Randnr. 157).

357 Im vorliegenden Fall konnten sich die Klägerinnen angesichts der Schwere der Wettbewerbsbeschränkungen, die sich sowohl aus den 1987 eingeführten Regelungen (vgl. oben, Randnrn. 116 bis 123, 140 bis 158, 178 bis 187, 199 bis 205) als auch aus den früheren Regelungen (vgl. oben, Randnrn. 206 bis 212) ergaben, nicht in Unkenntnis darüber befinden, daß die Absprachen, an denen sie beteiligt waren, den Wettbewerb beeinträchtigten.

358 Ebensowenig konnten sich die Klägerinnen darüber in Unkenntnis befinden, daß die 1987 eingeführten Regelungen und die früheren Regelungen geeignet waren, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Als Unternehmensvereinigungen, die einer Vereinigung angeschlossen waren, die das gesamte Gebiet der Niederlande erfasste, konnten sich die Klägerinnen nämlich nicht in Unkenntnis darüber befinden, daß ihre eigenen Regelungen, die aber von dieser letztgenannten Vereinigung genehmigt worden waren, zu einem viel weiteren Komplex von Regelungen gehörten, der den gesamten Bausektor in den Niederlanden erfasste, und daß die Wirkung aller dieser Regelungen zusammen geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (vgl. oben, Randnrn. 226 bis 240). Hierbei ist von Bedeutung, daß die Kommission nur für den Zeitraum, in dem die einzelnen früheren Regelungen unter Leitung der SPO vereinheitlicht worden waren und einem einheitlichen Sanktionssystem unterlagen (vgl. oben, Randnr. 206) und nur für den Zeitraum, in dem die 1987 eingeführten Regelungen bei der Kommission nicht angemeldet waren, eine Geldbusse festgesetzt hat.

359 Unter diesen Umständen konnte für die Klägerinnen kein Zweifel daran bestehen, daß ihre Regelungen unter Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fielen. Die verhältnismässig wohlwollende Haltung der niederländischen Behörden gegenüber den Regelungen hätte die Klägerinnen dazu bewegen müssen, die Regelungen bei der Kommission anzumelden, um eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu erlangen und den Schutz vor Geldbussen zu genießen, der förmlich angemeldeten Vereinbarungen vorbehalten ist.

360 Die Klägerinnen können der Kommission nicht vorwerfen, nicht eher gegen die Regelungen vorgegangen zu sein. Daß die Regelungen öffentlich zugänglich und in der Fachpresse oft besprochen worden sind, kann die Kommission nämlich ohne eine förmliche Beschwerde nicht dazu verpflichten, ein Verfahren betreffend Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag einzuleiten. Auch hier versuchen die Klägerinnen der Kommission anzulasten, nicht eher tätig geworden zu sein, obwohl sie selbst über die Möglichkeit verfügten, ihre Regelungen bei der Kommission anzumelden, um in den Genuß einer Freistellung und des Schutzes vor Geldbussen zu kommen.

361 Nach alledem vertritt die Kommission in Nummer 136 der Entscheidung zu Recht die Auffassung, daß die Klägerinnen die Verstösse vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig begangen haben, und hat daher zu Recht Geldbussen festgesetzt.

362 Nach alledem ist die zweite Rüge des dritten Angriffsmittels zurückzuweisen.

Dritte Rüge: Unverhältnismässigkeit der Geldbusse

Vorbringen der Parteien

363 Die Klägerinnen machen äusserst hilfsweise geltend, daß die festgesetzten Geldbussen unter Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlungen und der in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 vorgesehenen Hoechstbeträge zu hoch seien.

364 Bezueglich der Schwere ergebe sich aus den von den Klägerinnen zur Begründung ihrer Klage vorgetragenen Angriffsmitteln insgesamt, daß, wenn die Kommission einen Verstoß in den im Rahmen der SPO aufgestellten Regelungen habe aufdecken können, dieser Verstoß nicht so schwer sei, wie in der Entscheidung behauptet werde. Da die Kommission zum ersten Mal im Bausektor eingegriffen habe, hätte sie von der Festsetzung von Geldbussen absehen müssen, wie sie dies aus demselben Grund in ihrer Entscheidung 92/521/EWG vom 27. Oktober 1992 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/33.384 und 33.378 ° Vertrieb der Pauschalarrangements anläßlich der Fußballweltmeisterschaft 1990, ABl. L 326, S. 31, Nr. 125) getan habe. Ausserdem habe die Kommission zu Unrecht als erschwerend berücksichtigt, daß die Regelungen erst 1988 angemeldet worden seien, zumal diese vor 1987 aufgrund von Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 17 nicht anmeldepflichtig gewesen seien. Im übrigen lasse sich der Entscheidung nicht entnehmen, wie die Kommission den mildernden Umständen Rechnung getragen habe, die sie angeblich berücksichtigt habe. Die absolute Höhe der Beträge lasse darauf schließen, daß die Kommission diese mildernden Umstände überhaupt nicht berücksichtigt habe.

365 Die Dauer der angeblichen Verstösse wäre kürzer gewesen, wenn die Kommission eher gegen die Regelungen vorgegangen wäre, wie sie dies hätte tun müssen, da sie von deren Existenz wusste. Die Kommission hätte dieser unverständlichen Untätigkeit bei der Bemessung der Geldbussen Rechnung tragen müssen, wie dies der Gerichtshof in seinem Urteil vom 6. März 1974 in den verbundenen Rechtssachen 6/73 und 7/73 (Istituto Chemiotherapico und Commercial Solvents/Kommission, Slg. 1974, 223) getan habe. Im übrigen habe die Kommission für die Zeit von 1980 bis 1982 weder irgendeinen Beweis vorgelegt noch die geringste Untersuchung durchgeführt, obwohl sie diesen Zeitraum bei der Bemessung der Geldbusse berücksichtigt habe.

366 In ihrer Erwiderung tragen die Klägerinnen vor, die früheren Regelungen, die unter IV, V, VI und IX in Anhang 9 der Entscheidung wiedergegeben seien, seien vor dem Zeitpunkt, den die Kommission in der streitigen Entscheidung berücksichtigt habe, d. h. vor 1980, aufgehoben worden. Sie seien daher zu Unrecht in das vorliegende Verfahren einbezogen worden.

367 Bei der Bemessung der Geldbussen habe die Kommission die Grenze von 10 % des im letzten Geschäftsjahr von den einzelnen Unternehmensvereinigungen erzielten Umsatzes überschritten und die Geldbussen nicht nach den verschiedenen relevanten Märkten differenziert.

368 Vergleiche man schließlich die Höhe der von der Kommission gegen sie festgesetzten Geldbusse mit der Höhe der Geldbusse, die sie in ihrer Entscheidung 88/491/EWG vom 26. Juli 1988 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.379 ° Blömenveilingen Aalsmeer, ABl. L 262, S. 27) festgesetzt habe, bei der es ebenfalls um eine Regelung für mehr als 4 100 Mitglieder gegangen sei und die Anwendbarkeit des Artikels 85 EWG-Vertrag sehr viel offenkundiger als im vorliegenden Fall gewesen sei, so zeige sich, daß die Kommission den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt habe.

369 Die Kommission verweist im wesentlichen auf die Nummern 136, 140 und 141 der Entscheidung. Sie habe die späte Anmeldung nicht als erschwerenden Umstand gewertet, sondern nur dargelegt, warum sie die Anmeldung der betreffenden Regelungen nicht als einen mildernden Umstand ansehe, wie sie es in anderen Fällen getan habe. Ausserdem übersähen die Klägerinnen bei ihrer Argumentation, daß die Geldbussen eine abschreckende Wirkung haben müssten.

370 Bezueglich der Dauer der Zuwiderhandlung wiederholt sie, daß sie nicht eher habe einschreiten können, da ihr der Inhalt der Regelungen aus den oben angeführten Gründen nicht bekannt gewesen sei. Der Hinweis der Klägerinnen auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Istituto Chemiotherapico und Commercial Solvents liege neben der Sache. Für den Zeitraum von 1980 bis 1982 habe sie keine gesonderte Untersuchung durchführen brauchen, da die Klägerinnen nicht behauptet hätten, daß die Situation in diesem Zeitraum anders gewesen sei.

371 Die Behauptung der Klägerinnen in ihrer Erwiderung, daß einige frühere Regelungen vor 1980 aufgehoben worden seien, stelle ein neues Angriffsmittel dar, das nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für unzulässig zu erklären sei.

372 Hilfsweise trägt die Kommission vor, daß die Behauptung, daß diese Regelungen von 1980 aufgehoben worden seien, falsch sei, wie die Antworten zeigten, die die in Artikel 4 der Entscheidung unter 3., 5., 6. und 26. genannten Klägerinnen zwischen dem 12. und 16. Dezember 1988 abgegeben hätten.

373 Die Verstösse der Klägerinnen stellten nichts Neues dar und die Tatsache, daß die Kommission erstmals im Bausektor eingeschritten sei, zwinge sie nicht dazu, von einer Geldbusse abzusehen, da andernfalls alle Unternehmen, die in Sektoren tätig seien, die noch nicht Gegenstand einer Entscheidung der Kommission gewesen seien, ungestraft Verstösse gegen die Wettbewerbsregeln begehen könnten.

374 Bezueglich der Bemessung der Geldbussen sei die Auffassung der Klägerinnen falsch, daß die Grenze der Geldbussen sich nach dem eigenen Umsatz richte. Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 sei dabei nämlich der Umsatz der den Klägerinnen angeschlossenen Unternehmen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei die Kommission deutlich unter diesen Obergrenzen geblieben.

375 Die Geldbussen könnten nicht als hoch angesehen werden, da sie insgesamt weniger als 0,5 % des durchschnittlichen Jahreswertes der betreffenden Aufträge ausmachten und damit deutlich unter den für derartige Verstösse normalerweise festgesetzten Geldbussen lägen.

376 Schließlich sei der Hinweis der Klägerinnen auf die Entscheidung 88/491 vom 26. Juli 1988 in der Sache Blömenveilingen Aalsmeer ohne Bedeutung, da die beiden Verstösse von ihrer Art und ihren Wirkungen her verschieden seien.

Würdigung durch das Gericht

377 Einleitend sei daran erinnert, daß die Prüfung des ersten Angriffsmittels ergeben hat, daß die Zuwiderhandlung so schwer gewesen ist, wie in der Entscheidung festgestellt worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Geldbusse sich für sechseinhalb Jahre auf die früheren Regelungen und für neuneinhalb Monate auf die 1987 eingeführten Regelungen bezieht. Besonders schwer wiegen die Wettbewerbsbeschränkungen in den früheren Regelungen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der in Nr. 64 der Entscheidung genannten Preisabstimmungen. Da das Gericht diesen Vorwurf der Entscheidung für begründet hält (vgl. oben, Randnrn. 206 bis 212), ist Nr. 140 der Entscheidung, wonach "Maßnahmen zur Abstimmung der Preise und zur Aufteilung der Märkte zu den schwersten Verstössen [gehören], die von der Kommission... verfolgt, untersagt und geahndet werden", im Lichte dieses Vorwurfes zu sehen.

378 Alle mildernden Umstände, die die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen angeführt haben, sind bei der Bemessung der Geldbusse berücksichtigt worden, wie Nr. 141 der Entscheidung zeigt und wie auch aus der Tatsache deutlich wird, daß die Kommission gegen die Klägerinnen eine Geldbusse festgesetzt hat, die nach Angaben der Kommission, denen die Klägerinnen nicht widersprochen haben, nur 0,5 % des durchschnittlichen Jahreswertes der betreffenden Aufträge ausmacht.

379 So bedeutsam diese mildernden Umstände, insbesondere, soweit sie die Öffentlichkeit der Regelungen betreffen, auch sein mögen, können sie nicht die Tatsache verdecken, daß die Klägerinnen nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die Regelungen bei der Kommission anzumelden, um ein Negativattest oder eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu erlangen.

380 Es ist daran zu erinnern, daß die Klägerinnen der Kommission nicht vorwerfen können, nicht eher eingeschritten zu sein, da sie die Möglichkeit hatten, die Kommission durch die Anmeldung der Regelungen dazu zu zwingen. Die Umstände, die zu dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Istituto Chemiotherapico und Commercial Solvents/Kommission (a. a. O.) geführt haben, unterscheiden sich stark von denen des vorliegenden Falls, da, wie die Kommission ausgeführt hat, sie in dieser Rechtssache mit einer Beschwerde befasst gewesen war, der sie aber nicht unverzueglich Folge geleistet hatte. Im vorliegenden Fall ist bei der Kommission eine Beschwerde der Stadt Rotterdam erst eingegangen, nachdem die Klägerinnen die Regelungen angemeldet hatten. Dieser Unterschied ist von Bedeutung, da die Kommission mit der Einreichung einer Beschwerde über die Einzelheiten des beanstandeten Verhaltens unterrichtet wird, während im vorliegenden Fall die Kommission über den objektiven Inhalt der Regelungen erst durch deren Anmeldung unterrichtet wurde.

381 Somit ist dieses Argument zurückzuweisen.

382 Zu der Rüge, daß die Kommission keine Untersuchung für die Jahre 1980 bis 1982 durchgeführt hat, ist festzustellen, daß die Kommission sich zu Recht damit verteidigt hat, daß die Klägerinnen weder im Verwaltungsverfahren noch in den von ihnen bei Gericht eingereichten Schriftsätzen behauptet hätten, daß die Situation in diesen Jahren anders gewesen sei.

383 Bei der Behauptung, daß die unter IV, V, VI und IX im Anhang 9 der Entscheidung wiedergegebenen früheren Regelungen aufgehoben worden seien, handelt es sich um ein neues Angriffsmittel, das nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für unzulässig zu erklären ist.

384 Falls die Kommission diese Regelungen in das vorliegende Verfahren zu Unrecht einbezogen haben sollte, beruht dies darauf, daß einigen Klägerinnen in ihren Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission Fehler unterlaufen sind (siehe Antwort der Aannemersvereniging van Boorondernemers en Buizenleggers vom 12. Dezember 1988, der Aanemers Vereniging Haarlem - Bollenstreek vom 16. Dezember 1988, der Aanemersvereniging Veluwe en Zuidelijke IJsselmeerpolders vom 15. Dezember 1988 und der Utrechtse Aannemers Vereniging vom 12. Dezember 1988). Diese Klägerinnen können sich somit nicht auf einen Fehler berufen, der durch ihre eigenen Fehler verursacht worden ist.

385 Schließlich machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, daß die Geldbusse die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 festgelegte Hoechstgrenze, nämlich 10 % des vom letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes, übersteige. Der allgemeine Begriff "Verstoß" in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 umfasst nämlich ohne Unterscheidung die Vereinbarungen, die abgestimmten Verhaltensweisen und die Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen. Daraus ergibt sich, daß die dort genannten Hoechstgrenzen für Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen in derselben Weise gelten wie für Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen. Die Hoechstgrenze von 10 % des Umsatzes ist somit nach dem Umsatz jedes der Unternehmen zu berechnen, die an den Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt sind, oder nach den Umsätzen sämtlicher Unternehmen, die Mitglieder solcher Unternehmensvereinigungen sind, jedenfalls soweit die Vereinigung kraft ihrer Satzung ihre Mitglieder verpflichten kann. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird dadurch bestätigt, daß bei der Festsetzung der Geldbussen u. a. der Einfluß, den das Unternehmen insbesondere kraft seiner Grösse und seiner Wirtschaftskraft, für die der Umsatz des Unternehmens einen Hinweis liefert, ausüben kann (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 121), sowie der Abschreckungseffekt berücksichtigt werden können, den die Geldbussen erzielen müssen (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-12/89, Solvay/Kommission, Slg. 1992, II-907, Randnr. 309). Der Einfluß, den eine Unternehmensvereinigung auf den Markt ausüben kann, hängt nämlich nicht von ihrem eigenen "Umsatz" ab, der weder ihre Grösse noch ihre Wirtschaftskraft aufzeigt, sondern vom Umsatz ihrer Mitglieder, der ein Hinweis auf ihre Grösse und ihre Wirtschaftskraft ist (Urteil CB und Europay/Kommission, a. a. O., Randnrn. 136 und 137).

386 Im übrigen können sich die Klägerinnen nicht darauf berufen, daß die Kommission in ihrer Entscheidung 88/491 vom 26. Juli 1988 (IV/31.1379 ° Blömenveilingen Aalsmeer) niedrigere Geldbussen festgesetzt hat, da in dieser Rechtssache die Art des Verstosses und seine Wirkungen, wie die Kommission dargelegt hat, völlig anders waren.

387 Somit ist diese Rüge des Angriffsmittels zurückzuweisen.

388 Nach alledem ist das Angriffsmittel, daß gegen die Verordnung Nr. 17 verstossen worden sei, zurückzuweisen.

Viertes Angriffsmittel: Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag

Vorbringen der Parteien

389 Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission gegen ihre Pflicht verstossen, ihre Entscheidungen zu begründen. Aufgrund dieser Pflicht müsse sie in ihrer Entscheidung nicht nur die wesentlichen Verteidigungsmittel wiedergeben, die die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgetragen hätten, sondern zu jedem dieser Mittel auch begründet Stellung nehmen. Nach dem Urteil SIV u. a./Kommission (a. a. O., Randnr. 159) hätte die Kommission, "auch wenn... [sie] nicht verpflichtet ist, in ihren Entscheidungen das gesamte Vorbringen der Unternehmen zu erörtern,... angesichts des Vorbringens der Klägerinnen... [eine eingehendere Untersuchung vornehmen] müssen, um darzutun, aus welchen Gründen die Schlußfolgerungen der Klägerinnen als unbegründet zu betrachten seien".

390 Im vorliegenden Fall habe die Kommission nicht einmal die wesentlichen Argumente, die die Klägerinnen in ihrer schriftlichen Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und bei der Anhörung vorgetragen hätten, in die Entscheidung aufgenommen.

391 Im übrigen machen die Klägerinnen in der Erwiderung geltend, der verfügende Teil der Entscheidung sei nicht durch die Begründung gedeckt, soweit er den Ehrenkodex als solchen, die Satzung der SPO insgesamt sowie alle früheren Regelungen betreffe. Soweit nämlich Artikel 1 Absatz 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung feststelle, daß der Ehrenkodex ° mit Ausnahme seines Artikels 10 °, wie er durch Beschluß vom 3. Juni 1980 für die in den Mitgliedsorganisationen der SPO zusammengeschlossenen Unternehmen zwingend vorgeschrieben worden sei, einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstelle, gehe er über die Feststellung in Nummer 1 der Begründung der Entscheidung hinaus, wonach Gegenstand des Verfahrens der Beschluß der SPO vom 3. Juni 1980 sei, womit den ihren Mitgliedsorganisationen angeschlossenen Unternehmen der Ehrenkodex nebst Anhängen zwingend vorgeschrieben worden sei. Infolgedessen trage keiner der Gründe die Feststellung, daß der Ehrenkodex als solcher einen Verstoß darstelle.

392 Soweit Artikel 1 Absatz 1 des verfügenden Teils der Entscheidung feststelle, daß die Satzung der SPO vom 10. Dezember 1963 in der heute geltenden Fassung einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstelle, gehe er über die Begründung der Entscheidung hinaus, die nur Artikel 3 dieser Satzung betreffe. Die meisten Bestimmungen dieser Satzung hätten keinen Bezug zu den wettbewerbsrechtlichen Fragen und beträfen ausschließlich den internen Betriebsablauf der SPO. Die Kommission habe die Satzung der SPO mit den darauf beruhenden Entscheidungen verwechselt, weshalb die Kommission die SPO als solche ohne irgendeine Begründung verboten habe.

393 Die früheren Regelungen seien viel zahlreicher gewesen, als im Anhang 9 der Entscheidung aufgeführt. Entgegen der Feststellung in der Entscheidung sei die UPR Burger & Utiliteitsbouw Openbaar nicht von der SPO, sondern von einer individuellen Unternehmervereinigung erlassen worden. Ausserdem habe die Kommission über die früheren Regelungen insgesamt ein globales, undifferenziertes Urteil gefällt und ihren Unterschieden und Besonderheiten nicht Rechnung getragen. Schließlich seien verschiedene frühere Regelungen vor 1980 aufgehoben worden.

394 Nach Ansicht der Kommission ist die Entscheidung hinreichend begründet; sie sei nicht verpflichtet gewesen, wissenschaftliche Untersuchungen vorzulegen, um die von den Klägerinnen vorgelegte, unerhebliche Untersuchungen zu widerlegen.

395 Bezueglich der Begründung in der Entscheidung für die Ablehnung des von den Klägerinnen eingereichten Antrags auf Freistellung meint die Kommission, daß es auf eine Umkehr der Beweislast hinausliefe, wenn sie, wie die Klägerinnen dies wünschten, nachweisen müsste, daß die Regelungen nicht freistellungsfähig seien.

396 Im übrigen seien die Argumente, mit denen die Klägerinnen sich gegen die Verurteilung des Ehrenkodex als solchen, der Satzung der SPO insgesamt und der früheren Regelungen wendeten, in der Klageschrift in dieser Form nicht erhoben worden und beträfen zumindest teilweise Klagegründe, die dort nicht angeführt worden seien. Somit handele es sich um ein neues Angriffsmittel, das nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für unzulässig zu erklären sei. Hilfsweise macht die Kommission geltend, daß der Hinweis in Nummer 1 der Entscheidung, daß Gegenstand des Verfahrens der Beschluß vom 3. Juni 1980 sei, soweit er den Ehrenkodex nebst Anhängen für die den Mitgliedsorganisationen der SPO angeschlossenen Unternehmen verbindlich vorschreibe, nur den Ehrenkodex als solchen meinen könne, da der Beschluß vom 3. Juni 1980 wettbewerbsrechtlich keine eigenständige Bedeutung habe.

397 Bei der Satzung der SPO stelle sich nur hinsichtlich ihres Artikels 3 ein wettbewerbsrechtliches Problem, da die anderen Bestimmungen der Satzung insoweit keine eigenständige Bedeutung hätten. Da diese anderen Bestimmungen aber die SPO in die Lage versetzen sollten, ihren in Artikel 3 festgelegten Gesellschaftszweck zu verwirklichen, seien sie in die Entscheidung einzubeziehen gewesen. Die Entscheidung solle nicht die SPO als solche verbieten, sondern nur insoweit, als ihr Gesellschaftszweck eine Beschränkung des Wettbewerbs sei.

398 Bei den früheren Regelungen habe sich die Kommission auf die Antworten der Klägerinnen auf die einzelnen Auskunftsverlangen gestützt, um die Anzahl der bestehenden Regelungen und die Rolle der SPO gegenüber den UPR Burger- & Utiliteitsbouw Openbaar zu bestimmen. Sie habe sich in der Entscheidung deshalb auf einen allgemeinen Hinweis auf die früheren Regelungen beschränken können, weil diese den Wettbewerb stärker beschränkten als die UPR. Schließlich sei es falsch, daß einige früheren Regelungen vor 1980 aufgehoben worden seien.

Würdigung durch das Gericht

399 Nach Auffassung des Gerichts kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, daß sie gegen ihre Begründungspflicht nach Artikel 190 EWG-Vertrag verstossen habe. Die Kommission hat nämlich zu allen von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgetragenen erheblichen Argumenten sowohl im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag als auch im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag Stellung genommen.

400 Insbesondere zu Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag ist festzustellen, daß die Kommission ihre Prüfung der streitigen Regelungen zu Recht auf den Schutz des Berechtigten und die Vergütung der Kalkulationskosten konzentriert hat. Es handelt sich dabei um die beiden Hauptbestandteile, durch die die Ziele der Regelungen, nämlich die Begrenzung der Transaktionskosten und die Bekämpfung des Herunterhandelns der Preise, erreicht werden können. Da die Klägerinnen während des ganzen Verwaltungsverfahrens betont haben, daß die Regelungen eine Einheit bildeten, und die Kommission zu dem Ergebnis gelangt ist, daß diese beiden Bestandteile, die den Kern des ganzen Komplexes bildeten, nicht nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag freistellungsfähig sind, brauchte sie die eventuellen Vorteile, die sich im Einzelfall aus der ein oder anderen Vorschrift der streitigen Regelungen ergeben konnten, nicht mehr zu untersuchen.

401 Bezueglich des Einwands, die Kommission habe ihre Ablehnung der Vorschläge der Klägerinnen zur Änderung der Regelungen nicht begründet, genügt der Hinweis auf die Widerlegung der zweiten Rüge des zweiten Angriffsmittels, wonach die Kommission nicht verpflichtet gewesen ist, zu Änderungsvorschlägen, die bei ihr nicht angemeldet worden sind, Stellung zu nehmen.

402 Das Vorbringen der Klägerinnen in der Erwiderung, daß der verfügende Teil der Entscheidung nicht von den Gründen gedeckt sei, soweit er den Ehrenkodex als solchen, die Satzung der SPO insgesamt und die früheren Regelungen betreffe, stellt ein neues Angriffsmittel dar, das nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig ist. Im übrigen ist daran zu erinnern, daß der verfügende Teil im Lichte der Gründe zu lesen ist und Artikel 1 Absatz 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung daher nicht zum Ziel hat, die SPO als solche zu verbieten. Ebenso bezieht sich Nummer 1 der Entscheidung mit dem Hinweis auf den "Beschluß vom 3. Juni 1980, womit den ihren Mitgliedsorganisationen angeschlossenen Unternehmen der... 'Erecode voor ondernemers in het Bouwbedrijf' nebst Anhängen zwingend vorgeschrieben wurde", nicht auf den Beschluß vom 3. Juni 1980 als solchen, sondern ebenso wie der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung auf den durch diesen Beschluß zwingend vorgeschriebenen Ehrenkodex.

403 Schließlich hat sich die Kommission in ihrer Entscheidung zu Recht auf einen allgemeinen Hinweis auf die früheren Regelungen beschränkt. In der Entscheidung wird nämlich festgestellt, daß die früheren Regelungen denselben Zweck verfolgten wie die 1987 eingeführten Regelungen und, soweit sie von diesen abwichen, den Wettbewerb noch stärker beschränkten (Entscheidung, Nrn. 62 bis 65 und 114, vgl. oben, Randnrn. 206 bis 212).

404 Es ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren nichts eigens für den Nachweis vorgetragen haben, daß die früheren Regelungen von den 1987 eingeführten Regelungen in wesentlichen Punkten abwichen oder den Wettbewerb weniger als diese beschränkten.

405 Infolgedessen konnte sich auch die Kommission bezueglich der früheren Regelungen damit begnügen, im wesentlichen auf die Begründung der Entscheidung bezueglich der 1987 eingeführten Regelungen zu verweisen.

406 Somit ist dieses Angriffsmittel zurückzuweisen.

Fünftes Angriffsmittel: Verletzung der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Parteien

407 In der Erwiderung haben die Klägerinnen im wesentlichen geltend gemacht, daß die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt habe, indem sie sich zum einen auf den Standpunkt gestellt habe, daß der Ehrenkodex einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstelle, obwohl dieser Kodex als solcher nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen sei (Erwiderung, S. 19), da es in diesem Verfahren nur um den verbindlichen Beschluß der SPO vom 3. Juni 1980 gegangen sei, durch den der Ehrenkodex für alle Mitglieder der der SPO angeschlossenen Vereinigungen zwingend vorgeschrieben worden sei, und indem sie sich zum anderen auf "leading questions" gestützt habe, die ausländischen Unternehmern bezueglich der Gründe ihre Zugehörigkeit zur SPO vorgelegt worden seien, um dann in der Entscheidung daraus den Schluß zu ziehen, daß die beanstandeten Maßnahmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten.

408 Nach Ansicht der Kommission handelt es sich um ein neues Angriffsmittel, das nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für unzulässig zu erklären sei. Im übrigen weist sie das Vorbringen zurück.

Würdigung durch das Gericht

409 Die Rüge der Klägerinnen, daß ihre Verteidigungsrechte verletzt worden seien, stellt ein neues Angriffsmittel dar, das nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung für unzulässig zu erklären und in jedem Fall unbegründet ist.

410 Die Klägerinnen haben nämlich in der mündlichen Verhandlung der von der Kommission in der Gegenerwiderung aufgestellten Behauptung nicht widersprochen, daß die Einwände gegen den Ehrenkodex in den Nummern 18, 33 bis 35, 41, 42, 44 und 46 bis 48 der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen seien. Ausserdem hat sich die Kommission für ihre Feststellung, daß die Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten, nicht auf die Antworten auf die von den Klägerinnen beanstandeten Fragen gestützt.

411 Somit ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

412 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, ist den Anträgen der Kommission stattzugeben, und den Klägerinnen sind gesamtschuldnerisch die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerinnen tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung.

Ende der Entscheidung

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